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Im Leben meiner Schwester

von

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Hallo Mama. Hallo Papa.

Es war soweit. Aoko wusste, das Ran sich Kaito gegenüber verraten hatte. Ran wusste, das Shinichi Aoko durchschaut hatte. Die Würfel sind gefallen. Nun stand Aoko zögernd auf der untersten Treppenstufe. Kogoro war in der Detektei und kümmerte sich um einen Fall. Ihre Mutter kochte in der Küche das Essen, somit waren sie allein. Eine ideale Gelegenheit zu ihr zu gehen, aber Aoko traute sich nicht. Die junge Nakamori hatte Angst vor Eris Reaktion. Sie schämte sich für diese hinterhältige Aktion. Aber es half alles nichts, sie musste sich der Wahrheit stellen. Tief durchatmend ging sie in die Küche und verzog das Gesicht. Es roch ganz und gar nicht gut. Dennoch beobachtete sie ihre Mutter, die sich wirklich sehr viel Mühe gab und mit den wenigen Töpfen hantierte. „Mama.“

„Schatz, das Essen dauert noch ein bisschen.“

Aoko hatte keinen Appetit. Zu schwer drückte ihr dieses Gespräch auf den Magen. „Darum geht es nicht. Kann ich dir etwas sagen ohne das du ausflippst? Ich meine, versprichst du mir, dass du ruhig bleibst und mir erst zuhörst?“

„Das kann ich dir grundsätzlich nicht versprechen, Ran. Aber du kannst mir alles erzählen, das weißt du doch“, forderte Eri auf, blickte über die Schulter und schien zu spüren, das es wirklich wichtig war. Ein liebevolles Lächeln legte sich auf deren Lippen. „Geht es um Shinichi?“

Überrascht zog Aoko die Augenbrauen hoch. „Wie kommst du denn darauf?“

„Ach Schatz, dass du verliebt bist, weiß ich doch schon lange. Und Shinichis Einladung, mit ihm nach Amerika zu reisen, spricht doch eindeutig dafür, dass er auch dich liebt“, stellte ihre Mutter fest.

Ein trauriger Ausdruck zog über Aokos Gesicht. Ob ihre Mutter auch so begeistert von Kaito wäre? Sie schüttelte den Kopf über diesen dummen Gedanken. Sie waren nur Freunde und nur weil sie sich in ihn verliebte hieß das ja noch lange nicht, das es andersrum auch so war.

Eri runzelte die Stirn, schaltete den Herd aus und schob die Töpfe auf die kalten Platten. Besorgt drehte sie sich ganz ihrer Tochter zu und deutete auf den Esstisch. „Was ist denn mit dir? Du siehst so bedrückt aus. Hast du dich mit Shinichi gestritten?“ Eri setzte sich an den Tisch.

Und Aoko war froh darüber, so konnte ihre Mutter ihr nicht aus den Latschen kippen. Aber Angst vor ihrer Reaktion hatte sie dennoch.

„Es geht nicht um Shinichi und auch nicht um den Urlaub oder meine Gefühle um“, sie zögerte, wollte mit ihrer Mutter über ihren besten Freund reden. Dann entschied sie sich dagegen. Es würde vielleicht noch mehr Gelegenheiten geben und wenn Eri sie nie wieder sehen wollte, dann wäre es sowieso egal für wen Aoko etwas empfand. „Es geht um mich“, fügte sie hinzu.

„Bist du schwanger?!“

Noch überraschter stellte Aoko fest, wie entsetzt Eri über diesen Gedanken war. Schnell beruhigte sie ihre Mutter: „Nein, bin ich nicht. Keine Sorge. Ich habe ja nicht mal einen Freund.“ Sie suchte wieder den Blickkontakt. „Es geht um mich, A...“

„Bist du krank? Fehlt dir etwas mein Schatz?“, wurde sie erneut unterbrochen.

Langsam wurde Aoko sauer. Immerhin versuchte sie ihrer Mutter etwas wichtiges zu sagen. „Nein, Mama, ich bin nicht krank, mir geht es gut.“

„Aber Ran, was ist denn mit dir? Irgendwie bist du komisch“, stellte Eri besorgt fest und runzelte die Stirn, als würde sie damit herausfinden, was ihre Tochter ihr zu sagen versuchte.

„Ich bin nicht Ran, Mama!“ Jetzt war es raus und Aoko wollte es doch viel freundlicher und netter sagen und ihre Mutter vorsichtig darauf vorbereiten. Das hatte sie mal wieder gehörig vermasselt.

In Eris Kopf begann es zu arbeiten und mit einem Mal wurde sie kreidebleich.

„Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich. „Das war blöd von mir“, und schon überkam sie die Angst und Aoko drehte sich um und wollte nur noch weg. Doch kaum stand sie im Türrahmen hielt die Stimme ihrer Mutter sie zurück.

„Aoko?“ Ungläubig, verletzt, tieftraurig, schwach und voller Reue.

Die Braunhaarige erstarrte, konnte sich nicht mehr rühren. Sie stand mit dem Rücken zu ihrer Mutter und war nicht mehr fähig einen Schritt zu machen.

„Wie kann das sein?“, hauchte sie fragend, nicht verstehend. „Ich meine, woher...?“

Nun drehte sich Aoko doch wieder um. Auch ihre Augen schimmerten. „Woher ich es weiß? Ich habe Ran kennengelernt – im Englischcamp. Und wir fanden sehr schnell heraus, das wir Schwestern sind“, erklärte sie traurig. „Warum habt ihr euch getrennt? Warum habt ihr uns getrennt?!“

Eri wirkte mit einem Mal um Jahre gealtert. Resigniert und überrascht senkte sie den Kopf, schien in alten Erinnerungen gefangen und wirkte unendlich traurig und sorgenvoll.

Aoko schluckte. Sie wollte nicht so harsch vorgehen, aber mal wieder sind mit ihr die Pferde durchgegangen. Sie brachte aber auch nicht den Mut dazu auf zu ihrer Mama zu gehen und sie tröstend in den Arm zu nehmen.

„Ginzo und ich – mein Gott wir waren so verliebt“, sprach Eri plötzlich.

Damit hatte Aoko absolut nicht gerechnet. Überrascht betrachtete sie ihre Mutter.

„Aber dann wurde er befördert und wurde der Einsatzleiter der Sonderkommission KID. Ich war damals erst ein paar Wochen schwanger mit euch. Euer Vater kam immer seltener nach Hause. Er hat mich so oft allein gelassen und wenn ich ihn gebraucht habe, erreichte ich ihn nicht telefonisch.“ Sie schluckte. „Hätten wir keinen Kaiserschnitt-Termin gehabt, so hätte euer Vater sicherlich auch noch eure Geburt verpasst.“ Nun klang sie nicht mehr sehr freundlich. Ihr Ton wurde schärfer, die Wut kam zum Vorschein. Die Wut auf ihren Vater, der seine gesamte Energie und Zeit in den Meisterdieb 1412 setzte. „Ich hoffte, das er nach der Geburt etwas zurücktreten würde, aber es wurde noch schlimmer. Ich hielt das ganze nicht mehr aus, allein mit Zwillingen. Ihr seid gerade vier Monate alt gewesen, da hab ich den Schlussstrich gezogen.“ Sie pausierte erneut, sammelte sich: „Ich habe den Sinn in dieser Ehe, in dieser Familie nicht mehr gesehen. Ich zog aus und nahm euch beide mit.“

Überrascht blickte Aoko Eri an. Sie wurden beide von ihrer Mutter mitgenommen?

„Euer Vater kam nicht mit der Trennung zurecht und denselben Ehrgeiz den er auf der Jagd nach Kid aufbrachte, zeigte er auch immer wieder vor Gericht, bis er das Sorgerecht für eine von euch erhielt. Die Richter entschieden das Ran bei mir bleiben sollte und du zu deinem Vater ziehst. Natürlich legte ich die Fakten dar, nicht umsonst bin ich eine Anwältin. Aber er konnte dem Richter glaubhaft vermitteln sich gut um dich kümmern zu können. Er stand lange Zeit unter Beobachtung und ich stellte fest, dass er wirklich etwas kürzer trat in seinem Beruf. Du warst ihm sehr wichtig und er wollte dich wohl nie enttäuschen.“ Eri sah zum ersten Mal auf und schien nun wirklich einen Unterschied zu Ran zu entdecken. „Warum ist mir das bloß nicht schon vorher aufgefallen, aber ihr seht euch wirklich sehr ähnlich und ich habe überhaupt nicht damit gerechnet das du Aoko sein könntest. Wie hätte ich denn ahnen können, dass du noch in Tokio lebst.“

„Papa ist immer noch der Einsatzleiter in der Sonderkommission KID“, sprach Aoko. „Und er ist oft genug im Fernsehen.“

„Ich weiß, ich weiß, nur seitdem versuche ich ihn auszublenden“, gestand Eri. Dann stand sie plötzlich auf. „Mein Baby ist fast erwachsen“, hauchte sie komplett überwältigt und mit wenigen Schritten stand sie bei Aoko und umarmte sie fest.
 

***

***
 

Ran wartete darauf, dass ihr Vater von der Arbeit heimkam. Sie hatte sich in ihrem Verdacht bestätigt gefühlt, aber immer noch keinen Beweis oder gar ein Geständnis von Kaito für seine Identität als Kid. Aber das war auch nebensächlich. Viel wichtiger würde es jetzt sein mit ihrem Vater zu sprechen und ihm die Wahrheit zu sagen. Kaito würde heute Abend nicht zum Essen kommen. Es wäre ein familiäres Gespräch und taktvoll lehnte er die Einladung zum Essen ab. Er wollte dabei nicht stören.

Ihr Blick wanderte wieder unruhig zur Uhr. Jetzt sollte so langsam ihr Vater aber mal nach Hause kommen. Es war eh schon kaum zum Aushalten, weil sie überhaupt nicht wusste wie er reagieren würde. Und Ran versuchte sich vorzustellen wie ihre Reaktion in dieser Situation aufallen würde.

Dann endlich öffnete ihr Vater die Haustüre. „Ich bin wieder da“, rief er ins Haus und trat wenig später ins Wohnzimmer. „Hallo Aoko, ist Kaito noch gar nicht hier?“

„Er kommt heute nicht“, antwortete Ran und zuckte entschuldigend die Schulter.

„Habt ihr euch gestritten?“

Ich habe ihn verletzt, traf es wohl besser. Er kam immer noch nicht so ganz mit ihren Worten klar. Allein die Vorstellung Aoko könnte etwas mit Hakuba anfangen oder Gefühle für ihn entwickeln, nagte wohl sehr in ihm. Ran wusste, dass es kein sichtbareres Zeichen geben konnte für Kaitos Gefühle Aoko gegenüber. Aber ob er sich diese wohl wirklich selbst eingestand oder sogar ihrer Schwester offenbarte? Sie konnte da nicht so recht dran glauben. „Nein“, antwortete Ran. „Bevor wir essen würde ich gern etwas ansprechen.“

Ginzo nickte, setzte sich auf die Couch und deutete seiner Tochter ebenso Platz zu nehmen. Erwartend schaute ihr Vater sie an.

Er war ein Mann, der viel nachdachte, aber wenig von sich aus drängte. Er gab ihr die Zeit, die sie brauchte. Auch wenn die Sorgenfalte auf seiner Stirn sich noch vertiefte.

„Ich habe dich angelogen“, sprach Ran aus, weil sie einfach nicht wusste wie sie es sagen sollte.

Ginzo blieb stumm, wartete auf den Rest. Erst dann würde er Fragen stellen.

„Ich bin Ran und ich wollte dich kennen lernen, wissen wer du bist und wie du lebst.“ Es war ausgesprochen und aufmerksam beobachtete sie seine wandelnde Miene, von Überraschung in Erkenntnis.

„Das ist...“, er stockte ungläubig. „Ich habe jetzt eigentlich mit einer ganzen anderen Thematik gerechnet.“ Er betrachtete seine Tochter. Im nächsten Moment rutschte er zu ihr und zog sie fest in seine Arme. „Meine Tochter, du hast mir so sehr gefehlt! Ich kann es nie wieder gut machen, was wir euch angetan haben.“

„Papa“, hauchte sie überrascht. Jede mögliche Reaktion hatte sie durchgespielt, aber das er sie überglücklich in ihre Arme schloss, damit hatte sie nicht gerechnet. Sie drückte sich ebenfalls fest an ihn.

„Warum habt ihr das getan“, bat sie ihren Vater nach einer Weile.

Ihr Vater löste sich von ihr, lehnte sich zurück und zog Ran in seinen Arm. „Es war eine turbulente Zeit. Als eure Mutter mit euch schwanger wurde, erhielt ich plötzlich eine Beförderung. Man bot mir an die Einsatzleitung gegen den bis dahin ungefassten Meisterdieb 1412 zu übernehmen. Natürlich war mir der Gentleman-Gauner bekannt und ich hab mir fest vorgenommen ihn festzunehmen. Leider litt Eri sehr unter dem beruflichen Wechsel, die vielen Überstunden und das ich teilweise bis spät nachts im Büro war. Ich konnte sie nicht so unterstützen, wie sie es wünschte. Ich hätte nur die Beförderung ablehnen müssen oder in der Arbeit kürzer treten sollen, dann wäre vielleicht alles anders gekommen. Aber ich hatte nur Kid vor Augen. Dummerweise bin ich davon ausgegangen Eri würde es mit mir durchziehen, mir den Rücken freihalten und mich unterstützen. Nur das Gegenteil wurde der Fall. Ich habe sie vernachlässigt und dadurch ist unsere Ehe gescheitert. Ich bemerkte es zu spät. Ehrlich gesagt, erst als sie mit euch ausgezogen ist.“ Er schluckte und kämpfte mit Erinnerungen. „Ich wollte euch nicht verlieren und habe vermutlich das schlimmste getan was man tun hätte können. Ein Rosenkrieg vor Gericht begann, aber ich wollte euch nicht verlieren. Letztendlich entschied der Richter, das du bei deiner Mutter bleiben solltest und ich Aoko bekam. Auch wenn ich euch gerne beide gehabt hätte und euch beide großgezogen hätte, so gab ich mich damit zufrieden wenigstens eine von euch in meiner Nähe zu haben und aufwachsen zu sehen.“

„Warum hast du dich nie bei Mama und mir gemeldet?“

„Eri hat jeglichen Kontakt zu mir abgebrochen. Sie war unter ihrer Adresse nicht mehr erreichbar und ich weiß bis heute nicht wo sie lebt.“

Ran setzte sich auf. „Wir leben in Tokio, bereits mein ganzes Leben. Aoko und ich lernten uns im Englischcamp kennen und fanden durch eine Partnerarbeit unserer Englischlehrerin heraus das wir Geschwister sind. Jede von uns wollte den anderen Elternteil kennen lernen, darum tauschten wir die Rollen.“

„Und wieso sagst du mir das jetzt?“

„Mein bester Freund hat Aoko durchschaut und Kaito hat es auch schon geahnt, auch wenn er es nicht gesagt hat.“

„Ist Kaito deswegen heute nicht hier?“, hakte Ginzo neugierig nach.

„Das ist wohl auch ein Grund. Er wollte uns in Ruhe reden lassen. Außerdem war ich in der Schule sehr gemein zu ihm. Ich hoffe sehr das Aoko nicht drunter leiden wird.“

„Das glaub ich mal nicht. Kaito liebt deine Schwester“, sprach Ginzo zuversichtlich. „Dennoch werde ich mit Aoko nochmal ein ernstes Wörtchen reden.“ Er betrachtete Ran und nickte schließlich: „Und ich würde euch beide gern öfters hier haben.“

Ran strahlte: „Das wäre ja super!“ Und schon umarmte sie ihren Papa. „Aber sei nicht böse mit ihr, ich bin genauso Schuld an dieser Situation wie sie.“

„Wie geht es jetzt weiter? Eri wird nicht begeistert sein“, stellte Ginzo fest.

„Noch weiß sie es nicht, auch wenn Aoko ihr es auch bald sagen wollte.“

„Verbringen wir morgen den Tag zusammen, ehe ich wieder nach Hause gehen muss? Ich möchte dich kennenlernen.“ Ran blickte ihren Vater an.

„Du hast Schule und ich muss in die Arbeit“, sprach Ginzo, doch dann schüttelte er den Kopf. „Ach was, ich hab genug Überstunden und dich entschuldige ich morgen.“

Ran fiel ihrem Vater erneut um den Hals.



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