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Zwei Seiten einer Medaille

von

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Gegenwart
 

Das Schweigen zwischen uns fängt an unangenehm zu werden. Ich weiß nicht, was ich sagen soll und er scheint darauf zu warten, dass ich irgendwas von mir gebe. „Es tut mir Leid.“ Es ist mir nicht einmal bewusst, wofür ich mich gerade entschuldige. Wahrscheinlich für alles.
 

„Ist es wenigstens mittlerweile vorbei? Du müsstest ja auch bald volljährig sein oder bist du es vielleicht schon?“ Seine Stimme ist ruhig und er geht auf meine Entschuldigung gar nicht ein, wodurch ich mir noch dämlicher vorkomme.
 

„Nein.“ Ich zittere und sehe auf die Kette genauso wie auf den Kalender auf den ich die Tage zähle bis zu meinem Geburtstag. Es ist nicht mehr lange. Bald kann ich frei sein. „Was willst du tun, wenn du volljährig bist?“
 

„Abhauen.“ Ich will dieses Gespräch nicht, doch ich kann es wieder nicht stoppen. Luzifer lässt sich nicht bremsen. Er spricht weiter und achtet nicht darauf wie es einem dabei geht. Konfrontiert einen mit einer Realität, die man sonst so erfolgreich verdrängt.
 

„Wohin?“ Er ist immer noch ruhig und ich starre auf den Bildschirm, in dem nur das Fenster von Teamgeek offen ist. Dort stehen nur unsere beide Namen. Gabriel und Luzifer. Ich muss traurig lächeln, als ich an die Geschichte hinter diesen Namen denken muss. Gott sei Dank, hab ich nicht Michael gewählt.
 

„Ich weiß es nicht. Nur weg.“

„Und die Schule?“

„Ist mir egal.“
 

Erneut tritt Stille zwischen uns ein und ich starre auf meine Hände, die leicht zittern. Sie haben es nie wieder aufgehört, seit ich damals zurückgekehrt bin und auch jetzt verstecke ich sie unter meinen Achseln, um es nicht sehen zu müssen. Ich will diese Gewalt nicht mehr und alles in mir schreit danach auszubrechen, doch es geht nicht. Es geht noch nicht.
 

„Wie lange noch?“

„Ein paar Wochen.“
 

Wieder Schweigen. Ich weiß nicht, was dieses Gespräch soll. Was Luzifer damit bezweckt, doch ich versuche ruhig zu bleiben und überlasse ihn ein wenig die Führung. Spüre wie in mir der Wunsch erwacht, dass ich seine Hand spüren will. Diese Sicherheit, die ich damals im Zug empfand. Doch er ist nicht hier, sondern sitzt an seinem Rechner. So weit weg. Vielleicht mittlerweile noch weiter.
 

„Ich hab mich von Xenia getrennt.“ Vor Überraschung falle ich halb vom Stuhl herunter und kann mich gerade noch rechtzeitig an meinem Tisch festhalten. „Was? Wieso?“
 

Ein schwerer Seufzer folgt auf meine Frage und seine Stimme klingt plötzlich traurig. „Es lief nicht mehr so gut, als du das Spiel verlassen hast. Ich bin ehrlich, ich war auch nicht die Unschuld vom Lande, aber als ich erfahren habe, dass sie zweigleisig fährt, war es für mich einfach vorbei.“
 

„Deswegen bist du aktuell ohne Band.“ Ich schlucke schwer und versuche meine Gedanken zu stoppen. Nein, ich will nicht darüber nachdenken, was es für uns bedeuten kann. Aktuell muss ich mich noch von ihm fernhalten. Mein Vater darf niemals erfahren, dass ich wieder Kontakt zu Luzifer habe. Nicht solange ich noch hier bei ihm wohne. Danach kann es mir egal sein.
 

„Ja und nein. Ich habe keine Lust mehr darauf in einer Band zu sein. Klar, als wir uns trennten, war es auch im Spiel vorbei. Aber ich hab mich dann immer wieder anderen Leuten angeschlossen, doch alle haben irgendwann aufgehört. Aktuell hab ich einfach keine Lust mehr darauf. Vielleicht geh ich auch ganz da raus und versuche meine reale Musikkarriere ein wenig vorwärts zu treiben. Deswegen will ich mich euch nicht anschließen. Ich weiß nicht, ob ich wirklich noch weiterspielen möchte.“
 

Diese Worte tun weh. Luzifer liebt dieses Spiel und jetzt will er es einfach aufgeben. Das sieht ihm gar nicht ähnlich. Vielleicht hat er aber auch... Nein, so weit will ich auch nicht denken. Niemals bin ich so wichtig für ihn, dass er dort auf mich gewartet hat. Das ist ja total verrückt.
 

„Die drei Neuen bei uns sind wirklich witzig. Es macht Spaß mit ihnen. Willst du dem Spiel nicht doch noch eine Chance geben? Du kannst ja einfach mal so als Gast mitmachen und dann entscheiden, ob du wirklich aufhören willst.“ Ich weiß, dass ich auch anders mit ihm Kontakt halten kann, aber ich vermisse diese Spieleabende alleine mit ihm. Nur wir Zwei. Es war einfach schön und ich hätte es gerne wieder.
 

Luzifer überlegt eine Weile und plötzlich ertönt wieder das sanfte Gitarrenspiel. Er summt leise dabei und bei mir stellen sich meine Nackenhaare auf. Ich bekomme richtig Gänsehaut. Vielleicht sollte er wirklich versuchen sein Talent zu vermarkten und das Spiel hält ihn nur auf. Es frisst Zeit, die er in eine richtige Karriere stecken kann. Ich will gerade etwas sagen, als er plötzlich zu singen beginnt:
 

Sometimes Life is a pain.

You will.

But you can't.

Sometimes Love is a mess.

You can.

But you won't.
 

I wanna help you.

I wanna give you strength.

But I don't know how.

I don't know where.

I wanna hold your hand.

I wanna dry your tears.

But I don't know how.

I don't know where.
 

Sometimes Life is a pain.

You will.

But you can't.

Sometimes Love is a mess.

You can.

But you won't.
 

You don't understand.

You don't want to feel.

But I see it.

I see the truth.

I feel it.

I feel the truth.

And so will you.
 

Sometimes Life is a pain.

You will.

But you can't.

Sometimes Love is a mess.

You can.

But you won't.
 

The Kiss was pure.

The Pain was real.

You tried to hide it.

But you failed.

You tried not to scream.

But I heared your voice.

I saw your tears

But you disappeared.
 

Sometimes Life is a pain.

You will.

But you can't.

Sometimes Love is a mess.

You can.

But you won't.
 

I wanna tell you,

I love you.

I screamed it out.

But you didn't hear it,

cause you weren't here anymore,
 

Sometimes Life is a pain.

You will.

But you can't.

Sometimes Love is a mess.

You can.

But you won't.
 

And I whispered

up to the dark sky:

I love you so...
 

Die letzte Note des Liedes verklingt und ich spüre, wie meine Augen feucht werden, wodurch ich sofort über sie wische um jedes Anzeichen von Schwäche zu vernichten. Stille breitet sich zwischen uns aus und ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mein Herz wird mit jeder Sekunde, die vergeht, schwerer. Ich lausche seinem Atem und überlege, was dies für uns bedeutet und ob ich das wirklich will.
 

„Ich habe dieses Lied für dich geschrieben. Es ist mein erstes wirklich Eigenes und ich habe gehofft, dass ich es dir irgendwann vorspielen kann. Wie... wie hat es dir gefallen?“ Ich höre, wie unsicher Luzifer ist und muss trocken schlucken. Meine nächsten Worte werden unsere Zukunft bestimmen. Ich will ihm sagen, was ich gerade spüre, doch mein Blick gleitet erneut zu der Kette hoch.
 

„Es ist schön.“ Mehr bringe ich nicht raus. Mein Herz verkrampft sich bei jedem Schlag und ich wünsche mir, dass es alles einfacher wäre. Dass mein Vater nicht so stur wäre. Sogar kurz, dass einer von uns ein Mädchen wäre. Es würde so vieles einfacher machen. Aber es ist nun einmal nicht so. Wir sind beide männlich und dennoch kann ich diese Gefühle nicht leugnen.
 

„Das freut mich.“ Ich kann sein Lächeln direkt hören und muss es erwidern. Es fühlt sich so schön an. Wieso kann es das dann nicht auch sein? Erneut wandert mein Blick zu der Kette und ich spüre das Zittern meiner Hände.
 

„Bist du umgezogen?“ Ich weiß nicht, was mich gerade reitet, doch ich kann es auch nicht aufhalten, als mein Blick auf einen kleinen Stoffelefanten fällt. „Ja, ich hab jetzt meine eigene Bude.“ Er wirkt überrascht und das lässt mich leicht lächeln. Dies ist eine Seltenheit und im Moment genieße ich es direkt. Ruhig nehme ich das Stofftier an mich und streichel sanft über seinen kleinen Rüssel, bevor ich dann noch einen oben drauf setze. „Gibst du mir deine Adresse? Ich würde dich gerne am Wochenende besuchen.“ Ich will ihn wiedersehen.



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