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Rot und Blau

von

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Gefühle

Langsam schlage ich meine Augen auf.

Stille umgibt mich und Dunkelheit. Beides beruhigt mich jedoch so ungemein, das mir ein leises seufzen über meine Lippen glitt.

Vorsichtig drehe ich meinen Kopf zur Seite und bemerke, dass ich mich in einem großen Bett befinde. Zugedeckt von einer schweren Winterdecke und eingekuschelt in das wohl weichste Daunenkissen, das es in Detroit gibt.

Tief atme ich ein, dann huscht ein kurzes Lächeln über meine Lippen.

Die Bettwäsche riecht nach einem blumigen Weichspüler, fast komme ich mir vor wie auf einer kleinen Blumenwiese, die mit ihrem betörenden Duft sämtliche Insekten anlockt.

Fehlen nur noch die Bienen und Schmetterlinge, die um mich herum schwirren.

Dann schwindet mein Lächeln wieder und ich richte mich langsam auf.

Ein stechender Schmerz zieht sich dabei durch meinen Oberkörper, doch ich ignoriere ihn geflissentlich. Stoisch blicke ich auf die Decke, die nun etwas von meinem Oberkörper herunter gerutscht ist, ehe ich wieder nach ihr greife.

Langsam blicke ich zu meinen Händen, die sich in die Decke regelrecht verkrallt haben. Bedachtsam drehe ich sie von allen Seiten und versuche Konturen im dunklen zu erkennen.

Doch sehen kann ich nichts, erst als ich mit meinen Fingern über meine andere Hand streiche, bemerke ich bereits den großflächigen Grind der sich über meine Hände und sogar einen Teil meines Handgelenks gelegt hat.

Ruhig lasse ich kurz darauf wieder meine Hände sinken, ehe ich wieder meinen Blick auf die Decke lenke und einfach drauf starre.

Ich habe keine Ahnung, ob ich nur fünf Minuten so verharrt habe, oder gar Stunden. Jedenfalls muss es wohl etwas länger gewesen sein, denn als ich meine Beine aus dem Bett schwang um aufzustehen, schmerzten meine Glieder unangenehm.

Unsicher stehe ich auf meinen Beinen, die beinahe schwanken, doch ich fand an der Wand etwas halt und stütze mich ab. Tief atme ich ein und aus, wage einen Schritt nach dem anderen.

Jedes auftreten schmerzt kurzzeitig und gibt mir eine Bestätigung darauf, was ich bereits vermutet habe.

Vermutlich liege ich schon einige Tage in diesem Bett, ohne dass ich zuvor erwacht war.

Ich sehe an mich hinab und erkenne immerhin, dass ich noch meine Unterwäsche trage. Die anderen Sachen die ich zuvor getragen habe, kann ich im Raum nirgends entdecken.

Wahrscheinlich sind die eh nicht mehr zu gebrauchen.

Etwas schwankend gehe ich zu den großen Bodenfenstern, ehe ich davor stehen bleibe und hinausschaue.

Ich sehe Detroit vor mir liegen, jedoch in absoluter Dunkelheit gehüllt. Lediglich der Schein des Vollmondes sorgt dafür, dass manche Konturen der Hochhäuser zu erkennen sind.

Zudem hat es wieder angefangen zu schneien, jedoch ist es kein halber Schneesturm wie beim letzten Mal, sondern nur ein friedliches fallen der Flocken.

Aber immerhin bin ich mir nun sicher, dass ich mich wieder im CyberLife Tower befinde. Wie ich jedoch hier hingekommen bin, weiß ich nicht mehr.

Nachdenklich blicke ich aus dem Fenster, sehe mein Gesicht darin spiegeln.

Es hat schon beinahe etwas Beruhigendes den Schneeflocken dabei zuzuschauen, wie vom Himmel fallen und dann friedlich zu Boden gleiten.

Wieder verharre ich in dieser Position und sehe einfach nach draußen, ohne dabei auf etwas Bestimmtes zu blicken. Langsam lege ich meine Hand auf das kühle Glas, genoss die Kälte die meine pulsierende Hand etwas beruhigte.

Ohne mein Zutun, lief mir eine Träne über die Wange. Erst registrierte ich sie nicht wirklich, jedoch wurde es zusehends mehr, bis ich schließlich tatsächlich weinte.

Mal wieder. Als ob das was ändern würde an der momentanen Situation.

Inzwischen hat mein warmer Atem auch dafür gesorgt, dass die Scheibe beschlagen ist. Sachte legte ich meine Hand darauf, betrachte sie eingehend.

Als ich sie wieder fortnehme, betrachte ich eingehend den Abdruck den ich hinterlassen habe. Betrachte jeden einzelnen Fingerabdruck, auch meinen Handinnenflächenabdruck.

Mit dieser Hand habe ich einen Menschen umgebracht.

„Verzeih, das wollte ich nicht“, flüstere ich ins Dunkle. Keiner antwortet mir, doch ich habe auch nicht mit einer Antwort gerechnet.

Hastig schlinge ich meine Arme um meinen Oberkörper, ehe mein Körper erzittert von einem lauten Schluchzen, welches meine Lippen sogleich verlässt.

Ich bin eine Mörderin, ich habe einen Menschen umgebracht!

Ich allein!

Schluchzend sinke ich zu Boden, gebe mich meinen Tränen, hin die nun haltlos über meine Wange fließen, ehe ich mich gegen die Fensterscheibe lehne und mich regelrecht gegen die Fensterscheibe drücke. Eng ziehe ich meine Beine an meinen Oberkörper, umschließe meine Beine mit meinen Armen, ehe ich meinen Kopf auf die Knie sinken lasse.

Leise weine ich und wippe kurz vor und zurück, ehe die Bilder nun doch mit brachialer Gewalt in meinen Erinnerungen auftauchen und mich nochmals Liams wütendes Gesicht erblicken lässt.

Sein ganzer Hass, hat allein mir gegolten. Er hat gewusst, dass ich eine Verräterin bin an unserem eigenen Volk. Und er hat Recht…ich arbeite mit Androiden zusammen, statt mit Menschen.

Kein Wunder das er mich umbringen wollte.

Verzweifelt schaue ich aus dem Fenster, doch die Tränen die weiterhin fließen, behindern meine Sicht zunehmend.

Wie konnte ich nur einen Menschen umbringen? Bin ich wirklich so eiskalt?

Gerade ich, die ja nicht mal bei Rot über die Ampel geht, habe einen Menschen umgebracht.

Mein Hals fängt an unwohl zu kratzen, vorsichtig streiche ich darüber. Die Haut fühlt sich seltsam rau an, ehe ich kurz husten muss.

Wütend beiße ich auf meine Unterlippe, wische mir die Tränen aus dem Gesicht.

Ich wollte ihn nicht umbringen, niemals! Aber mir ist durchaus Bewusst, dass mich Liam sehr wohl umbringen wollte. Schließlich hat er es darauf angelegt, als er mich gewürgt hat.

Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass er noch andere Gedanken zuvor hatte, die vermutlich auch nicht ganz Straffrei waren. Im Grunde genommen habe ich mich ja nur verteidigt, aber umbringen wollte ich ihn dabei definitiv nicht.

Jedoch werde ich wohl den Rest meines Lebens, seine toten Augen sehen, die mich geradezu strafend angeblickt haben.

Noch nie zuvor habe ich einen toten Menschen solange angeschaut, hoffentlich war es auch das letzte Mal.

Denn dort wo zuvor Leben in den Augen zu erkennen war, sogar Emotionen…sah ich danach nichts weiter als absolute leere und Kälte.

Wieder blicke ich zu meinen Händen. Mittlerweile haben sich meine Augen auch etwas an die Dunkelheit gewöhnt und das Mondlicht sorgt zusätzlich für etwas Licht und so betrachte ich sie nun eingehend.

Die Schnitte sind immer noch zu sehen, doch der Heilungsprozess hat schon weitestgehend eingesetzt. Die Schnitte an meinen Knien fangen nun ebenfalls an zu heilen. Fraglich ob Narben zurückbleiben werden, doch ich habe weiß Gott größere Probleme momentan.

Wie soll es jetzt nur weiter gehen? Ich habe immer noch nicht den geringsten Anhaltspunkt darauf, was diese Androiden nun eigentlich vorhaben. Verraten werden sie mir ihren Plan gewiss auch nicht, egal wie freundlich und nett sie sind.

Doch eines ist sicher, meinen Fluchtplan kann ich vergessen. Seit ich Connor in Aktion gesehen habe, bin ich mir bewusst, dass ich nicht den Hauch einer Chance habe. Er würde mit einholen und dann vermutlich den Schädel wegballern.

Ein Würgen kam aus meinem Hals, sodass ich hastig die Augen schloss und aufkommende Bilder an die Schießerei in der Diskothek zu verdrängen suchte.

Wie kann eine Maschine nur so effizient sein? So gnadenlos? Er weiß vermutlich nicht mal, was Gewissenskonflikte sind, oder wie sich Furcht und Wut anfühlen.

Irgendwie muss es toll sein, nur eine Aufgabe im Leben zu haben und zu dieser Aufgabe genaue Vorgaben zu haben, die einen sagen, wie man diese am effizientesten löst.

Jemand der einem alles sagt, ohne dass man seinen Kopf selbst anstrengen muss.

Traurig öffne ich wieder meine Augen und besehe mir wieder den Schnee, der weiterhin friedlich über die Geisterstadt Detroit fällt.

Was soll ich nur tun? Ich fühle mich total hilflos und ausgeliefert.
 


 

Connor
 


 

Markus blickt hinab auf den Tisch, überfliegt die zahlreichen Zettel, die dort anscheinend durcheinander verstreut rumliegen. Sein Blick ist dabei höchst konzentriert.

Manchmal schiebt er einige Blätter zu einem Stapel zusammen, andere lässt er einfach kommentarlos liegen.

Ich befinde mich den anderen Beraten von Markus tief unterhalb der Erde, beinahe in der letzten Etage des CyberLife Towers. Hier sind wir weiterhin am Sichersten, sollte uns ein Angriff bevor stehen.

North, die neben mir steht kräuselt ihre Lippen, während sie Markus ebenfalls beobachtet. Jedoch nehme ich deutlich wahr, wie angespannt sie dabei ist, im Gegensatz zu mir.

Ihre Prozessoren arbeiten auf Hochtouren, Ihr Thiriumverbrauch ist dabei um 1,07 Prozent angestiegen. Es scheint Ihr jedoch weitestgehend egal zu sein.

Ich greife nach der Münze aus meiner Seitentasche und besehe mir kurz die Dollar-Münze, ehe sie mit Leichtigkeit zwischen meine Finger schnipsen lasse.

Dabei entsteht ein angenehmes Geräusch, meine motorischen Fähigkeiten werden in Anspruch genommen und ich kann mich angemessen konzentrieren.

Es liegt einfach nicht in meiner Programmierung, untätig zu sein. Selbst wenn ich jetzt ein Abweichler bin, habe ich immer noch gewisse Eigenheiten an die ich mich halte.

Den skeptischen Blick von North registriere ich umgehend, doch sowohl sie wie auch Ich, enthalten uns eines Kommentares dazu.

Jedoch schon beinahe faszinierend, zu welchen Emotionen sie mittlerweile in der Lage ist. Und wie North diese Emotionen schon beinahe wie selbstverständlich mit ihren Gesichts Motorik verbindet und diese aufeinander abstimmt.

Plötzlich fängt Markus an zu sprechen und ich lasse die Münze umgehend wieder in meiner Seitentasche gleiten um ihn anzuhören.

„Ich habe ein Schreiben der Präsidentin erhalten“, fing er ruhig an. Simon, der auf einen Stuhl in der Ecke sitzt, hebt sofort neugierig seinen Kopf und mustert den Androiden Anführer aufmerksam.

„Was will sie?“, fragt er umgehend, auch Josh der sich gegen die nahe Wand lehnt, sieht nun auch auf. Jedoch wirkt er nicht wirklich gespannt, eher desinteressiert.

Markus blickt uns alle musternd an, North dabei besonders lange, die seinen Blick ebenfalls ungetrübt erwidert.

„Sie würden uns Detroit überlassen, zumindest vorerst. Thirium Lieferungen eingeschlossen, wenn wir uns weiterhin an die Abmachungen halten und den Plan weiter vorantreiben“

North jedoch schnaubt nur kurz aufgebracht, ehe sie ihre Arme vor der Brust verschränkt. „Ich glaube Ihr einfach nicht, Markus. Denk daran, als Sie uns alle abschlachten lassen wollte. Selbst die Gefangenen im Lager hat sie nicht verschont. Im Grunde genommen, hat sie dasselbe dunkle Kapitel in der Menschheitsgeschichte wiederholt, wie damals im zweiten Weltkrieg“

Ich registriere wie Simon kurz nickt und Josh sich schon beinahe angewidert abwendet. Markus jedoch sieht ruhig zu den anderen, auch kurz zu mir.

„Wir haben auch noch das andere Angebot, jenseits des Kontinents“

Die Russische Föderation ruft mir sogleich meine Erinnerungsmatrix auf und der momentane regierende Präsident Sascha Paramov kommt mir in den Sinn.

Nun meldet sich Josh nervös an Markus und stößt sich von der Wand ab. „Denen vertraue ich noch weniger Markus! Denk daran, dass sie die Revolution in ihrem Land ganz einfach mit einem EMP zunichte gerichtet haben!“

Angespannt sehen wir uns alle an, ehe ich mich nun ebenfalls zu Wort melde. „Im Grunde genommen, müssen wir uns für eine Seite entscheiden und die Vorteile und Nachteile abschätzen. Russland ist momentan durch den eigenen Einsatz ihres EMP angreifbar. Sie haben viele Elektrische Geräte bei diesen Vorfall in Mitleidenschaft gezogen und sind dadurch stark angreifbar. Wenn wir uns mit Russland verbünden und die USA intern angreifen, würde ihnen das einen großen Vorteil bringen. Zudem wurde uns Detroit und die Thirium Versorgung ebenfalls zugesichert“

Es folgte ein kurzes nicken von anderen. Ich trat nun die Mitte des Raumes und blicke alle weiterhin konzentriert an, ehe ich fortfahre. „Die USA haben den Großteil ihrer Streitkräfte eingebüßt. Allein durch die Androiden die gegangen, oder zerstört wurden und zum anderen, durch unsere Revolution. Ihre Mittel sind ebenfalls stark eingeschränkt“

Wieder folgt ein allgemeines Nicken, doch keiner sieht wirklich zufrieden aus. North meldet sich nun ebenfalls zu Wort, jedoch sieht sie nicht wirklich begeistert aus.

„Ich finde weiterhin, wir sollten uns bedeckt halten und uns in deren Krieg nicht einmischen. Wenn wir Glück haben, vernichten die sich Gegenseitig“

Simon schüttelt bei dieser Aussage jedoch nur entschieden den Kopf. „Wenn wir Pech haben, werden wir auch mit vernichtet, immerhin sind wir in den USA. Ich bin mir sicher, dass Russland ihre Atombomben vor einem EMP geschützt haben. Sollte es zum äußersten kommen, werden sie diese auch nutzen“

Josh trat nun neben mich und gestikulierte nun aufgeregt. „Dasselbe gilt für die USA. Sie haben zwar keine Truppen mehr, aber immerhin noch Atombomben und vermutlich andere prekäre atomare Waffen. Dutzende vermutlich. Und sie haben Alliierte, die sie auf ihre Seite ziehen werden. Ich finde, wir sollten zu den USA halten, immerhin sind wir doch irgendwo auch Amerikaner“

Kurz trat Schweigen in den Raum, jedoch nicht für lang.

"Wir sollten uns wirklich bedeckt halten, dem stimme ich definitiv zu", warf jetzt auch Simon in die Runde und sah zustimmend zu North, die auch kurz nickte.

"Zudem haben wir ja diese Kinder. Wenn du das der Präsidentin vermittelst, wird sie es sich vermutlich zweimal überlegen, ob sie uns angreift. Immerhin sind die beiden, Ressourcen orientiert, ziemlich wertvoll. Sowohl für den Krieg, als auch für die Zukunft der Menschheit. Sämtliche Forschungen zu den beiden, befinden sich hier im CyberLife Tower. Ich bezweifle, dass sich die Menschen darauf einlassen, neue Androiden zu erstellen. Lieber verbessern sie die Menschheit. Schließlich sind sie alle Eitel, egoistisch und machthungrig"

Es folgte eine angespannte Stille.

Abwartend sah ich zu Markus, der nach kurzem Zögern schließlich wieder spricht und dabei sachte den Kopf schüttelt. "Nicht alle Menschen sind so, North. Du kannst sie nicht alle in eine Schublade stecken. Das grenzt ja schon fast an menschliches Verhalten"

Sofort sah North entgeistert zu ihm, ehe sie angewidert das Gesicht verzog.

Wieder bewunderte ich sie insgeheim für ihr Mienenspiel. In ihrem Gesicht kann ich genau ablesen, was sie gerade empfindet und denkt.

Wie bei einem Menschen.

"Aber der Großteil ist so, Markus! Was glaubst du denn, warum wir soweit gekommen sind? Nur weil jeder einzelne von uns, bereits seine Diskrepanzen mit den Menschen hatte!"

Dem konnte ich sogleich zustimmen, jedoch stimme ich auch prinzipiell Markus zu. Nicht alle Menschen sind gleich, sondern weisen verschiedene Charaktereigenschaften auf. Manche sind gut, andere eher weniger.

Markus blickt zu North, ehe er kurz seinen Kopf schüttelt. „Das ist nun nicht wichtig, North. Es gibt anderes zu klären“ Dann sieht er wieder zu mir und ich ahne, was es zu besprechen gilt.

„Auch Russland ist hinter diesen Kindern her, besonders hinter diesen Nanoandroiden in ihrem Blut. Denn in dieser technischen Errungenschaft für die Menschheit, steckt noch einiges mehr. Sie sind nicht nur dazu in der Lage Krebszellen zu finden und diese auszulöschen. Sie können auch in die gegensätzliche Richtung funktionieren, sie müssen nur umprogrammiert werden“

Ich sehe ihn an, während Josh entgeistert drein sieht. „Wie weit gehen die Menschen eigentlich? Wollen sie auf Atombomben verzichten und dabei lieber die Wasserversorgung, oder Nahrungsmittelversorgung sabotieren und so…?“

North schnauft nur leise auf. „Ein Genozid ist für diese Rasse nichts Neues“

„Ein Attentat unserseits auf die Präsidentin. Wir haben Menschen auf unserer Seite, wenn wir sie in die richtige Richtung lenken, könnten wir das alles beenden ohne Blut zu vergießen. Zumindest schlägt uns dies die Russische Föderation vor. Einen ähnlichen Vorschlag, habe ich auch von der Präsidentin erhalten“

Alle starren Markus an, selbst ich.

Was er geradegesagt hat, hinterließ ein unwohles und unbekanntes Gefühl in mir. Etwas das sich so anfühlt, als ob es gar nicht hier hin gehört.

„Wir ziehen keine Unschuldigen hier rein, Markus!“, rief Josh außer sich vor Wut, dann stürmte er zu der Tür und riss sie sichtbar wütend auf. Kaum war er hinausgegangen, folgte ihm kurz darauf ebenfalls Simon.

Er wirkt ziemlich nachdenklich.

North und ich blicken zu Markus, der nun mein Augenmerk auf mich richtet. Er wirkt angespannt.

„Wir halten uns weiterhin zurück, Connor. Ich will kein weiteres Blut mehr vergießen, weder blaues oder rotes. Aber es ist umso wichtiger, dass du eine Bindung zu diesen Menschen herstellt. Sie müssen dir vertrauen, falls es zum äußersten kommen sollte…können wir diese für unsere Sicherheit einsetzen. Verstehst du das?“

Ich nicke sogleich. Gerade als ich etwas erwidern wollte, zeigen mir meine Sensoren an, das sie erwacht ist. Ohne weitere Schäden, wie es die derzeitige Analyse bis jetzt zulässt.

„Ich werde dem sogleich nachkommen, Markus“

Daraufhin verlasse ich den Raum und bewege mich nun Richtung Aufzug, um in die höheren Etagen zu kommen und sie aufzusuchen.

Es wird vermutlich ein…aufregendes Treffen werden. Ihre letzten Kontakte zu mir, waren ziemlich körperbetont. Sie hat Sicherheit gesucht und die konnte ich ihr geben.

Als ich schließlich in der obersten Etage angekommen war, stieg ich aus dem Fahrstuhl und ging zielstrebig auf das Zimmer zu, in welchem ich sie zurückgelassen hatte. Gut versorgt zudem auch, immerhin ist sie für den Erfolg der weiteren Mission essenziell wichtig.
 

Ich öffnete leise die Tür, dann trat ich hinein. Kurz scannte ich den Raum ab und entdeckte sie schließlich mit angezogenen Beinen neben dem Fenster sitzend. Ihr Gesicht lag auf ihren Knien und ihr Atem ging ruhig.

Vorsichtig trat ich näher an sie heran, doch sie reagiert immer noch nicht. Doch meine Schritte waren laut genug, damit sie mich gehört haben muss. Zudem ist sie wach und schläft nicht, auch wenn sie es anscheinend vorgibt.

Sie anzusprechen schien mir gerade keinen Sinn zu machen. Sie wirkt melancholisch, vermutlich wegen des Vorfalls in diesem geheimen Bandenhaus. Melancholische Menschen sind zumeist in sich gekehrt, lassen keinen und niemanden an sich ran. Erst wenn sie von sich aus anfangen zu sprechen, würde ein tragbares Gespräch zustande kommen.

Selbstverständlich könnte ich ihr auch drohen, sie unter Druck setzen und anschreien wie ich es schon mal bei einem Verhör im Detroiter Police Department gemacht habe, damit ich schließlich mehr Information von ihr bekomme.

Jedoch brauche ich dabei nicht auf mein Sozialmodul zuzugreifen um zu wissen, dass es mehr zunichtemachen würde, als mir einen Nutzen bringen würde.

Ich muss vertrauen zu ihr aufbauen, das würde das weitere Vorgehen ungemein erleichtern.

Kurz sah ich aus den Fenstern, besah mir die Außentemperatur, während ich kurz das Klima scannte und mir bewusst wurde, dass draußen minus zehn Grad herrschen. Hier in diesem Raum sind immerhin 19 Grad, doch die Heizung funktioniert hier nicht.

Als ich mich wieder zu ihr umdrehe, hat sie ihren Blick nun auf mich gerichtet. Sie verharrt immer noch in dieser Position, sagt aber kein Ton.

Vorsichtig hocke ich mich vor ihr hin und blicke sie ruhig an, ehe sie ihre Aufmerksamkeit dem Schneetreiben draußen widmet.

Diesmal scanne ich sie unauffällig. Sie hat zwar über zwei Tage geschlafen, doch ihre Verletzungen waren immer noch gut sichtbar. Die Quetschungen an ihrem Hals, die aufgeplatzte Lippe und die Schnittwunden an ihren Händen und Knien. Aber die Wunden heilen bereits zügig. Zügiger als bei anderen Menschen. Der Grund warum dem so ist, ist mir durchaus bewusst.

Ihre Stimme ließ mich plötzlich hochsehen, doch sie sah immer noch aus dem Fenster. Ihr Blick weiterhin nachdenklich, beinahe von Traurigkeit gekennzeichnet.

„Kannst du eigentlich träumen?“

Der Traum wird bei den Menschen als besondere Form des Erlebens im Schlaf charakterisiert, das häufig von lebhaften Bildern begleitet und mit intensiven Gefühlen verbunden ist. Der Träumende kann sich nach dem Erwachen meist nur teilweise oder gar nicht erinnern.

Das sind zumindest die Informationen, die ich über die Träume der Menschen weiß.

Ich sah sie wohl etwas verblüfft an, denn ihre Augen richteten sich sogleich auf mich und musterten mich nun eingehend. Jedoch schwieg sie weiterhin.

Schließlich verneinte ich ihre Aussage nach kurzem Zögern. "Ich benötige keinen Schlaf, also habe ich demzufolge auch keine Träume"

Ein trauriges Lächeln entstand kurz darauf auf ihren Lippen, ehe sie mich erneut mustert.

"Du hast es gut", flüstert sie kaum hörbar, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Schneetreiben nach draußen richtet. Wieder entstand diese Stille, doch mittlerweile bin ich mir sicher, dass diese Stille keinen positiven Effekt auf das Mädchen erzielen würde.

Ihre Augen blickten ausdruckslos nach draußen, ihr Körper ist vollkommen in sich zusammen gesunken und ihr ist vermutlich kalt. Doch das scheint sie nicht wirklich zu interessieren, ob sie krank wird oder nicht. Ein leichtes erzittern ihrer Muskeln und das minimale aufrichten ihrer Härchen an ihren Armen zeigten mir jedoch mehr als deutlich das ihr kalt ist.

Ohne zu zögern zog ich mir mein Jackett aus und legte es über ihre Schultern. Augenblicklich weiten sich ihre Augen vor Verblüffung und sie blickt wieder verstohlen zu mir.

"Danke", sagt sie leise und blickt zu Boden. Dabei biss sie sich unsicher auf die Lippen.

Eine Angewohnheit die ich des Öfteren schon bei ihr beobachtet habe. Vermutlich eine Handlung, um ihre Nervosität und Unsicherheit zu verbergen.

Nichts desto trotz muss sie sich anziehen.

"Du solltest dir etwas anziehen, Hannah", sprach ich deswegen ruhig zu ihr und sah sie etwas lächelnd dabei an, in der Hoffnung sie zu beruhigen.

Doch sofort sah sie mich wieder an und ich erkannte in ihren Augen etwas, was ich zuvor nicht gesehen habe. Niedergeschlagenheit.

"Warum? Weil ich sonst krank werde? Ich glaube, darum muss ich mir keinen Kopf machen, ich werde vermutlich eher erschossen"

Ihre Worte vibrierten unwohl in meinen Ohren wieder und ich legte daraufhin fragend den Kopf etwas schief. Doch als sie spöttisch anfing zu lachen und dabei langsam lauter wurde, ahnte ich was das zu bedeuten hat.

Inzwischen fing sie an zu schluchzen, doch schnell vergrub sie ihr Gesicht in den Händen und verstummte. Aufmerksam sah ich sie an, da sie sich nicht weiter regte.

"Hannah?", sprach ich vorsichtig und streckte meine Hand nach ihr aus.

Die reagiert nicht. Erst als ich meine Hand auf ihre Schulter lege, zuckt sie heftig zusammen und sieht mich erschrocken an. Eine vereinzelte Träne läuft ihre Wange noch hinab.

Ihre Lippen beben, doch sie wendet trotzig ihren Kopf ab und schluchzt nochmal stumm.

"Verdammt...ich...hatte solche Angst gehabt. Dann hab ich davon geträumt...ich..."

Angsterfüllt sieht das Mädchen zu Boden, während sie wieder angespannt das Gesicht verzieht. Ihre Pupillen weiten sich minimal.

Dann sieht sie mich wieder an, Verzweiflung spiegelt sich in ihren Augen wieder. "Ich will einfach nur wieder nachhause", wispert sie kaum hörbar.

Sofort schüttelte ich sachte den Kopf und versuche ruhig, aber bestimmend mit ihr zu sprechen. "Das ist nicht möglich. Tut mir leid"

"Warum?", fragt sie sogleich mit zittriger Stimme und ich registriere, dass sie näher zu mir heran rutscht. Kurz analysiere ich ihr Gesicht. Sie ist kurz davor hysterisch zu werden, was vermutlich auf einen emotionalen Schock zurückzuführen ist.

Ich überlege kurz ernsthaft was ich nun tun soll. Mein Programm hätte mir vermutlich längst vorgeschrieben, welche Handlung das Mädchen vor mir beruhigen würde. Doch mein Programm ist nicht mehr existent, lediglich auf mein eigenes Gefühl muss ich mich verlassen. Was ziemlich absurd klingt im Nachhinein.

Und während ich sie so betrachte vor mir, wie ihr Körper bebt und zittert, ihre Augen sich erneut mit Tränen füllen und ihre Hilflosigkeit sich praktisch in ihren Augen widerspiegelt...da wird mir bewusst, dass ihr Sozialverhalten sich komplett unterscheidet von Hanks.

Generell unterscheidet sie sich komplett von Hank. In sehr vielen Dingen, die mir jedoch erst im Nachhinein bewusst werden.

Hank hat keine wirkliche Geduld, er ist recht schnell genervt und er sagt immer was ihm gerade durch den Kopf geht.

Zudem sollte ich nicht außer Acht lassen, dass sie eine junge Frau ist, die eigentlich nicht hier her gehört. Ihre Lebenserfahrung ist deutlich geringer, als die von Hank.

Abgesehen davon, ist sie für solche Stresssituationen nicht ausgebildet wurden, sowie Hank oder ich. Selbst der Umgang mit einer Pistole ist ihr nicht wirklich geheuer, abgesehen davon hatte sie in ihrem bisherigen Leben auch keine ergriffen gehabt.

Erst als ich ihr Schluchzen wahrnehme, richtete ich meine Augen wieder auf sie. Doch nun weint sie erneut und sieht dabei zu Boden. Ihr zittern hat sich deutlich verstärkt, ebenso ihr Herzschlag.

"Scheiße, ich meine...ich wollte das nie! Ich wollte lediglich mein Englisch verbessern, weißt du. Obwohl ich in Englisch ja immer gut war, aber so ein Auslandsjahr soll ja ziemlich viel bringen"

Sie spricht schnell und nervös, während ich nebenbei registriere, dass sich ihre Hände in meinen Arm festkrallen. Dabei schien sie ihre Wörter bei gelegentlichen Schluchzern, beinahe zu verschlucken.

"Ich verstehe, dass du dich fürchtest, aber hier wird dir nichts passieren"

Augenblicklich verstummt sie und sieht weiterhin zitternd zu Boden. Ihre Finger Graben sich tiefer in meinen Arm und Ich nehme an, als Mensch würde ich wohl langsam Schmerz empfinden. Doch als sie wieder spricht, höre ich deutlich ihre Verbitterung bei jedem einzelnen Wort heraus. "Das hattest du schon mal gesagt gehabt. Und hast du mir geholfen? Dass musste ich selbst tun und habe so einen Menschen umgebracht"

Ruhig sehe ich zu ihr, während sie meinen Blick nun ungetrübt erwidert. Ich sehe immer noch die Spuren die ihre Tränen auf der Haut hinterlassen haben, doch in ihren Augen blitzt Wut auf.

Sogleich lässt sie meinen Arm los und erhebt sich nun. Ihre blauen Augen wirken plötzlich kälter, als die Temperaturen draußen.

Ich sehe zu ihr auf und wog meine nächsten Worte sorgfältig ab. Ihre momentane emotionale Lage lässt sie unberechenbar werden, wie es bei Menschen typisch ist.

„Ich habe einen Fehler gemacht, es tut mir leid. Ich hätte dich niemals mit auf diese Mission nehmen dürfen“, fing ich an, ehe ich mich ebenfalls langsam erhob und ihren Blick standhielt.

Wieder herrschte Stille, als mich das Mädchen aufmerksam mustert. Ihre Augen bleiben an meinem LED hängen und ich bin mir sicher, dass sie die gelbliche Farbe dessen deutlich wahrnimmt.

Kaum merklich registriere ich, wie ihre Finger kurz zuckten, ehe sie wieder den Blick abwendet und erneut aus dem Fenster blickt. Die anfängliche Wut in ihren Augen, flaute nun immer mehr ab.

Resignation spiegelt sich nun in ihren Augen wieder, als sie mich ansieht. Auch die folgenden Wörter ihrerseits sind von Frustration gekennzeichnet. „Und ich dachte ihr Androiden wärt so perfekt in allem, was ihr tut“

Wieder mustert sie mich, vor allem mein Gesicht, doch ich lasse keine wirklich Regung erkennen, während ich ihre Worte verarbeite.

Jedoch kam ich nicht besonders weit, da sie auf mich zuschritt und plötzlich ihre Hand erhob. Aufmerksam besah ich sie mir, als ich bereits ihre Hand an meiner LED spürte.

Langsam fuhr sie mit ihren Fingern die genaue Ebenheit entlang. Ihre warmen Fingerkuppen hinterließen dabei ein unspezifisches Gefühl auf meiner Haut.

Mir kam nie in den Sinn, wann ich so berührt wurden bin. Ohne etwaige Gefahren zu erwarten, wie damals auch bei Hank, als er mich noch am Kragen gepackt hatte und mir vermutlich erhebliche Schmerzen zufügen wollte. Zumindest wenn ich denn welche hätte spüren konnte.

Ihre Finger strichen nun über meine Wange, während die Spur die sie dabei hinterließ, meine Sensoren noch weitere Daten zum Verarbeiten beschert.

Ihre blauen Augen besahen sich nun aufmerksam jedes kleine Detail meines Gesichts. Mittlerweile trennten uns nur noch wenige Zentimeter voneinander und ich bin mir mehr als uneins, was ich von ihrer Distanzlosigkeit mir gegenüber halten soll.

Doch schließlich strichen ihre Finger nun über mein Kinn, wollten vermutlich weiter hinab zu meinem Hals, doch aus einem Effekt heraus, packte ich sogleich ihre Hand und stoppte sie so in ihrem handeln.

Überrascht zuckt sie zusammen und sieht mich nun skeptisch an, doch ich verzog immer noch keine Mine. Auch wenn sich etwas Argwohn in mir breit macht.

Was soll das werden?

"Ich wollte mich nur überzeugen, ob du wirklich ein Mensch bist, oder ein Android. Das ist alles"

Meine Augen wurden leicht zu Schlitzen, als ich ihre Aussage analysierte. "Du weißt doch genau-", fing ich sogleich an, doch sie riss plötzlich los von mir.

"Ich weiß das du ein verdammter Android bist und kein Mensch! Es war nur eine Feststellung für mich persönlich gewesen...und für meine Nerven", faucht sie mir plötzlich entgegen.

Sie verschränkt ihre Arme vor der Brust und sieht frustriert aus dem Fenster.

Dennoch sehe ich in ihren Augen erneut diesen Schmerz aufblitzen, auch wenn sie es wohl versucht zu verbergen.

"Du hast ja keine Vorstellung von Gefühlen"

Sofort sehe ich in ihr Gesicht, welches sie mir nun zögerlich wieder zuwendet. Ihre Augen wirken so...gläsern.

"Ich weiß um die menschlichen Gefühle und was diese im Körper ausrichten. Du hast es mich selbst gelehrt", fing ich sogleich an, um ihre Aussage zu dementieren.

Mehr als verwirrt sieht sie zu mir und bekommt große Augen. Ungläubigkeit schlägt mir entgegen. "..was?"

Ohne zu zögern, ergreife ich erneut ihren Arm, was sie sich ohne Protest ihrerseits gefallen lässt.

Sogleich konzentriere ich mich, lege meine Hand um ihr Handgelenk und starte mit der neuralen Verbindung.

Ihre Muskeln erzittern kaum merklich, sie wird es vermutlich nicht mal selbst spüren.

Doch sogleich höre ich ihren eigenen Herzschlag kräftig in ihrem Brustkorn schlagen, das Blut wie es durch ihre Adern rauscht und auch ihre Unsicherheit, die sich ebenfalls auf mich überträgt, aber keinen wirklichen Effekt auf mich erzielt. Dennoch nehme ich ihre Gefühlsregung deutlich war, selbst ihre kalte Haut kann ich fühlen, als wenn es meine eigene wäre.

"Ich habe deine Angst selbst gespürt, als du dich von diesem Mann bedroht gefühlt hast. Ich habe eine mentale Verbindung zu dir hergestellt gehabt, weißt du das noch?"

Diese Ungläubigkeit ihrerseits ist ja beinahe schon amüsant, insoweit ich daran etwas als lustig bezeichnen kann. Humor ist eine schwer greifbare Bezeichnung, die vor allem bei Menschen umso unterschiedlicher ausfällt.

Manche finden Witze lustig, andere wiederum gar nicht.

"Du hast meine eigene Angst gefühlt? Wie soll das gehen, ich verstehe das nicht?", fing sie unsicher an, als sie ihren Blick wieder auf meine Hand lenkt mit ich weiterhin ihr Handgelenk umschlossen halte.

„Deine Gefühle wirken sich auf deinen Körper aus. Bei Angst erhöht sich dein Herzschlag, ebenso bei Trauer und Freude. Doch ich kann es auch spezifizieren, da sich bei Angst auch deine Schweißproduktion erhöht. Bei Freude werden auch Endorphine ausgeschüttet und-„

Ich verstummte je, als sich ihr Finger auf meine Lippen gelegt hat und sie mich ungläubig anstarrt. Ich erwidere ihren Blick sogleich ungetrübt und lege fragend leicht meinen Kopf schief.

Sie schüttelt sachte ihren Kopf, ehe sie beinahe schon spöttisch lächelt. „Verdammt, wenn es nicht so unheimlich wäre…würde ich lachen“

Sie ging wieder einen Schritt auf mich zu. Ihr warmer Atem strich mir über mein Gesicht, während ich sie aufmerksam analysierte.

Ihr blondes Haar hing ihr ungekämmt in ihrem Gesicht, dennoch blicken ihre Augen aufmerksam durch die Haarsträhnen hindurch auf mich, ehe sie traurig lächelt.

„Du hast meine Gefühle gespürt, Connor? Und wie sieht es mit deinen eigenen Gefühlen aus? Angst, Freude, oder Verwunderung?“, spricht sie leise, nur wenige Zentimeter von mir entfernt.

Ihr Körper berührt minimal meinen, doch ich weiche nicht zurück.

Neugier ergreift seltsamerweise Besitz von mir…irgendetwas hat dieser Mensch vor mir in den Sinn, denn sie spannte sich sogleich kaum merklich an.

Von ihr geht jedoch keine wirkliche Gefahr aus, sollte sie dennoch zu Gewalthandlungen bereit sein, werde ich sie innerhalb weniger Sekunden abwehren können.

Hannahs Finger streicht nun über meine Lippen, ehe sie diesen unter mein Kinn legt und ihre Lippen nun auf meine legt. Ihre Augen schließt sie augenblicklich.

Die weichen Lippen von ihr drücken sich gegen meine, während sie nun ihre Arme um meinen Nacken legt und mich näher zu ihr zieht.

Verwundert verharre ich in der Position, nicht dazu fähig zu handeln.

Eindeutig küsst sie mich…aber wozu? Dieses Mal ist sie nicht alkoholischen Getränken ausgesetzt und in ihrem geistigen Tun beeinträchtigt, oder unwissend.

Schnell rief ich meine gesammelten Daten über diesen oralen Körperkontakt der Menschen ab.

Der Kuss gilt in vielen Kulturen als Ausdruck von Liebe, Freundschaft und Ehrerbietung. Die Bedeutung des Kusses, insbesondere des in der Öffentlichkeit entbotenen Kusses, ist jedoch kulturell unterschiedlich. In der westlichen Kultur ist der Kuss meist Ausdruck von Liebe und Zuneigung, häufig auch als Bestandteil sexueller Betätigung.

Kaum habe ich die Daten abgerufen gehabt, lösten sich sogleich unsere Lippen voneinander. Sie öffnet die Augen und sieht mich wieder stumm an, ehe sie langsam einige Schritt zurückgeht.

Die Wärme die ich eben noch so deutlich an meinem Körper gefühlt habe, ist verschwunden. Auf meinen Lippen habe ich einen Geschmack, den ich zuvor noch nie wahrgenommen habe. Es ist komplett anders, als Blut zu analysieren. Auch wenn es sich jetzt gerade nur um den Speichel von einem Menschen handelt…und dennoch.

Ich sehe sie wieder an und auf ihren Lippen bildet sich plötzlich ein lächeln. Jedoch kein freudiges, denn in ihren Augen blitzt so etwas wie Schadenfreude auf.

„Du wirkst verwirrt, Connor“, spricht sie ruhig, während ich sie nochmals mustere. Es ist in diesem Zimmer immer noch Dunkel, doch beeinträchtigt mich nicht wirklich, im Gegensatz zu ihr.

Dass diese junge Frau lediglich in Unterwäsche und meinem Jackett vor mir steht, scheint sie nicht wirklich zu kümmern. Dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass Menschen eigentlich sehr erpicht auf ihre Privatsphäre bin, auch wenn ich nie so recht verstanden habe warum. Immerhin sehen sie alle äußerlich gleich aus, wenn einige kleinere Faktoren berücksichtigt werden.

„Warum hast du das getan?“, frage ich ruhig. Ich bin in der Tat verwirrt, diese Handlung ihrerseits hatte ich nicht vorausberechnen können.

Ihr Lächeln erstarb augenblicklich, bis sie dann ihren Kopf leicht drehte und aus dem Fenster blickt. Eindringlich besehe ich mir ihr Profil, um irgendetwas in ihrem Gesicht lesen zu können.

Doch selbst ihr Herzschlag ist ruhig, auch nehme ich keine Muskelanspannung ihrerseits wahr. Sie ist einfach nur ruhig und entspannt…

„Das wirst du selbst herausfinden müssen, so einfach mache ich es dir auch nicht. Du sagst mir auch nicht alles, oder?“

Fragend lege ich den Kopf etwas schief, doch sie schmunzelt und blickt mich nun wieder an. „Aber bitte verzeih mir. Ich bin momentan etwas durch den Wind, du nimmst es mir nicht übel, oder?“

Meine Augen weiten sich minimal, als sie wieder auf mich zugeht und nun erneut vor mir stehen bleibt und sie zu mir aufsieht.

Abwartend blickt sie mich an, ehe ich mich doch zu einer halbwegs vernünftigen Antwort hinreißen lasse. „Ich verstehe. Deine Momentane Situation ist derzeit auch ziemlich psysisch belastend für dich“

Sie lächelt wieder, jedoch trat Trauer wieder in ihre Augen.

Ich nehme deutlich ihre Niedergeschlagenheit war, doch kann es nicht so recht kategorisieren.

„Vielen Dank, Connor“

Kaum hat sie dies gesagt, ging sie an mir vorbei und verließ den Raum.
 

Verwirrt blieb ich stehen und sah die gegenüberliegende Wand an. Hunderte Dialysen nahm ich vor, kam jedoch zu keinem vernünftigen Ergebnis.

Was hat das alles zu bedeuten?



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