Zum Inhalt der Seite

Rot und Blau

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ankunft

Ein kalter Wind blies mir ins Gesicht und ließ mich augenblicklich frösteln. Beinahe fühlte es sich an wie viele kleine Nadelstiche, auf meiner eh schon empfindlichen Haut.

Was würde ich mal wieder für ein warmes Bad geben, oder generell Wasser an mir, damit ich mich waschen kann.

Ich rieche bestimmt wie der letzte Mülleimer.

Während wir nun zurück zu den anderen gingen, waren Amber und Connor sehr schweigsam.

Ich seufzte leise und schielte kurz zu den beiden, doch auf eine Regung oder ähnliches konnte ich vermutlich ewig warten.

Alles schien nun wie eine Offenbarung zu sein, denn nachdem was dieser Android mir erzählt hat, habe ich ein ungutes Gefühl in mir.

Doch irgendwie ergab alles Sinn, wenn ich so darüber nachdenke.

Als ich mich in den USA um eine Stelle als Au-Pair bewarb, hätte ich nie gedacht, dass ich bei einer so reichen Familie unterkommen könnte. Richard Traynor gehörte vermutlich mit zu Detroits reichsten Bewohnern.

Doch damals im Bewerbungsgespräch hat er mir gesagt, dass es für ihn das wichtigste sei, das seine Kinder von Menschen erzogen werden und nicht von Androiden. Denn Androiden waren lediglich eine Kopie eines Menschen und konnten niemals wirkliche Emotionen erzeugen, so wie es ein Mensch konnte. Emotionen konnten diese Maschinen nur nachahmen.

Abgesehen davon, hatte er jedoch in seiner kleinen Villa dutzende Androiden, die die restliche Arbeit erledigten.

Vom Gärtner, bis zum Hausmädchen. Bis sie dann alle durchgedreht sind und Mr Traynor dann mit einem Filetiermesser abgestochen wurde vom eigenen Haus-Androiden. Alec hieß er glaub ich, er konnte vorzügliche Steaks zubereiten.

Das ich mit den Kindern fliehen konnte, verdanke ich mehr dem Glück, als alles andere.

Ein Tag bevor alles so ausgeartet war, hatte mir Mr Traynor seinen kleinen geheimen Bunker gezeigt, den er schon immer wie ein Schatz gehütet hatte.

In seinem Büro gab es versteckt hinter einem Bücherregal, eine kleine Tür. Diese Tür führte zu einem kleinen schmalen Gang.

Dieser führte in einen schmalen unterirdischen Belüftungsschacht, durch den selbst ich gerade noch passte. War man dann angekommen, führte dieser Schacht zu dem Bunker, der unter dem Garten lag.

Dort harrten wir ein paar Wochen aus, da wir dank des Radios wussten, das in ganz Detroit mittlerweile der Ausnahmezustand herrschte.

Zudem wagte ich es nicht mal einen Schritt nach draußen zu tun, denn die Villa war voll mit Androiden. Selbst im Garten waren sie.

Und von einer übergroßen Gartenschere wollte ich definitiv nicht abgestochen werden.

Doch irgendwann wurden unsere Vorräte knapp, denn Mr Traynor hatte keinen sonderlich großen Vorrat an Lebensmitteln zurückgelegt.

Vermutlich weil er diesen Bunker eh nur aus Jux und Freude hatte.

Wer könne ihm auch was anhaben in seiner hochmodernen Villa, wo selbst die Alarmanlage registriert, welcher Hund gerade ein Häufchen auf seinen teuren Rasen setzte? Zumindest dachte er das, bis ihm ein Android die Kehle aufschnitt.
 

Doch dann kam alles anders, als ich es je erwartet hätte. Nun sind die beiden Kinder Vollwaisen, obwohl ich mir nicht sicher war, ob das die richtige Bezeichnung dafür ist, wenn es zuvor niemals eine Mutter gegeben hat.

Angeblich war diese ja schon vor Jahren gestorben. Ich frage mich, was dieser Mr Traynor vielleicht noch vor mir verborgen hielt?

Auf einmal zupfte etwas vorsichtig an meinem Ärmel. Verwundert sah ich hinunter und sah in das schuldbewusste Gesicht von Amber. Ihre Augen waren immer noch gerötet, weil sie so herzzerreißend geschluchzt hatte.

Außerdem sah sie jetzt ziemlich schuldbewusst drein, verlegen richtete sie wieder ihren Blick zu Boden und knetete wohl nervös ihre Finger.

"Bist du jetzt böse auf mich, Hannah?", fragte sie so leise, dass ich sie beinahe nicht verstanden habe.

Doch kurz darauf musste ich schmunzeln. "Warum denn? Weil du mir nichts davon erzählt hast?"

Schuldbewusst nickte das Mädchen und sah nun zögerlich wieder zu mir hinauf. Sie sah so aus, als würde sie gleich wieder losheulen wollen.

Ich seufzte leise, dann schielte ich zu dem Androiden, der dicht hinter uns war.

"Ach, naja", fing ich lauernd an, was Amber bereits mit einem geschockten Blick ihrerseits erwiderte. Dann grinste ich amüsiert und legte meine Hände an die Hüfte.

"Immerhin bin ich jetzt wieder gesund, das ist das wichtigste. Das verdanke ich dir und Adam"

Ich ging vor Amber in die Hocke, während die mich mit großen Augen anstarrte.

Ich lächelte sie warm an, während ich ihr die letzte verbleibende Träne aus dem Gesicht strich. "Und jetzt hör auf mit heulen, Okay? Euch beiden Nervensägen, könnte ich nie böse sein"

Das Mädchen schluchzte kurz auf, doch in ihren Augen sprang mir die pure Erleichterung entgegen. Lachend drückte sie sich an mich, während sie ihr Gesicht in meine Halsbeuge drückte.

Beruhigend Strich ich über ihre Haare, während ich meinen Kopf kurz nachdenklich zu Boden senkte und mir etwas Entscheidendes einfiel.

"Danke, übrigens auch an dich", sprach ich nun den Androiden an, der nach wie vor hinter mir stand und sich nicht regte. Langsam drehte ich mich zu ihm um, während ich mich zu einem verkniffenen Lächeln durchrang.

"Aber ich glaub du würdest kein guter Chirurg werden, dafür bist du zu Grobmotorisch", witzelte ich etwas, doch alles was ich erntete, war ein Blick, der dem eines armen und verwirrten Hundewelpen glich.

Schnell schellte ich mich innerlich für solch einen albernen Vergleich, kam nicht umhin kurz leise zu lachen.

Spätestens jetzt muss er wohl denken, dass ich durchgedreht bin.

Schmunzelnd erhob ich mich und klopfte mir den Schnee von der Kleidung.

Amber war nun wieder vollends glücklich mit sich und der Welt und flitzte sogleich nach vorn.

"Das werde ich gleich Adam erzählen!"

Etwas verblüfft sah ich drein, als das Mädchen bereits hinter der nächsten Böschung verschwunden war. "Ja, aber mach langsam...und so"

Ich sah ihr noch kurz nach, dann seufzte ich einmal laut auf und strich mir eine störende Haarsträhne aus dem Gesicht.

Wie schnell Kinder ihre Gefühlslage doch wechseln können, da sind Erwachsene irgendwie länger in dieser Gefangen.

Gerade als ich losgehen wollte, wurde ich abrupt gestoppt. Connor's Frage ließ mich innehalten.

"Du bist nicht enttäuscht? Die Kinder haben dir immerhin nichts von ihrem Geheimnis erzählt gehabt"

Seine Stimme klang recht interessiert, beinahe sogar verwirrt.

Langsam drehte ich mich zu ihm um, während ich ihn musternd anblickte.

"Jeder hat doch seine Geheimnisse, oder? Außerdem bin ich dankbar, dass ich noch lebe. Das ist wichtiger, als dieses Wissen darüber, dass die beide irgendwelche super Menschen sind"

Kurz musste ich lachen, ehe ich zum Himmel hinauf sah.

"Außerdem bleiben die beiden für immer meine Nervensägen, egal ob die eine super DNA haben, oder nicht"

Dann wurde mein Blick kurz traurig, ein weiterer kalter Windhauch strich über meine Wangen und ließ mich erneut frösteln. Hastig zog ich den Kragen meiner Jacke nach oben und schritt dann weiter.

Das leise knirschen des Schnees hinter mir, verriet mir, dass der Android mir jetzt auch wieder folgte. Beinahe musste ich schmunzeln.

Eigentlich wollte ich ja nicht weiter reden, doch abgesehen von den Kindern, habe ich mit keinem Erwachsen länger gesprochen als fünf Minuten, in den letzten Wochen.

Und diese sogenannten Erwachsen Menschen waren bis jetzt alles Verrückte. Die perversen Männer in der Hütte, dann dieser komische Kerl in der Mall, der mich einfach geküsst hatte.

Frustriert schnaubte ich kurz aufgebracht und schob meine frierenden Hände tief in meine Jackentasche.

„Sei bloß froh, dass du keine Kälte fühlen kannst“, murmelte ich genervt, als der Android tatsächlich nun neben mir lief und mich erneut kurz musterte.

Ich sah ihn kurz an, dann blickte ich wieder nach vorn. Ambers aufgeregtes Gequassel konnte ich bereits hören, also wären wir gleich bei den anderen.

„Du scheinst dennoch irgendwie verärgert zu sein“, stellte der Android fest und ich musste kurz darauf grinsen.

Belustigt schielte ich zu ihm. „Ja, ich will hier weg. Das ist alles, aber ich glaube ich muss das nicht wirklich berechnen, um zu wissen, dass ich eh keine Chance habe zu entkommen“

Er selbst sah weder belustigt, noch verärgert über meine Aussage aus. Was in seinem Gehirn…oder was auch immer er da oben in seinem Kopf hat, vor sich ging, war einfach nicht zu erfahren.

Dennoch war ich neugierig, mein wohl ewiges Laster. Zudem will ich etwas Unterhaltung haben, in diesem eh schon tristen Alltag.

„Also gut…Connor?“, fing ich langsam an, immerhin war ich kurz unsicher ob das wirklich sein Name war. Den habe ich bis jetzt ja nie wirklich gebraucht, aber für alles gibt’s ja ein erstes Mal.

Es wirkte fast so, als wenn er mich ehrlich irritiert und unsicher angucken würde. Vermutlich war er gerade mit meiner Art überfordert, aber das wird er schon lernen müssen damit umzugehen, wenn er mich noch eine Weile bei sich behalten will.

Selbstsicher blickte ich ihm in die Augen, die nicht anders wirkten, wie die von Menschen. Beinahe sogar wärmer, als der kalte Winter der gerade herrschte.

"Du musst mir jetzt unbedingt eine Frage beantworten", fing ich erneut an, meinen Blick habe ich nun auf seine kleine Locke gelenkt, die ihm frech in die Stirn hing.

Das war im Grunde genommen das einzige, was an ihm nicht wirklich perfekt aussah. Dennoch wirkte es...beinahe niedlich.

Der erneute Drang ihm durch die Haare zu streichen, war wieder mit immenser Kraft zurückgekehrt.

"Was willst du denn wissen?", fragte mich der Android ruhig und riss mich so aus meinen wirren Gedanken. Zum Glück.

Eindeutig hat mich die ganze Situation an den Rand eines Nervenzusammenbruchs geführt.

Und nun sind meine Gedanken endgültig abgehoben.

"Du hast mich gerettet. Aber du meintest auch, du fändest es nicht richtig, wenn ich einfach so gestorben wäre", sprach ich ruhig, ließ ihn aber nicht eine Sekunde aus den Augen.

Ich wollte unbedingt irgendeine Reaktion in seinem Gesicht lesen.

Irgendwas wenigstens. Und wenn es blankes Entsetzen gewesen wäre.

"Das ist richtig", beendete er nun lediglich, was mich zum Murren brachte. Ich wartete, dass er seine Erklärung fortführen würde, doch es passierte natürlich nicht.

Entschloss ging ich einen weiteren Schritt auf ihn zu und war nun wenige Zentimeter von ihm entfernt.

"Dürfte ich den Grund erfahren, weswegen genau? Herr Ermittler-Android?"

Seine Augenbraue zuckte kurz merklich nach oben, was mich beinahe zum Lachen brachte.

Das war doch eindeutig eine menschliche Reaktion, auch wenn er doch nur eine Maschine ist.

Oder die bei CyberLife, haben ihren Job verdammt gut gemacht. Vermutlich viel zu gut, im Nachhinein betrachtet.

Connor griff nach seiner Krawatte, richtete diese langsam und ließ mich mit seiner Antwort erneut warten.

Doch als ich tatsächlich eine Erklärung von ihm hörte, blieb mir wortwörtlich die Spucke weg.

"Ich zitierte, was mir heute schon auf meine eigene Frage geantwortet wurde. Jeder hat seine Geheimnisse, oder nicht?"

Dann brachte er tatsächlich etwas zusammen, das wie ein Augenzwinkern aussah.

Fassungslos sah ich drein, was ihn wohl amüsierte. Zumindest war ich ziemlich sicher, dass dem so war, denn seine Mundwinkel waren minimal kurz nach oben gerichtet.

Oh, mein Gott!

Nun war ich endgültig reif für die Klapse. Ein Android der Scherze macht und sowas wie Zuckungen im Auge hat, um zu symbolisieren wie witzig das alles ist.

Ich prustete nun laut drauf los und war kurz davor, mir einfach die Kugel zu geben.

"Ich glaub es einfach nicht!", entwich es mir lachend, ehe ich mir eine Träne aus dem Auge wischte. Ich war mir nicht ganz sicher, ob die Träne aus Freude, oder Verzweiflung entstanden war.

Mühsam beruhigte ich mich wieder, während dieser RK800 mich die ganze Zeit anstarrte.

Vermutlich war es ihm selbst nicht ganz geheuer, so wie ich mich aufführte.

Kann ich sogar nachvollziehen.

Nochmals atmete ich tief ein und aus, dann war ich wieder im vollen Besitz meiner geistigen Fähigkeiten.

"Wie lustig, Connor", sprach ich trocken, dann drehte ich mich um und lief wieder zurück zu den anderen.

Amber wird vermutlich bereits alle vollgeplappert haben. Da hilft den Androiden auch nicht ihre Audiokomponente, wenn das Mädchen erstmal richtig in Fahrt gekommen ist, gibt's kein Halten mehr.

Kaum war ich aus dem Dickicht getreten, sprang mir auch schon Adam entgegen. Er griff nach meinen Armen und zerrte heftig daran. "Hannah! Stimmt es, was Amber uns erzählt hat?", wollte er sogleich wissen. Seine Stimme bebte regelrecht.

Seufzend fuhr ich durch sein Haar, was ihn mal wieder zum Fluchen brachte und mich zum grinsen.

"Ich bekomme alles raus, das habe ich doch schon immer gesagt", warf ich ihm belustigt an den Kopf, doch er schnaubte nur genervt.

"...und wütend bist du auch nicht?", murmelte er so leise, dass ich ihn beinahe nicht gehört hätte.

"Nein, mach dir keinen Kopf", sprach ich ruhig und lächelte, was Adam wohl beinahe erleichtert ausatmen ließ.

Connor der gerade neben mir stehen blieb, richtete sein Augenmerk nun auf Josh, der uns die ganze Zeit aufmerksam beobachtet hat. Die beiden LED's der Androiden leuchten kurz rot auf, dann wechselten sie schnell zu einem flackernden Gelb, ehe sich kurz darauf wieder das normale blau erschien.

Aufmerksam sah ich zwischen den beiden hin und her.

Es sah danach aus, als hätten sie sich irgendwelche Daten gesendet.

Ich zog meine Stirn kraus.

"Wir sollten uns beeilen, kommt jetzt", wies uns Josh an und lief sogleich los.

Die anderen Androiden folgten ihm sogleich und auch ich setzte mich langsam mit den Kindern in Bewegung.

Mein Blick lag auf den riesigen CyberLife Tower gerichtet und den weiten Weg, den wir bis dahin noch haben werden. Frustriert verzog ich das Gesicht und atmete einmal schwerfällig durch meine Nase aus.

Am liebsten würde ich jetzt im Bett liegen und schlafen…aber das wird mir wohl erstmal nicht gegönnt sein.
 

Nach einem mir endlos erscheinenden Marsch, waren wir tatsächlich endlich angekommen. Jedoch war ich diesmal wirklich am Ende meiner Kräfte.

Meine Füße und Hände schmerzen vor Kälte. Meine Füße haben vermutlich etliche Blasen, während mein Gesicht sich einfach nur noch taub vor Kälte anfühlt.

Am liebsten würde ich losheulen, hielt mich aber professionell zurück, indem ich mich mit der Betrachtung des CyberLife Tower ablenkte. Ich muss meinen Kopf in den Nacken legen, um überhaupt bis nach oben sehen zu können.

„Verdammt, wie viele Stockwerke sind das?“, flüsterte ich ungläubig.

„43 die du sehen kannst. Weitere 49 unterhalb der Erde“, antworte Connor mir prompt, was mich dazu brachte kurz zu pfeifen.

Der Turm sah schon im Fernsehen gewaltig aus, doch jetzt davor zu stehen war schon bemerkenswert. Der Turm hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem 30 St Mary Axe, der in London steht. Besser bekannt als die größte Glas Gewürzgurke der Stadt.

Dennoch wirkte der Tower schlanker, als sein Pendant in London.

Mein Blick glitt zum Eingangs Bereich des Turms. Überraschenderweise sah ich nur eine einzige Person dort stehen. Mit einem Maschinengewehr in der Hand und einer Kugelsicheren Weste.

Er war ziemlich groß, hat afroamerikanisches Aussehen und wirkte recht muskulös. Sein Blick war ruhig, dennoch beunruhigte er mich ungemein.

Wenn ich dem wahrscheinlich nachts auf der Straße begegnet wäre, dann hätte ich geschrien.

Die anderen gingen einfach weiter, während ich mich immer noch unsicher umsah. Wir waren so nah dran, gleich diesen Markus zu treffen. Im Internet habe ich gesehen, wie er diese Menschen umgebracht hat. Wie schnell, wie effizient.

Klar wurde er auch dabei verletzt, andere Androiden wurden auch getötet.

Trotzdem war das mehr als unheimlich. Androiden sind Menschen körperlich weit überlegen durch bessere Reflexe, analysieren der Situationen und deren optimale Lösung und zudem spüren sie ja keinen Schmerz.

Und wer keinen Schmerz spürt, der hat keine Angst. Und wer keine Angst hat, der zögert nicht.

Ich schluckte schwer. Wie soll ich bloß die Kinder beschützen können?

Eine kalte, kleine Hand legte sich in meine und ließ mich zusammenzucken. Ich blickte nach unten und sah in Ambers erschöpftes Gesicht. Ihre Nase war gerötet, ständig floss Nasensekret heraus, auch wenn sie sich schon dutzende Male die Nase geschnäuzt hatte.

Ihre Augen wirkten beinahe glasig.

Als ich sie so sah, wusste ich was zu tun war.

Fest drückte ich ihre Hand und folgte den anderen nun weiter zum Eingang. Beeindruckt sah ich mich um, als wir immer näher kamen. Das Glasgerüst des Towers wurde von dutzenden weißen Stahlsäulen gehalten, die sich immer wieder mit einander verschlungen und dann auflösten, nur um sich erneut wieder mit anderen Stahlsäulen zu verbinden. So waren die Säulen vermutlich bis zum letzten Stockwerk hin aufgebaut.

Die Androiden betraten einfach den Tower, während ich eher mit Skepsis zu dem großen, dunkelhäutigen Androiden blickte. Er schien meinen Blick bemerkt zu haben, denn er sah mich auch sogleich an.

Schnell wandte ich meinen Blick ab und stand nun mitten in der Eingangshalle. Alles wirkte so unfassbar riesig, und ich so unfassbar klein.

Dieser Eingangsbereich war praktisch größer, als das Haus meiner Eltern in Tschechien.

Sogar ein paar kleine Bäume konnten die in der Mitte einpflanzen!

Aber alles wirkte hier sehr steril und weiß. Beinahe kam ich mir so vor, als würde ich mich in einem Krankenhaus befinden.

Ehe ich mich weiter umsehen konnte, liefen wir sogleich weiter. Vorbei an ein paar kleinen Plattformen, wo früher vermutlich Statuen oder ähnliches gestanden haben müssen, denn diese waren leer.

Schließlich teilten sich die restlichen Androiden zu meiner Überraschung in angrenzende Räume auf, lediglich Connor und Josh blieben bei uns, als wir schließlich vor einem großen gläsernen Aufzug zum Stehen kamen.

Letzter drehte sich jetzt zu mir um, während er kurz zu den Kindern blickte und dann wieder zu mir. Er sah beinahe besorgt aus. „Es tut uns wirklich Leid, das ihr einen solch beschwerlichen Weg hattet. Leider musst du jetzt zu Markus, aber mach dir keine Sorgen, ich werde mich um die Kinder kümmern und sie versorgen“

Erst dachte ich, ich hätte mich verhört. Immerhin bin ich ziemlich hinüber und versuche ja krampfhaft nicht im Stehen einzuschlafen.

Deswegen sah ich ihn wohl sichtlich verwirrt an. „Was?“

Adam schien jetzt auch endlich wieder munter zu werden und sah mehr als entrüstet drein. „Ich glaube ihr spinnt!“

Lediglich Amber hatte sich an mich gelehnt und die Augen geschlossen, vermutlich befand sie sich schon mitten im Halbschlaf.

„Es tut mir Leid, Adam. Aber du und deine Schwester seid in einer körperlich, schlechten Verfassung. Ihr solltet euch erst ausruhen, bevor ihr euch zu Markus begebt. Hannah nehmen wir derweil schon mit zu ihm“, sprach Josh beruhigend auf ihn ein, doch das half nicht besonders.

„Vergesst es, wir trennen uns nicht!“, rief Adam erbost und ergriff meine Hand augenblicklich. Sogar Amber schreckte jetzt etwas hoch und sah sich verschlafen um.

Ich seufzte leise, strich über meine Nasenwurzel, ehe ich nun zu Connor blickte, der sich weitestgehend zurück gehalten hatte und zu Adam sah, dann guckte er wieder musternd mich an.

„Lasst uns jetzt alle dahin gehen, dann haben wir es hinter uns“, bat ich zerknirscht. Meine Nerven lagen eh schon seit geraumer Zeit blank. Ich war müde, mir ist kalt und ich habe erneut Hunger.

Das reicht aus, damit ich jede Sekunde explodiere.

Josh sah zu Connor, der lediglich nickte und so womöglich seine Zustimmung gab. Erleichtert sah ich drein.

Immerhin wäre ich mit den Kindern zusammen ohne, dass wir getrennt voneinander noch hingerichtet werden. Denn ich habe immer noch die starke Vermutung, dass uns das droht. Früher, oder später.

Die Glastüren des Aufzugs öffneten sich und wir stiegen alle Nacheinander ein. Zu meiner Überraschung drückte Josh nicht den Knopf für die höchste Etage, sondern für die Etagen unterhalb der Erde.

-49. Stock…das es sowas überhaupt gibt.

Als ich mich gerade belesen wollte, welche Stockwerke es noch gibt, fiel mit schrecken die roten Spritzer über den Display auf. Ziemlich große Flecken sogar, die sich auch an der Wand befanden.

Zwar waren die schon getrocknet und älter…aber dennoch sichtbar. Hier drinnen wurden Menschen umgebracht.

Oh, Scheiße.

Ich schielte zu den Kindern, doch die hatten davon zum Glück noch keine Notiz genommen. Sie waren so erschöpft, das sie Mühe hatten überhaut die Augen offen zu halten.

Dafür war ich jetzt wieder hellwach und zum Bersten angespannt. Ich drückte die Hände der Kinder beinahe zu fest, denn sie fingen bereits an zu jammern.

Innerlich beschwor ich mich dazu, ruhig zu bleiben. Wenn ich jetzt in Panik verfalle, bringt das ja bekanntlich nichts.

Der gläserne Aufzug offenbarte uns plötzlich eine riesige Halle. Verblüfft trat ich einen Schritt näher dran, legte eine Hand auf das Glas und blickte in die Tiefe.

Dort unten tummelten sich so viele Androiden, wie ich es noch nie in meinem Leben gesehen habe. Das müssen tausende sein! Sie bewegen sich alle, schienen irgendeine Tätigkeit nachzugehen, der sich mir noch nicht so ganz erschlossen hat.

Als der Aufzug nun langsamer wurde, ging ich wieder einen Schritt zurück und konnte eine gewisse Ehrfurcht nicht verbergen.

Alle Androiden haben sich zusammengeschlossen und versuchen wohl gerade sowas wie eine Gemeinschaft aufzubauen. Oder sie planen gerade, wie sie die Menschheit vernichten können.

Mir wurde mal wieder schlecht, doch der Aufzug kam nun zum Stehen und öffnete langsam seine Türen.

Connor ging voran, während sich wirklich alles in mir sträubte diesem Androiden zu folgen. Am liebsten würde ich verschwinden, einfach so. Doch als ich Josh hinter mir räuspern hörte, schritt ich los und folgte Connor.

Sämtliche Androiden in der Halle machen einen großen Bogen um Connor, ohne dabei jedoch von ihrer momentanen Tätigkeit innezuhalten.

Unsicher sah ich mich um, manche der Androiden starrten mich und die Kinder an. Andere wiederum nahmen überhaupt keinerlei Notiz von uns.

Amber drückte fest meine Hand, selbst Adam schien seine Fingernägel in meine Haut zu bohren.

Ehe ich überhaupt etwas sagen konnte, blieben wir stehen. Ich krachte beinahe in Connor, doch ich konnte gerade noch abbremsen, ebenso die Kinder.

Eine Tür wurde geöffnet und wir wurden in ein relativ großes Zimmer geführt.

Mit großen Augen sah ich mich um, versuchte gleich nach einer Fluchtmöglichkeit Ausschau zu halten.

Doch dieser Raum hat weder weitere Türen, noch Fenster. Wir befinden uns hier etliche Meter unter dem Erdboden und ich selbst ich muss mir eingestehen, dass es sinnlos ist.

Doch dieser Raum hier sah ganz nach einem schlichten Pausenraum für Mitarbeiter aus. Ein großer Tisch befand sich hier, an der Wand hing ein großer Fernseher, der gerade irgendwelche Nachrichten zeigte, doch der Ton war ausgestellt.

Ein paar Stühle noch an der Wand und das war’s.

Und vorne stand Markus, der sich augenblicklich zu uns umdrehte, als wir den Raum betreten hatten.

Er sah uns musternd an, während ich auch nicht umhin kam ihn anzustarren.

Wenn ich es nicht wüsste, dann könnte ich fast glauben dort steht ein junger Mann von vielleicht Ende 20 vor mir.

Er sah etwas dunkelhäutig aus, beinahe wie ein Latino. Doch seine Augen waren ziemlich bemerkenswert. Ein Auge hat eine blaue Farbe, das andere ist grün.

Ob er generell so erschaffen war?

„Ich heiße euch Willkommen“, sprach Markus sogleich und schritt nun um den Tisch, direkt auf uns zu. Erneut spann ich mich wieder an und biss die Zähne zusammen, während mein armes Herz vermutlich gleich aus meiner Brust springen wird.

Adam neben mir verzog wütend sein Gesicht, versteckte sich aber minimal hinter mich. Amber war gleich gänzlich hinter mir verschwunden.

„Eure Reise war lang, ich kann das verstehen. Doch es hat einen besonderen Grund, warum ihr hier seid. Ihr alle“

Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben, als er mich dabei ansah. Ich wusste nicht ob er mich gerade scannte, oder sonst war. Aber vermutlich ist er längst infomiert, wer ich bin.

Seine Androiden Freunde werden es ihm schon irgendwie mitgeteilt haben.

„Ich will ja nicht unhöflich sein“, fing ich langsam an, während ich Markus keine Sekunde aus den Augen ließ.

„Aber wir sind Müde. Wenn ihr es zu Ende bringen wollt, dann macht jetzt schnell“, sprach ich kühl weiter und war mir sehr wohl bewusst, dass ich nicht unbedingt ein fröhliches Gesprächsthema gefunden habe.

Doch ich bin es so leid. Ich will es endlich hinter mir haben und wenn nötig, werde ich diesen Androiden vorher so richtig ihr Leben schwer machen.

Zumindest kurzzeitig.

Markus musterte mich erneut kurz, dann sah er zu Connor. Doch der sagte auch nichts weiter dazu, weswegen er wieder zu mir sah.

„Das Ende ist vermutlich näher, als du glaubst“, fing er an, dann jedoch sorgte er dafür, dass der Fernseher wieder Ton hat.

Verwirrt sah ich drein, doch Markus deutet auf den Fernseher, in der gerade Nachrichten liefen. Langsam ging ich näher, als gerade diese Nachrichtensprecherin entsetzt zu erzählen begann.

Was ich zu hören bekam, ließ mich taumeln. Nur im letzten Augenblick konnte ich mich an der Kante des Tisches abstützen und so nicht noch umfallen.
 

Die USA haben Russland, heute am 12. Dezember 2038, offiziell den Krieg erklärt.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück