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Rot und Blau

von

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Dunkelheit

Stimmen hallen in meinem Kopf wieder, wie bei einem Echo.

Verzerrt, dumpf und dann doch wieder so klar.

Sie klangen fröhlich, dann hörte ich Schmerz aus ihnen heraus und im nächsten Augenblick hörte ich plötzlich so einen lauten Schrei, dass ich fast vor Schreck mitgeschrien hätte.
 

Mit laut klopfendem Herzen riss ich die Augen auf und hörte meinem hektischen Atem. Um mich herum war Dunkelheit, lediglich die Sterne am Himmel sorgten dafür, dass ich mich immerhin kurzzeitig orientieren konnte.

Auch mein warmer Atem, der wolkenartig über meinem Gesicht aufstieg, verriet mir, dass ich mich definitiv noch draußen befinden muss.

Aber...warum? Was war nur passiert?

Aus den Augenwinkeln erkannte ich neben mir, ein kleines Feuer brennen in einer alten, leeren Tonne. Immerhin ein kleiner Lichtspender und zudem bringt’s auch etwas Wärme.

Langsam und vorsichtig richtete ich mich auf und blickte mich langsam um. Mittlerweile waren wir wohl in der Stadt, denn Bäume konnte ich nur noch vereinzelt erkennen und stattdessen nur noch Hochhäuser, Autos, Straßen und Laternen.

Allerdings lag alles in absoluter Dunkelheit. Es sah aus wie in einer Geisterstadt, die seit Ewigkeiten schon verlassen war.

Dabei war es gerade mal einen Monat her, seitdem die Androiden rebelliert haben und sich ganz Detroits bemächtigt haben.

Hastig griff ich nach meiner Decke, die sich gerade verselbständigen wollte und einfach von meinem nackten Körper rutschen wollte.

Schlagartig fing ich an zu zittern, als mich eine kühle Windböe erwischte und ich versuchte mich rasch in die Decke einzuwickeln, um mich vor der Kälte zu schützen. Der muffige Geruch ebendieser und deren durchlöcherter Zustand, löste in mir weiterhin Unbehagen aus und ließ mich frustriert aufseufzen.

Ehe ich jedoch meinen Frust laut kundtun konnte, hörte ich es in meiner Nähe plötzlich ein verdächtiges Geräusch.

Erschrocken wich ich zurück, suchte mit meinen Augen schnell die Umgebung ab, um irgendetwas zu erkennen, doch abgesehen von dem kleinen Feuer in meiner Nähe, fühlte ich mich so, als wäre ich komplett blind.

Als ich gegen etwas hinter mir stieß, überkam mich die blanke Panik und schrie diese einfach aus mir raus. Wie von einer Tarantel gestochen, sprang ich zurück und starrte hektisch atmend auf denjenigen, der hinter mir stand.

Doch zu meiner Überraschung war es niemand anderes als Adam, der mich miesgelaunt, genervt und anscheint völlig ausgezerrt ansah.

Tiefe, dunkle Augenringe hatten Krater in seiner Haut hinterlassen. Sein Blick wirkte beinahe glasig, seine Haut aschfahl und selbst sein sonst so gepflegtes Haar wirkte stumpf. So hatte ich ihn noch nie gesehen gehabt.

Sofort ging ich in die Knie und drückte ihn eng an mich. „Adam, ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte ich völlig aufgelöst und besorgt. Eindringlich sah ich ihn an und suchte in seinem Gesicht nach irgendeiner Antwort, die er mir nicht erst sagen musste.

Zu meiner Überraschung lächelte Adam erschöpft, aber glücklich nach kurzer Zeit. Dann ließ er mich stehen und stellte sich zu dem Feuer, an welchem er sich zu wärmen versuchte.

„Ich bin nur müde und werde gleich schlafen gehen. Hauptsache dir geht’s besser“, sprach er entkräftet und setzte sich neben einem Bündel, welches ich erst gar nicht wahrgenommen hatte. Verwundert beobachtete ich ihn dabei, wie er sich auf den kalten Boden legte und kurz darauf eingeschlafen war.

Als ich langsam und leise näher kam, betrachte ich Adam und das Bündel neben ihm, dass sich bei genauerer Betrachtung als Amber zu erkennen gab, die sich fast wie eine Katze zusammen gerollt hatte. Sie schlief tief und fest.

Trauer und Sorge legte sich über mein Herz, als ich die beiden dort so liegen sah, zusammengerollt und völlig entkräftet von dieser Tortur.

Sacht hockte ich mich zu den beiden schlafenden Kindern und betrachtete sie mit bedrückter Miene. Die beiden waren völlig am Ende, dabei schienen sie es zu beginn, den Umständen entsprechend noch gut verkraftet zu haben.

Aber innerhalb von kurzer Zeit waren sie am Ende. Sollte mich auch nicht verwundern, es sind immerhin noch Kinder.

„Du bist wach. Und du wirkst…vitaler“

Innerhalb weniger Minuten bekomme ich hier noch zwei Herzinfarkte! Wenn daran irgendwas vital sein soll, dann haben diese Androiden eindeutig einen gewaltigen Sprung in ihrer Schüssel!

Wütend drehte ich mich um und blickte zu dem etwas verwirrt schauenden RK800, der nun leicht den Kopf schief legte und mich genau ansah.

Er wirkte beinahe…unsicher. Es sah so menschlich aus, das ebenfalls kurz verwirrt drein sah, ehe ich mich wieder fing.

Mein Blick wurde daraufhin ohne mein Zutun weicher und ich seufzte schwer. Es war ja beinahe lustig, wenn die ganze Situation nicht gerade zum heulen wäre.

Nachdenklich blickte ich wieder zu Amber und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, als mir mit einem Mal etwas bewusst wurde.

Dieser Android sagte zwar ich wäre vitaler, aber es klang fast so, als wenn er dieses eine Wort mit einer Spur Überraschung gesagt hätte. Als ob er selbst nicht glauben konnte.

Geistesabwesend biss ich mir auf die Lippe und erhob mich nun langsam, während ich mir meine bescheidene Decke an mich drückte.

Ich fühlte mich tatsächlich besser, konnte alleine stehen, ohne dass ich wieder kaum Luft bekam und kalt war mir auch. Zuvor war mir so unendlich heiß gewesen, dank dem Fieber.

Trotz der Freude die ich verspürte, war das unheimlich. Ziemlich sogar.

Irgendwas stimmt nicht.

Ein erneutes frösteln durchdrang mich. Ich sah nach unten zu meinen nackten und dreckigen Füßen, die auf der kalten Straße standen. Unsicher sah ich drein, dann drehte ich mich langsam zu dem Androiden um, der mich immer noch ansah.

„Wieso sind wir hier draußen? Ich weiß euch macht Kälte nichts aus, aber Menschen frieren“, sprach ich ruhig, deutete auf die frierenden Kinder und danach auf die leeren Häuser um uns herum.

Seine Antwort folgte prompt. Ruhig und geflissentlich, wie ich ihn bis jetzt kennengelernt habe.

„Diese Häuser sind besetzt. Es ist uns nur gestattet, uns auf der Straße aufzuhalten. Andernfalls werdet ihr erschossen“

Sofort wurde ich hellhörig. Ihr? Wen genau meint er mit Ihr?

„Du meinst die Kinder und mich?“, fragte ich fassungslos und sah ihn mit großen Augen an. Er nickte jedoch nur.

Entgeistert sah ich mich um, blickte in die dunklen Fenster und versuchte irgendwen, oder irgendwas auswendig zu machen. Doch ich sah nur meine bekannte schwärze.
 

Aufmerksam besah ich mir die Straßen um.uns herum. Erst jetzt fiel mir langsam auf, dass die Eingangstüren von vielen Häusern regelrecht verrammelt waren. Entweder standen alte Möbel davor, oder die Türen waren zugenagelt mit Brettern.

Teilweise waren die Gebäude auch schon eingefallen, oder ziemlich marode. Die gegelegentlichen Graffiti an den Wänden, an den man großteils anti Androiden Parolen sah, oder andere obszöne Wörter, gaben mir nun deutlich zu verstehen, wo wir uns befanden.

Nämlich in einem der schäbigsten Vororte von Detroit.

Unsicher sah ich wieder zu dem Androiden hoch und biss mir kurz auf die Lippen.

"Sind da in den Häusern etwa Menschen, oder Androiden?"

Connor hob prüfend seine Augenbraue, ehe er leicht den Kopf schief legte.

"Hier Leben großteils mehr Androiden, was jedoch damit zu tun hat, das rund 20% der Häuser in diesem Vorort von Detroit leer stehen. Im Stadtzentrum halten sich noch mehr Menschen, als Androiden auf. Der Großteil der Menschen ist jedoch geflohen nach dem Aufstand"

Schweigend hörte ich mir seinen Vortrag an, ehe ich am Ende doch schwer seufzen musste.

Also war Detroit wirklich mehr, oder weniger eine Geisterstadt geworden. Mit Androiden die sie bevölkern.

Ich war so in meinen Gedanken versunken, dass ich nicht mal bemerkte wie ich immer noch von diesem Androiden angestarrt wurde.

"Du brauchst dringend Kleidung"

Perplex sah ich auf, als mich seine braunen Augen gefangen nahmen.

Schnell wand ich den Blick ab und sah zweifelnd an mir runter. "Nein, wirklich? Dabei fand ich mich so schick!"

Es dauerte einen kurzen Moment, dann sprach Connor erneut. "Sarkasmus ist mir geläufig, auch wenn ich den Sinn dahinter nicht ganz nachvollziehen kann"

Beinahe musste ich loslachen, ließ es dann aber doch sein.

"Schon gut. Das ist eh so eine Sache mit dem Sarkasmus. Aber die Idee gefällt mir, mir wird nämlich langsam kalt"

Der AK800 nickte nur und Schritt sogleich los. "Dann Folge mir"

Betölpelt stand ich nun da und wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte. Ich blickte zu den beiden Kindern auf dem Boden, die immer noch schliefen.

"Ich kann Amber und Adam nicht allein lassen!", rief ich schon beinahe aufgebracht und lief nun neben ihm. Grimmig sah ich zu ihm auf...was mich auch ziemlich wurmte.

Ich war zum Glück schon relativ groß geraten, aber das ich zu einem Android hinauf blicken muss...das frustriert mich schon ziemlich!

Connor jedoch schüttelte bedächtig mit dem Kopf und ging einfach weiter. "Mach dir keine Sorgen, die anderen werden auf sie aufpassen"

Nun war ich schockiert und stellte mich ihm in den Weg.

"Meinst du die anderen, die uns abknallen wollen, sobald wir auch nur in die Nähe dieser Bruchbuden kommen?"

Der AK800 musterte mich aufmerksam, dann sah er kurz hinter sich und deutete auf die Umgebung rund um das Feuer.

Zwar starrte ich mit zusammengekniffen Augen ebenfalls dort hin, aber erkenn konnte ich nun wahrlich nichts.

"Josh und die anderen werden auf sie aufpassen"

Frustriert schnaufte ich laut auf.

"Aber verdammt...aber...da ist doch niemand!", rief ich frustriert und raufte mir beinahe die Haare.

Connor ging nun einfach weiter. "Nur weil Sie sie nicht sehen können, heißt das nicht, dass sie nicht da sind"

Ohho, wie philosophisch beinahe seine Wörter klangen!

Und noch ein Punkt der mich gewaltig stört! Immer dieses siezen! Dabei sind wir bestimmt gleichaltrig. Zumindest vom äußeren Erscheinungsbild her.

Aber vermutlich liegt das in seinem gute-erziehung-programmierung irgendwo gespeichert.

Nichts desto trotz, folgte ich dem Androiden nun mit Widerwillen Und blickte nochmals besorgt zu den beiden Kindern, die schlafend auf dem kalte Boden liegen.

Ich würde mich definitiv beeilen und den beiden auch gleich gescheite Kleidung mitbringen. Die andere ist ja mehr als miserabel.
 

Mit tapsigen Schritten folgte ich der Maschine vor mir, während meine Füße schon anfingen zu schmerzen vor Kälte. Was ja auch kein Wunder war, immerhin musste ich die letzte Zeit ja auch nicht laufen und mir so den feuchten und kalten Boden antun.

Ich biss mir auf meine Unterlippe und stierte nun auf den Rücken des RK800, dessen Initialen sogar auf der Rückseite seiner Kleidung zu sehen war.

Der…oder es…? Jedenfalls wurde ich getragen, als es mir total elend ging, obwohl ich eigentlich keinen wirklichen Nutzen zu haben scheine.

Lediglich die Zwillinge wollten die Androiden haben. Aber warum?

Familie Traynor war ohne Zweifel sehr reich, der Vater Richard war der Konzernchef einer großen Pharmaka Firma, aber das müsste Androiden nicht wirklich interessieren. Was haben die schon von Medizin? Krank werden sie ja nie.

Aber nichts desto trotz, muss es irgendwo einen Zusammenhang geben, den ich bis jetzt einfach noch nicht gesehen habe.

Mittlerweile wurde mir bewusst, dass der RK800 mich weiter in noch dunklere Gassen führte, als es eh schon möglich war.

Überall lagen zerbrochene Flaschen, selbst Pistolenhülsen konnte ich erkennen. Dazu die passenden Einschusslöcher in der Wand. Kurz schluckte ich, sah mich aufmerksam und beinahe…ängstlich um.

Das war mir alles nicht geheuer, zudem höre ich ständig irgendwelche Geräusche aus der Dunkelheit. Da war mir der Wald schon fast lieber gewesen, immerhin konnte ich meinem Verstand einreden, dass es sich höchstwahrscheinlich nur um einen kleinen Vogel handelt.

Aber hier könnte aus jeder Ecke irgendein Verrückter kommen und mich umbringen.

Plötzlich riss ich geschockt die Augen auf, als mir etwas schlagartig bewusst wurde.

Ich blieb stehen und hörte wie mein Herz vor Aufregung schneller schlug. Beinahe schon panisch starrte ich die Maschine vor mir an.

Der wird mich vermutlich nur hier her gebracht haben, damit er sich meiner ganz einfach entledigen kann. Die Kinder würden nie davon erfahren, dass ich umgebracht worden bin. Vermutlich ein tragischer Unfall, weil ein Abweichler mal wieder durchgedreht ist.

Das ergibt immerhin Sinn, schließlich bin ich ja wie gesagt absolut unbrauchbar bis jetzt. Nur an den Kindern haben sie Interesse, warum auch immer.

Hart schluckte ich, als der Android nun ebenfalls stehen blieb und sich langsam umdrehte, mich dabei anblickend.

Nun werde ich sterben…

Dann kam er mit großen Schritten auf mich zu, während ich kurz davor war in Ohnmacht zu fallen. Ich musste doch hier irgendwas haben, um mich zu verteidigen?!

Panisch sah ich mich auf dem Boden um, doch alles was ich erblickte, war eine zerbrochene Glasflasche.

„Haben Sie Angst, in die Scherben zu treten?“

Abrupt hielt ich in meiner Panikattacke inne, dann starrte ich völlig verwirrt zu dem Androiden hoch. Er legte erneut seinen Kopf leicht schief, um mich erneut zu mustern.

Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen es wäre eine menschliche Marotte!

Ich konnte nicht anders, als ihn mit offenem Mund anzustarren, während mein Herz immer noch wie wild klopfte.

Der AK800 schien auf eine Antwort meinerseits zu hoffen, doch ich brachte keine Gescheite zustande. Stattdessen brach es jetzt einfach aus mir raus. Sämtlicher Unfug, der sich in meinem Kopf zu einem dichten Gewebe zusammengesponnen hatte.

„Du bringst mich nicht um?“

Er wirkte ehrlich verwirrt, was mich noch mehr verwirrte. „Warum sollte ich?“ Seine blaue LED schien kurz zu flackern.

Hastig schüttelte ich den Kopf und ballte meine Hände zu Fäusten, um mich selbst zu beruhigen. Wieder einmal war es mir nicht sonderlich von Erfolg gekrönt.

„Warum schleppst du mich sonst hier her?! Doch nur, um mich schnell umzulegen und so ein Problem weniger zu haben!“, warf ich ihm nun aufgelöst vor, während sich meine Stimme dabei beinahe überschlug.

Panik machte sich erneut in mir breit. Angst um mein Leben und um das der Kinder.

Wenn der mich einfach so umbringen wird, was wird er dann erst mit den Kindern machen, wenn die ihm dann so blindlings folgen? Immerhin bin ich ja dann nicht mehr da, um sie zu schützen.

Hastig ergriff ich die zerbrochene Flasche an ihrem Flaschenhals und hielt die zerbrochene Seite drohend auf den Androiden gerichtet, der mich ausdruckslos fixiert hatte.

Während ich hektisch atmete und versuchte cool zu bleiben, wusste ich tief in meinem Inneren, das ich eigentlich nicht den Hauch einer Chance gegen ihn habe.

Zwar wirkte er äußerlich wie ein junger Mann, ende 20, oder Anfang 30 mit ruhigen, freundlichen Augen und einem jugendlichen Charme und einer noch dazu beruhigender Stimme…

Aber verdammt nochmal, ich werde doch nicht so einfach auf die Masche reinfallen! Nicht wie bei-

„Es ist nicht meine Absicht, Ihnen schmerzen zuzufügen, oder gar zu töten. Das schwöre ich“

Nun musste ich laut loslachen, jedoch nicht vor Freude, sondern vor Angst. „Schwören?! Du…!“

Verbissen starrte ich zu ihm, die zerbrochene Flasche in meiner Hand zitterte bereits erheblich, dennoch hielt ich sie weiterhin drohend auf die Maschine gerichtet.

Eigentlich wollte ich mir jetzt einen Plan überlegen.

Natürlich würde vermutlich nur absoluter Unsinn dabei rauskommen, aber nicht mal soweit war ich gekommen.

Die Flasche wurde mir in einer so schnellen und fließenden Bewegung aus der Hand gerissen, das ich es erst bemerkte, als sie laut klirrend gegen eine beschmierte Häuserwand zerbrach.

Erschrocken weitete ich meine Augen und wagte es gar nicht mehr, mich zu bewegen.

Spätestens jetzt bin ich Tod. Ich weiß es!

Wieder herrschte Stille, was mich noch mehr aufregte, als eh schon.

Zaghaft blickte ich wieder in die braunen Augen der AK-Einheit. Doch er wirkte nach wie vor wie die Souveränität in Person, von diesem nicht lesbarem Pokerface einmal abgesehen.

„Sie leiden unter Stress, was verständlich ist. Aber ich wiederhole mich erneut. Es ist nicht meine Absicht Ihnen schmerzen zuzufügen, oder sie gar zu töten“

Völlig fertig sah ich ihn an und versuchte nun meine Atmung zu kontrollieren. Ich würde ihm ja wirklich gerne glauben, allein nur um meine Nerven beruhigen, aber ich kann es einfach nicht.

Seit diesem Aufstand dieser Androiden vor einem Monat, bin ich mit den Kindern durch die Hölle gegangen. Sie mussten mit ansehen, wie ihr eigener Vater von einer Haus Android Einheit einfach so abgestochen wurde.

Und das auf das brutalste. Selbst als ich eingreifen wollte, ging dieses verdammte Plastik auf mich los und hätte mich ebenfalls fast abgestochen.

Dabei kannte ich sie so gut, hatten fast sowas wie ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut. Zumindest kam es mir so vor.

Alles lug und trug.

Verbissen starrte ich diesen Connor an, ehe ich erneut sprach. „Das haben die alle gesagt und dann wurden alle abgeschlachtet. Aber immerhin seit ihr Frei. Willkommen in der Menschlichkeit, die aus Krieg und Zerstörung besteht“

Etwas weißes tanzte nun vor meinen Augen, kurz darauf gesellte sich ein weiterer Punkt dazu. Perplex sah ich nach oben, als hunderte kleiner weißer Flocken vom Himmel fielen und so einen Kontrast zum dunklen Himmel boten.

Es schneit tatsächlich. Aber es ist ja fast Mitte Dezember, wirklich verwunderlich war es nicht.

„Wir sollten weitergehen, Miss“

Connor riss mich erneut aus meinen Gedanken. Was in seinen Gedanken jedoch vor sich ging, konnte ich nicht einschätzen, da sein Gesicht eine nicht lesbare Miene hatte.

Erneut seufzte ich frustriert, als ich mich nun neben ihn hinstellte und murrend zu ihm aufsah. Seine LED blinkte gelb auf, doch ich nahm es nicht weiter zur Kenntnis.

„Wenn du mich eh noch umbringst, kannst du mich auch duzen. Wir sehen zumindest ja fast gleichaltrig aus, okay?“

Vermutlich gab er es auf, mich weiterhin darauf hinzuweisen, mich nicht umbringen zu wollen. Aber ich war in gewissen Dingen einfach ein Sturkopf. Und wenn ich mir sicher war, das er mich noch umbringen wird, dann war das auch so.

Der AK800 setzte sich nun wieder in Bewegung und ich folgte ihm kurz darauf schweigend, beobachtete den Schnee, der still und leise zu Boden fiel und dort auch liegen blieb.

Hastig rieb ich meine Arme, um wenigstens etwas wärme zu erzeugen. Doch das unkontrollierbare Zittern setzte augenblicklich ein und ließ mich innerlich murren.

Plötzlich blieb Connor stehen, ich krachte regelrecht in ihn hinein, was auch ihn kurz zum straucheln brachte. Verwundert drehte er sich um, doch ich rieb mir nur meine schmerzende Nase. „Sorry!“

Dann entdeckte ich tatsächlich ein kleines Einkauf-Center, als ich an ihm vorbei sah. Alles war dunkel, die Scheiben und Fenster waren eingeschlagen, an den Wänden hingen wieder fragwürdige Graffitis und auch die besagte Ware in dem Schaufenster war wohl entwendet worden. Lediglich Preisschilder waren zu sehen, ohne der passenden Ware dazu.

Langsam trat ich näher heran und blickte verstohlen in die zerbrochenen Laden Fenster. Es war jedoch, abgesehen von dem Chaos was dort herrschte, nichts zu sehen.

Connor öffnete jedoch plötzlich die Ladentür, woraufhin ein lautes klingendes Geräusch ertönte, was mir fast den dritten Herzinfarkt an einem Tag bescherte.

Frustriert sah ich ihn an, was ihn ja fast wieder verwundert drein blicken ließ.

Hastig stampfte ich an ihm vorbei und betrat als erstes die zerstörte Mall.

Auf den ersten Blick konnte ich erkennen, dass es sich wohl um einen Billigen Ramsch Laden gehandelt haben muss. Denn es gab hier anscheinend alles. Von hässlichen Klamotten, bis zu einem umgestoßenen Kühlschrank auf dem Boden.

Die Kleiderständer waren auch teilweise umgeworfen, Krimskrams lag auf dem Boden verteilt, was mir jedoch erst schmerzlich bewusst wurde, als ich drauf getreten war.

Leise fluchend Strich ich über meine schmerzende Fußsohle und bemerkte mit Missgunst das Blut daran.

"So eine scheiße", zischte ich wütend. Ohne jede Vorwarnung wurde ich plötzlich jedoch unter meinen Achseln hochgehoben und regelrecht weggetragen.

Verdattert sah ich drein als ich wieder zu Boden gesetzt wurde.

"Als erstes solltet Ihr-", Connor hielt kurz inne, dann klang es fast wie ein Räuspern, als er weiter sprach. "Als erstes solltest du dir Schuhe besorgen"

Er führte mich zu einem Schuhregal. Tatsächlich waren dort auch noch Schuhe, aber es waren Großteiles dünne Stoffschuhe. Mehr was für den Sommer.

Dennoch durchwühlte ich aufmerksam alle Schuhe die mir unter die Nase kamen. Tatsächlich fand ich noch Winterstiefel. Jedoch nur jeweils einen von einem unterschiedlichen Paar.

Genervt stöhnte ich auf, als ich mir den hohen Stiefel besah und dann den deutlich kürzeren. Aber immerhin waren die noch in meine Größe. Glück im Unglück.

"Naja, besser als nichts", murrte ich leise und sah zu Connor auf, der seinen Blick nach vorn fokussiert hatte.

Fragend folgte ich seinem Blick, konnte aber im dunklen nichts erkennen.

Als ich wieder zu ihm aufsah, wurde seine LED kurzzeitig gelb, ehe wieder ein beruhigendes blau erkennbar war.

"Komm, wir sollten uns beeilen. Du brauchst noch Kleidung", warf der Android ein und führte mich nun zu den Kleidungsstücken. Allerdings hielt sich meine Begeisterung in Grenzen, denn die Kleidung sah selbst im dunklen schon miserabel aus. Von deren Zustand mal ganz abgesehen.

Nichts desto trotz suchte ich nach einem warmen Mantel, langen Jeans und einen schönen dicken Pullover. Sowohl für mich, wie auch für die Kinder.

Wenn ich glück habe, fallen ja vielleicht noch Mütze, Schal und Handschuhe für uns alle drei ab.

Ich war so in meinen kleinen Pseudo-kaufrausch vertieft, dass ich nicht merkte, wie ich leise vor mich hin summte.

Zwar hatte ich mittlerweile einiges zusammen getragen, aber halten konnte ich es noch lange nicht. Besonders dann nicht, wenn ich mich ständig verrückt machte, ob diese stinkende Decke auch nicht von meinen Schultern rutscht.

"Ich brauche mal Hilfe", rief ich forsch und knallte meine zusammen getragene Kleidung einfach zu Boden. Bis auf die, die ich erstmal anprobieren wollte.

Connor kam schließlich zu mir und besah sich das Chaos eher mit Skepsis.

"Ich muss erstmal schauen ob die Kleidung überhaupt passt", sprach ich sofort. "Ich erkenne ja kaum was"

Die RK-Einheit ließ seinen Blick kurz durch die große Halle wandern, dann schien er etwas gefunden zu haben. "Komm", wies er mich an und ich folgte schließlich etwas widerwillig.

Doch Connor führte mich zu einer Umkleidekabine. Erleichtert sah ich drein. Endlich werde ich diese stinkende Decke los!

Ich schob den Vorhang beiseite und erkannte einen kleinen Hocker und einen großen Spiegel die in der Kabine waren. Gerade als ich den Vorhang hinter mir schließen wollte, sprach mich Connor jedoch nochmals an.

"Ich muss mir die Wunde an deinem Fuß ansehen und diese verbinden, bevor Fremdkörper dort eindringen können"

"Was?", entgegnete ich nur ziemlich geistlos. Doch der Android schien sich nicht lange auf Diskussionen einlassen zu wollen. "Setzt dich auf den Hocker und hebe dein Bein an", wies er mich an. Er klang zwar nicht nach einem Befehl, dennoch schwang in seiner Stimme eine gewisse Autorität mit, die mich dazu brachte seiner Aufforderung nachzukommen.

Quietschend setzte ich mich also auf den Hocker und hob mein Bein an, während sich dieser Android vor mich hinkniete.

Etwas neugierig beobachtete ich ihn dabei und war mir dennoch nicht ganz gewiss, was das alles zu bedeuten hat.

Aufmerksam nahm er meinen Fuß in Augenschein, ehe er plötzlich zwei seiner Finger auf die Wunde legte und dann…besagte Finger wieder in den Mund nahm.

Fassungslos sah ich ihn an.

„Bist du pervers, oder was?“, entfuhr es mir einfach ungläubig, als bereits ekel in mir aufstieg.

Er hielt inne…für einen winzigen Moment sah ich, wie seine LED rot leuchtete, dann flackerndes Gelb. Der RK800 erhob sich langsam und ließ vorsichtig meinen Fuß wieder sinken.

Kurz sah er mich an, dann verließ er die Umkleidekabine. „Zieh dich rasch um“, wies er mich an.

Gerade wollte ich ihm hinterherrufen, ob er nicht der Android von Dracula sei, als ich jedoch innehielt. Zwar war das gerade absolut ekelhaft, aber irgendwas hat dieser Android bestimmt damit bezweckt. Aber was…?

Während ich mir nachdenklich auf die Lippen biss, ließ ich die dreckige Decke zu Boden fallen und betrachte mich im Spiegel.

Erschrocken weitete ich meine Augen, trat näher an den Spiegel. Doch ich wollte meinen Augen nicht trauen!

Meine zitternde Hand legte sich ganz vorsichtig auf die Schusswunde, die mir dieser Mistkerl im Wald verpasst hatte. Doch da wo vor wenigen Stunden eigentlich eine eitrige, klebrige und vor allem infizierte Wunde sein sollte die regelrecht nach Sepsis schrie, war dort nur ein große Grind artige Verletzung, die dabei war zu heilen.

Das konnte unmöglich sein! So schnell verheilen keine Wunden. Vor allem nicht so eine, an der ich eigentlich sterben sollte!

Das ist auch der Grund, warum es mir so viel besser geht! Kein Fieber, keine Schmerzen mehr!

Schwindel packte mich, ich torkelte kurz zurück und stieß dabei polternd den Hocker um.

„Was ist los?“, hörte ich Connors Stimme bereits.

„A-alles in Ordnung, ich habe nur nichts gesehen!“, rief ich nervös.

Meine Gedanken überschlugen sich. Ich muss unbedingt schnell zurück zu den Kindern und von hier verschwinden. Irgendwas war überhaupt nicht in Ordnung!

Während ich mich hastig anzog, überschlug ich im Kopf schnell die vorherigen Stunden. War irgendwas besonders passiert, irgendwas…Wichtiges?

Gerade als ich mir die unterschiedlichen Stiefel anziehen wollte, kam mir ein Geistesblitz und ich hielt inne.

Mir ging es so miserabel, dass ich sicher war sterben zu müssen. Als Connor dann zu mir gekommen war, da dachte ich auch, er würde es zu Ende bringen….aber er hat seine Hand in mein…Fleisch gebohrt.

Wieder überkam mich Übel und eiskalter Schweiß lief mir den Rücken hinab.

Verdammt…was hat dieser Android mit mir gemacht?!



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