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Was im frühlingshaften Palastgarten nicht alles geschehen kann...

The Vessel and the Fallen Sidestory 1
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hiermit wären Hakurens Dichtungen dann beendet und die folgenden Kapitel werden wieder aus "richtigem" Text bestehen. Komplett anzeigen

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Herbst

*-*.
 

Es war (beinahe) Herbst, als ich dich zum ersten Mal sah.

Diesen fiebrigen Glanz in deinen Augen und alles an dir,

was mir bis dahin stets verborgen geblieben war.

Du lagst unter mir und blicktest mich an,

als wäre ich ein durchscheinender Geist,

so fremd und lähmend, dass du dich nicht mehr regen konntest.
 

An diesem Tag wirktest du so anders als sonst.

Zerbrechlich und hart zugleich, verbittert und furchtsam.

Wir haben lange diskutiert, aber am Ende habe ich gewonnen,

weil du viel zu gutherzig warst.

Du hast gezittert vor Angst, aber ich dachte, ich könnte sie dir nehmen.

Du hattest Schmerzen, aber ich dachte, ich könnte dich über sie hinweg trösten.

Das ich damit alles nur noch schlimmer gemacht habe, kam mir erst viel zu spät in den Sinn.

Du hast nie etwas gesagt.
 

Am folgenden Tag tat es mir so unendlich Leid,

dass ich meine Gier und erbärmliche Selbstbeherrschung verflucht habe.

Ich bin gegangen.

Habe mich die ganze Zeit gefragt,

ob du mich jemals wieder sehen willst.

Habe mich die ganze Zeit nach dir gesehnt,

dir Tauben geschickt und Briefe geschrieben,

die alle unbeantwortet blieben.

Deshalb dachte ich nach dieser Nacht, du wolltest nichts mehr von mir wissen

Verdient hätte ich es.

Wie dumm ich doch war, du hättest mich niemals abgewiesen.

Du hast nur niemals eine meiner Nachrichten erhalten, das weiß ich jetzt.
 

Der kaiserliche Palast, eingesponnen in eine Intrige.

Ich hätte es erkennen müssen, als ich eine tote Brieftaube im Teich treiben sah.

Dass meine eigene Mutter meine Nachrichten abgefangen hat,

ist mir viel zu spät klar geworden.

Durch diesen Umstand wurde mein Leben zur Qual vor Ungewissheit

und du musst ebenfalls gelitten haben,

denn ich weiß nun, dass du ebenfalls versuchtest, mir Tauben zu schicken.
 

Ich sehnte mich so sehr nach dir, dass es schmerzte,

aber vielleicht geschah mir das nach diesem Abend nur recht.
 

Du wurdest älter und nur die Blätter fielen sanft von den Bäumen,

als wollten sie dir und deiner Zukunft huldigen,

von der wir damals noch nichts ahnten.
 

Nein, in dieser Nacht hatte ich nur noch Augen für dich.

Ich wollte dich, mehr als alles andere, auch wenn es dich verunsichert hat.

Irgendwann hast du geweint und ich sorgte mich so sehr um dich,

dass ich ebenfalls brennende Tränen vergoss.

Die Furcht vor meinem Schicksal lastete schwer auf meinen Schultern

und als du so aufgelöst warst,

gab es nur noch Leid in meiner Welt.
 

Wie erleichtert ich war, dass du trotz der Tränen und Anschuldigungen,

trotz deiner Angst und Beschämung,

noch meine Nähe suchtest.

Nein, du brauchtest sie mehr als alles andere.
 

Ich bin so froh, dass wir in dieser Nacht nicht im Streit auseinander gegangen sind,

denn wir ahnten bereits, dass wir danach nie wieder so nah beisammen sein würden.

Dass du dich weinend in meine Arme geworfen hast,

erleichterte mir sogar die letzten, brieflosen Wochen des Zweifelns.

Ein letztes Zeichen der Verbundenheit.

Ich war so glücklich, dass du keine Furcht vor mir hegtest.
 

Denn das hätte ich nicht ertragen.
 

*~*~*~*
 

Es sollte auch das letzte Mal sein, dass wir beisammen waren,

aber das konnte keiner von uns beiden ahnen

und es war gut so,

denn sonst hätte der ganze Palast von unserem Geheimnis erfahren.

Wie hätte ich dich in dieser Gewissheit auch je verlassen können?

Hätten wir auch nur den leisesten Verdacht gehegt,

wäre sicherlich alles anders gekommen.
 

Nie hätte ich mich damals davon gestohlen,

hätte ich gewusst, dass ich nie mehr durch dein Haar streichen

oder dein winziges, viel zu seltenes Lächeln sehen würde.

Ja, ich wäre bei dir geblieben,

bis die Dienerinnen gekommen wären, um dich zu wecken

und dann hätte ich dich vor ihren Augen geküsst,

um ihnen zu zeigen, dass sie völlig fehl am Platze sind

und ich mich einen Dreck um diese lächerlichen Werte und Normen unserer Gesellschaft schere.

Aber so bin ich nicht,

ganz egal was andere glauben.
 

Ich bin damals gegangen ohne dir wenigstens „lebe wohl“ gesagt zu haben

und so bleibt dieser Gedanke sicherlich auf ewig ein Hirngespinst:

Du brauchst keine Diener, du brauchst nur mich.
 

Dann kam der Herbst.

Mit den fallenden Blättern fiel auch meine Hoffnung auf ein Wiedersehen.

Ich habe mir immer sehnlichst gewünscht, dir noch einmal zu begegnen,

dir noch einmal nahe zu sein

und mich für all meine Dummheiten zu entschuldigen,

die ich zweifellos begangen habe.

Aber es sollte wohl nicht sein, denn du wurdest so krank und mich sperrte man im Palast ein,

sodass ich mich nicht länger zu dir stehlen konnte.
 

Ich hatte solche Angst um dich,

habe deine und meine Familie schon auf deiner Beerdigung gesehen

und dich,

so blass und kalt in den rot züngelnden Flammen,

umweht von flüchtigen Weihrauchschwaden und sinnlosen Gebeten,

die einem doch nie die Trauer nehmen, sondern alles nur schlimmer machen.

In diesen Nächten habe ich viel geweint,

dabei war ich immer ein fröhlicher Prinz.

Aber nun war ich ein Gefangener in meinen eigenen Gemächern,

der nur noch flüchten wollte.
 

Dass ich ausnahmsweise Angst um mich haben sollte,

wäre mir nie in den Sinn gekommen.

Nicht einmal in jener Nacht.

Nicht bis ich die beißende Hitze des Feuers und den Rauch in meinen Lungen spürte.
 

Wir kämpften erbittert

und doch genügte es nicht.

Wir haben verloren.
 

Es war Herbst und die fallenden roten Blätter fühlten sich kalt an,

während die lodernden roten Flammen unerträglich heiß auf unserer Haut brannten.
 

Die Welt starb und ich ging mit ihr, ohne es zu wollen, hilflos und wütend,

aber wen kümmert das schon?

Unser Land liegt ohnehin im Sterben,

wir alle hätten in dieser Nacht getrost verbrennen können.

So ist es doch nur ein kurzer Aufschub, gestohlene Zeit.
 

Die Blätter werden immer wieder von den Bäumen fallen,

immer wieder knospen, neue Triebe bilden,

wenn der Herbst lange fortgezogen ist.

Warum nur ist uns Menschen das nicht vergönnt?

Verglühen und aus der Asche auferstehen,

für immer ein wahnwitziger Volksglaube vom blutroten Phönix?
 

Und jetzt bist du alleine und kannst nicht einmal mehr weinen.
 

Wäre ich nicht schon lange tot,

ich könnte es nicht ertragen.
 

*-*.



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