Zum Inhalt der Seite

Ein unverhofftes Familientreffen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach einigen Schreibblockaden geht es weiter. Ich bin wieder mal unsicher, wie zufrieden ich mit dem letzten Teil bin, aber ich wollte endlich das Kapitel fertig bekommen.

Erklärungen:

Hyaden: Regennymphen der griechischen Mythologie

Die Pariser Bluthochzeit: auch Bartholomäusnacht, war eine gewaltsam Ausschreitung an französischen Protestanten. Die Führer der Hugenotten wurden dabei ermordet. Sie waren anlässlich der (vermeintlich der Versöhnung dienenden) Hochzeit des Protestanten Heinrich von Navarra mit Margarete von Valois in Paris versammelt. In derselben Nacht wurden weitere Tausende Protestanten in Paris und in den Folgetagen frankreichweit ermordet.

Pompeji, die Kreuzzüge und die Pest sollten klar sein, denke ich (hoffe ich ^^°) :)

Viel Spaß. Und entschuldigt den Cliffhanger am Ende. XD Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Rückkehr nach Assiah

Das Winterwetter kam schnell und erbarmungslos. Satan und die Dämonenkönige hatten nicht übertrieben. Es waren minus 20 Grad in Pandemonium. Solange man im Palast bleib, ging es noch, aber die Wachen und Arbeiter draußen beneidete Rin absolut nicht. Iblis schien es ebenfalls sehr mitzunehmen. Er weigerte sich vehement bei diesem Wetter vor die Tür zu gehen. Hin und wieder verlangten es seiner Pflichten allerdings. Später kam er dann stets äußert schlecht gelaunt zurück, es sei denn, er war in seinem eigenen Gebiet unterwegs gewesen. Dort waren immer noch plus 20 Grad. Rin lebte wirklich im falschen Reich. Andererseits war es in anderen Gebieten wesentlich schlimmer. Egyns Gebiet lag im Norden, dort waren die Winter am härtesten. Laut den Beschreibungen seiner Geschwister befand sich ganz im Norden sogar ganzjährig eine Eiswüste.
 

Während der Wintermonate übte der Nephilim weiterhin fleißig den waffenlosen Nahkampf, Gehennisch, den Umgang mit seinen Flammen und seinem Schwert. Die letzten beiden Sachen übernahm inzwischen stets Satan und dieser konnte ein ziemlich strenger Lehrer sein. Am Abend war der Nephilim meist so erledigt, dass er einfach in sein Bett fiel und einschlief. Er fühlte sich zunehmend wohler mit seinen dämonischen Kräften und Fähigkeiten. Inzwischen zündete er sich sogar bei starken Gefühlsregungen nicht mehr spontan an. Leider lief nicht alles gut. Avaritia und Gula entkamen der Versieglung und mehrere Aufstände brachen aus. Die meisten konnten recht schnell zerschlagen werden, doch es gab einige Verletzte.
 

Zusätzlich näherte sich ein Tag, dem er eher mit gemischten Gefühlen gegenüberstand. Der 24. Dezember. Sein Geburtstag. Natürlich freute er sich wie die meisten Jugendlichen darauf, jedoch würde es sein erster Geburtstag ohne Yukio, Shiro und die Mönche in dem Stift sein. Andererseits war es auch das erste Mal, dass er ihn mit seinem biologischen Vater und seinen restlichen Geschwistern verbringen konnte. Gut, es war für Dämonen vielleicht etwas seltsam an Heiligabend zu feiern, andererseits gab es laut Satan weder Gott noch Engel also hatte dieser Feiertag der Sterblichen sicher keine wirkliche Bedeutung für Dämonen. Da sie momentan in einer Krise steckten, erwartete er keine Feier oder viele Geschenke. Es gab wirklich wichtigeres. Umso größer war die Überraschung als es soweit war. Wie schon bei Iblis, Astaroth, Samael, Egyn und Lucifer gab es zwar keine große Feier, aber dafür einen Haufen Geschenke. Im ersten Moment war er verwirrt als er aufwachte und all seine Geschwister vorfand. Sie gratulierten ihm, einige umarmten ihn sogar.
 

Im Esszimmer ging die Überraschung weiter. Vaya, Kyrene und Agares hatten zusammen mit etwas Unterstützung von Tap eine Torte gebacken, welche sogar ziemlich gut aussah und schmeckte. Auch die restlichen Stellvertreter der Baal hatten etwas besorgt, waren jedoch nicht anwesend. An Paymon war eindeutig ein Lehrer verloren gegangen, er schenkte ihm ein Buch mit der Geschichte Gehennas. Rin freute sich jedoch darüber, denn eigentlich war es ja nicht ganz uninteressant und er wusste schon aus Erfahrung, dass der Lichtdämon einen guten Büchergeschmack hatte. Zudem hatte er ihn schon öfter mit Fragen zu Gehenna gelöchert. Von Ankou, Shax und Halphas bekam er ebenfalls Bücher, jedoch über Nahkampf, sowohl mit als auch ohne Waffe. Amon und Agash hatten erneut Agashs Kekse verschenkt, welche bei Satans Familie heiß begehrt waren. Er freute sich sehr, immerhin hatte er nicht damit gerechnet, dass sie ihm etwas schenkten.
 

Nachdem diese Geschenke abgehakt waren, kam er zu denen seiner Geschwister. Lucifer schenkte ihm ein "Ôcrio virdriirewa", was so viel wie "Allsehendes Auge" bedeutete. Es war eine Glaskugel, welche golden schimmerte. Wenn sich jedoch Personen in der Nähe befanden, die Rin schaden wollten, begann es rot zu leuchten. Damit würde sich hoffentlich nie wieder so etwas wie mit Aulak oder Jahi wiederholen. Beelzebub schenkte ihm einen Anhänger, welcher Insekten jeglicher Art von ihm fernhielt. Inklusive Riesenspinnen. Von Egyn bekam er Hyadentränen. Diese besaßen eine starke Heilwirkung und verschlossen Wunden, welche sich warum auch immer nicht selbst regenerieren konnten. Außerdem neutralisierten sie viele Gifte. Es ersetzte nicht den Besuch bei Heilern, aber konnte einem aus der Patsche helfen. Von Amaimon erhielt er das Standardgeschenk Süßigkeiten. Astaroth schenkte ihm eine Spielkonsole mit einigen Spielen, etwas was ihn ziemlich sprachlos machte. Laut dem Fäulniskönig wollte er nur, dass Rin nicht ständig bei ihnen spielte, aber der Nephilim wusste, dass er es nicht so meinte. Als er Iblis Geschenk auspackte, war er überrascht. Es war ein Dolch. „Das war mein erster Dolch, ich habe ihn damals selbst gemacht und er hat mir beim Training gute Dienste geleistet. Die Klinge ist dafür ausgelegt zu brennen.”, erklärte der Feuerkönig ruhig. „Sie hält sogar deinen Flammen stand, ich habe Vater gebeten es zu testen. Mit etwas Glück musst du es nie benutzen, aber man weiß ja nie.” Rin nickte. Jetzt fehlten nur noch Satan, Samael und Azazel.
 

Der Geisterkönig reichte ihm einen verpackten, ovalen Gegenstand. „Das ist von Vater, Samael und mir.”
 

Der Nephilim packte es aus und hielt einen Spiegeln mit schwarzem Rand in der Hand. Obwohl nichts an ihm außergewöhnlich schien, wusste er irgendwie, das mehr dahinter steckte. Dann fiel ihm auf, dass die Oberfläche nichts spiegelte.
 

„Das ist ein Seelenspiegel.”, erklärte Azazel. „Wir haben ihn zu dritt erschaffen.”
 

„Was tut er?”
 

„Du kannst damit mit den Toten sprechen.”, erklärte Samael. „In diesem Fall mit Shiro.”
 

Rin starrte den Zeitkönig an. Sicherlich war das einer seiner schlechten Witze. Satan räusperte sich. „Es funktioniert nur ein Mal und auch nur zu bestimmten Zeiten. Wir wollten erst einen machen mit dem du Yuri kontaktieren kannst, aber solche Spiegel sind extrem schwer zu erschaffen, sogar für uns. Je länger eine Person schon tot ist, umso komplizierter ist die Erschaffung und umso länger dauert es.”
 

Noch immer starrte der Nephilim sie an, nicht sicher, ob er das alles richtig verstand. „Aber warum...wie?”
 

Azazel rieb sich etwas nervös den Nacken. „Na ja, du hattest in der Bar gesagt, dass du wegen seines Todes Schuldgefühle hast und es bereust dich nie entschuldigt zu haben und so weiter. Eigentlich darf man mit Toten nicht mehr reden, wenn sie einmal drüben sind, aber da der ganze Schlamassel auch unsere Schuld ist, habe ich die Regeln etwas zurechtgebogen. Du kannst noch einmal mit ihm reden, das hinter dir lassen und...ja....” Weiter kam er nicht, denn Rin hatte ihn, Satan und Samael ohne Vorwarnung in eine Umarmung gezogen. „Danke.”, flüsterte er. Die drei Dämonen sahen überrascht aus, doch fingen sich schnell wieder.
 

„Aw.”, murmelte Egyn und trat nach vorne um Rin ebenfalls zu umarmen.
 

„Wenn das jetzt zu einer Gruppenumarmung wird, bin ich raus. Ich habe 'nen Ruf zu waren.” grummelte Astaroth und Iblis nickte.
 

„Kommt, seid nicht so.”, grinste Beelzebub.
 

„Wir lassen erst locker, wenn ihr mitmacht!”, verkündete Egyn.
 

„Neeeeiiin!”, protestierte Iblis, doch bevor er sich versah, waren Rin, die Dämonenkönige und Satan in einer Gruppenumarmung. Einige widerwilliger als andere. Lucifer und Beel hatten Iblis und Astaroth geschubst, Egyn hatte sie dazu gezogen. Satan ergab sich stumm seinem Schicksal.
 

„Ok, das reicht jetzt. Genug Zuneigung für heute.”, presste Iblis hervor und sie traten alle zurück. „Mann, das haben wir ewig nicht gemacht...konnte das nicht so bleiben?”
 

„Danke. Ernsthaft.”, sagte Rin etwas peinlich berührt von der Umarmung. Gut, er hatte Satan schon umarmt und Azazel war auch ganz ok, aber Samael?! Na, egal.
 

So oder so hätte er sich wohl keinen besseren Geburtstag wünschen können.
 

............................................................................
 

Der Rest des Jahres verlief relativ ereignislos. Von ständigen Unruhen abgesehen. Die Überfälle hatten glücklicherweise kurz vor Winterbeginn aufgehört. Die Neujahrsfeier fiel aus verständlichen Gründen aus. Rin hatte seine Flammen inzwischen sehr gut im Griff und konnte auch sein Schwert gut dazu einsetzen. Satan hatte ihm sogar beigebracht eine Gehennapforte zu öffnen. Allerdings hatte der Nephilim noch keine wirkliche Kontrolle darüber wo er raus kam, also war es nur für Notfälle. Sein Dämonenherz war nach wie vor versiegelt. Laut Satan wäre es momentan noch zu gefährlich es zu entfesseln, da der Nephilim noch nicht bereit war. Wahrscheinlich musste er bis zu seinem unsterblichen Alter warten.
 

Dafür durfte er endlich nach Assiah. Der Halbdämon verspürte eine seltsame Mischung aus Vorfreude, Nervosität, Aufgeregtheit und Angst. Er wusste nicht wie Shura auf ihn reagieren würde oder wie sich seine Freunde und Yukio verhalten würden, falls sie aufeinander trafen. Nach einigem hin und her wurde entschieden, dass alle Dämonenkönige mit nach Assiah kommen sollten. Lilith würde höchst wahrscheinlich erst in den nächsten Monaten angreifen und nicht direkt nach dem Ende des Winters. Dieser war für gehennische Verhältnisse relativ kurz ausgefallen. Obwohl erst Januar war, stiegen die Temperaturen langsam wieder an. Rin beschwerte sich nicht. Er stand zusammen mit seinen Geschwistern, seinem Vater und den Stellvertretern im Thronsaal. Keiner außer ihnen wusste, dass sie Gehenna verließen. Lilith dürfte demzufolge hoffentlich keinen Ärger machen.
 

„Ich halte das immer noch für eine dumme Idee.”, murmelte Amon. Halphas, Ankou und Alastor nickten zustimmend. Auch Shax und Paymon schauten nicht sonderlich glücklich drein.
 

Satan verdrehte die Augen. „Wenn einer von euch eine bessere Idee hat, nur raus damit.”
 

„Wir erinnern uns nur an die letzten Male, an denen wir versucht haben uns bei Gläubigen einzumischen.”, wies Shax ihn hin. „Ich sage nur die Kreuzzüge, die Pest, die Pariser Bluthochzeit...”
 

„Die Pest ist allerdings auf Astaroths Mist gewachsen. Und die spanische Grippe.”, seufzte Ankou.
 

„Hey, die haben angefangen!”
 

„Das würdige ich gar nicht erst mit einer Antwort.”
 

Der Dämonengott schüttelte nur den Kopf und wandte sich an seine Kinder. „Ihr kennt eure Aufgabe, also halte ich es kurz. Versucht euch mit so vielen Hexenzirkeln und Exorzisten wie möglich in Verbindung zu setzen. Tötet keine Exorzisten, außer es lässt sich nicht vermeiden. Wenn sie euch also bei etwas erwischen, zündet ihr sie nicht sofort an. Ja, ich schaue dich an, Iblis.”
 

Der Feuerkönig grummelte etwas vor sich hin. Satan wandte sich an Rin. „Und du hörst auf deine Brüder. Tu nichts unüberlegtes, halte dich aus eventuellen Kämpfen raus und spiele nicht den Helden!”
 

Der Nephilim nickte nur. Wenn der Dämonengott einmal im "Besorgter-Vater-Modus" war, sollte man besser auf ihn hören.
 

„Solange wir da sind, wird ihm nichts passieren.”, versicherte Lucifer.
 

„Gut.”
 

Rin fiel aus dem Augenwinkel auf, dass Azazel nervös von einem Fuß auf den anderen trat. Auch der Rest schien es zu bemerken
 

„Azazel, ist alles in Ordnung?”, erkundigte sich Halphas. Der Geisterkönig blinzelte, offensichtlich aus seinen Gedanken gerissen. „Ja...”
 

„Komm schon, Aza. Das war auch deine Idee.”, erinnerte Beelzebub ihn.
 

„Ich habe nur ein schlechtes Gefühl...vielleicht sollten wir das verschieben...”
 

„Zur Abwechslung stimme ich zu.”, knurrte Alastor, doch Satan ließ sich nicht umstimmen.
 

„Es gab genug Verzögerungen.”, verkündete er, zog ein Messer hervor und schnitt sich ohne zu Zögern seinen Unterarm auf. Das Blut tropfe auf den Boden und sammelte sich, um eine Gehennapforte zu bilden. Zwar setzte sofort die Selbstheilung ein, aber es jagte Rin immer noch einen Schauer über den Rücken. Er hatte beim üben nur kleine Blutmengen verwendet und selbst das stellte eine Überwindung dar. Der Gedanke sich größere Verletzungen zuzufügen, erschien nicht gerade aufbauend.
 

„Seid vorsichtig und zettelt keinen dritten Weltkrieg an, ja? Wir kämen gar nicht mehr aus der Arbeit raus.”, kommentierte Ankou.
 

„Schön, dass du dir solche Sorgen um uns machst.” erwiderte Astaroth und verdrehte die Augen. Damit traten sie die Reise nach Assiah an.
 

....................................................
 

„Um Satans Willen, Gula! Jetzt lasse doch die Flasche stehen!”, fuhr Superbia die zweitjüngste Aveira irritiert an. Gula, welche gerade die nächste Flasche Wein angesetzt hatte, schaute sie entgeistert an, ihre zartrosafarbenen Augen waren geweitet. Ihre Haare hatten die gleiche Farbe und gingen ihr bis zu den Schultern. „Ich war ewig eingeschlossen, ohne auch nur eine einzige Flasche Alkohol, also gönne mir das doch!”, antwortete sie etwas quengelig. Ihre Schwester wusste ganz genau, dass Alkohol für sie quasi überlebenswichtig war!
 

„Lass sie doch mal und nimm den Stock aus dem Arsch. Du bist ja schlimmer als 'ne orthodoxe Nonne im Mittelalter.”, mischte sich eine weitere Frau ein. Sie hatte lange silberne Haare mit mehreren geflochtenen Strähnen und goldene Augen.
 

„Mit dir habe ich nicht geredet, Avaritia.”
 

„Tja, Pech. Wir sind nicht hier, um uns dein Gezeter anzuhören. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass du damals zuerst ausgeschieden bist. Große Klappe und nichts dahinter.”
 

Superbia lief rot an, schnaubte und stürmte aus dem Raum. „Na, endlich.”, murmelte Invidia. „Hättet ihr damals auf mich gehört, wären wir sie los.”
 

„Keine Sorge. Irgendwann wird sie dank ihrem Gehabe von ganz alleine drauf gehen.”, meinte Ira schulterzuckend.
 

Acedia war kurz vorm Einschlafen, Luxuria verdrehte die Augen. „Ignoriert sie doch einfach. Ihr bettelt ja förmlich um Streitereien.”
 

Invidia lachte auf. „Tu nicht so als ob sie dich nicht auch nerven würde, Lux. Abgesehen davon bist du es doch, die sich über jeden Konflikt freut.”
 

„Nicht wenn es immer derselbe ist und sich die Gespräche im Kreis drehen. Das ist einfach nur langweilig.”
 

Ira begann zu grinsen. „Dann hättest du bei den Überfällen auf die Dörfer mitmachen sollen. Das war ein Spaß.”
 

„Nicht wirklich. Ich finde diese Massaker sinnlos.”
 

„Da scheinen wir uns ja mal einig zu sein.”, brummte Avaritia. „Warum sollte man seine zukünftigen Untertanen abschlachten? Das ist als würde man seinen Besitz verbrennen.” Sie wandte sich an Ira. „Allerdings bin ich noch immer überrascht, dass dir ein kleines Mädchen durch die Lappen gegangen ist. Sieht dir nicht ähnlich.”
 

„In dem Haus waren Siegel, die ihre Aura verschleiert haben.”, presste die jüngere Aveira hervor.
 

„Schon klar. Hat Ihre Majestät eigentlich mal erklärt, was als nächstes passiert? Wäre mal eine nette Abwechslung, wenn sie ihre genialen Pläne offenbart und uns nicht im Dunklen lässt.”
 

Luxuria hob eine Augenbraue. „Du solltest sowas nicht leichtsinnig sagen, Ava. Du weißt, dass Mutter da nicht besonders nachsichtig ist.”
 

„Du nennst sie immer noch Mutter? Wie drollig. So langsam solltest du verstehen, dass wir für sie nur Schachfiguren sind. Wir erledigen die Drecksarbeit und sie heimst die Lorbeeren ein.”
 

„Tja, schlussendlich ziehen wir daraus auch Vorteile.”
 

Avaritia lachte. „Wirklich Vidia? Du musst wirklich verzweifelt sein.”
 

„Wie wär's, wenn du die Klappe hälst, bevor ich dich aufschlitze und ausbluten lasse? Die Alukah freuen sich sicher.”, kam die giftige Antwort.
 

„Streitet euch doch nicht wegen sowas.”, warf Gula ein. „Je schneller wir es hinter uns haben, umso besser.”
 

Die silberhaarige Aveira schüttelte den Kopf. „Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich habe die Schnauze voll davon den Laufburschen zu spielen. Ich will mehr erreichen als nur ewig ihr Schoßtier zu sein. Ich bin verdammt nochmal die Verkörperung der Habsucht. Warum sollte ich immer nur für das arbeiten, was jemand anderes will, anstatt eigene Ziele zu haben?”
 

„Vorher hat es dich nicht gestört...oder zumindest hast du dich nie beschwert. ”
 

„Glaube es oder nicht, aber ich habe die letzten Jahrtausenden in der Versieglung nicht grad viel zu tun gehabt. Mir ist mein ganzes bisheriges Leben durch den Kopf gegangen und ich habe festgestellt, dass es einfach nur scheiße war. Ich werde Lilith nicht mehr blind folgen.”
 

„Sprichst du davon zu desertieren? Oder willst du gar überlaufen?”, fragte Luxuria scharf.
 

„Hast du sie noch alle? Ich habe keine Todeswünsche. Ich meine nur, dass ich mich zukünftig nicht mehr mit einer Handlangerrollte zufrieden geben werde. Wenn Lilith auf dem Thron sitzt, will ich auch etwas davon. Wir sind Teile ihrer Seele, da es ist das ja wohl das Mindeste. Ansonsten bin ich dann raus. Du von uns allen müsstest mich am besten verstehen, Vidia.”
 

Ihre Schwestern wechselten besorgte Blicke, Acedia war inzwischen am schnarchen.
 

„Na ja, sie hat schon recht...”, begann Invidia. „Wir sind Teile von ihr, also steht uns auch was zu...”
 

Bevor sie weiter diskutieren konnten, hörten sie ein Klopfen an der Scheibe. Die Gestaltwandlerin stand auf und öffnete das Fenster. Hereingeflogen kam ein schwarzer Vogel mit roten Augen, einem Raben nicht unähnlich. Als er auf dem Boden landete, begann er sich zu verwandeln. Vor ihnen stand ein Mann mit grauer Haut, roten Augen, großen Hauern und schwarzen, struppigen Haaren. Sein Kleidungsstil ähnelte dem der Harpyien, Schuhe trug er keine. Tatsächlich gingen manche soweit und bezeichneten die Harpyien und Moroi als Verwandte, was eigentlich kompletter Unsinn war.
 

„Raym, was hast du für mich?”, fragte Invidia.
 

„Bitte vergebt die Störung.” krächzte er. „Mir wurde soeben mitgeteilt, dass Satans Söhne sich auf den Weg nach Assiah gemacht haben.”
 

„Wurde auch Zeit. Die Barrieren sind geschwächt nehme ich an?”
 

„Ja, es ist alles geregelt.”
 

„Gut, dann hau ab. Du machst den Teppich dreckig und stinkst auch noch.” Sie wandte sich ihre Schwestern. „Sagen wir Mutter Bescheid. Es ist Showtime.~”
 

..........................................................
 

Im ersten Moment hatte Rin ein ziemliches Déjà-vu, nur mit mehr Schnee. Er landete mit seinen Geschwistern in einem Wald. Im ersten Moment glaubte er, wieder in Beelzebubs Gebiet gelandet zu sein. Dann fiel ihm jedoch die Sonne auf. Japp, nur eine Sonne, sie waren in Assiah.
 

„Na, immerhin sind wir nicht wieder im Vatikan gelandet.”, kommentierte Astaroth. „Wobei deren Gesichter wohl sogar noch besser wären als beim letzten Mal.”
 

„Hoffentlich ist diese Shura nicht abgezogen wurden.”, seufzte Beelzebub.
 

„Nachdem was mir erzählt wurde, ist sie nach wie vor an der Heiligkreuz-Akademie stationiert.”, berichtete Samael.
 

„Könnten wir im Quartier weiterreden? Ich friere mir hier meinen Schweif ab!”, knurrte Iblis und rieb sich die Hände. Lucifer nickte. „Beeilen wir uns. Es sollte nicht allzu weit weg sein.”
 

Nach knappen zwanzig Minuten hatten sie den Wald hinter sich gelassen und eine kleine Stadt erreicht. Fünf weitere Minuten später standen sie vor einem zweistöckigem, ziemlich abgelegenem Haus am Rand. Rin hatte zu seiner Überraschung erfahren, dass sie überall auf der Welt fast unaufspürbare Basen errichtet hatten, in denen sie bei längeren Aufenthalten in Assiah wohnen konnten. Sie hatten auch schon öfter in Mephistos Villa gelebt, doch diese war nun wirklich keine Option mehr. Er konnte die Barrieren, welche das Haus umgaben spüren, kam jedoch problemlos durch, da er ein Sohn Satans war. Lucifer schloss die Tür auf und scheuchte seine Geschwister ins Innere. Iblis machte sich sofort auf den Weg, um die Heizungen anzumachen. Rin sah sich derweil um. Es unterschied sich nicht wirklich von anderen Häusern, allerdings war es eher westlich eingerichtet. Es gab eine gut bestückte Küche (welche seine Geschwister wahrscheinlich kaum nutzten), ein Wohnzimmer mit Kamin, mehrere Bade-, Schlafzimmer- und Arbeitszimmer, ein Krankenzimmer und einen Keller, welchen man durch ein verschiebbares Bücherregal erreichen konnte.
 

Lucifer schaltete den Fernseher an und wechselte auf den Nachrichtenkanal, wo von Massenhalluzinationen und seltsamen Wettererscheinungen sowie ungewöhnlich vielen Tsunami und Erdbeben in ganz Japan berichtet wurde. „Die Dummheit der Sterblichen überrascht mich immer wieder.”, kommentiere Amaimon während er ausdruckslos auf den Bildschirm starrte.
 

„Der Kühlschrank ist fast leer! Wir haben nur Wasser, 'ne Tüte mit hartem Brot, Ketchup, den wir wahrscheinlich besser nicht mehr essen sollen und...was auch immer das hier ist. Einer von uns muss einkaufen gehen!”, rief Astaroth aus der Küche.
 

„Ich gehe.”, meldete sich Beelzebub freiwillig, woraufhin die restlichen Dämonenkönige erleichtert aufatmeten. Einkaufen gehen war für sie die Höchststrafe. Da gab es zu viele angriffslustige, ältere Herrschaften mit Rollatoren und Krücken. Einige von denen könnten es gefühlt sogar mit Alastor aufnehmen. Der Insektenkönig wandte sich an Rin. „Ich nehme mal an, dass du kochen möchtest. Soll ich was bestimmtes mitbringen?”
 

„Ja, bitte. Ich schätze, ihr kocht nie?”
 

„Wenn wir in Assiah unterwegs sind, leben wir meist von Pizzen, Tiefkühlessen, Dönern, Subway und wie sie alle heißen.”, erklärte Iblis, welcher inzwischen dabei war den Kamin anzuzünden.
 

Rin kommentierte das lieber nicht.
 

......................................................
 

„Endlich sind wir da. Diese Zugfahrt hat ewig gedauert.”, schimpfte Izumo. Sie war zusammen mit den anderen Adepten auf eine Trainingsmission geschickt worden. Mit der wachsenden Dämonenpräsenz in Assiah wurden neue Exorzisten dringend benötigt, also wurden sie immer wieder geschickt, um Dämonenaktivität zu untersuchen. Laut ihren Vorgesetzten würden sie hier nur auf Dämonen niederen oder mittleren Ranges treffen, aber da sie in letzte Zeit immer unberechenbarer wurden, war nicht nur Yukio sondern auch Shura als Begleitung dabei.
 

Die Exorzistin sah sich um. Die Stadt war nicht gerade groß und nur wenige Leute waren auf den Straßen. Bisher hatte sie nichts ungewöhnliches entdeckt, wenn man von ein paar vereinzelten Kohletierchen absah. Hoffentlich war das hier keine Zeitverschwendung. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn sie einen Auftrag in den Krisengebieten bekommen hätte, denn dort wurden händeringend Leute gesucht. Aber nein, stattdessen hatte es jemand für eine gute Idee gehalten, sie zusammen mit Yukio und einigen Adepten irgendwelchen Dämonen niederen Ranges auf den Hals zu jagen. Scheinbar war sie nun offiziell zur Babysitterin degradiert worden. Sicher, es bestand immer die Gefahr, dass doch stärkere Dämonen auftauchten als erwartet, aber hier hatte es noch nie Probleme gegeben. ‚Was soll's. Bringen wir's hinter uns.‘
 

Zusammen machten sie sich auf den Weg zur nächsten Kirche, denn der dort ansässige Pfarrer war es, der von den Dämonenaktivitäten berichtet hatte. Mit etwas Glück würden sie morgen früh wieder im Zug nach Hause sitzen.
 

..............................................................
 

Nachdem Beelzebub die eingekauften Lebensmittel zu seinen Geschwistern gebracht hatte, beschloss er sich die Beine zu vertreten und in der Stadt umzuschauen. Es war einige Zeit vergangen seitdem er oder seine Brüder hier gewesen waren und er wollte außerdem sicherstellen, dass sich keine Dämonen in der Nähe befanden, die Exorzisten auf den Plan riefen. Nun befand er sich auf dem Rückweg. Ein Blick auf eine Turmuhr verriet ihm, dass es bereits 13:00 Uhr war.
 

Er kam nun zu einer Straße mit einer Kirche. Dort blieb er wie angewurzelt stehen, bevor er sich langsam zurückzog und vorsichtig hinter einer Hausecke hervor lugte. Vor der Kirche stand eine junge Frau, welche telefonierte. Erkannte sie sofort, immerhin hatte er sie selbst einmal gesehen und Samaels Beschreibung passte genau. ‚Was treibt Kirigakure hier? Weiß die Ritterschaft, dass wir hier sind?‘ Langsam schlich er näher und versuchte etwas von ihrem Gespräch aufzuschnappen. Erleichtert stellte er fest, dass sie wegen anderen Dämonensichtungen hier war. Wenn er es richtig heraushörte, hatte sie weitere Exorzisten mitgebracht. Für einen Moment spielte er mit dem Gedanken sie anzusprechen, da sie momentan alleine war, doch entschied sich dagegen. Er konnte sich ihr nicht einfach auf offener Straße nähren. Sie würde wahrscheinlich angreifen, wenn sie erkannte, was er war, das würde die Exorzisten, die sich eventuell in der Kirche aufhielten, alarmieren und sie dann um Hilfe zu bitten, konnten sie sich sparen. Vorerst zog er sich zurück.
 

.........................................................................
 

Rin war zusammen mit Egyn (welcher offensichtlich keine wirkliche Ahnung davon hatte, was er tat, aber es zählte wohl der Gedanke) in der Küche gerade dabei das Mittagessen zu kochen als sie hörten wie sich die Haustür öffnete.
 

„Scheint als wäre Beel wieder da.”, kommentierte der Wasserkönig.
 

„Rin, Egyn, Wohnzimmer!”
 

Die beiden sahen sich an, Egyn zuckte mit den Schultern. Sie drehten den Herd ab und gingen in das Wohnzimmer, wo sich die restlichen Dämonenkönige bereits auf den Sofas verteilt hatten. „Was ist denn los?”, erkundigte sich der Nephilim.
 

„Kirigakure ist hier und bei ihr sind wahrscheinlich noch weitere Exorzisten. Sie sind hier, um die Aktivitäten von irgendwelchen Dämonen zu untersuchen.”, erklärte der Insektenkönig ohne Umschweife.
 

„Ist das nicht gut? Dann sparen wir uns den Weg.”
 

Lucifer schüttelte den Kopf. „Wenn noch andere Exorzisten hier sind, müssen wir sie irgendwie von ihr trennen. Außerdem sollten wir warten bis es dunkel ist. Dann werden auch die anderen Dämonen aktiver und die Exorzisten werden sich leichter ablenken lassen.”
 

„Was dann?”, fragte Iblis. „Schätze, wir sollten sie nicht alle auf einmal konfrontieren.”
 

„Rin, Samael, Azazel und ich gehen. Der Rest von euch kümmert sich darum, dass die restlichen Exorzisten keinen Ärger machen. Seid aber diskret. Also keine Erdbeben, keine Überschwemmungen, keine riesigen Insekten oder Giftpilze und vor allem kein Feuer!”
 

Iblis verdrehte die Augen. „Ja, ja ich hab's kapiert. Ich hab alles unter Kontrolle.”
 

„Genau das hast du damals in London und Pompeji gesagt!”
 

„Hey, Pompeji war nicht meine Schuld und das in London war ja wohl deren Dummheit! Was haben die den Großteil ihrer Häuser auch aus Holz gebaut?!”
 

„Nicht jeder konnte sich Steinhäuser leisten!”
 

„Sie mussten sie ja nicht so eng beinander bauen!”
 

„....Ich gebe es auf.”
 

Schließlich setzten sie sich in das Esszimmer und aßen zu Mittag. Rin achtete gar nicht wirklich auf ihr Lob, sondern stocherte etwas nervös in seiner Portion herum. Er war mehr als angespannt. Was wenn Shura ihn nicht länger als Freund sondern als Feind ansah und ihn angriff? Schnell schob er den tristen Gedanken beiseite. So durfte er nicht denken! Eventuell würde sie ihm eine reinhauen, weil er ihr Sorgen bereitet hatte, aber damit konnte er leben. Irgendwie erinnerte sie ihn diesbezüglich etwas an Ankou. Diese hatte doch wirklich die Nerven den Baal Kopfnüsse zu verpassen, wenn sie unter sich waren. Gut, sie waren Kindheitsfreunde, aber befremdlich war es am Anfang schon etwas gewesen. Seine Geschwister bemerkten natürlich seine Zurückgezogenheit, aber sprachen ihn glücklicherweise nicht darauf an. Sie konnten sich wohl denken, was in ihm vorging. Nachdem sie den Tisch abgeräumt hatten, verzog sich Rin in das Schlafzimmer, welches er sich mit Amaimon teilte und las dort einige der Manga, die er sich mitgebracht hatte, um die Zeit zu vertreiben und etwas herunterzukommen.
 

Endlich war es Abend und die Sonne ging unter. Gemeinsam verließen sie das Haus. Während Rin, Lucifer, Samael und Azazel zusammen blieben, teilten sich die restlichen Dämonenkönige auf, um Shura aufzuspüren, denn Astaroths Kohletierchen waren bisher erfolglos gewesen. Scheinbar mochten sie den Winter nicht besonders. Nach einigen Minuten erhielten sie eine Nachricht von Beelzebub. Shura war alleine am Waldrand. Die restlichen Exorzisten waren bisher nirgends zu sehen, also suchten sie weiter.
 

„Dann mal los.”, murmelte Lucifer. Rin griff etwas nervös nach dessen Arm. Er hatte noch nicht gelernt Phasensprünge auszuführen, also musste er sich von dem Lichtkönig mitnehmen lassen. In Gehenna war er bereits einige Male mitgenommen wurden, doch es fiel ihm schwer sich an dieses seltsame Gefühl zu gewöhnen. Immerhin hatte er sich noch nie übergeben müssen. Mephisto verschwand mit seinem üblichen „Eins, zwei, drei.” und seiner pinken Rauchwolke, gefolgt von Azazel und von Lucifer mit Rin.
 

....................................................................
 

Shura war sich mittlerweile sicher, dass hier irgendwas oberfaul war. Sie waren den Spuren der Dämonen zu diesem Wald gefolgt. Yukio und die Adepten waren weiter gegangen, sie hielt Wache für den Fall, dass neue Dämonen auftauchten oder welche versuchten zu fliehen. Ihr Handy hatte sie draußen, sodass Yukio sie sofort erreichen konnte falls etwas schief ging. ‚Hoffentlich beeilt sich Yukio. Es ist echt arschkalt hier...‘, dachte sie missmutig und nippte an ihrem Bier.
 

Um sie herum herrschte absolute Stille, bis auf das Windgeheul und gelegentliche Knacken der Zweige. Es war wohl besser als Schreie zu hören, aber sie wurde immer angespannter und ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass etwas passieren würde. Natürlich musste sie mit ihrer Vermutung richtig liegen. Aus dem Augenwinkel sah sie einen Schatten, doch als sie sich in die Richtung drehte, war nichts mehr zu sehen. Bildete sie sich Dinge ein? Wieder knackten Zweige und ihre Unruhe wuchs mit jeder Minute. Sie zerdrückte die leere Bierdose, warf sie zusammen mit dem Handy in ihre Tasche und zog ihr Schwert. Wieder Stille. Dann erneutes Knacken. Und Schritte. Ohne zu zögern fuhr sie herum und griff an. Sie verfehlte ihr Ziel um Haaresbreite.  
 

„DU!”, fauchte sie als sie endlich erkannte, wer vor ihr stand. Natürlich besaß der Clown die Dreistigkeit zu grinsen. „Ich freue mich auch dich wiederzusehen.~”
 

Die Exorzistin schnaubte, doch griff nicht erneut an. Stattdessen plante sie ihren nächsten Schritt. Mephis-...Samael anzugreifen war mehr als dumm. Er war der zweitstärkste Baal und würde mit ihr den Boden aufwischen. Allerdings stand ein Rückzug ebenfalls außer Frage. Sie konnte Yukio und die Adepten nicht zurücklassen. Alles was bleib war abzuwarten und auf eine Gelegenheit zum Angriff zu hoffen. Nicht ihr bester Plan, aber besser als nichts.
 

„Was willst du hier?”, knurrte sie in der Hoffnung etwas Zeit zu gewinnen.
 

„Ich bin nur die Ablenkung.~”
 

Ihre Augen weiteten sich. „Wa-” Bevor sie der Satz beenden oder sich auch nur umdrehen konnte, spürte sie wie von etwas gegriffen und zu Boden gerungen wurde. Ihr Schwert wurde ihr aus der Hand gerissen. Sie versuchte ihren Gegner von sich zu stoßen, nur um festzustellen, dass es keinen gab. Stattdessen sah sie schwarze...Schlangen aus Rauch? ‚Was zur Hölle?!‘
 

„Das sind keine Schlangen und auch kein Rauch sondern Schatten.”, merkte eine neue Stimme an. „Versuche dich also besser nicht zu wehren. Ich will dich nicht bewusstlos würgen müssen.”
 

„Ernsthaft Azazel? Was an "diplomatisch" hast du nicht verstanden? Nächstes Mal nehme ich Egyn oder Beelzebub mit.”, fuhr eine dritte, wütend klingende Stimme dazwischen.
 

Shura gab es auf sich gegen ihre Fesseln zu wehren und sah auf. Sie erinnerte sich, dass Shiro einmal von Azazel getroffen hatte und gute Dinge berichten konnte. Sie war zugegebenermaßen überrascht. Wie auch Amaimon hatte der Geisterkönig einen emotionslosen Gesichtsausdruck aufgesetzt, aber etwas an seinen Augen bereitete ihr Gänsehaut. Den nächsten Dämonenkönig erkannte sie als Lucifer. Super. Dann stellte sie jedoch fest, dass noch jemand anwesend war.
 

„Shura!”
 

„Rin?!”
 

...............................................................
 

Bon hatte allmählich genug von diesem Ausflug. Sie stapften jetzt schon seit Gott weiß wie lange in dem verschneiten Wald umher, ohne auch nur einem Dämonen zu begegnen. Sie hatten nicht mal Kohletierchen entdecken können!
 

„Ähm...Okumura-sensei?”, durchbrach Miwa die Stille. „Sind Sie sicher, dass wir hier richtig sind? Es wird immer dunkler und wir haben immer noch nichts gefunden.”
 

„Laut der Karte kommt bald ein Fluss.”, antwortete ihr Lehrer ohne sich umzudrehen. „Wenn wir bis dahin nichts gefunden haben, drehen wir für heute um und machen morgen weiter.”
 

Nicht die Antwort, die sich erhofft hatten, aber sie beschwerten sich nicht. Er wusste sicher, was er tat. Hofften sie. In den letzten Monaten hatte er immer mehr damit begonnen sich sowohl in der Schule als auch als Exorzist abzurackern. Scheinbar nutzte er die Arbeit als Ablenkung, aber ewig würde das nicht mehr gut gehen.
 

Für einige Minuten herrschte erneut Stille bis sie auf einer Lichtung ankamen. Immer noch war keine Spur von Dämonen zu sehen. Sie hörten nur das Rauschen des Flusses.
 

„Yuki-chan, ich glaube wir sollten gehen.”, merkte Shiemi vorsichtig an. „Irgendwas ist hier nicht richtig.”
 

„Genau, höre auf deine kleine Freundin. Sie scheint bessere Instinkte zu haben als die meisten Menschen.”, ertönte eine neue männliche Stimme. Die Exorzistin fuhren herum, doch niemand war zu sehen.
 

„Hier oben, ihr Genies.”
 

................................................
 

Sie hoben die Köpfe. Auf einem dicken Ast eines Baumes stand ein Jugendlicher mit Flammenhaaren, der sie bösartig angrinste. Nein, kein Jugendlicher. Ein Dämon. Und die Stimme kam ihnen bekannt vor.
 

„Also echt mal.”, sprach der Dämon weiter. „Ich habe darauf gehofft einigen Exorzisten den Tag vermiesen zu können und was bekomme ich? Ein paar Welpen und unseren jüngsten Bruder. Wie langweilig. Ich muss echt mal ein Wörtchen mit Beelzebub reden.”
 

„Du bist ein Dämonenkönig!”, entfuhr es Miwa. Er erhielt spöttelnden Applaus. „Wow, nicht schlecht, Glatzkopf. Lass mich raten: du bist der Intelligente der Truppe?”
 

„Was willst du von uns, Iblis?”, fragte Izumo, welche sich inzwischen zusammengereimt hatte, mit wem sie es zu tun hatten. „Und die Augenbraue ist ja auch nicht dumm. Vielleicht ist die Ritterschaft noch nicht ganz am Arsch. Andererseits schicken sie einen Haufen Adepten her, also müssen sie wirklich verzweifelt sein...”
 

„Beantworte die Frage!”, fauchte Yukio und zog seine Pistolen. Iblis hob noch immer grinsend eine Augenbraue. „Wirklich? Schon wieder? Man sollte meinen, du hast nach dem letzten Mal deine Lektion gelernt. Na, was soll's. Glaubt es oder nicht, es ist reiner Zufall, dass wir uns begegnen. Wir dachten, ihr wärt irgendwelche Exorzisten, die diese Shura mitgenommen hat. Da wir aber alleine mit ihr reden müssen, können wir euch nicht gebrauchen.”
 

Yukio spielte mit dem Gedanken anzugreifen, doch überlegte es sich in letzter Sekunde anders. So wie Iblis redete, klang es als wären noch mehr Dämonenkönige in der Nähe. Außerdem musste er zerknirscht zugegeben, dass sie ihn und seine Schüler beim letzten Mal nicht angegriffen und sogar beschützt hatten. Andererseits gab es keine Garantie, dass das ganze kein Trick war. Er atmete tief durch und ließ seine Waffen wieder sinken. Der Feuerkönig schien für den Bruchteil einer Sekunde überrascht, doch überspielte es schnell. Als er vom Baum sprang, traten alle unwillkürlich einen Schritt zurück.
 

„Was wollt ihr von Shura?”‚ fragte Yukio noch immer bemüht ruhig zu sprechen, auch wenn ein großer Teil von ihm am liebsten Iblis' selbstgefälliges Grinsen aus seinem Gesicht geschlagen hätte.
 

„Kann ich nicht sagen. Ihr würdet nur was dummes tun.”
 

„Kannst oder willst nicht?!”, knurrte Bon.
 

„Beides.”
 

Schritte ließen sie zusammenzucken. Zwischen den Bäumen tauchten zwei weitere Dämonen auf. Einer hatte graue Haare und einer war-
 

„Amaimon!”, knurrte Yukio. Shiemi sank etwas in sich zusammen.  
 

„Ja, so heiß ich.”, kam die Antwort vom Erdkönig. Die Nerven von diesem Kerl...
 

Der Dämon neben ihm verdrehte die Augen. „Sie haben Adepten hergeschickt? Was für Volltrottel. Wo sind Egyn und Beel?”
 

„Hier.” Wie aus dem Nichts tauchten zwei weitere Baal auf, einer mit blauen Haaren und einer mit grün-braunen. Veranstalteten die neuerdings ihre Familientreffen in Assiah?!
 

„Wir haben euch doch gesagt, dass ihr nicht immer so weit vorausrennen sollt!”, schimpfte der Dämon, welchen sie für Egyn hielten.
 

„Werdet schneller.”, hielt Astaroth gegen und wandte sich an die Adepten. „Was machen wir jetzt mit denen?”
 

„Könnt ihr uns nicht einfach gehen lassen, wir fahren nach Hause und erzählen niemanden, was passiert ist?”, schlug Shima halbherzig vor.
 

Die Dämonenkönige wechselten Blicke, dann kam die einstimmige Antwort. „Nein.”
 

Einen Versuch war es wert gewesen.
 

Izumo hatte die Zeit genutzt um ihre Byakko heraufzubeschwören, während Bon, Miwa und Shima fieberhaft überlegten, was wohl die Todesverse der Dämonenkönige waren. Wenn sie sich recht erinnerten, war es bei Astaroth Psalm 28, aber sie waren sich nicht hundertprozentig sicher. Bei dem Rest hatten sie dummerweise keine Ahnung. Waren deren Todesverse überhaupt bekannt?
 

„Ach, wie süß. Sie wollen gegen uns kämpfen.”, spottete Astaroth.
 

„Astaroth...”, sagte Beelzebub warnend.
 

„Was denn? Ich denke, sie könnten mal eine Lektion ganz gut gebrauchen.”
 

„Vater hat es verboten!”, fauchte Egyn.
 

Beelzebub verdrehte die Augen und wandte sich an die Adepten, welche sich in Angriffsstellung begeben hatten. „Ihr könnt aufhören. Wir haben nicht vor gegen euch zu kämpfen.”
 

Yukios Augen verengten sich. „Warum sollten wir euch glauben?”
 

„Beim letzten Mal haben wir euch auch die Wahrheit gesagt.”
 

„Wenn wir euch wirklich vertrauen können, dann lasst uns durch.”
 

Der Insektenkönig zögerte, doch schüttelte dann den Kopf. „Tut mir leid, das geht nicht.”
 

„War ja klar.”‚ zischte Bon abweisend. „Dämon bleibt Dämon. Ihnen kann man nichts glauben. Wahrscheinlich haben sie das damals eingefädelt damit wir ihnen vertrauen.” Er erhielt dafür einen abweisenden Blick von den Dämonen.
 

„Als ob ihr Menschen besser seid. Ihr stellt euch selbst über alles andere und seid von Natur aus eifersüchtig, gierig und egoistisch. Ihr legt euch mit Dingen an, mit denen ein Mensch nichts zu schaffen haben sollte. Ihr ignoriert, wenn jemand um euch herum leidet und zieht lieber eure Vorteile daraus. Aus den Augen, aus dem Sinn, nicht wahr?”‚ höhnte Iblis. Als er nur Stille erhielt, lachte er. „Da hab ich wohl einen wunden Punkt getroffen. Wir Dämonen sind nicht das Problem. Ihr Menschen seid es, die alles ruinieren. Ihr vernichtet euch selber, wir müssen nur die Füße hochlegen.”
 

Yukio biss die Zähne zusammen und zwang sich ruhig zu bleiben. „Wenn ihr uns nicht durch lasst, greifen wir an.”
 

„Ähm...tun wir?!”, hinterfragte Shima entsetzt.
 

Erneut wechselten die Dämonenkönige Blicke, dann seufzte Egyn. „Gut, wenn ihr uns keine Wahl lasst...”
 

Bevor sie reagieren konnten, hatte sich der Wasserdämon blitzschnell Wasser aus dem Fluss geholt und schleuderte es ihnen entgegen. Iblis war längst aus der Schusslinie. Erschrocken wichen sie zurück, dann wurde ihnen jedoch klar, dass er nicht auf sie gezielt hatte, sondern auf den Weg hinter ihnen, welcher zu Shura führte. Nun standen sie vor einen dicken Eismauer. Frustriert gab Yukio die ersten Schüsse ab.
 

......................................................................
 

Shura starrte den Nephilim mit weit aufgerissenen Augen an. Wie konnte man es ihr verübeln? Er war seit einem halben Jahr verschwunden und nun stand er plötzlich vor ihr, offensichtlich bei bester Gesundheit. Sie fing sich jedoch schnell wieder. „Irgendwann bringen du und dein Bruder mich ins Grab!”‚ knurrte sie.
 

Der Nephilim kratzte sich peinlich berührt am Kopf. „Ähm...tut mir leid.”
 

Japp, das war eindeutig noch der Rin, den sie kannte. Dennoch blieb sie wachsam. Man konnte immerhin nie wissen. „Also...lasst ihr mich dann auch mal wieder los? Der Boden ist verdammt hart.”
 

„Mh? Oh richtig...”, murmelte Azazel und Shura spürte wie sich die Schatten zurückzogen. Sie stand schnell auf und sah sich nach ihrem Schwert um. Dieses wurde leider gerade vom Geisterkönig aufgehoben. „Interessant...du hast einen Pakt abgeschlossen, wie?” Shura schwieg, ihre Aufmerksamkeit galt Rin. „Also, ich nehme mal an, dass du eine gute Erklärung dafür hast, dass du hier mit drei Dämonenkönigen auf der Matte stehst nachdem du ein halbes Jahr verschwunden warst? Und warum wurde ich noch nicht massakriert? Nicht dass ich mich beschwere.”
 

„Wir wollen nur reden.”, antwortete Lucifer.
 

„Aha. Und dafür seid ihr extra nach Assiah gekommen? Fällt mir irgendwie schwer zu glauben. Und Rin habt ihr doch bestimmt auch nicht aus Lust an der Laune mitgebracht?”, hakte Shura scharf nach.
 

Azazel kam direkt zum Punkt. „Wir brauchen deine Hilfe, sonst sind Gehenna und Assiah wahrscheinlich am Arsch.”
 

Shura blinzelte. Sie war solche Direktheit von einem Dämonen absolut nicht gewohnt. Besonders nachdem sie so viel Zeit mit Mephisto verbracht hatte.
 

„Was er meint ist, dass diese ganzen Dämonenangriffe im letzen halben Jahr nicht von uns kamen.”, sprang Lucifer schnell ein. „Wir haben eine gemeinsame Feindin, die alles daran setzen wird uns zu vernichten.”
 

„Und ihr kommt damit zu mir, weil...?”
 

„Weil du die einzige Exorzistin bist, der wir vertrauen können und die uns zuhört.”, schaltete sich Rin ein. „Bitte Shura, ich weiß, dass es nicht einfach zu glauben ist, aber du musst uns glauben! Satan ist nicht das Problem, ihn interessiert Assiah nicht. Er ist nicht, wofür er gehalten wird.”
 

Shura starrte ihn an. Scheinbar hatte sich doch einiges verändert. „Du warst es doch, der Satan in den Arsch treten wollte! Abgesehen davon hat er Shiro und einen Haufen Exorzisten und Geistlicher ermordet!” Rins Antwort überrumpelte sie.
 

„Er hat die blaue Nacht verursacht, weil er meine Mutter retten wollte, die von den Exorzisten auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden sollte!”
 

„Wir können die ganze Nacht darüber debattieren, aber voranbringen wird es uns nicht.”, warf Samael ein.
 

Lucifer nickte. „Wir und Vater haben viele Exorzisten getötet, die Exorzisten haben einen Haufen Dämonen und Nephilim getötet, das ist jetzt egal! Wenn wir nicht zusammenarbeiten, sind wir alle geliefert!”
 

„Danach können wir uns ja weiter den Schädel einhauen.”, kommentierte Azazel.
 

Shura hielt inne. Noch glaubte sie nicht so wirklich, was sie hörte, aber sie musste zugeben, dass ihre bisherigen Überzeugungen in letzter Zeit arg ins Wanken gekommen waren. Die Angriffe auf Yukio waren scheinbar von einer dritten Partei in die Wege geleitet wurden und diese dritte Partei war wahrscheinlich...
 

„Lilith. Das war ihr Name, nicht wahr? Ihr habt Yukio erzählt, dass sie damals eine Rebellion gegen Satan angezettelt hat, Gehennas Thron besteigen und Assiah gleich mit unterwerfen wollte.”
 

Rin und die Baal nicken. „Sie ist an Samhain ausgebrochen und terrorisiert seitdem Gehenna und Assiah. Wenn wir sie nicht aufhalten, ist alles vorbei.”, erklärte Samael ungewohnt ernst.
 

Bevor Shura antworten konnte, ertönten plötzlich mehrere Schüsse aus dem Wald. Sie fuhr herum. „Yukio!”
 

Rin sah sie entsetzt an. „Yukio ist hier?!”
 

„Ja, zusammen mit dem Rest eurer Bande. Sie-” Weiter kam sie nicht, denn Rin war bereits losgerannt. Weder auf ihren Ruf, noch auf den seiner Geschwister reagierte er. Laut fluchend riss Shura ihr Schwert aus Azazels Hand und stürmte hinterher. In was für Schwierigkeiten waren die Adepten und die Okumura Zwillinge jetzt wieder geraten?! An Tagen wie diesen, hatte sie wirklich das Gefühl, dass Shiro sie im Jenseits auslachte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yuna_musume_satan
2019-01-30T05:14:03+00:00 30.01.2019 06:14
Klasse ich liebe die story sie hat einfach alles freue mich schon drauf wie es weiter geht
Antwort von:  Himikko
30.01.2019 10:55
Schön ^^
Das nächste Kapitel ist in Arbeit, mal schauen wie lange ich brauche.


Zurück