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Im Bann der Dunkelheit

von

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Geteilte Erinnerungen

Kapitel 19: Geteilte Erinnerungen
 

„Severus...?“, hauchte Lavinia fragend, doch die junge Hexe hatte nicht die Kraft, weiter über das was gerade geschah nachzudenken und ließ sich nun erschöpft gegen Severus Brust sinken. Dabei spürte sie die Wärme, die von dem schwarzhaarigen Zauberer ausging und vernahm nun, in der vollkommenen Stille des Raumes, den regelmäßigen Herzschlag des Tränkemeisters. Sie spürte, wie ihre Anspannung nachließ, wie sich das ihr bekannte Gefühl von Sicherheit, welches sie schon so oft in Severus Gegenwart gespürt hatte, in ihr ausbreitete und schmiegte sich, diesem Gefühl hingebend, noch enger an Severus Körper. Sein Geruch nach Kräutern, der ihr bereits vertraut war, beruhigte Lavinia ebenfalls.
 

Noch immer rangen ihr, einzelne Tränen über die Wangen und ihre Finger verhakten sich im schwarzen Stoff von Severus Gehrock. Dieser beobachtete mit ruhigem Blick die junge Hexe in seinen Armen, er spürte wie Lavinia sich nach und nach beruhigte, wie ihr Weinen weniger, stiller wurde. Sie klammerte sich an ihn, suchte Halt und seinen Schutz
 

Wenn er ehrlich zu sich selbst war, war Lavinias bedingungsloses Vertrauen, welches sich ihm nun einmal mehr offenbarte, etwas was er bisher hatte nie verstehen können. Dennoch war er ihr dafür im Grunde seines Herzen dankbar. Es zeigte ihm, dass es in dieser Zeit Menschen gab, die mehr in ihm sahen, als ein Handlanger, ein Zauberer ohne Gefühlsregungen und Empfindungen. Sie hatte um seine Hilfe gebeten, um seinen Schutz und um seine Unterstützung, hatte dabei aber nie darüber nachgedacht, sich diese Hilfe zu erzwingen oder ihn gar durch Schwüre daran zu binden.
 

Mittlerweile hatte Lavinia aufgehört zu weinen, dennoch hielt sie sich immer noch an ihm fest. Ihre Finger klammerten sich an seine Kleidung, ihr Kopf ruhte auf seiner Brust. Ein Duft von Jasminblüten und Vanille umgab die junge Hexe. Sie war nun völlig ruhig und das leise Geräusch ihres Atems erfüllte den sonst völlig stillen Raum. War sie eingeschlafen?
 

„Lavinia?“, sprach der Tränkemeister die junge Hexe vorsichtig an und beugte seinen Kopf ein Stück weiter nach unten, um sich zu vergewissern, dass er mit seiner Vermutung Recht behalten würde. Im selben Moment hatte Lavinia jedoch registriert, dass Severus sie angesprochen hatte und hob ihren Kopf in seine Richtung an, um ihm zu signalisieren, dass sie ihn gehört hatte. Und so passierte es. Ohne, dass es einer von beiden beabsichtigt hatte trafen sich ihre Lippen.
 

Erschrocken zog Lavinia sich zurück und schaute dem Professor verlegen an. Ihre Blicke trafen sich, keiner sprach ein Wort. Doch in Lavinias Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie sollte sich beruhigen, was war denn schon passiert, ein unglückliches Missgeschick. Belanglos, unbedeutend. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, in der sich keiner der Beiden rührte. Die schwarzen Augen des Tränkemeisters verloren dabei nie den strahlend grünen Blick Lavinias.
 

Severus wusste nicht genau, was in diesem Moment in ihm vorging. Sein Verstand sagte ihm, dass es nun Zeit war sich zurückzuziehen, aber er war nicht fähig sich von ihren Blicken zu lösen. Heute war dieser klare Blick, durch ihre verweinten Augen getrübt und es lag immer noch die flehende Bitte nach Hilfe und Sicherheit darin. Sanft strich Severus erneut eine von Lavinias unbändigen, schwarzen Haarsträhnen hinter ihr rechtes Ohr.

Seine Hand legte sich wie von selbst auf ihre Wange. Mit dem Daumen strich er die letzten übriggebliebenen Tränen aus ihrem Gesicht.

In diesem Moment schien die Magie der Beiden, den Raum um sie herum, vollkommen auszufüllen. Weder Severus noch Lavinia war es möglich, ihrem Verstand zu folgen. Als wären ihre Magien, wie zwei Magnete, die sich gegenseitig anzogen, überwanden diese Empfindungen, das letzte bisschen Vernunft in Severus Gedanken, welches sich gegen diese Magie zur Wehr gesetzt hatte. Es schien als läge ein unüberwindbarer Zauber auf ihnen, der Lavinia und Severus alles vergessen ließ und so überbrückte der Tränkemeister den letzten Abstand zwischen ihnen und seine Lippen legten sich sanft auf ihre.
 

In diesem Moment, gab es kein Hogwarts, keinen Dunklen Lord, keine Dunkelheit für Lavinia. Es gab nur ihre Suche nach Halt, nach Geborgenheit und dem Gefühl für einen Augenblick, all diese Probleme zu vergessen. Auch der jungen Hexe kam es so vor, als würde ihre Magie, die Magie von Severus suchen und Lavinia spürte seine Magie in ihrem Herzen.

Gegen alle Vernunft, die für eine kurze Sekunde in Lavinias Gedanken zurückkehrte, erwiderte sie schüchtern den Kuss des Tränkemeisters. Noch nie zuvor hatte jemand auch nur versucht ihr derart nahe zu kommen. Bisher hatten alle einfach nur Angst vor ihr. Auch wenn dieser Moment ein einmaliger bleiben würde, Lavinia würde diesen niemals vergessen.
 

Auch Severus hatte in diesem Augenblick das Gefühl, völlig vergessen zu haben wer und wo er war. Er wusste, dass das was gerade zwischen Lavinia und ihm geschah, für beide in vielerlei Hinsicht – sollte jemand davon erfahren – unangenehme Folgen haben konnte. Doch ihr Blick; das angenehme Gefühl, dass diese Hexe ihn als Menschen wahrnahm und ihm all ihr Vertrauen entgegengebracht hatte, hatte den Tränkemeister aus der Wirklichkeit gerissen und das Gefühl wirklich gebraucht zu werden, bedingungslos, hatte auch den sonst so beherrschten Zaubertrankprofessor, jede Vernunft vergessen lassen.
 

Als die junge Hexe seinen Kuss vorsichtig erwiderte, wurde dem Zauberer jedoch schlagartig, die mögliche Tragweite seines Handels bewusst. Langsam löste er sich von Lavinia und schaute zu ihr. Was ging der jungen Hexe nun durch den Kopf? Wie hatte er sich dazu hinreißen lassen, diese Grenze zu übertreten? Überfordert löste er sich von der Hexe, erhob sich ohne ein weiteres Wort zu ihr und stand nun mit dem Rücken zu Lavinia im Raum.
 

„Ich sollte gehen…“, bemerkte Severus angespannt.

„Ich weiß…“, entgegnete Lavinia fast flüsternd.

„Lavinia, das gerade…das war…“,

„Nein Severus, nicht jetzt…nicht heute Abend“

„Lavinia! Das…

„Ich weiß, was du mir sagen willst Severus, ich bin kein naives Dummchen…aber nicht mehr heute Abend,…das alles war…ein bisschen zu viel, lass es für heute gut sein, bevor einer von uns etwas sagt, was er später bereuen könnte. Wir sollten beide erst einmal wieder einen klaren Gedanken fassen“, unterbrach sie den Tränkemeister erneut und hatte sich während dessen hinter den schwarzhaarigen Zauberer gestellt.
 

Dieser nickte, als er erkannte, dass Lavinia sehr wohl zu verstehen schien, was er ihr versuchte mitzuteilen und musste durchaus zugeben, dass einige Stunden Ruhe und die Zeit das Geschehene der letzten Minuten – vielleicht auch Stunden - zu verarbeiten, auch ihm gut tun würden.
 

„Wir reden morgen“, erklärte er Lavinia wieder etwas ruhiger.

„Gute Nacht, Severus“

„Gute Nacht, Lavinia“, erwiderte er und verließ ohne sich ein weiteres Mal zu der jungen Hexe umzudrehen den Raum.
 

In seinen Räumen angekommen knallte Severus die Tür hinter sich zu. Wie hatte er sich nur so gehen lassen können? Er hatte seine Schülerin, nein verdammt noch mal, die Tochter des Dunklen Lords geküsst. Wütend auf sich selbst ließ er sich in seinen Sessel fallen, beschwor sich ein Glas Feuerwhisky herbei und leerte dieses in einem Zug. Da gab es nun endlich jemandem, der ihm vertraute, jemanden, der ihn nicht als angsteinflößenden Extodesser sah und seine Situation zu verstehen schien und er hatte nicht anderes zu tun, als diese junge siebzehnjährige Hexe, in einem Moment größter emotionaler Unberechenbarkeit, zu küssen.
 

Was würde Lavinia jetzt von ihm denken? Womöglich würde sie glauben, dass der arme immer wieder missverstandene Tränkemeister, ihre Schwäche ausnutze, um ein kleinwenig Zuwendung zu erhalten. Immer noch völlig in Rage, schmiss er das Whiskyglas gegen die Wand und starrte in die Glut des verloschenen Kaminfeuers. //Verdammt sei Merlin, Severus reiß dich zusammen. Lavinia denkt sicherlich nicht so darüber, wie du gerade vermutet hast//, rief er sich nach einigen Minuten selbst zur Vernunft, als ihm ihre letzten Worte in den Sinn kamen, ehe er ihr Zimmer verlassen hatte.
 

Nein, Lavinia war kein dummes naives Schulmädchen, wie andere siebzehnjährige Hexen. Sie hatte ebenso wie er erkannt, dass dieser Kuss nur durch die vielen aufwühlenden Ereignisse der letzten Tage entstanden war. Sie wusste, dass sie damit eine Grenze überschritten hatten, die Severus und Lavinia vieles kosten konnte. Seine Gedanken schweiften noch eine ganze Weile durch die Erinnerungen der letzten Stunden.
 

Er erinnerte sich an diesen fesselnden Moment, indem er Lavinias Blick in sich aufgesogen hatte, wie er dieses Vertrauen der jungen Hexe genossen hatte und in diesem Moment der Erinnerung, war es ihm, als könnte er ihre Lippen immer noch auf seinen spüren und ihren Duft von Jasmin, Vanille und Mandel immer noch riechen. Ihr schüchternes entgegenkommen,…//Severus, vergiss es//, schallt er sich und ließ ein weiteres Glas Feuerwhisky erscheinen, welches er ebenfalls in einem Zug leerte. Wenige Minuten später fiel er in einen unruhigen Schlaf.
 

***
 


 

Am nächsten Morgen, saß ein ziemlich übelgelaunter Tränkemeister, beim Frühstück am Lehrertisch. Der Tag hätte für Severus nicht unerträglicher beginnen können. Nachdem er letzte Nacht mehrere Male aufgewacht war und noch zwei weitere, bis zum Rand gefüllte Gläser Feuerwhisky hinuntergeschlungen hatte, hatte er sich am Morgen –wieder einmal – in seinem zum Schlafen gänzlich ungeeigneten Sessel wiedergefunden. Mit schmerzenden Knochen und unerträglichen Kopfschmerzen, hatte er sich aus dem Herrensessel erhoben. Bei Merlin und Morgana, er war Tränkemeister, ein Traumlostrank wäre eine weitaus effektivere Methode gewesen, seinen unruhigen Schlaf zu unterbinden.
 

//Aber nein Severus, du vernichtest lieber eine Flasche Feuerwhisky, um deine eigene Dummheit zu vergessen//, schallt er sich, während er in seinen Schränken nach einem Trank gegen diese unsäglichen Kopfschmerzen - die er sich selbst zuzuschreiben hatte - suchte. Er hatte Glück! Großes Glück! Er hatte keine einzige Phiole eines solchen Trankes mehr übrig.

Genervt schlug er dir Türen seines Vorratschrankes zu und machte sich nun mit Kopfschmerzen, verspannten Gliedmaßen und unbeschreiblich schlechter Laune auf den Weg in die Große Halle.
 

Kein Schmerztrank…kein Einziger! In seinem Vorratsraum. Das war ihm noch nie passiert und woran lag es? Natürlich! An einer siebzehnjährigen grünäugigen Schülerin, die seine Zeit mehr beanspruchte, als alle Schulklassen zusammen. Zusatzstunden hier, ein Ausraster da und dann hatte sie es auch noch geschafft, dass sich sein rationales Denken am gestrigen Abend gänzlich verabschiedet hatte.
 

Warum hatte sie auch im gleichen Moment zu ihm aufschauen müssen, indem er feststellen wollte, ob sie eingeschlafen war? Wäre ihnen – nein halt – ihr dieses Missgeschick nicht passiert, hätte er – nein sie – sich sofort für ihre Tollpatschigkeit entschuldigt, hätte es die Situation niemals zugelassen, dass er sich in ihren großen grünen Augen vollkommen verlor und dann hätte er sich auch niemals so gehen lassen.
 

Auf jeden Fall hatte sich der Tränkemeister fest vorgenommen, ihr vor der ersten Unterrichtsstunde noch einmal klar zumachen, dass dieser…dieser…Kuss ein riesiger Fehler gewesen war.
 

Zu diesem Zeitpunkt ahnte der Professor für Zaubertränke jedoch nicht, dass eine rosa gekleidete Schreckschraube, seine schlechte Laune an diesem Morgen noch verschlimmern würde. Als er den Lehrertisch erreicht hatte, teilte ihm eine zumindest verärgert wirkende Verwandlungsprofessorin mit, dass Professorin Umbridge beschlossen hatte, den Unterricht aller übrigen Professoren in Hogwarts zu überprüfen.
 

Als er dann von der Ministerumshexe, in übermäßig freundlichem Ton mitgeteilt bekam, dass sie vor hatte seine Stunde in den fünften Klassen am Donnerstagmorgen zu inspizieren, hatte er sich nur schwer zurückhalten können, dieser Frau nicht gehörig seine Meinung, über ihre wunderbaren Ideen mitzuteilen.

Mit letzter Selbstbeherrschung hatte er ihr mit einem knappen Nicken zu verstehen gegeben, dass er ihre Information zur Kenntnis genommen hatte und sich dann auf seinem Platz niedergelassen.
 

Scheinbar hatten die meisten seiner Kollegen seine schlechte Laune bemerkt und ließen ihn bis jetzt vollkommen in Ruhe. Nur Flitwick hatte ihn auf die köstlichen Kürbistörtchen aufmerksam machen wollen, doch ein einziger stechender Blick von Severus hatte den Zauberkunstprofessor zum Schweigen gebracht.
 

Gerade griff der Tränkemeister nach seinem Kaffeebecher, als er völlig unbeabsichtigt seinen Blick durch die große Halle schweifen ließ. //Das gibt‘s doch nicht!//, stieß er in Gedanken aus, als Lavinia in diesem Moment die Halle betrat und scheinbar sofort zum Lehrertisch schaute. Natürlich war es ihm auf diese Distanz kaum möglich zu erkennen, in welcher Verfassung die Schwarzhaarige war und dennoch folgte sein Blick der jungen Hexe, die sich nun dem Schülertisch der Slytherins zugewandt hatte und soweit er es beurteilen konnte zögerlich auf diesen zuging.
 

Hatte sie am gestrigen Abend überhaupt mitbekommen, dass er Draco angewiesen hatte auch ihren anderen Freunden von ihrer Magie zu erzählen? Oder das alle anderen Schüler, sich an einen völlig anderen Ablauf der Ereignisse erinnerten? Während er darüber nachdachte sah er, dass Draco Lavinia ebenfalls entdeckt hatte, aufstand und nun zu ihr eilte. Wahrscheinlich hatte er ihre Unsicherheit erkannt und hatte sich deshalb dazu entschlossen, die junge Hexe nun zum Tisch zu begleiten.
 

***
 

„Lavinia!“, riefen Daphne und Astoria gleichzeitig, als Draco mit der schwarzhaarigen Hexe den Slytherintisch erreichte. Daphne war sogar aufgesprungen und umarmte ihre Freundin erleichtert.

„Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Geht es dir gut? Wir wollten gestern Abend sofort zu dir, als Draco uns von deiner schrecklichen Zeit im Waisenhaus erzählt hat. Aber er hat uns nicht gelassen“, erklärte die blonde Hexe dabei entschuldigend.
 

„Sag mal, warum hast du uns davon nicht gleich was erzählt?“, erkundigte sich Blaise, als Lavinia sich neben ihn und Draco setzte.

„Dachtest du wir würden dich hängen lassen?“, fügte er mit ernster Miene hinzu.

„Nein, nein…eigentlich nicht aber…ich…“, versuchte sich Lavinia nun zu erklären.

„Ist schon gut Vina, du musst nichts erklären. Wir verstehen dich. Ich weiß nicht, wie wir uns in so einer Situation verhalten hätten oder weißt du das Blaise?“, half Astoria ihrer Freundin aus ihrer Verlegenheit und Blaise musste zugeben, das auch er wohl nicht anders reagiert hätte.
 

Nach und nach entspannte sich Lavinia. Theo, Blaise, Daphne und Astoria hatten völlig anders reagiert, als es sich die junge Hexe in ihren Gedanken ausgemalt hatte. An diesem Morgen wurde ihr erst wirklich bewusst, dass ihre Freundschaft zu den fünf Slytherin, natürlich allen voran die Freundschaft zu Draco, vollkommen ehrlich und aufrichtig war. Es war Lavinia nun schon fast peinlich, dass sie je auf die Idee gekommen war, dass die fünf nicht mit ihrer außergewöhnlichen Magie zu Recht kommen würden.
 

Gedankenverloren stocherte Lavinia in ihrem Müsli herum. Trotz der Erleichterung, dass ihre Clique ohne Ausnahme hinter ihr stand, konnte sie noch immer keinen klaren Gedanken fassen. Daher nahm sie auch das Getuschel der anderen Schüler um sie herum kaum war. Natürlich war die Auseinandersetzung, deren Ablauf Severus in den Gedanken der Slytherins etwas verändert hatte, Gesprächsthema Nummer eins am heutigen Morgen. Als eine der Schülerinnen, welche oft mit Pansy unterwegs waren, zu Lavinia kam, zögerten Draco, Theo und Blaise keine Sekunde, um ihr klar zu machen, dass sie die schwarzhaarige Hexe in Ruhe lassen sollte, hatte Lavinia nicht einmal aufgesehen.
 

Zu sehr war sie mit den Erinnerungen an den vergangen Sonntagabend versunken. Ab und an schielte sie so unauffällig wie es nur ging zum Lehrertisch. Severus sprach kein Wort. Nicht, dass er sich sonst sonderlich viel mit seinen Kollegen unterhielt, aber den ein oder andere Kommentar zu deren Unterhaltungen gab er meist von sich. Heute schien er jedoch wirklich schlechte Laune zu haben. Er war berühmt dafür, die anderen Häuser, gerade bei den Mahlzeiten, um Hauspunkte zu erleichtern. Heute geschah dies fast schneller, als die magische Anzeigetafel, die Punktestände berichtigen konnte.
 

War das alles wegen ihr? Wegen diesem Kuss? Als Lavinia an den gestrigen Abend dachte, erinnerte sie sich daran, dass Severus diesen Moment sofort bereut hatte und ihr auch sofort sagen wollte, dass dieser Kuss ein Fehler gewesen war, welcher nie hätte passieren dürfen. Und das wusste sie. Dennoch hatte Lavinia dies in diesem Augenblick nicht hören wollen. Dieser Kuss, war nun mal ihr aller erster Kuss überhaupt gewesen und sie hatte einfach nicht hören wollen, dass dieser ein Fehler war.
 

Natürlich war ihr klar, dass das alles nicht hätte passieren dürfen und wenn sich ihre Lippen wenige Sekunden zuvor, nicht durch einen dummen Zufall, schon ein mal berührt hätten, wäre dieser Moment womöglich auch ganz anders ausgegangen. Trotz aller Vernunft, die heute Lavinia wieder zu klarem Denken befähigte, umspielte ein Lächeln ihre Lippen, als sie an den Moment dachte, indem Severus sie an sich gezogen hatte und sie seine Lippen auf ihren hatte spüren können.
 

Dieser einmalige Moment hatte ihr so unendlich viel Trost und Kraft gegeben, dass sie, trotz aller rationalen Erklärungen, die Erinnerungen daran, in keiner Sekunde vergessen wollte. Somit hatte sie für sich beschlossen, diesen Augenblick zwischen ihr und dem Tränkemeister, nicht als Fehler zu bezeichnen oder zu bereuen. Für Lavinia würde dieser Moment eine Erinnerung sein, ein Moment voller positiver Empfindungen, wie Sicherheit, Schutz, Geborgenheit und der Möglichkeit zu vergessen, nur für diesen kurzen Augenblick.
 

Würde Severus das verstehen? Sie wusste, dass ein klärendes Gespräch mit ihm am heutigen Tage noch bevor stand und sie war sich sicher, dass der Zaubertrankmeister dies alles ganz anders sah. Außerdem befürchtete sie, dass Severus es nun für sicherer halten könnte, die Grenzen zwischen ihr und ihm wieder deutlicher zu ziehen.
 

„Hei Lavinia! Hast du das mitbekommen?“, riss Draco die junge Hexe aus ihren Gedanken.

„Hä? Wie? Was?“

„Wo warst du wieder mit deinen Gedanken? Umbridge will den Unterricht der verschiedenen Klassen in den nächsten Wochen beurteilen“, erklärte Draco der jungen Hexe, die die Ansprache ihrer „Lieblingsprofessorin“ gar nicht wahrgenommen hatte.

„Vielleicht ist Professor Snape deshalb so schlecht gelaunt“, warf Daphne ein und deutete zu dem Tränkemeister, der sich bereits von seinem Platz erhoben hatte und nun auf den Tisch seines Hauses zukam.
 

„Hei, er kommt direkt auf uns zu. Hat einer von uns Mist gebaut?“, erkundigte sich Blaise etwas unsicher.

„Na ja irgendeine Hexe hat Pansy gestern in den Krankenflügel gezaubert“, zischte Lavinia ihm zu und bemühte sich gar nicht erst den Sarkasmus in ihren Worten zu unterdrücken, was Blaise, Theo und Draco schlussendlich ein unverkennbares Grinsen entlockte.
 

„Miss Reed! Mein Büro! Jetzt!“, entkam es Severus knapp, als er vor Lavinia zum stehen kam. Ein kurzer Blick und ein leichtes Nicken Lavinias, reichten dem Tränkemeister als Bestätigung, sodass er seinen Weg aus der großen Halle fortsetzte.

„Ich mach mich wohl besser gleich auf den Weg“, sagte sie zu ihren Freunden gewandt und folgte dem Professor umgehend.
 

Als Lavinia wenige Minuten nach Severus sein Büro betrat, saß dieser mit grimmiger Miene an seinem Schreibtisch. „Setz dich!“, befahl er der Schülerin. Lavinia kam seiner Aufforderung nach. Dennoch verwirrte Severus‘ Verhalten die junge Hexe. Zögerlich blickte sie zu ihm auf. Warum war er heute so abweisend und kurz angebunden?
 

Er trug dieselbe Maske, welche er bei ihrem Zusammentreffen in Dumbledores Büro aufgesetzt hatte. Er wirkte äußerlich emotionslos und völlig kalt. Doch mittlerweile kannte Lavinia den Tränkemeister gut genug, um zu erkennen, dass er innerlich mit seinen Gefühlen zu kämpfen hatte.
 

Aber warum hielt er nun so sehr daran fest, diese zu verbergen. Ungeduldig rutschte Lavinia auf ihrem Stuhl vor Severus Schreibtisch umher. Sie wusste nicht ob es gut war, ihn anzusprechen oder es besser sein würde darauf zu warten bis er selbst sprach. Diese Entscheidung erübrigte sich noch im selben Augenblick.
 

„Ich sage es dir heute in aller Deutlichkeit, Lavinia. Das was da gestern Abend passiert ist, war ein absolut undiskutabler Fehler, der niemals passiert wäre, wenn du ein bisschen besser aufgepasst hättest und dir dieses Missgeschick, bei dem wir uns zufällig näher gekommen sind, nicht passiert wäre!“, teilte er der jungen Hexe nun unmissverständlich mit.

„Was soll da….“

„Des Weiteren bin ich zu dem Schluss gekommen, dass wir in der letzten Zeit viel zu vertraut miteinander umgegangen sind. Wenn du in Zukunft Hilfe benötigst werde ich dafür sorgen, dass du - wie es üblich ist - im Krankenflügel versorgt wirst. Es ist zu unserm Besten. Dieser…Kuss wäre niemals zu Stande gekommen, wenn du deine Gefühle besser unter Kontrolle halten könntest. Diese ganze Situation, hat mich dazu gebracht, meine Prinzipien etwas zu weit auszudehnen. In Zukunft werde ich dies unterbinden und wieder auf rationales und logisches Handeln zurückgreifen. Des Weiteren werde ich meine Aufgaben dir gegenüber als Hauslehrer und Professor nur noch im gleichen Maße ausüben, wie bei allen anderen Schülern in diesem Haus. Da Professor Dumbledore die Zusatzstunden angeordnet hat und ebenfalls der Überzeugung ist du solltest Okklumentik lernen, werde ich daran leider zurzeit nichts ändern können. Aber ich habe beschlossen dies auf drei Mal die Woche zu beschränken. Montag 20 Uhr Okklumentik, Zaubertränke mittwochs und freitags 18 Uhr noch einmal Okklumentik. Diese Lerneinheiten finden hier in meinem Büro statt. Ich will nicht das Umbridge zufällig reinplatzt, während du etwa lernst, was nicht auf dem Lehrplan steht“, erklärte Severus weiter ohne auf Lavinias entsetzten Gesichtsausdruck einzugehen.
 

„Meinst du das alles ernst? Du gibst mir die Schuld an allem?“, entkam es der Hexe tonlos.

„Wer hatte sich denn schon wieder nicht im Griff? Das wäre alles nicht passiert, wenn du dich ein wenig mehr zusammengerissen hättest!“, brach es aus Severus ungehalten heraus, ehe er darüber nachdenken konnte, was er der jungen Hexe in diesem Moment vorwarf.
 

Lavinia starrte auf die glatte Schreibtischoberfläche aus massivem Ebenholz. Sie wagte es in dieser Sekunde nicht, zu Severus aufzusehen. Noch nie, noch nie hatten Severus Worte sie so sehr verletzt wie in diesem Augenblick. Schon oft hatte er ihr, wegen ihres mangelnden Talentes in Zaubertränke oder wegen ihrer Orientierungslosigkeit irgendwelche Gemeinheiten an den Kopf geworfen, doch noch nie hatte sie in seiner Gegenwart, so um ihre Selbstbeherrschung kämpfen müssen, wie jetzt.
 

„Ich denke du bist insofern zur Vernunft gekommen, da du einsehen kannst, dass diese Sache niemals hätte passieren dürfen. Und ich denke ich kann dir, mittlerweile so viel Intelligenz zutrauen, dass du auch die Notwendigkeit einer klaren Grenze zwischen uns sehen kannst. Sollte dies nicht der Fall sein, ziehe ich es ernsthaft in Betracht dir die Erinnerungen an diesen Abend zu nehmen“, sprach er trotz Lavinias Stimmung unbeirrt weiter.
 

Zitternd vor Enttäuschung und Wut stand Lavinia auf. Sie spürte wie sie kurz davor stand ihre Magie zu entfesseln. Dennoch entschloss sie sich dazu, Severus anzusehen. „Ich wusste von Anfang an, dass dieser Moment einmalig bleiben würde. Ich wusste von Anfang an, dass dieser Kuss uns – dich – in große Schwierigkeiten bringen könnte. Doch ich hätte niemals von dir erwartet, dass du überhaupt an Schuldzuweisungen denken würdest. Ich habe dies jedenfalls in keiner Minute getan. Ich dachte wir könnten das alles, als einen Moment gemeinsamer Schwäche ansehen“, erwiderte Lavinia mit gebrochener Stimme und schaute den Tränkemeister nun mit tränennassen Augen an. Dessen Augen sie nun erschrocken anstarrten, als hätte er erst in dieser Sekunde realisiert, was er überhaupt gesagt hatte.
 

„Ich wollte dir niemals zur Last fallen. Ich wollte dich niemals in Gefahr bringen. Doch ich denke es ist besser, wenn ich diesen Raum jetzt verlasse. Ich schaffe es kaum noch mich zurückzunehmen. Ich hätte niemals erwartet, dass gerade DU mir jemals einen Vorwurf machen würdest. Außerdem werde ich es niemals, hörst du niemals, zulassen, dass du mir irgendwelche Erinnerungen nimmst. Du willst eine klare Grenze? Das werde ich respektieren. Aber wenn ich an eines erinnern darf! SIE haben mich geküsst PROFESSOR!“, brüllte sie Severus schlussendlich entgegen und rannte ohne auf eine Reaktion des Zaubertrankprofessors zu warten aus dem Raum.
 

***
 

Völlig überfordert zog sich Lavinia in ihr Zimmer zurück. Eigentlich hatte sie sich mit Draco und den Anderen in der Bibliothek treffen wollen, um dort noch einmal über den Aufsatz in Zauberkunst zu schauen, aber die schwarzhaarige Hexe brauchte nach den Worten von Severus Zeit für sich. Was hatte ihn nur dazu gebracht, sie so sehr zu verletzten? Hatte er denn gar nichts verstanden? Lavinia war am Sonntagabend, als er ihr Zimmer verlassen hatte, davon überzeugt gewesen, dass er die ganze Situation genauso sah wie sie. Einmalig, nur für diesen Augenblick, eine Erinnerung und nichts weiter.
 

Aber seine Vorwürfe hatten ihr klar gemacht, dass Severus einfach alles zutiefst bereute. Wie sollte sie ihm jetzt noch gegenüber treten, vor allem, da er noch heute Abend mit dem Okklumentikunterricht beginnen würde und sie somit zwangsläufig wieder mit ihm alleine sein würde. Es waren nur noch sechs Wochen bis Weihnachten und Lavinia würde keine Wahl haben, wenn sie noch vorher erfahren wollte, was Severus über sie wusste.
 

Seufzend ließ sie sich auf ihr Himmelbett fallen. Sie hatte noch eine halbe Stunde, ehe sie zum Zauberkunstunterricht musste. Zu allem Übel würde Umbridge ausgerechnet heute die Zauberkunststunde von Flitwick besuchen. Lavinia hoffte inständig, dass die Ministeriumshexe sie heute in Ruhe lassen würde. Die Schwarzhaarige hatte für diesen Tag genug und war sich sicher, dass sie den kleinen Sticheleien, die die Professorin ihr gegenüber regelmäßig äußerte, heute nicht mehr gewachsen sein würde. Aber sie musste versuchen wieder einen klaren Kopf für die nächsten Unterrichtstunden zu bekommen.
 

Erstens würden ihre Freunde sofort bemerken, dass etwas nicht stimmte und zweitens konnte sie sich eine weitere Auseinandersetzung wirklich nicht mehr erlauben. Leider war es der schwarzhaarigen Hexe nicht möglich den Streit mit Severus in Ruhe zu verdauen, denn völlig unerwartet klopfte jemand an ihrer Tür.
 

„Lavinia? Hei, bist du hier?“, ertönte Daphnes Stimme vor ihrem Zimmer.

„Was willst du Daphne?“, brummte Lavinia genervt und erhob sich nur widerwillig von ihrem Bett, als die blonde Hexe bereits in ihr Zimmer stürmte.

„Schlechte Laune? Hei das Gequatsche von den Andern wirst du schon überleben. Komm schon wir müssen zum Unterricht. Du kennst Umbridge ich hab keine Lust auf Nachsitzen bei ihr“, plapperte Daphne drauf los.

„Ich komme“, antwortete Lavinia knapp und verließ mit ihrer Freundin das Zimmer.
 

Als die beiden Hexen das Klassenzimmer für Zauberkunst erreichten eilte Daphne vergnügt auf Draco und die Andern zu. Missmutig folgte Lavinia der übermotivierten Hexe.

„Ich hab sie gefunden. Du hattest Recht Draco, sie hat sich in ihrem Zimmer verkrochen“, erklärte die Blonde und warf Lavinia einen tadelnden Blick zu.

„Alles okay?“, erkundigte sich Draco besorgt, als er Lavinias teilnahmslosen Blick bemerkte.

„Ich will einfach meine Ruhe Draco, ist das zu viel verlangt?“, stellte sie barsch klar und ging ohne auf ihre Freunde zu warten ins Klassenzimmer.

Eigentlich hatte Lavinia, Draco nicht so unfreundlich auf seine Frage antworten wollen, doch im Moment hatte sie einfach keinen Kopf für das mitleidsvolle Verhalten ihrer Freunde. Sie wusste, dass sie es gut meinten und dass sie sich allesamt große Sorgen machten. Aber es gab nun mal diese eine Sache, über die sie auch mit Draco nicht reden konnte. Sie vertraute dem blonden Zauberer bedingungslos und dennoch war dieses Vertrauen auf einer ganz anderen Ebene, als das Vertrauen, dass sie Severus entgegenbrachte.
 

Genau deshalb konnte sie immer noch nicht glauben, dass er alles was er gesagt hatte, wirklich ernst gemeint hatte und genau deshalb hatten sie seine Worte so sehr verletzt. Minuten vergingen und der Zauberkunstprofessor hatte gemeinsam mit Professor Umbridge bereits das Klassenzimmer betreten, doch Lavinia nahm nur wenig davon war.
 

Erst als Flitwick sie auf ihren Aufsatz ansprach, schreckte die junge Hexe aus ihren Überlegungen auf.

„Ähm wie bitte, Professor? Bitte Entschuldigen sie meine Unaufmerksamkeit…“, entschuldigte sie sich sofort bei dem freundlichen Professor. Dieser lächelte Lavinia entgegen. „Aber, aber meine Liebe, jeder hat mal einen schlechten Tag, ihre Leistungen sind so vielversprechend, da kann man ja mal ein Auge zudrücken“, erwiderte Flitwick verständnisvoll und sammelte nun Lavinias Pergamente ein. Doch bei seiner Nachsicht hatte der gutmütige Zauberer, die Rechung ohne die Großinquisitorin gemacht.
 

„Professor Flitwick!“, sprach sie den kleinen Mann mit piepsiger Stimme an und rollte dabei doch tatsächlich ein Maßband aus, um die Körpergröße des Professors nachzumessen.

Sichtlich irritiert schaute der Zauberkunstlehrer zu der pink gekleideten Hexe auf.

„Eine solche Nachsichtigkeit kann ich in den Unterrichtsstunden nicht dulden. Ich gedenke das für sie zu berichtigen. 20 Punkte Abzug für Slytherin und dieser Aufsatz…!“ erklärte die zynische Hexe weiter. „…wird ohne durchsicht mit einem Troll, honoriert“, endete sie ihre Ausführungen, entriss Professor Flitwick Lavinias Ausarbeitungen und mit einem Schlenker ihres Zauberstabes, verbrannten die Pergamentrollen auf der Stelle.
 

„Bitte fahren Sie fort“, fügte sie schlussendlich ihren Worten hinzu und nahm erneut an der Seite des völlig verdatterten Professors platz.

„Bleib ruhig Lavinia, bitte du darfst dich nicht provozieren lassen. Es war nur eine Hausaufgabe“, hörte die schwarzhaarige Draco hinter sich auf sie einreden.

Merkwürdigerweise blieb die Grünäugige weitestgehend ruhig. Während Umbridge gesprochen hatte, hatte sie fast keine Sekunde wirklich zugehört.
 

Ihre Gedanken waren immer noch bei Severus. Immer wieder durchforstete sie ihren Kopf nach den Erinnerungen der letzten Tage, um herauszufinden, was den Tränkemeister dazu gebracht hatte, ihr alle diese verletzten Dinge an den Kopf zu werfen. Das Einzige was ihr dazu in den Sinn kam war, dass Severus nicht erkennen konnte, warum es ihr wichtig war, diesen Moment als eine schöne, einmalige Erinnerung in ihrem Herzen zu behalten.
 

Nach dem Unterricht in Zauberkunst lief sie immer noch in Gedanken ihren Freunden hinterher in die große Halle. Beim Mittagessen brachte sie kaum einen Bissen hinunter.

„Sag mal was ist heute mit dir los Lavinia? Ich meine ich bin ja froh, dass du Umbridge nicht in Stücke gerissen hast, obwohl sie es verdient hätte, aber irgendwas hast du doch!“, versuchten Daphne und Astoria ihre Freundin auf ihre Stimmung anzusprechen.

Kurz blickte Lavinia zu den beiden Hexen, welche sich vor ihr aufgebaut hatten, schielte kurz zu Draco, der ihre stille Bitte sofort verstand und den beiden übermotivierten Hexen zu verstehen gab, Lavinia im Augenblick einfach in Ruhe zu lassen.

Als diese sich wenige Minuten später verabschiedeten, da beide jeweils noch andere Unterrichtsfächer belegt hatten als der Rest der Clique, versuchte Draco sein Glück und setzte sich zu Lavinia.

„Was ist los! Seit du aus Snapes Büro zurück bist, bist du völlig neben der Spur!“, sprach er die grünäugige Hexe direkt auf ihre Stimmung an.
 

„Wenn du es genau wissen willst, Draco. Professor Snape ist Professor Snape und hat dies auch deutlich gezeigt. Er war so sehr Snape, dass ich mich kaum noch zurückhalten konnte!“, informierte sie Draco gereizt und hoffte, dass der Slytherinprinz sich mit dieser groben Zusammenfassung des Gespräches zwischen ihr und Severus zufrieden geben würde.

„Was hat er denn gesagt, dass es dich so sehr getroffen hat, Lavinia?“, hakte Draco, zu Lavinias Leidwesen, weiter nach.

„Ich will nicht darüber reden Draco, kannst du bitte aufhören mich danach zu fragen?“, entgegnete die Schwarzhaarige nun knapp.
 

Draco bemerkte, dass es wohl wirklich besser war, Lavinia in Ruhe zu lassen. Doch genauso wenig wollte er zulassen, dass sie die nächsten zwei Freistunden grübelnd vor sich hin starrte.

„Du hast heute keinen Zusatzunterricht bei Snape?“ erkundigte er sich vorsichtig.

„Nein, nur noch drei mal die Woche! “, antwortete die schlecht gelaunte Hexe schroff

„Dann schnapp dir deinen Besen. Das Quidditchfeld ist heute frei. Lass uns ne Runde fliegen. Du schuldest mir eine Revanche!“, schlug Draco lächelnd vor.
 

Etwas überrascht schaute sie zu dem Blonden ihr gegenüber. Erwartungsvoll schaute er sie an und Lavinia blieb nichts anders übrig als zurückzulächeln. „Überredet. Dann bekomm ich vielleicht einen klaren Kopf“, lenkte sie daher ein und zwanzig Minuten später erreichten die beiden Slytherin in voller Quidditchausrüstung das Spielfeld.

„Wettfliegen? Drei Runden ums Feld?“, forderte der junge Zauberer, Lavinia grinsend heraus.

„Klar, wenn ich meine drei Runden beendet habe, kann ich dir ja ein paar Tipps geben, wie du beim nächsten Mal mit nur einer Runde Rückstand gegen mich verlieren kannst“, neckte Lavinia, Draco und stieg auf ihren Feuerblitz.
 

„Okay bei drei!“, wies Draco an und genau drei Sekunden später ging es auch schon los und die beiden Quidditchspieler schossen so schnell es ihre Rennbesen zu ließen ums Feld. Nach fünf weiteren Wettfliegen und fünf weiteren Siegen für Lavinia, deren neuester Besen einfach zu überlegen für Dracos Nimbus 2001 war, landeten die beiden Flieger lachend vor dem Quidditchfeld.
 

„Danke, Draco!“, entkam es Lavinia prustend, da sie vom Lachen noch immer völlig außer Atmen war.

„Wofür?“

„Dass du mir geholfen hast wieder klar zu denken, ohne weiter nachzufragen“, entgegnete Lavinia immer noch nach Luft schnappend.

„Ich bin dein Freund“, stellte Draco simpel klar, während sie sich nun wieder auf den Weg zum Schloss machten.
 

Dank Dracos Ablenkungsmanöver schaffte es die schwarzhaarige Hexe dem Unterricht in Verwandlung und der anschließenden Stunde Verteidigung mit Umbridge relativ gelassen und aufmerksam zu folgen. Umbridges neueste Gemeinheiten ignorierte sie weitestgehend und dachte dabei einfach nur daran, dass sie nach dem Abendessen, Severus wieder gegenüber treten würde. Allerdings sah sie diesem Umstand nun ein wenig gelassener entgegen.
 

Die junge Hexe hatte sich vorgenommen, Severus noch einmal zu verdeutlichen, wie sie den Sonntagabend wahrgenommen hatte. Dabei war Lavinia zu dem Entschluss gekommen, dass ihre Worte, dem Professor dies nicht verständlich machen konnten. //Er muss es selbst sehen und erleben//, sagte sie zu sich selbst und kassierte für ihr Gemurmel im absolut stillen Klassenzimmer wieder 10 Punkte Abzug für Slytherin von der Ministeriumshexe.
 

***
 

„Hei wo willst du hin?“, fragte Blaise verwundert, als Lavinia kurz vor zwanzig Uhr den Gemeinschaftsraum verlassen wollte.

Lavinia wandte sich zu ihren Freunden, welche bei einer Partie Zauberschach zwischen Draco und Theo zusahen.

„Zusatzunterricht bei Snape! Ich denke ich bin erst kurz vor Sperrstunde zurück“, antwortete Lavinia achselzuckend.

„So willst du zu Snape?“, stießen die beiden Greengrass-Schwestern verwundert aus.

„Wieso? Es ist doch kein offizieller Unterricht, also brauch ich auch keine Schuluniform!“, erwiderte Lavinia verwundert.
 

Eigentlich war sie zu den zusätzlichen Unterrichtstunden immer mit Schuluniform erschienen. Aber an diesem Abend hatte sie absolut keine Lust darauf diese zu tragen. Sie wollte sie selbst sein. Da ihr Vorhaben - Severus ihre Erinnerungen an die gestrigen Geschehnisse, ganz bewusst zu zeigen - sie doch mehr verunsicherte, als sie es bei ihrem Entschluss, diese Idee in die Tat umzusetzen vermutet hatte. Aus diesem Grund hatte sie sich dazu entschlossen genau das anzuziehen, was ihr in diesem Moment in den Sinn gekommen war.
 

Sie trug eine enge Lederhose, welche in Höhe der Knie mit Reisverschlüssen verziert war, welche Lavinia auf einer Seite offen gelassen hatte. Ihr Ledertop war ebenfalls mit einem Reisverschluss verziert. Dazu hatte sie schwarze geschnürte Stiefel angezogen. Außerdem trug sie schwarzen Schmuck mit silbernen Verziehrungen. Ihre Haare hatte sie mit einem Zauber völlig geglättet. Ihre Lippen hatte sie in einem dunklen Rot geschminkt und für ihre Augen wählte sie einfach nur Schwarz.
 

„Bist du dir sicher, dass du nichts…überziehen willst?“, hakte Daphne noch einmal nach.

„Doch! Den hier! Ich muss los!“, entgegnete Lavinia grinsend, warf sich einen einfachen schwarzen Umhang über und verließ den Gemeinschaftsraum in Richtung Severus Büro.
 

Lavinia trifft sich erneut mit Severus
 

Zaghaft klopfte Lavinia an der Bürotür des Tränkemeisters. Nichts. Sie klopfte ein zweites Mal, diesmal etwa kräftiger. Nichts tat sich. War er noch nicht da? Hatte er sie vergessen? Aufgeregt nahm die Schwarzhaarige Hexe allen Mut zusammen, um ein drittes Mal durch ein Klopfen auf sich aufmerksam zu machen.

„Professor? Sind sie da?“

„Komm rein“, brummte Severus Stimme, als er der Schülerin endlich die Tür öffnete. Ohne weiter auf seine immer noch äußerst üble Laune einzugehen, ging die junge Hexe an dem Schwarzhaarigen vorbei, in dessen Büro. Während dessen schloss Severus die Tür hinter ihr und beobachtete Lavinia schweigend. Sie wirkte gefasster, als er nach dem unglücklich verlaufenen Gespräch am Morgen erwartet hatte. //Unglücklich ist die Untertreibung des Jahres, Severus du warst ein Arsch//, berichtigte er sich in Gedanken.
 

„Lavinia, bevor wir…“, wollte er sich für sein Verhalten am Morgen rechtfertigen, doch Lavinia ließ ihm dazu keine Chance.

„Ich ziehe es vor direkt mit dem Unterricht in Okklumentik zu beginnen, Professor. Falls ich darauf aufmerksam machen darf, in sechs Wochen ist bereits Weihnachten und bis dahin möchte ich diese Magie unbedingt beherrschen“, stellte Lavinia sachlich dar und blickte Severus dabei mit wachen und entschlossenen Augen an.
 

In diesem Moment wurde Severus klar, dass er die junge Hexe mehr verletzt hatte, als er geahnt hatte. Sie nannte ihn wieder Professor und verdammt noch mal, dass gefiel ihm gar nicht. Er hatte sich schon zu sehr daran gewöhnt, dass sie ihn mit Severus ansprach, wodurch ihn diese förmliche Anrede wirklich störte.

„Lass das Lavinia, es ist nicht notwendig, dass du…“

„Miss Reed und Sie, Sir! Sie hatten deutlich gemacht, mich nicht mehr anders zu behandeln als andere Schüler. Das respektiere ich!“, unterbrach sie ihn erneut, während sie ihren Umhang ablegte.
 

Als sie sich wieder dem Tränkemeister zuwandte, bemerkte sie sofort, dass er sie weiterhin beobachtete. Ihre Rechnung schien aufzugehen. Sie hatte sich nicht nur bewusst gegen die Schuluniform entschieden, um sich wohler zu fühlen. Nein sie wollte dem Tränkemeister zeigen, dass sie nicht nur ein Schulmädchen war, welches seinen Anweisungen als Lehrer Folge leisten sollte. Nein sie war eine erwachsene Hexe, die genau wusste, dass alle Entscheidungen und Handlungen im Leben Folgen mit sich zogen.
 

„Nun Professor, sagen Sie mir was ich tun muss, um meine Gedanken zu verbergen. Wir haben nicht mehr viel Zeit“, forderte sie nun von Severus, ihr die Grundlagen der Okklumentik zu erläutern.

Ohne seinen Blick von ihr zunehmen deutete er der jungen Hexe sich zu setzen und nahm seinen Zauberstab zur Hand. Tief einatmend stellte er sich vor Lavinia.

„Lavinia…“, versuchte er ein letztes Mal die junge Hexe dazu zu bringen mit ihm zu reden. Doch die schwarzhaarige Hexe vor ihm, blieb standhaft.

„Professor Snape, ich bin hier um Okklumentik zu lernen. Wie es von Ihnen gefordert war, sollten wir uns auf die fachlichen Fragen beschränken“, entgegnete sie selbstbewusst.
 

Resignierend stimmte Severus, Lavinias Aufforderungen zu.

„Nun…Lavinia ich werde jetzt mit Hilfe von Legilimentik in ihre Gedanken eindringen. Ihre erst Aufgabe ist es, mich daran zu hindern ihre eigentlichen Gedanken zu erfassen. Hilfreich ist es, wenn Sie versuchen eine Art Mauer in Ihren Gedanken aufzubauen. Einen Irrgarten, eine Bibliothek, ganz gleich was es ist. Wenn Sie das geschafft haben, werden Sie lernen mich aus Ihrem Geist zu werfen. Als Letztes werden Sie dann versuchen mir gezielte Gedanken zu zeigen, welche Sie wünschen, dass ich sie sehe. Ganz gleich, ob es diese Erinnerungen wirklich gab oder ob sie fiktiv sind. Haben Sie das verstanden?“, erklärte Severus der jungen Hexe die einzelnen Schritte, um ihr Okklumentik beizubringen.
 

„Ja Professor, das habe ich. Ich werde jetzt also einfach versuchen, meine Gedanken zu verbergen. Mit einer Art Mauer“, wiederholte sie ihre erste Aufgabe laut und deutlich.

//Aber erst einmal sollst du verstehen, Severus//, fügte sie in Gedanken hinzu und schaute entschlossen zu dem Zauberer.
 

„Legilimens“, murmelte Severus halblaut und tauchte in Lavinias Geist ein.

Er sah sich auf einmal selbst, mit Lavinia auf seinen Armen. Gerade betrat er ihr Zimmer und sofort erkannte er, welche Erinnerungen er gerade aus der Sicht der jungen Hexe sehen konnte. Dabei spürte er, dass sie gar nicht erst versuchte diese Gedanken vor ihm zu verbergen und eigentlich hätte er sich sofort aus ihrem Geist zurückziehen müssen, doch die Empfindungen Lavinias, die er nun erfahren durfte, hielten ihn davon ab.
 

Hatte sie das beabsichtigt? Hatte sie es tatsächlich geschafft, ihm eine gezielt ausgewählte Erinnerung zu zeigen? Angespannt, was ihn erwarten würde verfolgte er weiter Lavinias Gedanken. Er spürte, wie ihre Anspannung wich, als er sie auf dem Sofa in seine Arme gezogen hatte und wie sich Erleichterung, Sicherheit und Vertrauen in ihrer Seele breit machte. Zuvor hatte er ihre Dunkelheit deutlich gespürt, wie sie sich nur langsam nach ihrer Auseinandersetzung mit Parkinson, wieder in Lavinia zurückzog. Er sah wie sich Angst, Unsicherheit und Schuldgefühle sich nach und nach in der jungen Hexe breitgemacht hatten.
 

Jetzt nahm er wahr, wie sie sich in seinen Armen beruhigte, wie sie dem Schlagen seines Herzens lauschte und sich immer mehr an ihn klammerte, nur um das Gefühl der Sicherheit und der Ruhe immer mehr in sich aufzunehmen. Plötzlich hörte er sich selbst in Lavinias Erinnerungen. Er sprach sie an. Dies war der Moment, indem sie sich zufällig küssten. Er konnte sofort wahrnehmen, wie erschrocken Lavinia über dieses Missgeschick war und sich sofort von ihm entfernte. Er bemerkte ihre Verwirrung und wie sie nach den richtigen Worten suchte.
 

Wieder beobachtete er sich selbst. Wie er ihr die Haare hinters Ohr strich, wie er ihre letzten Tränen trocknete und sie schlussendlich küsste.

Bei Merlin, er musste sich zurückziehen, durfte nicht weiter in diesen Gedanken verweilen. Er bereute sein Handeln doch bereits, sollte er nun auch noch erfahren, wie er Lavinia damit noch mehr verunsicherte? Doch zu seinem Erstaunen erkannte er etwas ganz anderes und fing an zu verstehen.
 

Lavinia hatte in diesem Moment alles, um sich herum vergessen und die Dunkelheit in ihrer Seele schien für diesen kurzen Augenblick völlig verschwunden zu sein. Die junge Hexe fühlte sich sicherer wie je zuvor, sie fühlte Trost, Vertrauen und das Gefühl nicht länger allein mit ihrer Last dazustehen. Das hatte Lavinia dazu bewogen seinen Kuss vorsichtig und unsicher zu erwidern. Dennoch hatte sie in keiner Sekunde dieses Augenblickes vergessen, wer sie war und dass sie durchaus wusste, wie einmalig diese Erinnerung bleiben würde.
 

Severus zog sich aus Lavinias Geist zurück. Erst jetzt konnte er verstehen, wie verletzend es für die junge Hexe gewesen sein musste, als er diesen Moment nicht nur als Fehler bezeichnet hatte, sondern sogar in Erwägung gezogen hatte ihr die Erinnerungen zu nehmen, die ihr das erste Mal die Möglichkeit gegeben hatten, die Dunkelheit in ihrem Herzen vollkommen zu verdrängen. Sie wusste, dass es diesen Kuss unter anderen Umständen niemals gegeben hätte. Sie war vernünftig genug, um zu verstehen, dass dieser Moment einmalig bleiben würde und doch, wollte sie ihn als stärkende Erinnerung für sich behalten. Ihr Vertrauen in ihn war stärker, als er es bisher hatte erahnen können.
 

„Severus?“, hauchte sie ihm entgegen. Es waren einige Minuten vergangen, nachdem er sich aus Lavinias Geist zurückgezogen hatte und er ihren Blick, wortlos eingefangen hatte.

Als er seinen Vornamen hörte, spürte er wie eine weitere Mauer seiner eigenen Seele bröckelte, wie er zu dem Schluss kam, dass er beinahe ein weiteres Mal durch seine Unüberlegtheit das Vertrauen eines Menschen verloren hätte und dass es Zeit war, einen Fehler zuzugeben. Diesen Zeitpunkt hatte er vor einigen Jahren schon einmal verpasst und bereute es bis heute. Er hatte Lilys Liebe nie für sich gewinnen können und ihre Freundschaft hatte er ebenso zerstört, wie er das Vertrauen Lavinias heute beinahe verloren hätte.
 

Langsam ging er ein paar Schritte auf Lavinia zu, die immer noch auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch saß und ihn erwartungsvoll anschaute. Entschlossen fing er ihre grünen Seelenspiegel mit seinen schwarzen beruhigenden Blicken ein, ging vor ihr in die Hocke und sagte mit sanfter, ruhiger Stimme:
 

„Verzeih mir



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