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Eine erbarmungslose Entscheidung

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen Samstagabend euch allen^^

da morgen mein freier Tag ist (nur Wiederholungen der Lernsachen und ansonsten frei ;-) )dachte ich mir, ich mach mal einen Elektrofreien Tag und geh in die Natur (hoffen wir mal ads Wetter spielt mit...).
Keine Sorge, ab Montag hat mich mein Laptop wieder und daher geht es nächste Woche ganz normal weiter ;-)

Ich wünsche euch ganz viel Spaß mit diesem passenden Kapitel und liebe Grüße

Sharry Komplett anzeigen

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Kapitel 50 - Gartenarbeit

Kapitel 50 – Gartenarbeit

 

-Zorro-

„Willkommen zurück“, murrte er, ohne von seinem Buch aufzusehen.

Der Samurai murmelte etwas Zustimmendes und ließ sich in seinen Sessel fallen und zog mühsam seine Stiefel aus, ein Zeichen dafür wie anstrengend sein Tag gewesen sein musste.

„Wie war es?“, fragte Zorro milde interessiert nach.

„Laut“, kommentierte Dulacre trocken, erhob sich wieder und ging auf Socken zum kleinen Teewaagen hinüber, auf dem verschiedenster Alkohol stand, den er normalerweise nur selten anrührte.

„Ich nehm auch ein Glas“, bemerkte Zorro, weiterhin am Lesen.

„Ein Glas Wasser nehme ich an.“

„Ach, komm, stell dich nicht so an. Ein bisschen Whiskey wird mich schon nicht umbringen.“

Er konnte den entschiedenen Blick des Älteren auf sich fühlen und winkte aufgebend ab.

„Lirin hat nach dir gefragt“, erklärte Dulacre dann ruhig und setzte sich erneut hin, einen tiefen Schluck von seinem viel zu vollen Glas nehmend. „Sie war ziemlich wütend, dass ich dich nicht mitgebracht habe.“

Zorro hob nur eine Augenbraue an.

„Ich denke, Jiroushin sah das etwas anders“, meinte er und blätterte eine Seite um.

„Nun ja, Jiroushin war so außer sich, ich glaube er hätte dir sogar das mit der G6 verziehen, wenn du ihn gefragt hättest.“

„Also ist alles gut verlaufen?“

Laut ausatmend nickte der Samurai und lehnte sich zurück.

„Alles ist gut verlaufen, Jiroushin ist Vater.“ Dann lächelte Dulacre und es war einer der wenigen ehrlichen Momente, die Zorro bei ihm gesehen hatte.  „Ein Glück ist alles gut gegangen. Ein gesundes Kind, stark, sagen die Ärzte, insbesondere wenn man bedenkt, dass Lirin schon keine junge Frau mehr ist. Aber beiden geht es gut und alle sind ganz aus dem Häuschen. Ein Wunder, dass das kleine Ding bei dem ganzen Tumult überhaupt schlafen konnte.“

Zorro beobachtete den anderen aus dem Augenwinkel, während dieser weitersprach.

„Ich meine, ich weiß, ich bin nicht wirklich ein Familienmensch, aber du meine Güte, wie viele Mitglieder hat so eine normale Familie denn? Und sind die immer alle so laut? Ich weiß nicht wie viele fremde Menschen mich einfach umarmt haben. Es war ganz grausig, wer geht denn schon gerne auf solche Familienfeste?“

„Na, das kann uns ja nicht passieren“, bemerkte Zorro abwesend und wandte sich wieder seinem Buch zu.

„Wie bitte?“ Ein halber Blick sagte ihm, dass sich der Samurai etwas gerader hingesetzt hatte und ihn misstrauisch ansah. „Wie meinst du das?“

„Wie soll ich das schon meinen? Deine einzige Familie besteht aus deinem Vater, den du nicht abhaben kannst. Ich hab keine Familie. Daher wirst weder du noch ich je Familienfeste haben.“

Er konnte hören wie der Ältere sein Glas abstellte.

„Was für eine Erleichterung“, seufzte dieser laut.

„Allerdings ist meine Crew mit Sicherheit genauso anstrengend und du gehörst ja jetzt faktisch zu Jiroushins Familie, nicht wahr, Patenonkel Hawky.“

Nun sah Zorro auf, um den erstarrten Ausdruck des Samurais zu sehen, der sich leider zu schnell wieder fing.

„Noch bin ich nichts dergleichen“, murrte Dulacre und nahm erneut einen tiefen Schluck, „erst nach der Taufe werde ich einen Ehrenplatz in dieser anstrengenden Familie erhalten. Dahin wirst du mich übrigens begleiten, Lirin hat ziemlich deutlich gemacht, dass selbst der Tod keine annehmbare Ausrede für dein Fernbleiben sein würde.“

„Oh Mann.“ Zorro kratzte sich am verdeckten Ohr. „Diese Frau ist echt nicht ohne.“

Dann bemerkte er wie Dulacre ihn ernst beobachtete. Schnell ließ Zorro seine Hand sinken und setzte ein böses Grinsen auf.

„Aber mal ehrlich, das arme Kind, wer kommt schon auf die Idee dich als Patenonkel auszuwählen?“

Dulacres Blick traf den seinen, doch offensichtlich ließ er sich auf Zorros Ablenkungsmanöver ein.

„Ach Lorenor, tu mir doch nicht immer so Unrecht“, meckerte er leichtfertig. „Du vergisst, wer ich bin. Als letzter Mihawk gehöre ich zu den reichsten Menschen der Welt und ich habe keine Erben, ich stamme von den Weltaristokraten ab und habe mehr Einfluss als manche Königreiche. Außerdem gehöre ich zu den stärksten und mächtigsten Kriegern der Welt. Jiroushin wäre dumm seinen hilflosen Säugling nicht unter meinen Schutz zu stellen.“

„Vollidiot.“ Zorro entschied weiterzulesen.

„Wie war das?“

Aufstöhnend sah er wieder auf.

„Glaubst du wirklich, dass Jiroushin dich wegen so etwas gefragt hat?“

Für einen Augenblick sah der Ältere ihn nachdenklich an.

„Lorenor, unbeachtlich etwaiger emotionaler Beweggründe sollten solch wichtige Entscheidungen immer auf rationalen Motiven beruhen. Mir ist natürlich bewusst, dass Jiroushin und ich schon seit langer Zeit gute Freunde sind, aber ich bin nicht gerade der Typ Mensch, den man um sein Kind herum haben möchte und ein Vorbild bin ich ganz gewiss nicht. Das einzige, womit ich Jiroushins Balg dienlich sein kann, ist mit meinem Geld, meinem Ruf und meiner Macht.“

„Ich sag’s ja“, meinte Zorro unbeeindruckt, „du bist ein Vollidiot.“

„Lorenor!“

Dulacre schnappte ihm das Buch aus der Hand, doch Zorro grinste nur.

„Auch wenn du der beste Schwertkämpfer der Welt bist und vielleicht sogar der beste Lehrer, den ich haben kann, glaubst du wirklich ich würde mir dein nerviges Gehabe und deine arrogante Art nur deswegen antun? Tze.“

Der Samurai sah ihn fassungslos an.

„Und ich denke mit Jiroushin ist es das gleiche. Macht, Reichtum und Stellung bringen dir keine wahren Freunde ein, Dulacre, erst recht nicht bei so einem beschissenen Charakter wie deinem. Glaub mir, Jiroushin sind diese Sachen wahrscheinlich noch unwichtiger als mir. Der einzige Grund, warum er so dämlich war, dich als Patenonkel zu wählen ist, weil ihre Freunde seid und nichts sonst.“

Zorro erhob sich und nahm dem anderen das Buch wieder aus der Hand, dabei segelte der Umschlag zu Boden, den Zorro nachlässig als Lesezeichen verwendet hatte. Der Samurai hatte ihn als erstes in der Hand.

„Ein Brief von Eizen?“ Seine Stimme verriet Zorro nur zu gut, dass der Ältere wieder mal viel zu empfindlich reagierte. „Und du hast ihn noch nicht mal geöffnet.“

„Das muss ich auch nicht“, murrte Zorro und versuchte nach dem Brief zu greifen, aber gegen die langen Arme des Samurais stand er auf verlorenem Posten. „Es ist nichts Wichtiges. Nichts worüber du dich aufregen müsstest.“

„Es ist ein Brief von Eizen, Lorenor, und du willst mir sagen, dass es irrelevant ist? Du weißt doch noch nicht mal was…“

„Es ist ein Scheck, okay?“

Nun sah der andere ihn mit Überraschung an und ließ seine Hände zurück in seinen Schoß sinken.

„Ein Scheck?“, hakte Dulacre misstrauisch nach.

„Ja, einmal im Monat sendet er mir einen Scheck, als Entschädigung dafür, dass ich – Lady Loreen – immer in Rufbereitschaft stehe. Die Briefe sind leichter als die anderen, daran erkenne ich es. Es ist also wirklich nichts wichtiges.“

Der Samurai warf ihn einen fragenden Blick zu und auf Zorros Nicken, verbunden mit einem ergebenen Seufzer, riss er den Umschlag auf und zog den Scheck hervor.

„Und du benutzt diesen Scheck als Lesezeichen für dein Buch?“, fragte der Samurai, während seine Augen über das Dokument huschten.

„Was soll ich sonst damit machen?“, entgegnete Zorro achselzuckend.

„Etwas Sinnvolles?“, meinte Dulacre mit erhobener Augenbraue und sah ihn wieder an. „Das hier ist totes Kapital, Lorenor.“

„Ist mir ziemlich egal. Ich will sein Geld nicht und ich werde mit dir jetzt nicht darüber diskutieren. Diese ganzen Schecks können mir gestohlen bleiben.“

„Hast du die bisherigen verbrannt?“

Es sollte Zorro überraschen, dass der Ältere noch nicht mal einen Streit vom Zaun brach, aber er war zu müde, um sich darüber noch Gedanken zu haben.

„Nein, sie sind in meinem Zimmer, im rechten Nachttisch. Wenn du sie willst, kannst du sie haben. Ich will sie nicht.“

Dulacre schob den Scheck zurück in den Umschlag.

„Auch wenn ich deine Zusammenarbeit mit diesem Mann nicht gutheiße, Lorenor, würde ich dir doch raten, zumindest die Vorteile davon auszukosten. Diese Alimente könnten sich als sehr nützlich herausstellen für dich. Du hast doch mit Sicherheit keinerlei Rücklagen oder Sicherheiten? Hast du überhaupt Eigentum abgesehen von deinen Schwertern und dem, was ich dir zur Verfügung gestellt habe? Wie sehen die finanziellen Mittel deiner Crew…“

„Dulacre!“, unterbrach er den anderen aufstöhnend und rieb sich den Nacken. „So etwas interessiert mich nicht. Ich habe meine Schwerter, Kleidung zum Anziehen und keinen leeren Magen. Ich brauche kein Blutgeld. Wie gesagt, wenn du es haben willst, nimm’s dir; rechtes Nachttischchen, untere Schublade.“

Beruhigend hob der Ältere beide Hände.

„Wie du meinst, Lorenor, ich werde dich zu nichts zwingen. Aber bist du dir sicher? Auch wenn ich deine Einstellung respektiere und achte, kommt es mir doch naiv und fahrlässig vor, diese Alimente nicht zu nutzen.“

„Da sind wir wohl einfach anderer Meinung“, beendete Zorro die Diskussion und zuckte erneut mit den Schultern. „Ich geh jetzt ins Bett, ich bin müde, außerdem werden wir doch heute eh nicht trainieren.“

„Natürlich nicht, nicht ehe es dir besser geht.“

Er blieb stehen.

„Mir geht’s gut, also können wir dann heute doch weitermachen.“

„Red keinen Unsinn.“ Zu Zorros Überraschung stand der Samurai hinter ihm und sah ernst zu ihm herab. „Bei einer solchen Verletzung ist es wichtig, dass du dich erholst.“

Bevor Zorro auch nur was sagen konnte, legte der Ältere eine Hand an seinen Verband.

„Lass das! Es ist nur ein Schnitt, nichts, um sich drüber aufzuregen.“ Er schlug die Hand des anderen weg und rieb den Verband, der die Hälfte seines Gesichts und sein linkes Ohr bedeckte. „Jetzt hör auf mich so anzugucken und hör auf dir Sorgen zu machen. Das ist doch keine richtige Verletzung, nur ein…“

„Spiel es nicht herunter, Lorenor.“ Er mochte es nicht, wie Dulacre ihn immer ansah, seitdem Zorro den Verband trug, fast schon als…

„Du weißt, dass das nicht deine Schuld ist, oder?“

Wie erwartet wich der Ältere seinem Blick aus.

„Es war meine Idee, Lorenor, und ich trage dafür die Verantwortung. Ich hätte es nicht vorschlagen sollen, es war unbedacht und…“

„Halt die Klappe.“

Der andere war wieder mal äußerst anstrengend. Zorro seufzte.

„Also um das klarzustellen: Es war deine Idee und ich hab mitgemacht – und wenn du mich fragst, war es deutlich besser als meine Idee mit dem Tanzen – also guck mich nicht so erbärmlich an und hör auf dir Leid zu tun. Tut es weh? Ja. Wird es eine Narbe hinterlassen? Ja. Bist du ein Vollidiot, weil dich jetzt das schlechte Gewissen plagt? Aber sowas von ja!“

„Du bist wieder einmal äußerst unhöflich.“

„Und du bist wieder einmal äußerst nervig. Ich gehe jetzt ins Bett.“

Er setzte seine Worte in die Tat um.

„Lorenor“, rief der Samurai ihm nach, „wenn du willst können wir morgen zumindest etwas tanzen.“

„Okay.“

Auch wenn Zorro es nie zugegeben würde, so musste er sich selbst doch zumindest eingestehen, dass das Tanzen ihm Spaß gemacht hatte. Es hatte wenig mit dem Tanzen zu tun, was er für den Marineball hatte lernen müssen, viel mehr war es, dass der Samurai einfach durch den Raum rannte und Zorro durch die Gegend schleuderte und Zorro irgendwie versuchen musste mitzuhalten.

Er war noch lange nicht da, dass er den Tanz von sich aus mitgestalten konnte, aber wann immer Zorro nach oben guckte, sah er das feine Grinsen des anderen und Zorro wusste, dass es auch dem Samurai Spaß machte.

Die vergangenen Wochen hatten sie nicht nur getanzt – zum Glück nicht nur – sondern an einigen anderen Dingen gearbeitet, aber seitdem Zorro den Verband um den Kopf trug, hatte Dulacre ihm regelrecht verboten auch nur aus dem Schloss zu gehen.

Die letzten Tage hatte Zorro eigentlich nur faul auf dem Sofa gelegen und gelesen. Der Samurai hatte selbst Perona verboten, dass Zorro ihr bei ihrer Gartenarbeit half und hatte ihr befohlen strickt darauf zu achten, dass Zorro sich in keinster Weise anstrengte – es war so nervig gewesen – insbesondere für die zwei Tage, die der Samurai unterwegs gewesen war.

Vorgestern Abend hatte Dulacre den Anruf bekommen, dass er dringend nach Sadao kommen sollte – die Insel auf der Jiroushin und Lirin lebten – und am vergangenen frühen Morgen hatte der Samurai sich gemeldet, dass die Geburt wohl erfolgreich verlaufen war.

Aufgrund der Verletzung hatte Zorro nicht mitreisen können, was ihn nicht gerade traurig gestimmt hatte, denn seit seinem letzten Streit mit Jiroushin hatten sie kein Wort mehr miteinander gewechselt und er war sich sicher, dass der Soldat gerade wichtigere Dinge im Kopf rumschwirren hatte, außerdem hatte Zorro überhaupt keine Lust auf fremder Leute Familienfeste.

Er war aber noch aus einem anderen Grund froh, dass er nicht hatte mitreisen müssen. Es stimmte, dass die Wunde nervig war und ziepte, aber wenn er sich verwandelte… Zorro seufzte.

Dulacre hatte gesagt, dass es ein Glück war, dass Lady Loreen keine Narben davontrug, schließlich würde Zorro nun für den Rest seines Lebens im Gesicht von einer gezeichnet sein und es würde ihm helfen zu verschleiern, dass er und Lady Loreen ein und dieselbe Person waren.

Zorro sah das etwas anders. Er hatte kein Problem mit Narben, im Gegenteil er trug sie mit Stolz über die vergangenen Kämpfe die er geführt und Entscheidungen die er getroffen hatte, und als Lady Loreen würde er nie diesen Stolz zeigen können. Zorro hatte auch kein Problem mit Schmerzen, sie zeigten, dass man noch lebte.

Aber die Wunde verheilte langsamer im anderen Körper und sie tat verdammt nochmal richtig weh.

Im Zimmer angekommen, plumpste Zorro mit dem Gesicht voran auf sein Bett und erlaubte seinem drängenden Körper sich zu verändern, innerhalb weniger Herzschläge hatte er sich verwandelt und schmerzvoll begann die Wunde über seiner linken Wange zu pochen. Der Druck gegen die Matratze half kaum.

Sich auf die Lippe beißend schlug liegend er mehrmals aufs Kopfkissen, um den Schmerz auszuhalten, diese Wunde war von all seinen Verletzungen als Loreen bei weitem die schmerzhafteste und so vermied er diesen Körper so lange es ging.

Aber nun würde er mehrere Stunden in diesem Körper aushalten müssen, wohl wissend, dass der Schmerz ihn nicht schlafen lassen würde.

„Lorenor.“

Verdammt! Er hatte vergessen abzuschließen, dabei wusste er noch nicht einmal, ob diese Tür überhaupt ein Schloss zum Abschließen hatte; er hatte bisher noch nie darüber nachgedacht, aber so oft, wie dieser verdammte Samurai ihn nervte, wäre das vielleicht einen Gedanken wert.

„Mir geht’s gut“, murrte er in die Decke, wobei allein die leichte Kieferbewegung ihn vor Schmerz zusammenzucken ließ.

„Du bist ein schlechter Lügner.“

Er konnte hören wie der Samurai näher kam.

„Lass mich einfach in Ruhe“, murmelte Zorro leise, um sein Gesicht möglichst wenig zu bewegen, „es braucht einfach Zeit zum Heilen. Nichts worüber du dir Gedanken machen musst.“

Der Stuhl an Zorros Bett kratzte über den Boden.

„Es braucht Zeit und die richtige Versorgung. Wann hast du das letzte Mal den Verband gewechselt?“

Zorro zuckte mit den Schultern, setzte sich aber auf. Dulacre saß genau vor ihm, ein kleines Köfferchen mit Verbandsmaterial auf dem Schoß.

„Na komm, lass mich mal sehen.“

„Das kann auch Perona machen.“

Der Samurai nickte.

„Das könnte sie, aber nur wenn du sie lässt, nicht wahr?“

Zorro rollte mit seinem unverletzten Auge und hockte sich an die Bettkannte während Dulacre begann seinen bereits lockeren Verband abzuwickeln, mit jeder Lage nahm der Druck ab und der Schmerz zu.

„Ich habe dir doch gesagt, dass du den Verband nach jeder Verwandlung oder zumindest einmal täglich wechselt sollst“, schollt ihn der Ältere.

„Wenn es nach mir ginge, würde ich gar keinen Verband tragen“, entgegnete Zorro mürrisch, hielt jedoch still.

„Ja, deshalb stell ja auch ich die Regeln auf.“

Der restliche Verband fiel in Zorros Schoß und die frische Luft brannte in der Wunde. Es kostete all seine Willenskraft nicht scharf Luft einzuziehen. Selbst nach fast einer Woche tat es so weh wie am ersten Tag.

„Sieht gar nicht schlecht aus“, beurteilte der Samurai und warf den dreckigen Verband zu Boden, ehe er eine störende Haarsträhne von Zorro zur Seite streifte.

Zorro wollte etwas entgegnen, hisste jedoch nur vor Schmerz auf, als Dulacre begann die Wunde mit einem feuchten Tupfer zu reinigen; in der freien Hand hielt er die noch fast volle Flasche Peroxidlösung, die Zorro nicht einmal benutzt hatte.

„Du musst aufpassen, dass die Ränder der Wunde geschmeidig bleiben und sich keine trockene Kruste bildet, die weiter einreißen kann.“

„Nicht meine… erste Wunde“, presste Zorro zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Dafür gehst du aber sorglos damit um.“

Schweigend ließ Zorro den anderen machen, vergrub seine Hände im Schoß und kämpfte gegen den Schmerz an, daran würde er sich wohl nie gewöhnen, dieser Körper war so viel empfindlicher.

„Vielleicht sollten wir es morgen doch noch ruhig angehen lassen“, überlegte Dulacre laut.

„Nein“, widersprach Zorro und sah ihn ernst an, „im anderen Körper… geht’s mir gut.“

Er musste tief einatmen als der Ältere das seltsame Gel aufsprühte, welches sich wie ein Schutzfilm über die Wunde legen sollte.

Mihawk entgegnete nichts, sondern hielt ihm eine Kompresse hin.

„Halt die drauf während ich verbinde.“

Ohne etwas zu erwidern folgte Zorro der Anordnung.

„Es scheint dir wirklich noch sehr weh zu tun“, bemerkte der Samurai nachdenklich. „Ich weiß, du hältst nicht viel von Medikamenten, aber vielleicht solltest du ein Schmerzmittel nehmen, damit du die Nacht durchschlafen kannst.“

„Nein.“

Unzufrieden schnalzte der Ältere mit der Zunge.

„Jetzt stell dich nicht so an. Wenn wir morgen zumindest das Tanzen wieder aufnehmen wollten, solltest du so gut erholt sein wie möglich.“

Er grummelte nur unzufrieden vor sich hin, hielt aber ansonsten still.

„So, fertig.“

Dulacre lehnte sich zurück während Zorro begann sein langes Haar schnell zu flechten, damit es aus dem Weg war. Nun, da die Wunde neu verbunden war und das Brennen sich etwas gelegt hatte, tat sie nicht mehr ganz so weh, trotzdem nervte es ihn.

„Du wirst ja immer besser damit“, murmelte der Samurai und beugte sich neugierig vor, seine Augen etwas zu sehr auf Zorros Hände fixiert. „Es hat etwas faszinierendes.“

„Nicht wirklich.“

„Du solltest jetzt wirklich etwas schlafen.“ Der Ältere erhob sich. „Morgen sehen wir dann, wie weit wir kommen.“

 

-Mihawk-

Nicht weit.

Lorenor versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, aber nicht nur seine Sicht war durch das verdeckte Auge beeinflusst.  Er hatte Schwierigkeiten mit Balance und Gleichgewicht, schätzte Entfernungen falsch ein und sein eingeschränktes Sichtfeld schien ihn immer wieder die Orientierung zu erschweren, die so oder so bereits alles andere als gut war.

Darüber hinaus zeigte sein sichtbares, zusammengekniffenes Auge, dass er offensichtlich zumindest Kopfschmerzen hatte.

Dulacre blieb stehen.

„Das reicht für heute“, erklärte er, sich dem bevorstehenden Streit wohl bewusst.

„Nein“, knurrte Lorenor auch zugleich, „ich kann weitermachen. Wir haben schon genug Zeit…“

„Dieses Mal wird es keine Diskussion geben, Lorenor“, entschied er kühl und drehte sich herum. „Ich finde du hattest einen hervorragenden Einfall, den Kampf durch den Tanz zu ersetzen, aber auch hierfür ist es notwendig, dass du körperlich belastbar bist und einen klaren Kopf hast.“

Er schritt durch den leeren Raum. In den vergangenen Wochen hatte Perona einiges ihrer freien Zeit darein investiert diesen Saal wieder vorzeigbar zu machen. Mittlerweile glänzten die Fliesen und Wände aus grünem Stein wieder eindrucksvoll unter dem Kerzenlicht der schimmernden Kronleuchter. Selbst die alten Wandteppiche hatten ihre blutrote Farbe zurückerlangt.

„Von nun an wirst du dauerhaft in deiner Sicht eingeschränkt sein. Dein Körper muss sich erst daran gewöhnen und dafür muss er genesen. Du hast diese Nacht mit Sicherheit kaum geschlafen. Wir hatten diesen Streit schon oft und ich bin es leid mich zu wiederholen.“

Kurz blickte er den anderen über seine Schulter hinweg an.

„Ich möchte auch, dass wir bald dein Training fortführen können, aber nicht so. Ich werde jetzt ein Glas Wein trinken und dabei die Zeitung lesen. Du kannst ja nachkommen, wenn du mit dem Schmollen fertig bist.“

In den letzten Monaten hatte Dulacre gelernt, dass diese Taktik weit effizienter war als sich auf eine Diskussion mit dem Jüngeren einzulassen, denn bei so einer Diskussion konnte er nur verlieren.

Er hatte das obere Ende der Treppe fast erreicht, als er hörte, wie der andere ihm folgte.

„Wir haben noch nicht mal Mittag“, murrte Lorenor während er zu ihm aufschloss.

„Für Wein ist es nie zu früh.“

Oben an der Treppe wartete er auf seinen Schützling.

„Warum nimmst du eigentlich immer diesen Weg?“, bemerkte der Jüngere als sie die Treppe auf der anderen Seite wieder hinabstiegen. „Du weißt schon, dass da unten zwei Flügeltüren sind, durch die man auch in den Ballsaal kommt, ohne Treppen zu laufen?“

„Aber das sind nun mal die Türen für die Bediensteten und das niedere Fußvolk, Lorenor, nicht für uns.“

„Sprich nur für dich selbst.“ Aus dem Augenwinkel sah er das Augenrollen des anderen. „Außerdem hat diese Insel hier weder Bedienstete noch Fußvolk oder sonst wen. Es gibt nur dich, mich, Perona und einen Haufen von Affen.“

„Redet ihr von mir?“ Am unteren Treppenabsatz ging gerade die Geisterprinzessin vorbei, die ihre Schürze losband. Vermutlich war sie soeben mit den Küchenarbeiten fertig geworden und wollte nun in den Garten. „Seid ihr schon fertig?“

„Für heute ja, Lorenor muss sich noch mehr ausruhen.“

„Muss ich nicht“, knurrte der andere angefressen, ehe er sich dem Gast des Schlosses zuwandte. „Brauchst du Hilfe draußen? Wenn wir heute eh nichts machen, kann ich auch mit in den Garten kommen.“

„Lorenor“, tadelte er den Jüngeren, „wir lassen dein Training nicht ruhen, nur damit du dich durch den Dreck wühlen kannst. Deine Wunde muss verheilen.“

„Jetzt reg dich mal ab. Ein bisschen Gartenarbeit wird mich nicht umbringen.“

„Also eigentlich…“ Perona unterbrach sie mit einem scheuen Lächeln. „…ist nicht viel zu tun. Die Human Drills sind mir eine große Hilfe, aber ich habe ihnen heute frei gegeben. Ich wollte nur ein paar Kartoffeln setzten, das kann ich auch alleine.“

„Siehst du, Lorenor. Das kann sie auch allein.“

Erneut rollte Lorenor sein sichtbares Auge, hob jedoch ergebend beide Hände während Perona weitereilte.

Auch die beiden Schwertkämpfer gingen weiter, wobei Dulacre doch eingestehen musste, dass das Geistermädchen ihn überraschte. Sie schien problemlos mit den Affen kommunizieren zu können, noch viel erstaunlicher war jedoch, dass die blutrünstigen, kampfsuchenden Krieger sich in Peronas Gegenwart zu zahmen Gärtnern entwickelt hatten.

Immer noch verschwanden sie so schnell sie konnten, wenn Dulacre sich ihnen näherte, aber ihre einstige Gewaltbereitschaft schien kaum mehr als eine verblassende Erinnerung.

Erst jetzt bemerkte er den Blick des Jüngeren.

„Ist etwas, Lorenor?“

Doch der Angesprochene grinste nur und ging vorweg ins Kaminzimmer, wo er sich auf sein Lieblingssofa fallen ließ und eines der Bücher hervorzog.

Dulacre tat es dem Jüngeren gleich und ließ sich auf seinem Sessel nieder. Mittlerweile hatte Lorenor das dritte Buch übersetzt und Dulacre fehlten nur noch wenige Seiten bis zum Schluss, aber diese wollte er sich aufbewahren, daher las er zunächst einmal die Zeitung.

„Sag mal“, murmelte der Jüngere unvermittelt, „du sagtest gestern, dass ich mit zur Taufe müsste, aber wann ist sowas eigentlich? Bin ich dann überhaupt noch hier?“

Ein gezielter Messerstich, anders konnte Dulacre die Pein nicht beschreiben als Lorenor ihn wieder daran erinnerte, dass der derzeitige Zustand nicht ewig anhalten würde.

„Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. In Jiroushins Familie werden die Kinder traditionell mit sechs Monaten oder einem Jahr getauft. Es ist lang genug, damit deine Wunde gut verheilt, aber du wirst noch da sein.“

Lorenor nickte nur, wandte sich wieder seinem Buch zu.

Dulacre überlegte das Gespräch am weiterzuführen, doch in diesem Moment ging die Türe auf und eine verdreckte Perona kam hinein.

„Ähm, Entschuldigung.“ Sie verbeugte sich wie ein Dienstmädchen. „Ich bräuchte doch etwas Hilfe.“

„Worum geht es?“

Zu Dulacres Überraschung setzte Lorenor sich zügig auf, ehrliches Interesse stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Ach, nichts Wildes, das Stück Garten, dass ich mir ausgesucht habe ist nur sehr steinig und ich komm nicht überall mit der Harke durch, daher…“

„Kein Problem, ich helfe dir.“

„Nein, Lorenor.“ Dulacre erhob sich einen Moment flotter als der Jüngere und hielt ihn mit einer Hand zurück. „Ich sagte doch bereits, dass du dich ausruhen musst.“

„Aber…“

„Wenn es so notwendig ist, dann werde ich halt Hand anlegen.“

„Du?“

Sowohl Perona als auch Lorenor klangen überrascht, doch sie hob direkt abwehrend beide Hände.

„Also, so dringend ist es nun auch wieder…“

„Tze, ich bin immerhin der Herr dieser Insel, ich werde dir helfen und du, Lorenor, ruhst dich aus.“

„Du bist so nervig, mir geht es gut“, murrte der Jüngere.

„Wenn du dich nützlich machen willst, kannst du ja das nächste Buch übersetzten.“

Mit diesen Worten folgte er der Geisterprinzessin, die alles andere als begeistert schien, doch das war Dulacre herzlich gleichgültig. Er folgte ihr durch ihren Garten, der ihm gehörte, gestand in aller Stille, dass er sich in der Tat prächtig entwickelte.

Bisher hatte er den Garten nur ein einziges Mal betreten, und zwar an dem Tag nachdem er von seiner Reise von der G2 zurückgekehrt war. Jiroushin und Lorenor hatten Perona ab und an geholfen, er hatte das vom ganzen Herzen abgelehnt.

Dulacre hielt nicht viel von schweißtreibender, schmutziger Arbeit und im Dreck wühlen stand mit Sicherheit nicht auf seiner Wunschliste.

An einem kleinen Feld blieb Perona stehen und sah schüchtern zu ihm herauf.

„Also, hier ist es.“

Zu seiner Rechten stand eine kleine, hölzerne Schubkarre – die er noch nie in seinem Leben gesehen hatte – mit vielen kleinen Knollen drin, daneben lehnten Harke, Schaufel und noch anderes Werkzeug.

„Nun gut, Perona, sag mir was ich tun soll.“

Sie sah ihn mit riesigen Augen an und bewegte sich überhaupt nicht. Es erheiterte ihn, dass er sie immer noch so leicht einschüchtern konnte. Lorenors Selbstverständnis schien glücklicherweise nicht auf sie abzufärben, Dulacre genoss das ungemein.

„I…ich“, stammelte sie, „ich… soll dir A… Anweisungen geben?“

Sie zitterte am ganzen Körper und Dulacre musste ein Grinsen über ihre Angst unterdrücken. Allerdings missfiel ihm, dass sie Recht hatte.

„Perona“, nannte er sie klar bei Namen und sie salutierte wie ein Soldat, „dir ist mit Sicherheit bewusst, dass ich ein Sohn aus gutem Hause bin.“

Sie nickte beflissen.

„Und als solcher musste ich mir natürlich noch nie die Hände an so etwas wie Gartenarbeit schmutzig machen. Wenn ich dir also nun helfen soll, musst du mir erklären wie.“

Für eine Sekunde passierte überhaupt nichts, dann nahm sie ganz tief Luft und griff nach einem Gegenstand, der nach einer hässlichen Mistgabel aussah.

„Du musst mit dieser Grabegabel den Boden lockern. Er ist relativ fest und steinig, daher ist es etwas schwierig.“

Dulacre nahm ihr das Werkzeug ab und beobachtete sie dabei, wie sie eine weitere Gabel nahm, aufs Beet trat und die Gabel mit Kraft in den Boden rammte und leicht rüttelte. Sie wiederholte es mehrfach, nahm auch noch den eigenen Fuß zur Hilfe.

„Siehst du, so einfach geht es.“

Er folgte ihr auf die grobe Erde und tat es ihr gleich, beobachtete sie bei ihren Handgriffen und wandte sie selbst an. Die Arbeit war nicht wirklich anstrengend, zumindest für ihn nicht, Perona schien das etwas anders zu sehen, aber da war ihm gleich.

In Stille arbeiteten sie weiter, ab und an stieß Dulacre auch auf härteren Widerstand oder Stein, aber er zweifelte daran, dass das junge Mädchen, die ebenfalls beflissen weiterarbeitete, es notfalls nicht auch alleine hinbekommen würde, schließlich erledigte sie gerade die gleiche Arbeit, hob immer wieder Steine auf und warf sie fort.

„Und dafür brauchtest du Hilfe?“, fragte er missmutig nach, grub seine Gabel wieder tief in den Boden.

„Also, um ehrlich zu sein, nein.“

Überrascht sah er auf, doch sie wich seinem Blick zügig aus. Verlegen rieb sie sich mit dem Unterarm übers Gesicht, richtete ihre Handschuhe und fuhr dann mit ihrer Arbeit fort.

„Weißt du, die meiste Arbeit schaffe ich eigentlich ziemlich gut alleine. Natürlich bin ich mit den Human Drills deutlich schneller, aber eigentlich brauche ich Zorros Hilfe nicht wirklich.“

Dieses Geständnis erzürnte ihn.

„Wieso also stiehlst du ihm Zeit, die er fürs Training braucht?“

Erschrocken starrte sie ihn an und machte ein paar eilige Schritte zurück.

„Weil er…, weil er…“

„Sprich, ich werde dich schon nicht umbringen.“ Unwirsch grub er seine Gabel erneut in die Erde.

„Also, weil er…, weil es ihm Spaß macht.“

Erneut überraschte sie ihn.

Leise lächelnd sprach sie weiter: „Du hast ja noch nie im Garten gearbeitet, deswegen kannst du es ja nicht wissen, aber es ist unglaublich gut für die Seele mit der Erde zu arbeiten.“

Das wagte er doch arg zu bezweifeln.

„Zorro grummelt zwar immer vor sich hin, wenn ich ihn um Hilfe bitte, und er tut so, als würde er es ganz schrecklich finden, aber eigentlich macht er es echt gerne. Mit Jiroushin zusammen hatten wir viel Spaß und haben viel gelacht.“

Sie traute sich ihn anzusehen.

„Manchmal, wenn ich das Gefühl habe, dass Zorro zu ernst wird oder zu viel grübelt, dann überlege ich mir Aufgaben, bei denen er mir helfen könnte. Denn sobald er ein-zwei Stunden im Dreck gearbeitet hat, fängt er an glücklich zu werden.“

Für Dulacre hörte sich das alles nach einem Ammenmärchen an, doch er erinnerte sich gut daran, wie bereitwillig Lorenor seine Hilfe angeboten hatte, sogar selbst nachgefragt hatte. Vielleicht hatte sie ja wirklich Recht.

Nachdenklich betrachtete er die Gabel in seiner Hand, dann nickte er und machte mit seiner Arbeit weiter.

Irgendwann legte Perona ihre Gabel beiseite und begann dort, wo sie schon gewesen waren, mit einer kleinen Hacke tiefe Furchen zu ziehen.

Mit jeder Minute, die verging merkte Dulacre, dass diese nervige, unschöne Arbeit irgendwie entspannend wirkte. Er verstand was das Geistermädchen gemeint hatte, es war eine gute Arbeit.

Aufmerksam beobachtete er Perona, wie sie ihre breiten, tiefen Bahnen in den Boden riss, kleinere und größere Steine mit einer Leichtigkeit beiseite warf, die er ihr nicht zugetraut hatte.

Plötzlich sah sie auf und starrte ihn mit ihren runden Augen an.

„Ist etwas?“, fragte sie zittrig. „Hab ich irgendetwas falsch gemacht?“

Kopfschüttelnd begab Dulacre sich wieder an seine Arbeit.

„Ich muss gestehen, du überraschst mich, Perona“, gab er mit einem leisen Lächeln zu und stieß die Gabel tief in die Erde, „du hast dich sehr verändert.“

„Fi…findest du?“ Mit einem leisen Klong fiel ihr Werkzeug zu Boden. „Vielen Dank!“

Er ignorierte ihre Verbeugung.

„Nicht mir sollte dein Dank gelten, Mädchen, du selbst bist diesen Weg gegangen.“

Nachdem er das restliche Beet gelockert hatte, suchte er sich ein Werkzeug, welches dem ähnlich sah, das die Geisterprinzessin nutzte, und ahmte wieder ihre Arbeit nach.

„Mir war gar nicht bewusst, dass ich mich so verändert habe“, murmelte sie leise hinter ihm. „Ich dachte immer, du kannst mich gar nicht leiden.“

„Ich kann dich auch nicht leiden“, bestätigte er nonchalant, ohne auch nur aufzusehen. „Aber meine Einstellung dir gegenüber ändert nichts an deiner Entwicklung.“

Er spürte ihren Blick auf sich und sprach ruhig weiter: „Als wir uns kennen lernten warst du ein weinerliches, verwöhntes Gör, das wollte, dass jemand anderes die Entscheidungen traf und die Verantwortung für dich übernahm. Du warst wie ein Kind, das nicht erwachsen werden wollte und hast dich zu sehr auf das Mitleid und die Güte Fremder verlassen.“

Sie stotterte irgendetwas hinter seinem Rücken.

„Doch dann hast du entschieden zu bleiben und hast entschieden hier in diesem Schloss eine Tätigkeit zu finden, die dich glücklich macht. Du hast dich sogar mit den Human Drills angefreundet und es irgendwie geschafft aus diesen tumben Kriegern noch tumbere Gärtner zu machen. Auch wenn ich dich nicht leiden mag, so kann ich dich so deutlich besser tolerieren als früher.“

Als keine Reaktion kam sah er auf.

Perona kniete hinter ihm in der losen Erde, die Hacke im Schoß, mit zitternden Lippen und tränenden Augen.

„Sieh mich nicht so an“, tadelte er sanfter als beabsichtigt, „es ist eine rationale Observation und keine Speichelleckerei, so etwas liegt mir nicht, also brauchst du auch nicht so drein zugucken.“

Sie nickte, rieb sich die Augen und stand wieder auf.

„Allerdings bist du dennoch eine Enttäuschung. Du vertiefst dich in die Gartenarbeit und liest all diese Bücher – nebenbei bemerkt, wenn du dir Bücher aus der Bibliothek leihst, stell sie bitte wieder an den richtigen Platz zurück – aber deine Fähigkeiten lässt du verkommen. Was nützt es sich eine Teufelskraft anzueignen, wenn man deren Fähigkeiten nicht ausschöpft?“

Ohne auf eine Antwort zu warten, arbeitete er weiter. Bald schon war er an der letzten Furche angelangt und Perona begann die kleinen Kartoffeln aus der Schubkarre in den Bahnen zu verteilen. Immer wieder zog sie die Nase hoch und rieb sich mit dem Saum ihrer Handschuhe über die Augen.

Aber falls er sie verletzt haben sollte, war das wirklich nicht sein Problem.

Als er aufstand und die Hacke wegbrachte folgte sie ihm unerwarteter Weise und drückte ihm einen Rechen in die Hand.

„Zieh damit eine leichte Schicht Erde über die Kartoffeln, aber pass auf, dass es nicht zu viel ist und du die Kartoffeln nicht beschädigst“, erklärte sie und zog erneut ihre laufende Nase hoch.

Er nickte und ging zurück aufs Beet.

„Weißt du“, sagte sie hinter ihm und da war kein Zittern mehr in ihrer Stimme, „du hast dich auch ziemlich verändert.“

Langsam richtete er sich auf, als sie erlaubte sich ein Urteil über ihn zu bilden, und wandte sich zu ihr um. Sie schien seinen Blick bemerkt zu haben, denn sie hob abwehrend beide Hände, aber viel beeindruckender war, dass sie ihn immer noch ansah.

„Ich bin ziemlich gerührt davon, dass du mich anscheinend so viel beobachtet hast und dir Gedanken über mich gemacht hast“, meinte sie.

Dulacre überlegte ihr zu erklären, dass er sich über alles Gedanken machte und ihre kleine Gestalt nichts Besonderes war. Seine Überlegungen zu ihrer Person waren kaum der Rede wert gewesen.

„Aber früher hättest du mir so etwas nettes nicht gesagt, du wärest mir wahrscheinlich auch nicht helfen gekommen und erst recht hätte ich dir nie erklären dürfen, was du tun kannst.“

Da hatte sie allerdings Recht. Dulacre war sich sehr wohl bewusst, dass Lorenor ihn weich werden ließ. Eine unangenehme Angewohnheit, die er ablegen sollte, aber es wohl nicht tun würde.

„Ich finde dich immer noch gruselig“, sagte sie schließlich, „aber irgendwie bist du auch freundlicher geworden, und zwar nicht nur zu Zorro, und Jiroushin hat so lustige Geschichten über dich erzählt“ – das ließ ihn aufhorchen – „und daher bin ich echt froh, dass ich hiergeblieben bin.“

Mittlerweile arbeiteten sie beide weiter und schnell waren sie fertig. Dulacre musste gestehen, dass es wirklich eine recht angenehme Arbeit gewesen war und er sie vielleicht sogar nochmal wiederholen würde, wenn es nötig wäre, aber aussprechen tat er das natürlich nicht.

„Gut, wenn das dann alles wäre, empfehle ich mich.“

Knapp nickend wandte er sich zum Gehen.

„Ähm, Mihawk!“ Sie eilte ihm nach und verbeugte sich vor ihm. „Wie könnte ich denn meine Teufelskräfte verbessern?“

Leise schnalzte er mit der Zunge.

„Ich habe dir schon damals gesagt, dass…“

„Ich weiß!“, unterbrach sie ihn fahrig. „Ich weiß und ich habe unglaublich viel gelesen und mir viele Gedanken gemacht, aber… aber ich komme nicht mehr weiter. Am Anfang hast du mir etwas geholfen und ich dachte…“

Leicht neigte er den Kopf, doch dann sah sie auf und in ihrem Blick brannte ein ungewohntes Feuer.

„Früher hatte ich meine Kuscheltierarmee und hier habe ich dich und Zorro, um mich zu beschützen“ – er dachte nicht im Traum daran sie zu beschützen – „aber je länger ich Zorro beobachtete, desto mehr will ich das auch. Ich will stärker werden! Ich mache alle Arbeiten im Garten selbst, egal wie schwer sie sind, weil ich auch physisch stärker werden wollte, aber ich weiß nicht, wie ich meine Kräfte richtig einsetzen kann. Darum bitte ich dich, bitte, wenn du eine Idee hast, nur einen Gedanken, der mir helfen könnte, bitte sag es mir. Ich erwarte nicht, dass du mich unterrichtest wie Zorro oder mich an die Hand nimmst, aber…“

„Es reicht, hör mit diesem Geschnatter auf.“

Sie biss sich auf die Unterlippe, schwieg jedoch.

„Um überhaupt in der Lage zu sein dir helfen zu können, müsste ich wissen welche Teufelsfrucht genau du gegessen hast. Aber das interessiert mich nicht.“

Er schritt an ihr vorbei, seufzte als sie nicht reagierte.

„Also Perona, wie heißt deine Teufelskraft?“

 

Die Sonne hinter den Wolken stand schon gefährlich nah am Horizont als Dulacre zurück ins Kaminzimmer kam. Zuvor hatte er mehrere Minuten noch in der Küche verbracht, um die Erde unter seinen Fingernägeln wegzuwaschen.

Im Kaminzimmer hocke Lorenor auf dem Boden vor seinem Sofa. Schmunzelnd schüttelte Dulacre den Kopf.

Doch als er auf den anderen zutrat fielen ihm zwei Dinge auf. Zum einen lagen um Lorenor herum Papier und Stifte, sowie eines seiner Bücher, zum anderen lehnte Lorenor gegen sein Sofa, einen Arm ausgestreckt, der Kopf ruhte auf einer Schulter; der Jüngere war ganz offensichtlich eingeschlafen.

Einen Moment lang betrachtete er seinen Wildfang. Es waren diese Momente, in denen Dulacre wieder bewusst wurde, wie jung Lorenor noch war. Dieser unschuldige Gesichtsausdruck, halb verborgen unter dem Verband, dieses fast schon naive Vertrauen hier einfach zu liegen, völlig entspannt zu schlafen.

Natürlich gab es für Lorenor keinen Grund misstrauisch zu sein. Auf dieser Insel hier konnte ihm nichts geschehen, dafür würde Dulacre schon sorgen, und trotzdem war dieses Verhalten nicht selbstverständlich für Dulacre, nach all den Monaten immer noch nicht selbstverständlich.

Er sollte den anderen dort liegen lassen, vielleicht noch eine Decke über ihn werfen, aber das konnte Dulacre nicht. Die Position, in der der andere da hockte, zwischen seinen Unterlagen, wie ein kleines Kind, das beim Spielen eingeschlafen war, konnte gar nicht bequem sein.

Seufzend hob er den Jüngeren hoch, bettete dessen Kopf gegen seine Brust und trug ihn in sein Zimmer.

„Du dummes Kind. Immer mache ich mir Gedanken um dich.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: RuffysKreationen
2020-01-19T10:47:54+00:00 19.01.2020 11:47
Ich liebe die Diskussionen zwischen Zorro und Mihawk XD
Aber auch das Gespräch zwischen Perona und ihm war super. Es ist schön, auch mal mehr von ihr zu lesen :)
Antwort von:  Sharry
26.01.2020 19:24
Dank für deinen Kommi,
ich mag diese Diskussionen auch so gerne (wahrscheinlich streiten die beiden sich deshalb so oft^^') und ja, die arme Perona muss auch immer viel mit den beiden mitmachen...

LG


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