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Der Sündenbock

und warum ich ihn nicht gehen lassen konnte
von

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Man lebt nur solange, bis man stirbt.

Wuh ~
 

I'm sick again, whatelse und bevor ich jetzt wieder gefragt werde: "Lol, Hime, wieso bist du eigentlich am laufenden Band krank?" - Immunschwäche, Kinders. Wenn's Winter ist, oder generell Grippe-Zeit, dann nehme ich ALLES mit. Oder so gut wie alles.
 

Da ich ja nun, den ganzen Tag, leicht apathisch auf dem Sofa verbracht habe und irgendwelche Beauty-Hauls angeschaut habe, da mein Gehirn für mehr einfach nicht mehr in der Lage schien. - Jetzt weiß ich immerhin, was Dagi bei ihrer letzten Douglas-Bestellung alles gekauft hat, ich hätte unmöglich ohne diese Informationen weiterleben können. - Und meinen Mann durch die Gegend gejagt habe, der mir Tee kochen musste und Hühnersuppe und gerade um halb zwölf extra noch einmal zur Tanke gefahren ist, um mir Wassereis zu holen, da meine Halsschmerzen mich ansonsten vermutlich umgebracht hätten #nodramaqueen - Danke, Göttergatte. - Dachte ich mir auf jeden Fall bin ich, doch heute noch etwas produktiv und schreibe mal an diesem Baby weiter (meinem persönlichen Favoriten unter meinen eigenen Fanfiction und ja, ich führe so eine Art Ranking und nein, dass ist nicht komisch, vielleicht etwas, aber nun gut, was erwartet ihr von einer Autorin, die eine Naruto-FF schreibt, die im zweiten Weltkrieg spielt?) Nun, genug geredet, ich hau mich jetzt hin und hoffe mir geht es morgen besser, denn langsam aber sicher fällt mir die Decke auf den Kopf und ich hab keinen Bock mehr auf Dagi und Co. -
 

In diesem Sinne: Steckt euch nicht an und bis bald.
 

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Die leise, knisternde Musik aus dem Radioapparat ließ auch ihn langsam schläfrig werden und ab und an musste Sasori tatsächlich blinzeln, um den Fokus auf dem Holz zu behalten.
 

Doch er würde nicht schlafen können.
 

Nicht, bevor auch er noch mindestens eine Kapsel zu sich genommen hätte.
 

Immer wieder und beinah ganz automatisch, wanderte der misstrauische Blick zu dem zusammengerollten, blondhaarigen Bündel auf dem Sofa, welches der Wirkung des Morphin komplett erlegen war.
 

Auf der anderen Seite, wusste er natürlich nur all zu gut, wie schmerzhaft Schussverletzungen waren und wahrscheinlich hatte der Junge eh schon lange Zeit nicht mehr durchschlafen können.
 

Nun war es ja nicht gerade so, dass die NSler die Ghettos in Frieden ließen, oder dass sie generell des nachts Ruhe hatten, denn der Abstand zwischen den einzelnen Luftangriffen wurde gefühlt auch immer geringer.
 

Sasori seufzte leise, ließ das Holzstück, welches inzwischen mehr Puppenkopf, mit individuellen Gesichtszügen, war, als nur ein Klotz, sinken, stellte sein Werk behutsam auf dem flachen, gefliesten Wohnzimmertisch ab und legte das Skalpell daneben.
 

Erneut wanderte sein Blick zu dem Blonden, der zwar leicht grünlich um die Nase war, bislang aber seinen Mageninhalt bei sich behalten hatte.
 

Dafür zollte der Rothaarige dem Jungen innerlich seinen Respekt, denn bislang hatte er kaum jemanden erlebt, der nach seiner ersten Dröhnung nicht mindestens einmal erbrochen hatte.
 

Leise seufzend stand der junge Mann schließlich auf, kurz huschte sein Blick zu der hölzernen Krücke, welche nach wie vor am Tisch lehnte und den Bruchteil einer Sekunde überlegte er, entschied sich jedoch dann dafür, den Weg, in die Küche, ohne sie in Angriff zu nehmen.
 

Es war zwar nicht einfach, dass Gewicht zu halten, doch es beruhigte ihn der Gedanke, doch nicht komplett auf die Gehhilfe angewiesen zu sein.
 

Auch, mit nur einem Bein, noch voll im Leben stehen zu können.
 

Soweit das, in Zeiten wie diesen, eben möglich war.
 

Ein kurzer Blick nach draußen verriet, dass es bald dunkel werden würde, die Sonne stand tief und färbte die sandfarbenen Gebäude leuchtend-orange.
 

Für den Bruchteil einer Sekunde ließ Sasori sich hinreißen, stütze die Unterarme auf der Küchenzeile, direkt unter dem Fenster, von welchem er Deidara zuvor weg gescheucht hatte, ab und lehnte sich verträumt gegen die Kante.
 

Im Licht der einsetzenden Dämmerung wirkte Berlin ganz ruhig, fast schon friedlich und einzig und allein die zerstörten, teilweise bis auf die Grundmauern eingefallenen Häuser, ringsherum, verrieten den Fortschritt des Krieges.
 

Eine Weile noch, lehnte der Rothaarige schweigend an der Küchenzeile, beschaute sich gedankenverloren die in Türmern liegende Hauptstadt und für den Bruchteil einer Sekunde schwenkten seine Gedanken zurück in die Vergangenheit und an die Ostfront.
 

Augenblicklich stellten sich die Härchen in seinem Nacken auf und die blassen Fingerkuppen gruben sich, ganz unbewusst, fester in das weiche Holz der Arbeitsplatte.
 

Vor seinem Inneren Auge spielte sich ein grausamer Kampf ab, ein Kampf auf Leben und Tod.
 

Die Männer vor ihm, mit welchen er die Nacht gemeinsam, dicht an dicht, Körper an Körper, in der Kaserne verbracht hatte, warfen sich ab und an unsichere Blicke zu.
 

Schauten hilfesuchend zurück, über die Schulter, genau wissend, das es für sie kein Zurück mehr gab.
 

Für Keinen von ihnen.
 

Sie wussten genau, dass sie hier sterben würden.
 

Sterben, wie so viele vor ihnen bereits auch, denn der Krieg ist eine schier endlos Geschichte, ohne Höhepunkt und ohne Helden, der seine Protagonisten verschlingt, einen, nach dem anderen, bis nichts mehr übrig bleibt.
 

Gar nichts.
 

Sasori zuckte augenblicklich zusammen, als mit einem Mal ein lautes Würgen aus dem hinteren Teil des Wohnzimmers, zu ihm nach vorne drang, wirbelte herum und hinkte hastigen Schrittes zurück in die Wohnstube.
 

Ein stummes Seufzen überkam seine Lippen, sowie sein Blick auf Deidara fiel, welcher zitternd, ungesund gelblich-grün um die Nasen – und Wangengegend, halb über dem Boden, halb auf dem Sofa hing, am ganzen Leibe zitternd.
 

Sasori schüttelte leicht mit dem Kopf, ehe er mit gerümpfter Nase näher trat, um sich das Ausmaß auf dem guten Perserteppich zu betrachten.
 

Rational, war es ihm bewusst, dass den Junge keine Schuld traf, immerhin war er nach wie vor sediert und hatte, vermutlich, nicht einmal mitbekommen, das er gerade, bei einem völlig Fremden, mitten in dessen Wohnzimmer, auf einem nicht gerade günstigen Teppich, seinen Magen entleert hatte.
 

Zumindest dem apathischen Ausdruck, in den blauen, nur noch stumpf vor sich hin leuchtenden Augen, nach zu urteilen.
 

Ein weiteres mal hustete der Blonde, bäumte sich auf, wäre dabei beinah von dem glatten Stoffbezug des Sofas gerutscht, konnte sich jedoch abfangen, ehe er den letzten Rest Magensäure und Halbverdauten auf den Boden sabberte.
 

Dann schaute er auf, warf Sasori einen entschuldigenden Blick zu, welcher nur genervt mit den Augen aufschlug.
 

„Fertig?“, wollte er wissen, nachdem sich der Blonde in eine halbwegs aufrechte Position gebracht hatte und sich, leichenblass und zitternd wie Espenlaub, mit dem Handrücken über die verklebten Mundwinkel fuhr.
 

Zaghaft nickte er.
 

„Slekhah'...“, nuschelte er heiser und senkte dann den Blick.
 

Doch Sasori winkte ab.
 

„Meine Schuld.“, gestand er dann schließlich und ließ zischend die Luft durch die Lippen entweichen, „Ich hätte vorsorgen sollen, einen Eimer bereit stellen.“
 

Ein letztes Mal schaute er hinab auf die gelblich-grüne Pampe, welche sich langsam aber sicher in den schönen, rot-bestickten Stoff des Teppichs sog.
 

„Kannst du aufstehen?“, wollte er dann wissen und blickte kühl zurück, zu dem, sich, unter leichtem Wanken, aufsetzenden Gör.
 

Durch hängenden Lider schaute dieses zu ihm auf und Sasori zuckte kaum merklich zusammen, als es in seiner Brustgegend mit einem Mal zwickte und sich seine Kehle zuschnürte.
 

Misstrauisch musterte der Rothaarige den Blonden, welcher sich unter dem strengen Blick nicht wohl zu fühlen schien und beschämt den Kopf senkte.
 

„Ja.“, flüsterte er dann tonlos und nickte schwach.
 

„Ja, ich glaub schon.“
 

„Dann komm.“, murrte Sasori kühl, hatte sich inzwischen wieder gefangen und konnte sich selbst kaum, seinen sonderbaren Anflug von Sentimentalität erklären.
 

Denn für gewöhnlich war er nicht so.
 

Für gewöhnlich würde er auch nicht einen dahergelaufenen Halbstarken bei sich aufnehmen, doch sonderbare Zeiten führten zu sonderbaren Handlungen und, wohl vielmehr, zu sonderbaren Begegnungen.
 

Das ohnehin.
 

Immerhin konnte er sich kaum andere Umstände und Begebenheiten vorstellen, unter welchen er, einen völlig Fremden und Verwundeten bei sich zu Hause auf den Teppich kotzen ließ, nachdem er ihn, auf Grund an Mangel anderer Schmerzmittel, mit Morphin abgefüttert hatte.
 

Leise schnaubend scheuchte er, den leicht bebenden Blonden, vor sich her, zurück ins Bad und zur dort angrenzenden Putzkammer, welche so gesehen, lediglich, ein kleines, abgetrenntes Stück Raum, hinter der Badewanne war und drückte ihm kommentarlos einen Eimer, in welchem sich ein Schwamm und ein Lappen befanden, in die Arme.
 

„Beeil dich.“, forderte er dann kühl und registrierte verwundert, wie Deidara unter den, doch recht autoritär gesprochenen, Worten zusammen zuckte.
 

Kurz ließ der Rotschopf den Blick über das schweigende Häuflein Elend, welches mit hängenden Schultern, vor ihm stand, huschen und musste unweigerlich schlucken.
 

Was auch immer dieser Junger erlebt hatte und warum genau er vor den Ordnungspolizisten geflohen und somit letztendlich in seiner Werkstatt gelandet war, …
 

Was auch immer es war.
 

Deidara schien definitiv einen längeren Tag hinter sich zu haben, als er.
 

Leise seufzend griff Sasori schließlich nach dem Textilreiniger und nickte dem Blonden auffordernd zu, welcher ihm nur stumm den Rücken kehrte und vor ihm, zurück ins Wohnzimmer schlurfte.
 

„Wir müssen schnell machen.“, bemerkte Sasori mit einem flüchtigen Blick gen Fenster, ehe er wieder zu Deidara schaute, welcher fragend den Kopf hob.
 

„Die Sonne wird bald untergegangen sein, dann muss ich die Fenster abdunkeln, bis dahin müssen wir gelüftet und alles beseitigt haben, sonst setzt sich der Gestank feste.“
 

Kurz fixierten sich die braunen und blauen Irden der beiden Männer gegenseitig und Sasori musste die Augen kaum merklich zusammen kneifen, ehe er sich kopfschüttelnd von den azurfarbenen Seelenspiegeln losriss.
 

Jetzt war es nicht an der Zeit sentimental zu werden.
 

Nicht in Kriegsjahren.
 

Da am Allerwenigsten.
 


 

Bestimmt eine halbe Stunde herrschte Schweigen, die Sonne war beinah hinter den Dächern Berlins verschwunden und die letzten orangeroten Strahlen warfen lange Schatten, in Sasoris Wohnzimmer.
 

Eine Weile war nur das leise Kratzen der Lappen auf dem dicken Stoff des Teppichs zu hören, ab und an leises Plätschern, wenn einer von ihnen, seinen über dem Putzeimer auswrang und auswusch.
 

Es war bereits nach 18 Uhr und um diese Zeit pflegte Sasori für gewöhnlich das Radiogerät aus zuschalten, denn die Menschen, der, noch vorhandenen, Nachbarschaft, gingen meist früh zu Bett, wie eigentlich auch er selbst und es schauderte ihn, wenn die leise klingenden Musik aus seiner Wohnung, weit und breit das Einzige war, was durch diese seelenlose Gespensterstadt hallte.
 

Leise stöhnend zog der Ältere sich schließlich an dem Wohnzimmertischchen hoch und ließ sich, mit leicht verbissenem Gesichtsausdruck, auf das olivfarbene Sofa sinken.
 

„Ich denke das reicht.“, murmelte er, ließ den feuchten Lappen in den Putzeimer plumsen, dessen Wasser inzwischen eine unschöne beige-grüne Farbnuance angenommen hatte und schielte aus den Augenwinkeln zu Deidara, welcher mit einem Mal inne hielt.
 

Erneut seufzte der Rothaarige gedehnt, schloss dann die Augen und genoss für eine Weile einfach nur die Stille, die Ruhe, die sich langsam über der Stadt ausbreitete und die er so lange vermisst hatte.
 

Vier lange Monate, an der Front, hatten ihn diese Stille zu schätzen gelehrt.
 

Denn im Graben, war man zu keiner Sekunde des Tages entspannt und selbst wenn man sich einmal nicht in Mitten des Kugelhagens befand, zurück ins Lager gekehrt war, so war man doch die Ungeduld in Person, denn man wusste, der nächste Angriff kam bestimmt.
 

Kurz ließ Sasori sich hinreißen und presste, gegen Ende, gequält die Unterlippe an die Obere, denn die Erinnerungen an den Kessel wurden dermaßen lebendig, vor seinem inneren Auge, dass es ihm kalte Schauer über den Rücken jagte.
 

Er schüttelte sich, schob die wirren Gedanken dann beiseite und wand sich wieder dem jungen Mann zu, welcher, wie ein kleines Häuflein Elend, eingesackt und mit hängenden Schultern, auf dem rot-schwarzen Teppich kniete und gedankenverloren den dreckigen Stofflappen in den Händen drehte.
 

Er seufzte leise und räusperte sich dann, um die Aufmerksamkeit des Jüngeren zu erhaschen.
 

Der Blonde schaute auf, nach wie vor blass, doch Sasori musste feststellen, dass die Wangen bereits wieder etwas Farbe angenommen zu haben schienen.
 

Eine Weile betrachteten beide, den jeweils anderen, einfach nur, teils misstrauisch, doch hauptsächlich interessiert, bis sich auf den Lippen des Blonden ein verhaltenes Lächeln bildete.
 

Sasori nickte und deutete dann mit dem Kinn auf den Putzeimer.
 

„Schütt' es in der Badewanne aus und spül dann einmal mit dem Duschkopf durch, ich möchte nicht, dass der Geruch sich setzt.“
 

Deidara blinzelte verwirrt, folgte seinem Blick dann und nickte verstehend.
 

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, erhob sich der Blonde, griff nach dem Henkel des Eimers, ebenso nach den Lappen und schleppte alles zurück, aus der Wohnstube, durch sie Küche, durch den Flur und schließlich ins Bad, wo das platschende Geräusch Sasori verriet, dass Deidara das Wasser soeben hatte abfließen lassen.
 

Unter leichtem Gurgeln schien es im Abfluss zu verschwinden und der Rothaarige wartete, bis der Junge wieder zurück ins Wohnzimmer gekehrt war, dann schaute er auf, betrachtete sich den Blonden eingehend, welcher leicht gebückt da stand, das lange, schöne Haar zerzaust und offenbar nach wie vor, mit seinem Magen zu kämpfen hatte.
 

Unsicher schaute Deidara ihn an, dann begann er sich nervös eine Haarsträhne um den Zeigefinger aufzuwickeln, ehe er den Blick langsam durch den Raum streifen ließ.
 

Offensichtlich wusste er nicht genau, was der nächste Schritt war.
 

Darüber schmunzelnd, wie unsicher der Jüngere mit einem Mal geworden war, erhob sie Sasori schließlich, durchquerte schweigend den Raum, bis zu den hinteren Fenstern, wo er mit einem Ruck die dicken, blass-grünen Vorhänge zuzog.
 

Aus den Augenwinkeln konnte er erkennen, wie das Balg leicht zusammen zuckte und dann schüchtern den Blick hob.
 

„Du schläfst hier.“, murrte er, ohne sich umzudrehen, und deutet hinterrücks, auf das Sofa.
 

Zwar war der stechende Gestank des Erbrochenen beseitigt worden, aber ein leichter Muff war in den Polstern geblieben, doch daran konnte er nun nichts mehr ändern, selbst wenn er es gewollt hätte, denn die Fenster blieben über Nacht geschlossen.
 

Anordnung vom Regime.
 

Sasori machte auf dem Absatz kehrt, durchquerte stumm die Wohnlandschaft, ließ den musternden Blick im Vorbeigehen einmal quer über den Blonden wandern, welcher mit gesenktem Kopf dastand und sich nervös an den Fingernägeln knibbelte, ehe er die Küche betrat, um auch dort, die Jalousien runter zu lassen.
 

Für einen kurzen Moment, war es komplett dunkel, einzig und allein das fahle Licht, welches aus dem fensterlosen Badezimmer zu ihnen drang, spendete spärliche Helligkeit und ließ ihn schemenhaft den Raum erkennen.
 

Behutsam tastete der Kriegsveteran die gekachelte Fließenwand, über der Küchenzeile ab, bis er schließlich die kühle, glatte Oberfläche des Lichtschalters erfühlte und unter leisem Summen, flackerte die dunkle Glühbirne, der Lampe, über dem Küchentisch auf.
 

Er drehte sich um, schaute zu Deidara, welcher ihn nur aus verquollenen Augen, schweigend anschaute.
 

„Ich heizte nicht.“, erklärte er dem Bengel, ging dann zum Wohnzimmerschrank und zog zwei dicke Wolldecken aus den unteren Schubladen, welche er dem Blonden in die Arme drückte.
 

„In Russland waren wir ohne Unterlass der Härte des Winters ausgesetzt, weswegen es mir jetzt schnell zu warm wird.“
 

Deidara schaute auf.
 

„Russland?“, wiederholte er und seine Stimme klang leicht kratzig.
 

Sasori nickte.
 

„Sie meinen...“, begann der Blonde zaghaft, doch Sasori unterbrach ihn, unterdrückte dabei ein Seufzen: „Stalingrad, ja.“
 

Unwirsch schob er sich an dem Jüngeren vorbei, griff dabei nach seiner Krücke, blieb dann jedoch noch einmal stehen und schaute über die Schulter zurück.
 

Deidaras Mund stand leicht offen und für den Bruchteil einer Sekunde flammte Mitgefühl, im Inneren des Rothaarigen auf, denn das Balg wirkte auf ihn nicht anders, als die ganzen jungen Soldaten, die, frisch aus der Schule, manchmal sogar, sich noch in Schulausbildung befindend, zu ihnen ins Lager, oder in die Kaserne kamen, ein Gewehr in die Hand gedrückt bekamen, einen Helm auf den Kopf gesetzt und dann ohne große Umschweife in den Graben gestoßen wurden.
 

Wo die Meisten von ihnen liegen blieben.
 

Deidara war nicht anders, er war mit Sicherheit nicht schnell klein zu kriegen so schätzte Sasori den Jungen nicht ein, nein, der Kleine schien tatsächlich ziemlich zäh zu sein, denn vor der SS-Staffel zu fliehen und dabei auch noch erfolgreich zu sein, das schaffte nun auch nicht jeder.
 

Doch im Großen und Ganzen unterschied auch ihn nichts, von den jungen Männern, die auf dem Schlachtfeld, einer nach dem anderen, dem Tod in die Arme liefen.
 

Mit beiden Beinen noch nicht einmal richtig im Leben angekommen und im nächsten Moment bereits mit einem Fuß im Grab.
 

Sasori hatte so viele von ihnen fallen sehen.
 

So viele, dass er aufgehört hatte zu zählen.
 

Kurz schaute er zu Boden, seufzte dann gedehnt und ließ den Blick über die flackernde Küchenlampe huschen, welche kaum Licht spendete, der schwarz-bepinselten Glühbirne wegen.
 

Er schüttelte den Kopf und schaute dann wieder zu Deidara, welcher ihn nach wie vor anblickte und offenbar nicht genau wusste, wohin mit sich.
 

Was war das nur für eine Zeit, in welcher den Müttern die Kinder genommen wurden, um sie wie Pappfiguren auf dem Schießstand nieder gehen zu lassen?
 

Diese jungen Dinger hatten keine Chance zu überleben, sie hatten weder eine Ausbildung, ja, größtenteils nicht einmal eine Ahnung, wie man ein Gewehr bediente.
 

Die Meisten von ihnen, hatten doch in der Kaserne erstmalig eines in der Hand gehalten.
 

„Im Eisschrank ist Wasser, falls du etwas haben möchtest.“, murmelte er, verfestigte dann den Griff um seine Krücke und stieß sich leicht vom Boden ab, um Schwung zu holen.
 

„Falls dir noch einmal übel wird, wo das Badezimmer ist, weißt du ja inzwischen.“
 

Deidara schwieg und unweigerlich mit den Augen rollend, machte sich Sasori schließlich auf den Weg, in sein Schlafzimmer.
 

Kurz, bevor er den Flur erreicht hatte, hielt er jedoch inne.
 

„Wieso machen Sie das?“
 

Er drehte den Kopf, hörte zaghafte Schritte auf dem Fließenboden der Küche und schaute dann direkt in die grau-blauen Augen Deidaras.
 

Er hob eine Braue, um dem Jungen zu suggerieren, dass er sich doch bitte genauer ausdrücken sollte, obwohl er bereits vermutete zu wissen, worum es dem Blonden ging.
 

„Naja...“, begann dieser zögerlich und schaute dann hinab auf die Decken, welche er sich an die Brust drückte, „Das Alles. Wieso lassen Sie mich hier übernachten und ...“
 

Er stoppte kurz, schien nach zudenken und für den Bruchteil einer Sekunde wurden seine Augen etwas wässrig, ehe er sich wieder fing und Sasori dann feste anschaute.
 

„Wieso behandeln Sie mich, als wäre ich normal?“
 

Sasori schwieg einen Augenblick, drehte sich dann herum, denn langsam begann sein Nacken zu schmerzen, welcher eh überbelastet war, durch das dauernde nach unten schauen, beim Schnitzen.
 

Er musterte Deidara eingehend, ließ sich Zeit mit seiner Antwort.
 

„Normal?“, wiederholte er dann und musste kurz lächeln.
 

Deidara nickte.
 

„Bist du denn nicht normal?“, wollte er dann wissen und hätte beinah, tatsächlich lachen müssen, bei dem entsetzen Gesicht, welches der Blonde auf einmal zog.
 

„Nun ja...“, murmelte Letzterer dann, betrachtete sich dann erneut seine Brust, dieses Mal galt der Blick allerdings eindeutig dem Judenstern, welcher auf die Jacke gestickt war.
 

„Ich, … ich schätze nicht.“, nuschelte er, kaum hörbar und zuckte mit den Schultern.
 

„Ich meine, ich bin Jude...“, murmelte er traurig, klang beinah, als würde er sich schämen.
 

Sasori nickte verstehend.
 

Leise lachend deute er dann mit dem Kinn auf die Jacke des Jungen, ehe er ihm einen schelmischen Blick zuwarf.
 

„Zieh die mal aus.“, befahl er und lächelte schief, als Deidara ihn verständnislos musterte.
 

„Na komm schon, ich will ins Bett.“, grummelte der Rothaarige, immerhin schmerzte sein Bein und auch seine restlichen Gliedmaßen, vom langen Stehen.
 

Nach wie vor unschlüssig, doch scheinbar auch neugierig geworden, legte Deidara die Decken schließlich hinter sich auf dem Küchentisch ab und zog sich dann die Jacke vom Leib, welche er ebenfalls ablegte.
 

Mit schief gelegtem Kopf musterte der Blonde, den Älteren, die wachen, blauen Augen huschten erwartungsvoll seinen Körper entlang.
 

Sasori nickte zufrieden, begutachtete sich einen Augenblick die ramponierte Kleidung, ein ausgeleierter, grauer Pulli, der dem Blonden etwas zu groß war, an den Ellbogen mit Flicken versehen, gut gekleidet war definitiv anders, aber das konnte er dem Jungen nicht zum Vorwurf machen, denn auch er wusste, dass den Juden so gut wie alles genommen worden war.
 

„Ein bisschen heruntergekommen.“, gab er zu und um seine Mundwinkel zuckte es amüsiert, als sich die Brauen Deidaras sofort verärgert zusammenzogen, der Mund sich öffnete und er bereits zum Protest ansetzten wollte, doch Sasori sprach, ungerührt dessen, einfach weiter.
 

So ein kartzbürstiger Bengel.
 

Da hatte er ja wen Feines aufgegabelt.
 

„Aber abgesehen davon...“, er schwieg kurz und zuckte mit den Schultern, „Ganz normal, würde ich behaupten.“
 

Deidara schloss den Mund wieder und blickte ihn aus großen Augen, überrascht an, schien mit solch einer Antwort nicht gerechnet zu haben.
 

„Aber ich...“, begann er erneut, doch Sasori schüttelte nur den Kopf.
 

„Du bist Jude, ja und das sehe ich, solange du brav deinen Stern trägst, aber so.“
 

Erneut zuckte er mit den Schultern und zwinkerte dann.
 

„Wäre es mir nie aufgefallen.“
 

Deidara schnaubte, lächelte dann aber dennoch und ein leichter Rotschimmer bildete sich auf seinen Wangen.
 

„Trotzdem, … bringen Sie sich in Gefahr.“, wusste er dann und senkte beschämt den Blick gen Boden.
 

„Und wenn schon.“, entgegnete der Rothaarige gelassen, „In Zeiten wie diesen, ist keiner sicher. Ob ich nun von einer Bombe getroffen, oder von den Polizisten erschossen werde, im Endeffekt, kommt es auf das Selbe hinaus.“
 

Deidara schaute verwundert auf, schüttelte fassungslos den Kopf.
 

„Ihnen ist es egal?“, hauchte er verwirrt, doch Sasori schüttelte den Kopf.
 

„Egal nicht, aber ich habe mich damit abgefunden, dass wir Menschen nur bis zu dem Tag leben, an dem wir sterben.“, entgegnete er und registrierte schmunzelnd, wie Deidara kurz erschauderte.
 

Das war ganz typisch, denn die jungen Menschen redeten nicht gerne über den Tod.
 

Besonders in Zeiten wie diesen, wo die schwarze Gestalt quasi Dauergast war und beinah mit vom selben Tisch speiste.
 

„Oder wäre es dir lieber, wenn ich dich ausliefere?“, wollte er dann wissen, was den Blonden augenblicklich zusammenfahren ließ und heftig den Kopf schütteln.
 

„Bitte nicht.“, hauchte er und mit einem Mal klang panische Angst in seiner Stimme mit.
 

„Ich will nicht in das Lager...“, murmelte er dann und senkte erneut den Blick, „... oder erschossen werden.“
 

Sasori nickte.
 

„Das hab ich mir gedacht.“, antwortete er, schnalzte dann fordernd mit der Zunge, damit das Balg ihn wieder anschaute.
 

Immerhin wollte er, dass Deidara ihm in die Augen sah, wenn er mit ihm redete.
 

Ein bisschen Erziehung musste er dem Gör scheinbar noch einbläuen, aber auch daran sollte es nicht scheitern.
 

Immerhin hatte er auch die Einführung vieler Sturmmänner und auch Rottenführer übernommen und sie auf die Schlacht vorberietet und auch von denen, waren die Meisten noch grün hinter den Ohren gewesen.
 

Manche von ihnen, nicht einmal sechzehn Jahre alt.
 

Und somit auch nie geworden.
 

Gedankenverloren biss er sich auf die Unterlippe und seufzte dann kaum merklich, ehe er sich in Erinnerung rief, dass er nach wie vor, mit Deidara in seiner Küche stand und auch eigentlich längst im Bett hatte sein wollen.
 

„Natürlich, lass ich dich nicht ohne weiteres hier leben, was hätte ich denn davon?“, begann er schließlich, was den Blonden hellhörig werden ließ.
 

„Du musst mir schon etwas zur Hand gehen, es sieht vielleicht nicht danach aus, aber meine Arbeit ist schwer und mit nur einem Bein, lässt sich kaum Gewicht schleppen. Außerdem bin ich seit meinem kleinen Unfall ein wenig eingeschränkt, was die Hausarbeit betrifft, du siehst...“
 

Und er hob die Krücke um mit dem Ende dieser auf die Arbeitsfläche der Küchenzeile zu deuten, auf welcher ein heiteres Durcheinander herrschte, da er oft einfach keine Kraft, oder aber Motivation besaß, die Sachen wieder an ihren festen Platz zurück zu räumen.
 

Sehen täte es ohnehin niemand, außer ihm selbst und wer sagte ihm denn, dass nicht bereits morgen auch dieses Haus in Schutt und Asche lag?
 

Nerven tat es ihn trotzdem.
 

Deidara folgte dem Appell und warf ihm dann einen kritischen Blick zu.
 

„Das heißt ich soll den Dienstboden spielen?“, maulte er unglücklich.
 

Sasori zuckte mit den Schultern.
 

„Wenn du es so bezeichnen willst, bitte. Ich denke, es fällt eher in die Kategorie „Eine Hand, wäscht die Andere.““
 

Deidara schnaubte verächtlich, schien seinen Stolz dann jedoch runter zu schlucken und kurz kam Sasori der Gedanke, dass man ihm diesen, als Hitler-Jungen längst ausgetrieben hätte.
 

Leicht schockiert, über seine, sich offensichtlich verselbständigenden Hirngespinste schüttelte der Rothaarige den Kopf und blickte dann wieder zu Deidara.
 

„Ich meine, ich zwing dich zu nichts, du kannst mir gerne die Decken geben und durch den Hintereingang wieder verschwinden, aber ich denke...“
 

Er machte eine theatralische Pause und stützte sich dabei, ziemlich unsoldatenhaft, auf seiner Gehhilfe ab, ehe er fortfuhr: „Ich denke, du bist tot, noch bevor die Sonne wieder aufgeht, oder...“
 

Ein leichtes Schmunzeln überflog seine Lippen, ehe er fortfuhr: „Oder du bleibst hier, aber dann spielst du nach meinen Regeln, haben wir uns verstanden, Deidara?“, setzte er etwas schärfer nach und augenblicklich richtete sich der Blonde etwas auf und brachte sich in eine stattlichere Haltung.
 

Na also, fehlte nur noch das Salutieren, aber das wäre zu viel des Guten.
 

Der Blonde nickte gedankenverloren, drehte sich dann erneut zum Tisch, griff nach seiner Jacke und den Decken und warf dann einen letzten, flüchtigen Blick gen Sasori, welcher bereits wieder kehrt gemacht hatte.
 

„Danke.“, konnte der Rothaarige ihn leise nuscheln hören und schmunzelte etwas.
 

„Schlaf gut, Deidara.“, verabschiedete er sich, hatte bereits den Flur durchquert und war im Begriff, die Tür zum Schlafzimmer zu öffnen, da hörte er ein leises „Sie auch.“, aus dem Wohnzimmer, zu ihm nach draußen dringen.
 

Er atmete tief ein, legte dann die Hand um die kühle Klinke, drückte sie allerdings noch nicht hinunter.
 

„Sasori.“, sagte dann nach ein paar Augenblicken der Stille, „Mein Name ist Sasori.“
 

„Gute Nacht, Sasori.“, hörte er es leise und musste unweigerlich mit den Augen rollen, dann jedoch lächeln.
 

„Gute Nacht, Deidara.“, wiederholte er sich, während er die Klinke nach unten öffnete und die Tür zum Schlafzimmer öffnete.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  bones
2018-03-28T11:32:11+00:00 28.03.2018 13:32
Ein bisschen Erziehung muss wohl bei Deidaraimmer sein, aber bin mal gespannt wie er sich als Hilfe anstellt. Beide lieben ja Kunst und beide sind was diese betrifft mit ihrer Ansicht zwei ganz schön sture Böcke. Stalingrad war wirklich eine ziemlich hartes Pflaster gewesen und ich glaub Sasori das ihn ständig warm ist. Wenn ich bedenke das einige Menschen von heute sich noch schreiend im Zimmer verkriechen wenn es nur anfängt zu schneien. Ein Teil der Geschichte, den wohl nur die deutschen als extrem schlimm empfunden hatten, dabei war auf russischer Seite die Opferzahl deutlich höher.
Von:  lula-chan
2018-02-21T08:10:52+00:00 21.02.2018 09:10
Schönes Kapitel. Gut geschrieben.
Dara und sein lieber stolz. Na ja, den kann er in diesen Zeiten wirklich nicht gebrauchen. Zum Glück schafft er es immer recht schnell ihn runterzuschlucken.
Na mal sehen, wie sich das zwischen Sasori und Deidara entwickelt. Schon alleine wegen ihrer Vergangenheit.
Ich bin schon gespannt, wie es weitergeht, und freue mich auf das nächste Kapitel.

LG


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