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Die 3/4-Gitarre

von

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Sündenbock

Es klingelte.
 

Reita stieß einen wütenden Ton aus und klappte sein Kopfkissen links und rechts am Kopf hoch, um sich damit die Ohren zuzuhalten.
 

Es klingelte weiter. Heute mal nicht an der Tür, sondern auf dem Handy, wie Reita erst mit ein paar Sekunden Verzögerung bemerkte. Das war neu, aber Reita wusste trotzdem sofort, was Phase war. Er blinzelte Richtung Wecker. 6:32 Uhr.

Sauer angelte der Bassist nach dem hartnäckig weiterdudelnden Handy. Ein Anruf von Ruki. Natürlich. Er wollte den Anruf wegdrücken, nahm ihn aber in seiner verschlafenen Grobmotorik versehentlich an. Er fluchte leise. Naja, nun konnte er auch rangehen, was soll´s. „Wehe, wenn´s nicht wichtig ist!“, maulte er ins Telefon und hielt das anbetracht der Situation noch für eine ausreichend freundliche Begrüßung.

„Hi, Reita“, meldete sich die altbekannte, leicht schnarrende Stimme des Sänger. „Hör mal, ich hab ein Problem. Ich brauch deine Hilfe.“

„Lass hören“, gab Reita knapp angebunden aber kooperativ zurück und rieb sich dabei mit der freien Hand den Schlafsand aus den Augen. Ruki war halt ein Frühaufsteher und das würde Reita ihm wohl auch nicht austreiben. Deswegen mochte er Ruki ja trotzdem gern und würde ihm immer helfen, wenn er konnte. Auch wenn er nach dem Drama in Aokigahara – Kyo hatte ihn umfassend über die Geschehnisse im ortsansässigen Gitarrenladen aufgeklärt – jetzt erstmal sauer zwei Tage lang kein Wort mehr mit Ruki gesprochen hatte. Das ging vorbei. Sie waren dennoch Freunde, da verstand es sich von selbst, daß ziemlich schnell wieder alles in Butter war.

„Wir haben doch demnächst das Fotoshooting in China drüben.“

„Heute, Ruki. Heute!“

„Ja. Aber da müssen wir doch mit dem Flugzeug hinfliegen.“

„Wird sich wohl nicht vermeiden lassen. Oder willst du rüber schwimmen?“

„Ich kann nicht mitkommen“, jammerte Ruki weinerlich.

„Wieso nicht? Hast du neuerdings Flugangst?“

„Ich hab keinen gültigen Ausweis.“

Sofort saß Reita senkrecht im Bett und war hellwach. „Spinnst du?“

„Mein Personalausweis ist abgelaufen. Ich hab´s gerade eben gesehen, als ich meinen Kram zusammenpacken wollte.“

„Ruki, es ist Sonntag! Alle Behörden haben zu! Wo sollen wir denn binnen 8 Stunden deinen Ausweis verlängern lassen? 15 Uhr geht der Flug!“

„Ich weiß es doch auch nicht. Reita, tu doch was!“

„Was soll ich da bitte tun?“, zeterte Reita so hysterisch, daß er fast schrie.

„Ich trau mich nicht, Kai anzurufen und es ihm zu sagen. ... Könntest du ... vielleicht?“

Der Bassist kippte steif wie ein Brett ins Kopfkissen zurück. Das war das Ende. Mit dem Flug alleine war es ja nicht getan. Sie hatten für die Lieferung der Fotos eine Deadline. Und mit ihren vollen Terminkalendern reizten sie Deadlines grundsätzlich bis zur letzten Minute aus. Sie hatten keinen Zeitpuffer mehr, um das Shooting zu verschieben. Nichtmal um einen einzigen Tag, selbst wenn Ruki morgen wieder mit einem gültigen Ausweis auf der Matte stehen sollte. „Was ist mit deinem Reisepass? Wir fliegen doch häufiger. Da musst du doch einen haben!?“

„Der ist schon letztes Jahr kurz nach unserer Europa-Tour abgelaufen. Ich war froh, damit gerade noch so zurück nach Japan zu kommen.“

„Kai wird dich umbringen, ehrlich. Und wenn nicht er, dann stehen genug Manager und andere Plattenlabel-Futzis Schlange, die ihm diese Arbeit gern abnehmen.“

„Das weiß ich selber“, murmelte der Sänger kleinlaut.

Reita atmete tief durch. „Okay, gib mir etwas Zeit. Ich versuch ... keine Ahnung ... irgendwas versuch ich schon.“

„Danke. Gibst du mir Bescheid, sobald du was weißt?“

„Sicher. Bis später.“ Reita legte auf, bevor noch mehr Katastrophenmeldungen kamen. Ruki hatte schon immer eine gut katalogisierte Sammlung von Hiobsbotschaften in Reserve gehabt, der war nie um ein Desaster verlegen.
 

Reita stand auf, warf die Kaffeemaschine an – eigentlich war ihm eher nach der Schnapsflasche zumute – ging dann ins Bad, zog sich um, machte sich Frühstück ... und zerbrach sich dabei unaufhörlich den Kopf über einer Lösung. Aber er musste den Tatsachen ins Auge sehen. Ruki würde nicht durch die Flughafenkontrollen kommen, egal wie man es drehte und wendete. Da half alles Schönreden nichts. Sie mussten es ihrem Bandleader wohl oder übel sagen. Nachdem der Bassist fertig gegessen hatte, und zur Sicherheit nochmal auf die Gültigkeitsdauer seines eigenen Ausweises geschaut hatte, griff er zum Handy. Zumindest war Reita nicht so feige, es bei einer sms zu belassen, um dem Gewittersturm zu entgehen. Er würde es Kai schon ins Gesicht sagen.

„'hayou gozaimasu, Reita-kun. So früh schon wach?“, meldete sich auch alsbald die wenig gutgelaunte Stimme des Drummers. Aus seinem Tonfall hörte man schon jetzt einen gewissen Stresspegel heraus, obwohl der Tag noch gar nicht richtig begonnen hatte. Das war gar nicht gut.

„Hi. Ja, bin schon wach. Aber nicht freiwillig, das kannst du mir glauben.“

„Probleme?“

„Wir sind sowas von am Allerwertesten!“, bestätigte Reita, selber ziemlich mürrisch.

„Soll ich mich lieber erstmal hinsetzen? Oder wird´s auch so gehen?“

„Ich glaub, du solltest dich setzen.“

Durch das Telefon hindurch hörte man ein leichtes, amüsiertes Zischen. Kai versuchte es sportlich zu nehmen. „Na, raus mit der Sprache. Ich hab heute schon dreimal mit unserem Manager gesprochen. Viel schlimmer kann´s kaum noch werden.“

„Wir werden Ruki nicht mit nach China nehmen können. Er kommt nicht durch die Flughafenkontrollen.“

Am anderen Ende herrschte Schweigen.

„Er hat gerade gemerkt, daß er keinen gültigen Ausweis mehr hat“, legte Reita nach.

Weiterhin Stille.

War das gut oder schlecht? Reita wartete eine Weile vergeblich auf ein Lebenszeichen vom anderen Ende der Leitung. „Kai?“

Ein vernehmliches Durchatmen, als hätte Kai sich gerade dran erinnert, daß er vielleicht mal weiter atmen müsste. „Das kann der Kerl mir nicht selber sagen?“, wollte er dann erstaunlich beherrscht wissen.

„Er traut sich nicht.“

„Nja, zu Recht. Es freut mich, wenn der Chaot noch Angst vor mir hat, sonst würde ich seiner Desorganisation gar nicht mehr Herr werden.“

Reita musste hart an sich halten, das nicht zu kommentieren. Kai hatte ja keine Ahnung, welche haarsträubenden Aktionen Ruki in seiner Freizeit so los ließ. Kai hatte keine Ahnung, was Reita mit dem Vocal schon alles hinter sich hatte. Wenn man einen Kumpel wie Ruki hatte, brauchte man keine Feinde mehr. Davon bekam Kai während der Dienstzeit ja gar nichts weiter mit.

„Okay, vielleicht hat Ruki ja unverschämtes Glück und er wird seinen Ausweis gar nicht brauchen.“

„Wieso? Fliegen wir nicht nach China?“

„Weiß ich noch nicht“, seufzte Kai deprimiert. „Es gibt offenbar ein paar Planänderungen. Ich wollte gerade eine sms an euch alle rumschicken, als du angerufen hast. Wir treffen uns nicht wie verabredet auf dem Flughafen, sondern schon drei Stunden eher, und zwar im Probenraum. Da will unser Manager uns erklären, was nun los ist.“

Reita bließ die Bäckchen auf und ließ die Luft langsam wieder entweichen. „Klingt nicht schlecht. Ich bin auf China jetzt eh nicht so scharf.“

„Abwarten. Ruki kann sich trotzdem ne Pfeife anbrennen, wenn ich ihn nachher in die Finger kriege. So, jetzt muss ich aber erstmal weiter rumtelefonieren, bis mir irgendwer irgendwas sagen kann. Also wir sehen uns dann 12 Uhr im Probenraum! Bis nachher, Reita, tschau.“

„Ja, bis nachher.“ Reita legte auf und starrte einen Moment gedankenversunken auf den Bildschirm seines Handys. Mit etwas Verzögerung kam dann auch die Nachricht von Kai, daß sie sich alle um 12 Uhr im Probenraum treffen sollten. Kai hatte die sms wohl pro forma an alle geschickt, auch wenn Reita es schon persönlich von ihm erfahren hatte. Nur Sekunden nach Kais Mitteilung rief Ruki an und wollte wissen, wie Kai den herben Schlag aufgenommen hatte.
 

Glockenschlag 12 tauchte Ruki als letzter im Probenraum auf. Sogar Uruha war heute mal eher gewesen als er. Der Sänger ließ sich zunächst nichts anmerken, grüßte nur unverbindlich in die Runde und warf sich neben Aoi auf das Sofa, welcher sich noch sein mitgebrachtes Mittagessen vom Imbiss reinstopfte.

„Schön, damit wären wir ja vollzählig. Dann kann ich also anfangen“, begann ihr Manager auch sofort, kaum daß Ruki sich richtig mit seinem Sitzplatz arrangiert hatte. „Wir haben leider eine Terminüberschneidung draufgedrückt bekommen. Ihr sollt heute Abend mit dem Chef der PSC über euren Tourplan für nächstes Jahr sprechen. Leider duldet das keinen Aufschub. Er braucht die Termine noch heute, weil er die Yokohama Arena, die ihr üblicherweise für euer Tourfinal nehmt, festnageln muss. Sonst ist sie weg und steht euch nächstes Jahr nicht mehr zur Verfügung.“

Die Jungs nickten verstehend.

„Eigentlich solltet ihr in drei Stunden im Flieger nach China sitzen, für eine Fotosession. Wie ihr euch denken könnt, wärt ihr bis heute Abend nicht wieder zurück. Der Verlag will die Fotos aber auch bis zur Deadline haben und macht keinen Aufschub mit. Darum verlegen wir das Fotoshooting ins chinesische Viertel von Tokyo. Die Kulisse wird auch da authentisch genug sein. Es rennen bereits ein paar Leute dort rum und suchen nach einem geeigneten Fleckchen. Ihr bleibt also hier.“

Ruki sank vor Erleichterung ein wenig in sich zusammen, sagte aber nichts. Kai warf ihm lediglich einen vielsagenden Blick zu: 'Glück für dich, Freundchen!' Aber Ruki war sich sicher, daß dieser Blick nicht alles war, was er von Kai noch abbekommen würde.

„Gut, soweit der Plan. Wir schnappen uns jetzt den Shuttle-Bus da draußen und fahren ins Studio, wo ihr die Haare und das MakeUp gemacht bekommt. Bis ihr da fertig seid, werden wir auch wissen, wo das Fotoshooting nun genau stattfindet und fahren mit dem Bus dorthin weiter. Hoffen wir, daß das Wetter hält. Hoch mit euch! Wir haben einen straffen Zeitplan, wenn wir bis heute Abend wieder im Konferenzraum der PSC sitzen und Tourdaten planen wollen!“, ordnete der Manager an und machte ein paar hochtreibende Handbewegungen, um die Gazettos aus der Sitzecke zu scheuchen. Sofort kam Bewegung in die Truppe. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Dafür waren sie Profis. Plötzliche Planänderungen lockten keinen von ihnen aus der Reserve.
 

Die Maskenbildner – sorry, MakeUp-Artists – stellten einen neuen Zeitrekord an ihnen auf. So schnell waren sie noch nie alle fünf fototauglich fertig gestyled gewesen. Ihr Manager hatte denen auch gehörig Druck gemacht. Schon von der Maske an hatten die Gazettos einen aufsässigen, kleinen Runner am Rockzipfel hängen, der wohl eher Fan als Helfer war. Runner waren normalerweise ortskundige Staffs, die zügig Besorgungen für einen erledigten, wenn man auf die Schnelle noch irgendwas brauchte. Der Kamerad hier outete sich aber sehr unverholen als Nachwuchsmusiker. Er wäre selbst Gitarrist in einer Band und würde mal ähnlich erfolgreich werden wollen wie The Gazette. Als irgendwann die Frage kam, ob The Gazette denn nicht ihre Mentoren werden wöllten, winkte Kai endlich genervt ab und ließ den Jungen mit einem 'Ruki, dein Part!' stehen.

„Wieso denn jetzt bitte mein Part?“, nörgelte Ruki uneinsichtig. Und was zum Geier sollte er mit einem Gitarristen?

„Guck mal auf deinen Personalausweis, dann weißt du warum!“, rief Kai humorlos, im nächsten Moment war er schon um die Ecke verschwunden.

Gut, das war ein Argument, musste Ruki sich eingestehen, und wandte sich wieder dem Jungen zu, mit dem er plötzlich auffallend alleingelassen dastand, denn Reita, Aoi und Uruha hatten sich ebenfalls schnell aus dem Staub gemacht. Ruki seufzte hinnehmend und steckte die Hände in die jeweils gegenüberliegenden Ärmel des Fotosession-Kimonos, in dem er inzwischen herumlief, so daß es aussah, als würde er einen Muff gegen die Kälte tragen. „Nagut, dann erzähl mir mal von deiner Band. In welchem Stimmfach singt euer Sänger?“, eröffnete er das Gespräch. Er konnte hier nur mit Gesangstheorie punkten. Das einzige, wovon er so richtig Ahnung hatte.

„Was, Stimmfach?“, machte der Nachwuchs-Gitarrenheld dumm.

„Ja, Stimmfach!“, betonte Ruki, ohne zu erklären, was das war. Er wollte dem Jungen nichts erklären. Er wollte ihm nur die Idee austreiben, Gazette als Mentoren haben zu wollen. Sie hatten innerhalb ihrer Band schon lange die interne Vereinbarung, daß sie niemandes Mentor wurden. Da hatten sie gar keine Zeit dafür.

„Ist das wichtig?“, hakte der Junge verunsichert nach.

„Ob das wichtig ist? Das ist das Wichtigste überhaupt! Am Sänger richtet sich alles andere aus. Auf deiner Gitarre kannst du locker mal paar Tonarten höher oder tiefer spielen, wenn´s drauf ankommt. Der Sänger kann das nicht. Der muss mit dem auskommen, was Gott ihm geschenkt hat.“

„Dann ... Bitte! Erklär es mir!“

Mist. Eigentor. Ruki versuchte sich nichts anmerken zu lassen und blieb freundlich. „Also du musst unterscheiden zwischen 'Stimmlage' und 'Stimmfach'. Die Stimmlage ist das, was deine Stimme von Natur aus so macht. Das hängt mit der Größe deines Kehlkopfes, der Dicke deiner Stimmbänder und dem Fassungsvermögen deiner Lunge zusammen. Wenn die Stimme bei einem Mann sehr tief und dunkel ist, nennt man das Bass, wenn sie hoch und hell ist, Tenor, wenn sie irgendwo dazwischen ist, dann Bariton. Bei Frauen nennt man das eben Alt und Sopran, beziehungsweise wenn sie irgendwo dazwischen ist, dann Mezzosopran. Das Stimmfach wiederrum ist das, wofür du deine Stimme tatsächlich einsetzt. Du kannst, auch wenn du von Natur aus eigentlich eine Bariton-Stimme hast, trotzdem Tenor-Tonlagen erreichen, wenn du dich anstrengst und dir Mühe gibst.“

„Aha“, machte der junge Gitarrist etwas ratlos.

„Das Stimmfach macht man nicht am absoluten Tonumfang fest, sondern eher an der Tessitur und dem Timbre.“

„Und das ist ... was genau?“ Jetzt klang der Junge schon regelrecht eingeschüchtert.

„Die Tessitur ist das Tonspektrum, das ein Sänger ohne große Schwierigkeiten und Anstrengung singen kann. Für sehr hohe und sehr tiefe Töne, die außerhalb der Tessitur liegen, braucht man dann schon Gesangstechnik. Und wenn man das zu lange macht, ermüden die Stimmbänder oder nehmen sogar Schaden. Das Timbre ist die Klangfarbe eines Tones. Die setzt sich zusammen aus dem Grundton, den Obertönen, die da automatisch immer mitschwingen, und den Störanteilen. Je nachdem, auf welche Weise sich diese drei Faktoren mischen, entstehen ganz charakteristische Klänge. Ein A auf einer Trompete klingt anders als ein A auf einer Gitarre. Die Instrumente kann man mit bloßem Gehör unterscheiden, weil da entweder Anblasgeräusche oder Anrissgeräusche voraus gehen und die Materialien, aus denen das Instrument gebaut ist, ganz anders ausschwingen. Genauso hat jede Gesangsstimme ganz charakteristische Tonmischungs-Spektren, so daß jeder Mensch eine individuelle Stimme hat. Darum erkennt man Menschen auch an der bloßen Stimme. Man unterscheidet je nach Klangfarbe dann zum Beispiel in lyrischen Bariton, dramatischen Bariton, Knabenbariton, Heldenbariton, ...“

„Aha ...“, war wieder der einzige Einwurf.

Ruki grinste innerlich schon. Bald hatte er den Jungen soweit. „Wenn man keine ordentliche Ausbildung hat, kommt man meistens nicht in die Höhe. Andersrum, wenn man ne gescheite Gesangsausbildung hat, kann man durch gute Technik oft auch höher singen als vorgesehen, daher lassen sich Bariton und Tenor schwer voneinander unterscheiden. Da braucht man dann ein gutes Gehör. Bariton klingt in den tiefen Tonlagen voller, in den hohen behäbiger. Tenöre klingen insgesamt heller und unbeschwerter, kriegen dafür aber nicht so das Klangvolumen drauf.“

Sein Pseudo-Schüler stand schon mit Hypnoseaugen herum und schien endgültig abgeschalten zu haben. Gut so. Ruki klopfte ihm auf die Schulter. „Also frag deinen Sänger mal danach, und dann komm wieder, okay?“, schlug er vor und zog hämisch lächelnd von dannen.
 

In dem weitläufigen, chinesischen Tempelkonstrukt, das ihnen heute als Ersatz-Fotokulisse dienen würde, dauerte es eine ganze Weile, bis Ruki den Rest seiner Band wiedergefunden hatte. Das Fototeam hatte bereits begonnen, bestimmte Bereiche abzusperren, damit keine Besucher durch´s Bild rannten, und Reita stand schon posierend herum und wurde eifrig geknippst.

„Ruki, endlich, wo bleibst du denn?“, blaffte Kai ihn auch gleich als Begrüßung an.

„Hey, wer hat mir denn den smarten Burschen aufs Auge gedrückt!? Jetzt beschwer dich gefälligst nicht!“, hielt Ruki dagegen.

„Hast du ihn abgewimmelt?“

„Ja, der fragt uns ganz sicher nicht nochmal, ob wir Mentor spielen wollen.“

„Gut. Dann sieh zu, daß du fotogen wirst. ... Wie siehst du denn aus, in Gottes Namen? Was hast du mit deinem Kimono gemacht?“

„Was hab ich denn damit gemacht?“, schoss Ruki die Frage schlecht gelaunt zurück. Er hasste es, von irgendjemandem angepflaumt zu werden, nur weil derjenige Stress hatte, für den Ruki nichts konnte.

„Du hast deine Ärmel total zerknittert!“

„Dann hab ich jetzt eben nen Knitter-Rock! Wir sehen in den Kimonos eh aus wie Mädchen! Keine Ahnung, wer diesen saublöden Einfall hatte.“

„Du, Ruki! Das war dein Einfall!“, meckerte Kai entnervt auf ihn ein.

Der Sänger stutzte kurz. „Möglich. Aber doch nicht so hier! Ich wollte echte Kimonos! Coole Kimonos! Keinen Geisha-Aufputz!“

„Was stört dich denn an den Sachen?“

„Allein schon die Farbe! Pastell-Rot und Sakura-Pink! Sind wir ne Rockband, oder was? Vom engen Schnitt um die Beine ganz zu schweigen! Und diese Schleife auf dem Rücken! Kai, du siehst aus wie ne Prostituierte!“

„Jetzt reicht´s aber!“, schnappte der Bandleader entrüstet. „Du bist Frontmann, du kannst schauspielern! Ich weiß ganz genau, daß du auch in Unterhose und Ringelstrümpfen noch überzeugen kannst, wenn du nur willst! Also gib dir vor der Kamera halt etwas Mühe, damit du so wirkst wie du es dir vorstellst! Und jetzt zieh Leine! Reita ist fertig, die Kulisse ist deine!“

Der Sänger drehte sich missmutig um und stapfte los.

„Ach, und Ruki ...!?“

Er blieb wieder stehen. „Was denn immer noch, Mann? Soll ich nun Leine ziehen oder nicht? Entscheide dich mal.“

Kai folgte ihm die paar Schritte und strich ihm fürsorglich eine vom Wind quergelegte Haarsträhne wieder gerade. „Du bist ein guter Frontmann. Du wirst auch jetzt vor der Kamera genial sein, ich weiß es“, meinte er eine ganze Ecke ruhiger und versöhnlicher. Das war ein aalglattes Friedensangebot. Er mochte es nicht, mit irgendeinem seiner Bandmitglieder zu streiten, auch wenn er es als Bandleader nicht immer vermeiden konnte. Und das letzte was er wollte, war, Ruki mit mieser Laune an die Arbeit zu schicken. Das hätte man Ruki auf den Fotos zwar nicht angesehen, dafür war der Sänger entschieden zu professionell, aber Kai hätte sich trotzdem total schlecht gefühlt, wenn er Ruki jetzt so hätte gehen lassen. „Na los, ab auf´s Set mit dir.“

Aus Rukis Schmollschnute wurde ein dankendes Lächeln. „Ist gut.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  JINO
2017-11-08T19:16:55+00:00 08.11.2017 20:16
Ernsthaft um 6 uhr 30? Denjenigen würde ich gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz langsam qualvolle schmerzen hinzufügen.

Ach neee und nun is der Ausweis abgelaufen. Du jemineee :’D
Kai pellt Ruki die Haut ab….

Wie viele graue Haare Kai wohl schon hat?

Armes Kerlchen… weil Gazette als Mentor und diese wollen nicht… Kann ich aber verstehen.

>>Kai, du siehst aus wie ne Prostituierte!<<
O_O What the hölle? Rukiiii!
Aber okay. :’D

Liebe grüße

Antwort von: Futuhiro
09.11.2017 11:06
> Wie viele graue Haare Kai wohl schon hat?
--> Ich frag mich eher, wieviele Reita schon hat. :D

> >>Kai, du siehst aus wie ne Prostituierte!<<
O_O What the hölle? Rukiiii!
--> Wenn´s doch so ist!? XD (Und das schlimme ist: es war Rukis Idee. XD)

Vielen Dank wieder für´s Mitlesen und Mitkommentieren. ^^
Von: abgemeldet
2017-11-07T20:04:09+00:00 07.11.2017 21:04
Schadeee heute war Ruki mal ganz brav XDD
Bester Teil war aber Rukis Ausraster gegenüber Kai wegen den kimono obwohl das seine Idee war und den Schluss wo er Kai angeschauzt hat ob er gehen soll oder nicht DE Der ganze Gefasel über stimmen hat selbst mich bitte gemacht 😂

Antwort von: Futuhiro
08.11.2017 15:14
Ganz brav? Die Nuss hat vergessen, seinen Ausweis verlängern zu lassen und hat damit sämtliche Terminpläne gekippt. XD

> Der ganze Gefasel über stimmen hat selbst mich bitte gemacht
--> Spitze, dann hat es den gewollten Effekt erzielt. :D

Danke für´s Kommi ^^


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