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Von Katzen und Fledermäusen

von

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*
 

Madara lag auf ihrem Sofa und schaute fern, als sie nach Hause kam. Es war das erste Mal, dass sie ihn alleine für so einen langen Zeitraum zurückgelassen hatte. Sakura war heute Morgen beim Verlassen ihrer Wohnung alles andere als wohl gewesen. Aber sie wollte sich nicht mehr krankschreiben lassen; sie hing schließlich an ihrem Job.
 

„Du warst lange weg“, kommentierte Madara, ohne den Blick vom Fernseher zu lösen. Er trug Hosen, die sie ihm gekauft hatte. Bei der Größe und Länge hatte sie ins Schwarze getroffen.  
 

Sakura reagierte nicht, sondern inspizierte erst einmal ihre gesamte Wohnung nach möglichen Schäden. Zu ihrer Verblüffung stellte sie fest, dass alles an seinem Platz und heile war. „Ich war eben arbeiten“, ging sie verspätet auf seine Worte von vorhin ein. Kühl fügte sie hinzu: „Etwas, das du überhaupt nicht kennst.“
 

Madara schaltete den Fernseher aus und richtete sich auf dem Sofa auf. „Hast du etwas zu essen mitgebracht?“
 

Etwas Positives hatte Sakura zu berichten: Madara hatte so einen großen Gefallen an Katzennahrung gefunden, dass er ihr keine Energie mehr abzapfte. Er verzehrte das Essen und die Katzenmilch stets in seiner Katzenform – wahrscheinlich, weil es ihm selbst komisch vorkam, es in seiner Menschengestalt zu tun.
 

„Ja“, antwortete Sakura, „es wird dir gefallen.“ Schließlich ist das Zeug verdammt teuer, ging es Sakura durch den Kopf. Sakura hatte sich der bedingungslosen Kooperation verschrieben in der Hoffnung, dass Madara sich, sobald bei vollen Kräften, komplett aus ihrem Leben entfernen würde. Sie wollte nicht täglich nachfragen, wann es denn so weit sei; Madara ließ sich gelegentlich über Menschen aus und gab ihr zu verstehen, dass er sich überhaupt nicht an ihrer Nähe erfreute.
 

Sakura ging in die Küche und bereitete das Essen für Madara vor, der, kaum dass sie den Teller auf dem Boden abgestellt hatte, sofort in seiner Katzenform angelaufen kam.
 

Während sich Madara genussvoll seinem Essen hingab, beschloss Sakura, ein Bad zu nehmen. Sie hatte nach all der Zeit ein wenig Entspannung nötig. Auf Musik verzichtete sie an diesem Abend und schloss die Tür zum Bad ab, damit Madara sie nicht überraschen konnte. Sie hatte sich bereits Kleidung zurechtgelegt, um sie gleich nach dem schönen Bad anzuziehen.
 

Seufzend stieg Sakura in die Wanne, versank im Wasser, bis es ihre Brüste bedeckte, und lehnte ihren Kopf nach hinten. Sie öffnete die Augen und sah auf die Decke. Sakura dachte an den Mann, dem sie an jenem Abend begegnet war. Sie hielt ihn nach wie vor für eine Fledermaus; Madara gegenüber erwähnte sie allerdings, dass sie den mysteriösen Fremden am Tag getroffen hatte. Es war natürlich eine Lüge. Aber sie hatte gemerkt, dass Madara seitdem entspannter war.
 

Sakura zuckte erschrocken zusammen, als sie ein Miauen hörte. Langsam drehte sie ihren Kopf in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war, und blickte auf Madara, der auf der Waschmaschine neben dem Waschbecken saß und sie musterte.
 

„Um Gottes willen!“, schrie Sakura auf und bedeckte ihre Brüste. „Wie zum Teufel bist du hier reingekommen?!“
 

Sie blinzelte, und Madara stand in seiner Menschengestalt vor ihr. Er war nicht nackt – dafür war sie es.
 

„Du unterschätzt die Schnelligkeit einer Katze.“
 

„Raus!“, schrie sie. Aber Madara dachte gar nicht dran. Er entledigte sich seiner Hose, und Sakura bedeckte beschämt und verängstigt gleichermaßen ihre Augen.
 

Er machte sich komplett nackt, sammelte sein Haar zu einem prächtigen, unordentlichen Dutt und sagte ihr, sie solle ihre Beine einziehen.
 

„Nein!“, schrie Sakura aufgeregt. „Nein, nein, nein! Du wirst nicht in die Wanne steigen!“
 

Als sie seinen Fuß im Wasser spürte, zog sie ihre Beine reflexartig an ihre Brust. Ihr Körper zitterte und sie schlang die Arme um ihre Knie. Die Augen blieben geschlossen. In diesem Moment war ihr nach weinen zumute. Sie wollte das nicht.
 

„Kein Angst“, sagte Madara, als er sich ins Wasser niederließ. Seine Anwesenheit trieb den Wasserpegel weit nach oben. „Du hast nichts an dir, was ich nicht an anderen Frauen gesehen habe, und ich bin nicht darauf aus, mit dir Geschlechtsverkehr in der Badewanne zu haben.“
 

„W-Wenn du ein Bad nehmen willst, dann kann ich dir separat eins einlassen. Steig bitte aus“, flehte Sakura nun.
 

„Wieso hast du keinen Mann?“, wollte er wissen, und in seiner Stimme lag deutliches Interesse.
 

„Was geht dich das an?“
 

Madara sagte nichts.
 

„Ich habe einfach keinen“, zischte Sakura ungehalten. Sein Schweigen provozierte sie. „Ich weiß nicht, wie es bei euch ist – aber der eine oder andere Mensch gibt sich irgendwann damit ab, dass er für den Rest seines Lebens Single bleiben muss. Auch wenn er es nicht unbedingt so haben möchte.“ Trotz der Situation durchbohrte Sakuras Brust ein Schmerz, den sie schon lange nicht mehr empfunden hatte.
 

Sie sah nicht, wie Madara die Augen verengte. Er spürte diesen Schmerz, senkte den Blick und erfasste mit seiner Hand ein im Wasser schwimmendes Blütenblatt. „Keine Katze bleibt alleine“, sagte er dann. „Wir schätzen die Liebe in allen ihren Formen – die Liebe zur Familie, die Liebe zum Freund, und am meisten die Liebe zu seiner zweiten Hälfte. Wer seine zweite Hälfte nicht findet, gilt als verloren.“
 

„Ich fände es wirklich toll, wenn ich dich jetzt sehen könnte“, sagte Sakura. „Solche tiefgründigen Dinge kannst du doch nicht mit mir besprechen, wenn wir in der Badewanne sitzen und ich die Augen geschlossen habe.“
 

„Dann mach die Augen auf. Du wirst nichts sehen, was dich empören könnte.“
 

Sakura schluckte. Sie hatte ihn zwar schon hinreichend nackt gesehen, so ganz wohl dabei war ihr aber nicht. Nahe war er ihr ebenfalls oft genug gekommen, aber so nahe noch nie. Andererseits berührten sich ihre Körperteile nicht.
 

Sakura schüttelte mental den Kopf. Nein, nein und nochmals nein! Versuchte sie gerade, die Situation allen Ernstes zu legitimieren? Seit dieser Mann, dieser Kater in ihr Leben getreten war, fühlte sie sich wie eine Gestörte. Er war attraktiv. Jawohl, er war es! Das war objektiv, nichts, was sie bestreiten konnte. Sakura hatte dennoch kein Interesse daran, seinen Körper und besonders seine Männlichkeit zu erkunden. Er war zwar attraktiv, aber sein Charakter war schäbig. Madara nutzte sie aus und würde sie hoffentlich bald fallenlassen wie eine heiße Kartoffel. Das war Sakura viel lieber, als dauerhaft teure Katzennahrung zu kaufen und ihn mit Erzählungen über ihr Leben bei Laune zu halten.
 

Eine Bewegung zog mannigfaltiges Plätschern nach sich. Sakura horchte auf. Ein Schauer jagte ihren Rücken hinab. Für einen kurzen Moment hatte sie den Eindruck, dass er sich ihr näherte, doch dann merkte sie, dass Madara aus der Wanne stieg. Erleichtert entspannte Sakura sich. Sie hörte, wie Madara sich mit einem Handtuch abtrocknete, das eigentlich sie benutzen hatte wollen, und hörte kurz darauf, wie er in seine Hose schlüpfte. „Du bist angezogen, ja?“, vergewisserte Sakura sich.
 

Madara bejahte. Er war zwar angezogen, aber das Bad verlassen wollte er nicht. „Steig aus der Wanne aus.“
 

Sakura lachte gekünstelt auf. „Nie und nimmer.“  Sie öffnete die Augen und sah zu Madara. „Denkst du, nur weil ich dich schon so oft nackt gesehen habe, muss Gleichberechtigung vorherrschen? Schließ die Augen und dreh dich um, wenn du dich schon nicht aus dem Bad trollen willst.“
 

Zu ihrer Verwunderung tat Madara, wie ihm geheißen. Er schloss erst die Augen und drehte sich um. Der Kerl verhielt sich an diesem Tag wirklich sonderbar. Sakura wusste nicht, ob ihr das gefiel oder ob es ihr Sorgen bereitete. Was war nur los mit ihm?
 

Langsam erhob sie sich in der Wanne, ohne den Blick von Madara zu lösen. Er dachte offensichtlich nicht daran, nach ihr zu spähen. Sakura nahm erst den einen Fuß, dann den anderen aus dem Wasser und ärgerte sich darüber, dass er ihr Handtuch benutzt hatte. Sie nahm es an sich und fand einige trockene Stellen vor, mit denen sie immerhin ihre Arme abtupfen konnte.
 

Sie schreckte auf, als Madara sich in Bewegung setzte, das Bad öffnete und verschwand. Er kam nur wenige Sekunden später wieder. Beim Betreten des Bads hielt er die Augen geschlossen, reichte ihr wortlos ein Handtuch und kehrte ihr wieder den Rücken zu.
 

Sakura war nun etwas kalt, weshalb sie keine Zeit hatte, über seine Tat zu staunen. Sie trocknete sich rasch ab und zog sich an. „Ich lasse das Wasser ab“, setzte sie ihn in Kenntnis, ohne zu wissen, wieso. Schätzungsweise verunsicherte sie die Stille zu sehr. „Wer seine zweite Hälfte nicht findet, gilt als verloren“, griff sie seine letzten Worte zum Thema Partnerschaft auf.
 

Madara ging aus dem Bad raus und Sakura folgte ihm. „So ist es“, sagte Madara, als er sich in der Küche auf einen Stuhl niederließ.
 

„Hast du deine zweite Hälfte gefunden?“, fragte Sakura vorsichtig nach.
 

Madara legte den Kopf schief, fixierte sie mit seinem Blick und verneinte dann. „Ich werde nicht mehr lange hier bleiben“, sagte er.
 

„Gut. Also kommst du langsam zu Kräften?“ Ihr fiel auf, dass er ihr nie erzählt hatte, was genau vorgefallen war, dass sie ihn so entkräftet vorgefunden hatte. Mit einem Mal hatte sie wieder vor Augen, was für ein gefährlicher Mann er eigentlich war, obwohl er ihr bisher kein Haar gekrümmt hatte. Er empörte sie, brachte sie zum Schreien, aber er hatte ihr nie wehgetan oder tatsächlich versucht, sie unsittlich zu berühren, ob am Tag oder bei Nacht.
 

Madara nickte.
 

Die Stimmung zwischen ihnen war seltsam.
 

„Ich werde vor dem Bett gehen noch etwas lesen“, sagte Sakura und stand auf.
 

Madara begleitete sie mit seinem Blick und sah dann zu dem Fenster, durch das er immer in die Küche gelangte.
 

Morgen würde er wieder bei vollen Kräften sein. Durch diese Menschenfrau hätte er beinahe sein Ziel aus den Augen verloren: Es galt, den Fledermausmann wieder ausfindig zu machen, der seinen Bruder auf dem Gewissen hatte. Das letzte Mal hatte Madara Tobirama schwer verletzt.
 

Dieses Mal würde er ihn töten.
 

*
 

Sakura wachte vor dem Klingeln ihres Weckers auf und spürte etwas Warmes am Bein. Ihr erster Gedanke war sofort Madara, und als sie für Licht sorgte, entdeckte sie tatsächlich den schlafenden Kater-Madara zusammengerollt auf ihrer Decke.
 

Sie musste zugeben: In seiner Katzengestalt war er ungeheuerlich süß. Sie hatte noch nie versucht, ihn in diesem Zustand zu streicheln. Alleine der Gedanke daran war einfach merkwürdig gewesen.
 

Jetzt aber streckte sie die Hand aus und streichelte Madara über das weiche Fell im Nacken. Madara schlief weiterhin. Er schien sich hier wohlzufühlen, und in diesem Moment bedauerte Sakura, dass er bald nicht mehr da sein würde. Sie hatte mit ihm sowohl einen Mann als auch ein Haustier gewonnen – auch wenn es nicht ihr Mann und ihr Haustier gewesen war.
 

Sakura blinzelte, und Madara lag in seiner Menschengestalt neben ihr auf dem Bett. Sie erschreckte sich und sah ihn erbost an. Madara schlief gar nicht. Er hob die Lider und sah sie mit seinen kohlefarbenen Iriden an. „Du wirst dich gleich für die Arbeit fertigmachen.“
 

„Runter von meinem Bett“, sagte sie.
 

„Nein“, erwiderte Madara. „Ich werde hier weiterschlafen, wenn du weg bist.“
 

Sakura verdrehte die Augen. Hab ein wenig Geduld, Haruno, sprach sie zu sich selbst. Schon sehr bald wirst du diese Probleme nicht mehr haben.
 

Während Sakura sich für die Arbeit vorbereitete, machte es sich Madara auf ihrem Bett bequem, sank in ihre Kissen, in ihren Duft und dachte nach. Seine Gedanken waren durcheinander und er versuchte, sie zu ordnen. Dabei stellte er fest, dass es hauptsächlich Sakura Haruno war, die für das Chaos in seinem Kopf verantwortlich war.
 

Madara hielt nicht sehr viel von Menschen. Aber er fühlte sich aus irgendeinem Grund zu Sakura hingezogen, und er versuchte beinahe schon verzweifelt zu elaborieren, was es war, das ihn so fühlen ließ. Die Katzen hatten kein Gesetz, das ihnen verbot, sich mit Menschen zu vermischen; die Nachkommen einer Katze und eines Menschen hatten nicht mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen wie die Nachkommen einer Fledermaus und eines Menschen. Trotzdem war es selten zu solchen Verbindungen gekommen. Das rührte daher, dass Fledermäuse menschenaffin waren.
 

Madara runzelte die Stirn. Es war zutiefst widersprüchlich, dass gerade die Katzen, die kollektiv nicht besonders viel von Menschen hielten und sie als niedere Substanz wahrnahmen, gesunde Nachkommen zu zeugen vermochten, während die Kinder von Menschen und Fledermäusen qualvolles Leid erfuhren.
 

Sakuras Stimme brachte ihn in das Hier und Jetzt zurück. „Ich bin dann weg.“
 

Madara drehte den Kopf zur Tür. „Geh.“
 

Als Sakura ihre Wohnung verließ, drehte Madara sich auf die Seite.
 

Er würde schlafen. Wenn Sakura nach Hause kommen würde, würde er nicht mehr da sein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  SenseiSasuNaru
2018-02-11T10:29:42+00:00 11.02.2018 11:29
Hey Klasse Kapitel oh wenn Sakura ihn nicht vermisst wenn er weg ist. Ich fand das Kapitel Klasse . Hat Spaß gemacht es zu lesen. Lg
Antwort von: abgemeldet
13.02.2018 18:47
Hey!

Vielen Dank für deinen Kommentar. Sie wird ihn bestimmt vermissen. ;)

Liebe Grüße

C.
Von:  Scorbion1984
2018-02-11T09:30:50+00:00 11.02.2018 10:30
Warum macht er sich solche Gedanken ,ist Sakura doch seine Seelengefaehrtin ?
Dann wird er garantiert zurück kommen ,aber warum ist die Verbindung Mensch Fledermaus so tragisch ?
Bin gespannt wie es weiter geht !
Antwort von: abgemeldet
13.02.2018 18:48
Hallo!

Danke für deinen Kommentar.

Es wird noch alles im Verlauf, mehr oder weniger, aufgedeckt werden. Das neuste Kapitel habe ich eben hochgeladen!

Liebe Grüße

C.


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