Zum Inhalt der Seite

Eine Welt - Zwei Pole

Und wir dazwischen
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich wünsche euch einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Ich hoffe ihr hattet angenehme Feiertage. <3 Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Nachtschatten

Das große Problem der Zeit ist bei uns noch immer nicht geklärt, jedoch verbreiten in mir inzwischen ganz andere Dinge Kopfschmerzen. Ich habe das Gefühl, dass Valentin etwas vor mir verheimlicht. Und wenn ich so ein Gefühl habe, dann kann es mich nicht trügen, denn Valentin ist nicht gerade der Typ für Heimlichtuerei. Zudem ist er in so etwas miserabel. Aber vor einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass er ständig mit jemandem schreibt und sich dabei immer bewusst abwendet. Zudem geht er inzwischen zu Zeiten aus dem Haus, zu denen er weder in die Bibliothek noch sonst irgendwo hingeht, wo er lernen kann. Und das verunsichert mich. Ich möchte Valentin nichts unterstellen, jedoch möchte ich hierbei noch einmal betonen, dass er mir nie seine Gefühle gestanden hat. Wir sind beide Männer, ich weiß nicht einmal, ob er wirklich schwul ist. Er könnte auch bisexuell sein oder mich als eine Ausnahme ansehen. Diese Gedanken wollen nicht mehr aus meinem Kopf weichen.

„Hey, Teo!“, höre ich meinen Namen und sehe auf. Mein Kollege kommt auf mich zu und sieht mich besorgt an. „Geht es dir nicht gut? Du bist die ganze Zeit schon so abwesend und unkonzentriert. Wenn du krank bist, wäre es besser, du würdest nach Hause gehen!“ Ich schüttele den Kopf. „Tut mir leid, Lukas, ich bin nur abgelenkt.“ Er nickt verständnisvoll und drückt mir einen Lappen in die Hand. „Wenn du mal reden willst-“

„Danke“, unterbreche ich ihn direkt. „Aber es ist wirklich alles in Ordnung.“ Ich beginne den Tresen abzuwischen und werfe einen Blick auf die Uhr. Ich habe inzwischen die Nachmittagsschicht übernommen, sodass ich gegen acht Uhr abends die Bar wieder verlassen kann. Dann haben Valentin und ich wenigstens die Abendstunden für uns alleine. Vorausgesetzt, er ist zuhause.

Mit einem mulmigen Gefühl beende ich meine Arbeit nach einiger Zeit und packe meine Sachen zusammen. Ich gehe zu meinem Spind, um mich umzuziehen, ehe ich mein Handy aus dem Rucksack krame. ‚Hey Val, ich habe jetzt Feierabend und komme nach Hause. Bist du da? Gibt es Essen?‘ Nach fünf Minuten habe ich immer noch keine Antwort bekommen. Betrübt lasse ich den Kopf hängen und trete langsam den Nachhauseweg an. Als mein Handy vibriert, nehme ich es zur Hand und lese die Nachricht.

‚Nein.‘

Wie jetzt? Einfach nur nein? Mehr nicht? Ich mache bei einer Dönerbude halt und kaufe mir etwas zu Essen. Auf kochen habe ich nämlich keine Lust mehr! Seufzend schließe ich die Wohnungstür auf und rufe gar nicht erst, dass ich zuhause bin. Es ist stockfinster, bevor ich das Licht im Flur einschalte und meine Tasche auf den Boden fallen lasse.

Ich schlurfe in die Küche, nehme mir einen Teller und setze mich an den Tisch. „Und wie war dein Tag?“, murmele ich bedrückt zu mir selbst, ehe ich beginne zu essen. Nach der Hälfte höre ich auf. Mir ist übel und ich habe das Gefühl, dass meine Gefühle wieder mit mir durchgehen. „Warum bist du nicht hier?“ Das würde ich ihn so gerne fragen. „Was machst du immer, wenn ich arbeiten bin? Wo bist du? Bei wem bist du? Und was tust du?“ Ich spreche in den leeren Raum hinein und meine Stimme schallt zu mir zurück. Eine Antwort werde ich darauf so schnell wohl nicht bekommen.

Ich lasse meinen Kopf auf die Tischplatte sinken und schließe die Augen. Ich bin es leid, so viel nachdenken zu müssen. Es bereitet mir Unwohlsein und vor allem werde ich unendlich müde. Kurz danach bin ich in den Schlaf gesunken.
 

Als ich das nächste Mal aufwache, brennt die kleine Lampe an der Abzugshaube und ich habe eine Decke um die Schultern gelegt. Valentin muss wieder zuhause sein? Warum hat er mich nicht geweckt? Wir hätten noch reden können, zusammen einschlafen. Oder miteinander schlafen. Wobei mir das Reden momentan wirklich am wichtigsten ist. Dafür habe ich doch meine Schichten alle verschoben! Ich erhebe mich und hänge die Decke über den Stuhl. Ich schalte die Lampe aus und taste mich im Dunkeln voran in den Flur. Ein Lichtschein dringt unter Valentins Tür hindurch und ich zögere, ehe ich klopfe und sein Zimmer betreten. „Hey“, murmele ich und grinse schief. Valentin sieht von seinem Buch auf und lächelt mir sogar einen Moment knapp zu. „Abend. Sorry, ich wollte dich nicht wecken. Du sahst so fertig aus.“ Na, wenn der wüsste!

„Kann ich heute Nacht bei dir schlafen?“

Stille.

„Also nur, wenn es dich nicht stört!“

Er sieht mich abschätzend an.

„Schon ok, vergiss es.“ Ich wende mich ab und will das Zimmer wieder verlassen. „Warte!“ Abrupt bleibe ich stehen und drehe langsam meinen Kopf. „Komm her.“ Valentin hebt die Decke an und ich kann nicht anders, als zu lächeln. Ich ziehe mein Shirt und meine Hose aus und krabbele zu ihm unter die wärmende Decke. Mir fällt jetzt erst auf, wie kalt mir bis eben noch war. Ich drücke mich an Valentin und lege mich halb auf seinen Schoß, während er sein Buch weiterliest. Eine seiner Hände findet den Weg in meine Haare und streichelt mich ungewöhnlich zärtlich. Warum? Normalerweise hält Valentin immer Abstand von mir. Warum jetzt nicht? Ist etwas passiert? Hat er ein schlechtes Gewissen? Ich kann nicht mehr anders, als in jede seiner Handlungen etwas Negatives hineinzuinterpretieren. „Wie war die Arbeit?“ Valentin legt sein Buch zur Seite und lässt sich tiefer in das Bett sinken. Kurz darauf liegt er in meinem Arm und schließt seine Augen. „Wie immer eigentlich. So früh ist noch nicht so viel los, daher ist es entspannter, als die Spätschichten. Und was hast du heute so getrieben?“ Das ist meine Chance, etwas zu erfahren!

„Eigentlich nicht viel. Ich war lernen und einkaufen.“

Das ist doch die reinste Lüge! „Warst du deswegen so lange unterwegs? Ich habe auf dich gewartet, aber bin dann eingeschlafen.“ Valentin zuckt mit den Schultern und murrt nur vor sich hin. Was verheimlicht er mir?! „Ich habe unterwegs noch eine alte Freundin getroffen und war mit ihr einen Kaffee trinken.“ Interessant. Eine alte Freundin also? Eine Exfreundin? Aber Valentin hatte mir damals doch erzählt, dass er in jeglicher Beziehung Jungfrau war und auch noch nie eine Beziehung hatte! Vielleicht also eher eine Affäre? Oder ein Schwarm? Mein Herz zieht sich zusammen. Seit wann mache ich mir eigentlich so viele Gedanken um solche Sachen? „Kenne ich sie?“, hinterfrage ich.

„Nein, nicht, dass ich wüsste.“

Nicht gut, gar nicht gut! „Ich liebe dich Valentin“, sage ich leise in der Hoffnung, dass von ihm eine entsprechende Reaktion kommt. „Hmh…“; murmelt er jedoch nur. Autsch. Ich schließe meine Augen und presse die Lippen aufeinander. Ich weiß, ich sollte ihn direkt darauf ansprechen, aber ich möchte nicht, dass er wieder sauer wird und behauptet, dass ich ihm Dinge unterstelle, die nicht stimmen. Ich bin vermutlich einfach nur furchtbar eifersüchtig und paranoid. Meine Hände verkrampfen sich um seinen Körper und ich presse ihn unbewusst enger an mich heran.

„Teo! Du zerquetschst mich!“, meckert Valentin auch schon los und ich lasse ihn erschrocken los. „Entschuldige!“ Valentin mustert mich genau, wobei ich versuche, seinem Blick auszuweichen. „Was ist los mit dir, Teo?“ Ich zucke nur mit den Schultern. „Nichts, wieso? Bin nur müde und etwas angespannt.“ Hoffentlich genügt es Valentin als Antwort. Was mich besonders an unserer Art… Beziehung stört, er kann meine Gefühle wunderbar aus meinem Gesicht ablesen und ich verstehe nicht einmal die Worte, die er sagt.

Valentin setzt sich auf und blickt auf mich herab. „Soll ich dir den… Rücken… massieren?“ Er wird bei den Worten rot und sieht ein wenig schnippisch zur Seite. Ich bin erstaunt. Es kommt normalerweise wirklich NIE etwas von Valentin. Bisher habe ich immer die Andeutungen gemacht, wenn ich körperliche Nähe haben wollte, egal auf welche Weise. Langsam nicke ich und lege mich auf den Bauch. Er zieht die Decke weiter nach unten und setzt sich auf meinen Hintern. Ich bin immer wieder erstaunt, was für ein Federgewicht dieser Junge ist.

Valentin beginnt behutsam mich zu massieren und ich seufze zufrieden auf, schließe meine Augen und gebe mich ganz dem Gefühl hin, dass er gerade nur für mich da ist und für niemanden sonst. „Erzählst du mir jetzt, was los ist?“ Will Valentin den Moment zerstören? „Ich sagte doch, nichts. Ich bin kaputt von der Arbeit und muss noch Kram für die Uni machen.“

„Du weißt, dass das nicht stimmt. Aber wenn du nicht reden willst, bitte.“ Wie kommt es, dass er es immer wieder schafft, mir ein schlechtes Gewissen zu machen, wo ich doch eigentlich böse mit ihm sein sollte? Er ist ein Meister der Manipulation. Und ich falle wirklich jedes Mal darauf herein.

Als Valentin die Massage beendet, beugt er sich zögerlich zu mir herunter und gibt mir einen kurzen Kuss in den Nacken. Sofort bekomme ich eine Gänsehaut und erschaudere. Das ist nun wirklich neu. So etwas hätte der normale Valentin niemals getan! Irgendetwas muss also los sein! Ich schiele zu ihm, als er sich wieder neben mich legt und das Licht ausmacht. „Lass uns schlafen“, murmelt er und wendet mir den Rücken zu. Ich starre ihn unentwegt an, ehe ich ihm meinen Arm umlege. Ich ziehe ihn wieder an mich und verstecke meine Nase in seinen Haaren. „Wenn irgendwann mal etwas los ist, dann rede mit mir, okay?“ Valentin nickt. Versteht er es nicht? Er soll jetzt mit mir reden! Mir erzählen, was er verheimlicht und warum er sich so merkwürdig aufführt! Wir sind nun wirklich schon ein paar Monate zusammen, – oder besser gesagt sind wir uns vor ein paar Monaten das erste Mal so nahe gekommen – da sollte es doch möglich sein, mit mir zu reden! Wobei ich es ja selber nicht tue.

Nach einiger Zeit höre ich den gleichmäßigen Atem von Valentin. Er ist eingeschlafen. Ruhig und friedlich, während ich mir den Kopf zerbreche und nicht mehr weiß, was Sache ist. Ich wusste noch nie, was Sache ist! Woher auch?! Ich würde nur so gerne einmal hören, dass Valentin mich wirklich gernhat. Wenigstens ein bisschen. Aber ich habe das ungute Gefühl, dass ich darauf noch sehr lange warten kann und wir vorher eher die Beziehung beenden, als dass es je zu einem Liebesgeständnis seinerseits kommen wird.
 

Valentin liebt den Herbst und er hasst Rosen.

Sein Sternzeichen ist Steinbock.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück