Kapitel 2
Nun saß Nion also in einem fremden Auto, auf dem Weg zu einem Fremden. Wieso hatte er dem nur zugestimmt?! Na ja, der andere Mann hatte wirklich verzweifelt gewirkt. Nion seufzte. Manchmal war er einfach zu weich, aber er konnte nicht anders. Gefrusted von sich selbst sah er aus dem Fenster und so zu wie die Landschaft an ihm vorbei flog. Wiesen, Wälder, Städte, nichts besonderes. Einen Blick auf die Uhr des Autos verriet dem Architekten, dass sie schon über eine Stunde unterwegs waren.
Langsam wurde er echt müde, aber Nion wollte nicht einschlafen. Er traute dem Ganzen einfach nicht. „Wir sind fast da“, meinte der Fahrer plötzlich. Nion zuckte zusammen. Der kurze Satz hatte die vorherige Stille zerschlagen, ihn aufschrecken lassen und wieder wachsamer gemacht. Kurze Zeit später fuhren sie durch ein Tor und Nion verschlug es den Atem, den schon durch die Bäume hatte er einen Blick auf das prachtvolle Anwesen werfen können. Entweder hatte es die Kriege überstanden, oder der Architekt wurde von den damaligen Stilen inspiriert, wobei letzteres viel wahrscheinlicher war. Je näher sie kamen, desto mehr sah das Haus, oder sollte er lieber Villa sagen, nach einem Gemisch aus Bauhaus und etwas Renaissance aus.
Es hatte klare Linien mit großen Fenstern. In der zweiten Etage einen verzierten Balkon, der über die Haustür ragte und mit verschnörkelten Säulen abgestützt wurde. Die oberste Etage war zu etwa einem drittel eine große Dachterrasse, ebenfalls mit verzierten Balustraden, und der Rest bestand aus festem Mauerwerk, Dach und Erker. Jede Etage schien um die 3 Meter hoch zu sein und die großen Fenster verliehen, dem schon fast monströsen Gebäude, etwas helles und freundliches.
Fast direkt vor der Haustüre hielten sie. Der Mann stieg aus und öffnete ihm die Tür, wobei Nion fast nicht mehr aus dem Staunen heraus kam. Für ihn, als Architekten, war es ein interessantes Gebäude, für ihn, als Mensch, war es ein Traum. Er liebte die Verschmelzung von altem und neuen und hier war dies wirklich gut gelungen. Nion folgte dem Mann bis vor die Haustür, woraufhin der Fremde klingelte. Anscheinend war die Tür mit einem Sicherheitssystem versehen, denn es gab kein Schlüsselloch und Kameras waren so an den Säulen angebracht worden, dass sie auf die Tür gerichtet waren.
Die Tür öffnete sich fast sofort und ein grauhaariger, älterer Mann im Frack empfing sie mit einer Verbeugung. „Willkommen Herr Kenev. Bitte treten sie doch ein.“ Nion ging unsicher durch die Tür. Er wusste nicht recht, was er davon halten sollte. Der andere Mann kam gar nicht erst hinein, sondern ging sofort zu seinem Auto zurück. Schnell wollte Nion ihm folgen, aber die Türe fiel zu und somit hatte er keine Chance mehr, nun ja, zu entkommen, denn bisher sah hier alles nach einem Gefängnis aus. Worauf hatte er sich hierbei nur eingelassen?
Der Mann im Frack räusperte sich kurz. „Ich heiße Sevantin Kurnez und bin der Butler hier. Sie können sich jederzeit an mich wenden, egal in welchen Belangen. Nun folgen sie mir bitte.“ Und Nion tat es, er hatte ja auch keine wirkliche Wahl, denn der Weg zurück war vorerst versperrt. Dennoch sah er sich interessiert im Haus um, konnte ja nicht schaden.
Nichts desto trotz sah Nion nicht wirklich viel, denn die imposante Eingangshalle, mit geschwungenen Treppen, die hinauf auf eine Galerie führten, welche von Säulen gestützt wurde, war nichts anderes als bloßes Zierwerk. Das einzig Interessante war, die Tür, welche gegenüber der Haustür lag. Offenbar führte sie in den Garten und das gute, sie hatte einen Griff.
Der Butler wendete sich nach rechts und öffnete eine Tür, stellte sich dann daneben und bedeutete Nion dort hinein zu gehen. Dies tat er dann auch, denn obwohl das alles ziemlich merkwürdig war, war er auch ein bisschen neugierig. Also ging Nion in den Salon hinein, und sah sich einem imposanten Mann gegenüber. Ihm verschlug es fast den Atem, denn der Mann vor ihm, war so ungefähr das heißeste Teil, das er je gesehen hatte.
Er müsste um die zwei Meter groß sein, hatte schwarze, wuschelige Haare, einen kurzen dunklen Bart, unglaublich helle, blaue Augen und selbst im Anzug konnte man Muskeln erkennen.
„Guten Tag Herr Kenev, wie schön, dass sie meiner Einladung gefolgt sind. Setzten sie sich doch (bitte).“ Nion setzte sich und beäugte den Außerweltlichen skeptisch. Er hatte sofort durch die unnatürlichen Augen des anderen gesehen, dass sein gegenüber kein Mensch war, denn eine solche Augenfarbe gab unter Menschen nicht. „Nun ja, von einer Einladung kann man jetzt ja nicht wirklich sprechen.“
Der Mann vor ihm sah Nion seltsam an, aber das kannte der Architekt schon. Die Außerweltlichen konnten nicht so fühlen, wie Menschen. Sie dachten eigentlich sehr logisch und schienen für menschliche Verhältnisse sehr kalt. „Das Ganze kam eher einer Entführung gleich, als dass ich es als Einladung hätte auffassen könnten.“
„Nun, das war nicht meine Absicht.“ Dennoch schien der Mann nicht wirklich betreten. Nion seufzte. Es war immer wieder sehr Anstrengend mit den Außerweltlichen. „Okay, also zuerst wäre es gut, wenn sie sich mir vorstellen würden.“ Der Außerweltliche sah wieder komisch zu ihm. „Nun, mein Name ist Seraph Moniot.“
Seraph Moniot? Der Name kam ihm vage bekannt vor. Wo hatte er diesen schon einamal gehört? „Eigentlich sollte ich ihnen geläufig sein, vor allem da sie das Gelände meines Kooperationspartners neu gestalten sollen.“ Stimmt, da war ja was. Nion erinnerte sich dunkel daran, dass er Herrn Moniot mal kurz vor einen Termin bei Herr Valez gesehen hatte.
Nichts desto trotz hatte er immer noch nicht erfahren wieso er hier war. Kurz sah er Herr Moniot noch an, bevor er allerdings dazu kam seine Frage zu stellen, fing dieser an zu sprechen. „Mein Anliegen, welches sie betrifft, wofür ich sie auch herholen hab lassen, ist folgendes. Ich möchte sie als meinen Partner.“ Nion sah ihn etwas verdutzt an. Eigentlich hatte er gar nicht geplant gehabt in ein Büro zu gehen, um dort seine architektonische Arbeit zu verrichten. Vor allem wofür brauchte ein High-Tec-Unternehmen, welche Elektronik herstellte, einen fest angestellten Architekten? So oft und viel konnte kein Unternehmen expandieren, dass er ständig etwas zu arbeiten hätte.
„Ähm, ich verstehe nicht ganz wofür sie mich in ihrem Unternehmen brauchen könnten.“ Immer noch ziemlich verwirrt sah Nion zu seinem Gegenüber, der bis jetzt keine Mine verzogen hatte. Teilweise war das echt gruselig mit den Außerweltlichen.
„Nun ja, ich möchte sie nicht als Partner in meinem Unternehmen.“ Eine kurze Pause folgte, in der Nion immer noch nicht drauf kam, was Herr Moniot von ihm wollte. „Ich hätte sie gerne als meinen Ehepartner.“ Äh … was?! Okay, Nion konnte noch irgendwie verstehen, dass er in das Unternehmen sollte, auch wenn das ganze etwas sinnlos war, aber … nein!
„Das können sie vergessen! Wie kommen sie überhaupt auf so eine Idee?!“ Herr Moniot seufzte. „Nun, sie schienen mir am geeignetsten. Ich möchte jemanden mit Verstand an meiner Seite, nicht eine unterbelichtete Figur, die nur auf Wohlstand aus ist.“
„Ja, dann suchen sie sich doch jemand anderen, ich spiel hier ganz sicher nicht mit.“ Nion schnaubte. Himmel, sie kannten sich nicht einmal, wie kam dieser Mann nur auf solchen Unsinn? „Nein, ich habe sie ausgesucht und bleibe bei meiner Wahl und sie bleiben hier, bis sie bereit sind mein Angebot anzunehmen.“ Tickt der noch ganz richtig? „Jetzt spinnen sie total. Ich bleib ganz sicher nicht hier. Sie sind doch irre!“
„Laut Paragraph 42 a des Vertragsbuches zwischen den Menschen und uns sind wir verpflichtet Verhandlungspartner bis Ende der Verhandlungen aufzunehmen und zu bewirten. In diesem Fall lege ich diese Vereinbarung ebenfalls auf unser Zusammentreffen aus, denn es ist nichts anderes als eine Verhandlung.“
Nion starrte den Außerweltlichen mit offenen Mund an. Das … das konnte doch nicht sein Ernst sein! Allerdings konnte er auch nichts dagegen machen, denn selbst wenn er irgendwie Anzeige und Anklage gegen ihn erheben könnte, würde Herr Moniot recht erhalten. Verdammt, er saß in der Falle.