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Als du gingst

von

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Kapitel 10

~Nathaniel~
 

Nach der Schule ging ich zu dem Tierheim von dem mir Li erzählt hatte. Würde ich hier die Antwort finden warum Bian seit Wochen nicht zur Schule kommt?

Ich atmete nochmal ganz tief ein und aus, irgendwie hatte ich ein schlechtes Gefühl und mein Magen zog sich zusammen.

Unsicher ging ich rein. Beim Eingang standen viele Gummistiefel und alles war vollgehangen von Jacken. Hatten die eine Versammlung? Von weitem hörte ich lautes Hundegebell, das mich kurz zittern ließ. Warum nur immer Hunde?
 

"Hallo? Ist jemand da?", rief ich und ging den Flur entlang zu einer Tür, die einen Spalt geöffnet war. Ein Mann Mittleren Alters, mit einer Leserbrille, dunklelblonden Haar und Anzug saß am Schreibtisch und hob den Kopf. "Kann ich dir helfen? Komm ruhig rein."

Ich schluckte kurz und öffnete ganz die Tür um den Raum zu betreten. "Ähm... Das ist doch hier das Tierheim *Gnadenhof* oder?" Der Mann lachte kurz und nahm seine Brille ab. "So ähnlich... Wir sind kein Tierheim SONDERN ein Gnadenhof. Wir vermitteln keine Tiere."

Verdammt ich hätte mich näher erkundigen sollen! Ich wusste gar nicht was ein Gnadenhof überhaupt war, ich dachte es wäre der Titel des Tierheimes. "Entschuldigung..." "Kein Problem, du bist nicht der Erste der das verwechselt. Hier ist auch gar nicht unsere Einrichtung, das hier ist nur unsere Kontaktstelle, der Hof ist außerhalb der Stadt. Aber was führt dich denn hier her?", fragte mich der Mann und lächelte freundlich.
 

"Ähm... Ich suche eine Mitarbeiterin von Ihnen, ich kenne aber nur ihren Vornamen: Anthea." Das Lächeln des Mannes verschwand und er sah betrübt zu den Tasten seines Computers. "Die wirst du hier nicht finden..." "Warum? Arbeitet sie nicht mehr hier?" Meine einzige Spur und sie brachte mich doch nicht weiter.

"Nein... Also... Sie kann hier nicht mehr arbeiten sie... Ähm... Was wolltest du denn von ihr?" Sein Blick wurde ernst und er musterte mich nachdenklich, hatte ich was falsches gesagt? "Nun ja... Man sagte mir sie wäre mit einer Bian befreundet, ein Mädchen von meiner Schule. Ich hatte gehofft sie könnte mir bei etwas weiter helfen...", gestand ich und der Mann stand auf.

"Kann sie nicht... Anthea ist letzten Monat gestorben..." Entsetzt hob ich den Kopf. "Was... Aber... Wodurch?" "Am Bahnhof ist sie auf die Gleise geraten und wurde von einen Zug erwischt. Was du sie auch immer über Bian fragen wolltest... Dafür ist es zu spät." Ich schluckte und senkte den Kopf. "Ich glaube... Meine Frage ist schon beantwortet. Entschuldigen Sie die Störung...", nuschelte ich noch und verließ das Gebäude.
 

Sie war tot... Genau zu der Zeit in der Bian nicht mehr zur Schule kam. War das der Grund? War sie so tief in ihrer Trauer um ihre beste Freundin versunken, das sie nicht mehr zur Schule wollte?

Ich dachte kurz nach. "Vom Zug erwischt...", wiederholte ich still für mich. Ob es der Bahnhof in der Nähe von Bians Dorf war? Traute sie sich dort vielleicht nicht mehr hin? Man erreicht die Stadt nur mit dem Zug... Zu Bian fährt kein Bus hier her.

Es war nur eine Vermutung, aber es erschien mir logisch. Vielleicht erinnerte es sie immer an den Tot ihrer Freundin wenn sie zum Bahnhof ging?
 

~Bian~
 

Wie immer hatte ich den ganzen Nachmittag auf meiner Lichtung im Wald verbracht. Der perfekte Ort um sich zu verstecken, denn hier fand Niemand her!

Saya und Zess tollten zwischen den Bäumen rum. So in den einzelnen Sonnenstrahlen und der wild bewachsenen Umgebung wirkten die Beiden wie Wölfe, frei und völlig im Einklang mit sich und der Natur... Beneidenswert.

Zess schmiss sich zwischen die Äste und das Moos um sich freudig hin und her zu wälzend. Kichernd streckte ich die Hand nach meinen Hund aus. "Zess du kleiner Wildfang." Sofort hob er den Kopf und sah schwanzwedelnd zu mir.
 

Saya war da anders. Wie eine stolze Göttin des Waldes schritt sie fast geräuschlos über den Boden und hatte den Kopf dabei immer erhoben. Fasziniert von ihrer Anmut starrte ich sie an. Die Hündin strahlte genau die selbe Ruhe aus wie Anthea. Es stimmte also doch, Hund und Besitzer sehen sich immer ähnlich.

Mein Blick ging wieder zu Zess, der die Schnauze in ein Loch gesteckt hatte. Er war wild, verspielt, unachtsam, stur und ungezwungen, war ich das auch?
 

Ich dachte mal ich wäre so... Aber ich war nur noch ein Schatten von mir. Meine Welt, die mich all die Jahre stark machte, war nur noch düster und vereinsamt und alles andere außerhalb dieser Welt war mir fremd. An diesen Leben das meine Familie führte hatte ich nie teil genommen. Ich hatte es beobachtet, zugesehen, aber ich führte ein ganz anderes.

Uns trennten all die Jahre Welten... Und jetzt so zu tun als würde ich zu ihnen gehören kam mir wie Heuchlerei vor. Vor zu geben ich würde mich anpassen, mit ihnen Probleme zu teilen. Ich liebte meine Familie, keine Frage, aber ich hatte nie viel Zeit mit ihnen verbracht, hatte ihnen auch wenig zu sagen was sie interessieren könnte und um ehrlich zu sein hatte ich mich immer vor ihnen verstellt.

Ich schloss die Augen und atmete den Duft des Waldes ein. Mein Körper fühlte sich wieder so schwer an, als würde ihn etwas runter ziehen. Ich musste mich von diesen Gefühl befreien. Ich atmete die saubere Luft ein und formte mit den Lippen ein Lied.
 

"Wir streben alle hier immer nur nach Perfektion.

Sag mir bitte mal was ist perfekt, Wer ist das schon.

Menschen kritisieren, du sollst immer nur der Beste sein

In dieser großen Welt fühle ich mich oft so klein.
 

Was du nicht weißt, ich fühl mich oft allein

Was du nicht weißt, ich kann auch traurig sein.

Ich bin nicht so stark, wie du meinst.

Es ist nicht immer wie es scheint.

Was du nicht weißt, ich fühl mich oft allein

Was du nicht weißt, ich kann auch traurig sein.

Ich bin nicht so stark, wie du meinst.

Es ist nicht immer wie es scheint.

Wie es scheint."
 

Meine Augen öffneten sich wieder. Musik, alles was mir von unserer zerfallenen Welt blieb, Anthea...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das Lied, das Bian singt ist von Glasperlenspiel "Was du nicht weißt". Komplett anzeigen

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