Zum Inhalt der Seite

This Great And Little Gift

[NaLu | Lucy vs. Jude]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und wieder so früh. :D (Okay, ein wenig später ist es und so, but whatever... sonderlich viele Leute können es eh nicht sein, die das mitten in der Nacht lesen.)

Enjoy. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

13. Kapitel, in dem Igneel geschockt wird

Kurz nach vier kehrte Lucy in die Werkstatt zurück. Sie trug dabei vorsichtig den scheinbar immer schwerer werdenden Karton in elegantem Dunkelblau vor sich her, in dem sich der himmlische Schokoladenkuchen aus der teuren Konditorei befand, den Igneel besonders liebte. Nicht, dass Natsu und sie selbst ihn nicht auch gerne aßen, aber Igneel war der Grund gewesen, warum sie gerade diese Torte ausgewählt hatte. Sie war sich nicht erhaben über ein paar schmutzige Tricks, um ihren zukünftigen Schwiegervater gnädig zu stimmen. (Nicht, dass sie ihn jemals laut so nannte! Sie würde es vor jedem verneinen, dass sie auch nur daran dachte. Trotzdem… Es hatte einen schönen Klang.)
 

Natsu war im Moment damit beschäftigt, die Werkstatt zu kehren, wobei er damit auch beinahe fertig war. Igneel stand in der Tür zum Büro und sprach in sein Handy. „… schade.“, sagte er gerade. „Aber ich verstehe dich. Pass nur auf dich auf, in Ordnung. Ich hoffe, dich dann spätestens an Weihnachten zu sehen!“
 

Nachdem sein Gesprächspartner geantwortet hatte, grinste er wie ein kleiner Junge. „Und diese Tradition dürfen wir nicht brechen.“ Sein Blick fiel auf Lucy und sein Gesicht hellte sich noch weiter auf, als er die unverkennbare Box in ihren Armen bemerkte. Sie winkte ihm lächelnd zu und richtete die Box auf ihren Armen. „Hör mal, Brüderchen, ich muss jetzt Schluss machen. Wir bekommen gerade Besuch.“
 

Für ein paar Momente sagte er nichts weiter, dann nickte er und schimpfte spielerisch: „Tu nicht so, als ob du nicht selbst etwas zu tun hättest.“ Er schnaubte und lachte dann. „Okay, aber vergiss nicht, dich zwischendurch mal zu melden, du bist immer so schwer zu erreichen. Bis dann. Tschüss.“
 

Sein Handy piepste leise, als er den Anruf beendete und dann wandte er sich Lucy zu. „So sieht man sich wieder.“, begrüßte er sie und fragte mit einem vielsagenden Blick auf den Karton: „Was ist der Anlass?“
 

„Mir war einfach danach.“, gestand Lucy gespielt verlegen. Sie würde das Geständnis sicher nicht hier bringen und schon gar nicht, ehe Igneel sich nicht mindestens ein Stück dieses Kuchens einverleibt hatte! „Und Natsu hat gesagt, ich soll zum Kaffee voreikommen.“
 

„Nicht, dass ich mich beschweren will… Ich bin übrigens froh, dass ihr euch wieder vertragen habt.“, begann Igneel, doch sein Sohn wurde endlich auf sie aufmerksam.
 

„Hey, Luce!“ Natsu warf seinen Besen von sich und stürmte auf sie zu, um sie zu küssen, wobei er darauf achtete, ihren schokoladenen Schatz nicht zu zerquetschen. „Geh schon mal hoch, wir kommen gleich nach. Kannst ja schon mal einen Kaffee aufsetzen!“
 

Igneel nickte ihr zu und begann, noch etwas herumliegendes Werkzeug einzusammeln. Lucy folgte dem Vorschlag mit einem leichten Winken in die vage Richtung der beiden, während sie den Weg zur Haustür einschlug. Diese war nicht abgeschlossen, ebenso wenig die Wohnungstür, und sie stellte ihren Karton auf dem Esstisch in der unordentlichen Küche ab.
 

Der Unterschied der kleinen, unaufgeräumten, aber immer behaglichen Wohnung der Dragneels zur Heartphiliavilla könnte nicht größer sein. In letzterer war alles größer und schöner und besser, alles war stets sauber und an seinem Platz. Es roch konstant frisch und helles Licht fiel durch die beträchtlichen Fenster in die großzügigen Räume. Eigentlich war die Villa perfekt, wer träumte denn nicht, in einem solchen Domizil zu leben?
 

Trotzdem fühlte sie sich seit Jahren in diesem kleinen Apartment wohler als Zuhause. Hier war sie jedenfalls immer willkommen gewesen, fand Gesellschaft, Trost und Zustimmung ohne Bedingungen und Vorbehalte, während die ignorierten Probleme und Streitfragen mit ihrem Vater stets zugenommen hatten, auch wenn sie sie sich nicht eingestanden hatte.
 

Mit geübten Handgriffen schaufelte sie Kaffeepulver in die Maschine und schaltete sie an, nachdem sie das Wasser aufgefüllt hatte. Natsu war es gewesen, der ihr das beigebracht hatte – Zuhause musste sie dafür nur ein Dienstmädchen fragen oder wenn sie sich besonders entgegenkommend fühlte, den Koch.
 

Dies war ihr erst aufgefallen, als ihre Freundschaft mit Natsu und den anderen enger geworden war. Ihr fehlten so viele grundlegende Fähigkeiten, die man für das Leben brauchte, die ihre Freunde bereits hatten. Aber wie konnte sie solche alltäglichen Dinge lernen, wenn sie stets für sie erledigt wurden?
 

Dieser Gedanke fuhr er jetzt erneut durch den Kopf. Sie hatte schon lange nicht mehr daran gedacht; vielleicht lag es daran, dass ihr jetzt drohte, all das zu verlieren, was sie früher als selbstverständlich erachtet hatte und ihr Leben sich grundlegend ändern würde, in mehr als nur einer Hinsicht.
 

Dann schüttelte sie den Gedanken ab und begann, den Tisch zu decken, wobei sie das genutzte Geschirr, das noch darauf stand, in der Spülmaschine verstaute. Die Dragneels führten einen echten Junggesellenhaushalt und keinen von beiden interessierte es, ob die Frühstücksteller noch am Abend auf dem Tisch standen. In dieser Küche, fiel ihr dabei auf, kannte sie sich besser aus als in ihrer eigenen.
 

Als Natsu und Ingeel hereinkamen, gewaschen und umgezogen, schüttete sie gerade den Kaffee in die Kanne um und die Torte war bereits angeschnitten. „Du verwöhnst uns, Lucy.“, bemerkte Igneel, während er sich setzte.
 

Lucy lächelte nur, wohl wissend, dass hier gar nichts einfach so und ohne einen Anlass geschah, und glitt neben Natsu auf die Bank, der sich bereits den ersten Bissen in den Mund schob. „Ich mache das gern.“, antwortete sie und griff ihrerseits nach der Gabel.
 

Die kleine Kaffeepause wurde zu einem gemütlichen Beisammensein, mit einem lockeren Gespräch über den Tag, das letzte Wochenende und den Pontiac Firebird, den Natsu sich gerade ausgesucht hatte, um ihn auf Vordermann zu bringen. Lucy schaffte es, sich zu entspannen und die Angst vor dem Gespräch, das gleich kommen würde, zurückzudrängen. Der Knoten, der in ihrem Magen saß, verschwand jedoch nicht.
 

Nach dem zweiten Stück Kuchen und mit der dritten Tasse Kaffee in der Hand lehnte Igneel sich zurück, sah sie an und fragte: „So, und jetzt, da ich gestärkt und ausgeruht bin, wollt ihr mir verraten, was ihr ausgefressen habt?“
 

Schlagartig wurde es Still und die beiden Teenager wechselten einen ertappten Blick. Sie hätten es sich echt denken können, dass Igneel etwas merkte! Der Mann war nicht dumm und äußerst aufmerksam. Außerdem kannte er sie beide in- und auswendig. Kein Wunder, dass er ihre Ausreden sofort durchschaut hatte.
 

Er räusperte sich, als sie nach einer gefühlten Ewigkeit noch immer nicht antworteten, und zog fragend eine Augenbraue hoch, als sie ihn wieder ansahen. „Nun?“
 

„Also…“, begann Lucy und ihre Hände schwitzten auf einmal. Sie stellte ihre Teetasse auf den Tisch ab und sie krampfte die Finger in dem Saum ihres leichten Pullovers, der lang genug war, dass er ihr fast als Minikleid reichte.
 

Natsu fing beinahe gleichzeitig an: „Ich… Wir…“
 

Sie verstummten wieder und blickten sich erneut an.
 

„Sag du’s.“, drängte sie ihn, immerhin war das sein Vater, während er gleichzeitig im selben Moment meinte: „Du kannst das viel besser als ich.“
 

„Denke nicht, du kannst es auf mich abzuschieben!“ Außerdem stand ihr das noch einmal bevor! Und Natsu würde dann nicht bei ihr sein um sie zu unterstützen! Geflissentlich ignorierte sie die Tatsache, dass sie selbst darum gebeten hatte, dass er nicht dabei sein würde, wenn sie mit Jude sprach.
 

„Nein, ich meine das ernst!“, protestierte er weinerlich. „Du…“
 

„Natsu.“, unterbrach Igneel die aufkommende Diskussion und blickte seinen Sohn eindringlich an. „Raus mit der Sprache.“
 

Natsu schluckte deutlich und wandte sich von seiner Freundin ab. Er holte tief Luft und- „Lushiischschwanger.“, nuschelte er dann so schnell, dass die Worte verwischten. Wenn Lucy nicht gewusst hätte, was er sagen wollte, hätte sie jedenfalls gar nichts verstanden.
 

Igneel ging es ähnlich, denn er blinzelte nur. Dann setzte er sich auf und stellte seine Tasse ab. „Wiederhole das. Aber langsamer.“
 

Natsu tastete nach Lucys Hand, so dass sie seinen Händedruck erwidern konnte, und sagte erneut, wenn auch diesmal weit deutlicher: „Lucy ist schwanger.“
 

Keine Chance, da etwas zu missverstehen. Man könnte eine Stecknadel fallen hören, so still war es. Igneel starrte seinen Sohn an, als hätte dieser etwas im wahrsten Sinne des Wortes Unglaubliches gesagt. Dann stützte er das Gesicht in die Hände und murmelte etwas, das wie „Oh, Natsu…“ klang.
 

Sein Gesichtsausdruck war noch immer unleserlich, als er wieder aufblickte. „Ich…“, begann er, dann schüttelte er den Kopf. „Entschuldigt mich einen Moment.“ Damit stand er auf und verließ den Raum.
 

Die beiden Teenager sahen sich betreten und geschockt an an. Lucy hätte wirklich gedacht, dass Igneel diese Nachricht besser aufnehmen würde. Was, wenn er es auch nicht akzeptieren würde? Was würden sie dann tun? Wenn Jude und Igneel sie beide dafür … verstoßen würden, dann…
 

Ja, was dann?
 

Lucys so fein säuberlich ausgearbeiteter Plan beruhte darauf, dass Igneel zumindest sich auf die Situation einstellen würde. Auf einmal hatte sie Angst. Ihre Situation würde um ein vielfaches schwieriger sein, wenn sie ganz auf sich gestellt wären, ohne die Unterstützung eines Erwachsenen. Sie brauchten Igneel. Ihr war plötzlich zum Heulen zumute.
 

„Lucy, ich…“, begann Natsu hilflos und nahm sie in die Arme. Für eine Weile saßen sie in betretenem Schweigen zusammen und hielten sich gegenseitig fest. Sie spürte, wie Natsu nach Worten suchte, doch ausnahmsweise war selbst er einmal darum verlegen. Trotzdem versuchte er es: „Wir kriegen das schon hin. Wir…“
 

Er wurde unterbrochen, als sein Vater zurückkam. „Okay. Entschuldigt.“, sagte Igneel, als er sich wieder setzte. Er wirkte immer noch überwältigt von der Nachricht und sein Haar stand wild in alle Richtungen ab, als hätte er es gerauft. „Ich musste das erst einmal verarbeiten.“
 

Lucy stieß ein kurzes Lachen aus und zog die Nase hoch. Als ob sie das nicht selbst wüsste.
 

Igneel griff über den Tisch und nahm ihre Hand in seine. „Ich wollte euch nicht erschrecken.“, erklärte er und seine Stimme nahm einen so liebevollen Tonfall an, dass ihr unwillkürlich die Tränen in die Augen stiegen. Sie erwiderte Igneels Händedruck und wischte sich mit dem Handballen der anderen Hand die Tränen aus den Augen.
 

Igneel tätschelte ihre Hand und Natsu reichte ihr ein Taschentuch, einen hilflosen Ausdruck im Gesicht. „Lucy…“, begann er, doch sie wehrte ihn ab und holte tief Luft, um sich unter Kontrolle zu bringen. Sie wollte jetzt nicht zu einem plärrenden Häufchen Elend verkommen.
 

Nachdem sie sich geschnäuzt und die Augen getrocknet hatte, holte sie tief Luft und nickte. Sie schaffte es sogar wackelig, Igneels ermunterndes Lächeln zu erwidern. Zwar fühlte sie sich noch immer aufgewühlt, doch dieses Verhalten seinerseits konnte nur bedeuten, dass er sie nicht vor die Tür setzen würde.
 

„Diesem Geständnis und eurer Haltung nach zu urteilen, wisst ihr schon ganz genau, was ihr machen wollt?“, begann er langsam und blickte sie nacheinander forschend an.
 

Lucy rutsche näher zu ihrem Freund und verschränkte ihre Finger mit seinen, während sie nickte. „Wir haben darüber gesprochen.“, kam Natsu ihr zuvor, das Gesicht ernst und entschlossen. Er nahm den Arm nicht von ihren Schultern weg. „Und wir werden das Baby nicht weggeben. Auf keinen Fall! Ich werde niemanden aufgeben, wie Ma es mit uns getan hat.“
 

Igneel sah aus, als hätte jemand ihn geschlagen. Für einen Moment war es still. „Oh, Natsu.“, murmelte er dann erneut, doch sein Tonfall war komplett anders als vorher. „Sie hat nicht…“
 

„Nein, komm mir jetzt nicht damit!“ Zornig starrte Natsu seinen Vater geradeaus an. „Ich weiß, dass die Situation komplizierter war, aber sie ist nicht mehr da und sie hat sich dafür entschieden, also hat sie uns verlassen. Ich werde das nicht auch tun! Niemals! Und Lucy sieht das auch so. Ganz egal, was wir dafür aufgeben müssen.“ In seiner Stimme schwangen Zorn und Trauer mit und wilde Entschlossenheit.
 

Ingeel sah ihn lange schweigend an, doch da war kein Zorn in seinem Gesicht, nur Trauer. Natsu wich seinem Blick nicht aus, sondern erwiderte ihn fest. Lucy nahm seine Hand wieder in ihre und sie fühlte sich so erleichtert. Natsu mochte zwar noch nicht genau wissen, worauf er sich da einließ, aber er würde eher sterben, als seine Familie allein zu lassen. Und wenn diese Familie auf diese Weise wuchs, so unbeabsichtigt es auch war, dann würde er sich darauf eben einstellen. So war er nun mal, diese Loyalität war einer der Gründe, warum sie ihn so liebte.
 

Igneels Blick wanderte zu ihr und sie brauchte einen Moment, um es überhaupt zu bemerken. Dann erwiderte auch sie ihn mit aller Entschlossenheit, die sie aufbringen konnte, während sie versuchte, ihm zu vermitteln, dass sie sich nicht Hals über Kopf in diese Sache hineinstürzte. Auch sie war wild entschlossen, für ihr Kind die Mutter zu sein, die es verdiente, und es nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
 

„Glaub mir.“, sagte sie mit fester Stimme, in die sie so viel Überzeugung legte, wie sie nur konnte. „Ich weiß, worauf ich mich hier einlasse und ich habe es mir überlegt. Auch wenn es bedeutet, dass ich nicht studieren gehe, wie ich es wollte. Dann suche ich mir halt einen anderen Job. Auch wenn es bedeutet, dass ich nicht reisen oder auf Partys gehen kann, wie ich das möchte, dann ist das halt so.“ Sie hielt einen Moment inne. „Und wenn es bedeutet, dass mein Vater nicht mehr mit mir spricht, dann kann ich das auch nicht ändern.“
 

Igneel blickte auch sie eine lange Zeit an, schließlich nickte er. „Natsu… Schau mich nicht so an. Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Ich habe sie auch geliebt.“ Er holte tief Luft. „Und ich verlange auf keinen Fall von dir, etwas zu tun, was du nicht willst, wofür hältst du mich?“ Er klang gleichmäßig und ruhig, doch Lucy konnte den mühsam beherrschten Unterton heraushören. Natsu allerdings entspannte sich neben ihr langsam und atmete dann tief auf.
 

Igneel nickte ihm kurz zu und wandte sich dann wieder an Lucy. „Ihr habt wohl noch nicht mit Jude gesprochen?“
 

Sie schüttelte den Kopf und Natsu drückte ihre Hand und sie war ihm so dankbar für diese schweigende Unterstützung. Sie hatte sich zwar bereits auf das möglichste Ergebnis eingestellt, doch das machte es nicht einfacher. „Es ist so“, begann sie vorsichtig nach Worten suchend, „dass er … meine Entscheidung vermutlich nicht akzeptieren wird. Er möchte mich sowieso schon auf ein Internat schicken, damit ich nicht mehr mit Natsu zusammen sein und mich stattdessen ganz auf meine Rolle als seine Tochter vorbereiten kann. Dabei bemerkt er gar nicht, dass ich das gar nicht will. Oder vielleicht ist es ihm auch egal.“ Sie blickte auf die hölzerne Tischplatte mit ihren Kratzern und Verfärbungen, die von dem Alter des Tisches sprachen. Jude hätte ein solch abgenutztes Möbelstück niemals in der Villa geduldet, aber hier passte es perfekt herein. Ob sie hier in Zukunft öfter essen würde?
 

„Und was macht ihr, wenn das so ist?“
 

„Dann kommt sie hierher.“, bestimmte Natsu aufmüpfig. Wollte er seinen Vater unbedingt absichtlich provozieren oder worauf legte er es gerade an?
 

Lucy warf ihm einen scheltenden Blick zu, plötzlich nicht mehr so sicher, dass das alles so laufen konnte, wie sie sich das im Moment vorstellten. Noch vor einer Stunde hatte sich dies alles toll angehört, einfach, als wäre es keine riesige Umstellung für sie alle, aber vor allem für sie selbst.
 

Denn jetzt, da sie direkt Igneel gegenüber saß, zweifelte sie.
 

Es war leicht zu sagen, dass sie wohnen würde, aber in Wahrheit war Igneel nicht Jude und hatte auch nicht seinen Reichtum. Die Wohnung war gemütlich und klein, er schwamm nicht in Geld und eine zusätzliche Person und ein kleines Baby, das war teuer und anstrengend und sowieso, vielleicht wollte er das gar nicht und Lucy wusste nicht einmal, ob sie in solchen Verhältnissen leben konnte, sie hatte es noch nie getan, und was, wenn Igneel schlichtweg nicht wollte und…
 

„Ich möchte mich nicht aufdrängen.“, erklärte sie hastig. „Ich würde auch eine andere Lösung finden.“
 

Igneel schnaubte belustigt. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich so alleine im Regen stehen lassen würde, oder? Dich und diesen kleinen Dummkopf, der sich mein Sohn schimpft?“ Er stand auf und kam um den Tisch herum, um sie auf die Füße zu ziehen. Seine Hände lagen auf ihren Schultern, sicher und fest, und sein Lächeln war warm, als er sagte: „Und mein Enkelkind?“ In seiner Stimme lag so viel Wärme und Liebe, dass sie erneut schniefte. Sie fühlte sich glücklich, dass er sie einfach so annahm, und gleichzeitig brach ihr das Herz, weil sie an ihren eigenen Vater dachte.
 

Er zog sie in eine herzliche Umarmung, die sie mit aller Macht erwiderte, die sie hatte, und lehnte die Stirn an seine Brust. „Nicht weinen, Lucy.“ Seine tiefe Stimme vibrierte in seiner Brust und er roch nach Motoröl und seinem Aftershave.
 

Was hab ich dir gesagt?“, hackte Natsu gut gelaunt nach, der ebenfalls aufgestanden war und sich zu ihnen gesellt hatte.
 

Lucy lachte und weinte und streckte die Hand nach ihm aus, so dass er sich ihnen anschließen konnte. Igneel schlang einen Arm auch um seine Schultern und ließ sie eine ganze Weile nicht los.
 

Ihr war das ganz recht so. Sie wollte nicht lügen – sie hatte Angst vor dem Gespräch mit ihrem Vater. Aber im Moment schien es ihr nicht so schlimm zu sein, sie fühlte sich sicher und geborgen.
 

Hier würde sie immer Unterstützung finden.
 


 

~~*~~❀~~*~~
 


 

Drei Tage nach dem Gespräch mit Igneel hatte sie ihre zweite Ultraschalluntersuchung und diesmal nahm sie Natsu mit. Er sollte dabei sein und sein Kind auch einmal auf dem Monitor anschauen können. Dort würde er sehen können, wie es sich bewegte, wenn er es auch noch nicht spüren konnte – aus irgendeinem Grund trat das kleine Würmchen in ihrem Bauch stets in die falsche Richtung, das hieß, gegen ihre Organe. Das erste Ultraschallbild hing inzwischen in der dragneelschen Küche am Kühlschrank.
 

Inzwischen wurde es schwerer, den Babybauch zu verbergen und die Blicke, die sie bekam, rangierten zwischen verwirrt über schockiert bis hin zu verächtlich. Ein paar Leute hatten auch diesen ‚Aw, Baby!‘-Blick, den Lucy schnell zu erkennen lernte. Allerdings war sie froh, dass all diese Blicke noch nicht sehr zahlreich waren. Noch funktionierten ihre Kaschierversuche ganz gut.
 

Grandine begrüßte die beiden Teenager mit einem freundlichen Lächeln und einem Händedruck. Unter ihrer Bluse zeichnete sich inzwischen ein sehr viel deutlicherer Babybauch aus, lange würde es nicht mehr dauern, bis sie in Mutterschutz kam. Lucy bedauerte dies, auch wenn sie sich von ganzem Herzen für ihre Freundin freute.
 

„Du bist also Natsu?“, begrüßte die Ärztin diesen mit einem spitzbübischen Funkeln in den Augen. „Ich freue mich, endlich die Person kennenzulernen, die Lucy so in Schwierigkeiten gebracht hat.“
 

Natsu wurde knallrot und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
 

Die Ärztin grinste und führte sie in den Untersuchungsraum. Sie hieß Lucy auf dem Untersuchungsstuhl Platz zu nehmen und ihr langes T-Shirt hochzuziehen. Während sie Lucy für den Ultraschall fertig machte, erklärte sie die Prozedur, die gleich folgen würde, und welche Möglichkeiten sie danach hatten, um eventuelle Krankheiten und Fehlentwicklungen jetzt schon feststellen zu können.
 

„Und, habt ihr euch entschieden, ob ihr das Geschlecht wissen wollt?“, schloss sie ihren kurzen Vortrag. „Ich kann euch nicht versprechen, dass wir tatsächlich etwas sehen, manchmal ist es verdeckt. Außerdem gibt es natürlich keine hundertprozentige Garantie, dass es auch stimmt, was wir jetzt sehen. Aber ich will nicht mit der Information herausplatzen, wenn ihr euch eigentlich überraschen lassen wollt.“
 

„Auf jeden Fall wollen wir es wissen!“, erklärte Natsu lautstark. Er schrumpfte leicht unter dem tadelnden Blick der Ärztin zusammen.
 

Aber Lucy griff nach seiner Hand und nickte ebenfalls zustimmend. „Wir haben beschlossen, dass die Schwangerschaft selbst schon genug Aufregung ist, da brauchen wir das nicht auch noch.“ Außerdem würde Erza ihnen vermutlich ewig in den Ohren liegen, wenn sie es jetzt nicht erfragten.
 

Grandine lächelte nachsichtig und drehte den Bildschirm so, dass sie beide gut hineinsehen konnten. „Das kann ich verstehen. Also gut. Ich erkläre euch, was ihr seht.“ Damit zückte sie ihre Sonde.
 

Aufgeregt griff Lucy nach Natsus Hand und drückte sie. Er lächelte ihr von seinem Platz neben der Liege aus zu, noch viel aufgeregter als sie selbst. Gleich würden sie wissen, ob sie einen Sohn oder eine Tochter bekamen und Lucys Gedanken überschlugen sich. Sie wusste gar nicht, was ihr lieber wäre, aber am Ende spielte das auch keine Rolle.
 

Grandine setzte die Sonde auf und fuhr vorsichtig durch das kühle Gel auf ihrem Bauch, während sich auf dem Bildschirm ein Bild aufbaute. Und dann verkleinerte sicht Lucys Universum auf die winzige, winzige Gestalt, die sich darauf abzeichnete. Da waren sie, die kleinen Ärmchen und Beinchen und der übergroße Kopf und…
 

Ihre Augen fühlten sich plötzlich seltsam an, ihr Blickfeld etwas verschwommen, aber sie registrierte das nur am Rande. Sie bemerkte auch nicht, wie Natsu sich vorbeugte und sein Griff so stark wurde, dass er ihr beinahe die Finger zerquetschte.
 

Das alles spielte keine Rolle mehr, nur noch das kleine Würmchen, das sie jetzt zum ersten Mal richtig sehen konnte, viel besser als beim letzten Mal. Ein Gefühl des Staunens überkam sie, so tief und so mächtig, dass die Zeit selbst anzuhalten schien. Sie konnte nur durch den Mund atmen, zwang sich zu gleichmäßigen Atemzügen und zuckte heftig zusammen, als jemand sie zart am Arm berührte.
 

„Lucy, du weinst ja.“ Natsus Stimme riss sie aus ihrer gebannten Träumerei und dann wischte sein Daumen zart über ihre Wangen.
 

„Nein, tue ich gar nicht.“, protestierte sie, aber ihre Stimme klang belegt und als sie nach ihrem Gesicht tastete, bemerkte sie selbst die Feuchtigkeit darauf. „Es ist nichts.“, versicherte sie ihrem Freund, der sie besorgt und etwas hilflos anstarrte. „Es ist nur … Ich bin nur so gerührt!“ Damit brach sie wieder in Tränen aus.
 

„Keine Sorge, das ist ganz normal.“, erklärte die Ärztin Natsu, der von seinem Stuhl aufgesprungen war und jetzt ihre Hand hielt. „Ich wundere mich, dass das noch nicht früher oder öfter passiert ist.“
 

„Wie, das passiert öfter?!“ Natsu klang so entsetzt, dass Lucy unter ihren Tränen lachen musste und dankbar nahm sie die Packung mit den Taschentüchern entgegen, die Grandine ihr reichte.
 

Diese hob die Schultern. „Die Hormone. Keine Sorge, das geht vorbei.“ Sie warf einen Blick auf den Bildschirm. „Ich werde euch Ausdrucke machen und dann mit der Untersuchung beginnen. Wollt ihr, dass ich eine erweiterte Untersuchung durchführe? Das gehört schon zur Pränataldiagnostik, nicht jeder möchte dies wissen.“
 

„Aber wir.“, bestimmte Lucy ohne nachzudenken. Natürlich wollte sie es wissen. Alles, das schief gehen konnte, sollte ausgeschlossen werden. Sie hatte wahrlich schon genug Probleme.
 

„Können wir erst einmal das Geschlecht wissen?“, schaltete Natsu sich ein und setzte sich wieder. „Bitte?“
 

Lucy war erstaunt zu sehen, wie sich Grandines Wangen über ihren Faux Pas leicht rot färbten. Dabei war sie sonst immer so beherrscht! Aber offensichtlich hatte sie dieses kleine Detail komplett vergessen. „Natürlich, Verzeihung.“ Sie räusperte sich. „Das hätte ich sofort tun sollen.“
 

Sie veränderte die Position der Sonde etwas, um ein besseres Bild zu bekommen und starrte angestrengt auf den Bildschirm. „Ihr habt Glück, es ist deutlich zu erkennen. Hier, seht ihr?“ Sie deutete auf den Monitor. „Es ist ein Junge.“
 

Lucy wechselte einen freudigen Blick mit ihrem Freund und griff nach seiner Hand und diesmal war sie es, die zu fest zudrückte. Nicht, dass ihre Reaktion bei einem Mädchen anders ausgefallen wäre, aber …
 

Ein Junge! Sie bekamen seinen Sohn!
 

Sie hoffte immer noch, dass er Natsus Augen haben und sein unwiderstehliches Grinsen, das ihm so leicht auf die Lippen trat und dem sie niemals widerstehen konnte. So wie jetzt auch. Er beugte sich vor und küsste ihre Schläfe und er hielt ihre Hand ganz fest. Für den Moment fühlte sie sich einfach glücklich, voller Vorfreude und Erwartung.
 

Grandine war es, die sich nach einigen Minuten wieder einmischte: „So ungern ich euch störe, ich habe nur begrenzt Zeit, also fange ihc mit der Untersuchung an. Hast du dich schon an einem Geburtsvorbereitungskurs angemeldet?“ Sie öffnete die Patientenakte, die neben ihr auf dem kleinen Tisch lag, der zum Ultraschallgerät gehörte, um ihre ersten Ergebnisse zu notieren. „Es gibt übrigens auch Kurse, an denen die Väter teilnehmen können. Ihr solltet euch bald darum kümmern, ansonsten sind alle Plätze belegt.“
 

Lucy schüttelte den Kopf. „Nein. Ich … war ziemlich beschäftigt während der letzten Zeit.“ Erst der Streit und die Entscheidung, dann das Gespräch mit Igneel… Ruhe war ihr anscheinend nicht mehr vergönnt. Aber war das nicht nur ein Ausblick darauf, was noch folgen würde? Sie konnte nur hoffen, dass es nicht ganz so anstrengend werden würde, ein Kind großzuziehen. Auf jeden Fall würde es nicht so … so emotional schmerzhaft sein. Dabei hatte sie noch nicht einmal mit Jude gesprochen!
 

Grandine tätschelte ihr beruhigend den Arm. „Keine Sorge, es ist noch nicht zu spät. Ich schreibe dir das Zentrum auf, an dem auch ich meinen Kurs mache. Die haben ein tolles Angebot und du findest sicher einen Kurs, der für dich auch zeitlich passt.“
 

Lucy nickte dankbar. Das hatte sie völlig vergessen! Zum Glück konnte sie sich auf Grandine verlassen, die ihr zur Seite stand.
 

„Muss ich da mit?“, wollte Natsu wissen und Lucy warf ihm einen so bösen Blick zu, dass er geschlagen die Hände hob und zurückwich. Wenn der glaubte, er würde da drumrum kommen, hatte er sich aber geschnitten!
 

„Manche Dinge sollte man einfach hinnehmen.“, erklärte ihm die Ärztin jovial und grinste.
 

Die nächste halbe Stunde führte sie ihre Untersuchungen und Messungen durch und erklärte dabei genau, was sie tat, was jenes war und was dieses brachte. Dabei versicherte sie jedes Mal, dass sie nichts Auffälliges entdecken konnte und alles in Ordnung schien. Lucy hatte nicht wirklich die Zeit gehabt, sich darum auch noch Sorgen zu machen, ob das Kind sich vielleicht falsch entwickelte, doch es erleichterte sie trotzdem zu hören, dass alles so verlief, wie es sollte.
 

Im Anschluss überreichte Dr. Marvell Lucy einige Unterlagen sowie fünf Ultraschallbilder in einem Umschlag, über den die werdenden Eltern sich mehr freuten, als sie je zugeben würden, und verabschiedete sich. Allerdings nicht ohne darauf hinzuweisen, dass die dritte Ultraschalluntersuchung von ihrer Kollegin durchgeführt werden müsste. Sie wäre zu dem Termin selbst im Mutterschutz. „Ein Mädchen.“, erklärte sie stolz und Lucy freute sich für sie.
 

Aber sie würde das schon schaffen. Sie hatte Natsu an ihrer Seite, Igneels Unterstützung und den Beistand ihrer Freunde. Mit dieser Hilfe könnte sie Berge versetzen. Ein Kind auf die Welt zu bringen und es großzuziehen, würde dagegen ein Klacks sein.
 

Sie hoffte inständig, dass sie mit dieser Einschätzung recht hatte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Yay, ein Junge! :D

Ich hoffe, Igneels Reaktion war nachvollziehbar und logisch und nicht zu übertrieben. :/ Aber mit was auch immer er gerechnet hat, als er die zwei zur Rede gestellt hat, das war es nicht.

Noch ein paar Worte zu Natsus Mutter...
Natsu hat im Manga einige Verlustängste. Er erträgt es einfach nicht, wenn jemand, den er lieb und teuer gewonnen hat, verschwindet, aus welchem Grund auch immer. Warum? Nun, vermutlich, weil Igneel ihn verlassen hat. Das ging hier offensichtlich nicht, weil Igneel sich ja noch hier herumtreibt und für seinen Sohn da ist. Also musste die Mutter ran, aber um nahe genug an die canon-Situation heranzukommen, konnte sie nicht einfach wegen einer Krankheit, eines Unfalls oder ähnlichem sterben, sondern es musste durch ihre eigene Hand sein.
Zumindest war das mein Gedankengang, als ich das alles ausgearbeitet habe.

Gruß :)
Arian Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yosephia
2016-11-01T17:12:18+00:00 01.11.2016 18:12
Igneel ist einfach fantastisch! *~*
Klar, dass er gleich Lunte gerochen hat, als die Kinder ihn so verwöhnen XD
Und das war ein ordentlicher Schock für den Armen, da fand ich es nur allzu passend, dass er sich erst einmal zurück gezogen hat, um die Haare zu raufen. Das zeigt auch wieder, was für ein toller Vater er ist, dass er nicht gleich seine ersten Gedanken in Worte oder Taten wandelt!
Auch das folgende Gespräch fand ich sehr passend. Igneel kümmert sich, das ist eine unglaubliche Erleichterung für Natsu und Lucy! Und es ist soooo süß, dass Igneel Lucy bereits zu seiner Familie zählt *~*
Der Part Natsus Mutter betreffend war sicher sehr knifflig, aber du hast ihn wirklich gut gemeistert! Klar, dass Natsu und Igneel da gleichermaßen einen wunden Punkt haben, auch wenn sich das bei jedem anders äußert!

Die Szene bei Grandine fand ich richtig schön!
Natsu ist echt putzig, wie er so mit Lucys Hormonen überfordert ist X////D
Und wie sehr sie sich über das Geschlecht freuen! *hach*

Und die Sache mit den Vorbereitungskursen fand ich lustig XD
Ich habe Mitleid mit Natsu... aber auch mit Lucy, dann Natsu wird den Kurs garantiert aufmischen XDDDD


Zurück