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Caught Cold

von

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Allein der Geruch veranlasste ihn beinahe dazu, sich übergeben zu müssen. Er hasste ihn genauso sehr, wie das schlechte Gewissen, das immer größer wurde. Wie hatte er nur so derart unvorsichtig sein können? Gewissermaßen sind es doch noch Kinder. Nur junge Heranwachsende. Er hatte sie einfach bei Gefahr alleine losgeschickt, ohne auch nur daran zu denken, was alles hätte passieren können. Blindes, törichtes Vertrauen – oder war es unentwegtes Hoffen, dass Kakashi in seinem jungen Alter die Verantwortung eines Erwachsenen tragen konnte? Für ihn und für Obito?

Was machte er, wenn dies die falschen beiden Jungen wären, eine reine Verwechslung? Zum einen wäre es eine Erleichterung, zum anderen wäre da wieder das Wissen, dass Obito und Kakashi noch irgendwo dort draußen im Wald wären. Und ihn womöglich suchten.
 

Er befand sich nun in besagtem Zimmer, in dem einer der beiden Jungen sein sollte. Er hatte sich an die Tür gelehnt, empfand sie als Stütze in seinem Rücken. Sollte er jetzt weitergehen, würde er wissen, ob seine Suche ein Ende hatte. Oder aber konnte er weiter den Geräuschen der Geräte lauschen und sich weiter in Panik versetzen lassen. Nein, er musste es ein für alle mal klären, um nicht noch weiter in Unwissenheit zu schwelgen, während seine Panik immer größer wurde! Er musste seiner Verantwortung nachkommen. Er war Jo-Nin. Er war Teamleiter. Er war Sensei seiner drei Begleiter. Er musste ihnen Zuflucht gewähren anstatt zu flüchten. Die Entscheidung war im Prinzip bereits gefallen, als sie in diesem Krankenhaus ankamen. Doch in diesem Moment wollte er sich eine letzte Wahl verschaffen. Eine Fluchtmöglichkeit vor der Realität, die er nicht kannte.

Bedacht setzte er einen Schritt nach dem anderen, die Augen fixierten den Boden unter sich – ob er auf dem kurzen Weg noch Mut finden würde? Er war nun in Reichweite, würde er seinen Blick heben, erhielte er Antwort. Antwort auf eine Frage, die zu weiteren Entscheidungen führte. Entscheidungen, die er nie hatte treffen wollen – ganz gleich in welchem Szenario. Noch immer lauschte er nur den Lauten der Geräte. Noch immer wusste er nicht, ob er den Patienten überhaupt kannte, oder erkennen würde. Doch an die Möglichkeit, dass er jemanden aufgrund der Verletzungen nicht erkennen könnte, wollte er nicht denken.

Er setzt sich ein Limit. Er konnte hier nicht Ewigkeiten rumstehen und auf wer weiß was warten. Rin wartete. Kakashi und Obito brauchten ihren Sensei. Und angsterfüllt Däumchen zu drehen und zu warten, was passiert – das war nicht er. Und das war auch nicht seine Aufgabe. Innerlich zählte er seinen Countdown an.
 

Eins.
 

Zwei.
 

Drei.
 

Als er langsam aufsah, traf es ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Seine Eingeweide verkrampften sich schmerzhaft, seine Lunge versagte für einen Moment ihren Dienst und sein Herz wurde auf Eis gelegt. Er konnte nicht handeln, sich nicht bewegen und selbst seine Gedanken verwehrten sich ihm. Er befand sich in Schockstarre,

Wie konnte so etwas… ? Was um Himmels Willen war passiert? Er hatte Kakashi sofort erkannt. Ohne dessen Maske fixiert an einem Beatmungsgerät. Der Junge, der Obito auf Trab hielt. Der Junge, den Rin liebte. Der Junge, der so unnahbar wirkte. Der Junge, der damals als schwierig eingestuft wurde. Der Junge, den er gut im Auge behalten sollte – nur leider in anderer Hinsicht. Wie konnte das passieren? Was war passiert? Was um Himmels Willen mussten seine Schüler konfrontieren, dass…? ...Wer hatte ihnen das angetan? Obito und Kakashi waren Jugendliche, wirkten weder gefährlich, noch waren sie in den umliegenden Gemeinden bekannt. Keiner würde ihnen deren Fähigkeiten einfach so ansehen. Und keiner der beiden würde sein Chakra und sein Gelerntes so offen zur Schau stellen, dass es einen Angriff provozieren würde. War es wegen der Stirnbänder, die sie in gewisser Weise als Feind markierten? Oder war es der wahllose Krieg gegen die Dörfer? Welcher Gefahr hatte Minato seine Schüler so bereitwillig überlassen?

Je mehr er an Kakashis blassem Gesicht versuchte abzulesen, was geschehen war, desto unfähiger und schwächer fühlte er sich. Verantwortungslos und dumm. Er hatte das Ergebnis seiner Fahrlässigkeit vor sich. Sein Vertrauen in den Hatake war zu groß gewesen, nein, es war überheblich und töricht. Er selbst hatte nicht einmal gewusst, wie stark die Angreifer waren. Und nun wurde ihm das grauenvolle Resultat unter die Nase gerieben - im makabersten Sinne auf einem weißen Laken vorgelegt. Kakashi… Namikaze wagte nicht, etwas zu sagen. Wagte nicht, um Verzeihung zu bitten. Er wollte nicht gehen, aber er musste. Er musste Obito sehen – sonst könnte seine Angst nicht ruhen. Er musste wissen, wie es seinem Schüler ging.

“Kakashi… ich…”, Minato biss sich auf die Lippe, überlegte, was er seinem Schüler sagen könnte. Stillschweigend konnte er nicht gehen, auch wenn ihm die Sprache fehlte – und ebenso der Mut dazu.

“Ich komme bald wieder, mach also bitte keinen Mist. Hörst du?”
 

Es war ein Alptraum, ein schreckliches und äußerst grausames Trauerspiel, mit piepsenden Beifall und lebenserzwingenden Gerätschaften. Kakashi Hatake wurde maschinell zum Leben gezwungen. Minato unterdrückte seine Übelkeit. Ohne ein weiteres Wort zu sagen verließ er den Raum. Er hatte gesagt, was er in einer solchen Lage sagen konnte. Das hier sollte zumindest kein Abschied sein.
 

Doch eine Sache hatte sich in seinem Hinterkopf festgebissen. Shuichi meinte, es hätte nur einen der beiden sehr schwer getroffen. Aber... Wie hatte Obito das geschafft?

Es war kein böser Gedanke gegen Obito. Denn der war vieles, nur nicht schwach. Ebenso honorierte und schätzte Minato Namikaze Obitos Fähigkeiten sehr und vor allem dessen Fortschritte, aber … aber wie um alles in der Welt hatte Obito es geschafft fast unverwundet zu entkommen? Dazu hatte er wahrscheinlich noch Kakashi im Schlepptau, was eine noch größere Last darstellen musste und es dessen Konzentration gewiss nicht einfacher gemacht hatte. Und Obitos Konzentration… nun denn.

Also, wie um alles in der Welt war dies alles von Statten gegangen?

Im Prinzip war es egal, denn jetzt war es zu spät, um etwas zu ändern. Und an Obitos Zustand – sofern er den wirklich nicht allzu gravierend sei – wollte er garantiert nichts ändern. Den Uchiha würde er hoffentlich gleich sehen. Konoha’s Gelber Blitz hoffte inständig, dass es Obito um ein vielfaches besser ging. Zwar hieß es, es hätte nur einen 'schlimm' erwischt, doch so, wie er Kakashi vorgefunden hatte, war nicht nur als schlimm zu bezeichnen. Mit so etwas hätte er im Leben nicht gerechnet.
 

Vor der Tür wurde er bereits von dem angehenden Mediziner erwartet, welcher ihn mit gesenkter Stimme behutsam über den jetzigen Stand der Dinge genau aufklärte.
 

Namikaze rang mit der Fassung. Er musste sich jetzt zusammenreißen! Er konnte sich jetzt nicht so gehen lassen. Er durfte nicht so nervös aussehen. Wenigstens nicht vor Obito. Wenigstens für ihn musste er sich zusammennehmen. Würde er völlig aufgelöst bei seinem Schützling erscheinen, hätte das alles andere als Vorteile. Obwohl Minato anzweifelte, dass es in dieser Lage generell irgendwo einen Vorteil zu finden gab. Der junge Sensei konnte und wollte sich gar nicht vorstellen, was gerade in Obito vorgehen musste. Es war nun an ihm seinen drei ‘Kleinen’ Halt zu geben. Es war nicht nur sein Job, es war auch sein eigener, freier Wille – ihm lagen Kakashi, Obito und Rin viel zu sehr am Herzen, als dass er sich jetzt hängen lassen würde. Mehr konnte er vorerst leider nicht ausrichten.
 

Und wieder dieser endlos lange, sterile Gang. Wie verzweigt war dieses verdammte Gebäude? Sollte das ein Scherz sein? Minato wäre es an sich egal gewesen, da er in Gedanken gewiss an anderen Orten, anderen Baustellen, anderen Problemen nagte. Jedoch wurde er jedes Mal beim Auftauchen irgendeiner Person nahezu umgerannt. Für gewöhnlich waren sie alle uniformiert und hatten neben Hektik und Nervosität nichts weiter als Eile im Blick und Panik im Gesicht geschrieben. Nicht die Art Panik vor Schrecklichen, Ungetümen. Nein, es war viel mehr diese Art von Panik, die er schon des Öfteren bei seinem jungen Uchiha mitbekommen hatte. Wenn es darum ging sich zu beeilen, nicht zu spät zu kommen. Wenn man es in der Zeit schaffen musste.

Diese stürmischen, abgehetzten Arbeiter trugen nicht positive zu seinem Gemütszustand bei. Es ließ ihn gewiss nicht zu seiner inneren Ruhe zurück, die er sonst so eisern bewahrte.

Er bemerkte nur unbewusst, dass sie bereits die Station gewechselt hatten, an ein paar nummerierten Zimmern passierten.

Und dann waren sie da.
 

"Er ist diesem Raum.”, mit einer leichten Kopfbewegung deutete Shuichi die auf die Tür am Ende des Ganges und hielt inne. Er hatte nicht vor Minato zu begleiten – er würde sich in diesem Moment ohnehin nur fehl am Platz fühlen. Wie betäubt schritt der Blonde auf das Zimmer zu, öffnete die Tür behutsam, jedoch ohne zu zögern. Schlimmer als Kakashi hätte es den Uchiha wohl kaum treffen können. Wenn es denn überhaupt zu übertreffen war.
 

"Obito."
 

Er lauschte ein Geräusch doch beachtete es nicht. Es konnte nicht wichtig sein. Nichts war jetzt wichtig. Nur Kakashi. Und dessen Leben. Dann hörte er seinen Namen. Weit, weit entfernt.
 

"Obito."
 

Er spürte, dass man sich ihm näherte. Etwas warmes. Es gefiel ihm. Es war etwas Vertrautes.
 

"Obito."
 

Eine beruhigende Stimme. Und vor allem irgendwie bekannt. Nur wollte sein Kopf nicht eins zum anderen fügen. Seine Gedanken weigerten sich, sich zu verspinnen. Es sollte leer bleiben, es sollte einfach sein.

Zwei Arme legten sich um seine Schultern, umschlossen ihn. Sanft wurde er an den warmen Körper gezogen und an ihn gedrückt. Wärme, Vertrautheit, Geborgenheit. Und auch Sicherheit. Mit einem Mal fiel all die Angst und Anspannung von ihm ab. Der Wall, der sich um seine Brust gelegt und zugeschnürt hatte fiel in sich zusammen. Es nahm ihn den Druck und holte ihn aus seinem eigenen Gefängnis. Auch, wenn er wusste, dass es falsch war – er fühlte sich erleichtert. Für einen Moment war all dies vorbei. Für einen kurzen Augenblick war alles gut.
 

Ein Schluchzen. Und darauf folgte noch eines und noch viele weitere.
 

"Ist schon gut..." Er fuhr langsam Obitos Rücken auf und ab, versuchte vergeblich ihn zu beruhigen. Der Uchiha weinte. Ununterbrochen und ungehalten. Namikaze umschloss ihn fester, drückte ihn an sich und fuhr ihm durchs Haar. Er musste ihn doch irgendwie beruhigen, aber wusste nicht wie. Er hatte seinen Schüler noch nie zuvor so erlebt. Sagen konnte Minato allerdings nichts und das war ihm klar. Nichts, was Obitos Stimmung wirklich gehoben, oder ihn wenigstens ruhiger gestimmt hätte. Nein, der Uchiha war nicht dumm und der Schock bereits tief in seine Knochen gefressen. Minato wusste, warum er Obito so vorfand und er wusste auch, woher die Tränen rührten.
 

Der Schüler krallte sich mehr und mehr haltsuchend an seinen Sensei, dachte nicht daran zu verbergen wie es ihm erging. Ein Schluchzer nach dem anderen verließ dessen Kehle, die Finger verschwanden tiefer und tiefer in dem dunklen Stoff der Kleidung seines Lehrmeisters, seine Körperhaltung sackte immer mehr zusammen.

"I- i- …ich ...ich wollte das alles nicht, Sensei! Es... es... es tut mir so leid!" Seine Stimme war aufgeregt, fast panisch und doch klang sie erstickt. Erdrückt von dem Druck und dem Leid, dass sich auf Obitos Brust niederließ. Jedoch… Minato verstand nicht, was Obito da gerade von sich gab. Was wollte er nicht? Was tat ihm leid? Wenn Kushina doch nur hier wäre, sie wusste bestimmt tausend mal besser wie man mit solchen Sachen umging. Sie hatte das weibliche Feingefühl dafür.

"Obito", er strich ihm erneut beruhigend dessen Rücken entlang, "wovon redest du?"

Er erhoffte sich mit dieser Frage vergebens, dass Obito ihm erzählte, was genau passiert war. Aber er wusste selbst bereits im Voraus, dass er darauf lange warten konnte. An dessen Stelle, würde er wahrscheinlich keinen Ton herausbringen. Nicht jetzt. Nicht in diesem Raum und nicht in diesem Umfeld.

"Es ist... alles...”, Obito schniefte, schnappte abermals nach Luft und dennoch verschwand dieser Felsbrocken in seiner Kehle einfach nicht. Stockend und auch nur leise mit vielen Schluchzern kam eine Antwort, die Minato Namikaze nur mit Mühen erfassen konnte.

“Es ist meine Schuld, Sensei."

Und Minato verstand sie nicht.
 

Dort standen sie nun. Mitten im Raum. Vor Shuichi, dessen dunkle Miene Bände sprach. Bände über Romane, die sein großer Bruder hatte nie lesen wollen. Und alles was dieser herausbrachte war "Ganz offensichtlich braucht ihr so was wie 'ne  Unterkunft.". Es klang abgeklärt, endgültig und irgendetwas schwang in diesen Worten, dass Ren in Angst versetzte. Das sollte doch nicht etwa bedeuten...?!

Rin verstand dessen Worte nicht, Ren hingegen sah seinen Bruder wie einen Wahnwitzigen an, bevor er an ihm vorbei rennen und sich mit seinen eigenen Augen von jenem versichern wollte. Erlaubt oder unerlaubt war egal. In diesem Moment sah er jedoch bereits Namikaze, der mit langsamen Schritten wiederkam. Und....
 

"Obito!"
 

“Was ist passiert? Geht es dir gut? Geht es euch gut? Wo ist Kakashi? Ist mit ihm alles in Ordnung? Wart ihr unvorsichtig? Ist euch etwas zugestoßen? Obito? Bitte, sag doch etwas! Obito!” Rin hatte ihn sanft an den Schultern berührt, ihren Blick intensiv auf ihn gerichtet. Ihr Augen hatten mit sich Tränen gefüllt, ihre Stimme war flehend und erstickt.

Aus ihr sprach die Angst. Die Situation hatte ihr unsägliche Angst bereitet. Ihren Kameraden so zu sehen, hatte sie schier in Panik versetzt. Sie war doch schon immer sehr besorgt um ihre Mitstreiter gewesen.

Namikaze konnte sich vorstellen, dass auch sie durch die Hölle ging. Als sie ihre Kameraden nicht wieder sah. Als sie ein Krankenhaus betraten, um sie zu suchen. Als er mit Shuichi leise und ohne weitere Ausschweifungen im Flur verschwand. Er hatte sie in Angst und fürchterlicher Sorge zurückgelassen. Und jetzt Obito so zu sehen… Es musste ihr einen eiskalten Stoß ins Herz gejagt haben. Und wahrscheinlich noch viel mehr Kakashi nicht zu sehen. Namikaze wusste nicht, wie er ihr das hätte erklären sollen... Ob sie es sich denken konnte? Ob sie es aus Obito herauslesen konnte? Immerhin stand dieser Anblick nicht an dessen Tagesordnung. Immerhin sah sie nicht seine Heiterkeit. Die Freude und den Stolz, den er sonst so frohen Gemüts ausstrahlte.



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