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Heimliche Hoffnung

von

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Vergangenheit

Selbstsicher und gelassen stolzierte Chris Vineyard zum Ausgang, während sie einen kleinen Koffer hinter sich her zog. Sie war frei. Nicht mehr in der Organisation gefangen und auch nicht mehr dazu verpflichtet, dass zu tun, was der Boss gelegentlich von ihr erwartete. Auch musste sie nicht mehr mit den verschiedenen Mitgliedern zusammen arbeiten und schreckliche Dinge tun. Obwohl sie sich nie ihre Gefühle anmerken ließ, gab es genügend Aufträge, die selbst für sie an der Grenze lagen oder die zu haart waren. Und trotzdem hatte sie keine andere Wahl. Wobei das gelogen war. Natürlich hatte sie eine Wahl. Ja und ein schönes Leben lag vor ihr. Nein und in ihrer Stirn steckte eine Kugel. Unter den Umständen war die Entscheidung schnell getroffen.

Wenigstens jetzt hatte sie ihr Leben endlich wieder zurück und konnte damit beginnen die letzten Jahre zu vergessen. Jetzt konnte sie endlich altern ohne Gefahr zu laufen als Versuchskaninchen zu enden. Schon damals zwang der Boss der Organisation sie zu der Einnahme eines ganz besonderen Mittels. Die Miyanos – bestehend aus Elena und Atsushi, zwei wohl bekannte Wissenschaftler – entwickelten ein ganz besonderes Präparat. Ein Präparat, welches die Welt revolutionieren sollte. Und sie war die erste Person, die mit diesem in Berührung kam. Sie erinnerte sich als wäre es erst gestern gewesen, als er zu ihr kam während sie wie ein Häufchen Elend am Boden lag, sich krümmte und auf den Tod hoffte. Die Verjüngung hatte ihren Preis. Ihr Körper schmerzte so sehr, dass sie die Bewusstlosigkeit erlangte. Und als sie schließlich wach wurde, fühlte sie sich benutzt. Wie ein Tier starrten sie alle an, musterten sie und gaben schließlich die positive Wirkung des Mittels bekannt. Sharon, wie sie damals genannt wurde, schlang ihre dünnen Arme um ihren Körper und wollte einfach nur noch raus. Es war sein Versprechen. Der Boss wusste genau, wie man seine Mitarbeiter lockte. Er versprach ihr die Freiheit. Dafür musste sie nur das Versuchskaninchen spielen.

Der Boss war unberechenbar und seine wahren Gründe waren auch ihr unbekannt. Je weiter die Forschungen gingen, desto mehr wollte er. Ewiges Leben. Unverwundbarkeit. Ewigkeit. Sharon war für zwei Stunden frei. Und selbst in dieser Zeit befand sie sich noch in den Armen der Organisation. Umziehen, fertig machen und gehen dauerte. Wäre sie damals schneller gewesen, wäre möglicherweise alles anders gekommen. Als die Schauspielerin seinerzeit ins Büro des Bosses gebracht wurde, sah sie den schmerzverzehrten Körper eines Wissenschaftlers vor sich. Auch er nahm das Mittel ein und starb. Natürlich hatten die Miyanos eine Erklärung für alles. Der genetische Code. Er war der Schlüssel. Und Chris – wie der Boss sie taufte – stand ganz oben in seiner Gunst. Sie wurde sein Liebling und bekam alle möglichen Freiheiten. Chris konnte agieren wie sie wollte, Fehler machen und wurde doch nicht bestraft. Und das nur, weil sie überlebte.

Überleben. Es ging immer nur ums Überleben. Der Boss. Gin. Chianti. Korn. Rum. Akai. Ihnen allen war sie entkommen.

Nur für Bourbon tat es ihr leid. Obwohl er ein Spitzel war – und damit nicht auf der Organisationsliste stand – arbeitete sie gern mit ihm zusammen. Er war eine Abwechslung zu den sonstigen Mitgliedern wie Gin oder Chianti. Aber da auch er sie jagte, konnte sie sich keine Gefühlsduselei erlauben. Und in den Staaten besaß er keine Handhabe gegen sie.

Chris sah sich draußen um. Kein Wagen, der auf sie wartete. Keine Paparazzos, die versuchten Bilder zu schießen und keine Polizei, kein FBI oder CIA, welches sie in Gewahrsam nehmen wollte. Nicht einmal Organisationsmitglieder, die sie erledigen wollten. Es war ein gutes Zeichen. Die Schauspielerin schmunzelte, während sie sich ihre schwarze Sonnenbrille aufsetzte und weiter ging. Ein Taxifahrer blinzelte sie überrascht an, aber Chris schenkte ihm nur ein müdes Lächeln.
 

***
 

Jodie gähnte. Mit langsamen Schritten schob sie Reiji im Kinderwagen durch den Park. Nun war es so weit. Die Tage, an denen sich die Müdigkeit in Jodies Leben schlich, häuften sich. Reiji fing mit den Koliken an, schrie oft in der Nacht und weinte sich die Seele aus dem Leib, bis er irgendwann in ihren Armen einschlief. Trotzdem war er tagsüber sehr aktiv. So wie nun auch. Die Decke, die um ihn lag, strampelte er mit den Beinen weg und gab undefinierte Laute von sich.

Jodie musste schmunzeln, beugte sich zu ihm und strich ihm über die Wange. „Gefällt dir das?“, wollte sie von ihm wissen.

Wieder antwortete Reiji mit einigen Lauten. Jodie lächelte herzhaft. Vor einigen Monaten konnte sie sich das Mutter-Dasein überhaupt nicht vorstellen und dachte, dass sich nichts ändern würde. Bücher und Dokumentationen zeigten so viel auf und Jodie hatte von Anfang an das Gefühl, alles falsch zu machen. Jetzt wo Reiji aber da war, blühte sie in der Mutterrolle auf. Sie liebte die Herausforderung und vor allem die Zeit, die sie mit ihrem kleinen Sohn hatte. Obwohl wenig Zeit verging, kam es ihr vor, als wäre diese mit Lichtgeschwindigkeit an ihr vorbei gezogen.

Jodie schob den Kinderwagen weiter und sah kurz nach oben an den Himmel. Zum Glück spielte das Wetter mit und sie musste sich keine Sorgen machen, dass Reiji möglicherweise krank wurde. Und selbst wenn, dann war es eben so und sie würde ihren kleinen Liebling pflegen.

Jodie blickte wieder auf den Kleinen. Obwohl sie nicht mehr beim FBI arbeitete, hielt sie die Augen offen. Seit James Offenbarung waren Monate ins Land gezogen. Und wenn sie von ihrem ehemaligen Boss hörte, redeten sie immer weniger über die Organisation. Wie gern hätte Jodie in Japan angerufen und nachgefragt. Shuichi anzurufen war noch immer gefährlich. Camel würde wie immer Rücksicht auf ihre Gefühle nehmen und sich bedeckt halten. Und James…James würde zuerst das Für und Wider abwägen, das nötigste erwähnen und das Gespräch erneut auf Reiji und seine Veränderungen lenken. Unglücklicherweise lief er damit Türen bei Jodie ein. Reiji legte einen Schalter in ihr um und auch wenn sie es gar nicht wollte, konnte sie gar nicht aufhören über ihren Sohn zu sprechen. Auch wenn Jodie bei jedem einzelnen Telefonat das Gefühl bekam, alles bereits dreimal erzählt zu haben, tat sie es beim nächsten Mal erneut. Und auch das Ende der Gespräche mit James ähnelte sich.

Wann willst du Akai von Reiji erzählen?

Natürlich war die Frage berechtigt. Aber sie konnte nicht einfach so die Wahrheit in die Runde werfen und hoffen, dass sich nichts änderte. Eigentlich schob Jodie es ungern auf. Je mehr Zeit verging, desto schwerer würde es werden. Aber was sollte sie sonst tun? Sollte sie Shu anrufen und ganz nebenbei seinen Sohn erwähnen? Oder ihm einfach ein Foto von dem Kleinen schicken?

Selbst James musste zugeben, dass das Telefon keine gute Wahl war. Ein vier-Augen oder ein sechs-Augen Gespräch war mindestens nötig. Nur konnte Jodie schlecht mit Reiji nach Japan fliegen. Und auch Shu konnte sich nicht einfach so in den Flieger setzen und in die Staaten kommen. Jodie wusste, dass noch Jahre vergehen konnten, ehe die Organisation endlich vernichtet wurde. Wollte der konnte sie noch solange warten? Konnte sie Reiji ein Leben ohne Vater zumuten? Jodie seufzte leise.

„Hach mein Kleiner“, murmelte sie leise. „Wann soll ich dem Papa von dir erzählen?“, wollte sie von Reiji wissen. Reiji gluckste. „Ja, ich hab das Klingeln ja auch gehört“, fügte sie an und steuerte die nächste Bank an. Sie stellte den Kinderwagen neben dieser ab und betätigte die Bremsen, ehe sie sich setzte und das Handy heraus zog.

James

Jodie runzelte die Stirn. Der letzte Anruf war nicht lange her. Und doch überkam sie ein ungutes Gefühl. Ein Gefühl, welches ihr ständiger Begleiter war, sobald ein Anruf aus Japan kam. Jodie atmete tief durch und nahm den Anruf schließlich entgegen. „Jodie hier.“

„Ich bins, James. Wie geht’s dir?“, wollte er wissen.

„Ach ganz gut“, antwortete Jodie angespannt. Sie warf einen kurzen Blick auf Reiji und hielt ihm dann den Schnuller hin. Bei den leisen Geräuschen die er machte, lächelte sie. „Wir sind gerade im Park und gehen ein wenig spazieren“, fügte sie an.

„Wenn ich euch störe, kann ich auch noch später anrufen.“

„Ach quatsch. Du störst doch nicht“, entgegnete Jodie sofort.

„Wie geht’s Reiji?“

Jodie lehnte sich nach hinten. „Ganz gut. Du glaubst ja nicht wie niedlich er ist. Eigentlich muss ich dir mal ein Bild von ihm schicken“, fing Jodie an. „Und du glaubst ja nicht, wie kräftig er mit den Füßen strampelt. Manchmal hab ich das Gefühl, ich hab hier einen kleinen Fußballer bei mir.“

James kicherte. „Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Reiji ist bestimmt ein sehr aktives Baby und hält dich den ganzen Tag auf Trab.“

„Oh ja, das kannst du laut sagen. Aber er hält mich jetzt auch in der Nacht wieder stärker war. Aber das wird schon wieder.“

„Das glaub ich dir gern. Er hat schließlich Akais Gene.“

Jodie schluckte. „James? Wie geht es ihm?“

Der Agent schwieg für einen Moment.

„James? Was ist los? Bitte…sag mir die Wahrheit.“

„Es tut mir leid, dass ich dich nicht bereits informiert habe“, fing er an. „Aber zu meiner Verteidigung, ich hielt es für das Beste erst anzurufen, wenn die ganze Sache geregelt ist.“

„Okay…James…du machst mich gerade sehr nervös.“

„Nachdem Akais Identität aufflog, dauerte es nicht lange, bis Rum die Wahrheit über Bourbon heraus fand. Wir mussten handeln, Jodie. Akai und Furuya arbeiteten zusammen einen Schlachtplan aus“, fing James an. „Der Plan sah vor, dass sie zuerst die Scharfschützen ausschalten. Chianti konnte festgesetzt werden, Korn hingegen erschoss sich selbst.“

„Ja…gut…das versteh ich soweit“, murmelte Jodie.

„In der Zwischenzeit kümmerten sich Akai und Furuya um Gin und Rum. Beide sind tot.“

Jodie wurde blass. Beide sind tot.

„Furuya wurde fast von Rum getötet, als Vermouth eingriff und ihm das Leben rettete. Laut Furuya zog sie sich bereits vorher vom Geschehen zurück und keiner von uns dachte, dass sie an dem Tag wieder auftauchen würde. Es war wohl reiner Zufall oder unser Glück.“

„Glück“, wisperte Jodie leise.

„Glück für Furuya. Sie tötete Rum. In der Zwischenzeit verfolgte Akai Gin in ein Gebäude. Auf dem Dach kam es zum Schusswechsel indessen Verlauf Gin mit seinem Leben bezahlte. Unglücklicherweise wurde dabei der Sender eines Sprengsatzes ausgelöst.“

„Sag mir nicht…dass…dass…Shu…Shu…er…“

„Was? Nein. Natürlich nicht.“

Sofort verspürte Jodie einen Schwall Erleichterung. Er lebte. „Mach mir nie wieder solche Angst.“

„Ich…es tut mir leid, Jodie“, entgegnete James ruhig. „Akai konnte der Explosion entkommen. Allerdings befand sich Vermouth zu diesem Zeitpunkt auf dem Dach.“

„Ist sie tot?“

„Wir konnten nur eine Leiche bergen.“

„Ich verstehe. Wie geht es Shu? Ist er verletzt?“

„Es geht ihm…den Umständen entsprechend gut. Er hat nur eine Wunde am Bein und an der Schulter. Nichts Schlimmes. Du kennst Akai. Ihn kann nichts unterkriegen“, meinte James. „Wahrscheinlich streitet er sich gerade mit den Ärzten darüber, wann er entlassen werden kann.“

Jodie musste schmunzeln. „Das kann sehr gut sein.“ Jetzt wusste Jodie wenigstens, warum sie vor einigen Tagen einfach nicht einschlafen konnte und warum ihr ungutes Gefühl sie den ganzen Tag begleitete. Es war ein Gefühl, welches sie einfach nicht einordnen konnte. „Wie geht es jetzt weiter?“, wollte die ehemalige Agentin wissen.

„Wir sind gerade dabei die Hintermänner und die anderen Mitglieder zu verhaften?“

„Woher wisst ihr, wer die Hintermänner sind? Und was ist mit dem Boss?“

„Akai fand an seinen Scheibenwischern eine Liste mit den Namen aller Mitglieder der Organisation. Den Großteil konnten wir – mithilfe der japanischen Geheimpolizei – stellen und verhaften. Viele haben aus Angst direkt gesungen. Andere waren weniger kooperativ, aber das bekommen wir noch hin.“

„Das ist gut…dann hat der Spuk endlich ein Ende. Shu wird wohl die Verhöre leiten, nicht wahr?“

„Das würden wir uns wünschen. Es gibt noch immer viele Mitglieder, die vor ihm Angst haben. Allerdings gibt es da noch eine Sache, Jodie.“ James atmete tief durch. Er konnte es nicht verschweigen.

„Die da wäre?“ Ein Kloß breitete sich in ihrem Hals aus. „Ich weiß, dass ich Shu bald von seinem Sohn erzählen muss. Aber dafür wäre es hilfreich, wenn er hier wäre.“

„Darum geht es mir nicht. Es geht um Vermouth.“

Jodie seufzte. „Was hat sie jetzt schon wieder getan?“

„Sie weiß von Reiji.“

Vor Schreck hätte Jodie das Handy fast fallen gelassen. Mit bleichem Gesichtsausdruck saß sie da. Sie schluckte.

„Leider wissen wir nicht, wo sie sich gerade aufhält. Sollte sie in New York erscheinen, tu bitte nichts Unüberlegtes. Furuya sagte, dass sie dich in Ruhe lassen will.“

„Woher weiß sie von ihm?“

„Sie war wohl mehrfach in den Staaten und hat dich beobachtet.“

Jodie schluckte erneut. Vermouth war hier. Sie war ihr nah und trotzdem bemerkte die Agentin nichts. „Sie war…sie war wegen mir…hier…und ich…ich hab sie nicht einmal bemerkt…ich hätte…sie bemerken müssen.“

„Jodie, bitte, mach dir keine Vorwürfe. Wenn Furuya richtig liegt, wird sie dir nichts tun. Allerdings darfst du auch nichts gegen sie unternehmen.“

„Verstanden.“

„Akai ist wegen dir sehr besorgt. Es wäre sehr gut möglich, dass er sich entschließt in den nächsten Tagen rüber zu fliegen.“

Jodie wollte etwas erwidern, als Reiji einige Laute von sich gab. „James? Hier ist jemand, der wieder meine Aufmerksamkeit möchte.“

„Hmm?“ Dann hörte er ein leises Glucksen. „Ah, ich hör den kleinen Mann schon. Ich glaube, gegen ihn hab ich einfach keine Chance.“

„Seh ich genau so, James.“

„Dann halte ich dich nicht länger auf. Ich selbst werde in den nächsten Tagen wieder nach New York kommen. Dann reservierst du mir aber mindestens ein Treffen. Ich muss den kleinen Mann schließlich auch mal kennen lernen.“

Jodie lächelte leicht. „Das wird kein Problem sein. Ich kann es kaum erwarten. Bis bald.“ Jodie legte auf und steckte das Handy zurück in die Hosentasche.

„Ich kann es auch kaum erwarten.“

Schockiert, aber auch überrascht sah die ehemalige FBI-Agentin hoch. „Ver…mou…th…“, wisperte sie. Jodie sprang auf und stellte sich instinktiv vor den Kinderwagen. „Wage es ja nicht“, meinte sie.

„Ich bin nicht hier um dir oder dem Kleinen etwas anzutun“, entgegnete die Schauspielerin und schob sich die Sonnenbrille auf den Kopf.

„Was willst du dann?“

„A secret makes a woman a woman.“

Jodie verengte die Augen. Da waren sie wieder. Die Worte aus dem Mund der Mörderin ihres Vaters. Worte, die sie damals täglich wiederholte und sich merkte. Worte, die nur die Mörderin ihres Vaters kannte. Worte, mit denen sie sie überführen wollte.

„I’m just kidding“, fing die Schauspielerin an. „Ich dachte, wir könnten das Kriegsbeil begraben.“

„Kriegsbeil begraben“, wiederholte Jodie. „Das glaubst du doch wohl selber nicht.“

„Ich wüsste nicht, was nun im Wege stehen sollte.“ Chris sah an Jodie vorbei zum Kinderwagen. „Süßer Fratz.“

„Lass ihn in Ruhe.“

„Ach komm schon. Meinst du, ich weiß erst seit eben, dass du einen Sohn hast? Du solltest mich doch mittlerweile besser kennen. Aber ich muss wirklich sagen, dass ich anfangs sehr überrascht war.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Und ich hätte wirklich nicht gedacht, dass ausgerechnet du Mutter wirst. So kann man sich irren.“

Jodie schwieg.

„Eigentlich wollte ich ja nett sein. Aber wenn du nicht willst…Dabei dachte ich, dass du gern antworten haben willst, jetzt wo die Organisation keine Bedrohung mehr darstellt.“

„Was willst du dafür im Gegenzug?“

„Kannst du dir das nicht denken?“, wollte die Schauspielerin wissen. „Ich geb dir die Informationen die du willst und dafür lässt mich das FBI in Ruhe.“

Verunsichert sah Jodie sie an. „Ich wüsste nicht, welche Informationen ich unbedingt von dir haben will.“

„Wirklich nicht? Hast du dich nie gefragt, wie es deinem Vater gelang so viele Informationen über mich zu sammeln, wie ich dahinter kam und vor allem, wieso ich so einfach in euer Haus eindringen konnte?“

Jodie presste die Lippen aufeinander. Vermouth fing an eine Grenze zu übertreten. Eine Grenze, die alles ändern konnte. Aus dem Augenwinkel sah sie zu Reiji. Sie konnte – sie durfte – ihn nicht in Gefahr bringen. Aber wie sollte sie auf den Deal eingehen? Vor allem, da sie es ohne Rücksprache mit den Kollegen getan hätte. Und trotzdem musste sie es wagen und auf James Hilfe hoffen. „Gut.“

„Gut, was?“

„Gut, ich werde mit dem FBI sprechen und sie bitten, dass man dich nicht mehr jagt.“

„Sehr schön“, grinste Chris. „Ich seh, du bist die Tochter deines Vaters.“

Jodie knirschte mit den Zähnen. „Du solltest aber nicht vergessen, dass ich nicht mehr für das FBI arbeite. Ich kann dir nur versichern, dass ich mit ihnen reden werde. Ob sie auf den Deal eingehen, kann ich dir nicht versprechen. Das FBI wird dich weiterhin jagen und ich bin mir sicher, dass sie dich irgendwann bekommen werden.“

„Je später desto besser für mich“, gab Chris von sich. „Außerdem bin ich mir sicher, dass du sie schon überredet kriegst.“

„Macht es dir eigentlich Spaß mich so zu quälen?“

Chris zuckte mit den Schultern und sah zur Seite. „Schau mal. Ein Vater mit seiner kleinen Tochter. Weckt das nicht auch bei dir Erinnerungen?“

Jodie verengte die Augen. „Wie du willst…“, murmelte sie leise. „Warum konnte mein Vater damals so viele Informationen über dich sammeln?“

Vermouth spielte die Überraschte. „Ah. Nun wird es interessant. Aber ich muss ja sagen, dass ich es sehr schade finde, dass dir der gute Mr. Black nicht alles über die Vergangenheit deines Vaters erzählte. Wusstest du, dass Akai nicht der erste Spitzel des FBIs in unseren Reihen war?“

Jodie schwieg.

„Die Organisation war damals noch nicht so, sagen wir, stramm aufgebaut. Dein Vater wurde damals vom FBI beauftragt sich bei uns einzuschleusen und sein Weg lief über mich. Da ich damals mit der Schauspielerei erst anfing, bewarb sich dein Vater als Bodyguard bei mir. Du erinnerst dich doch noch wie er aussah, nicht wahr? Er war wirklich ein stattlicher Mann“, schwärmte sie ihr vor. „Dein Vater flirtete gelegentlich mit mir, er behandelte mich wie ein ganz normaler Mensch. In seinen Augen war ich keine Schauspielerin, keine Person, die etwas Besseres war. So kam ich schließlich auch nicht umhin mich in ihn zu verlieben. Ja, du hast richtig gehört. Ich habe deinen Vater geliebt. Aber er…er hat einfach nur mit mir gespielt und eine Information nach der anderen entlocken können. Ich war jung und dumm, aber es war mir eine gute Lehre. Weißt du, wie ich dahinter kam, dass er mich nur benutzte? An einem Abend wollte ich meine Fähigkeiten erproben und bin ihm in Verkleidung gefolgt. Kannst du raten, wo er mich hinführte?“

Vermouth sah Jodie für einen Moment schweigend an. „Er ging nach Hause. Kaum, dass er die Einfahrt betrat, bist du auch schon aus dem Haus gelaufen und hast ihn umarmt. Dann kam deine Mutter. Meine Gefühle bekamen ihren ersten Knacks und trotzdem hoffte ich, dass er sich mit deiner Mutter nur das Sorgerecht teilte. Aber weißt du, was die Wahrheit war? Er küsste sie.“ Vermouths Stimme wurde düster. „Und dann seid ihr zusammen ins Haus gegangen. Mit einem Mal wurde mir bewusst, dass ich nur das Mittel zum Zweck war. Natürlich musste ich mich an ihm rächen.“

Jodie schluckte.

„Zwei Abende später hab ich euch dann zu Hause besucht. Deine Mutter war gerade arbeiten, also konnte ich in ihre Rolle schlüpfen. Vorher stieß ich natürlich rein zufällig mit deiner Mutter zusammen und konnte ihr die Schlüssel abnehmen. Sie hat nichts gemerkt“, schmunzelte die Schauspielerin. „Mein Plan war perfekt. Dein Vater saß im Arbeitszimmer und schrieb gerade einen netten Bericht über mich. Er war so sehr in seiner Arbeit vertieft, dass ich mich in Ruhe anschleichen konnte. Erst als ich seine Schläfen massierte, bemerkte er mich und natürlich hielt er mich für deine Mutter.“ Vermouth kicherte. „Dabei hätte ich eigentlich gedacht, dass er meine Maskierung sofort erkennt. Als es dann soweit war, hatte er die Kugel bereits in der Stirn. Du kannst eigentlich froh sein, dass ich damals noch eine ganz andere Person war und mir keine Zeit beim Morden ließ. Damals wollte ich den Moment einfach nicht genießen.“

Jodie wich nach hinten, als sich Vermouth mit der Hand durch ihr langes, blondes Haar fuhr.

„Hmm? Hast du Angst, dass ich dich jetzt erschieße?“ Sie überlegte gespielt. „Das wäre natürlich eine Möglichkeit. Dann könnte ich den Kleinen auch zu mir nehmen und als mein Sohn aufziehen. Ich bin gespannt, ob du dann, wie dein Vater, bei deinem letzten Atemzug an dein Kind denkst.“

Jodie bekam Angst. Es war lange her, dass sie sich so machtlos fühlte. So verängstigt und allein. Immer wieder sah sie aus dem Augenwinkel zu ihrem Sohn. Sie durfte ihn nicht bekommen. Niemals.

„Mach dir nicht in die Hose. Ich sagte doch bereits, dass ich das Kriegsbeil begraben will. Wenn du mich in Ruhe lässt, lass ich dich auch in Ruhe. Natürlich gilt das auch für das FBI.“

„Verschwinde…“, wisperte Jodie leise.

„Sayonara.“
 

Jodie zitterte am ganzen Leid. Panik überkam sie. Ihr Gesicht war bleich. Erst Reijis Laute holten sie aus der Starre. Verängstigt nahm sie ihren kleinen Sohn aus dem Kinderwagen und drückte ihn an sich.

„Ich bin ja da…“ Unter Tränen strich sie ihm über den Rücken. „Alles ist gut…ich pass auf dich auf…Mama ist ja da…“

Jodies Herz schlug höher. Ihr Puls raste und sie konnte nicht anders als sich auf der Bank sacken zu lassen. „Ich bin ja da“, wiederholte sie leise. Mit der linken Hand hielt sie ihren Sohn fest, mit der rechten zog sie das Handy aus ihrer Hosentasche. Ohne zu überlegen, tippte sie eine SMS.

Vermouth



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  mokachan
2016-02-28T15:35:06+00:00 28.02.2016 16:35
OMG...😶
Was für eine gigantische, erschreckende Wendung.. Vermouth hatte tatsächlich ein Verhältnis mit Jodies Vater?!😨😲
Ich muss ehrlich zugebn; mit dem hätte ich nie Nie gerechnet! Als du geschrieben hast das Jodies Vater mit Vermouth ein Verhältnis hatte, habe ich zuerst gelegentlich gedacht, dass jetzt dieser Star wars Moment kommt, wo Vermouth sagen würde "ich bin deine Mutter" aus welchen Gründen auch immer😂😄
Aber ein sehr gutes Kapitel, dass bisher überraschendste der ganzen Geschichte.. Lass dir noch einiges einfallen um mich zu schockieren und vom Stuhl zu hauen..😙😘
Zusätzlich noch zu dem Kapitel : du hast diese vorgeschichte mit Vermouth und Jodies Vater sehr gut verknüpft und auch vermouths Verjüngungskur war gut ausgelegt😎
Und ja, sie sollte unserem heimlichen Vater Shu ja langsam mal ihren Sohn beichten; es wäre langsam mal an der Zeit.
ich freue mich auf das next Kapitel.😊😙😍
LG mokachan🌺

Antwort von:  Varlet
28.02.2016 16:48
Danke für deinen Kommentar,
du hast da aber etwas Falsch verstanedn. Vermouth hatte kein Verhältnis mit Jodies Vater.
Jodies Vater sollte als Spitzel Informationen über Vermouth sammeln, wurde ihr Bodyguard und flirtete höchstens ein wenig mit ihr. Daraufhin verliebte sich Vermouht in ihn, er sich aber nicht in sie. Und sie hatten auch nie irgendwas miteinander

Mal sehn, ob mir noch was einfällt, um dich zu überraschen und vom Stuhl zu hauen. Ich geb mir Mühe dabei.
Von:  Avialle
2016-02-28T13:00:28+00:00 28.02.2016 14:00
xD Demokratie, Vermouth hatte die Wahl - egal wie bescheiden die Möglichkeiten waren, sie hatte eine, also alles fair :D
Aber irgendwie bekommt man fast schon Mitleid mit ihr. Am Ende wurde sie nur benutzt und war ein Opfer, wie alle anderen auch
Das James nur Reiji sagen muss und schon hat er Jodie, ist süß. Da merkt man, dass sie ihr Kind wirklich liebt, obwohl er ungeplant war
Sowas sagt man aber auch echt nicht via Telefon, ist schon eine blöde Situation
Mit diesem um den heißen Brei herum reden, macht James doch alles nur schlimmer statt besser -_-
Na holla das Waldlamm
Irgendwie war zu erwarten, dass es noch ein Mal zu einer Konfrontation der beiden kommen würde
Aber das? Ohje, die arme Jodie. Da gibt sie alles auf, damit ihr Kind in Sicherheit ist und dann passiert sowas. Klar, als Mutter ist sie da sehr empfindlich, dann auch noch das Thema mit ihrem Vater... autsch.
Antwort von:  Varlet
28.02.2016 16:50
Danke für deinen Kommi,
ja, Vermi hatte es nie einfach, aber trotzdem hätte sie, wie du schon sagtest, auch was anderes wählen können. Allerdings ist es schwer, wenn man eigentlich leben wll und noch nicht weiß, was passiert. Und am Ende wars zu spät ^^

stell dir mal vor, Jodie ist sauer und geht an die Decke. Dann kommt die frage wie es Reiji geht udn schon ist sie zuckersüß und im Mami-Modus *kicher*
das mit Vermouth hab ich natürlich extra eingebaut, da ich gern die Geschichte zwischen Jodie und Vermouth auch abschließen möchte, damit Jodie irgendwann in Ruhe leben kann


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