Zum Inhalt der Seite

Heimliche Hoffnung

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Vermouth

Shuichi Akai öffnete langsam seine Augen. Sein Arm und sein Bein schmerzten. Selbst sein Kopf dröhnte. Langsam erkannte der FBI-Agent die Konturen besser. Shuichi schloss die Augen und öffnete sie wenige Sekunden später wieder. Es war lange her, dass er selbst als Patient im Krankenhaus lag. Sehr lange. „James?“, fragte er leise. Seine Stimme schien eingerostet. „Was ist passiert?“

Erleichtert blickte James seinen Mitarbeiter an. Er saß auf dem Stuhl vor dem Krankenbett und lächelte. Zum Glück erwachte Akai. Endlich. Denn wie hätte er Jodie sonst die Situation erklären sollen? Eigentlich wollte er sie direkt am Abend anrufen. Die Umstände änderten sich und der Anruf blieb aus. „Wir fanden dich in deinem Wagen“, fing James an. „Nachdem dich das Adrenalin verlassen hat, bist du zusammen gesackt.“

„Verstehe…“

„Du lagst zwei Tage lang im künstlichen Koma. Aber mach dir keine Gedanken. Die Schusswunde im Bein ist nicht so schlimm und deine Schulter wird auch schon wieder werden.“

„Jodie?“

„Es geht ihr gut“, antwortete James ruhig.

„Nein…Vermouth war bei ihr vor einigen Tagen oder Wochen.“

James schüttelte den Kopf. „Jodie geht es gut. Ich hab in den letzten Wochen mit ihr gesprochen. Vermouth war definitiv nicht bei ihr.“

Erleichterung durchzog den Agenten. Auf der anderen Seite ärgerte er sich, dass er auf diesen Bluff herein fiel und sein Herz in jenem Moment schneller schlug. „Was ist mit der Liste?“, wollte Akai wissen.

„Unsere Männer haben zusammen mit der japanischen Geheimpolizei den Großteil bereits verhaftet.“

„Was ist mit dem Boss?“

„Die japanische Geheimpolizei hat ihn in Untersuchungshaft festgesetzt.“

„Gut“, murmelte Akai. „Vermouth war auf dem Dach. Was ist mit ihr passiert?“

„Nachdem das Feuer gelöscht werden konnte, fanden wir nur eine Leiche.“

„Gin.“

James nickte. „Wir wissen nicht, wie sie es geschafft hat, aber sie ist entkommen.“

Shuichi überlegte. „Fallschirm.“

„Das wäre sehr gut möglich“, stimmte James zu. „Bourbon…nein…Furuya sagte, dass sie die ganze Zeit über Andeutungen machte, frei zu sein. Er nimmt auch an, dass sie seit längerem den Plan verfolgte aus der Organisation zu entkommen, ohne dass sie nach ihr suchen.“

„Und natürlich steht ihr Name deswegen auch nicht auf der Liste“, gab Akai verächtlich von sich. „Ohne einen triftigen Grund können wir sie dann wohl nicht verhaften. Und selbst wenn wir sie mit den Geschehnissen hier in Verbindung bringen, würde es in den Staaten einen Eklat geben.“

Leise seufzte James auf. „Das heißt auch, dass die Beweise, die Jodie so mühsam zusammengetragen hat, für die Katz sind. Ihre ganze Arbeit war umsonst…“ James verschränkte die Arme. „Sollten wir sie doch verwenden, müssen wir offen zugeben, Kenntnisse über ein Mittel gehabt zu haben, dass in der Lage ist einen Menschen zu verjüngen.“

„Dann stünde dein Telefon nicht mehr still.“
 

Shuichi hielt es nicht lange im Krankenhaus aus. Rumliegen. Wunden lecken. Ruhig sein. Das konnte er auch zu Hause, wenn es kein Zwang war. Ginge es nach dem Agenten, wäre er zwei Stunden nach seinem Aufwachen bereits auf dem Weg in die Villa und würde dort seine Sachen packen. Wahrscheinlich wartete Conan bereits und wollte eine Erklärung. Er konnte sich den Blick des Grundschülers sehr gut vorstellen. Obwohl Conan viel über die Organisation wusste und im finalen Kampf dabei sein wollte, sah der FBI-Agent keinen anderen Weg. Akai zog ungern einen Außenstehenden in den Kampf mit rein. Auch wenn Conan gut war, in einer Gefahrensituation konnte er ihn nicht schützen. Das gleiche galt für Masumi. Seine kleine Schwester wollte ebenfalls unbedingt dabei sein. Beide Schüler wurden von ihm betäubt und in Sicherheit gebracht. Conan kam zu Professor Agasa, während er Masumi in die Obhut ihres gemeinsamen Bruders gab. Je weniger Mitglieder der Familie involviert waren umso besser.

Shuichi hasste es, wenn er nichts tun konnte oder durfte. Es sich einfach nur gut gehen lassen, gehörte nicht zu seinen Stärken. Wenn Jodie wenigstens da wäre.

Shu, jetzt bleib liegen und ruh dich endlich aus!

Er sah sie direkt vor sich. Jodie hätte ihre Arme in die Seite gestemmt, ihren bösen Blick – der eher lustig war – aufgesetzt und würde ihn immer wieder darauf hinweisen, dass er sich gefälligst ausruhen und erholen sollte. Mit Jodie wäre die Zeit wie im Fluge vergangen. Sie hätte sich um alles gekümmert, wäre mit dem Essen und Trinken reingekommen und wusste genau, was er brauchte. Nachdem er die Langeweile nicht mehr aushielt, wanderte der Agent nach zwei Tagen bereits durch den Flur des Krankenhauses.

„Herr Akai?“

Shuichi blickte nach hinten. Die Krankenschwester – Aiko, wie er kurz vor seiner Entlassung heraus fand – sah ihn skeptisch an. Etwas an ihr erinnerte ihn an Jodie. Wie seine Kollegin hatte sie die Arme in die Seite gestemmt und musterte ihn. „Sie sollen sich doch in Ihrem Zimmer ausruhen“, mahnte sie ihn.

Shuichi warf ihr einen missgünstigen Blick zu. „In welchem Zimmer liegt Furuya?“

„Furuya?“, wiederholte sie.

„Rei Furuya.“

„Es tut mir leid, aber ich darf keine Auskunft über andere Patienten geben“, antwortete sie.

„Dann halt nicht.“ Akai verdrehte die Augen und ging weiter. Er kam nur mühsam vorwärts. Noch immer schmerzte sein Bein, aber das würde den Agenten nicht aufhalten. Akai stoppte und lehnte sich gegen die Wand. Aus der Hosentasche seines Trainingsanzugs – natürlich trug er keinen Krankenhauskittel – zog er sein Handy heraus und wählte, die letzte, ihm bekannte Nummer von Rei.

„Furuya“, sprach dieser in sein Handy.

„Akai hier. In welchem Zimmer liegst du?“

Rei schwieg.

„Wird’s bald?“

„245, zweite Etage, Trakt B.“

„Gut.“ Akai legte auf und ging wieder zurück. Warum konnte ihm auch keiner sagen, dass das ehemalige Organisationsmitglied nur zwei Zimmer neben seinem lag?

Ohne anzuklopfen trat Akai in das Zimmer. Er sah sich um. Wie nicht anders erwartet, lag Rei in einem Einzelzimmer.

„Ich hätte es mir denken können“, meinte der junge Mann und setzte sich auf.

Shuichi musterte ihn und bemerkte den Verband um seinen Kopf. Man sah, dass der Kampf auch für ihn nicht einfach war. „Wie geht’s dir?“

„Wird schon. Rum hat mir ein wenig zugesetzt, aber im Vergleich zu ihm, hab ich es überlebt“, antwortete er. „Willst du mir wirklich weis machen, dass du hier bist, weil du dich nach meinem Befinden erkundigen willst? Dafür hättest du auch deinen Boss fragen können.“

Shuichi grinste und setzte sich auf den Stuhl, der vor Furuyas Bett stand. „Hattest du Besuch?“

„Was interessiert dich das?“, wollte der Polizist wissen.

„Wenn es sich dabei um eine gewisse Schauspielerin handelt, dann geht es mich sehr wohl was an.“

„Tja, dann muss ich dich enttäuschen. Sie hat mich nicht besucht. Und ich wüsste auch nicht, was für einen Grund sie dafür hätte. Mittlerweile müsstest du doch auch wissen, wie sie tickt. Wir haben zwar eine ganze Weile zusammen gearbeitet, aber das heißt nicht, dass ich ihr irgendwas bedeute.“ Rei überlegte. „Ich weiß nicht einmal, warum sie mich vor Rum gerettet hat. Wahrscheinlich wollte sie ihn einfach nur loswerden und ist bereits über alle Berge“, entgegnete er ruhig.

„Warum war sie in New York?“

Überrascht sah Rei auf den FBI-Agenten. „Hmm? Ach ja, das“, sprach er. „Nachdem deine Kollegin ihren Ausraster im Café hatte, wollte ich wissen, was für Pläne das FBI hat“, erzählte er.

Shuichi verengte die Augen.

„Aus dem Grund hab ich Vermouth gebeten, sich mal in den Staaten umzuhören. Im Vergleich zu mir, hatte sie es leichter dorthin zu kommen und wieder zurück. Du solltest froh sein, dass sie geflogen ist und kein anderer, wie Chianti oder Gin.“

„Was hat sie dort mit Jodie gemacht?“, wollte Shu dann wissen.

„Was weiß ich. Sie erzählt mir auch nicht alles. Der Plan bestand darin Jodie Starling zu beobachten und in Erfahrung zu bringen, was sie in den Staaten tut.“ Rei räusperte sich. „Sie kam aber ohne Erkenntnisse zurück“, fügte er an.

„Mhm…“

„Naja bis auf eine Sache.“

„Die da wäre?“

„Sie hat das Handtuch geworfen.“

„Was?“ Shuichi sah ihn schockiert an. Nein, das klang nicht nach Jodie. Das war nicht die Frau, die er kannte und schätzte. Das konnte nur eine Lüge sein. Nie im Leben würde Jodie so handeln. Nicht ohne Grund. Jodie verließ zwar Japan, aber gleich ganz aufhören? Das konnte nicht sein.

„Du wusstest das nicht?“ Rei hob fragend die Augenbraue. „Vielleicht solltest du mit ihr reden.“

Shuichi knurrte leise. „Wer ist Reiji?“ Den Namen fand er nicht auf der Liste. Aber das musste nichts heißen.

„Reiji?“ Er dachte nach. „Keine Ahnung. Ein Freund? Bekannter?“

„Du kennst ihn wirklich nicht?“, wollte Akai dann wissen.

Rei verdrehte die Augen. „Das sagte ich doch.“

Shuichi stand auf. „Wenn ich heraus finde, dass du gelogen hast und Vermouth oder dieser Reiji ihr irgendwas angetan hat, bring ich dich um.“

„So wie Scotch damals?“

Shuichi schnalzte mit der Zunge. „Wie du, musste auch ich damals Opfer bringen um meinen Aufenthalt in der Organisation nicht zu gefährden.“

„Du hast ihn also nur benutzt“, gab Rei von sich. „Wann wusstest du von seiner Zugehörigkeit zu uns?“

Shuichi ging schweigend zur Tür. Aus dem Augenwinkel sah er zu dem Agenten. „Nachdem er tot war. Eigentlich hielt ich ja viel eher dich für den Spitzel. Du glaubst nicht, wie verwundert ich damals war“, entgegnete Akai ruhig. „Danach kam mir allerdings der Gedanke, dass zwei Polizisten eingeschleust wurden. Trotzdem hab ich seine wahre Identität verschleiert und der Organisation nur die Information über seine Zugehörigkeit zugespielt.“

Rei ballte die Faust. Er hasste ihn dafür. Scotch war nicht nur ein Kollege, sie waren beste Freunde und zusammen aufgewachsen. Familie. Und Akai nahm sie ihm. „Warum hast du ihn erschossen? Was hat er dir getan? Wusste er wer du bist?“, wollte Rei wissen.

Shuichi sah die graue Tür einfach nur an. Er schloss seine Augen und ging die Szene noch einmal im Kopf durch. „Ich war noch nicht lange in der Organisation und mit Scotch unterwegs“, fing der FBI-Agent an. „An dem Tag sprach mich meine kleine Schwester am Bahnhof an. Ich konnte die Situation soweit entschärfen, dass sie meine Identität nicht preis gab. Unglücklicherweise sprach sie mich am Ende mit meinem richtigen Namen an. Scotch hatte es natürlich mitbekommen und konnte eins und eins zusammen zählen. Ehe er mich erledigen konnte, hab ich ihn erledigt. Glaub mir, Furuya, hätte ich gewusst, dass wir auf der gleichen Seite agieren, hätte ich ihn am Leben gelassen und mit ihm kooperiert.“ Shuichi öffnete die Tür und sah kurz zu Rei. „Ich hoffe, du kannst es mir eines Tages verzeihen, denn ich möchte dich wirklich nicht zum Feind haben.“ Ohne ihm Zeit zu lassen, trat Akai aus dem Zimmer und schloss die Tür.

„Akai.“

Shuichi blickte zu James.

„Solltest du dich nicht in deinem Zimmer erholen?“, wollte er wissen.

„Hast du was von Jodie gehört?“, fragte Akai.

„Alles in Ordnung bei ihr“, log James.

„Gut.“ Shuichi ging an ihm vorbei und suchte sein Zimmer auf. Die Zeit war gekommen. Er musste nach Hause zurück.
 

Es klopfte an der Tür.

„Herein.“

James trat ein. „Ich hoffe, ich störe nicht.“

„Mr. Black. Was verschafft mir die Ehre? Ich nehme an, Sie sind nicht hier um sich nach meinem Befinden zu erkundigen.“

„Gewiss nicht. Ich stehe mit Ihrem Vorgesetzten darüber in Verbindung. Es geht um Akai“, räusperte er sich. „Ich kenne seine Geschichte mit Ihnen.“

„Da läuft der Hase also. Und nun machen Sie sich Sorgen, dass ich immer noch Rache an Ihrem besten Mann üben will“, schlussfolger Rei.

James nickte.

„Dann sollten Sie ihre Sorgen beiseite schieben. So sehr ich ihn auch ausliefern würde, für mich gibt es momentan keinen Grund dafür. Und selbst wenn, die Taten, die er im Auftrag der Organisation begehen musste, sind nicht nachweisbar. Wie ich ihn einschätze, wird er sie auch sicherlich nicht freiwillig zugeben.“

„Gut, dann haben wir das ja geklärt“, meinte James und runzelte die Stirn. „Warum haben Sie Vermouth in die Staaten geschickt?“

„Hm? Hat sich das also rumgesprochen“, kam es von Furuya. „Es war doch klar, dass ich nach Ihrer Szene Nachforschungen anstelle. Und Vermouth war doch die bessere Wahl, finden Sie nicht auch?“

Ein ungutes Gefühl breitete sich in James aus. „Was wissen Sie?“

„Ich weiß, dass Agent Starling ihren Job an den Nagel gehangen hat. Und ich weiß auch, dass keiner von euch mitbekam, dass Vermouth in den Staaten war.“

„Furuya!“

„Ganz ruhig, Mr. Black. Weder Vermouth noch ich haben die Wahrheit über Agent Starling an die Organisation weiter gegeben“, entgegnete er. „Aber ich muss wirklich sagen, wir beide waren sehr verwundert, als wir von der Schwangerschaft ihrer Mitarbeiterin erfuhren. Es war ein geschickter Schachzug diese in die Staaten zu schicken. Selbst wenn ihre Schwangerschaft in Japan bekannt geworden wäre, da die Organisation keinen Zweifel an Akais Tod hatte, würde er nicht als Vater infrage kommen. Außer natürlich, wenn er noch leben würde. Natürlich stünde dann die Frage im Raum, ob Akai sich von Jodie ferngehalten hätte. Wahrscheinlich nicht…so als werdender Vater. Aber ich nehme an, dass sie ihre Schwangerschaft auch vor ihm geheim hielt. Und ja, sowohl Vermouth als auch ich wissen, dass er der Vater ist. Man erkennt die Ähnlichkeit und sein japanischer Name ist noch ein weiterer Anhaltspunkt.“

James schwieg, verschränkte aber die Arme und musterte seinen Gegenüber.

„Wie gesagt, keiner weiß von der Existenz des Kindes außer mir und Vermouth. Und zumindest ich bin nicht in der Lage ein unschuldiges Kind in den Kampf hineinzuziehen.“

„Was hat Vermouth nun vor?“, wollte James wissen.

„Ich habe keine Ahnung. Dafür müssen Sie schon mit ihr reden. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie einfach nur ihre Ruhe haben will und nicht mehr vom FBI gejagt werden will. Aber wie gesagt, dafür müssen Sie selbst mit ihr sprechen. Ihre eigenen Worte dazu waren: Wenn sie mich in Ruhe lässt, lasse ich sie auch in Ruhe. Es hängt also ganz von Ihrer Agentin ab, was nun passiert. Vielleicht sollten Sie diese anrufen und ihr von Vermouth erzählen. Nicht, dass sie noch etwas Unbedachtes tut.“

James runzelte nachdenklich die Stirn, nickte dann aber.

„Hat sie vor es ihm zu sagen.“

„Wenn die Geschichte mit der Organisation zu Ende ist.“

„Was für ein Glück. Lassen Sie mich raten, sie will es nicht am Telefon besprechen. Naja…Akai kann ja demnächst zurück fliegen.“

„Was er tut und was er nicht tut, ist allein seine Entscheidung.“
 

Shuichi blickte die Decke an. Das Rumliegen lag ihm wirklich nicht. Es war verschwendete Zeit. Zeit, die er anders nutzen konnte und nutzen wollte. Aber nein, alle sahen es anders. Alle wollten, dass er sich langweilte. Akai seufzte. Lieber wäre er draußen und würde einige Hintermänner verhaften oder noch besser, Vermouth jagen.

Nach so vielen Jahren war es vorbei. Shiho war in Sicherheit und würde demnächst wieder einem geregelten Leben nachgehen. Noch immer war sie zwar ein kleines Mädchen, bekam aber vom FBI sowie von der japanischen Geheimpolizei sämtliches Material, wie auch ein Labor, zur Verfügung gestellt. So konnte sie ihre Forschungen weiter vorantreiben und ein Gegenmittel entwickeln. Danach stünde ihr alles offen.

Die Organisation selber befand sich mittlerweile größtenteils in Sicherheitsverwahrung. Um die japanischen Mitglieder und Hintermänner kümmerte sich Furuyas Team. Die amerikanischen Staatsbürger, auch wenn sie sich in Japan aufhielten, wurden von dem FBI oder dem CIA festgesetzt. Und dann gab es jene Mitglieder, die lieber starben als sich festsetzen zu lassen. Es war ein Nachteil, aber nicht jeder Bösewicht konnte gerettet und seiner gerechten Strafe zugeführt werden.

Nur Vermouth blieb übrig. Sie war wieder entkommen, verschwunden wie eine Katze in der Dunkelheit. Es ärgerte ihn. Nach allem was er tat, was er aufgab, war sie immer noch auf freiem Fuß. Shuichi wusste, dass es nun nicht einfach werden würde. Vermouth hatte vorgesorgt. Shuichi ballte die Faust und schlug damit in die Matratze. Er konnte sein Versprechen nicht erfüllen. Sie würde immer noch als Schatten über Jodies Leben liegen.

Wie sollte er Jodie sein Versagen erklären? Und wie sollte er sie glücklich machen, wenn die Frau immer noch gehen konnte, wohin sie wollte. Für einen kurzen Moment war er ihrer Verhaftung so nah und dann entkam sie ihm. Erneut.
 

Die Schicht dauerte länger als geplant. Müde kam Shuichi Akai im New Yorker Hauptquartier an. Sein Informant erwies sich als falsche Quelle. Bereits Wochen waren sie auf der Suche nach Mitgliedern der Organisation in Staaten und kamen nicht weiter.

Ausgerechnet Jodie gelang vor einiger Zeit der Durchbruch. Nur durch einen Zufall konnte sie Chris Vineyard als Mitglied der Organisation ausmachen. Während Jodie die Beweise weiter zusammen sammelte, suchte er nach weiteren Mitgliedern. Und tatsächlich gelang es Jodie Vermouth mit einem Mord in Verbindung zu bringen. Selbst die Beweise sprachen gegen sie, wäre da nicht eine Kleinigkeit.

Überrascht stellte Akai fest, dass Jodie nicht an ihrem Arbeitsplatz saß. Es war nicht typisch für sie. Da sie das Büro teilten, hatten sie die gleichen Arbeitszeiten und kümmerten sich oft um die gleichen Fälle. Selbst wenn Shuichi im Außendienst war, wartete sie solange im Büro auf ihn. Teils weil sie mit ihm nach Hause wollte, teils aber auch, weil sie sicher sein wollte, dass es ihm auch gut ging und er nicht verletzt wurde.

Seine Alarmglocken schrillten auf. Nicht einmal ein Zettel lag auf ihrem oder seinem Platz. Irgendwas stimmte da nicht. Das Klopfen der Tür riss ihn aus den Gedanken. „Herein.“

James kam rein, sah sich um und blinzelte verwirrt. „Wo ist Jodie?“, wollte er wissen.

Shuichi zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich zu Hause.“

„Hmmm…“, murmelte James. Man sah, dass ihm die Antwort seines Mitarbeiters nicht behagte.

„Ist irgendwas passiert?“, fragte Akai direkt heraus.

„Nein, nein. Ich wollte nur nach ihr sehen.“ James sah kurz auf seine Armbanduhr. „Sie sollten jetzt auch Feierabend machen. Kommen Sie gut nach Hause.“

Akai nickte. „Mr. Black?“

„Ja?“

„Sie kommen nicht ohne Grund hier her.“ Shuichi verengte die Augen. „Wenn mit meiner Partnerin etwas nicht stimmt, habe ich ein Recht die Wahrheit zu kennen“, sprach er.

James räusperte sich. „Machen Sie sich keine Gedanken. Sollte etwas nicht mit Jodie stimmen, wären Sie der erste, der informiert wird.“

Akai nickte. „Gut. Dann geh ich jetzt.“ Mit einer Zigarette im Mund ging er an James vorbei. Etwas an dessen Reaktion passte nicht. James wirkte besorgt, wollte aber nicht sagen, um was es ging.

Akai war nicht dumm. Natürlich fragte er nicht nach, wenn die Chance eine Antwort zu erhalten, gering bis gar nicht vorhanden war.

Shuichi ging zu seinem Wagen und fuhr zu der Wohnung von Jodie. Noch bevor sie ein Paar wurden, schob sie ihm ihren Wohnungsschlüssel entgegen. Zur Sicherheit, hatte sie damals gesagt. Als Partner musste man einander vertrauen und in Notfallsituationen immer einen Weg in die Wohnung des anderen finden. Bislang nutzte er den Schlüssel nicht. Nicht einmal wenn er sie besuchte.

Shuichi stand vor Jodies Tür und zog seinen Schlüssel heraus. Er schloss die Tür auf und ging rein. Die Wohnung war dunkel und es sah aus, dass keiner zu Hause war. Wäre da nicht das Licht das aus dem Schlafzimmer schimmerte. Vorsichtig, aber auch wachsam folgte er dem Licht. Shuichi trat in den Raum und sah Jodie, in den Armen ein Fotoalbum, auf dem Bett liegend und weinen. Einen langen Moment sah er sie an.

Weinen.

Er mochte es nicht. Innerlich fühlte er sich in solchen Situationen überfordert und wusste nicht, wie er die Person trösten sollte. Bei Personen, die ihm näher standen, war es noch einmal um etliches schwerer. Shuichi atmete tief durch und setzte sich zu ihr aufs Bett.

„Hey…“ Sachte legte er seine Hand auf ihre Schulter und rieb diese kurz. „Was ist passiert?“, wollte er wissen.

Jodie blickte hoch zu ihm. Ihr Gesicht und vor allem ihre Augen waren rot. „H…heute…Dad…sei…sein…T…To…To…“

„Todestag?“

Jodie nickte und schluchzte laut, während sie sich langsam aufsetzte. Mit dem Ärmel wischte sie sich die Tränen weg. Sie wollte wieder stark sein, fühlte sich aber wie das kleine Mädchen von damals.

Shuichi konnte nicht anders und zog sie in seine Arme. Er schwieg.

„S…sie…sie hat…ihn…ihn um…umgebracht…“

Sachte strich Shu ihr über den Rücken. „Ich weiß. Wir finden sie. Ich finde sie. Ich werde sie festnehmen und ihrer gerechten Strafe zuführen. Ich versprech es dir.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Avialle
2016-02-21T12:37:44+00:00 21.02.2016 13:37
Kann es sein, dass Shu ziemlich schwer einzuhaltende Versprechen gibt...?
Kaum weint eine Frau in seinen Armen, verspricht er was^^
Nujo, dass er nicht rumliegen kann, kann ich gut verstehen. Wer immer gewohnt ist etwas zu tun, dem fällt einfach Mal abschalten ziemlich schwer
Gut, dass Rei aber den Mund gegenüber Akai gehalten hat. Wäre ziemlich blöd, wenn er es auf diese Weise erfahren würde, James Sorge ist da nicht unberechtigt
Aber alle schweigen sich brav aus. Das Schweigen der Lämmer *gg*
Vorerst also ist alles im grünen Bereich, auch wenn noch nicht alle mit dem Ergebnis zufrieden sind
Antwort von:  Varlet
21.02.2016 14:09
Danke für deinen Kommi,
naja so viel verspricht er ja nicht.
Sind ja nur 2 Versprechen. Einmal auf Shiho aufpassen und sie zu retten: was er auch geschafft hat
und sich um Vermouth zu kümmern, was noch offen ist.

Rumliegen kann aber auch doof sein, vor allem wenn man sonst nichts anderes zu tun hat. Und da Shu sicher keine Serien guckt, wird er da auch nichts machen können.

Jap, alle sind sie am schweigen. Es würd auch nicht zu den Charas passen, wenn sie es Shu auf die Nase gebunden hätten.


Zurück