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My Dear Brother

The Vampires
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So dala~ Hier das nächste Kapitel! Weil ich kein Massenupload veranstalten will, lade ich die Kapitel nach und nach hoch! Ich schätze mal so jeden Tag eins, bis wir alle 27 haben! :-) Komplett anzeigen

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Verdammter Flug

Freitag früh morgens: Ich kullerte aus meinem Bett und stieß mir heftig den Kopf an meinem Pseudo-Schrank, zog mir meine Uniform raus und zog sie mir im Halbschlaf an. Ich schlurfte in meiner morgendlichen Gereiztheit ins Bad, welches natürlich durch meine Mutter besetzt wurde.
 

»Mom, mach das Bad frei«, brummte ich durch die Tür, während ich gegen sie hämmerte.

»Eine Minute wirst du ja wohl noch warten können«, rief sie aus dem kleinen Raum. »Auf dem Esstisch steht schon was zu essen.«
 

Langsam, aber sicher, schlurfte ich mit meinen schwarzen Pantoffeln zum Esstisch in unser riesiges Wohnzimmer. Ich ließ mich auf einem der Lederimitat-Stühle fallen und stocherte in meiner Cornflakes-Schüssel rum. Heute war es soweit. Heute war der Tag, wo ich zu meinem Vater flog. Ich war aufgeregt. Und zwar richtig. Ich hätte es kaum für Möglich gehalten, aber mein Adrenalin schoss mir in mein Blut und verursachte heftiges Herzklopfen. Schon am frühen Morgen, dabei musste ich noch einen sechs Stunden Schultag meistern. Aber der würde wohl schneller vorbei-gehen, als gewollt.
 

Endlich ging die Badezimmertür auf und meine Mutter kam frisch gestylt raus. Sie sah grauenhaft aus. Knatsch roter Lippenstift, blauer Liedschatten, dicker Liedstrich drauf und noch eine Meterschicht aus Make-up.
 

»So, du kannst jetzt rein, Schatz. Ich bin dann weg«, begrüßte sie mich, wie jeden Morgen, und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Dann verschwand sie aus unserem Palast und schloss laut die Tür. Seufzend ließ ich mich im Stuhl sinken und schaufelte mir weiter die Cornflakes rein. Kurz danach ging ich ins Bad, kämmte mir meine Haare und packte schnell meine Schultasche. Als ich in meiner typischen Hektik aus meinem Zimmer stürmen wollte, vergaß ich, dass mein Koffer ja schon dort stand und flog natürlich schön über ihn gen Boden. Nach ein paar fluchenden Worten, vergaß ich den stechenden Schmerz an meinem linken Arm und rannte weiter aus der Haustür. Ich ließ alles stehen und liegen, wie jeden Morgen, nur um meinen Bus zu bekommen.

Außer Atem rannte ich noch schnell in den Bus und ließ mich neben meinem Kumpel fallen. Es war genau der gleiche, den ich Vorgestern, ohne Vorwarnung, mitge-bracht hatte: Jiro. Er hatte schwarze Haare, die ihm über ein Auge fielen. Eigentlich war er sowieso nur in schwarz gekleidet. Manchmal schminkte er sich seine Augen auch schwarz, doch er sah immer ganz genau an meinem Blick, dass ich das etwas übertrieben fand. Aber wer’s mag?
 

»Na, wieder zu spät aufgestanden?«, fragte er mit einem breiten Grinsen, sichtlich darüber amüsiert, dass ich fast gestorben wäre.

»Schuld allein ist meine Mutter.«

»Wie immer.«

»Genau.«
 

Dann schwiegen wir. Er hörte seine Musik und ich meine. Gespräche dieser Art sind normal. Wenn jemand was zu sagen hat, dann soll er halt nerven und es sagen. Da wir beide Morgenmuffel waren, waren wir demnach auch schlecht drauf. Der letzte Tag in der Woche, auch noch vor den Ferien, war sowieso immer sehr schwer. Besonders, wenn es mein letzter Tag hier war. Ich hatte niemandem bis jetzt davon erzählt, aber Jiro musste sich wohl unbedingt unterhalten:
 

»Was machst du in den Ferien?«, fragte er, sichtlich des¬interessiert.

»Ich fahr zu meinem Vater.«

Sofort stieg das Interesse.

»Zu deinem Vater?« Er klang sehr ungläubig.

»Ja, so was hab ich auch. Meine Mutter ist nicht alleine Schuld an der Sache mit mir.«

Er seufzte kurz und schüttelte den Kopf.

»Das meine ich nicht. Du hast ihn doch noch nie gesehen, oder?«

»Ja, schon, aber es gibt immer ein erstes Mal.« Ich musste gähnen und hoffte natürlich innerlich, dass ich damit das Gespräch beenden konnte. Immerhin zeigte ich ihm gerade das Ausmaß meiner Müdigkeit, welches sich kaum in Worte fassen ließ, so gewaltig war es.

»Und? Bist du aufgeregt?« Er grinste dabei verschmitzt und knuffte mich in die Seite.

»Nein, natürlich nicht. Es ist mein Vater. Er wird schon kein Monster auf acht Beinen sein.«

Oh Gott, ich war so aufgeregt.

»Haha! Natürlich nicht. Sonst sähest du ja auch so aus.«

»Nicht unbedingt, ich kann ja auch nach meiner Mutter kommen.«

»Dann bist du aber zu groß geraten. Oder deine Mutter kniet immer unter ihren Röcken, damit sie kleiner wirkt.«

»Sehr lustig«, meinte ich ironisch und verdrehte die Augen.

»Ich finde schon.« Dabei lachte er über seinen eigenen Witz.

»Wenn, dann hat sie sich operieren lassen. So Knieschei-ben wegoperieren. Meine Mutter ist für alles zu haben. Die würde sich auch die Zehen verkleinern lassen, nur um in Designer¬schuhe, die nur bis Größe neununddreißig gehen, zu passen.«

»Im Ernst?«

»Klar. Es ist meine Mom.«

»Stimmt, ich vergaß.«
 

Ja, meine Mutter war schon bekannt für ihre außerge¬wöhn¬lichen Angewohnheiten und Vorlieben. Ich kannte keine Mutter, die so drauf war. Sie benahm sich, wie ein Teenager. Mit nur mehr Falten. Viele fanden das lustig und mal »abwechs¬lungsreich«. Das einzige »Abwechslungsrei-che« in unserer Familie sind die Schulden, die wegen ihrer schrägen Ideen, die sie dann auch immer ausprobiert, entstehen. Mal sind sie größer, mal sind sie kleiner. Sehr »abwechslungsreich«.
 

Der Bus hielt endlich an unserer Haltestelle. Wir stiegen aus und trafen dann auch meine anderen zwei Kumpels. Roku und Kyo. Beide ebenfalls düster angezogen, genau wie wir. Roku hatte eine grüne Strähne in den schwarzen Haaren und Kyo eine blaue. Manchmal sahen sie aus wie Zwillinge, aber das waren sie nicht. Sie waren so gut miteinander befreundet, dass sie die ganze Zeit miteinander rumhingen. Manche sagten immer, sie seien schwul. Waren sie aber auch nicht. Ihre Freundschaft war halt einfach nur … etwas enger. Weswegen sie auch die »69«-er genannt wurden. Bekannt ist die Stellung beim »Geschlechtsver-kehr« und ist im weitesten Sinne auch gemeint. Roku heißt nämlich »sechs« und Kyo heißt »neun«. Ein lustiger Zufall, den viele für schmutzige Gedanken ausnutzen. Ich bin ehrlich, ich auch. Und Jiro natürlich auch. Den beiden machte das aber nichts aus, die fanden das zwar nicht gerade toll, aber weltuntergangsmäßig auch nicht. So war jeder Glücklich: Wir konnten unsere schmutzigen Gedan-ken an ihnen auslassen und sie konnten weiterhin Freunde sein. Ein idyllisches Leben, wären da nicht andere Mitglie-der der "Gruppe".
 

»Hallo, Jungs«, erschreckte uns eine tiefe Frauenstimme. Es war Fräulein »Unbekannt«. Sie hatte alle möglichen Schmuck in ihrem Gesicht. Dabei meine ich die Piercings, von denen ich nicht wissen möchte, wo sie noch alles welche hat. Sie war nämlich auch nicht die schlankste. Außerdem hatte sie rot gefärbte Haare. Sie trug nur Schwarz und lila. Das lila stach mit ihren Haaren und führte Tag für Tag einen unerbittlichen Kampf mit dem rot aus, um den Preis, wer mehr auffiel. Sie war Fräulein »Unbekannt«, weil niemand ihren Namen kannte, da der viel zu kompliziert zum Aussprechen war. Nur Roku, ihr Bruder, und die Lehrer, aber selbst die nannten sie nur noch Fräulein. Unter uns hieß sie Lampe. An den Ursprung für diesen Namen kann sich kein Schwein mehr erinnern, aber sie war Lampe und damit fand sie sich ab. Man konnte so tolle Dinge mit ihrem Namen machen: »Schau mal, die Lavalampe kommt« oder »Sch, Lampe, sei still«. In der Tat war sie so etwas wie eine Schlampe. Nicht nur, weil sie unordentlich war, sondern auch, weil sie mit jedem ins Bett sprang. Und wenn ich sage, mit jedem, meine ich mit jedem. Auch Mädchen. Leider gehörte sie zu unserer Clique und war demnach öfter da als von mir gewollt.
 

Jedenfalls ging sie mit einer ihrer Freundinnen an uns vorbei und ich betete, dass sie auch wirklich nur vorbeiging. Ich war mir nicht sicher, wieso ich sie nicht mochte. Es lag an ihrer Art, an ihrem Aussehen. Einfach alles. Aber alle anderen mochten sie, weil sie so "locker" und "ungezwun-gen" war. Gerade das störte mich. Ich bin eigentlich der Lockere; aber sie toppt es. Manchmal war sie selbst für meinen Geschmack ein wenig zu locker. Als ihr Portmonee mit dem Geld ihrer Mutter verschwunden war, scherte sie sich einen feuchten Kehricht drum und unternahm nichts dergleichen, es zu suchen. Erst als ein Lehrer das Ding durch Zufall auf dem Gang fand und es ihr wiedergab, bedankte sie sich cool und steckte es wieder weg. Ich glaube, ich wäre gestorben, denn in dem Ding war mehr als viel Geld drin. Es sollte für ihre Großmutter sein, die im Altersheim lag und um etwas Geld gebeten hatte. So was erzählte sie uns ganz offen. Ich würde noch nicht mal Jiro erzählen, dass ich eine Menge Kohle mit mir rumschleppen würde.

Na ja, genug von Lampe. Sie ging nämlich schön brav an uns vorbei, Richtung Schulgebäude. Ich war sichtlich erleichtert, wobei mich der Gedanke an den beschissenen Flug am Nachmittag ganz schnell wieder einholte. Meine Gesichtsfarbe wurde schlagartig blasser als sie eh schon war und meine Augen weiteten sich um das doppelte.
 

»Alles klar bei dir, Hero?«, fragte Jiro, sichtlich verwun-dert über meine Mutation.

»Alles bestens, ich musste nur grade an den Anfall meiner Mutter denken, wenn sie den Saustall sieht, den ich vorhin hinterlassen habe«, log ich und versuchte mich zu beruhi-gen. Jiro lachte und winkte ab, dass ich nicht solche Scherze mit meiner Mutter treiben sollte. Roku und Kyo, die es ab jetzt nur noch im Doppelpack gab, grinsten mich beide an und deuteten auf das Schulgebäude. Sofort verschwand das Lachen aus Jiros Gesicht und veränderte sich zu einem grimmigen Ausdruck. Langsam schlurften wir zu unserer Klasse. Wie immer kamen wir zu spät, wie immer die Lehrerin auch.
 

Als der Unterricht nach fünfzehn Minuten Verspätung begann, gehörte meine ungeteilte Aufmerksamkeit mal wirklich der Lehrerin. Ich tat das Unfassbare nur, um auf andere Gedanken zu kommen. Neben mir schwafelte Jiro sich einen zusammen, während ihm, anstatt ich, seine reizende Nachbarin zuhörte. Sie hieß Natasha und ihre Eltern kamen aus Amerika. Eigentlich nicht selten in Japan zu finden, aber sie war eine Klasse für sich. Und das im wortwörtlichen Sinne. Sie war Klassensprecherin, Schüler-vorsitzende und, wenn sie älter wäre, Elternvorsitzende wohlmöglich auch noch. Denn das ist ihre Mutter. Wenn es um Feste oder Veranstaltungen ging, hatte sie immer die Nase vorne. Es benötigte keine »Arbeits-Gruppen«, es reichte, wenn sie die »Gruppe« war. Im Unterricht meldete sie sich bei jeder Frage, ob sie sie nun beantworten konnte oder nicht. Der Drang, immer im Mittelpunkt zu stehen, war bei ihr wohl mal so groß, dass sie sich nach einer verhauenen Klausur im Klo eingesperrt hat und da nicht mehr rausgekommen ist, bis der Hausmeister sie mit einem Brech¬eisen aus der Klokabine geholt hatte. Natasha war bei uns »Always«. Weil sie »Always« dabei sein musste. Aber leider reagiert sie auf den Namen »Always«, was natürlich dann nicht mehr als Beleidigung gelten kann. Bei Lampe war das was anderes. Die will ja keiner beleidigen... außer mir. Aber bei unserer Natasha sollte es fies gemeint sein, doch der Drang zur Aufmerksamkeit war es, auch wenn es der falsche Name war, sie darauf hören zu lassen. Haupt¬sache sie war gemeint. Hauptsache sie.
 

Die Stunde ging schnell rum, so wie das Gelaber von Jiro an mir vorbeiging. Der laberte immer noch weiter. Anscheinend erzählte er mir gerade, was er in den Ferien vorhatte. Unsere liebe Always hörte schön zu. Gespannt auf eine Lücke in seinem vollen Terminplan zu hören, stützte sie ihre Arme mit dem Kopf in der Hand auf die Tischplatte und hörte ihm interessiert zu. Der bemerkte das natürlich nicht und führte seinen Monolog weiter.

Es ging zur letzten Stunde vor den Ferien. Die Noten von den Klausuren waren raus und trotz so vieler schlech-ten Noten, war die Stimmung gut; immerhin waren es die Sommerferien, auf die sich doch jeder freute. Alle. Nur ich nicht.

Die Stunde der Wahrheit rückte immer näher. Und so wie ich mich fühlte, die Stunde meines Todes auch.
 

Nachdem sich jeder ausgetauscht hatte und wieder der Kampf um den besten Notendurchschnitt losging, stopfte ich die Übersicht der Noten in meine Schultasche. Und dort würde sie auch bis nach den Sommerferien bleiben.

Wir durften die letzte Stunde in der Übung diskutieren, wohin wir in den Sommerferien sein werden. Als die Reihe durch war und nur noch ich übrig blieb, warteten alle gespannt auf meine Antwort. Nachdem ich aber nichts sagte, ergriff Jiro das Wort für mich:

»Er fährt zu seinem Vater.«
 

Alle starrten mich genauso ungläubig an, wie es Jiro im Bus tat und ließen ihren Kinnladen freien Lauf nach unten. Ich ignorierte die Blicke der anderen und beschäftigte mich mit Lampe, die mich genauso anstarrte, sich aber schnell wieder fing und mich dann angrinste. Ich versuchte zurück zu grinsen, aber es wurde mir verwehrt, als mir Jiro die Hand auf den Rücken schlug.

»Jetzt sag doch mal was! Immerhin ist es eine Erfahrung für sich.«

Ich nickte nur stumm und sah Jiro danach wütend an. Der ließ seinen Arm schnell wieder zu sich sinken, denn mein Blick verriet, dass der sonst ganz schnell ab wäre, wenn er ihn dort gelassen hätte.

»Na ja, es kam etwas überraschend, ich weiß auch erst seit ein paar Tagen von der Reise in den Norden«, versuchte ich mit meiner Klasse zu kommunizieren. Alle nickten verständnisvoll.

»Und hast du schon mit deinem Vater gesprochen?«, fragte die Tutorin.

»Nein, meine Mutter hat alles geregelt.«

»Und wie findest du deinen Vater dann am Flughafen?«, schmiss Always in den Raum und schaute mich dabei neugierig an.

»Ich häng mir ein Schild um den Hals und schreibe drauf, dass ich aus Idioten-City komme und meinen Weiberhel-den-Daddy suche«, zischte ich ihr über Jiros Kopf hinweg zu, was sie zusammenzucken ließ.

»Hiroshi, bitte«, ermahnte mich die Tutorin und ver-schränkte die Arme. Das signalisierte, dass sie auf eine Antwort wartete. Ich seufzte in mich hinein und gab widerwärtig eine Antwort:

»Keine Ahnung; das will mir meine Mutter noch sagen, wie ich ihn finde.«

Wieder trat Stille ein und alle starrten mich an. Mit einem bösen Blick versuchte ich die Leute abzuschrecken, aber das schien nur bei Always und Jiro zu funktionieren, denn die anderen starrten schön weiter. Ich verdrehte die Augen.
 

»Gut, dann wünschen wir dir viel Spaß und dass dein Vater nett ist.« Die Tutorin versuchte für alle zu sprechen und das Thema abzuhaken. Schlechte Erfahrungen bleiben bei ihr wohl nicht hängen. Sofort fingen alle an zu tratschen und zu reden. Sie redeten nicht nur auf mich ein, sondern auch auf sich gegenseitig. Da fing das Gewusel an und ich hielt einfach meinen Mund. Ich wurde Dinge gefragt wie zum Beispiel »Bist du aufgeregt?« und »Magst du deinen Vater?«, »Was weißt du eigentlich so über ihn?«.

Ich krallte mir Jiro und verschwand mit den »69«-er Jungs. Die Tutorin rief zwar hin und wieder in die Klasse, dass die Übung noch nicht vorbei sei, aber darauf hörte jetzt eh keiner mehr. Als Always sah, dass es diesmal nicht um sie ging, versuchte sie anderen Klassenkameraden zu erzählen, dass sie eine Cousine hat, die sie auch noch nie gesehen hatte und jetzt wieder sieht. Aber alles schien sich noch um die achtzehn-Jahre-nicht-gesehen-und-jetzt-so-plötzlich-Geschichte zu drehen.
 

Als wir draußen angekommen waren, klopfte mein Herz wie wild, als ich meine Mutter am Tor stehen sah. Sie holte mich ab? Das tat sie nur, wenn ganz besondere Anlässe bevorstanden. Gut, es war ein besonderer Anlass, aber sonst waren es mehr Gäste, die zu Besuch kamen, oder Feste, auf die wir beide gingen.

»Hey, guck mal Hero. Da ist deine Mom«, sagte Kyo und zeigte auf sie. Ich schlug ihm den Finger wieder runter.

»Ja, ich weiß. Zeig lieber nicht auf sie, sonst rastet sie wieder aus.«

»Sorry.«

Langsam trotteten wir gen Tor. Auf halber Strecke holte uns Lampe noch ein. Sie verstand aber in kürzester Zeit, dass es jetzt für mich auf nach Norden ging.
 

»Hey, Mom. Was machst du hier?«, fragte ich vorsichts-halber, es könnte ja sein, dass sie nur sehen wollte, ob ich auch nach Hause kommen und mich nicht aus dem Staub machen würde.

»Na, was wohl? Dich abholen. Wir fahren jetzt sofort zum Flughafen.«

Mein Atem stockte, das Herz setzte aus und ich dachte ich fall gleich um.

»Jetzt …? Sofort …?«, stammelte ich und knibbelte an meiner Jacke. Es war mir stockpeinlich, dass meine Freunde meinen Nervositätsausbruch miterlebten, aber im Moment des Schrecks war es mir egal.

»Ja, jetzt sofort. Ich stehe dahinten. Komm«, zischte sie und zeigte auf ihren Giftgrünen Seat, der hinter einem roten Benz stand.

Ich nickte leicht und drehte mich dann um, um mich von meinen Freunden zu verabschieden. Die Situation ähnelte einem Abschied für immer; als ob ich jetzt in den Tod gehen und mich feierlich von meinen tapferen Mitstreitern verab¬schiede würde. Jiro grinste mich nur gemein an.

»Melde dich, wenn du angekommen bist, ja?«, fragte er und konnte schon fast nicht mehr, weil er sich das Lachen so unterdrücken musste. Er nahm mich in den Arm und drückte mich kurz.

»Mh-Hm …«, brachte ich noch grade so raus und machte ein geschocktes Gesicht, während sich alle anderen über mich lustig machten. Selbst meine Mutter musste kichern. Das hörte ich genau, obwohl sie hinter mir stand.

Nachdem ich mich auch zuletzt von Lampe verabschie-det habe, widerwillig, aber so was gehört zum Ehrenkodex, schleifte mich meine Mutter zu ihrem Auto. Als ich meine Schultasche in den Kofferraum werfen wollte, erschlug mich mein Koffer. Der kam aus dem Kofferraum raus und fiel mir auf die Füße. Ich verkniff mir einen Aufschrei und biss mir stattdessen auf die Lippe. Trotzdem quetschte ich ein »Au« raus.

»Oh, Schatz, tut mir Leid. Ich hätte dir sagen sollen, dass du den Kofferraum vorsichtig hättest aufmachen müssen.« Schnell kam sie angelaufen und hob den Koffer von meinen Füßen auf.

»Schon … okay …«

Nein, war es nicht. Der Fuß war mindestens verstaucht. Aber ich bin ein Mann und keine Memme.

»Sag mal, warum ist der so schwer?«, fragte ich meine Mutter, als ich in das Auto einstieg.

»Ich hab dir noch Handtücher und Duschsachen einge-packt. Ach ja, und drei Paar Schuhe, falls das Wetter doch schöner wird und Bettwäsche. Außerdem hast du vergessen dein Handyakkuladegerät und deine CDs mit einzupacken.«

Ungläubig über die Worte meiner Mutter drehte ich genervt meinen Kopf zu ihr auf die Fahrerseite.

»Nicht im Ernst …«, mahnte ich sie, in der Hoffnung, es war nur ein Scherz.

»Stimmt, du hast Recht. Ich hätte deine Bücher weglassen können, die liest du ja eh nicht«, seufzte sie und überlegte wahrscheinlich schon, wie sie den Koffer noch mal aufbe¬kommen würde.

»Du hast Bücher eingepackt? Mama!«

»Bildung, Hiro, Bildung.«

»Deine blöden Liebesgeschichten sind bestimmt keine Bil¬dung!«

»Doch, die helfen dir über Menschenkenntnisse im klaren zu werden.«

»Mama, dein Beruf ist eine Sache. Aber mein Privatleben, beziehungsweise unser Privatleben, ist eine andere Sache. Vermisch das doch nicht immer.«

»Es wäre eine gesunde Mischung für dich, auch mal zu lesen.«

»Vergiss es. Die geb’ ich Papa, der freut sich.«

Sofort trat Stille in das Auto.

»Woher willst du wissen, ob dein Vater gerne liest?«, fragte sie spitz, um mir Unrecht geben zu können.

»Jeder Erwachsene liest gerne. Und Papa scheint von dem Typ Erwachsener zu sein.«

Wieder trat Stille ein. Meine Mutter verkrampfte sich ans Lenkrad und starrte aus der Windschutzscheibe.

Seufzend ließ ich mich im Sitz sinken und verschränkte die Arme vor der Brust. Mein Herz klopfte immer noch furchtbar schnell.
 

Kaum waren wir im Flughafen angekommen, ging alles viel zu schnell. Am Schalter alles geregelt, der Koffer war weg und eine halbe Stunde danach auch ich. Schweigend saß ich im Flieger Richtung Norden zu meinem Vater und zu noch jemandem, von dem mir nichts erzählt wurde …



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Tomanto
2015-06-29T10:27:36+00:00 29.06.2015 12:27
Die Spitznamen sind ja klasse! :D
Meine ganze Klasse hat von unserem Klassenlehrer, der wie ein Papa für uns ist und wir für ihn seine eigenen Kinder, Spitznamen bekommen.
Hier die Spitznamen:
männl. : Speedy = schnellster Antworter
männl. : Pinky = weiß nicht mehr warum
männl. : CJ (class jockey) = macht nur Scherze
m. : Honey = scherzhaft gemeint (er ist der am stärksten gebaute Junge mit leichtem Bart)
m. : Besen = hat mit einem Insider auf unserer Abschlussfahrt zu tun
m. : Banner = also Hulk (der schüchterne, schmächtige, kleine Junge mit Brille der nie was sagt. Spannt er ein Mal die Armmuskeln an... BUMM!!! Bizeps!!)
m. : Colossos : größter, stark gebauter Junge der Klasse (unser Lehrer ist ein Marvel-Fan)
m. : Sugar Ray: er hat Diabetis nimmt es aber mit Humor
m. : Lucy: Er hat mal gesagt, er könne 100% seines Gehirns benutzen, von wegen er wäre so schlau, genau wie im Film Lucy. Er wird aber auch öfter Blacky (er ist schwarz) (unser Lehrer auch also #noRacist) oder Ray (sein richtiger zweiter Vorname) genannt.
m. : (Name eines Fußballers) : bester Torwart
und den Spitznamen des Letzten der Jungs habe ich vergessen ^^°>

weibl: Diva : Immer geschminkt und herausgeputzt
w. : Hammer und Hart (von Findet Nemo) : die beiden gibt es auch nur im Doppelpack, reden wie die meisten in ihrem Alter
w. : Reifen : Wollte auf der Abschlussfahrt unbedingt in die Reifenschaukel eines Spielplatzes
w. : Question: Immer, wenn sie aufgezeigt hat, kam nur eine Frage raus.
w. : B.A. (Big Alina): fast genauso groß wie der Größte aus unserer Klasse; schon immer groß gewesen
w. : Machine (ursprüngl. Eatin Machine, war ihm aber zu lang): Kann essen wie sie will, wird nicht dick.
w. : Tentakel: Hatte mal 10.000 Sachen auf ihrem Tisch, wir sollten einen Zettel rausholen zum Test schreiben, und sie schien acht Arme zu haben, weil sie alles schnell gepackt und weggeräumt hatte.
w. : Newbee: Sie ist als letzte neu in unsere Klasse gekommen und steht fast nie still, summt immer herum wie eine Biene
w. : Grimface (die Erste, die einen Spitznamen bekommen hat): Hat an einem Montag ein erschreckend muffiges Gesicht gemacht. Unser Lehrer meinte dann scherzhaft „Hey Grimface! Lächel doch mal!" .
Und ich heiße DS: Mein Lehrer wollte irgendetwas mit Nintendo reinbringen. Ich habe auf der Abschlussfahrt nciht aufgehört Gameboy und DS zu zocken, und da meine Initialien SD sind (ohne meinen zweiten Vornamen) hat er einfach DS draus gemacht.

Antwort von:  Tomanto
29.06.2015 12:31
Dann ist da noch Peaches! Ich nenne meine beste Freundin Pia schon so lange Peach, dass ich mittlerweile schon einen Spitznamen für den Spitznamen benötige, der er schon zu alltäglich geworden ist. Mein Lehrer fand ihn genauso perfekt wie ich, war aber enttäuscht, dass er nicht von ihm ist, also hat er Peaches draus gemacht, wie aus Ice Age.


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