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Alles rein geschäftlich!

Izayoi und der Höllenhund
von

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Tanz mit dem Teufel

Izayoi war ein wenig besorgt, obwohl ihr Gesicht nichts davon verriet. Sie hatte Walzer tanzen mit einem Tanzlehrer geübt und gemeinsam mit ihrem Vater die Schritte einstudiert, aber sie kannte Onigumo nicht, wusste nicht ob und wie der tanzen könne.

Allerdings merkte sie bald, dass auch er einstudiert den Schritten folgte. Offenbar hatte Vater ihm ebenfalls einen Tanzlehrer geschickt, damit sie sich nicht bloßstellten. Andere Paare schlossen sich nun dem Tanz an, nur Menschen, soweit sie bemerkte.

Den Kopf seitwärts gedreht, um nach der Regel an der Schulter ihres Partners vorbei zu blicken, meinte sie höflich: „Sie haben Walzer tanzen gelernt, lieber Cousin....“

„Ich wäre durchaus dafür, dass wir uns duzen, liebe Cousine. Ja, Onkel Jiro war so freundlich mir einen Tanzlehrer zu schicken. Und mir das Vergnügen des zweiten Tanzes zu gewähren.“ Ach du je, sie war wirklich sehr altmodisch erzogen. Nun, umso besser für ihn, denn da würde eine Ehefrau sicher keinen Widerspruch in irgendeiner Hinsicht wagen. Wusste Onkel Jiro eigentlich, dass das Mittelalter seit Jahrhunderten vorbei war? Nun gut, seit der Meijizeit? Immerhin sah Izayoi nicht gerade abschreckend aus, da würde er mit ihr schon auskommen. Jetzt musste er nur Onkel Jiro dazu bringen in ihm den einzig wahren Schwiegersohn zu sehen. Lächeln, Izayoi loben und schmeicheln, später dann im Gespräch mit Onkelchen den erfahrenen Geschäftsmann zeigen... „Du siehst bezaubernd aus in diesem stahlblauen Kimono. Eine Sonderanfertigung, gewiss.“

„Ja, für diesen Ball,“ gab sie zu, durchaus ein wenig unangenehm berührt, dass er auf dem Duzen bestand. Oder war das heutzutage überall üblich und sie wusste nichts davon? Immerhin war er ein Familienmitglied, wenn auch eines mit Spinnenblut. Sie schauderte, wenn sie daran dachte, obwohl nichts an seinem Äußeren etwas davon verriet.

Onigumo beschloss ein wenig weiterzugehen, ohne jedoch zu offensichtlich unhöflich zu werden. Mit der nächsten Drehung drückte er sie enger an sich – ober wollte es, denn die junge Dame wurde steif wie ein Stock. „Verzeihung,“ sagte er, sofort seine Taktik ändernd und den Druck nachlassend: „Ich hätte um ein Haar die Balance verloren. Walzer ist doch ungewöhnlich, wenn man es nicht geübt ist.“ Prüde auch noch. Nun, das würde sie rasch ablegen, er hatte da seine Erfahrungen.

„Ja, natürlich.“ Er hatte sie nicht belästigen wollen, dachte sie. Aber auch sie fühlte sich durch die Drehungen manchmal unsicher. Und, es war jedenfalls der erste, fremde, Mann mit dem sie hier einen Walzer tanzte, der so nahe bei ihr war. Einige andere würden noch folgen. Immerhin war die Liste ziemlich lang, gewiss an die vierzig Partner. Und davon mindestens ein Youkai....Die anderen um sie schienen alle diesen Tanz zu kennen, ja, tanzten viel enger als sie und ihr Cousin, aber das waren wohl auch Ehepaare. Nicht zum ersten Mal beschlich sie jedoch das Gefühl, dass bei ihrer Ausbildung einiges versäumt worden war - obwohl ihr Eliza manches erzählt hatte, das sie Vater gegenüber verschwiegen hatten, seien es nur Wörter oder auch etwas über das Leben draußen, jenseits der Autoscheiben und der Gartenmauern.

Onigumo lächelte: „Ich wäre jedenfalls entzückt, liebe Cousine, wenn wir uns später einmal unterhalten könnten, um uns besser kennenzulernen. Natürlich nur, wenn es die Pflichten einer Gastgeberin gestatten.“

Sie wusste, dass er ein Hanyou, eine Mischung aus Mensch und Spinnenhöllenwesen, war, aber ihr war auch klar, dass ihr Vater in ihm wohl einen Heiratskandidaten sah, zumindest, solange sich kein geeigneter Mensch fand: „Ja, später. Soweit ich sah ist meine Tanzliste sehr voll. Vielleicht beim Buffet um Mitternacht?“

„Das wäre mir nur zu Recht, teure Cousine.“ Damit war der erste Schritt getan. Jetzt musste er mit Onkel reden, dann mit ihr... „Und es ist kein Wunder, dass sich alle Männer darum reißen mit dir zu tanzen. Es ist nicht erstaunlich, dass Onkel Jiro dich solange der Öffentlichkeit vorenthalten hat. Du hättest sonst längst schon an jedem Finger Verehrer.“

Sie fühlte, dass sie rot wurde: „Danke. Aber...tanzen wir. Das ist kaum ein passendes Gespräch, nicht einmal für Cousin und Cousine.“

„Ich bitte um Entschuldigung.“ In der Tat. Altmodisch erzogen. Aber das hieß eben auch absoluter Gehorsam und sie war ganz sicher unberührt...Was man heutzutage nicht einmal von allen Youkai behaupten konnte, von Menschen ganz zu schweigen. Weiblichen, natürlich. Bei Männern jeder Art interessierte das niemanden – und das war für ihn ein gutes Geschäft. Er lächelte ihr zu, als die Musik leiser wurde: „Vielen Dank für den Tanz, jedenfalls, Izayoi.“

Sie gab das Lächeln zurück. Hanyou oder nicht, er benahm sich wie ein Mensch. Und er gehörte irgendwie wirklich ja zur Familie.
 

Für einige Minuten schwieg die Musik und Angestellte eilten herum, boten Getränke an. Izayoi nutzte die Gelegenheit sich nicht nur ein Glas Wasser zu nehmen sondern auf ihrem Plan nachzusehen, wer ihre nächsten Partner waren – ab jetzt würden es ja wohl immer drei Tänze am Stück sein, wenn sie keine sehr gute Ausrede fand. Der Erste stach ihr förmlich ins Auge. Nicht nur war der eigentliche Anwärter durchgestrichen, sondern es befand sich nur ein Kürzel darauf: Taishou. Der Youkaifürst, also – und er hatte, dem Namen nach zumindest, einen anderen Youkai einfach gestrichen. Nun, er konnte sich das offenbar leisten.

Aber, was sollte sie jetzt machen? Ablehnen stand außer Frage, da war die Anweisung ihres Vaters: lächeln und durch. Es würde ja keine fünf Minuten dauern, in denen sie so nahe an einem dieser gefährlichen Wesen sein musste. Und immerhin, das war auch ein Ratsmitglied, der saß mit Vater jeden Monat in der Runde, genauer, vier davon, und dieser hatte das bislang auch ertragen können.

Wenn sie den förmlichen Berg an Geschenken betrachtete, die noch wohl verpackt mit den Geberkärtchen daran vor ihr lagen, würde sie morgen und übermorgen mit Auspacken und höflichen Danksagungskarten genug zu tun bekommen. Es war offenbar einiges an Schmuck dabei, aber auch Päckchen, bei denen sie aus der Form nicht zu erraten vermochte, was sich darin verbarg. Sie wandte sich jedoch um. Es war ihr Ball und sie sollte in den Tanzpausen auch mit Gästen sprechen wie es ihr Vater dort drüben bereits tat. Hoffentlich hatte sie sich doch so einige Namen gemerkt...

Sie entdeckte einen Youkai in ihrer Nähe, der so alt wie sie zu sein schien, obwohl das natürlich nicht stimmte. Wenn sie sich recht entsann war er recht früh gekommen und hatte sich eingetragen – dann musste das dieser Gin sein, den der Fürst ersetzt hatte. Vielleicht wäre es dann höflich mit dem zu reden? Aber es war eben auch ein Youkai, das verriet das hüftlange Haar, die spitzen Ohren darunter und die Fangzähne, die gerade beim Gespräch mit einem menschlichen Ehepaar kurz aufblitzten. Gleich, sie sollte sich dazu stellen und sie alle drei nochmals persönlich begrüßen, dann konnte sie sie wohl auch abhaken.

„Guten Abend, ich freue mich, dass Sie gekommen sind.“ Das war sicher ein harmloser Einstieg.

„Oh, wir haben für die Einladung zu danken, Ihnen und Fürst Fukuwara,“ erwiderte der Menschenmann höflich.

Izayoi meinte sich zu entsinnen, dass er der Besitzer einer Handelskette war. Was hatte er dann mit einem Youkai zu besprechen? Aber natürlich, diese Wesen besaßen oft große Firmen, die sie über viele Jahrzehnte, ja, Jahrhunderte aufgebaut hatten.

„Aus unserem folgenden Tanz wird leider nichts,“ sagte der Katzenyoukai neben ihr: „Aber vielleicht erinnern Sie sich freundlicherweise meiner am Ende des Balles, so dass ich doch noch in den Genuss komme...“

Höflich und korrekt. Sollte sie oder durfte sie nicht.... „Ich sah es ein wenig erstaunt, ja.“

Gin zuckte die Schultern: „Ein altes Sprichwort meint man sollte sich wie Gras neigen, wenn ein Fürst etwas wünscht. Ich vermute bei Ihrem Vater ist das ähnlich.“

„Ja.“ Sie kannte auch den zweiten Teil des Sprichworts, den er wohl nicht erwähnt hatte um sie nicht zu erschrecken: es sei denn, du willst wie zu hohes Gras gemäht werden. Dieser Fürst musste wirklich unter den Youkai viel zu sagen haben. Da gab es wohl ebenso wenig Fürsten wie unter Menschen. „Danke. Sie heißen Gin, nicht war?“

„Schmeichelhaft, dass Sie sich erinnern. Ja, Gin, der Sohn von Gozo. Meinem verehrten Vater gehört die Fluglinie NEKO.“

Immerhin war ihr jetzt auch der Name der Menschen eingefallen: „Herr und Frau Ito, Gin, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.“ Sie verneigte sich ein wenig und ging weiter. Die Musiker nahmen wieder Platz, so dass wohl der nächste Tanz bald beginnen würde und sie sollte noch mit möglichst allen Anwesenden reden.

Herr Ito sah zu Gin: „Sie wird bestimmt einmal eine reizende Fürstin werden. - Warum will der edle Taishou mit ihr tanzen?“

Der junge Katzenyoukai zuckte die Schultern: „Ein Plan, eine Anwandlung? Ich werde nicht fragen.“ Oder einfach auch nur eine Demonstration dessen, dass der Taishou der Ranghöchste war und daher als erster mit der Gastgeberin tanzen sollte, eine Tatsache, die er selbst schlicht nicht bedacht hatte. Hoffentlich erfuhr sein Vater nichts davon, sonst könnte er die folgenden Wochen auf irgendeinem abgelegenen Flughafen am Ende der Welt verbringen statt in seinem schönen, klimatisierten, Büro.
 

„Der nächste Tanz gehört mir, Prinzessin.“

Izayoi starrte unwillkürlich auf die Hand, die ihr gereicht wurde – mit Krallen, keine Hand, nein, eine Klaue, und sie sah sich unfähig ihre Finger darauf zu legen.

„Takt,“ mahnte der Youkaifürst prompt leise an.

Sie riss sich aus ihrer Erstarrung. Ja, es wäre schrecklich unhöflich wenn sie ihn - und damit ihren Vater als Gastgeber - vor den Menschen und Youkai bloßstellen würde. Mit einem gewissen Zögern legte sie ihre Hand auf die angebotene, deren Finger sich sofort darum schlossen. Sie waren fest, aber er schien darauf zu achten, dass seine Krallen sie nicht berührten. Ein wenig erleichtert ließ sie sich zur Tanzfläche führen, verneigte sich etwas, wie sie es geübt hatte, ehe sie sich vor ihn in Position drehte – und erneut zögerte. Da waren diese seltsamen Fellteile an seinen Schultern, die über seinen Rücken hinabfielen. Und er war fast einen Kopf größer als sie. Aber nach der Mahnung zuvor wollte sie sich nicht erneut lächerlich machen und legte ihre linke Hand an seinen Oberarm, fühlte warme Härte unter der kühlen weißen Seide. Auf seine Schulter mit dem außergewöhnlichen Fell zu fassen...ja, das wäre ordnungsgemäß, aber...

Während der Taishou seine Linke auf ihren Rücken legte, dabei das Gefühl ihres dichten, langen Haares angenehm kribbelnd auf der Außenhand spürte, meinte er sehr leise und sachlich: „Sie können Ihre Hand auf mein Schulterfell legen. Ich habe keine Flöhe dabei.“

Sie wurde glühend rot und gehorchte dem deutlichen Hinweis: „Verzeihung,“ murmelte sie: „Das meinte ich nicht...ich...ich vermutete, das sei eine Art Youkai-Rangabzeichen und wusste nicht...“ Ob er es als Beleidigung empfinden würde, berühre ein Mensch das. So würde er das hoffentlich interpretieren.

„Ja, es ist ein Rangzeichen.“ Er begann sich zu drehen: „Und Sie wissen offenbar vieles nicht...“ Er neigte sich etwas, um nahe an ihrem Ohr zu sein: „Lassen Sie sich führen, Prinzessin...Eins...zwei...drei...so tanzt man Walzer...eins, zwei, drei....“ In dieser Nähe duftete ihr Haar wirklich mehr als angenehm.

Er wusste, wie man diesen fremden Tanz tanzte...Ein wenig perplex ließ sie sich drehen, schieben. Das musste das sein, was auch der Lehrer mit „führen“ gemeint hatte. Vater und ebenso Onigumo hatten den Tanz durch einen Tanzlehrer vor kurzem gelernt – und dieser Fürst der Hölle wusste, wie das ging? Er hielt sie fest, aber nicht unverschämt, beachtete die Distanz zwischen ihnen, aber er lenkte sie dezent und sie fand eine gewisse Sicherheit, so sehr, dass sie, noch immer ihren Kopf höflich nach links gewendet, meinte: „Danke.“

Ihre Hand auf seinem Schulterfell zitterte etwas, hielt sich bei raschen Drehungen daran fest. Ob sie das auch noch tun würde, gestände er, dass es sich um ein Teil seines Körpers handelte und keine Dekoration war, dachte er ein wenig amüsiert. Es fühlte sich jedenfalls nett an, ja, anregend: „Wer ist eigentlich der junge Mann dort, der mich so strafend ansieht?“

„Wo?“ erkundigte sie sich irritiert. Onigumo hätte doch keinerlei Anlass...

Er nahm sie in die nächste Drehung, so dass sie hinüber blicken konnte: „An der Wand dort unter dem Wasserfallbild.“

„Oh, Takemaru,. mein Leibwächter.“

„Also die Berufsmiene.“

Er machte einen Scherz? Fast ungläubig blickte sie doch einmal empor in das Gesicht des Youkaifürsten. Er sah eigentlich aus wie Mitte Dreißig, aber das konnte doch kaum stimmen, wenn er schon einen erwachsenen Sohn hatte. Und Vater hatte gesagt bei Youkai trüge der Schein. Die langen Haare und die spitzen Ohren verrieten die Art ihres Tanzpartners ebenso deutlich wie die seltsamen Streifen auf seinen Wangenknochen, die kein Mensch je so tragen würde. Seine Augen waren von einer seltsamen Farbe – Bernstein oder Gold? Tief in ihnen leuchtete jedoch etwas Anderes, das ebenso anzeigte, dass er kein Wesen ihrer Art war. Hastig blickte sie beiseite. Es war überaus unhöflich einen Fürsten so anzustarren.

Immerhin hatte sie ihn einmal richtig angesehen, dachte der Taishou. Fast schwarze Augen, in deren Tiefe Wärme schimmerte, ein Geruch, der angenehm, ja entspannend war....Nun, er hätte nichts dagegen gehabt würde der Tanz länger dauern. Bedauerlicherweise hatte der gute Jiro seine Tochter offenbar in seinem Misstrauen gegen Youkai erzogen. Und ihre Haare waren für einen Menschen schlicht unglaublich. Zumindest konnte er sich nicht entsinnen schon einmal in seinem langen Leben derartiges gesehen zu haben, geschweige denn gespürt.
 

Die Musik endete und er gab sie unverzüglich frei: „Ich danke für den Tanz.“

Sie verbeugte sich höflich, wie es einem Fürsten zustand. Aber als sie sich aufrichtete, warf sie noch einmal ein Blick in das Gesicht des Youkai – und sie wusste selbst nicht, warum sie ihn offen anlächelte. Weil sie es zuvor mit Onigumo auch getan hatte? Weil er ihr sehr freundlich unauffällig geholfen hatte? Weil er...nett war? Oder war er wirklich nur ein Höllenwesen, das sie ins Unglück locken wollte? Dann war es sicher ein Fehler gewesen ihn anzulächeln.
 

Der Taishou neigte den Kopf ehe er sich abwandte. Dieses Lächeln...Nun, die Prinzessin war unleugbar hübsch, aber das, was sie tat, war schön. Ihre Bewegungen, ihr Lächeln....Als er ein wenig abseits ging und sich an das Hotelfenster stellte, war ihm bewusst, dass er dieses Lächeln noch einmal sehen wollte: „Myouga.“ Ein Hauch nur. Sofort spürte er ein leichtes Gewicht auf seinem Schulterfell, an seinem Ohr.

„Ich sollte beleidigt sein,“ gab der Winzling zu Protokoll: „Oyakata-sama!“

„Ich sprach von Flöhen, nicht von Flohgeistern.“

Hm. Aber die erste Überlebensregel für Flohgeister war: diskutiere nie mit einem Inuyoukai. „Ihr Befehl?“

„Überwache Izayoi. Vier Tage komplett, dann erstatte Bericht.“

„Schwerpunkte?“

„Komplett.“

„Ja, oyakata-sama.“ Das sah nach einer Menge Arbeit aus, zumal der Herr sicher eine unauffällige Beobachtung wünschte, da er sich sonst den Unmut von Jiro Fukuwara einhandeln würde und damit eine mehr als unnütze Diskussion im Rat der beiden Völker.

„Geh.“ Onigumo wurde ausgespäht, Izayoi stand unter Beobachtung. Damit sollte er zumindest auf dem Laufenden bleiben, was bei den Fukuwaras geschah. Denn eines musste er zugeben: er wollte seit wenigen Minuten nicht unbedingt, dass dieses Lächeln einem Unwürdigen geschenkt wurde. Und das hatte, wie er selbst überrascht erkannte, wenig mit dem Millionenvermögen oder den Grundstücken der menschlichen Fürstenfamilie zu tun - eher mit einem unbestimmten Beschützergefühl.
 

Fürst Fukuwara hatte bemerkt, dass sich sein Ratskollege an ein Fenster zurückzog, kaum dass der den Tanz mit Izayoi beendet hatte. Hatte seine Tochter den irgendwie beleidigt? Es war ein Youkai, ja, und er hatte ihr Misstrauen dagegen gepredigt, aber sie hätte doch keinen so hochwohlgeborenen Gast in irgendeiner Form ...

Nun ja. Der Inu no Taishou war Ratsmitglied, vermutlich einer der reichsten Männer der Erde, und war ein Youkaifürst – wobei Fürst Jiro zugab, dass er bis heute nicht einmal gewusst hatte, dass Fürsten unter dieser Art existierten. Zu wenig interessierte er sich für Geschöpfe, die aus der Hölle stammten und sicher dorthin wieder zurückkehren würden, auch, wenn er durchaus zugab, dass sich seine Ratskollegen zivil benahmen. Jedenfalls war das ein zu mächtiger Mann als dass er ihn wegen eines Fauxpas seiner Tochter erzürnt lassen konnte.

So trat er näher: „Ich hoffe, Ihnen gefällt der Abend bislang?“

Der Inu no Taishou wandte sich ihm zu. „Danke der Nachfrage, Fürst Jiro. Sie besitzen eine reizende Tochter. Ich vermute sie wird bald einen Ehemann finden.“

Ah, dann hatte Izayoi keinen Fehler begangen: „Danke für das Lob. - Sie kennen vermutlich meinen Neffen Onigumo?“

„Bislang nicht. Ich hörte nur, dass er ein Hanyou ist.“

Fürst Jiro stutzte ein wenig. Er hatte angenommen, dass sich die Youkai um den kümmern würden, da es Menschen nicht taten. Tat es etwa niemand? Umso positiver war Onigumo zu bewerten, dass er das Erbe seines Vaters nicht verschwendet sondern vermehrt hatte. „Darf ich Sie ihm vorstellen?“

„Sie planen ihn als Nachfolger.“

Das war eine reine Feststellung und der menschliche Fürst zuckte ein wenig die Schultern: „Es würde in der Familie bleiben, das verstehen Sie.“

„Trotz Ihrer...bekannten Bedenken.“

„Das Erbe und die Familie haben Vorrang, werter Taishou. Ich nahm an, dass Sie das verstehen.“

„Natürlich, Fürst Jiro.“

„Dann darf ich Sie bitten...“ Fürst Fukuwara begleitete seinen ranghöchsten Gast zu dem Bastard seines Bruders, der sich zu seiner Zufriedenheit hastig tief verneigte, als er bemerkte, wer sich näherte: „Ich darf Ihnen, edler Fürst, Onigumo vorstellen?“

Der Hanyou verneigte sich noch einmal tief. Das war das erste Mal, dass ein hochrangiger Youkai überhaupt von seiner Existenz Notiz nahm – das mochte für die Zukunft hilfreich sein. Bislang hatte ihn jeder dieser Art mehr ignoriert als selbst die Menschen, außer, aber das galt für beide Arten, wenn es unumgänglich war. Und nach allem, was er hörte, war der Inu no Taishou nicht nur im Rat der beiden Arten sondern einer der wichtigsten Youkai in ganz Japan. Er unterdrückte gerade noch eine höfliche Begrüßung. Youkai lebten ebenso wie Onkel Jiro praktisch im Mittelalter und da sprach man einen Fürsten nicht ungefragt an.

„Angenehm,“ erwiderte der Youkaifürst höflich: „Ich hörte, Sie seien ein erfolgreicher Geschäftsmann.“

Ein Kompliment, höflich und nichtssagend, dachte Onigumo, aber nun ja, der kannte ihn nicht, hatte wohl auch keine Ahnung über seine Geschäfte – zumal ihn Onkelchen da sicher nicht vollständig aufklären konnte. „Danke, edler Fürst. Natürlich ein Nichts im Vergleich zu Ihnen.“

Während des folgenden, üblichen, kurzen, höflichen Wortwechsels, betrachtete der Inu no Taishou den Hanyou. Er schien wie ein Mensch. Wo war das Erbe seiner Spinnenmutter abgeblieben? Keine spitzen Ohren, nichts. War das stets bei Hanyou so oder vermochte es Onigumo das in der Öffentlichkeit – beziehungsweise der Anwesenheit von Menschen - zu unterdrücken? Interessante Frage, auf die Maseo und seine Leute hoffentlich eine Antwort finden würden. Soweit er sich entsann fraßen zwar nur weibliche Spinnen ihren Partner nach dem Akt, aber er konnte nur um Izayois Willen hoffen, dass Onigumo sein Erbe diesbezüglich unter Kontrolle hatte.

Onigumo, der davon nichts ahnte, war mit dem Wortwechsel zufrieden. Youkai und Menschen im Saal, die die wichtigsten Wirtschaftslenker Japans waren, hatten gesehen,dass sich der Fürst mit ihm unterhielt. Nicht länger als üblich, aber doch. Und das mochte ein Türöffner für zukünftige Geschäfte sein, aber auch bei Onkel Jiro ihm Punkte zu seinen Gunsten als Erbe sichern.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Reizend, wie Mensch, Hanyou und Youkai miteinander umgehen. So höflich – und zumindest einige davon denken an den Fukuwara-Konzern.
Im nächsten Kapitel kommt es auch prompt zu Nachforschungen der Herren untereinander – und Izayoi packt aus. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Kerstin-san
2020-03-15T16:43:49+00:00 15.03.2020 17:43
Hallo,
 
wie geschickt er sich da während dem Tanzen vortastet und unauffällig seine Grenzen auslotet, um Izayoi in Sicherheit zu wiegen. Einfach nur sehr gewitzt. Und sie schwankt so zwischen Unsicherheit, erstem Misstrauen, nur um ihren Instinkten nicht zu folgen, weil sie Sorge hat, dass ihre altmodische Erziehung sie Sachen falsch interpretieren lässt - herrje, diesen Nebeneffekt hat ihr Vater bei der abgeschirmten Erziehung seiner Tochter bestimmt nicht bedacht.
 
Izayois Haare scheinen es dem Herrn der Hunde ja wirklich außerordentlich angetan zu haben xD
Und als mächtiger Fürst muss man wohl auf so vieles achten, ich frage mich, ob der Taishou alle neuen, potenziellen Geschäftspartner einem so gründlichen Check durchzieht oder ob er in diesem Fall einfach besonders vorsichtig oder sogar neugierig ist.
 
Na wenn Onigumo wüsste, dass der Fürst schon seine Überwachung in Auftrag gegeben hat, wäre er wohl nicht so selbstsicher. Mal sehen, wann er Misstrauen gegenüber dem Taishou entwickelt oder ob er sogar die Überwachung bemerkt.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Lizard
2016-10-19T10:46:24+00:00 19.10.2016 12:46
Endlich: der heißersehnte Tanz der unbedarften Prinzessin (ich hätte beinahe gesagt unbefleckten Jungfrau...^^°) mit dem Dämon! Auf diesen Tanz wartet man schon seit im ersten Kapitel der Ball erwähnt wird. Und er ist wunderbar geworden. Ich glaube, dieses Kapitel könnte ich immer wieder und wieder lesen. Und wie der Inu no Taishou hätte ich sehr gewünscht, dass der Tanz länger gedauert hätte. Auch gerade im Kontrast zum Tanz mit Onigumo zuvor ist das alles hervorragend dargestellt. Dem halbdämonischen Cousin möchte man Izayoi am liebsten entreißen, erst recht, wenn man dabei Onigumos wirklich verachtenswerte Gedanken mitbekommt. Dem gegenüber die immer mehr aufbauende Faszination, die der Inu no Taishou zu Izayoi aufbaut, ohne dass er es so wirklich merkt. Mein Wunsch, die beiden in ihrem ersten Aufeinandertreffen und bei ihrem Tanz zu porträtieren wächst weiter... Au weh, ich habe wirklich anderes zu zeichnen und zu malen vorerst...
Von: abgemeldet
2015-12-14T10:46:05+00:00 14.12.2015 11:46
Ich komme aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus, haha, der Inu no Taishou ist mein Held!
Onigumo mag ja nicht wie eine Spinne aussehen, aber zumindest seine Art finde ich unheimlich spinnenhaft. Oder schmierig, der perfekte Antagonist, wenn ich das mal so sagen darf. Er bildet da einen schönen Gegensatz zum Herrn der Hunde und auch Izayoi ist ja offenbar nicht gerade von ihm begeistert. Was man ihr kaum übel nehmen kann >.<
Schön ist auch, wie Izayoi irgendwie zwischen dieser erlernten Abneigung gegen die Youkai und der offensichtlichen Sympathie für den Hundefürsten hin und her gerissen ist. Er war aber auch wirklich ein richtiger Gentleman xD
Antwort von:  Hotepneith
14.12.2015 12:10
Danke schön, du bist ja fleissig:)
Izayoi, die Arme, wir dnoch feststellen müssen, dass es zwischen den beiden Herren sehr gefährlich ist....
Freut mich besonders, dass dir aufgefallen ist, dass die Personen jeweils anders denken/ reden/ handeln. Ich gebe mir Mühe, dass niemand außerhalb seiner "Lebensgeschichte" agiert.

bye

hotep
Von:  SUCy
2015-07-10T18:45:16+00:00 10.07.2015 20:45
Oh man na ich bin gespannt.
Izayoi konnte ich gut nachfühlen XD Ich wäre vor Nervosität gestorben.
Hab da noch böse Erinnerungen an meine erste Kirmes... leider war der Kirmesvater kein edler Taishou XDDDD

Bin auf das nächste Kapitel gespannt!
Antwort von:  Hotepneith
10.07.2015 20:59
Danke für den Kommentar.
Und entschuldige die Frage aus wohl einer anderen Ecke Deustchlands: was ist ein Krimesvater?


bye

hotep
Antwort von:  SUCy
10.07.2015 21:07
Naja auf dem Dorf feiert man ja Kirmes, geht so über 4-5 Tage. Und da gibts die Kirmesgesellschaft, besteht aus Kirmesmutter , Kirmesvater, Kirmseburschen und Kirmsedamen. Der Krimsevater führt halt so durch die Krimeszeit. :D Und eröffnet zu anfang mit dem Schneewalzer die Kirmes und muss dazu mit jeder Kirmsedame einzeln tanzen. Hoffe das hab ich jetzt einigermaßen verständlich erkärt XD
Antwort von:  Hotepneith
10.07.2015 21:12
Danke.
Bei uns nennt man das Krichweihfest, aber da gibt es eben andere Bräuche:)
Antwort von:  SUCy
10.07.2015 21:13
Büddö :)
Ah okay, das hab ich noch nie gehört :D
Antwort von:  Hotepneith
10.07.2015 21:15
Kirchweih oder Kirta^^
Von: abgemeldet
2015-07-09T22:09:42+00:00 10.07.2015 00:09
Herrje. Ich möchte den Kalender vorblättern und weiterlesen. Wieder. Magst du nicht häufiger hochladen, liebe Hotep? ;-)

Ich fürchte ja, dass Taishous Gesprächsbedarf einmal dafür Ausschlag geben wird, dass Onigumo irgendwo einen Fuß in die Tür bekommt. Das der Spinnen-Hanyou bereits von Jiro in die Schwiegersohn-Schiene geschoben scheint, habe ich mit Schaudern vernommen. Aber es passt zu dem Menschenfürsten, denn dem merkt man dank der Witterung aus dem letzten Kapitel die schwindende Gesundheit an, und er wirkt auch im Gespräch höflich, matt ... gehetzt. Das kam zwischen den Zeilen sehr beunruhigend herüber, obwohl man vieles auch auf die Aura seines Gegenübers schieben könnte. Hmm.
Was mir (positiv!) ins Auge stach, war der Umgang Izayois mit ihren Tanzpartnern. Bei Onigumo war es überschattet von einer latenten Bedrohung und Defensive, und bei Taishou hieß es eher Respekt, ja, vielleicht sogar ein wenig mädchenhafte Schüchternheit. Beim Hanyou dachte ich daher auch, der Tanz wäre endlos bis unangenehm ... beim Youkaifürsten kam er mir viel zu schnell zu Ende vor. (Dieses Verschmitzte hinsichtlich des Schulterfells, hihi!)

Unerreicht blieb allerdings Myouga: "Ich sollte das persönlich nehmen." - Ich hab schallend gelacht!
Der Humor ist großartig (das bewies der finstere Takemaru) und das, was an Gefühlen durchschimmert, sehr überzeugend. Ich hatte an Taishous Entschluss und dessen Wahrnehmung genauso viel Freude wie an Izayois Auftauen.

Viele Grüße, Morgi
Antwort von:  Hotepneith
10.07.2015 08:10
Guten Morgen, lliebe Morgi. Erstaunlich, zu welchen Zeiten sich Leute an einem Werktag so im Netz herumtreiben:)
Danke für den Kommentar. Fürst Jiro ist in der Tat gehetzt - seine Probleme nehmen langsam aber stetig zu. Und er könnte isch Besseres vorstellen als einen Hanyou als Schwiegersohn. Aber immerhin: alles bleibt in der Familie. Zu allem allerdings später mehr. Ich habe mir diesmal wirklich Mühe gegeben die Gefühle reinzubekommen, was auch bedeutet, dass es am Anfang langsam geht, ehe die story Fahrt aufnimmt,
Humor, ja, ich habe mich ( außer in den wneigen wirklich dunklen Teilen), bemüht ihn nicht zu vergessen, gerade auch, was die Männerwelt um die Prinzessin betrifft und deren gegenseitige Ansichten, aber auch Izayoi die in ihrer Ahnungslosigkeit mehr als nur einmal danebentappt ( oder auch richtig tritt, wer weiß das schon...)


dann bis nächsten Freitag


hotep


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