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Wie in guten, alten Zeiten

von

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Ein kurzes Gespräch

Es ist eine ruhige, wenn auch etwas kühle Nacht, die er sich ausgesucht hat und als er im Licht des Halbmonds vor der Mauer steht, die das Dorf einmal komplett umgibt, fragt er sich, ob es die richtige Entscheidung war, herzukommen.

Ein seltsames Gefühl hat von ihm Besitz ergriffen, das er selbst nicht wirklich versteht und nicht einordnen kann. Dieser Ort ist nicht mehr sein Zuhause, ist es seit Jahren nicht mehr, aber er hat kein anderes und wenn sonst nichts, ist er vertraut. Oder war es zumindest einmal, er fragt sich unweigerlich, wie viel von dem, was er kannte, überhaupt noch besteht, nachdem das Dorf erst fast komplett zerstört und dann in den Jahren, die er fort war, sicher umgebaut wurde. Ob er wirklich wissen will, wie es jetzt aussieht?

Er zögert einen Moment zu lange und neben ihm hört er Schritte auf ihn zukommen, entscheidet ohne Nachzudenken und springt mit einem Satz über die niedrige Mauer, um geschmeidig und vollkommen geräuschlos auf der anderen Seite im Schatten zu landen und sich gegen die kalten Steine zu pressen. Er lauscht. Alles still, sie haben ihn nicht gesehen. Er will nicht, dass jemand weiß, dass er hier ist. Es würde nur unnötig Aufsehen erregen und Ärger mit sich bringen, den er nicht will.

Er wartet noch sicher fünf Minuten regungslos und auf jedes Geräusch bedacht, ehe er schnell und beinah unsichtbar auf eines der Dächer springt und, die Augen immer auf der Umgebung, um ja von niemandem gesehen zu werden, schnell darüber entlang springt.

Er kennt den Weg, er ist einfach und seltsam vertraut, obwohl er selbst als er hier noch gelebt hat, so gut wie nie dort war. Natürlich ist er nicht umgezogen, er weiß es, spürt es im seltsam wörtlichen Sinn, hält auf ihn zu und landet schließlich lautlos auf dem Dach seines Hauses, beugt sich vorsichtig über den Rand und schaut durch das Fenster über dem Bett hinein.

Das Bett ist nicht gemacht, auf dem Nachtisch steht eine leere Packung Fertigramen, der Kleiderschrank ist offen und ein paar im Halbdunkel nicht zu identifizierende Kleidungsstücke liegen auf dem Boden davor verteilt.

Die Tür zum Hauptraum dahinter ist offen und dort scheint Licht. Viel ist dennoch nicht zu erkennen, besonders nicht, wenn seine Augen an das Dunkel hier draußen gewöhnt sind.

Er kletterte vorsichtig über den Rand, hängt sich an die Wand und testet das Fenster. Natürlich ist es unverschlossen. Idiot ...

Doch ehe er es öffnen kann, erscheint in der Schlafzimmertür ein Schatten und es wird von Innen aufgerissen. Er zuckt eilig zurück, um nicht angesprungen zu werden.

Aber - und das ist eine Überraschung - er macht sich umsonst Sorgen. Blaue Augen sehen ihm entgegen, neugierig, groß, freudig, aber auch irgendwie skeptisch mit einer Spur Ernst, die er selten gesehen hat und nicht versteht.

"Sasuke?"

 

Naruto ist seltsam ruhig, es verwirrt und irritiert Sasuke ein wenig, dass er ihn nicht direkt überfallen hat. Natürlich wusste er, dass er da war. Wie hätte er auch nicht? Die gleiche Fähigkeit, die Sasuke verrät, wo genau Naruto sich befindet, funktioniert natürlich auch andersherum, anschleichen ist da nicht.

Naruto lächelt, als er ihn hereinlässt und Sasuke ein wenig zögerlich der Aufforderung folgt und den dunklen Umhang abstreift und mit seiner Tasche beiseite legt. Er sieht sich um, blinzelt kurz ins helle Licht. Hier hat sich wirklich nichts verändert und Naruto ist noch beinahe genauso unordentlich, wie zu den Zeiten, als sie Genin waren und Sasuke ihn einmal holen musste, als er verschlafen hatte.

Schriftrollen und Ramenpackungen bedecken abwechselnd den Boden. Immerhin gibt es aber dazwischen Freiflächen, das ist neu.

Ebenso, wie der zuvor unbeachtet im Schrank stehende (oder neu gekaufte?) Topf, der nun auf dem Herd steht und in dem etwas köchelt. Sasuke wagt es kaum zu glauben, Naruto kocht?

Offenbar spiegelt sich sein Unglauben in seinem Gesicht wieder, denn Naruto lacht leise. "Sakura hat mich dazu verdonnert, ehe du fragst. Und es ist Ramen, sie hat nie genauer gesagt, was ich kochen soll ... bleibst du zum Essen?"

Sasuke gibt nach kurzem Zögern ein zustimmendes Geräusch von sich und tritt neben Naruto. Es sieht nicht mal schlecht aus, dafür, dass es Naruto - ein absoluter Anfänger - gekocht hat. Auch wenn das nichts über den Geschmack sagen muss. Er registriert nun auch die Kochschürze, die besagter Anfänger über seinen Schlafsachen trägt, und das aufgeschlagene Kochbuch neben ihm auf der Arbeitsfläche. Sasuke nimmt es hoch. "1001 Ramen Rezepte?", liest er vor und kann die leise Erheiterung nicht ganz verstecken. Nein, das war ganz sicher nicht, was Sakura meinte. Ein kleines Schmunzeln schleicht sich auf seine Lippen.

Er sieht schweigend zu, als Naruto zwei große Schalen füllt und scheinbar noch mindestens zwei Portionen im Topf übrig bleiben. Er fragt nicht, wieso er so spät abends noch in der Küche steht und kocht. Wahrscheinlich war es ein langer Tag und er hat sich einen wirklich schlechten Zeitpunkt zum Vorbeischauen ausgesucht. Es tut ihm ein wenig leid, aber er versucht den Gedanken zu verdrängen.

Sie essen ein paar Minuten in Schweigen gehüllt, dann, als er die Hälfte seiner Schale aufgegessen hat, fragt Naruto als wäre es etwas ganz nebensächliches: "Bleibst du diesmal?"

Sasuke unterdrückt ein Seufzen und schüttelt den Kopf. Nein, das hatte er nie vor. Selbst wenn er wollte, das könnte er nicht mehr, das würde Konoha nicht gut tun. Dazu hat er zu viel Mist gebaut.

Narutos Lächeln wird etwas kleiner und er gibt ein leises "Oh ..." von sich. "Was machst du dann hier?"

Sasuke schnaubt, fast schon erheitert. Er musste Naruto beim Gehen versprechen sich regelmäßig zu melden. Naruto hatte geschworen ihn sonst noch einmal holen zu kommen und Sasuke wusste, dass das keine leere Drohung war. So hatte er pflichtbewusst dann und wann einen Brief geschrieben. Selten war er lange genug irgendwo geblieben, dass Naruto ihm antworten konnte, aber sämtliche der Briefe, die er bekommen hatte, hatten die Aufforderung enthalten endlich nach Hause zu kommen.

Nach Hause ... Sasuke konnte Konoha nicht mehr als sein Zuhause ansehen, nicht nachdem er in den letzten fünf Jahren keine drei Tage hier verbracht hatte. Aber - und da musste er so ungern es tat Naruto wohl recht geben - Zuhause war auch dort, wo Menschen waren, die man mochte, um sich haben wollte, die einem wichtig waren. Leider.

"Dafür sorgen, dass du endlich Ruhe gibst?", rutscht es ihm in alter Manier raus und zu seiner Verwunderung blinzelt Naruto und lacht dann. Wenigstens diesmal eine echte, erheiterte Reaktion.

"Hab ich dich zu sehr genervt?", fragt Naruto grinsend und schüttelt den Kopf, "Und dabei ist wahrscheinlich nicht mal die Hälfte meiner Briefe überhaupt bei dir angekommen ..."

Er schnaubt, trinkt dann seine Schale aus und setzt sie mit einem sehr zufriedenen "Ah!" wieder ab.

"Du fehlst hier noch immer ... kann ich dich wirklich nicht überzeugen zu bleiben?"

Sasuke seufzt stumm. Er wusste, dass die Frage kommen würde und er weiß nicht, wie er darauf antworten soll. Es ist sicher nicht unmöglich, aber eigentlich will er das weder sich noch dem Dorf antun und so schüttelt er langsam den Kopf und wechselt mit einem Blick auf Narutos Arm das Thema.

"Das ist die Prothese?", fragt er und nickt in Richtung von Narutos rechtem Arm. Dem leichten Stirnrunzeln nach merkt Naruto, dass er ablenkt, geht aber dennoch darauf ein und nickt, hebt den Arm ein Stück zur Demonstration.

"Ja, die Oma hatte sie drei Wochen, nachdem du weg warst fertig. Sie fühlt sich echt an und bewegt sich wie mein normaler Arm." Er ballt ein paar Mal die Faust und dreht den Arm zur Unterstreichung. Sasuke sieht stumm zu. Ihm ist schon vorhin aufgefallen, dass in den Bewegungen kein Unterschied zum anderen Arm zu sehen ist, keine steife Prothese, die nur zwei Richtungen kennt. Der Verband darum ist etwas auffällig, aber niemand würde davon ausgehen, dass Narutos rechter Unterarm komplett fehlt. Er ist froh, dass Naruto scheinbar keine weiteren Einschränkungen dadurch hat.

Naruto deutet seinen Blick offenbar falsch. "Du kannst auch eine haben, weißt du?", merkt er an, aber Sasuke schüttelt nur den Kopf. Das ist seine Strafe, er hat gelernt mit einem Arm zurecht zu kommen. Und es hat ihn vermutlich auch deutlich weniger schlimm getroffen, denn obwohl er vielleicht von Natur aus Linkshänder war, war er von klein auf darauf bedacht gewesen so viel wie möglich mit rechts zu machen. Weil das alle taten und er wohl auch den Vorteil einen leichten Tendenz zur Beidhändigkeit hatte. Es war nicht so viel schwerer gewesen von dort komplett auf eine Hand zu wechseln, auch wenn er sicher sofort zugeben würde, dass vieles mit zwei Händen definitiv leichter vonstatten ging.

Er kann allerdings auch nicht behaupten, dass er nicht neugierig wäre und streckt Naruto seine Hand hin. Sein Gegenüber greift sie etwas verdutzt. Tatsächlich fühlt sich die Hand erstaunlich echt an. Sie ist warm und der Händedruck fühlt sich ziemlich genau so an, wie er es sollte. Weiche Haut mit Knochen und Muskeln darunter. Es ist schwer zu glauben, dass das nicht echt sein soll.

"Haben sie dir einen anderen Arm angenäht?", fragt er daher etwas verwundert. Naruto blinzelt, lacht - und zieht auf einmal den Oberkörper zurück, die Hand allerdings bleibt in Sasukes und wäre er etwas weniger gefasst, hätte er vermutlich einen kleinen Aufschrei von sich gegeben.

Hand und Unterarm bis knapp über dem Ellbogen haben sich von Narutos Körper getrennt und hält er nun in der Hand. Lediglich ein paar Verbände verschwinden noch in Narutos Ärmel. Naruto selbst wiederum grinst und kichert. "Dein Gesichtsausdruck ist göttlich, Platz drei hinter Iruka und Konohamaru würde ich sagen. Wobei du Lee hättest sehen sollen, der dachte, sein Händedruck wäre fest genug gewesen, um meinen Arm abzureißen ..." Naruto hat ganz eindeutig zu viel Spaß damit ...

Sasuke hat sich inzwischen allerdings wieder gefasst und untersucht den Arm etwas genauer. Er dreht ihn, legt ihn dann hin und zupft etwas an den Verbänden, die verwirren ihn. Naruto gibt ein kleines, etwas unwillig klingendes Geräusch von sich.

"Die Farbe ist etwas ... seltsam."

Das stimmt. Unter dem Verband kommt tatsächlich Haut zum Vorschein, aber sie wirke ungesund. Bläulich, als wäre sie kalt, aber mit einem sehr kränklichen Graustich. Etwa die Hautfarbe, die er bei einer Leiche oder jemand schwer krankem erwartet hätte. Kein Wunder, dass Naruto das versteckt ...

Er sieht auf, sein Gegenüber zuckt nur die Schultern und zieht die Enden der Verbände aus seinem Ärmel. "Sie verstecken den Übergang, sie halten nichts, falls du das denkst und es ist auch gut verheilt."

Mit einer flüssigen Bewegung streift er sein Oberteil ab und hellbraune Haut mit definierten Muskelpartien wird sichtbar. Das Training hat er offensichtlich nicht vernachlässigt.

Sasukes Blick wandert zu seinem rechten Arm. Er ist wirklich gut verheilt und offensichtlich sehr narbenarm. Der Stumpf schließt glatt ab, ohne erkennbare Narben, als wäre die Haut natürlich darüber gewachsen und nicht, als wäre etwas abgesprengt worden. "Was ist mit dir? Du bist weg, ehe er verheilt war, oder?", fragt Naruto stirnrunzelnd und mit einem viel zu besorgten Unterton in der Stimme. Sasuke zuckt die Schultern und schiebt den linken Ärmel hoch. "Ist gut verheilt."

Ist es auch. Trotz der fehlenden medizinischen Beobachtung ist nichts passiert. Er unterscheidet sich nicht groß von Narutos, außer, dass eine dünne, strichförmige, leicht rötliche Narbe darüber läuft und das Gewebe etwas rötlicher ist als die umgebende Haut. Man sieht Blutgefäße, wahrscheinlich weil die Haut dünner ist und Sasuke ihn meist verdeckt hält, sodass kein Licht daran kommt.

Er lässt den Ärmel wieder sinken und hält Naruto die Prothese hin. "Wie kannst du sie bewegen?", fragt er um von sich selbst abzulenken.

Naruto nimmt sie, hält sie an seinen Stumpf und Sekundenbruchteile danach bewegen sich die Finger. "Eine hauchdünne Schicht Chakra", erklärt er, während er die Enden des Verbandes wieder um seinen Arm wickelt, "Mach ich inzwischen schon automatisch. Das Gewebe ist echt, es hat Nerven, das Chakra verbindet sie mit den Enden von meinen. Der Rest ... ist Medizin und kannst du dir vermutlich eher denken als ich es erklären kann."

Nicht schlecht, muss Sasuke zugeben. Er nickt nachdenklich.

"Wie geht es dir Sasuke?", fragt Naruto unvermittelt und erwischt Sasuke unvorbereitet. "Ich benutze das zwar, aber Oma, Sakura und Kakashi haben mich vorher durch den Drill geprügelt Dinge auch mit einer Hand zu machen. Ich weiß, wie nervig und anstrengend das ist und du ..."

Sasuke weiß, was er nicht ausspricht. Er hat sämtliche Hilfe ausgeschlagen und ist einfach weg.

"Mir geht es gut", versichert er ruhig und hofft, dass sein Lächeln halbwegs überzeugend ist, "Ich bin anpassungsfähig. Ich kann alles, was ich vorher konnte."

Naruto schmunzelt. "Chakra? Ninjutsu?"

Sasuke nickt und hebt eine Augenbraue, als Narutos Grinsen breiter wird. Er hebt die rechte Hand. "Das einzige, was diese Hand nicht kann. Aber", fährt er fort, als Sasuke den Mund öffnet, "es geht mit einer Hand. Ich mache noch Fingerzeichen, aber die sind für die anderen, nicht für mich."

Für einen kurzen Augenblick scheint er etwas gedankenversunken, dann stützt er sich ab und sieht Sasuke einfach nur an.

"Hey, Sasuke?"

"Hn?"

"Du wirst abhauen, wenn wir fertig sind mit reden, oder?"

"Vermutlich ...?"

"Was hältst du dann vorher von einem kleinen Übungsmatch ... nur Training, wie in guten, alten Zeiten?"

Sasuke schmunzelt. Als ob er das ausschlagen könnte ...

"Aber nur ein Match, klar?"

Naruto grinst und hält ihm die Hand hin. "Natürlich."

Sasuke schlägt ein. Ein kleiner Trainingskampf wird ihm nicht schaden, ehe er nochmal verschwindet. Wie lange auch immer es diesmal gehen wird, ohne, dass Naruto wieder genug nervt  - und genug in seinen Gedanken auftaucht - dass er es nicht mehr aushält ohne wenigstens kurz vorbei zu schauen und zu sehen, ob er okay ist. Blöde Technik, die seine Anwesenheit immer verrät, sonst ginge das deutlich einfacher. Aber darüber würde er sich morgen - und nach diesem Kampf - weiter Gedanken machen, beschließt er, als sie aufstehen und Naruto ins Schlafzimmer läuft, um sich umzuziehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  kristallika
2015-06-25T21:08:48+00:00 25.06.2015 23:08
sehr schöne geschichte.;)hat mir gut gefallen


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