Zum Inhalt der Seite

Kyou Kara Kōkōsei

Ein Engel erobert die Schule
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Was konnte demütigender sein als ein Mathetest? Genau! Jemanden neben sich sitzen zu haben, der sich darauf auch noch freut. Wieso schrieb Wolfram nicht gleich die gute Note für mich? Ich konnte die viel besser gebrauchen als er. Schließlich braucht er als Dämon keinen Oberschulabschluss. Aber ich muss mir eine stabile Zukunft sichern, meinte Shori. Am besten frag ich, ob wir die Namen auf den Testblättern vertauschen könnten. Oder ich gucke gleich bei ihm ab. Wenn er neben mir sitzen bleiben durfte, war das die beste Idee. Yuri, du weißt dir wirklich immer zu helfen.

„Du, Wolfram?“

„Ja?“

„Moment mal, warum setzt du dich plötzlich woanders hin?“

„Um zu vermeiden, dass ein Waschlappen wie du bei mir abguckt.“

„Ich und abgucken? Jetzt mach aber mal halblang! Das würde ich nie tun. Für wen hältst du mich überhaupt?“

Wolfram grinste. „Hab ich doch gesagt, für einen Waschlappen.“

Innerlich brodelte ich. Die Idee konnte ich mir abschminken. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn zu bitten, meinen Namen auf seinen Test zu schreiben.

„Wolf, würdest du…“

„Was denn nun? Nein, ich werde nicht für dich schummeln.“

„Aber.. würdest du meinen Namen auf deinen Bogen schreiben?“

„Wieso, hatten wir gestern nicht genügend gelernt?“

„Aber du kannst das viel besser als ich und du brauchst sowieso keine Note“, seufzte ich. „Bitte, nur diesen kleinen Gefallen. Ich hab das einfach nicht richtig verstanden, was im Test drankommt.“

In Gedanken versunken blickte Wolfram Löcher in die Luft.

„Jetzt sag schon!“

„Okay… aber nur, weil du es bist.“

„Danke, du bist der Beste“

Ich drückte Wolfram so fest, dass er mich verblüfft anstarrte, als ich ihn wieder los ließ.

„Dann wirst du meinen Namen und ich deinen Namen schreiben?“

Der immer noch konfus dreinblickende Engel nickte mir zu und setzte sich an den Tisch hinter mir.

Der Mathetest verlief recht gut. Auch Wolfram dürfte sich nicht blamieren, schließlich war sogar ich in der Lage, die meisten Aufgaben sicher zu lösen. Als wir unsere Ergebnisse abgaben, drehte ich mich selbstbewusst um und blickte in das verzweifelte Gesicht des Dämons. Was sollte das denn jetzt bedeuten? Er hat doch nicht den Test verkackt? Sonst kann er doch auch alles! Der kann was erleben!

„Yuri, tut mir leid.“ Anscheinend sah er es mir bereits an, dass ich stinksauer war.

„Ist dir eigentlich klar, dass ich mich auf dich verlassen habe!?“

„Und ist dir klar, dass ich eure komischen Schriftzeichen nicht lesen kann!?“

„Und wieso erzählst du mir das erst jetzt? Wie bist du denn vorher mit dem Unterricht klar gekommen?“

„Ich hab aufgeschrieben, was der Lehrer sagte. Eure verrückten Bücher les ich mir doch nicht durch. Aber ich dachte, die Arbeit würde nur aus Zahlen bestehen. An die Aufgabenstellungen hatte ich gar nicht gedacht.“

Ich gab einen langen Seufzer von mir.

„Aber keine Sorge, ich hab nicht deinen Namen draufgeschrieben. Mir ist nämlich aufgefallen, dass ich den in deiner Sprache auch nicht schreiben kann.“

„Na ganz klasse!“ Ich drehte mich wieder um und stützte den Kopf mit beiden Armen ab. „Das bedeutet, du hast zwei Arbeiten geschrieben und ich keine.“

Yuri Shibuya, das war eine der beschissensten Ideen, die du je hattest. Einen Dämon, der noch nicht mal Japanisch schreiben konnte, deine Arbeiten schreiben zu lassen.
 

Als ich mich in der Hofpause einigermaßen beruhigt hatte, fing die nächste Sorge an – kaum ließ ich Wolfram aus den Augen, wurde er wieder von sämtlichen Oberschülerinnen belagert. So einen hübschen Engel kann man echt nicht allein lassen. Wer weiß, wie viele Verlobte er sich hier hätte angeln können, wenn ich nicht wäre.

Ich bahnte mir einen Weg zu Wolfram und packte ihn am Handgelenk.

„Yuri!“

„Wir gehen woanders hin“, murrte ich.

„Wieso? Ich war gerade in einem Gespräch“, meinte er verwundert, als ich ihn mitzerrte. Hinter uns hörte ich einige verliebte Seufzer.

„Ach, wäre nur ich mit ihm verlobt“, meinte eines der Mädchen, ihre Freundinnen stimmten ihr eifrig zu.

Nichts da! Er ist immer noch mein Verlobter.

„Yuri!“

„Kaum lässt man dich aus den Augen, sonnst du dich im Rampenlicht der ganzen Mädchen“, stöhnte ich.

„Yuri, wir haben nur erzählt. Kein Grund, eifersüchtig zu werden.“

„Ich bin nicht eifersüchtig! Ich merke bloß, dass man hier auf dich aufpassen muss! Sonst lässt du dich noch ganz schnell wegschnappen.“

„Wegschnappen? Von wem?“

„Na von irgendeiner Frau! Du rennst einmal in ihr Netz und dann fesseln sie dich und saugen dich aus, als wärst du ein Insekt.“

Wolfram rümpfte angewidert die Nase.

„Ich hoffe, du wirst dich von denen in Zukunft fernhalten.“

Plötzlich lächelte mich der Dämon an. „Yuri, und wie du eifersüchtig bist.“

„Bin ich überhaupt nicht!“, fauchte ich.

„Oh, doch. Das macht dich noch niedlicher als sonst.“

Die Mädchen hinter uns kicherten und mein Gesicht lief rot an.

„Nenn mich nicht niedlich!“

„Aber das bist du.“ Grinsend nahm der Engel meine Hand und verschwand mit mir hinter dem Schulgebäude, wo wir nicht von anderen begafft oder gar bewundert (wohl eher Wolfram) wurden. Warum kam ich mir gerade vor, als wäre ich in einem Yaoi-Manga? Ach ja, weil Wolfram seine warmen Finger um meine Hand klammerte. Ich zog sie verlegen weg.

„Doch nicht in der Öffentlichkeit“, nuschelte ich.

Wolfram stemmte die Fäuste in die Hüften und plusterte sich auf. „Ich habe nur deine Hand gehalten. Was ist daran falsch? Viele verlobte Pärchen tun das.“

„Aber doch nicht auf einer Schule.“

„Was meinst du, weshalb ich dich hier her gezogen habe?“

„Weil… weil uns hier niemand sieht.“

Er nickte und ließ die Arme wieder neben seinem Körper hängen.

„Wirklich niemand?“

„Ich wollte wieder gutmachen, was mir vorhin passiert ist“, flüsterte er in mein Ohr.

„Ach, der Mathetest? Ist schon vergessen.“

Mathe war noch nie mein Fach, daher wusste ich nicht, was er wieder gut machen wollte. Eine schlechte Note mehr würde in meinem Durchschnitt nicht auffallen, außerdem hatte ich es mir mit meiner blöden Idee selbst eingebrockt.

„Nein, dass ich dich unter den ganzen Mädchen eben ignoriert hab.“

Im Schatten des Gebäudes sah uns niemand, die meisten hielten sich entweder im Flur oder auf dem Schulhof auf, aber ich spürte die kalte Wand, an der ich mit meinem Rücken lehnte, und wie Wolframs Lippen meine zart berührten.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück