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Warum erwachsen werden

von

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Kapitel 4

Ein unsanfter Tritt gegen seinen Oberschenkel weckte Peter auf. Für einen Augenblick war er benommen und wusste nicht wo er sich befand, doch als er das hämisch grinsende Gesicht von Hook entdeckte, kamen die Erinnerungen schlagartig zurück. Automatisch zuckte er, wollte nach seinem Dolch greifen, doch die Fesseln an seinen Handgelenken hielten ihn davon ab. Schmerz wogte über ihn hinweg. Seine Finger waren taub, die Haut unter den Stricken offenkundig aufgeschürft. Peter konnte nicht verhindern, dass ihm ein Schmerzenslaut über die Lippen kam, doch gönnte er Hook keineswegs die Freude, dass er sich wegen dessen Behandlung beschwerte. Im Gegenteil, Peter biss sich fest auf die Lippen, um jegliches weitere Geräusch zu vermeiden, während er vorsichtig seine Hände und Finger etwas bewegte, um wieder ein Gefühl in diese zu bekommen.
 

„Der Mart kommt gleich. Die Stifte für die Ketten sind vorbereitet, dann kommst du von den Stricken los.“

„Du tauscht eine Fessel gegen eine andere, kannst du mir sagen, was mich daran erfreuen soll?“ Peters Augen bohrten sich finster in Hooks.

„Die Ketten bieten dir etwas mehr Freiraum.“

„Und wo willst du mich anketten? Hier an deinem Bett?“

Etwas in Hooks Augen leuchtete auf ehe er sprach. „Nun, Peter, genau das ist meine Absicht.“
 

Irritiert runzelte Peter die Stirn. Was wollte der alte Klabautermann damit bezwecken? Peter hätte es eindeutig verstanden, wenn er Kiel holen geschickt worden wäre. Dort zwischen bestraften Piraten und anderen Gefangenen, wäre der eigentliche Ort, an den er gebracht werden müsste. Peter hätte es sogar begriffen, wenn Hook sich über Nacht für eine der vielen Tötungsarten entschieden hätte. Wie war das noch gleich? Erschießen? Erstechen? Den Haien zum Fraß vorwerfen? So oder so ähnlich hatte es ihm Hook gestern doch aufgezählt. Weshalb zum Teufel sollte er in Hooks Kabine bleiben und dann noch an dessen Bett gekettet? Der Kapitän war jedoch so gnädig und erklärte es ihm, als er die Irritation bemerkte.
 

„Ich wollte schon immer meinen eigenen Schiffsjungen haben, Peter und ich denke, du wirst die Rolle gut ausfüllen. Sieh es als ein Spiel“, sagte er blasiert, „Du spielst doch gerne. Solange ich meinen Spaß daran habe, wirst du innerhalb dieses Raumes zu meiner Verfügung stehen, wie ich es beliebe.“

„Was soll das heißen?“

„Du wirst das Zimmer fegen, den Staub von den Möbeln wischen und mir mir die Füße waschen, wenn ich es sage. Jeden Morgen und Abend wirst du mir beim an- und entkleiden helfen und mir die Haare bürsten, wenn ich es will.“

„Niemals!“, fauchte Peter.

„Oh doch, du wirst!“

„Eher sterbe ich!“

„Das wirst du auch, wenn du dich nicht beugst.“

„Töte mich gleich, dass erspart dir Mühe und Zeit.“
 

Hook lachte – aus vollem Herzen. Diese zur Schau getragene Heiterkeit verunsicherte Peter. Es schien als wäre der Pirat sich seiner Sache so sicher. Was hielt er in der Hinterhand, dass er glauben konnte Peter würde sich beugen?
 

„Du wirst, Peter.“

„Nenn mir einen Grund“, sagte Peter wütend.

„Hunger, Durst, Kälte. Das sind sogar drei gute Gründe, oder nicht?“

„Ich kann mein Essen- “

„-Nein, kannst du nicht. Zumindest nicht an Bord meines Schiffes. Deine Fantasie hilft dir hier kein Stück weiter. Essen und Trinken gibt es nur, wenn ich es dir auftragen lasse. Stell dir doch nur vor wie es wär, wenn ich an meinem Schreibtisch sitze, einen fetten Fasan vor der Nase und du Peter, würdest nichts als den Duft inhalieren können, während dein Magen sich vor Schmerz zusammenzieht. Das Wasser würde dir im Mund zusammenlaufen, aber das ginge nicht, weil Kehle und Lippen vom Durst so trocken wären, dass du mir selbst die Spritzer der Gischt von den Stiefeln lecken würdest.“
 

Hook hielt mit seiner unheilvollen und gefühlskalten Rede inne. Peter ging es bei dem puren Gedanken, dass Hook ihm dies tatsächlich antun könnte, hundeelend. Ebenso konnte er nicht verhindern, dass es ihm eiskalt den Rücken hinunterlief, während Hook ihn herausfordernd ansah, so als wolle er, dass Peter sich ihm widersetzte. Für Peter war die Vorstellung vom Tod eine Herausforderung. Folter jedoch, war etwas, dass kein Mittel für einen Pan war. Niemals hatten er oder einer der verlorenen Jungs einen Piraten gefoltert. Zumindest nicht mit diesen harten, körperlichen Strafen. Sie machten keine Gefangenen. Wenn sie in den Krieg mit den Piraten zogen, dann töteten sie. Schnell und sauber. Der Tod war kein Spiel, das wusste selbst Peter.
 

Mental fragte sich Peter, was er nun tun sollte. Sein Stolz pochte hart und unnachgiebig in seinem Inneren und schrie nach Kampf. Alles in ihm wollte einen fairen Kampf gegen Hook, dessen neues Spiel ihm überhaupt nicht gefiel, doch wusste er auch, dass der Kapitän sich derzeit nicht darauf einlassen würde. Dazu genoss Hook es zu sehr, dass Peter ihm ausgeliefert war. Sollte Peter also nachgeben? Er könnte austesten, wie ernst es Hook mit seiner Drohung war. Aber etwas ließ Peter zaudern. Vielleicht das Wissen, dass Hook seine Gegenwehr erfreuen würde. Aber als die Tür plötzlich geöffnet wurde und drei Mann das Zimmer betraten, richtete sich seine und Hooks Aufmerksamkeit dorthin.
 

Zwei Matrosen schleppten einen Eimer, in dem sich auf einer dicken Sandschicht glühende Kohlen befanden, herein. Zwischen den Kohlen lagen Metallstifte, welche, wie Peter wusste, zum Verschließen der Ketten dienten. Hinter den beiden kam der Obermaat herein. Halb über den Schultern, halb in Händen trug dieser die Ketten und ein paar wenige, aber schwere Werkzeuge. Peter schluckte. Hook machte wirklich Ernst. Nachdem die Männer alles vorbereitet hatten, wurde grob an Peters Bein gezogen. Zwar versuchte Peter sich mit Tritten gegen die Männer zu wehren, doch da er nach wie vor mit den Händen an den Bettpfosten gefesselt war, ohne jeglichen Erfolg.
 

„Kapitän, wie wollen Sie’s? Soll er am Stück bleiben, oder sind ihnen die Verletzungen egal?“, fragte der Maat.
 

Nun erst richtete sich die Aufmerksamkeit wieder auf Hook, der die komplette bisherige Prozedur stumm beobachtet hatte. Einen Herzschlag lang, dachte Peter, dass Hook ihm sagen würde, dass ein paar Verletzungen mehr oder weniger nichts ausmachen würden. Einmal schon hatte Peter gesehen, welche Spuren das Anbringen heißen Metalls auf menschlicher Haut verursachte und selbst wenn sich die Verbrennungen nur auf das Minimum beschränkten, die Schläge, mit dem schweren Hammer auf die Stifte, konnten Knochen brechen.
 

„Macht es schonend, wir wollen ja nicht, dass unserem werten Gast etwas zustößt.“

„Sind Sie sich Kapitän“, traute der Pirat sich wirklich nachzufragen. „Es ist Pan. Denken Sie nur an Ihre Hand.“
 

Tatsächlich blickte Hook auf den Stummel an dessen Ende sich der silbrige Haken befand. Ja, er, Peter Pan hatte Kapitän Hook die Hand abgeschlagen und sie dem Krokodil vorgeworfen. Doch Hooks Blick, der einen glasigen Ausdruck angenommen hatte, wirkte eher sentimental, denn nachtragend. Hook schwieg für einen Moment ehe er blinzelte und seinen Augen wieder normal wirkten. So hatte Peter ihn noch nie gesehen gehabt.
 

„Ich bleibe dabei - geht sanft mit meinem Gast um.“
 

Damit wandte sich der Kapitän ab und verließ die Kajüte. Peter blieb mit den anderen Piraten zurück, die ihm nun raues Leinen um den Fußknöchel banden und den zappelnden Peter mit Gewalt festhielten. Unerklärlicherweise bekam er nun, da Hook fort war Angst. Richtige Angst. Das Metall schloss sich um sein Fußgelenk und Peter wusste, es gab nun keine Chance mehr auf Flucht. Obwohl er dagegen ankämpfte zitterte er am ganzen Körper, während der erste glühend heiße Stift in die Kettenhalterung geführt wurde.
 

„Du solltest jetzt besser aufhören zu zappeln, Junge“, sagte der Obermaat. „Wenn wir abrutschen ist es das Ende deines Fußes und wir wollen doch nicht, dass Kapitän Hook sauer wird, oder?“
 

Peter wollte etwas sagen, wollte ihnen drohen, dass sie ihn freilassen sollten, sonst würden sie es bereuen, aber sein Stolz hielt ihn zurück. Noch bevor der erste Schlag mit dem Hammer sein Schicksal an Bord der Jolly Roger für lange Zeit besiegeln sollte, beschloss Peter die Herausforderung anzunehmen. Er würde Hooks neues Spiel spielen, doch würde er als der Gewinner hervorgehen. Kein Hook konnte ihn endgültig besiegen. Zwar mochte dieser stinkige, alte Piratenkapitän die Runde für sich entschieden haben, aber Peter war derjenige, der das Spiel gewinnen würde, denn er war der Pan.
 

Fortsetzung folgt…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sky-
2015-05-04T06:38:30+00:00 04.05.2015 08:38
Ach Peter, wo bist du da nur hineingeraten...
Na dass Hook ihn nicht gleich umbringt, kann ich sogar nachvollziehen. Die Demütigung des Feindes ist süßer als dessen Tod. Und dass Peter denkt, er kommt so leicht davon, passt ja zu ihm und er denkt natürlich nur ans Gewinnen bei diesem Spiel. Typisch Jungs xD


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