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Warum erwachsen werden

von

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Kapitel 2

Die Nacht herrschte über das Nimmerland als Peter erwachte. Vorsichtig und ohne die anderen Jungen zu wecken, sogar ohne Glöckchen in ihrem Schlaf zu stören, stand Peter auf, um aus ihrem geheimen Lager zu schleichen. Zweimal glaubte er, er wäre erwischt worden, doch Kugel, wie der dicklichere neue Junge genannt wurde, hatte nur im Schaf gesprochen. Erleichtert war Peter weitergegangen, hatte sich an allerhand Spielzeug vorbeibewegt und als er fast draußen war, war er mit dem Fuß gegen eine Kommode gestoßen.
 

Doch das Glück war mit Peter und auch, wenn es im Raum ein paar einzelne Grunzer gegeben hatte, war niemand erwacht. Erleichternd aufatmend erhob er sich in die Lüfte. Mit dem Feenstaub von Glöckchen und mit einem wundervollen Gedanken im Kopf war es ein Leichtes für ihn der Schwerkraft zu trotzen. Nicht das Peter irgendetwas über Schwerkraft gewusst hätte, doch es war die Leichtigkeit seiner vergänglichen Gedanken, die ihn schweben ließ. Im Augenblick jedoch war sein Gedächtnis vollkommen intakt und er wusste wohin es ihn zog. Er wollte zu Hook.
 

Obwohl Hook sein Erzfeind war und sie sich bei jeder Gelegenheit bekriegten, gab es da doch diese Anziehungskraft. Vielleicht auch genau deshalb. Piratenschätze, Abenteuer, Kämpfe, all dies waren Dinge, die einen Jungen wie Peter anlockten. Nun ja, Peter war ein Junge, Außenstehende hätten ihn wahrscheinlich für 14 Jahre und nicht älter gehalten, aber in Wirklichkeit war Peter doch schon sehr viel älter.
 

Bereits als kleines Baby war er nach Nimmerland gekommen und er war gealtert. Hatte schon von Beginn an mit Glöckchen eine spannende Begebenheit nach der anderen erlebt. Groß hatte er werden wollen, denn mit den kurzen, stummligen Armen und Beinen eines Kleinkindes war er in vielen Dingen behindert worden. Schon das Schwingen eines Dolches war für ihn eine Herausforderung gewesen. Doch als er die Größe eines 10.-Jährigen erreicht hatte und mit seiner Körpergröße zufrieden war, da hatte Peter einfach aufgehört zu wachsen.
 

Lange Zeit und viele verlorene Jungen später hatte Glöckchen bemerkt, dass Peter doch alterte, wenn auch nur sehr, sehr langsam. Sie hatte es ihm gesagt und Peter hatte sie mit den Armen hinterm blonden Lockenkopf ausgelacht und es ihr nicht geglaubt. Nichts von dem Gespräch hatte sich Peter anmerken lassen, doch als Glöckchen am nächsten Morgen aufwachte, stellte sie fest, dass Peter über Nacht zu einem 11.-Jährigen herangewachsen war. Aus Angst er könnte erwachsen werden, hatte Glöckchen, die Peter so sehr liebte geschwiegen und Peter selbst konnte sich nicht an ihre Unterhaltung erinnern.
 

Im Laufe der vielen Jahre war Peter auf diese Weise, von ihm selbst unbemerkt, älter geworden und Glöckchen hatte besorgt feststellen müssen, dass immer, wenn in Peters Leben etwas Gravierendes geschah, er über Nacht stark alterte. So geschah es auch, nachdem er Wendy ins Nimmerland geholt hatte. Wegen ihr, der einzigen, der Peter jemals einen Kuss geben wollte, war Peter auf seine jetzige Größe herangewachsen. Oh, wie glücklich Glöckchen gewesen war, als Wendy wieder Nachhause gewollt hatte. Die Angst in ihrem kleinen Feen Herzen, dass Wendy ihr Peter stellen konnte, hatte schmerzhaft gepocht und als Wendy ging, da war eine unglaubliche Erleichterung über Glöckchen gekommen. Doch von all diesen Dingen ahnte Peter nichts. Und hätte er darum gewusst, so hätte er sie nicht verstanden, denn von Liebesdingen hatte Peter keine Ahnung.
 

Nun aber flog er über das Nimmerland hinweg, schwebte durch die Nacht und eilte zur Jolly Roger. Eilte Kapitän James Hook auf der Fährte eines Abenteuers hinterher und rasch kam Peter an seinem Ziel an. Die Wachen an Bord waren eingeschlafen. Lediglich der Steuermann, der den Kurs hielt indem er nach den Sternen sah war wach, doch sein Blick war über den Ozean gerichtet und so bemerke er Peters Ankunft nicht.
 

Leise schlich sich Peter unter Deck. Im Schatten hielt er sich verborgen, um unbemerkt in Hooks Kajüte zu schleichen. Seine Aktion war gänzlich unnötig, denn müde von der Schlepperei des Tages und einem üppigen Abendmahl schliefen die Piraten tief und fest. Die Tür von Hooks Kajüte quietschte leise, als Peter sie einen Spalt breit öffnete. Vorsichtig spitzelte er hinein und als er keine Reaktion vernahm, schob er sie noch ein Stückchen weiter auf, um sich hinein zu stehlen. Knarzend fiel sie hinter ihm zu. Ein Geräusch vom Bett war zu hören, aber es verstummte gleich wieder. Kapitän Hook schlief.
 

Erleichtert atmete Peter auf. Er hatte gar nicht bemerkt wie er den Atem angehalten hatte. Seine Augen gewöhnten sich allmählich an das wenige Licht im Raum und er suchte nach Hooks Kapitänsjacke in der Hoffnung, dort die Schatzkarte zu finden. Peter fand sie über einem Stuhl hängend, die Karte jedoch war verschwunden. Missbilligend schnalzte er mit der Zunge, ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und blieb letztlich an einer Kommode hängen. Vorsichtig öffnete er die Schubladen, doch außer Kleidung und ein paar anderen persönlichen Sachen von Hook fand er nichts darin. Wo nur sollte er noch suchen? Ein erneutes Geräusch vom Bett ließ ihn herum fahren. Hook drehte sich gerade und Peter bekam einen Gedankenblitz.
 

Sollte es wirklich sein? Konnte Hook den größten Schutz für die Schatzkarte tatsächlich bei sich vermuten? Peter lächelte. Wie konnte Hook nur so einfältig sein und glauben, dies würde ihn, den großen Peter Pan, abschrecken? Siegessicher schlich er zum Bett hinüber. Hook sah im Schlaf tatsächlich friedlich und entspannt aus. Er wirkte so viel jünger wie am Tage und Peter konnte zum ersten Mal in dem Gesicht das Kind entdecken, dass Hook irgendwann einmal gewesen sein musste. Das schwarze lockige Haar, von dem Peter stets geglaubt hatte es wäre eine Perücke, fiel dem Kapitän in einzelnen Strähnen ins Gesicht. Die Vergissmeinnicht-blauen Augen waren geschlossen und auf den Lippen, die tagsüber zu schmalen Strichen zusammengepresst waren, lag ein sanftes Lächeln.
 

Für einen Moment beobachtete Peter diese Verwandlung mit einem merkwürdigen Gefühl. Es war neu, es war faszinierend und schien ein weiteres Abenteuer zu bedeuten. Das Abenteuer herauszufinden, wie Kapitän Hook tatsächlich war. Pirat und Mörder, oder erwachsenes Kind, mit einem freundlichen Wesen? Dies Abenteuer musste allerdings warten und Peter wand seinen Blick der kleinen, schmalen und hölzernen Kiste zu, die Hook im Schlaf mit den Armen umklammert hielt. Sie war gerade so groß, dass die Schatzkarte hineinpasste.
 

Sich an seinem Ziel wähnend langte Peter danach. Behutsam, denn er wollte sie Hook abnehmen ohne diesen zu wecken. Die Holzkiste war jedoch zu fest umklammert. Mit etwas mehr Kraft zog Peter daran und tatsächlich glitt sie ein Stück aus Hooks Armen. Zentimeter für Zentmeter lockerte Peter sie nun aus Hooks Armen hervor und jedes Mal, wenn der Kapitän im Schlaf schnaufte und schmatzte, machte Peter eine kleine Pause. Schweiß rann ihm über die Stirn, denn es war eine anstrengende und nervenaufreibende Aktion. Schließlich seufzte Peter leise auf. Nur noch einmal, dann wäre die Kiste frei und er konnte sie nehmen. Nur noch einmal…
 

Peters Finger umschlossen die Kiste. Mit pochendem Herzen, seinem Ziel so nahe, zog er dran und dann plötzlich geschah so vieles gleichzeitig. Er hatte die Kiste! Doch im selben Augenblick langte eine kräftige Hand nach seinem Handgelenk und blaue Augen blickten ihn eisig an.
 

„Hallo, Peter.“
 

Fortsetzung folgt...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hi! ^^ Das war mein neues Kapitel. Ich hoffe es hat euch gefallen. Jedenfalls würde ich mich wie immer sehr über Kommentare freuen. ^____~ Liebe Grüße Sara Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sky-
2015-05-04T06:24:10+00:00 04.05.2015 08:24
Die Interpretation, dass Peter altert, wenn ein wichtiges Ereignis in seinem Leben eintritt, das auch seine geistige Reife beeinflusst, passt wirklich sehr. Ja es erinnert mich auch irgendwie an den Film "Hook" wo Peter sich für ein Leben in Wendys Familie entscheidet und erwachsen werden will. Und das zeigt doch eigentlich, dass Peter nur dann ein Kind bleiben kann, wenn er auch im Geist ein Kind bleibt und vor dem Erwachsenwerden flieht. Sehr tiefsinnig das Ganze. Ein weiterer Grund, warum ich die Peter Pan Geschichten bis heute noch so liebe.
Ich bin ja mal echt gespannt, was sich Hook noch mit Peter einfallen lässt. So wie es aussieht, scheint der nämlich nur darauf gelauert zu haben, seinen Erzfeind in die Falle zu locken.


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