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Ich fiel von deinen Flügeln.

1-ый час »Я упал с твоих крыльев.«
von

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Buße in den Himmel

Leise knirscht der Schnee bei jedem Schritt. Alles ist still, auch der letzte Hauch Leben liegt gedämpft und frierend unter der weißen Decke aus Eis. Die Gräber leuchten dunkel wie trostlose Mahnmale und tief hängen die Äste der Tannen. Das Grün ihrer Nadeln hebt sich in Schwarz vom Schnee ab. Meine Augen sehen nur noch diese zwei Farben: Weiß und Schwarz. Der Duft des Waldes schwebt zu mir herüber, tief atme ich das samtene Aroma ein. Die Welt der Menschen ist anmutig und beruhigend.

An ihnen jedoch geht die Schönheit ihres eigenen Zuhauses vorbei. Sie sehen nicht, welche Kraft dieser Ort hat und welche Bedeutung er trägt. Nein, sie sehen nur ihren eigenen Schmerz, ihren eigenen Verlust, ihre eigene Machtlosigkeit. Menschen sind von kleinem Gemüt, stehen auf einem Friedhof und weinen. Manch ein verzweifelter Schrei hallt über den ganzen Friedhof, dringt in jeden lebenden und leblosen Knochen. Ist es so schwer, ein Sterblicher zu sein? Dabei liegt hier Hoffnung und Neubeginn in der Luft, klar und kalt. Das Alte liegt begraben in der gefrorenen Erde und hinter den eisernen Toren warten unzählige Möglichkeiten. Ich wünschte, ich könnte meine Fesseln endlich begraben.

„Ach …“, seufzt sie leise, ihre Stimme weht wie eine Sommerbrise um meine Ohren. „Ach …“, seufzt sie wieder. Sie ist noch immer das wunderschönste Geschöpf, das ich je sah. Der Stein wird ihrem Strahlen nicht gerecht. „Wie weh ist mir. Immerzu hocken wir hier, tagein, tagaus, seit Jahrhunderten. Wann erlösen sie uns endlich?“, fragt sie mich. Ihre hellen Augen blicken zu mir, mit Wehmut getrübt. Ich könnte ihr ewig in die Augen sehen und von Dünen träumen, sehe unsere Spuren im Wüstensand. „Hast du es nicht auch langsam satt? Die Fesseln kratzen.“

Wir sind so weit von unserer Erlösung entfernt wie am Tag unserer Bestrafung. „Dein Herr wird sicher Erbarmen mit dir zeigen.“ Können meine Worte ihr Trost spenden? „Sieh, die alte Witwe steht wieder an ihrem Grab. Menschen sind schon skurril. Jeden Tag kommt sie her, selbst im schlimmsten Unwetter, und gedenkt ihres verstorbenen Ehemannes. Seit zwei Jahrzehnten. Ob sie wohl jemals in die Zukunft geht?“ Das Privileg der Sterblichen, sie entscheiden selbst, wie sie mit Zeit umgehen: Sie können ihr folgen, ihr vorausgehen oder sie zurückhalten. Für uns gibt es diese Entscheidung nicht, für uns sind alle Tage jetzt.

Ihr Blick schweift über den Friedhof, nur wenige Menschen stehen im Schnee. „Wird er nicht. Ich bin nur eine Taube. Eine Taube, die eine Ratte liebte. Und ich bereue es nicht.“ Sie lächelt mich an und wieder verliebe ich mich neu in sie. Nicht eine Sekunde lang kann ich mir vorstellen, sie zu hintergehen. Я тебя люблю, Тьмо, mehr als irgendeine menschliche Sprache es ausdrücken kann. Fluch, dass wir Dämonen keine Worte für dieses Gefühl kennen. Ich will sie in meiner eigenen Sprache bewundern.

„Ich vermisse deine Küsse“, vermisse ihre zarte Haut unter meinen Händen und das lustvolle Zittern ihres Körpers. Ich vermisse ihre leise Stimme, die sanft Liebe in mein Ort säuselt, und vermisse das Gefühl, mit ihr allein auf dieser Welt zu sein. „Ich liebe dich, immer.“

Warm umhüllt mich ihr helles Lachen. „Natürlich tust du das. Wir hatten es schön, nicht wahr? Nur das Nordlicht über uns, frei von all den dummen Regeln. Jetzt stehen wir hier, in Ketten und Fesseln gelegt, immer an diesen trostlosen Ort gebunden, den immer gleichen Anblick vor den Augen. Manchmal wünschte ich, ich wäre eine Sterbliche …“ Sie schlägt sich die Hand vor den Mund. Erschrocken sieht sie zum Himmel auf, doch dort hängen nur graue Wolken und sie hängen tief. „Ich will ihn wieder sehen“, wimmert sie leise und sieht mich flehend an, als ob ich ihr helfen könnte, selbst wenn ich den Anblick von ihr in den Armen eines anderen Geliebten ertragen könnte.

Ich schüttele leicht den Kopf und sehe wieder zu den Menschen, die auf den Wegen des Friedhofs wandeln. Wieso liebt sie ihn? Er liebt sie nicht, er kann sie nicht einmal sehen! Unsere Liebe war so erfüllt. Selbst jetzt sind wir uns näher, als sie ihm jemals sein wird. Ich möchte sie noch einmal in meinen Armen halten, nur ein einziges Mal noch. Ihre Lippen spüre ich auf meinen, alle Momente sind jetzt, aber die Gegenwart fühlt sich immer anders an, greifbarer, dichter, besser. Ich harre hier weiterhin aus und bin ihr wenigstens ein bisschen nahe – meine letzte Freude.

„Du bist immer für mich da“, ihre leise Stimme unterbricht meine Gedanken. „Danke.“ Zärtliche Wärme überschwemmt mein Inneres, meine Gedanken, meine Gefühle. Sie ist nicht nur von außen schön, auch innen ist sie wundervoll, ihr Charakter herzensgut. Jeder muss sich in sie verlieben, wechselt er nur ein Wort mit ihr, so liebreizend wie ihre Seele strahlt. Verlegen zeigt sich eine leichte Röte auf ihren hellen Wangen, sie bringt mich um den Verstand. Ich möchte sie berühren.

Die Ketten lärmen laut, während ich mich nach ihr strecke: „Lass uns gemeinsam fliehen, Tma.“

 

                    * * *

 

Als ich sie das erste Mal sah, konnte ich ihre Augen kaum von dem umherwirbelnden Schnee unterscheiden, obwohl die Farben doch so unterschiedlich sind. Der Schneesturm war hart und kalt gegen die Haut, aber Dämonen kennen keinen Schmerz.

          she's too invested in the hours

          that pass her by

Sofort erkannte ich, dass sie ein Engel war. Ihre Glorie leuchtete beschützend, während alle Menschen gebeugt in ihre Häuser eilten – nur sie blieb mitten auf dem Weg stehen. Sie war kein mächtiger Engel, ich hätte sie töten müssen.

Ihr herzliches Lachen schlug mich augenblicklich in ihren Bann. Sie tanzte im Sturm, der Schnee sang mit ihr und ich sah ihr einfach nur zu. Nie zuvor hatte ich jemanden so Schönes gesehen. Sie war wunderschön, ich wollte meinen Blick nicht abwenden.

          I'd pay attention

          if I thought it was worth the time

Aber sie sah mich nicht. Sie müsste genauso gewusst haben, dass ich dort stand, dass ich kein Mensch war und dass wir Feinde sein sollten, aber sie bemerkte mich nicht. Viel zu vertieft war sie in ihren anmutigen Tanz mit der Natur.

Sie schien, als hätte sie noch nie einen Schneesturm erlebt, als wäre Wetter ein vollkommen neuartiges Phänomen für sie. Ihre naive Freude war ein herrlicher Anblick und erinnerte mich an meinen ersten Aufenthalt auf der Erde. Diese Welt ist voll mit Wundern.

          I'd tell her easy

          but her hands,

          they find a way

Ich ging zu ihr. Das erste Mal in meiner Existenz wollte ich nicht alleine stehen, vor allem wollte ich nicht ohne sie stehen. Ihr fröhliches Lachen wärmte meine Brust, die bis dahin nur Hass gekannt hatte. Mit ihr wollte ich wahrlich leben.

Sie reichte mir ihre Hand, zierlich und klein. Sie war noch jung und in ihren Augen spiegelte sich die Abenteuerlust, die sie auf das Leben empfand, wider. Ich umarmte sie.

          confusing passion for the love

          he never gave

Wir tanzten zusammen. Wir lachten zusammen. Der Schnee versteckte uns vor den Augen unserer Brüder und Schwestern, welche nun unsere gemeinsamen Feinde geworden waren. Zusammen waren wir stark. Zusammen waren wir.

Mit jedem Tag, den wir zusammen verbrachten, suchten wir einen neuen Ort, um uns zu treffen. Wir schlichen über die Welt, standen mitten unter den Menschen oder saßen an den einsamsten Orten, lauschten gemeinsam einer überfüllten Predigt oder spazierten auf heißem Wüstensand.

          fall back on reasons

          that we know won't stand a chance

Wir lachten über unsere Vettern, dass sie uns nicht sahen, dass sie auf unsere Finten hereinfielen. Die Welt hörte nur auf unser Wort und in jedem neuen Versteck fühlten wir uns sicherer. Niemand könnte uns auseinanderbringen und niemand würde unsere Liebe entdecken.

Im Licht des fahlen Wüstenmondes leuchteten ihre Schultern wie makelloser Marmor, als wäre sie das Kunstwerk eines dieser modernen Italiener. Sie schmiegte sich vertrauensvoll in meine Arme, ich hielt sie fest an meine Brust.

          watching her shoulders

          like a memory from the past

Viele Nächte lagen wir so, doch in dieser Nacht küsste sie mich. Mein erster Kuss. Die Kälte der Wüstennacht spürten wir nicht, doch die Wärme unserer Lippen zog weite, unbekannte Kreise in meinem Inneren.

Die Sterne am Firmament leuchteten heller als jemals zuvor, der Mond flüsterte leise die Melodie eines Liebesliedes in unsere Ohren und meine Augen sahen zum ersten Mal die Farben des Regenbogens. Sie zu küssen lies mich zum ersten Mal meinen Herzschlag spüren.

          I'd tell her easy

          but her hands,

          they find a way

Ihre Lippen waren weich und warm und wohlig schmiegte sich ihre Zunge an die meine. Ein ganz neuer Tanz. Meine Sinne standen Kopf, oben war unten und unsere Flügel waren die gleichen. In diesem Moment begann die Welt erneut – nur für uns.

Die Ewigkeit war unser Traum. Den Rest der Zeit gemeinsam verbringen, selbst darüber hinaus beieinander sein, klang nach dem Sinn des Lebens. Wir hatten ihn gefunden, nur wir lebten ihn.

          confusing passion for the love

          he never gave

In dieser Nacht waren wir uns unglaublich nah, näher als ich es jemals für zwei Wesen möglich geglaubt hätte. Wir waren glücklich, schlicht glücklich miteinander. Wir küssten uns. Wir küssten uns.

 

                    * * *

 

Der Stein zeigt die Zeit, die unsere Strafe bereits andauert, der einst strahlende Marmor ist nun grau und stumpf, manch ein Riss kreuzt eine Ader, manch ein Sprung rundet eine Ecke ab. Obwohl unser Grabmal von kunstfertigen Händen gehauen, ist mir der Anblick ihres Ebenbildes zuwider. Die Statue wird ihrem überwältigenden Antlitz nicht gerecht, ihr Gesicht der Sonne – dem Tod – entgegengestreckt, wie eine Blume anmutig wächst sie aus dem Sockel. In meine Wangen sind Tränen eingeschlagen und wie oft saß ich hier weinend, gekettet an das Kreuz. Ohne Namen, ohne Datum; unser Ruf mittlerweile schwer zu lesen: Тьма – Блѣскъ.

Unsere Strafe begann, als aufwendige Grabmäler noch üblich waren, heute stehen die Menschen vor unseren Ebenbildern und staunen über die Dekadenz der Vergangenheit. Ihre Aufnahmespanne ist wirklich klein, ihre Sinne wahrlich beschränkt. Sie sind blind, dass sie unsere leidenden Seelen nicht sehen. Vielleicht muss dies auch so sein, damit sie den Verlust ihrer Eltern, Kinder, Geliebten und Freunde verwinden können. Gäbe es Kontakt zu den Seelen der Toten, so wären diese niemals wirklich tot. Wüssten die Menschen, was auf der anderen Seite des Todes auf sie wartet, würden sie nicht in ständiger Angst leben?, würden sie nicht aufhören zu leben, um ihn weiter hinauszuzögern? So spekulieren sie blind, wie sie vom Jenseits empfangen werden möchten. Sie können sich an unserem Gefängnis erfreuen.

Trotzdem wünschte ich, der Stein leuchtete mehr mit ihrer Schönheit, mit ihrer Eleganz, mit ihrer Tugend. In ihr strömt Lebensmut und Hoffnungslust, selbst der Kummer dieses Gefängnisses kann ihre beschwingte Seele nicht trüben. An ihrer unverwüstlichen, sorgenfreien Art kann sich jedes Wesen ein Beispiel nehmen.

„Ach …“, seufzt sie und ihr Blick gleitet suchend über den Friedhof, sieht die trauernden Menschen nicht. In ihren Augen spiegelt sich die Kälte des Schnees, den Schmerz kann auch sie nicht länger abschütteln. „Wo ist er nur?“, fragt sie mit Zuversicht in ihrer zarten Stimme, ihn doch einmal zu sehen, aber der Schatten ihres Kummers ist deutlich zu spüren. Für mich zumindest ist er deutlich. „Er ist schon so lange fort … Ich muss ihn unbedingt wiedersehen.“

Ich bin doch hier! So fühlte sie auch einmal über mich, aber das ist schon so lange her. Was bleibt mir übrig, als zu weinen? Wir waren unzertrennlich und nun sehnt sie sich nach einem anderen. Unserer Strafe ist es zu verdanken, dass ich jedes sehnsuchtsvolle Wort höre, jeden verliebten Traum sehe. Es schmerzt, mehr als unsere Strafe, mehr als dieses Gefängnis, mehr als die Torturen der Hölle.

„Weißt du noch, als wir auf der Düne saßen?“, frage ich sie. „Die Sterne waren mit uns, wenn auch sonst niemand.“ Wir schändeten die Naturgesetze, dennoch war unsere Beziehung anerkannt. Wir können nichts Unmögliches tun, alles, was Möglich ist, ist ein vollwertiger Teil dieser Welt. Unsere Liebe ist wahr und somit natürlich. Kein Gott und kein Teufel kann uns dies nehmen.

Noch immer sieht sie auf den Friedhof. Ich vermisse ihren sanften Blick auf mir, das zarte Prickeln über meinen Rücken, wenn sie mich anruft. Für sie bin ich das Licht. Ich vermisse ihr weiches Haar, welches so herrlich nach frischem Tau duftet. Ich vermisse sie.

Sie macht eine fahrige Handbewegung: „Unterbrich mich nicht. Er kommt bald. Ich kann ihn spüren.“ Fieberhaft suchen ihre Augen die Wege ab, mustern jeden Grabstein lang und eingehend, sogar bis tief in den Wald hinter den Mauern versucht sie zu sehen. Vergebens. In ihm wird sie niemals ihr Glück finden und ich sitze hier, direkt neben ihr; doch berühren kann ich sie nicht. Nah und fern zur gleichen Zeit, eine vortreffliche Quälerei. „Bald ist er hier.“

Ich schüttele den Kopf, welche Antwort kann ich sonst geben. „Du kannst ihn nicht sehen, und er kann dich nicht sehen. Er ist ein Tod.“ So war nun einmal der Aufbau dieser Welt, daran würde auch ihr drängender Wunsch nichts ändern. „Seine Existenz ist dem Sterben gewidmet, Liebe ist Leben. Verstehst du nicht?“

„Was verstehst du schon?“, schnappt sie zurück. „Ich liebe ihn! Du weißt doch nicht, was Liebe ist, du bist nur ein Dämon. Wenn ich bloß von diesem Grabstein loskäme.“ Sie könnte sofort gehen, sähe sie ihren Fehler ein, bereute sie unsere Verbindung und ihre Gefühle für ihn. Aber Einsicht ist nicht ihre Stärke. Liegt sie überhaupt falsch? Wäre es wirklich widernatürlich und pervers, hätten wir uns erst gar nicht ineinander verliebt. „Kannst du nicht irgendetwas tun?“

Ich? „Soll ich jemanden für dich töten, damit er herkommen muss? Ist das nicht gegen euer Gelübde?“ Helfen würde es obendrein nicht, ein Diener des Todes kann nicht lieben, was auch immer sie täte, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er kann sie nicht sehen, nicht hören, nicht berühren und besonders kann er sie nicht lieben. Sie wird noch einmal so viele Jahrhunderte hier sitzen, bis ihr Eifer für ihn abstumpft. Meine Liebe wird mich weiterhin an sie binden und auf diesem Stein sitzen lassen. Ich kann sie nicht verraten.

„Würdest du das für mich tun?“, hoffnungsvoll sieht sie mich an, dann lächelt sie warm: „Du würdest.“ Sie schütteltet den Kopf: „Nein, tu es nicht. Er wird schon herkommen. Irgendwann …“ Eine Träne verlässt ihren Augenwinkel, die erste von vielen. „Irgendwann“, wiederholt sie mit zitternder Stimme und sie vergräbt ihr Gesicht tief in ihre zierlichen Hände. Ich will sie trösten, aber ich kann sie nicht umarmen. Einzig ein paar Worte kann ich mit ihr teilen: „Ich bin bei dir, Tma, für immer. Ich liebe dich.“

 

                    * * *

 

Die Jahreszeiten vergingen, die Jahrzehnte eilten davon und unsere Verstecke änderten sich. Sie war es leid unsere Liebe zu verstecken. Der Neid in den anderen sollte unserem Glück nicht im Wege stehen dürfen, doch das ist eben Neid.

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          that pass her by

Mit diesem Gefühl kenne ich mich besser aus als jeder andere und ein Gegenmittel gibt es nicht. Widerwillig beugte sie sich meiner Einsicht. Wir wichen der Missgunst aus, blieben allein. Das dichte Blätterwerk des Dschungels spendete uns Raum.

Die schwüle Hitze der Regenzeit war nichts im Vergleich zu unserer Leidenschaft. Das Grollen eines Jaguars begleitete uns, spendete uns Mut. Ich verlor mich in ihrem Körper, gab mich ihrem Stöhnen hin, ertrank in ihrer Lust. Die Regentropfen tanzten ihren eigenen Reigen.

          I'd pay attention

          if I thought it was worth the time

Sie klammerte sich an meine Schultern, sah mir unendlich tief in die Augen und erstrahlte im Glück. Unsere Flügel schlugen im gleichen Takt. Die Libellen sangen unser Lied und die wilden Blumen sprossen dank unseren Zukunftserwartungen farbenfroh und heiter in die Höhe.

Es vergingen Tage, da saßen wir nur beieinander und erzählten von unserer Liebe, leise hauchten wir die Worte in unsere Ohren und erschauerten unter unseren sanften Worten. Das Licht fiel in kosmisch bedeutungsvollen Mustern durch das Blätterdach und nickte uns aufmunternd zu.

          I'd tell her easy

          but her hands,

          they find a way

Ich streichelte durch ihr seidenes Haar, stundenlang wollte ich zusehen, wie es über ihre Schultern fiel und ihre warmen Rundungen umspielte. Nie für lang nahm sie ihre Hände von meinem Körper, streichelte über die Wunden der letzten Marter, als könnte sie heilen.

Aber auch der dichteste Dschungel war nicht auf Dauer sicher für uns. Sie liebte die Hitze des Tages, die Kühle des Regens und den Duft all der Blumen und Bäume.

          confusing passion for the love

          he never gave

Sie wollte nicht gehen, doch wir mussten gehen. Sie durfte meinen Verfolgern nicht in die Klauen fallen. Kein Dämon durfte ihrer unschuldigen Schönheit zu nahe kommen, niemals. Ich musste sie beschützen.

Ein Ort so unwirtlich wie die menschliche Fantasie. Kalt ist das einzige Wort, das ihn beschreiben kann und doch ist es zu wenig. Lebensfeindlich. Zum Sterben schön. Das Eis war unser Verbündeter, zumindest dachten wir das. Wie hatte es soweit kommen können?

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          that we know

          won't stand a chance

Die vielfarbigen Lichter über unseren Köpfen malten unsere Liebe in den Himmel. Dieser Ort war wie für uns geschaffen, nur für uns. Die Welt drehte sich um uns und unsere Liebe, dieser Ort war der Beweis. Hier würden sie uns niemals finden.

Der Schnee lag weich unter unseren Körpern, der Frost biss sich an uns die Zähne aus. Wir sind unsterblich, Kälte spüren wir nicht. Im Wind tanzten die Schneeflocken und begrüßten uns. Wir waren Zuhause.

          watching her shoulders

          like a memory from the past

Keine Seele hatte jemals zuvor diesen Ort betreten, wir waren die ersten und die einzigen. Weit und breit nur Schnee und Eis, das Nordlicht über uns und das erste Grün junger Tannen neben uns.

Tag und Nacht wurde unwichtig, Sonne und Mond waren eh nur seltene Gäste. Alles hier verkörperte uns. Mit fröhlichem Gelächter und einem Sturm von Küssen feierten wir unseren Fund und unser Glück. In ihren Augen sprühte das Leben. Die Ewigkeit war nah.

          I'd tell her easy

          but her hands,

          they find a way

Das Eis unter uns schmolz. Im Schein der roten und grünen und blauen Lichter schien sie mir einem betörenden Schmetterling gleich: zart und zerbrechlich, wunderschön und anmutig. Ich musste vorsichtig sein, sie nicht unter mir zu zerdrücken. Sie ließ mich nicht los.

Dort sahen wir keinen Sinn, an das Ende zu denken. Welches Ende? Wir waren blind für die Vergänglichkeit der menschlichen Existenz, Liebe ist Teil der menschlichen Existenz. Nichts währt ewig, unverändert.

          confusing passion for the love

          he never gave

Ich versagte. Ich konnte sie nicht beschützen. Und auch unsere Liebe konnte ich nicht beschützen. Wir sind getrennt, mehr als dieses Gefängnis jemals könnte. Sie schenkt ihre Liebe einem anderen.

 

                    * * *

 

Verbannung!“

„Du hast Uns beschämt, Schutzengel! Du hast dich mit dem Feind – einem Dämon! - verbrüdert. Dafür gibt es keine Entschuldigung! Reue, bis der Tod dich läutert!“

Verrat!“

„Du hast Uns gedemütigt, Dämon! Du hast dich dem Feind – einem Engel! - hingegeben. Dafür gibt es keine Entschuldigung! Sühne, bis der Tod dich läutert!“

Verbannung!“

 

                    * * * 

 

Es war nicht immer einfach, dem Misstrauen anderer Dämonen zu entgehen und unerkannt unser Liebesnest zu erreichen. Ich konnte sie und unsere Liebe nicht in Gefahr bringen, also ging ich viele Umwege, vielleicht mehr als nötig gewesen wären.

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Immer wieder musste ich sie warten lassen, manchmal ein paar Stunden, manchmal ein paar Tage. Sie verstand meine Vorsicht, es war zu ihrer eigenen Sicherheit. Ihr durfte nichts geschehen!, war mein ewiges Mantra. Zumindest dachte ich, sie verstünde.

Das Warten schmerzte in ihrer zarten Seele, Geduld gehörte nicht zu ihrem Strauß Tugenden. Oft fand ich sie in Tränen aufgelöst vor, aber ich konnte sie immer trösten. Unsere Liebe war stärker als die immer über uns drohende Gefahr. Wir liebten uns.

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Doch eines Tages ließ ich sie zu lange warten. Egal, welchen Haken ich in meinen Umweg schlug, ich konnte das Paar Dämonen nicht von meiner Fährte schütteln. Hätte ich sie zu ihr führen sollen? Natürlich nicht. Ich musste ihr fernbleiben. Zu lang.

Schon von weitem hörte ich das Echo ihrer Tränen und ihrer verzweifelten Rufe nach mir. Der leise rieselnde Schnee bewahrte ihre Trauer, um sie mir frisch und beißend zu zeigen. Sie selbst lag still im weichen Eis. Einfach nur still. Zu still.

          I'd tell her easy

          but her hands,

          they find a way

Meine Schreie hallten von den dunklen Tannen. Ich rief nach ihr, rief meine Liebe zu ihr in den kalten Wind. Ich wusste, was ich sah, obwohl es nicht sein konnte – nicht sein durfte. Engel waren unsterblich, sie lebten ewig. Sie war tot.

Ihr Körper war kalt und starr, ihre Lippen blau und ihren Augen fehlte jeder Glanz. Ihre Fröhlichkeit war verschwunden. Im Tod glich sie den Menschen, diese Schmach hatte sie nicht verdient.

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          he never gave

Wie hatte sie sterben können? Einfach so? Engel starben nicht. Sie war tot und ohne ihr Lachen an meiner Seite, wollte auch ich sterben. Ich küsste sie ein letztes Mal.

Mit ihrem toten Körper in meinen Armen brach die Welt für mich zusammen. Und sie brach ein zweites Mal über mir zusammen, als ich mich plötzlich Jahrhunderte entfernt auf diesem Friedhof wiederfand – ihr steinernes Antlitz neben mir. Unsere Liebe war offenbar geworden.

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War ihr Tod nicht bereits Strafe genug für meine klagende Seele? Ich wollte sterben und nicht von ihrem Blick aus Stein verhöhnt werden. Ohne sie musste die Welt fad und öd sein, die einzige Farbe war Grau, ohne Licht und ohne Schatten.

Ich weinte. So wie Engel nicht sterben, so weinen Dämonen nicht; das ist genauso Naturgesetz wie das Verbot über Liebe zwischen uns, Engel und Dämon. Ich weinte. Ich weinte bitterlich und ich schluchzte herzzerreißend.

          watching her shoulders

          like a memory from the past

Nur ihre toten Augen sah ich noch, für alles andere war ich blind. Nur ihr verstummtes Lachen hörte ich noch, für alles andere war ich taub. Meine Sinne waren stumpf und tot, wie sie.

Bis die Stimme des Teufels in meinen Gliedern bebte. Furcht lähmte meine Gedanken, lähmte meinen Körper, lähmte meine Sinne: sie lauschten ihm. Ich war Abscheu und Schande für jedes Dämonengeschlecht der Hölle. War das wichtig? Ich sollte die Ewigkeit ohne sie verbringen.

          I'd tell her easy

          but her hands,

          they find a way

Ich sollte die Ewigkeit ohne sie auf diesem Friedhof verbringen. Bis ich den Weg der Hölle wiederfinden würde: Wir atmen den Schmerz Unschuldiger, wir glühen in der Lüge der Tugendhaften, wir schöpfen Kraft aus den Sünden der Heiligen. Ich bin ein Dämon.

Plötzlich hörte ich ihre klare Stimme, sie rief und weinte und seufzte. Sie bebte und zitterte, all ihre Sinne schienen nur den Friedhof zu sehen. Wegen ihm; nicht wegen mir.

          confusing passion for the love

          he never gave

Heute verstehe ich das Lächeln auf ihren leblosen Lippen: Dort, frierend und sterbend, sah sie ihn das erste Mal, den Diener des Todes, der mir ihre Liebe stahl. Sie ist mein.

Segen aus der Unterwelt

Strahlend schwebt das Grün der Nacht am Himmel, nicht eine Wolke gleitet durch die Wipfel der Bäume und ihr Laub glitzert wie Sterne. Leise wispert der Wind zwischen den Nadeln und Zweigen, trägt jede Botschaft von hier fort und versucht meine Tränen mitzunehmen. Als ob nur eines seiner Worte tröstlich sein kann, weiß er überhaupt, wie sehr mein Herz schmerzt? Wo bist du?

          I drove fore miles just to find you

          and find myself

Nicht hier. Du bist nicht in unserem Wäldchen, nicht an unserem geheiligten Ort, nicht hier, wo nur wir zwei sind. Immer wartest du auf mich, empfängst mich in deinen starken Armen und mit nur einem Kuss nimmst du mir die Erinnerungen an all die quälenden Stunden fern von deinem Herzen. Warum bist du nicht hier? Nun stehe ich einsam, wo unsere Liebe gedeiht.

Bald wirst du hier sein und mich küssen, mir genau die Worte sagen, die mein Herz als Balsam braucht. Ich möchte jeden Tag in deinen Armen verbringen und bei jedem Atemzug deine Stimme hören. Deine Nähe stimmt Fröhlichkeit auf meine Lippen, als wäre glückliches Grinsen ihr ganzer Zweck. Kein anderes Wort.

          all these screams

          all these voices in my head

Niemand darf ein Wort gegen dich sagen. Deine Hände sind die liebevollsten und sanftesten, deine Küsse sind die zärtlichsten und ehrlichsten, deine Blicke sind die innigsten und keuschsten. Du bist einfach an meiner Seite, du stehst mir stets bei, du liebst mich ohne Kompromiss. Niemand darf dich in Zweifel ziehen.

Du bist die warme Seele, an die ich mich stützen kann. Du bist wie das Licht des Himmels voll Trost und Mut, von dir beschienen zu werden, tilgt Sorgen und Ängste. Mit dir in meinen Gedanken kann ich jedem falschen Wort entgegentreten, ihnen endlich sagen, wie gemein und unwahr sie sind. Du kennst mich, anders als sie.

          you gave me strength

          gave me hope for a lifetime

Sie wissen nichts, nicht über dich und auch nicht über mich und schon gar nicht über uns. Sie mögen meine Brüder und Schwestern im Blute sein, aber sicherlich nicht im Geiste. Was wissen sie denn schon über wahre Liebe? Sehe ich deine Silhouette in der Ferne, könnte die Welt untergehen und mein Glück schmälerte sich nicht.

Sie können sich solch ein alles durchdringendes Gefühl nicht einmal vorstellen. Ich bemitleide sie für ihre vertrockneten Herzen. Das muss bitter sein.

          I never was satisfied

Lass meine Gefühle niemals erhärten. Ich lebe – mit dir. In deinen Armen bin ich frei und unsere Flügel keine Bürde. Wo bist du?

 

„Du stinkst nach Erde! Du stinkst nach Moos und Yak. Wie kann ein Engel nur so herumlaufen?, voll mit Menschenkeimen und Erdengeschleim. Hast du überhaupt keinen Stolz? Auch bedeutungslose kleine Schutzengel wie du müssen sich anständig und zivilisiert benehmen. Nichts ist erbärmlicher als ein schiefer Heiligenschein. Tüchtigkeit ist eine Tugend, egal ob deine Haare mindestens hundertmal durchkämmt werden müssen, das ist keine Entschuldigung. Wie kannst du am Schutz einer bettlägerigen alten Frau pfuschen? So schwachköpfig kann doch niemand sein. Nur für deinen Test hatte sie überhaupt einen Schutzengel und du ruinierst alles. Du sollst Menschen schützen, nicht dich mit ihnen verbrüdern, schon gar nicht mit den Delinquenten unter ihnen. Hast du deinen Kopf in der Eierschale gelassen? Wenn wir nicht derart unterbesetzt wären, hätte ich dein schlechtes Ei zurückgehen lassen. Tauben sind den Ärger nicht wert!“

Die weißen Federn sind ein Gewissen, das nicht schweigen kann. Aber ich lache trotzdem, ich genieße mein Leben trotz all der starren Regeln und ich fühle die Leidenschaft in meinem Körper, obwohl Engel von Apathie geführt werden. Das Universum ist angefüllt mit Wunder und ich darf bloß alte Menschen bewachen. Lieber will ich hinaus in die Welt und im Schnee tanzen. Gerechtigkeit kennen diese Flügel nur für Menschen, aber nicht untereinander. Vielleicht wäre ein Schutzengel zu sein ertragbar, bekäme ich bessere Menschen zugeteilt, welche, die wissen, wie man sein Leben genießt. Menschen sind klein und schwach, aber niedlich und faszinierend. Manche zumindest.

Ist es denn meine Schuld, dass es langweilig anzusehen ist, wie jemand das Bett hütet? Jeder ließe sich von vorbeirasenden Autos ablenken. Menschen sind eine findige Spezies, und sie sterben auch ohne unser Zutun. Warum ist das solch ein Drama? Sie heißen Sterbliche nicht ohne Grund. Am größten ist das Vergnügen mit ihnen, wenn sie ihr Nest verlassen. Mit ihnen die Welt zu sehen, ist pure Aufregung und das Prickeln von Abenteuer. Ich weiß, ein guter Engel widersteht dem Abenteuer und dem Vergnügen. Die Versuchung ist nur eine List des Teufels, aber das Herz eines Engels ist für jeden Widerstand gewappnet. Auf dem Pfad Gottes zu wandeln, ist die sicherste Waffe gegen das Unheil. Kann nicht auch auf dem Pfad Gottes Vergnügen zu finden sein? Ist jedes Lachen eine List? Ohne ist die Ewigkeit zu lang.

Spitz und scharf fressen sich die Kiele der Federn in mein Fleisch, das ist der Ruf des Gewissens. Vielleicht hat es Recht und ich bin ein schlechter Engel. Habe ich der List des Teufels längst nachgegeben? Es kann nicht falsch sein, das Leben auszukosten, das Leid anzulachen und den Schmerz anderen zu überlassen. Nur seiner Pflicht nachzugehen, hat doch keinen Sinn. Ginge jeder nur seinen Pflichten nach, wäre die Welt ein trostloser und langweiliger Ort. Aber vielleicht wäre er friedlicher und ruhiger. Einheit in dem gleichen und immer selbem Weg, für jedes Wesen unterm Himmel. Harmonie und Ordnung sind des Engels Atem.

Du liebst mein Lachen. Du sagst, meine Stimme schafft das schönste Echo und in hellen, wilden Tönen wirbelt sie das Laub unter dem Schnee auf. Du möchtest ewig dazu tanzen, ich würde jeder deiner Drehungen zusehen. Reiche mir deine Hand, damit ich mich nicht verliere. Meine Flügel zerren an mir, aber deine starken Arme bringen sie zum Schweigen. Mit dir sind alle anderen Stimmen still. Wo bist du?

 

In weichen Wellen scheint das Licht über die verschneiten Kronen und herab auf die verschneite Lichtung. Alles ist in sanftes Grün getaucht, Frühling im Winter und der Duft von Tannennadeln kitzelt meine Nase. Die Schneeflocken tanzen in einem fröhlichen Reigen und gerne würde ich mit ihnen tanzen, doch meine Glieder sind schwer. Wo bist du nur?

          it's not your fault I'm a bitch

          I'm a monster

Nicht bei mir. Die Schneedecke liegt unberührt auf dem Waldboden, frisch gefallene Jungfrau. Deine Anwesenheit müsste alles verändern: den Schnee verderben und das Nachtlicht schwärzen, nur durch die Löcher deiner Flügel könnten die Sterne noch schauen. Dann weiß ich, dass du hier bist, dass dein wehmütiges Lächeln auf mich wartet, dass dein Schatten mich beschützt. Du fehlst.

Dein Schatten ist eine Waffe, scharf und zerstörerisch, er schneidet durch Licht und tötet Leben – nur nicht mich. Deine warmen Hände beschützen mich, deine starken Arme hüten mich, deine dunklen Augen wachen über mich. Selbst wenn du mich verletzt, ich vergebe dir. Du bist in meinem Herzen, egal wo du bist. Ich muss dich sehen, jetzt.

          yes, I'm a beast

          and I feast when I conquer

Ich horche auf deine Schritte oder auf das Schlagen deiner Flügel, aber kein Ton unterbricht das Säuseln des Windes. Folgst du einem Befehl? An deinen Händen klebt Blut, doch deine Stimme weint für jeden Sünder. Dein Mitgefühl ist zärtlich und in deinen liebkosenden Blicken leuchtet es hell. Mit dir ist der Himmel schwarz und die Unterwelt weiß.

Seit du in mein Leben getreten bist, sind all die grauen Flecken dieser erbärmlichen Welt bunt und fröhlich, all die Zwischentöne sind voll und kräftig, denn du hast mir gezeigt, wie falsch ich lag, wie falsch sie alle liegen. In der Schwärze liegt Licht. Die Menschen verbinden uns mit euch.

          but I'm alone on my throne

          all these riches

Du verstehst meine Erkenntnis, du bist der einzige. Könntest du doch nur allen zeigen, wie sie in die falsche Richtung laufen. Wir sind keine Feinde, du und ich sind der Beweis. Die Grenzen sind bloß künstliche. Zusammen können wir die Welt verändern und dann müssten wir unsere Liebe nicht mehr verstecken.

Dieses Gefühl schlägt so wunderbar und schmerzlich in meiner Brust. Ich möchte die Welt mit einem Lachen begrüßen, jeden Morgen aufs Neue; doch jetzt kann ich nur weinen und auf dich warten. Ohne dich ist jede Blume grau und jeder Sonnenstrahl trist, selbst das Spiel junger Welpen ist öde. Was ist an all dem schön, wenn ich es nicht mit dir teilen kann?

          I came this way

          all this way just to say

          aye

Beeil dich. Ich friere ohne dich. Ich will mich in deinen Armen vergraben und vergessen, dass diese Welt gegen uns ist, dass in dieser Welt kein Platz für uns und unsere Liebe ist. Das Blut deiner Opfer wird mich wärmen, unter deinen Flügeln fühle ich mich geborgen und allein deine Stimme kann mich trösten. Wo bist du? Warum bist du nicht bei mir?

 

„Passt auf, Schlüpflinge. Bald werdet ihr das erste Mal auf die Erde hinabfliegen und dort erwarten euch unaussprechliche Novitäten und vielerlei Gefahren. Besonders achtsam müsst ihr gegenüber Dämonen sein, sie sind listige und hinterhältige Geschöpfe. Dreht diesen schuppigen Ratten niemals den Rücken zu, sie werden es euch mit einem Dolchstoß zwischen die Flügel danken. Sie sind abscheulich und hässlich, von innen wie von außen: Schuppen, Fell, Hörner, Krallen, Reißzähne und dies alles wild durcheinander. Seht diesen Ratten niemals in die Augen – bei einem Mensch sind sie das Tor zur Seele, bei einem Dämon ist es die Vorschau auf die Hölle. Sie leben vom Blut Sterbender, sammeln dem Odem der Toten und von den Schreien Gefolterter naschen sie. Respekt und Tugend sind für sie Gift, während Verrat und Lügen ihnen Heilmittel sind. Haltet euch von ihnen fern!“

Ich kann diese Worte nicht mehr hören, das ist alles nicht wahr. Du bist treu und liebevoll und ich könnte dich den ganzen Tag ansehen. Ich liebe es, deine Schuppen zu streicheln. In dir wohnt solch eine sanfte und wehmütige Seele, niemals könntest du mich hintergehen, selbst wenn es dein Befehl wäre. Es ist doch nicht deine Schuld, dass dein Körper nach Blut hungert, auch du willst leben. Wir wollen zusammen leben, uns lieben und der Frieden in unserem Hort ist auch für dich Balsam. Du bist kein Monster, im Gegenteil sind all jene die Monster, die uns wegen unserer Liebe beneiden.

Diese Monster stehen auf beiden Seiten. Vielleicht sind manche Dämonen so, wie es in unseren Büchern geschrieben steht. Aber es sind doch nicht alle gleich, so wie auch nicht alle Engel gleich sind. Solltest du dich freiwillig in den Tod begeben, weil dir der Schmerz anderer Freude bereitet? Mein Schmerz trübt dich. In deinen Augen sehe ich nicht die Unterwelt, sondern deine Liebe zu mir, sie brennt und lodert in hohen Flammen. Wir sind stärker als die Vorurteile unserer Ahnen. Vielleicht erfülle ich nicht die Anforderungen eines Engels und vielleicht erfüllst du nicht die Anforderungen eines Dämon, ist das etwas Schlechtes? Müssen wir uns ändern? Verlieren wir uns dann? Ich will mit dir zusammenbleiben, deine Liebe in jedem Kuss spüren. Ohne das Dunkel kann das Licht nicht sein – können wir nicht einfach alle in Leidenschaft existieren?

Dein Herz ist weiß von deiner Hingabe zu mir und deiner Sehnsucht nach dem Leben, es leuchtet wie die Gestirne zwischen uns und zieht mich immer wieder zu dir. Du bist mein Fixstern. Je länger du von mir fort bist, desto unerreichbarer scheinst du mir. Nur du kannst mich trösten, mich stärken, mir einen heimeligen Ort geben. In deinem Leben hast du bereits viel Schmerz ertragen, lass mich ihn dir abnehmen, lass mich dir die Fröhlichkeit lehren, die du so sehr in meinem Lachen liebst. Zusammen sehen wir das Wunderbare dieser Welt, unsere Liebe macht alles möglich. Höre ich endlich deine Schritte?

Ich horche tief in die winterliche Stille. Wann bist du endlich hier? Wann kann ich mich endlich in deine Arme werfen? Halte mich. Ich verzehre mich so sehr nach dir, warte schon so lange hier. Nicht ein Zeichen von dir, dabei suche ich Erde und Luft nach dir ab. Bisher konnte dich nichts von unseren Treffen abhalten. Du fehlst, du musst hier sein, du musst … Wo bist du?

 

Immer mehr Schnee fällt zwischen den Zweigen hindurch und der Wind nimmt zu. Die grünen Schlieren Licht verlieren ihren Anschein von Frühling und sie ändern ihre Farbe zu Violett.

          I'm given up baby, yes

Plötzlich fühlt sich die Nacht noch dunkler, noch kälter, noch einsamer an. Mein Herz schmerzt nach dir und diese Sehnsucht lähmt meinen Körper. Was hält dich nur auf?

Ist es ein Auftrag? Ein Befehl von einem Teufel? Musst du unschuldige Seelen heimsuchen? Oder musst du Sünder foltern? Bist du deswegen fort?

„Ich vermisse dich, Blesk!“

Es dauert nie so lange. Bisher hast du es immer rechtzeitig zu unseren Treffen geschafft, hast mich immer mit deinem friedlichen Lächeln empfangen.

Steckst du in Schwierigkeiten? Halten sie dich auf? Ahnen sie etwas von unserer Liebe und unseren Treffen? Musst du dir eine List ausdenken, um sie von unserer Fährte zu locken? Vielleicht verteidigst du uns auch mutig vor ihren vernichtenden Krallen? Bist du in einem Kampf auf Leben und Tod, wegen mir?

          it feels like

          I've been drivin' for miles

Bestimmt gewinnst du. Du musst gewinnen. Die Liebe siegt immer, erzählen unsere Sagen und Legenden. Du hast mich auf deiner Seite, natürlich ist der Triumph dein. Ich kann dich sehen, wie du für uns kämpfst, den Feind schlägst, Blut vergießt und ich weiß, wie wenig du doch Konflikte jeglicher Art magst.

Ich wünschte, wir könnten in Frieden leben. Vielleicht gibt es zwischen Himmel, Erde und Unterwelt ein kleines Plätzchen für uns. Suchst du es?

„Blesk! Ich brauche dich.“

Hast du ihn vielleicht schon gefunden? Möchtest du mir so eine Überraschung machen? Kommst du so spät, weil du ihn noch heimisch einrichtest?

Das könnten wir doch auch zusammen tun. Wäre es nicht schöner, zusammen unser Zuhause herzurichten? Du musst schließlich auch unter der Zeit leiden, oder nicht? Willst du mich nicht mehr sehen? Hast du genug von mir? Oder ist die Angst vor deinen Freunden stärker als unsere Liebe? Kommst du deswegen nicht zu mir zurück? Liebst du mich nicht mehr? Was habe ich getan?

          and I can't seem to silence these voices in my head

Nein, das kann nicht sein. Bei unserem letzten Treffen hast du mir noch deine Liebe versichert, mir deine Hingabe gezeigt und versprochen, ewig an meiner Seite zu sein. Das kann sich nicht plötzlich verändert haben! Unsere Liebe ist stark und unsterblich, das haben wir einander geschworen. Brich das nicht einfach. Das erlaube ich dir nicht! Nein, das kannst du mir nicht antun.

Wie kannst du einfach und plötzlich aufhören, mich zu lieben? Wieso änderst du deine Gefühle zu mir? Und deine Meinung über mich? Was ist nur in dich gefahren, dass auf einmal alles anders ist?

„Verlass mich nicht, Blesk!“, schreie ich.

War mein Lachen nicht der schönste Ton, den du je hörtest? War mein Tanz nicht graziler und leuchtender als jede Blüte? Wolltest du nicht für immer meinen Herzschlag unter deinen Händen spüren? Alles fort?

Habe ich mich in dir getäuscht? War dein Lächeln heimtückisch statt ehrlich? Waren deine zärtlichen Worte nur gelogen? Woher sollte ein Dämon auch wissen, wie sich Liebe anfühlt? Ihr seid der Gegensatz zu uns: unsere Schönheit erscheint euch hässlich. Du findest mich reizlos und meine Stimme scheußlich. Deine Bewunderung ist Betrug!

          come save me

this time won't you save me

Alles ist ins Gegenteil verkehrt und mir schwirrt der Kopf. Von all diesen Enthüllungen wird mir schwarz vor Augen. Ein Wahnsinn, zu glauben, ein Dämon könnte von Herzen lieben. In deiner Brust schlägt kein Herz, wo also könnte deine Liebe zu mir hausen? Ich wollte nie den Dämon in dir sehen.

Der Schmerz in meiner Brust ist unerträglich. Kälte friert auf meinen Wangen, ich weine und alles bebt. Sag mir, dass nichts davon wahr ist. Sag mir, dass du mich liebst. Du musst mich lieben!

          „Come save me!“

 

„Dieses kindische Gehabe, nur Menschen erlauben sich dieses Hirngespinst. Eine ihrer größten Torheiten. Lasst euch nicht von ihren vielen Geschichten in die Irre führen, Schlüpflinge. Romantik ist ein Hindernis auf dem Pfad Gottes, für euch zählt nur die Hingabe an die Schöpfung. Ihr müsst sie unterstützen und beschützen, aber lasst euch nicht auf menschliches Niveau herab. Als Sterbliche leben sie in ständiger Angst vor dem Tod, Angst vor der Endlichkeit der Zeit. Sie versuchen Sinn und Bedeutung zu erlangen in ihrer kleinen, eingeschränkten Welt und Liebe ist ihr Mittel der Wahl. Humbug ist das. Sinn liegt nur auf dem Pfad Gottes, geht ihn mit Stolz und lasst euch nicht ablenken, Schlüpflinge. Lasst euch nicht von Gefühlen täuschen, die euren Daseinszweck untergraben. Liebe ist eine menschliche Schwäche, im Denken eines Engels hat sie absolut nichts zu suchen.“

Aber ich fühle doch Liebe. Sie ist nicht in meinen Gedanken, sondern in meinem Herzen. Sie ist stark und warm und unerschütterlich. Sie gibt mir Mut und Kraft, weil ich weiß, dass du an meiner Seite stehst. Ich spüre Hoffnung in meiner Brust, wenn ich an dich denke. Hoffnung, dass mein Leben schöner wird, heller wird, besser wird – mit dir. Meine Liebe für dich wird nie vergehen. Unsere Leben dauern ewig und Liebe hält bis in den Tod. Hast du das schon vergessen? Liebe ist das Beste, das ich je fühlte, warum muss ich mich dafür schämen? Warum werde ich dafür bestraft?

Ich brauche dich, wo bist du nur? Hast du mich wirklich im Stich gelassen? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Und doch bist du nicht hier, tröstest mich nicht, sagst mir nicht, dass alles wieder gut wird. War ich dumm, dich zu lieben? Bist du doch einfach nur ein Dämon, hässlich und hinterhältig? Aber was ist dann mit dem Schmerz in meiner Brust? Meine Liebe zu dir … ist vielleicht nur ein Hirngespinst. Vielleicht bin ich ein schlechter Engel, der nicht nur Schützlinge unter den Flügeln sterben, sondern die sich auch von einem Dämon in die Irre führen ließ. Werden die Dämonen nun gewinnen? Hast du mich nur für irgendeinen teuflischen Plan benutzt, den ich nicht sehen kann? Der Gedanke tut so unsagbar weh. Unsere Liebe ist echt und lebendig. Ich will nicht ohne dich leben.

Nur mit dir kann ich glücklich sein, egal ob dies alles für dich nur eine Täuschung war. Ich ertrage den Gedanken nicht, ohne dich zu sein oder den Fall meiner Brüder und Schwestern zu verantworten. Wie kannst du mir das antun? In dieser bösartigen Welt will ich nicht länger existieren. Kalt zieht der Schmerz durch meinen Körper, als würde der niederfallende Schnee ihn tief in meine Seele bringen. Ich friere. Engel frieren nicht. Ich friere und zittere und meine Glieder werden steif. Mein Inneres wird zu Eis und die Kälte legt sich als wohltuende Decke über meinen Geist. Ich höre einfach auf …

Ist das deine Stimme? Ich kann meine Augen kaum öffnen, alles ist schwer. Bist du doch noch gekommen mich zu retten? … Warte, das ist nicht deine Stimme und das ist nicht die Wärme deiner Hände. Weiße Schemen heben sich gegen die Schwärze ab, die Knochen klackern bei jeder Bewegung, ist das … Unmöglich. Ich bin ein Engel und Engel sind unsterblich. Schön, er rettet mich. Endlich rettet mich jemand.

Läuterung auf dem Friedhof

Langsam kriecht blauer Schein tief über den Boden; sie müssen das nasse Laub unter ihren Füßen riechen. Oft hält der Schleier inne, wabert geduckt und wartet geduldig; sie müssen den rauen Wind in ihrem Gesicht sehen. Das Blau flimmert trüb und mit kleinen Flecken unsteten Lilas; sie müssen das Pfeifen zwischen den Ästen der hohen Tannen fühlen. Der blaue Schein quietscht leise aber schrill, zweistimmig; sie müssen ihre Angst aus den Gräbern steigen hören. Vorweg vibriert unüberhörbar das kräftige rote Leuchten dummen Mutes; sie müssen den trügerischen Alkohol in ihrem Blut besingen. Immer vorwärts drängend strahlt das Rot ohne Zögern, ohne Skrupel; sie müssen sich dem Geschwätz der Alten entgegenstellen. Sie sind Kinder aus Isborsk.

          this will never end cause I want more

Unter den Menschen des Dorfes Isborsk gilt mein Friedhof als unheimlich und verflucht. Sie munkeln, das Klagen und Wehen der Verstorbenen sei in stillen Nächten zu hören, selbst bei Tag könne das Schluchzen und Weinen nicht nachlassen. Seit Äonen verspotten die Jungen den Aberglauben der Alten und fordern ihn mit diesen Mutproben heraus, es ist ihr Brauch um ins Erwachsenenalter einzutreten. Stur und ignorant wie ihre Väter und ihre Söhne müssen diese drei Seelen nun ebenfalls über meinen Friedhof schleichen. Der Status Quo ist dem Menschen näher als Vernunft: Ausgerechnet diese drei Kinder seien auserwählt den Fluch zu erkennen, indem sie dem überalterten Brauch folgen? Lächerlich. Noch jeder beugt sich der Weisheit der Alten.

Widerstrebend ziehen die beiden verängstigen Seelen weiter, blaue Schlieren bleiben zäh auf ihrem Weg zurück. Ihre Töne schwellen zu unsäglichem Jaulen großer Aufregung an und ab. Ihre Furcht und ihre Unsicherheit wächst mit jedem Schritt, den sie sich vorwärts zwingen. Dem Geschmack nach stehen sie nah ihrem Ziel: dem Mittelpunkt des Friedhofs, dem Ort des sogenannten Fluches. Gellend lacht das rotgleißende Leuchten, fühlt sich stark und verwegen. Immer erregt und laut erreicht diese Seele kein Alter, das Rot von Ärger verbleicht nicht und dieses Kind vergeudet sich an schlechter Arbeit, hässlichen Frauen und reudigem Alkohol; eine Familientradition. Ein lausiger Riss.

          more, give me more, give me more

Dieses ist weder der Ort noch der Zeitpunkt eine der drei Seelen zu holen. Diese Nacht bildet ein belangloses Zwischenspiel in ihrer Vita, ihr ganzes Leben ist ein belangloses Zwischenspiel. Nicht jedes Kind kann die Welt der Menschen verändern, ihr Geruch bleibt ohnehin gleich: Blau in Angst riecht fade, Rot in Übermut riecht verdorben und beides ist nicht außergewöhnlich. Über Sinn und Unsinn ihrer Existenz entscheide nicht ich, sie öden mich an. Den Seelen von Isborsk bei der Bewältigung oder Unterdrückung ihrer Instinkte und Emotionen zuzusehen, füllt weder Zeit noch Ewigkeit. Es sind die immer gleichen Farben: Rot und Blau.

Ich hole mir jede Seele. Egal welche Farben sie fühlen, egal welchen Geruch sie atmen, egal wie sie ihr Leben verschwenden – all ihre Seelen sind mir versprochen. Isborsk ist mein Territorium, nicht ausgefallen aber genügend. Beständig begraben die Menschen ihre Toten auf meinem Friedhof, ein Ort so viel älter als der Name dieses Dorfes. Natürlich denken diese drei Kinder, ihnen gehöre der Ort – Familientradition. So entsteht der Brauch, den angeblichen Fluch zu suchen und zu bezwingen; dummer Gedanke, dass bloße Menschen das schaffen können. Ihre gedankenlosen Spiele vertreiben nur die Zeit, ihre Einfalt und Eitelkeit schafft ein weites Reich, Sinn und Sinnlosigkeit erreichen Deckungsgleichheit. Menschen sind klein, ihre Seelen flackern nach Zeit. Ich bin ewig.

          this will never end cause I want more

Ein Blick auf meine Erscheinung, sobald ich sie hole, festigt die Lüge der Alten. Sie halten mich für den Fluch. Sie sagen, ich hänge als göttliche oder teuflische Strafe über dem Dorf, mit den abegeschnittenen Ohren soll ich das Röcheln der Sterbenden hören, mit dem Glanz hinter den vernähten Lidern soll ich die Sünden ihrer Herzen sehen, mit der Stimme hinter den vernähten Lippen soll ich sie in meine Arme circen. Die Seelen der Verstorben klagen und weinen um meinetwillen, heißt es, einst Mensch und nun verdammt meine Nachfahren in den Tod zu holen. Falsch und wahr. Mythen, Sagen, Legenden und Märchen verlieren viel Ehrlichkeit zwischen den Menschen. Ich bin der Tod von Isborsk.

Ihre Seelen hole ich nicht aufgrund eines albernen Fluches, sondern ich nähre mich an ihnen. Hier bieten sie keine Vielfalt, manchmal bedauerlich, an sich bedeutungslos. All die anderen Farben: Grün, Rosa, Braun, Violett, Beige, Türkis, Orange, Grau, Schwarz, Weiß und die vielen Nuancen dazwischen duften mal stärker, mal schwächer, mal aufregend, mal langweilig. In dieser rot-blauen Einöde sind sie alle selten, nur Braun in Orthodoxie und Grau in Melancholie glimmen immer wieder in kleiner Abwechslung dazwischen. Ihr Duft ist verzichtbar, Grau meist von geringem Eifer und nährt nur für eine kurze Spanne. Nichts duftet so verlockend wie gelbe, wildvergnügte Seelen.

          more, give me more, give me more

In Isborsk wachsen wenige gelbe Seelen heran, das Leben hier – oder was die Menschen dafür halten – begünstigt ein heiteres Gemüt nicht. Ihr Duft ist zutiefst betörend, sie zu holen verschafft mir dieses besondere Hoch, dass ich fast wieder Lust auf blutige Abenteuer und sinnliches Vergnügen schöpfe. Sie befeuern das restliche Gemüt aus einem anderen Leben und das Sehnen, Wünschen, Hoffen aus menschlichen Erinnerungen brennt in meiner Kehle, bis ich in altem Größenwahn ersticke. Aber diese Tristesse gebiert eben nur wenige Farben, ein sich selbst erhaltender Kreis. Ausbruch aus dem immer Gleichen ist das immer Gleiche. Diese Kinder denken ebenso wenig.

Die drei Seelen stehen in der Mitte meines Friedhofs, bestaunen mit ihren dummen Augen den polierten Marmor eines Kreuzes. Darunter liegt kein Grab, denn das Kreuz und die Statuen sind das Grab. Kurz blitzen ihre Seelen blau und rot auf. Die Kinder hören es: das jämmerliche Klagen eines Engels. Der Fluch betrifft keinen Menschen, er bestraft einen Engel und einen Dämon. Die Seele des Dämons ist rau und hart, leuchtet Grün mit Eifersucht und Schuld. Selbst für eine dämonische Seele zu marode und zu brüchig. Es wispert, er liebe den Engel. Unmöglich. Er verlässt des Engels Seite nicht, obwohl ihn das von hier befreit. Töricht. Seine Seele kann er in die Hölle mit zurücknehmen, mich macht sie krank. Er bleibt – für sie. Liebe ist ein Menschengut, falsch und misslich.

          if I had a heart I could love you

Der Engel jedoch ist weich und anschmiegsam, die Seele schreibt scharfe Konturen. Ich kann die Flügel sehen. Sie schwelt in einem zarten, traurigen Grau, das manchmal ihre anderen Farben überstrahlt. Rosa in Schwäche und Türkis in Neid, ungewöhnliche Farben. Ein verwirrter, kleiner Engel sitzt hier und weint. Es wispert, sie liebe den Dämon nicht mehr. Trotzdem weint und schluchzt sie auf meinem Friedhof. Fraglos nach einer anderen Liebe, die sie sich einbildet. Ihre Seele hole ich mir wie jede andere, mitten im Schnee unterm Nordlicht und ihre Überraschung besitzt eine fruchtige Note. Rosa riecht zwar zäh, aber ihre Leidenschaft wertet das auf. Mit ihrer grenzenlosen Energie steigert sie sich in alles hinein, sicher auch in den Dämon. Das hält lange vor. Liebe ist eine menschliche Erfindung, anmaßend und unehrlich.

Es braucht ein Herz, sie zu fühlen und von ihr verführt zu werden, mit ihr zu blühen und unter ihr zu verzweifeln, sich nach ihr zu sehnen und sie zu verfluchen. Liebe ist … Was kann ich dazu sagen? Ich sehe die Seelen in Isborsk, immer wieder glühen und strahlen sie in Liebe auf, ein farbenfrohes, diverses Gefühl: Weiß, Schwarz, Orange, Türkis, Grau, Gelb, Violett, Beige, Rosa, Grün, Braun, Rot, Blau. Liebe gibt es in jeder Farbe, sie ist ein wandelbares Gefühl. Das einzige Gefühl dieser Art. Sie kann eine Seele plötzlich in ihr Gegenteil verkehren, unzählige Lieder, Gedichte und Geschichten kennen Menschen über sie. Sie ist immer das Gleiche und dennoch jedes Mal anders.

          if I had a voice I would sing

Aus Liebe kann der Mensch sprechen. Ich sage kein Wort. Jeder Tod ist stumm. Liebe kommt selten allein, in ihrem Hofstaat stehen Mitleid und Nachsicht, welch anmaßenden Eigenschaften für einen Tod. Wir dienen, wir holen, wir schweigen. Nur so ist unsere Aufgabe zu erfüllen. Jeden Menschen ereilt der Tod ohne Unterschied, ohne Grenzen. Es darf kein Mitleid und keine Nachsicht geben, es darf kein Begehren und keine Absicht geben; es zählen allein die Seelen. Wir sind keine Wesen mit Herz. Ein Herz verzerrt einem jeden Gedanken, es ist eine Bürde. Sehe ich die Seelen in Isborsk, ist Liebe Irrsinn. Sehe ich die Seele des Dämons und des Engels, ist Liebe Wahn. Meine Lippen schweigen ewig.

Jetzt ist die rote Seele ebenso blau wie ihre Freunde. Furcht taucht den ganzen Friedhof in dunkles, diffuses Licht. Übermut und Radikalismus verschwinden schnell, wenn der menschliche Horizont gesprengt wird. Blinder Zorn und absurde Angst bleiben zurück. In diesem Kind überwiegt die Furcht, angesteckt von seinen Freunden. Das Weinen eines Engels reißt jedes Herz auf und Traurigkeit und Buße füllen dieses Loch aus. Die drei Seelen erstarren in ihrer Menschlichkeit, unfähig die Situation zu verstehen. Ihr Mitgefühl für das Klagen und Wehen nährt ihre Furcht: vor dem jammernden Wesen und vor sich selbst. Sie wollen helfen und können nichts tun.

          after the night when I wake up

Untätig stehen sie vor der blass glühenden Statue, gefangen von den lauten Tränen des Engels. Das Entsetzen sitzt tief in ihren Leibern. Für einen kurzen Moment liegt Stille über dem Friedhof und das Pfeifen des Windes erinnert sie zu handeln. Mit rasenden Herzen flüchten die drei Kinder über die niedrige Mauer, das Klagen des Engels beginnt von vorn. Hinter der Einfriedung reißt die Stimme endgültig ab, nur der raue Wind bleibt zurück. Die drei jedoch hasten weiter ins Dorf Isborsk. Die Worte der Alten und den Fluch meines Friedhofs verlachen sie nicht mehr. Auch ihre Seelen hole ich hierhin zurück.

Nur der grüne Schimmer und das rosa Leuchten der beiden Gefangenen bleiben hier. Eindringlinge auf meinem Friedhof, die nicht mehr gehen. All die Seelen aus Isborsk, welche über die Zeit hinweg meinen Friedhof betreten, um ihren falschen Mut zur Schau zu stellen oder ihren Toten zu gedenken, besitzen den Anstand wieder zu gehen. Aber Himmel und Hölle sind ignorant und narzisstisch, in fremdes Land zu marschieren und meinen Jubel zu erwarten.

          I'll see what tomorrow brings

Weder Himmel noch Hölle haben Macht über mich, weder die ewigen Wolken noch die ewige Hitze haben Wert für mich. Ich gehöre allein Smrit. Dennoch muss ich diese Dreistigkeit ertragen. Der Klang ihrer Leidenschaft durchsetzt meine Glieder, an guten Tagen ist das erfrischend, jedoch an schlechten Tagen ist es abscheulich. Die Seele des Engels ist gerade Entschädigung genug; wäre sie doch gelb und fidel. Büße endlich, Engel! Dieser Friedhof ist mein Reich.

 

                    * * *

 

Die Klinge meines Schwertes stand in der Erde, das Heft lag einige Schritte entfernt und um mich herum winselten die Sterbenden. Der Geruch von Tod hing tief über dem Feld. Blut tropfte von meinen Händen, sie zitterten vor Schwäche. Ich sah auf, mein Bruder trat auf mich zu. Hinter seinem blutverschmierten Bart grinst er höhnisch, wie gewöhnlich. „Truvor.“ Er humpelte, ein Pfeil im rechten Bein.

„Fürst Truvor von Isborsk für dich.“ Meine Lungen schmerzten bei jedem Atemzug.

Mein Bruder hob sein Beil. „Truvor, du lernst es nie.“

Der Krieg war verloren.

 

Schwarz. Nur Schwärze überall. Dazu Krach, durchdringend, schrill. Nur Schmerz. Alles an meinem Körper tat weh. Ein brennender, zerreißender Schmerz, der in jedem meiner Knochen saß, jeden meiner Muskeln befiel, meinen ganzen Körper lähmte. War dieser Krach meine Stimme? Ein blendendes Aufblitzen. Heftiges Stechen an meinem Hals. Ich wusste: Ich war nicht mehr geköpft. Eine Hand streichelte meine Wange. Sollte das trösten? Wieder ein blendendes Aufblitzen und der Krach verebbte. Endlich Ruhe. Ich wusste: Ich würde nie mehr hören. Der Schmerz wütete in meinem Kopf. Die Hand streichelte meine Lippen, sanft und unnachgiebig schloss die Hand meinen Mund. Ein Kuss. Plötzlich war der Schmerz eisig und verschmelzend. Ein langer Kuss. Danach war ich leer.

          if I had a voice I would sing

Erneut blitzte es hell auf. Der Schmerz fror mein Rückgrat ein. Ich wusste: Ich würde nie mehr sprechen. Die Hand streichelte wieder meine Wange, dann stach sie in meine Augen. Ich wollte fliehen, meine Glieder rührten sich nicht. Die Hand schabte meine Augenhöhlen aus, sorgfältig und behutsam. Ich spürte warmen Atem auf meinem Gesicht. Ich wusste: Ich würde nie mehr sehen. Die Hand strich durch meine Haare und riss sie aus. Der Schmerz echote in der Schwärze. Dann sah ich sie, vielmehr ihren Umriss im Nichts. Ihr Name war Smrit und sie küsste meine Nase liebevoll. Ich erstickte, aber der Schmerz ließ endlich nach. Ich wusste: Ich würde nie mehr Luft holen.

Ich holte Seelen.

 

                    * * *

 

Ich werde meine Ziele im Leben nicht erreichen, vorher wird mein Bruder mich töten, indem er den Kopf von meinem Hals schlägt. Dann wird es Zeit sein, meine Seele zu holen. Ungeachtet des Neides meines Bruders, werde ich Isborsk zu einem Fürstentum erheben. Ich werde meinem Sohn sein erstes Pferd schenken und sein Lachen genießen. Fast wird es unmöglich sein, meinen Vater zu überzeugen mir Isborsk zu überlassen. Alles für meinen Sohn.

          dangling feet from window frame

Ich werde auch meine Tochter lieben. Voller Stolz und Freude werde ich den ersten Schrei meines Sohnes hören. Mein Erbe, mutig und stark. Tagelang werden wir feiern, dass meine geliebte Frau schwanger ist. Endlich werde ich auf meinem Pferd sitzen, das Schwert ziehen und kämpfen. Das erste Mal Blut auf meiner Klinge, das erste Mal dem Tod ins Auge sehen, das erste Mal Leben nehmen. Hier werde ich meine Seele holen.

Meine Seele wird ein wilder Strudel aus Rot und Gelb sein, voll Kraft und Frohsinn. Auf dem Rücken eines Pferd wird sie besonders hell leuchten und mit dem Schwert in der Hand wird sie vor Leidenschaft tönen. Die erste Schlacht meines Lebens wird mein glücklichster Moment. Denn noch wird alles neu und aufregend sein, Begeisterung strömt durch meinen Körper. Das Rot seelischer Hitze und das Gelb neugierigen Erfindungsgeistes werden zu einer zügellosen Flamme, die mich mein ganzes Leben lang wärmt. Dies, wenn ich das erste Mal mit meinem Schwert einen Menschen töte, wird der Moment, der mich zum Mann macht.

          will they ever, ever reach the floor?

Diese Lebenskraft werde ich holen. Jetzt wird sie am größten und stärksten sein und meine Seele wird so hinreißend nach Macht und Ruhm duften. Sie wird endlich reif sein. Die Ekstase meines ersten Kampfes wird mich verschlingen. Gelbe Seelen berauschen. Diese erste Lust auf blutige Abenteuer wird mich blenden und die Euphorie wird in meinen Gliedern brennen. Alles wird neu. Meine Seele wird beenden, was Smrit begann, und mich zu einem ihrer Diener wandeln. Ich werde schweigen, ich werde holen, ich werde dienen. Mein Name wird Tod sein und jetzt werde ich zum ersten Mal eine Seele holen: meine Seele.

Im richtigen Moment werde ich an die Seele herantreten, je näher ich stehe, desto herber wird ihr Geschmack. Ich werde meine Hand nach ihr ausstrecken und sie berühren, heiß und zart werden meine Finger jede menschliche Regung in ihr spüren. Manche Seelen werden sich gegen meinen Griff wehren, diese jedoch nicht. Sie wird es wissen. Fest werde ich sie halten und in ihrem Leuchten wird meine Hand weiß und entmenschlicht erscheinen, nur in diesem Augenblick. Dann werde ich mich hinabbeugen, meine Lippen geben Schlitze zwischen den Fäden frei und tief werde ich die Seele in meine Kehle ziehen. Ich atme.

          more, give me more, give me more

Erfrischend wird die Seele in meinen Kopf steigen, meine Gedanken verdrehen und meine Sinne stolpern lassen. Ich werde die Erinnerungen an mein Leben sehen, alles Vergessene wird mir das Herz vorspielen, das nicht mehr in meiner Brust schlägt. Dieser Moment wird punktuell aber ewig sein. Ich werde genießen, wie die Seele meine Kehle streichelt, wie sie in meinem Hals weht und bis in meine Glieder rinnt. Ihr gelbes Strahlen wird in mir sein und dort aufhören. Um mich herum wird die Schwärze zurückkommen, blass stehen all die anderen Seelen. Auf meinem Friedhof werde ich den letzten Duft meiner Seele auskosten.

 

 

Ein warmes Bett in unserem Schloss, Olya wird alt. Noch lange nach mir wird sie Isborsk regieren, dabei hartnäckig unserem Sohn seine Würde sichern und unsere Tochter lohnend verheiraten. Sie wird eine kluge, geschickte Fürstin und sie wird eine warme, strenge Mutter sein. Meinem Bruder wird sie nicht nachgeben, auch wenn er ihr und unseren Kindern droht. Ihr wird mein Tod schwer auf dem Herzen lasten; menschlich. Mit Stolz und Liebe wird sie mein Schwert aus dem blutigen Gras ziehen und weiter an meiner statt kämpfen.

          cushion filled with all I found

Sie wird fürchten, dass ich der Gier meines Bruders zum Opfer falle. Unerschütterlich wird sie an meiner Seite stehen, wenn ich uns die Fürstenwürde gebe. In Isborsk wird sie unsere Tochter zur Welt bringen. Die Monate auf den Flüssen unseres Landes wird sie lieben und während wir einander Treue vor den Göttern schwören, trägt sie unseren Sohn in ihrem Herzen. Wenn ich um ihre Hand halte, wird sie lachen vor Freude. Ihre Liebe zu mir wird ihre Seele ein Leben lang ausfüllen. Dies wird mein Moment.

Ihre Seele wird eine Melange aus gelben und blauen Schlieren. Ihre Farben werden über- und untereinander fließen, in- und umeinander drehen, als würden sie miteinander tanzen. Freude wird von ihr in aller Helligkeit ausstrahlen, ihre Seele lacht ebenso wie sie. Meine Stimme und meine Hand erfüllen all ihre Wünsche, all die Hoffnungen auf ihre Zukunft werden zu einem festen Teil ihres Herzens. Es wird keinen besseren Augenblick geben, ihre Seele zu holen. Kraft und Wille werden nie wieder so stark sein wie jetzt, so angefüllt mit all ihrem Begehren und Verlangen. Das Gelb ihres Lebensmutes lässt jede andere Seele erblassen.

          underneath and inside, just to come around

Mittendrin das brillante Blau ihrer Liebe und Treue. Es wird glitzern und blitzen wie ein Lockmittel, als ob ich sie holen soll. Die ersten fünfzehn Jahre ihres Lebens wird das Blau ihrer Liebe zu mir wachsen, Olya wird immer an meiner Seite stehen und ab diesem Moment wird es sie definieren. Dieses Blau wird hell strahlen. Mit starkem Puls wird sie für mich leuchten und mich zu sich rufen. Also werde ich sie holen. Ich werde meine Hand in ihre Seele strecken, sie zu mir ziehen und tief Atem holen, sauge sie tief in meine Kehle. Sie wird mich wärmen.

Ich werde ihre Erinnerungen sehen, unser Leben aus ihrer Sicht und mit ihren Gedanken hören. Olya wird so ein lebhaftes Kind sein. Immer wird sie mir nachlaufen, bei meinen wahnwitzigen Ideen mitspielen und mit uns Jungs über das Land toben. Aufgeweckt wird sie die Welt sehen und ihre Neugier wird ihr viele Türen öffnen. Sie wird nichts bereuen. Ihre Seele wird herrlich laut schwingen, wenn ich sie jetzt hole. Ihr Puls wird schnell sein, ihre Farben werden unverdrossen leuchten, alles um sie herum wird ebenfalls Gelb und Blau sein. Sie wird ihr Leben lieben, denn nichts kann ihre Seele trüben.

          more, give me more, give me more

Junge Seelen duften am stärksten, am aufregendsten, am besten. In ihren ersten Jahren werden Seelen noch voll Energie und Überschwang sein, genau dann werde ich sie holen. Sie werden genug von der Welt wissen, um sich vollkommen auf sie zu freuen, und doch nicht genug, um bereits von ihr enttäuscht zu sein. Gerade richtig. Wenn es in ihrem Alter soweit ist und ich sie hole, werde ich für jede Seele durch ihr Leben gehen und den richtigen Moment abwarten. Ich werde alles von ihnen sehen und alles über sie wissen, nur so kann ich es bis zu ihrem Höhepunkt bringen.

 

                    * * *

 

Das Feld lag in Blut getränkt zu den Hufen meines Pferdes, überall lagen tote Freunde und sterbende Verwandte. Ihre Gräber ruhten auf meinen Schultern.

„Truvor“, keuchte es von unten herauf. Mein treuester Freund. Seit Kindertagen stand er mir zur Seite, jetzt fehlte ihm ein Bein und seine Därme lagen im Schlamm. „Truvor … hilf mir.“ Er würde mir nie mehr beistehen.

Für ihn und für so viele andere meiner Kämpfer gab es nur noch eine Hilfe: Ich hob mein Schwert und stach ihm in die Brust, mitten ins Herz. Musste all dieses Blut vergossen werden?

Es musste. Nur Dank mir war Isborsk ein Fürstentum, niemand anderes als ich würde es führen. Erst recht nicht mein Bruder. Dafür duldete ich den Tod meiner Gefährten. Dafür veräußerte ich das Leben meiner Getreuen – bereitwillig.

Auf der anderen Seite des Feldes sah ich meinen Bruder. Ich trieb die Sporen in die Flanken meines Pferdes.

 

Kalt spürte ich ihren Blick auf mir. Von Augen ohne Gefühle. In der wabernden Schwärze glaubte ich, ein zufriedenes Lächeln zu sehen. Nun war ich wirklich der Tod. Hatte ich zu oft getötet? Nun war ich zu einem ihrer Gehilfen geworden. War nicht jede Tötung richtig gewesen? Nun hieß ich Sluga, Diener des Todes. Hätten noch mehr sterben müssen, um meinen Sieg zu erlangen? Sie wies mir den Friedhof von Isborsk zu, wo meine Leiche die erste Bestattung war. Endlich herrschte ich über mein Fürstentum auf alle Zeit, meine Bestimmung war erreicht. Dies war jedes Sterben wert. Ich diente Smrit. Ich holte Seelen. Ich schwieg für immer. Dann lösten sich die Fesseln von meinen Gliedern.

          if I had a voice I would sing

Dies war mein Reich. Ich opferte jedes Leben für meine Fürstenwürde, trotzdem regierten Himmel und Hölle über mich. Gehörte ich nicht auf ewig Smrit? Ich musste beide erdulden, musste ihre Ignoranz und ihren Narzissmus ertragen, musste ihre Impertinenz und ihre Niaiserie aushalten. Ich sah machtlos zu, wie sie in mein Land marschierten. Sie ordneten mich an Wache zu halten. Ein Engel und ein Dämon verbüßten ihre Strafe ausgerechnet auf meinem Friedhof. Jahrtausende gingen ins Land, ohne dass sich jemand für Isborsk interessierte. Allerdings war über den Wolken und unter der Hitze jeder Ort auf dieser Welt gleich, Isborsk so gut wie Konstantinopel. An all diesen Orten war Liebe nur eine menschliche Idee. Ich schwieg.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Es ist wundervoll, Dich als Leser hier zu haben. Dankeschön!
Hat die Geschichte etwas in Dir ausgelöst? Dann schreibe mir kurz oder lang, was Du denkst.
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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  Drachenprinz
2015-12-08T00:17:38+00:00 08.12.2015 01:17
Wow... Ich muss gerade erst mal versuchen, meine Gedanken zu diesem Werk hier zu ordnen, und weiß noch nicht, ob mir das wirklich gelingen wird. Da ich in letzter Zeit häufiger mal nach Geschichten wie dieser hier suche und es liebe, düstere, gut geschriebene Texte zu lesen, die mich packen und berühren, bin ich vorhin auf deine Story hier gestoßen und finde es wirklich schade, dass sie bisher erst von einer Person kommentiert wurde. In diese Kategorie gucken aber vermutlich nicht so viele Leute rein wie beispielsweise bei Anime/Manga-Fandoms, daher wundert es mich auch nicht wirklich. Reviews schreibe ich eigentlich generell nur zu FFs, die ich ehrlich gut finde, aber ich muss doch betonen, dass dieses Werk hier mich wirklich schwer beeindruckt hat. Ich kann gar nicht einmal genau sagen, warum. Wie mein 'Vor-Kommentarschreiber' schon sagte, gibt es hier eigentlich nicht sonderlich viel Handlung. Drei Kapitel, ohne dass großartig etwas passiert - im ersten Moment klingt das vielleicht langweilig, aber das war es ganz und gar nicht! Mich persönlich hast du mit dieser Geschichte wahnsinnig berührt, weil ich all die Emotionen, die du beschrieben hast, so gut nachvollziehen konnte, so lebendig mitgefühlt habe und mich das Ganze einfach so nachdenklich gemacht hat wie es schon lange keine andere Geschichte mehr geschafft hat. Ich finde, du hast es außerordentlich gut gemeistert, das Weltbild, die Gefühle und die Denkweise der jeweiligen Charaktere zu veranschaulichen. Engel, Dämon und Tod. Und dem gegenüber die kleinen, schwachen Menschen. Aber trotzdem sieht man, dass auch Engel, Dämonen und sogar der Tod menschliche Gefühle entwickeln können, auch wenn sie es vielleicht selbst nicht verstehen oder dürfen. Ich fand es sehr traurig, dass sie alle im Grunde nur eines wollen, und zwar wahre, aufrichtige Liebe - aber niemandem von ihnen dieser Wunsch erfüllt wird und sie alle für die Ewigkeit unglücklich sind. Vor allem die Gefühle des Dämonen, Blesk, haben irgendetwas unbeschreiblich Tiefgehendes in mir ausgelöst... Die anderen beiden Sichtweisen allerdings auch.
Dein Schreibstil ist für meinen Geschmack einer der besten und emotionalsten, die ich bisher gesehen habe. Ganz im Ernst. Auch die Passagen mit den Songzeilen zwischendurch fand ich persönlich recht passend, weil sie zu der düsteren, verzweifelten Atmosphäre beigetragen haben.
Fehler habe ich nur sehr wenige gefunden, auch das möchte ich hervorheben, schließlich ist das nicht selbstverständlich. Am Ende des zweiten Kapitels sind mir zwei Sachen aufgefallen ("Liebe ist das Beste, dass ich je fühlte" versehentlich mit zwei 's', und dann in dem Satz "Vielleicht bin ich ein schlechter Engel, der nicht nur Schützlinge unter den Flügeln sterben, sondern die sich auch von einem Dämon in die Irre führen ließ", da hätte statt "sondern die" eher "sondern der" stehen müssen, denn es bezieht sich ja auf DEN Engel ^^), und am Ende des letzten Kapitels, da hast du "erstrecht" zusammengeschrieben, was aber in diesem Fall getrennt geschrieben wird. Es kann sein, dass da noch mehr war, aber das kann nichts großartig Besonderes mehr gewesen sein, außer vielleicht wenige Flüchtigkeitsfehler.

Alles in allem kann ich dich für diese Geschichte wirklich nur loben, weil du es trotz der Tatsache, dass sie fast komplett aus Monolog und Gedankengängen besteht, geschafft hast, mich zu fesseln und mich während des Lesens in eine andere Welt zu entführen, die doch irgendwie unsere eigene Welt ist. Deine Wortwahl hat mir überaus gut gefallen und überhaupt fand ich den Text sehr inspirierend. Das werde ich so schnell vermutlich nicht vergessen, und ich finde es bemerkenswert, wenn jemand etwas kreiert, das einem in Erinnerung bleibt und zum Nachdenken anregt. Der Botschaft, die du hiermit vermittelst, kann ich nur voll und ganz zustimmen: Liebe ist Liebe und sollte frei von den stumpfen Zwängen und Vorurteilen der Gesellschaft sein. Jeder tut so, als wäre er tolerant, aber echte, reine Freiheit findet man selten oder vielleicht sogar nirgends auf der Welt.

Liebe Grüße!
Drachenprinz
Antwort von:  In-Genius
08.12.2015 05:58
Vielen Dank für deinen Kommentar!
Es freut mich wahnsinnig, dass die Geschichte noch gelesen und auch gemocht wird. Dass sie gemocht wird, obwohl sie nicht auf der üblichen, actiongeladenen Weise erzählt. Vielen Dank.

Zu den Rechtschreibfehlern: Im Text des Engels ist das Wort "Engel" ein Femininum - sie ist ja ein weiblicher Engel, also ist es bei ihr "die Engel" statt "der Engel". Da dehne ich ein wenig die deutsche Grammatik ;)
Antwort von:  Drachenprinz
08.12.2015 12:34
Kein Problem, echt! Ich schaue mir gerne freie Werke an, und wenn die richtig gut gemacht sind, umso besser. Deine Story fand ich gerade weil es keine klassische Geschichte in dem Sinne ist sehr schön und interessant. Die bloße Schilderung von Gefühlen so spannend und mitreißend zu gestalten kann mit Sicherheit auch nicht jeder. ^^

Oh, okay, das kann ich nachvollziehen. Aber dann müsste es wiederum konsequenterweise vorher auch heißen "Vielleicht bin ich eine schlechte Engel, die nicht nur Schützlinge unter den Flügeln sterben ließ". Da hast du es aber auch als Maskulinum benutzt, "ein schlechter Engel, DER". :)
Antwort von:  In-Genius
08.12.2015 12:59
> Die bloße Schilderung von Gefühlen so spannend und mitreißend zu gestalten kann mit Sicherheit auch nicht jeder. ^^

Ah, das geht runter wie Öl. Danke schön^^

__________
Es folgt ein grammatischer Exkurs:
Ich konkretisiere: Ich behandel "Engel" nur in den Relativpronomen als Feminunum, so wie das häufig für "Mädchen" gemacht wird. "Das kleine Mädchen, die dort am Baum steht, ist hübsch", müsste, korrekter Weise, "das dort steht" heißen. In den Relativpronomen verwendet man umgangsprachlich aber das natürliche Geschlecht, während bei den direkten Attributen (Artikel und Adjektive) das dem Wort inhärente Neutrum beachtet wird. Das Deutsche folgt hier, je ob Standard oder Umgangssprache, verschiedenen linguistischen Möglichkeiten, die Differenzen zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht aufzulösen.

So behandel ich "Engel" in seinen direkten Attributen "Vielleicht bin ich ein schlechter Engel" seinem inhärenten maskulinen Status nach, während ich in den Relativpronomen "der nicht nur Schützlinge unter den Flügeln sterben" und "sondern die sich auch von einem Dämon in die Irre führen ließ" nach dem natürlichen Geschlecht des hier bezeichneten Engelindividuums.

Würde ich grammatisch korrekt schreiben, lautete der Satz "Vielleicht bin ich ein schlechter Engel, dem nicht nur Schützlinge unter den Flügeln sterben, sondern der sich auch von einem Dämon in die Irre führen ließ." Das erste Relativpronomen ist nämlich ein Dativ und kein Nominativ wie der zweite, denn das Verb "ließ" gehört nur zum zweiten Nebensatz; der erste soll bei "sterben" enden. Im Sinne von: "dem Engel sterben die Schützlinge unter den Flügen" UND "der Engel ließ sich von einem Dämon in die Irre führen"

*räusper* Sei versichert, wende ich mich gegen bestehende Grammatik, so mit fundierten und sehr absichtlichen Gedanken dazu^^
Von:  Enrico
2015-07-10T05:41:51+00:00 10.07.2015 07:41
In weichen Wellen scheint das Licht über die verschneiten Kronen und herab auf die verschneite Lichtung. Alles ist in sanftes Grün getaucht, Frühling im Winter und der Duft von Tannennadeln kitzelt meine Nase.
2x verschneiten/verschneite
Wenn alles verschneit ist, wie kann es dann grün und nach Frühling aussehen? Irgendwie passen die beiden Bilder in meinem Kopf nicht zusammen.

Das ist auch schon das Einzige, was mir aufgefallen ist.

Auch das zweite Kapitel ist wirklich sehr lyrisch und irgendwie konnte ich den Gedanken des Engels auch besser follgen als denen des Dämons. Was Monologe angeht macht dir auf jeden Fall so schnell keienr etwas vor. Ich hatte allerdings meine Schwierigkeiten damit heraus zu finden wer am Anfang gemeint war. So knapp ab der Hälfte kreisten ihre Gedanken ja liebevoll um den Dämon, war er am Anfang auch gemeint? Oder war es da der Tod?
Was hat der Tod überhaupt mit ihr zu schaffen? Wirklich klar wurde das irgendwie nicht.

Auch in diesem Kapitel blieb es, wie du ja bereits angekündigt hast, bei dem Monolog. Handlung habe ich auch hier vermisst, aber darauf kam es dir ja auch nicht an.
Die Storry ist sicher Geschmacksache. Ich bin auch noch immer nicht dahinter gestiegen wozu die englischen Textstellen eingewoben waren. Ein bisschen hatte ich beim Lesen das Gefühl jemand hört im Hintergrund einen Song und dadurch entsteht dieser Monolog.
Der ganze Text hatte für mich mehr etwas von einem Gedicht, als von einer Kurzgeschicht, was jetzt nicht negativ gemeint ist. Es ließ sich wirklich sehr schön lesen, dafür mein Kompliment.
Eingebettet in einen Handlungsstrang wäre daraus sicher eine interessante Geschichte geworden.


Gruß Enrico
♪♫ Feedback-Club-Kommi ♪♫

Von:  Enrico
2015-07-09T06:15:09+00:00 09.07.2015 08:15
Guten Morgen^-^,

ich weiß, die Auswertung des Wettbewerbs hat sehr lange gedauert und noch habe ich auch nicht alle Geschichten durch. Um die die Wartezeit zu verkürzen, bis die Ergebnise bekannt gegeben werden, gibt es nun erst mal auf jedes Kapitel ein Kommentar.

Viel Spaß damit

Alles ist still, auch der letzte Hauch Leben liegt gedämpft und frierend unter der weißen Decke aus Eis.
Der Satz klingt wirklich voll lyrisch und hüpsch. Habe ihn gleich mehrfach gelesen, weil er mir so gut gefallen hat.

stehen auf einem Friedhof und weinen. Manch ein verzweifelter Schrei hallt über den ganzen Friedhof, dringt in jeden lebenden und leblosen Knochen.
2x Friedhof

Dein Schreibstil lässt sich wirklich sehr leicht und flüssig lesen. Rechtschreibfehler und dergleichen sind mir nichts ins Auge gesprungen. Allerdings hat mir im ersten Abschnitt ein bisschen das Bildhafte gefehlt. Man hatte zwar immer wieder den Friedof und die trauernden Menschen vor Augen, aber nie die beiden Sprechenden, ich nehme mal an ein Engel und ein Dämon. Du beschreibst zwar Ketten die sie binden, aber weder woran sie gebunden sind noch die Umgebung an die sie gebunden sind. Es war beim Lesen ein bisschen, als wenn sich zwei körperlose Wesen unterhalten. Auch bin ich natürlich noch nicht aus ihrem Gespräch schlau geworden. Mal abgesehen von der Zuneigung zueinander, das war ja recht schnell klar. Wer war der Dritte im Bunde, der (ich nehme mal an vom Engel) noch geliebt wird, aber nicht greifbar ist. Gott?
Ich hätte lieber die Geschichte erlebt, die zu der Bestrafung führt, als das Ergebnis zu sehen, aber ich ahne das es wohl noch als Rückblick erzählt wird.
Was ich sehr interessant fand, war die Engelsprache zwischendrin. Gab es die Worte wirklich, oder hast du die Zeichen einfach nur zusammen gewürfelt? Was ich hingegen jetzt nicht so gut verstanden habe, ist den Wechsel in die Englische sprache? Die Stellen schienen mir auch irgendwie willkürlich dafür. Gut ich muss gestehen, zur englischen Sprache habe ich jetzt nicht das beste Verhältnis. Tu mich einfach schwer damit, aber du hast dir ja sicher irgendwas dabei gedacht. Nur bin ich bis hier her noch nicht dahinter gestiegen was genau der Sinn sein soll.

Also für meinen Geschmack passiert in diesem Kapitel einfach zu wenig. Die ganze Zeit geht es nur um Dinge die schon vorbei sind, um Sehnsucht, Liebe und Schmerz, um ein Gefängnis das ich als Leser nicht sehen kann und um zwei Liebende die einander nicht erreichen können. Du beschreibst dass alles wirklich sehr blummig und schön, aber die Handlung bleibt dabei auf der Strecke. Auch wundert mich wie schnell sich die beiden ineinder verliebt haben, ohne das wirklich etwas passiert ist. Sie stand da, er stand da und dann fallen sie ewig lange nur übereinander her. Wieder fehlt mir da der Hintergrund der Charakter, ihre Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Die Interaktion mit anderen, als nur miteinander.

Interessant wird es langsam als sie sich darüber unterhalten, den ich nehme mal „Tod“ an, zu rufen indem der Dämon jemanden tötet. Schade das er es dann doch nicht tut, damit wäre zumindest mal etwas Handlung ins Spiel gekommen. Schon ein seltsamer Engel, der mit einem Dämon rummacht und zeitgleich den Tod liebt.

In den Momenten auf dem Friedhof scheint der Engel ja nicht all zu viel für seinen Dämon übrig zu haben, wenn da auch ständig nur Gedanken an den Tod da sind. In seinen Erzählungen über vergangene Tage sind sie aber soooo verliebt ineinander. Passt irgenwie nur schwer zusammen. Entweder malt er die Vergangenheit zu rosig, oder es gab ein großes Ereigniss, dass diesen Umstand geändert hat.

- verbrüdert. Dafür gibt es keine Entschuldigung! Reue, bis der Tod dich läutert!“
Ich dachte sie können nicht sterben.

Als der Engel im ewigen Eis starb, ob er da dem Tod begegnete und sich verlierbte?

Auch am Ende des Kapitels ist nicht wirklich etwas neues passiert. Im Grunde ist die ganze Zeit über gar nichts passiert. Das Gerede von Liebe, Schmerz, Verlust und dergleichen wurde auch immer mehr und war für meinen Geschmack auch einfach zu viel. Leider lernt man weder Engel noch Dämon charakterlich kennen. Es geht immer nur um das Gefühl der Liebe. Keine Szene erlebt man wirklich mit, weil alles in einer Rückblende gefangen ist. Lyrische Worte und das umschreiben von liebvollen Gesten liegen dir wirklich sehr, aber besser wäre das alles eingebettet in eine Handlung.

Bin gespannt, ob sich das im zweiten Kapitel noch ändert.


Gruß Enrico
♪♫ Feedback-Club-Kommi ♪♫



Antwort von:  In-Genius
09.07.2015 15:35
Hallo!

Danke für deinen ausführlichen Kommentar, darüber habe ich mich sehr gefreut^^ Es ist schön, dass mein Schreibstil gefällt.

Deine Kritikpunkte - fehlende Bildhaftigkeit und fehlende Handlung - habe ich wahrgenommen und ich stimme zu, die Bildhaftigkeit und Aktion halten sich in Grenzen. Das ist allerdings Absicht bzw. ist der Perspektive des Textes geschuldet: Es ist ein innerer Monolog und für sich selbst muss der Dämon nicht beschreiben, wie beispielsweise er selbst aussieht. Natürlich ist mir bewusst, dass der Leser mehr Informationen braucht, als jene, die man in einem natürlichen inneren Monolog streut - allerdings ist mir selbst das genaue Aussehen der beiden nicht wichtig. Es geht nicht darum, wer sie sind oder wie sie aussehen, sondern es geht darum, wie und was sie fühlen. Das mag und muss nicht jedem gefallen. Auch ist dieser Perspektive des inneren Monologs geschuldet, dass die Vergangenheit (die Liebe zwischen den beiden) so idyllisch beschrieben wird, denn er liebt sie noch immer und wird von diesen Gefühlen geblendet. Diese Melancholie ist Teil seines Charakters.
Auch das fehlende Abenteuer ist Absicht: In dieser Geschichte geht es einzig und allein um die Gefühle des Dämons und des Engels, nicht mehr und nicht weniger. Diese Gefühle werden durch die inneren Monologe erzählt und zwar natürlich in einer Situation, die ruhig genug ist, um diese ausführlichen inneren Monologe überhaupt erst zu ermöglichen. Wäre beispielsweise eine große Kampfhandlung integriert, hätte ich die Geschichte komplett anders erzählen müssen und die Betonung der Gefühle wäre zurückgegangen.

Es ist ein stiller Text und das soll er auch sein. Auch das mag und muss nicht jedem gefallen.

Nochmals vielen Danke für deinen Kommentar, viel Spaß beim zweiten Kapitel und auch viel Spaß bei den anderen Einsendungen zum Wettbewerb^^

P.S.: Die fremden Zeichen sind kyrille Buchstaben und bedeutet aus dem Russischen übersetzt "Ich liebe dich, Tma" (der Engel heißt Tma).


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