Zum Inhalt der Seite

Von Abenteuern und dergleichen

Die Geschichte eines Hobbitmädchens
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Flucht in den Wald


 

Das erinnert mich an Numenor… ja… an das Land Westernis, das unterging, und an die große dunkle Woge, die über die grünen Lande stieg und über die Berge und weiterzog, unentrinnbare Dunkelheit. Ich träume oft davon. – Faramir
 

„Unsere Grenzpatrouille wurde mitten in der Nacht angegriffen“, berichtete der Hauptmann des am Orthanc stationierten Reiterkontingents Merry und Pippin mit respektvoller Haltung.

Seit dem letzten Ringkrieg wusste halb Mittelerde, was Hobbits waren, und Merry hatte nur die Brosche zeigen müssen, welche König Eómer ihm vor vielen Jahren zum Abschied gegeben hatte, um seine und Pippins Identität für die Rohirrim zu bestätigen. Seitdem begegneten die Männer den Hobbits mit Hochachtung.

„Sie konnten alle rechtzeitig ihre Pferde erreichen und zu uns gelangen, aber sie mussten ihr Lager zurücklassen. Deshalb haben die Wildlinge wohl mit unserer Rückkehr gerechnet und Ihr seid in ihre Falle hinein geraten.“

„Seit wann gibt es hier wieder Probleme mit dem Wilden Volk?“, fragte Pippin mit einem Stirnrunzeln. „Als unser Freund vor mehreren Jahren hier war, gab es keine Anzeichen dafür und auf unserem Weg wurden wir auch nicht von den gondorianischen Wachen in Bruchtal gewarnt.“

„Mit dem Wilden Volk als Ganzes gibt es auch keine Probleme. Der Frieden hält schon seit Jahren. Die Männer hier gehören einer Splittergruppe an, die wegen ihrer Taten mittlerweile von ihrem eigenen Volk geächtet wurden“, erklärte der Hauptmann. „Abgeordnete des Wilden Volkes haben uns vor zwei Monaten deswegen um Hilfe gebeten und uns gewarnt, dass diese Abtrünnigen mit den Friedensvereinbarungen zwischen den Rohirrim und dem Wilden Volk nicht einverstanden sind und einen Krieg anzetteln wollen.“

„Also handelt es sich eher um ein kleines Scharmützel“, stellte Merry beruhigt fest.

Der Hauptmann nickte zustimmend. „Dennoch würde ich Euch vier Reiter als Geleit mitgeben. Einfach, um ganz sicher zu sein.“

Merry und Pippin nickten dankbar und zogen eine Karte von Rohan hervor, um mit dem Hauptmann zu besprechen, welchen Weg sie am besten einschlagen sollten, um nach Edoras zu gelangen.

Goldfranse wandte sich ab und ging zu ihrem Pony, welches von den Rohirrim eingefangen und mittlerweile auch beruhigt worden war. Im Gepäcksack hinter dem Sattel steckte wieder Goldfranses Übungsschwert. Für einen Moment steckte sie ihre Hand in das Bündel, um den Griff zu ertasten.

Sie hatte heute ihren allerersten Kampf gehabt. Der Schreck steckte ihr immer noch in den Knochen, aber gleichzeitig verspürte sie Stolz und Aufregung – und sie dürstete geradezu danach, wieder ein richtiges Schwert in der Hand zu halten.

Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie Faramir sein Pony bürstete, damit es sich entspannen konnte. Goldfranses Herz klopfte laut bei der Erinnerung daran, wie Faramir sie umarmt hatte. Für einige wundersame Sekunden hatte sie absolut alles vergessen – sogar ihren eigenen Namen! – und ihre Welt hatte einfach nur noch aus dieser atemberaubenden Umarmung bestanden…

Was hatte diese Umarmung zu bedeuten? War das eine Entschuldigung gewesen? Oder ein banales Danke? Goldfranse schwirrte der Kopf vor lauter Fragen. Faramir machte keine Anstalten, in ihre Richtung zu kommen. Also musste sie wohl die Initiative ergreifen, wenn sie endlich Antworten wollte!

Sie klopfte ihrem Pony noch mal auf den Hals und ging dann zu Faramir. Als sie neben ihn trat, versteifte er sich. Seine Hand verkrampfte sich regelrecht um die Bürste. Nun wieder verunsichert, zögerte Goldfranse, das Wort zu erheben.

„Verschwinde, Goldfranse, oder ich kann für nichts garantieren“, grollte Faramir bedrohlich.

„Was ist los?“, fragte sie zaghaft und versuchte, sich nicht so viel dabei zu denken, dass er sie noch nie bei ihrem vollen Namen genannt hatte. Und vor allem, dass er noch nie so zornig geklungen hatte.

„Verschwinde“, zischte Faramir und wandte den Blick ab, als wäre es für ihn unerträglich, sie anzusehen.

Zutiefst verletzt stolperte sie zurück. „Wenn es das ist, was du willst“, krächzte sie schwach.

„Ja, das will ich!“, fauchte Faramir mühsam beherrscht, den Blick noch immer abgewandt.

Goldfranse traten Tränen in die Augen. Sie und Faramir waren sehr oft aneinander geraten, aber noch nie hatte er sie so unfassbar grausam behandelt. Noch nie hatte seine Abweisung so weh getan. Sie kam mit diesem Schmerz nicht zurecht. Ihr war hundeelend zumute und sie wollte nicht, dass irgendjemand das mitbekam.

Schniefend wischte sie sich mit dem Ärmel über die Augen und eilte zu ihrem Pony. Als sie in den Sattel sprang, hörte sie Eómer nach ihr rufen, aber sie ignorierte ihn und stieß ihrem verwirrten Pony die Haken in die Seiten, um es zum Galopp anzuspornen. Es machte einen erschrockenen Satz nach vorn, trabte mehrere Schritte und schnaubte unwillig. Wieder trieb Goldfranse das Tier an. Es legte die Ohren an und preschte so ruckartig los, dass seine Reiterin beinahe die Zügel verloren hätte. Sie klammerte sich an die struppige Mähne und ließ ihr Pony rennen. Egal wohin, Hauptsache weg. Wie Faramir es gewollt hatte…

Wie viel Zeit verging, ehe es sie brutal aus dem Sattel riss, wusste sie nicht. Es hätten Stunden oder auch nur Sekunden sein können. Goldfranse hatte nicht einmal Gelegenheit, darüber nachzudenken, sie stürzte hart zu Boden und stieß sich dabei an einem Baum…
 

Tatenlos mussten sie mitansehen, wie Goldfranse auf ihrem Pony innerhalb kürzester Zeit im Fangorn-Wald verschwand. In ihrer Hast, von Faramir weg zu kommen, hatte Goldfranse dem armen Tier so sehr zugesetzt, dass es in einem erstaunlichen Jagdgalopp davon geprescht war. Alles war viel zu schnell gegangen, um eingreifen zu können, aber Eómer hatte noch die fürchterlich verletzte Miene seiner Kindheitsfreundin gesehen – und er wusste, wer dafür verantwortlich war. Wutschnaubend stampfte er zu seinem besten Freund und ergriff dessen Kragen.

„Was hast du zu ihr gesagt?!“

„Dass sie verschwinden soll“, antwortete Faramir mit einem kalten Ausdruck in den Augen, der Eómer durch Mark und Bein ging.

„Bist du wahnsinnig?!“, fauchte er und schüttelte seinen Freund grob.

Eómer hob die geballte Faust. Er wollte einfach nur noch zuschlagen, wollte Faramir so richtig weh tun…

Sein Arm wurde festgehalten – als er zurückblickte, erkannte er seinen Vater und neben ihm Pippin. Die Mienen der Beiden waren steinern.

„Das ist jetzt unwichtig. Wir müssen ihr hinterher.“

„Mit Verlaub, Meister Brandybock, das ist keine gute Idee. Es dämmert bereits und in der Nacht ist der Wald noch viel gefährlicher. Ihr solltet bis zum Morgen warten.“

Merry presste die Lippen so fest zusammen, dass sie nur noch ein dünner Strich waren. Sorge und Widerwillen lagen in seinem Blick, aber er nickte ruckartig und zwang seinen Sohn, Faramir loszulassen.

Der junge Tuk stolperte einen Schritt zurück und wandte sich wortlos wieder seinem Pony zu, seine Schultern steif, sein Kiefer leise mahlend. Eómer verspürte immer noch das Bedürfnis, ihn zu schlagen.
 

Sie ritten bis zum Rande des Fangorn und schlugen dort ihr Lager auf. Mit Totholz entfachten sie ein Lagerfeuer in der Hoffnung, dass Goldfranse es sehen und aus dem Wald heraus finden würde. Die Schwachstelle dieses Plans war jedoch, dass Goldfranse den Wald womöglich gar nicht verlassen wollte.

Eómer rauchte immer noch vor Wut und auch Merry und Pippin waren gegenüber Faramir sehr ungehalten. Faramir wiederum unternahm nicht den geringsten Versuch, ihnen zu erklären, was zwischen ihm und Goldfranse vorgefallen war.

Unter diesen Umständen fand keiner von ihnen die notwendige Ruhe, um zu schlafen. Die vier Rohirrim, die sie begleiteten, hielten sich taktvoll zurück. Die ganze Nacht saß Eómer am Feuer und blickte dann und wann wütend zu Faramir, doch mit der Zeit ebbte seine Wut ab und er begann, genauer darüber nachzudenken, was vorgefallen sein könnte.

Aus der Entfernung hatte er nur gesehen, dass Faramir Goldfranse wiederholt schroff angefahren hatte, als sie die Annäherung gewagt hatte. Wieso hatte Faramir sich so verhalten? Das passte aller voran gegangener Vorfälle zum Trotz einfach nicht zu ihm!

Als die Ponys und Pferde unruhig wurden, zuckten die Köpfe der vier Hobbits hoch und der Wache haltende Rohirrim stand auf, während seine zuvor noch dösenden Kameraden langsam wach wurden und automatisch nach ihren Waffen griffen. Die Tiere tänzelten auf der Stelle, zuckten unablässig mit den Ohren und schnaubten nervös.

Eómer stand ebenfalls auf. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sein Vater den Griff seines Schwertes packte. Ein Reflex, den Merry und Pippin auch nach all den Jahren nicht ablegen konnten. Eómer hoffte, dass so etwas für ihn nie notwendig sein würde.

Aus dem Wald erklang ein Geräusch, ein seltsam verzerrtes Schnauben, dann Schritte. Der Fangorn schien die Geräusche zu verändern. Es war unmöglich zu bestimmen, worum es sich beim Verursacher der Geräusche handelte.

Einer der Rohirrim wollte sich dem Wald mit einer Fackel nähern, um etwas erkennen zu können, aber Merry gebot ihm Einhalt und trat selbst vor.

„Kein Feuer in die Nähe der Bäume. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir von Huorns beobachtet werden“, erklärte er. Der Rohirrim akzeptierte diese Weisung ohne Murren.

Angespannt warteten sie alle, während das Geräusch immer näher kam. Und dann stolperte ein verängstigtes Pony in den Lichtkreis des Feuers. Es hatte die Ohren eng angelegt, die Flanken waren schweißnass und das Weiße der Augen war deutlich zu sehen. Dennoch war es unverkennbar Goldfranses Reittier.

Eómers Blick huschte zum leeren Sattel, dann drehte er sich mit neu entfachter Wut zu Faramir um, dessen Schuld das alles hier war. Ihm lag bereits ein scharfer Vorwurf auf den Lippen, aber was er in der Miene seines Freundes sah, ließ ihn innehalten: Blanker Horror.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  lula-chan
2019-01-30T21:49:28+00:00 30.01.2019 22:49
Tolles Kapitel. Gut geschrieben. Gefällt mir.
Oh Mann. Na ganz toll. Das kann ja echt noch was werden. Ich bin schon gespannt, wie das weitergeht, und freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Antwort von:  Yosephia
30.01.2019 23:36
Vielen Dank für die vielen Kommentare! Ich freue mich sehr, dass dir die Story so sehr gefällt! :D


Zurück