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Manuskrypt

Ein literarisches Experiment an mir selbst
von

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Kapitel 3

Lange konnte ich wohl nicht geschlafen haben, denn als ich hochhschreckte war es noch nicht dunkel. Geweckt wurde ich durch ein unsanftes Rütteln an meiner Schulter. "Aufgestanden, faules Stück! ", war das erste was ich hörte und : "Nnnnh rghhh hä?" , das erste was ich sagte. Vor mir stand grinsend und in voller Lebensgröße meine Freundin Jess. "Du hast meine Nachricht gehört! ", jubelte ich und rappelte mich auf um sie zu begrüßen. "Ist doch Ehrensache.", erwiderte Jess betont lässig. "Ist meine Mutter schon da?" "Nö. Euer Badfenster war offen, bin reingeklettert." Ich lachte. Genau darum mochte ich Jess und genau darum mochte meine Mutter Jess überhaupt nicht. Sie war ein Freigeist, eine Chaotin. Auch das stand auf der Liste meiner Mutter, wieso Jess einen schlechten Einfluss auf mich hatte. Dabei war es eher anders herum, kennen gelernt hatte ich Jess nämlich, als ich gerade geklaut hatte. Eigentlich war sie mit mir in der Grundschule gewesen, aber wir kannten uns nur vom sehen. An diesem Tag hatte mich der Rappel gepackt. Ich hatte Langeweile und tingelte durch unsere Stadt, schlenderte über den Markt und landete schließlich in einem kleinen schäbigen Laden, der von ein paar Asiaten geführt wurde. Dort konnte man von Obst bis zu Hausschuhen vieles erwerben, unter anderen auch Pokemonkarten, die ich wie wohl so ziemlich jedes Kind sammelte. Mein Geld reichte nicht und so wartete ich, bis der kleine Mann gerade im Hinterzimmer war, dann schnappte ich mir ein Päckchen und wollte unauffällig heraus spazieren. Doch genau als ich meine Beute in meine Jackentasche stopfte, kam der Verkäufer hervor und sein Blick traf meine Hand. Auch in jungen Jahren war ich schon kein Freund von Auseinandersetzungen gewesen und spurtete raus. Doch der Asiate folgte mir und schimpfte hinter mir her. Jess dagegen war ein braves verträumtes Kind gewesen und gerade mit ihrem Fahrrad unterwegs. Sie hatte gerade angehalten, als ich um die Ecke rannte. Ihre Überraschung war groß, als ich plötzlich auf ihrem Gepäckträger saß und schrie: "Fahr los, fahr!!!" Die arme war zu Tode erschrocken, doch sie sprang regelrecht in die Pedale und raste davon, während der Ladenbesitzer von uns nur noch eine Staubwolke sah. Jess raste bis aus der Stadt heraus, bis wir nur noch baumgesäumte Felder vor uns hatten. Unter einem Baum hielten wir an, Jess war knallrot und schweißgebadet und keuchte wie eine Dampflokomotive. Ich dagegen sprang leichtfüßig ab. "Wovor... sind wir... abgehauen? ",japste Jess. Ich zeigte ihr meine Beute. "Hab ich geklaut.", prahlte ich stolz und riss die Folie auf. Begierig sah ich die bunten Karten durch und sah frustriert, dass ich bereits alle davon hatte. Also drückte ich sie Jess in die Hand. "Jetzt bist du meine Komplizin und wenn du mich verpfeifen willst,bist du auch mit dran."

Von da an hingen wir oft miteinander herum.
 

"Also, du hast dich unsterblich verliebt? ", fragte Jess scheinheilig und klimperte mit ihren Augen. Von dem braven kleinen Mädchen war nicht mehr viel übrig, Jess tat zwar nach wie vor nichts verbotenes, doch nun hatte sie mein schlechter Charakter bereits verdorben, zumindest was den Humor anging. Ich stellte pantomimisch dar, wie ich mich übergab. "In diesenSpasti verliebt sich noch nichtmal seine Mutter. Er hat mich gedemütigt und jetzt hab ich ihn erstmal am Hals. Was mach ich denn jetzt?" Jess überlegte laut: "Ihn töten? " "Nee, dann lässt mich der Eisenschmidt durchfallen." "Naja, wahrscheinlich wäre das auch ziemlich eklig, zumindest das ganze Leiche-Zerhacken und so. Also würde ich an deiner Stelle einfach zusehen, dass ich die Projektarbeit so schnell wie möglich hinter mich bringe und dann bist du den kleinen Scheißer los." "Aber ich kann ihn doch nicht sowas durchgehen lassen! Wo bleibt meine Rache?, lamentierte ich aufgebracht. Jess grinste. "Die kommt erst, wenn du ihn los bist. Geig ihm die Meinung, wenn du in Geschichte durch bist. Beeil dich einfach damit, dann hast du ihn nur ein Wochenende am Hals." Missmutig schob ich die Unterlippe vor. Jess war zu ausgetüftelten Racheplänen einfach nicht im Stande. Aber sie hatte Recht, ich musste den Kerl so schnell es ging los werden, danach konnte ich ihn auch noch für seine Sünden büßen lassen. "Gott sei Dank ist es nur dieses eine dämliche Projekt.", stimmte ich ihr zu. Jess wollte gerade etwas sagen, als meine Zimmertür geöffnet wurde. Das Lächeln meiner Mutter verrutschte etwas, als sie Jess auf meinem Bett hocken sah. Trotzdem begrüßte sie uns beide mit einem freundlichem Nicken und zu meiner Überraschung fragte sie Jess sogar, ob sie mit uns essen würde, die perplex (das dürfte das erste mal gewesen sein seit der Grundschule, dass meine Mom sie das gefragt hatte) stammelte, dass sie eigentlich gerade gehen wollte. Jess hatte es sich irgendwann angewöhnt zu verschwinden, wenn meine Mutter auftauchte. Doch auch, dass Jess ihre Einladung abgeschlagen hatte, tat ihrem Frohsinn keinen Abbruch. Irgendwas war faul. "Gibts was, Mom?", fragte ich misstrauisch. "Ach, nichts... die Schule hat gerade angerufen... ich bin so stolz auf dich. " Jess und ich erwiderten einen entgeisterten Blick. Diese Wortkombination war alarmierend ungewöhnlich. "Wieso?", bohrte ich nach. Meine Mutter strahlte. "Ich freue mich so, dass du freiwillig Verantwortung für etwas übernehmen willst. Mein Mädchen wird erwachsen. Ich war so überrascht zu hören, dass du nach der Schule mit alten Menschen Zeit verbringen willst." Erstarrt glotzte ich sie an und sie fuhr fort:" Die Sekretärin meinte, du hast auf deinem Antrag für den Beitritt dieser AG wohl übersehen, dass ich noch unterschreiben muss, aber ich hab selbstverständlich meinen Segen gegeben. Ich mache uns jetzt etwas zu essen und dann stoßen wir darauf an, dass du ein neues Hobby hast." Damit entschwand sie unseren Blicken und Jess sagte ungläubig: "War das Ludwig?" "Wer sonst?! Der Pisser meldet mich in seiner beknackten AG an?! Ich muss ihn vermöbeln!", schimpfte ich. Doch erneut hatte er mir bewiesen, dass er das größere Arschloch war.



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