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Sakura M - Ein Leben, ein Leid

Eine Tragödie in zwei Akten
von

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Langeweile

Langweilige Sonntage gehören zu den schlimmsten Wochentagen, die es nur geben kann. Ich meine, denken Sie mal darüber nach: An einem langweiligen Montag kann man immer noch sagen, man hätte einen schweren Start in die Woche gehabt und hat daher eine Entschuldigung, faul und nichtsnutzig herumzuliegen. Dasselbe gilt für den Dienstag, der eigentlich nur eine Verlängerung des Montags darstellt. Mittwochs ist bekanntermaßen Halbzeit und nach der Hälfte der Strecke darf man auch mal eine Pause machen, an Donnerstagen kann man sich auf den Freitag hinarbeitend freuen.

Dabei müssen Sie bedenken, dass viele Menschen in der Zeit immer arbeiten und so zumindest zeitweise dazu gezwungen sind, etwas zu tun.

Samstags kann man das zuvor schwer erarbeitete Geld dann für Firlefanz ausgeben, über dessen Erwerb man sich dann abends ärgert, aber immerhin ist das auch eine Art der Entspannung.

Warum der Freitag in diesen Schilderungen nicht auftaucht, fragen Sie sich?

Weil er irrelevant ist.

Es gibt keine schlechten Freitage, das ist mathematisch erwiesen.

Nun aber zurück zu dem heutigen Tage – einem friedlichen Sonntag.

An einem langweiligen Sonntag ist nichts Gutes zu finden. Oftmals muss man nicht arbeiten, die Läden haben auch geschlossen und die Leute, mit denen man sonst Zeit verbringen will, aber nicht kann, haben oft schon etwas vor.

Entgegen mancher Behauptungen kann man den Sonntag auch nicht zur Erholung nutzen, denn sich den ganzen Tag auszuruhen, erschöpft auch mehr, als dass es für ein Wiederauferstarken innerer Kräfte sorgt. Es hilft auch nicht, dass der nächste bevorstehende Tag wieder ein Montag sein wird und der ganze Kreislauf von Vorne beginnt. Man fühlt sich gezwungen, etwas zu tun.

Manche Leute fangen Neues an und werden kreativ, entdecken sich und ihre Interessen auf einer neuen Ebene.

Manche Leute spielen Videospiele oder sehen sich Filme an, die sie ohnehin schon in- und auswendig kennen und allein aufgrund dieser Tatsache mit dem Präfix „Lieblings“ ausstatten.

Manche Leute erinnern sich plötzlich an Dinge, die sie schon viel zu lange aufschieben und erledigen sie, das dabei entstehende Glücksgefühl hat schon so manch einen Faulenzer in einen Putzteufel verwandelt.

Tja, und dann gibt es da noch die Sorte Leute, die ihre Zeit damit totschlägt, die Zeit anderer Leute totzuschlagen.

Wurde nicht jeder von Ihnen auch schon einmal von jemandem grundlos angerufen? Die meisten dieser Telefonate beginnen mit „Na, wie geht’s?“, wobei damit in den wenigsten Fällen eine Nachfrage nach dem gesundheitlichen Zustand des Angerufenen erfolgen soll, im Mittelteil folgt darauf häufig ein „Joa, mir ist langweilig, was machst du so?“, in unterschiedlichen didaktischen Formen und Ausprägungen und statistisch gesehen lassen diese Telefonate zum Schluss häufig gleich zwei gelangweilte Menschen zurück.

Das oben aufgeführte Beispiel ist übrigens neuerdings auch häufiger im Kurznachrichten-Format vertreten, was wesentlich benutzerfreundlicher ist, da man es leichter ignorieren kann.
 

Was denn, Sie langweilen sich jetzt?

Großartig!

Dann sind Sie in der perfekten Stimmung, den Protagonisten dieser Lesung kennenzulernen.
 

Das Telefon in seinem Arbeitszimmer war Sonntags aus gutem Grunde ausgestöpselt. Wenn es auch nur einen Tag gab, an dem er keine Telefonate entgegen nehmen wollte, dann war es definitiv der Sonntag, da sich unser Protagonist in der wenig zuträglichen Situation befand, eine Vorgesetzte zu haben, die die Langeweile praktisch in jeden Sonntag fest mit einplante.

Der junge Mann von reifen 24 Jahren hatte in seinem Leben schon so vieles erreicht, was manche Menschen nicht einmal mit ihrem Lebenswerk erreichen konnten.

Er hatte sich das zwar nicht ausgesucht, aber die Tatsache, dass er von einer legendären Waffe ungebeten auserwählt worden war, hatte ihn praktisch automatisch zu einem Helden gemacht und glücklicherweise war das auch erst zu einer Zeit gewesen, zu der er seiner Aufgabe schon mit eine gewissen Reife begegnen konnte.

Das galt leider nicht verbindlich für alle, die sich Schlüsselschwertmeister schimpfen durften.

Der junge Mann hatte sich selber den Decknamen „Key“ ausgewählt – nein, nicht weil er das für außergewöhnlich „kuhl“ hielt, wie die jungen Leute zu sagen pflegen, sondern, da es in seinem Amt als „Weltenretter“ ziemlich von Vorteil war, für außenstehende Menschen so wenig greifbar wie nur möglich zu sein.

Eine Person aber konnte das nicht einsehen

Und ja, es war seine Vorgesetzte.

„Hey, Keychain, ich glaub', dein Tele ist kaputt!“

Diese unsägliche Verstümmlung der - ein lautes Husten unterbricht den Erzähler – Sprache konnte nur von einer einzigen Person ausgehen.

Victoria-Jacqueline, ihres Zeichens 14-jähriges, pubertierendes und äußerst nerviges Gör im Besitz eines Schlüsselschwertes und aufgrund von Vitamin B die Vorgesetzte von Key, stürmte seine kleine Wohnung durch das offen stehende Fenster und blickte ihn an, so als wolle sie für diese scharfsinnige Schlussfolgerung gelobt werden.

„Victoria, das-“

„Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du mich „Tory“ nennen sollst?“

„Der Name ist doch-“

„Ich bin deine Vorgesetzte und das war ein Befehl!“, verkündete Tory mit lauter Stimme und blickte ihn ernst an, aber das hielt sie nur für wenige Sekunden aus, dann musste sie schon wieder kichern.

„Wie du gerade geguckt hast, Keychain, zu geil!“

„Was willst du?“, fragte Key mit einem leisen Seufzer. Nach einem halben Jahr hatte er es mittlerweile aufgegeben, sich seiner Vorgesetzten erklären zu wollen. So erduldete er sogar die unnötige Verlängerung seines Decknamens, die sich Tory ausgedacht hatte.

„Mir ist langweilig und-“
 

Pausieren wir die Erzählung an dieser Stelle kurz, nicht etwa, um ein Produkt zu bewerben, das einem wundervoll-glänzende Haare wie die des Protagonisten verlieh – ein glänzendes Rabenschwarz – sondern, um kurz auf die vorangegangene Erklärung der Langeweile zurückzukommen.

Ich muss mich bei Ihnen für diesen Nachtrag entschuldigen, eine weitere, wichtige Gruppe von Menschen mit Langeweile war mir entfallen.

Es handelt sich dabei um einen verschwindend kleinen Prozentanteil, deshalb wird er Allgemeinen sowohl von Statistiken, wie auch von Erzählern häufig vergessen.

Es gibt einige Menschen, die bei Langeweile destruktiv reagieren können, die sich furchtbare Dinge einfallen lassen, die oft schlimmer als die Langeweile selbst sind.

Zu den Dingen, die diese Menschen hervorgebracht haben, gehört auch die hohe Kunst des-
 

„MSTingen!“
 

Eigentlich war ich noch nicht fertig, aber nun gut.
 

„Kannst du auch vollständige Sätze bilden, Tory?“, fragte Key und massierte sich seine Schläfen, um ihr zu demonstrieren, wie er sich gerade fühlte, aber entweder nahm sie das nicht wahr, oder sie wollte es schlichtweg nicht.

„Das bedeutet eigentlich nur, dass du mit mir zusammen eine Geschichte liest.“

Diese doch recht unvollständige Definition eines MSTings ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass Tory gar nicht vorhatte, eines zu verfassen.

Sie wollte bloß vorgelesen bekommen.

Puh, nochmal Glück gehabt, Keychain.



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