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Auf den zweiten Blick

von

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Nicholas‘ Bedenken

Als Luca am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich so erholt, wie schon seit Tagen nicht mehr. Wohlig seufzend kuschelte er sich an die Wärmequelle in seinem Bett und schloss die Augen, um noch ein wenig vor sich hin zu dösen. Jetzt, wo seine Gedanken durch den Schlaf noch etwas ver-nebelt waren, hatte er keine Schwierigkeiten damit. Er malte mit dem Finger gedankenlos irgendwelche Buchstaben auf die nackte Brust seines Bettgefährten.

„Meine?“, kam es nach einer Weile hörbar belustigt von Nicholas.

Der Blonde errötete leicht. Eigentlich hatte er nicht vorge-habt, das zu schreiben.

„Morgen“, sagte Nicholas, „Wie hast du geschlafen?“

„Ganz gut“, antwortete Luca. Jetzt noch weiterzuschlafen, würde keinen Sinn mehr machen, also setzte er sich im Bett auf und streckte sich ausgiebig. Dabei bemerkte er ein leich-tes Ziehen an einer recht eindeutigen Stelle. Schlagartig kam die Erinnerung von letzter Nacht zurück. Er schaute erschro-cken an sich herunter und das Blut schoss ihm in den Kopf. Die Decke war verrutscht und er hatte freie Sicht auf die untere Hälfte seines Körpers. Schnell schnappte er sie sich, um seine Blöße zu bedecken.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Nicholas, der sich ebenfalls aufgesetzt hatte.

Luca nickte. Er bezweifelte, dass er gerade in der Lage war, einen verständlichen Satz herauszubringen, und inzwischen hatte sein Gesicht bestimmt die Farbe einer reifen Tomate.

„Bist du sicher?“ Jetzt klang der Schwarzhaarige besorgt. Er beugte sich zu ihm herüber und strich ihm die blonden Lo-cken aus dem Gesicht.

Wieder nickte Luca. Er verstand nicht ganz, was sein Freund von ihm wollte.

„Habe ich dir wehgetan?“

Verwirrt blickte Luca den Schwarzhaarigen an. Dann schüt-telte er langsam den Kopf. Warum fragte Nicholas das alles?

Als sein Bettgefährte kurz schwieg, ließ Luca sich zurück aufs Kissen fallen, ehe er sich die Decke bis ans Kinn zog.

„Habe ich dich bedrängt?“, fragte Nicholas weiter, „Wolltest du gar nicht…“

„Nein!“, unterbrach Luca ihn, froh endlich wieder seine Stimme gefunden zu haben.

Erst als er das entgeisterte Gesicht seines Freundes sah, bemerkte er, dass er sich nicht eindeutig ausgedrückt hatte und leicht falsch zu verstehen war.

„Es tut mir leid, wirklich.“ Nicholas sah richtig niederge-schlagen aus. „Ich wollte nicht.“

Luca packte ihn an der Schulter und zog ihn zurück aufs Bett. Er legte Nicholas die Hand auf den Mund, wodurch der Redeschwall des Schwarzhaarigen stoppte. Dann rutschte er an ihn heran. „Wie kommst du auf diese bescheuerte Idee? Glaubst du wirklich, ich hätte das gestern zugelassen, wenn ich es nicht auch gewollt hätte? Wenn ich nicht einverstan-den gewesen wäre, hätte ich mich schon bemerkbar ge-macht!“

Danach nahm er die Hand vom Mund seines Freundes.

Einen Augenblick lang schaute der Schwarzhaarige ihn ver-wundert an, dann begann er, ihm neue Fragen zu stellen: „Warum benimmst du dich dann so komisch?“

Luca wusste nicht, ob er Lachen oder Weinen sollte. War das Nicholas‘ Ernst?

„Das war mein erstes Mal“, fauchte Luca mit hochrotem Kopf, „Es ist mein gutes Recht, mich ‚komisch‘ zu benehmen, ohne dass du gleich irgendwelche falschen Schlüsse ziehst!“ Er zog sich die Decke über den Kopf und vergrub sein Gesicht zwischen Decke und Nicholas‘ freiem Oberkörper. Ihm war das total peinlich. Hätte er gekonnt, wäre er im Boden versunken. Aber da dieser sich nicht auftat, musste eben die Decke herhalten.

„Luca?“, fragte Nicholas nach einer Weile und versuchte, die Decke ein Stück anzuheben, um darunter schauen zu kön-nen.

Aber Luca wollte noch nicht wieder mit ihm sprechen. Also hielt er die Decke fest und legte sich sogar mit einem Arm darauf. Er wusste, er benahm sich lächerlich, aber er konnte einfach nicht anders.

Natürlich hatte ihm die Nacht gefallen, sehr sogar. Nur hatte er sich so sehr gehen lassen, dass ihm das im Nachhinein peinlich war und die indiskreten fragen seines Freundes trugen nicht gerade zur Besserung der Situation bei.

Nicholas seufzte. „Entschuldige, ich wollte dich nicht in Ver-legenheit bringen.“

Der Blonde wartete noch ein wenig, dann ließ er die Decke wieder los und lugte vorsichtig darunter heraus.

Es klopfte an der Tür und jemand trat herein.

Luca musste die Decke zurückschieben, um zu sehen, wer es war. Eigentlich war das nicht nötig. Er konnte die Nina und Peter am Gang auseinanderhalten, weswegen er gleich gewusst hatte, dass sein Vater das Zimmer betreten hatte.

„Guten Mor-“ Peter stoppte mitten im Wort. Sein Blick glitt durch das Zimmer, verweilte kurz am Bett und blieb am Durcheinander vor dem Bett hängen. Die Klamotten lagen noch so, wie sie sie gestern hatten fallen lassen. Dazwischen die Flasche mit dem Gleitgel und die Schachtel mit den Kon-domen. Nur schien besagte Schachtel gestern umgefallen zu sein, denn ihr Inhalt war über den gesamten Boden vor dem Bett verteilt.

Luca beobachtete, wie sich Peters Augen leicht weiteten und er verlegen den Blick abwandte. Ihm war klar, dass sein Vater wusste, was sie in der Nacht getan hatten. Es wäre auch wunderlich gewesen, wenn nicht, bei den ganzen Indi-zien, die sie auf dem Boden verstreut hatten.

„In einer halben Stunde gibt es Frühstück, falls ihr vorher duschen wollte“, sagte Peter, ehe er beinahe schon flucht-artig das Zimmer verließ.

Nicholas streckte sich ausgiebig, ehe er sich von Luca löste und aus dem Bett kletterte. Unbekleidet, wie er war, lief er ins Bad. Er nahm sich noch nicht einmal Wechselkleidung mit.

Ihm schien es nichts auszumachen, nackt vor seinem Freund herumzulaufen. Auch als Peter eben hereingekommen war, hatte er sich nicht gerührt.

Luca dagegen wäre vor Scham fast vergangen. Ein kleinwe-nig beneidete er seinen Freund, dass er es so locker sehen konnte, als er sich ein unbenutztes Badetusch aus dem Schrank fischte und sich um die Hüfte wickelte, um sich zumindest notdürftig zu bedecken.

Der Blonde wartete, bis Nicholas fertig war mit Duschen, ehe er selbst mit neuen Klamotten in der Hand sein Bad betrat und hinter sich die Tür abschloss. Er wusste, das war lächerlich, schließlich hatte Nicholas bereits alles gesehen, was er zu bieten hatte, aber so fühlte er sich einfach wohler.

Da nicht mehr viel Zeit bis zum Frühstück war, beeilte er sich, und als er das Bad wenige Minuten später wieder ver-ließ, deuteten nur seine nassen Haare darauf hin, dass er eben geduscht hatte.

Nicholas kommentierte sein Verhalten mit keinem Wort, wofür Luca ihm wirklich dankbar war. Gemeinsam verließen sie Lucas Zimmer und machten sich auf den Weg in den Speiseraum.

Nina stellte gerade die letzten Gläser auf den Tisch und Ute brachte einen Teller mit Eierkuchen. Dazu gar es frische Brötchen und eine für Luca riesige Auswahl an Brotaufstri-chen.

„Morgen“, grüßte der Blonde sie beiden Frauen.

Peter schien ihnen nicht erzählt zu haben, was er eben ge-sehen hatte, worüber Luca froh war. Das Ganze war schon so peinlich genug. Wie schon beim letzten Mal, als Peter sie zu Weihnachten erwischt hatte, schaffte der Mann es nicht, seinem Sohn in die Augen zu sehen.

Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn Nina sie ver-sucht hätte zu wecken. Die junge Frau schien das deutlich weniger zu stören.

„Dad?“, fragte Luca vorsichtig.

Noch immer schaffte der Mann es nicht, ihn wirklich anzu-sehen. Zwar schaute er in seine Richtung, aber Luca wusste, er fixierte einen Punkt schräg hinter ihm. „Wirst du mir jetzt wieder aus dem Weg gehen?“

Nina schaute, sichtbar verwirrt, zwischen ihm und ihrem Verlobten hin und her. „Ist etwas passiert?“

Peter schüttelte den Kopf. „Es ist alles in Ordnung.“ Er wandte sich an seinen Sohn. „Ich bin nur etwas überrascht. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ihr zwei so schnell…“

„Hat sich so ergeben“, murmelte Luca. Er spürte, wie er wieder errötete. Heute war echt nicht sein Tag.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  tenshi_90
2015-01-29T09:25:37+00:00 29.01.2015 10:25
Ach herrje... Ich kann Lucas Reaktionen irgendwie sehr gut nachvollziehen. Ich hoffe, Nicholas nimmt es ihm nicht allzu übel, dass er n bissl durcheinander ist.

Ich denke mal, dass Peter das gesehene erstmal verarbeiten muss. Aber ich denke, er wird damit schon klar kommen.

Was machen eigentlich die anderen? Also die Zwillinge und so? Von denen hat man auch lang nichts mehr gehört
Antwort von:  Seira-sempai
09.04.2015 21:03
Mir ist gerade aufgefallen, dass ich auf die letzte Kommis noch gar nicht geantwortet habe.
Manchmal bin ich echt ein Schussel. Schande auf mein Haupt!

Nun ja, Peter wird es überleben. Ich bin mir sicher, viele Eltern (auch von heterosexuellen Paaren) hätten ähnlich reagiert.


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