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Hanna

Plötzlich warst du da
von

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Tage ohne Ende

Titel: Hanna

Autor: Ti-chan

Feedback: per ENS oder an Shadow.of.the.Moon@gmx.net

Warnings: shoujo-ai (Liebe zwischen Mädchen), sad, depri, angst

Widmung: an meine Leser, comments sind natürlich immer willkommen ^^
 

Zur Erklärung:

//...//: die nervige kleine Hinterkopfstimme, die immer ihren blöden Comment abgeben muss

*...*: Erinnerung, auch Flashback

,...' : was Ayanami manchmal so denkt (eigentlich Unsinn, weil der ganze Text hauptsächlich aus ihren Gedanken besteht und ich nicht alles in ,...' setzte)

"..." : Gesprochenes
 


 

3. Tage ohne Ende
 

Schon wieder ein Schultag. Seit dem verhängnisvollen Freitag, an dem ich Minami meine Liebe gestanden habe, sind mir die Schulstunden zu einer einzigen Qual geworden. Die anderen machen mich zwar nicht mehr so offensichtlich fertig, sondern beschränken sich auf "kleine Gemeinheiten". Das drückt sich so aus, dass kein Mensch mehr mit mir redet, mir keiner hilft, wenn ich aufgerufen werde und nichts weiß; oder dass sie zu tuscheln und zu kichern anfangen, wenn ich in ihre Nähe komme. Außerdem scheinen sie auf jeden, noch so kleinen Fehler von mir zu lauern um mich dann auszulachen. In den Pausen bin ich immer allein, möglichst weit weg von den anderen.

Die anderen, das ist nicht nur die Clique, sondern mittlerweile scheinen es alle Leute zu sein, die ich kenne. Doch wirklich schlimm sind eben Minami und Sakira Yana, ihre neue beste Freundin. Sie war schon seit langem meine Rivalin, auch wenn ich das nicht so wahrgenommen habe. Sie hat immer versucht mich wegzudrängen, hat Minami angebetet, alles gemacht, was diese verlangt hat.

Na ja, wenn ich ehrlich zu mir bin, war ich genauso. Nein, das stimmt nicht ganz. Ich würde noch immer alles für Minami tun. Ich kann mich nicht dagegen wehren...

Jeden Tag, wenn ich sie sehe, frage ich mich das Gleiche: "Warum?" Ich hoffe auf eine Antwort, aber ich schaffe es nicht, die Frage überhaupt an jemanden zu stellen. An jemand anderen als mich. An Minami.

Ich will noch einmal mit ihr reden. Ich will ihr alles erklären. Aber sie gibt mir keine Chance. Sie will mir keine geben. An manchen Tagen denke ich darüber nach, zu ihr zu gehen. Sie auf diese Weise zu zwingen, mir meine Antworten zu geben. Aber dann durchflutet mich Angst. Immer wieder diese Angst. Ich kann sie nicht bezwingen, es ist eher umgekehrt. Sie beginnt mich zu kontrollieren.

Nur ein einziges Mal in diesen vier Wochen habe ich es geschafft, diese Blockade zu brechen. Aber... mein Handeln hat mir nur gezeigt, wie wenig ich die Grausamkeit der Wahrheit kenne...
 

Es war Montag, eine neue Schulwoche mit neuen Gemeinheiten hatte begonnen.

Fast muss ich über mich selbst lächeln. Ist das alles schon zur Routine geworden? Es kommt mir so vor. Ist es nicht jeden Tag dasselbe? Jeden Tag die gleiche Qual? Sie jeden Tag zu sehen, ihre Verachtung, ihren Hass, das alles soll mir egal geworden sein? In drei Wochen? Nein. Es tut jeden aufs Neue weh, doch es ist egal, ob der Schmerz aus einer neuen, frisch erhaltenen oder eine alten, wieder aufgerissenen Wunde kommt. Es tut alles gleich weh. Alles.

Doch gestern hat sich mein Körper noch einmal aufgebäumt. ,Du wirst noch nicht aufgeben! Noch nicht!' Der stumme Schrei gab mir Kraft, er ließ mich etwas tun, von dem mich meine Angst bis zu diesem Zeitpunkt abgehalten hatte.
 

*Flashback*
 

Montagabend. Die Sonne war gerade dabei unterzugehen und überflutete alles mit ihrem rotgoldenen Licht, während ich vor einer Haustür in einem ganz normalen Haus stand. Vor einer Tür, die wie jede andere war.

Auf viele Menschen würde es wahrscheinlich so wirken. Nicht auf mich. Die Tatsache, dass ich vor dieser Tür stand, war ein letztes Zeichen, dass ich noch nicht aufgeben würde. Ich musste es tun. Erst dann würde die bösartige Stimme in meinem Kopf Ruhe geben, mir zugestehen, dass ich auch diese Möglichkeit ausgeschöpft hatte. Es bedeutete zwar eine Rechtfertigung vor sich selbst, aber ich sah einfach keine andere Möglichkeit.

Nur Gott (und vielleicht auch ein neugieriger Nachbar) wusste, wie lang ich schon vor der weißen Tür stand und sie einfach nur anstarrte. In meinem Kopf wirbelten unzählige Gedanken umher. Doch ich hatte nicht die Konzentration auch nur einem von ihnen nachzuhängen.

Langsam hob ich meine Hand. Sollte ich klingeln? Ich wusste, es konnte danach besser werden - oder aber auch schlimmer... . Also... war es das wert? //Feigling...// Die nervige Stimme lachte mich aus. //Du kommst hierher, hast es _sogar_ bis zur Haustür geschafft und willst jetzt wieder gehen? Was soll das Theater? Tu es doch endlich! Vielleicht kapierst du dann die Wahrheit!// Die Wahrheit...

Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, hatte ich schon geklingelt.
 

*Flashback-Unterbrechung*
 

Verdammt, ich will mich nicht mehr daran erinnern. Ich will nicht mehr wissen, was danach passiert ist, was alles schiefgelaufen ist! Doch ich kann es nicht zurückhalten, meine Erinnerungen schießen an meinen Augen vorbei, zeigen mir noch einmal mit grausamer Deutlichkeit jedes Wort, jede Handlung, jeden Fehler...
 

*Flashback*
 

Minamis Mutter öffnete, ihr Lächeln gefror, als sie mich erkannte. Anscheinend hatte meine ehemals beste Freundin auch ihr gegenüber nicht geschwiegen und - was noch schlimmer war - diese schien mit Minami einer Meinung zu sein. ,Scheiße...' "Was willst _du_ hier?" "Gomen nasai, ich... ich wollte noch einmal mit Minami sprechen... es ist wichtig..." "Wichtig? Soso. Minami ist nicht da." "Oh..." Ich blickte betreten zu Boden. Mir war klar, dass Frau Sakamuto mich von ihrer Tochter fernhalten wollte, denn ich wusste, dass Minami daheim war. "Kann ich sonst noch etwas für dich tun?" Die falsch-freundliche Stimme machte mich traurig. War ich denn wirklich bei _allen_ Leuten unten durch? Es schien so.

Ich schluckte schwer und war gerade im Begriff zu gehen, als ich eine mir allzu vertraute Stimme aus der Wohnung hören konnte. "Wer ist denn gekommen?" rief sie und kam schon zur Tür.

Minami! Wie eine Erscheinung stand sie vor mir, ließ mich für einige Augenblicke sprachlos werden. Unbewusst ließ ich meine Augen ganz langsam an ihr hinaufwandern. Sie war barfuss, trug einen kurzen Jeansrock, der einen trendigen Schnitt hatte und darüber ein weißes Top, das im Highschool-Look gehalten war [1]. Ihre honigblonden Haare umflossen sanft ihr Gesicht und wurden von dem leichten Zugwind, der durch die geöffnete Tür und irgendein offenstehendes Fenster der Wohnung entstanden war, ein wenig verweht.

Und besonders in diesem Moment war sie für mich das hübscheste Wesen der Erde. "Minami..." In meinem Unterbewusstsein würde dieses Bild von ihr für immer bewahrt werden.

"Oh... du." Diese Worte ließen mich wieder aus meinem Trance-Zustand erwachen. "Ähm... ja. Ich... ich wollte... noch einmal mit... mit dir reden." Wieso ging mir das nur so schwer über die Lippen? An dem Satz war doch nichts Schlimmes gewesen, oder? Innerlich seufzte ich auf. Das blonde Mädchen vor mir brachte mich nun mal um den Verstand...

"Also dann, Minami. Ich muss los. Denk aber nicht, dass du deshalb länger wegdarfst", sagte Frau Sakamuto noch bevor sie verschwand. Für mich hatte sie keine Silbe mehr übrig. Doch das rührte mich nicht, denn meine Gedanken waren auf die Tatsache konzentriert, dass ich mit Minami allein war. Endlich war die Gelegenheit für mich da, Antworten auf meine Fragen zu bekommen.
 

Stumm saßen wir auf der Couch vor dem Fernseher und starrten angestrengt zur Seite. Ich wusste nicht, wie ich beginnen sollte und Minami schien überhaupt keine Lust auf ein Gespräch mit mir zu haben. Aber wenigstens hatte sie mich reingelassen. "Hör mal, ich hab jetzt eine Verabredung. Wenn du noch weiter rumsitzen willst, tu das woanders. Ich gehe." "Nein. Warte, Minami..." "Wieso sollte ich? Zwischen uns ist doch schon alles gesagt. Ich will nichts mit Lesben zu tun haben! Also lass mich in Ruhe." "Nein... noch nicht... bitte." Ich war ebenfalls aufgestanden und hielt sie an ihrem Handgelenk fest. "Ich bin hierher gekommen, weil ich Antworten von dir haben wollte." "Antworten? Die kannst du haben: NEIN! Ich will nichts mit jemandem wie dir zu tun haben, das sagte ich doch schon!" Das würde definitiv schwerer werden, als ich gedacht hatte. Wieso konnte sie mir denn nicht wenigstens ein bisschen entgegenkommen? "Wieso hast du es all den anderen erzählt?" Ein scharfer Blick erreichte mich. "Sollte ich es ihnen vorenthalten? Meinst du, es ist angenehm zu wissen, dass man bei Duschen von seiner eigenen Freundin bespannt wird?" "Das habe ich nie getan!" "Ja, klar." Sie glaubte mir nicht, doch ich konnte ihr das irgendwie nicht verübeln. "Warum machst du dich über mich lustig? Glaubst du, dass mich das nicht verletzt?" Minami trat ganz nah an mich heran. Ich konnte spüren wie ihr Atem warm und sanft über mein Gesicht strich... Ob sich ihre Lippen wohl genauso anfühlten? Wenn ich das doch je wissen dürfte...

Aber die nächsten Worte holten mich brutal in die reale Welt zurück. "Es ist mir egal, ob es dich verletzt... du hast es nämlich nicht anders verdient!"
 

Meine Augen weiteten sich. "Was...?" Nur ein leiser Hauch kam aus meiner Kehle. ,Nein... nein, das hat sie nicht gesagt... nein... oh bitte nein...'

Dieser eine Satz hatte es geschafft.

Er hatte sich gewaltsam einen Weg durch meine Schutzwälle gebahnt, mein Herz gepackt und herausgerissen.

"Ich verabscheue dich!" Langsam und genüsslich.

"Du widerst mich an!" Er warf es zu Boden, beschmutzte es, zertrat es.

"So etwas wie dich darf es nicht geben!" Hob es auf und schmiss es wieder zurück in meinen Körper.

"Ich habe es den anderen erzählt, weil sie wissen sollen, was du bist." Eine Tat der völligen Verachtung.

"Weißt du, was du bist?" Mein Herz war wieder da, wo es sein sollte.

"Verachtenswert. Unnormal. Abartig." Aber es war zerstört.

"Eine _Lesbe_." Nicht nur zerbrochen, sondern vernichtet.

"Warum... warum tust du mir das an... Minami..." Sie stand immer noch vor mir, ihre Augen in meine gebohrt. Ihr Blick sagte mir, dass sie genau wusste, dass sie mich gebrochen hatte.

"Verschwinde. Ich will dich hier nie wieder sehen." Und ich ging.

Die gebrochene Seele, zurückgelassen in den Trümmern meines Selbst, hinterließ Schmerzen in mir, die mich in einem traumartigen Zustand hielten bis ich endlich daheim angekommen war und in einen tiefen Erschöpfungsschlaf fiel.
 

*Flashback-Ende*
 

Die letzte Chance, das letzte Körnchen Hoffnung war weggeschwemmt worden. Ich hatte sie mir selbst genommen. Und jetzt bin ich wieder auf dem Weg zur Schule, auf dem Weg zu neuen Qualen, die ich mir selbst bereitet habe. Innerlich lache ich bitter auf. Was soll das alles eigentlich? Kann mir jemand eine Antwort darauf geben? Wieso gibt es Menschen wie mich, die sich alles selbst verwehren? Wieso darf es solche Personen überhaupt geben? Damit man seinen eigenen Schmerz auf sie abladen kann? Müssen wir leben um auch glücklichen Menschen die Existenz zu ermöglichen? Ich weiß es nicht, aber es erscheint mir als die einzige Erklärung, die sinnvoll wäre. ,Sinnvoll...' Ein innerliches, verbittertes Lachen erreicht mein Gehirn. ,Sinnvoll?!' Ja. So sinnvoll wie mein Leben. Ein Leben ohne Hoffnung.

Ich gehe alleine zur Schule, niemand begleitet mich. Sie vermeiden es, zur selben Zeit wie ich loszugehen. Sie meiden mich. Doch es ist mir egal. Ich habe zwar keine Freunde und keine Hoffnung, den Glauben an mich habe ich schon lange verloren. Zurück bleibt ein Körper, der jeden Tag das Gleiche macht, der nichts mehr fühlt.

Ist aus mir eine seelenlose Hülle geworden? Habe ich es so weit kommen lassen? Ja. Denn es ist keiner da, der mich davon abhält. Nur meine Erinnerungen. Sie gaukeln mir Illusionen vor. Sie halten mich im Leben. *Erinnerungen sind etwas armseliges...* [2] Ja. Das mag stimmen. Aber sie werden wertvoll, wenn man sonst nichts mehr hat.
 

[1] Kann man sich das vorstellen? ... okay, es is blöd beschrieben, aber das kann ich eben nicht besser
 

[2] Zitat aus einem meiner Lieblingsbücher



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2003-07-01T21:14:00+00:00 01.07.2003 23:14
Oh Gott das war ja total hart! Ich glaube ich würde so etwas net verkraften...
Von:  Gurgi
2003-06-22T10:52:59+00:00 22.06.2003 12:52
Hi!

Also, ich finde du hast dir da wirklich um sonst einen Kopf gemacht. Finde die Geschichte nach wie vor immer noch genauso gut wie ich auch schon in meinem letzten Kommentar gefunden habe. Kann mich Th3Ripp3r nur anschließen, sehr traurig...und JA man kann sich das schon vorstellen ^__~
Hoffe dann bald auf das nächste Kapitel.

Liebe Grüße seen
Von:  Th3Ripp3r
2003-06-21T13:10:56+00:00 21.06.2003 15:10
Hm, die arme Ayanami ;_; Irgendwie zieht mich der FF-Verlauf ebenfalls depri... Deswegen: Lass bloß schnell etwas gutes passieren^^


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