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Our Bond

von

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3. Jahr der Duellakademie

Stillschweigend saß er am Rand der Klippe und starrte auf seine Hände. Er schmeckte den salzigen Geschmack des Meeres, seine Füße baumelten über den steinigen Rand der Klippe. Er hörte, wie sich die Wellen bewegten und gegen die Felsen preschten. Weiße Gischt spritzte meterhoch in die Luft und ein leichter Nieselschauer ging auf ihn nieder. Ein einsamer Vogelruf war zu vernehmen.

Frischer Wind umspielte sein Haar, wehte ihm immer wieder Strähnen ins Gesicht, bei denen er sich nicht die Mühe machte, sie zurück zu streichen. Seine Finger glitten immer wieder über die kleinen Steinchen neben ihm, nahmen sie auf, umfassten sie, und spielten mit ihnen, ließen sie aber dann die Klippe hinunter gleiten.
 

Er zog seinen schwarzen Mantel enger um sich und leckte sich über seine trockenen Lippen. Wie lange saß er schon hier? Wieso war er überhaupt hergekommen?

Er seufzte. Er wusste den Grund nicht. Es war so, als wäre er hierher magisch angezogen worden. Als ob seine Füße sich wie von selbst bewegt hätten, wie durch Zauberei.

Sein Blick glitt über die Klippen. Gewaltige Felsformationen, abgeschliffen durch die Zeit und das Wasser, ragten majestätisch aus dem Meer hervor. Am Horizont konnte er die Silhouette eines Schiffes ausmachen.

Ein leises Seufzen entfuhr erneut seinen Lippen. Das dritte Jahr neigte sich langsam dem Ende zu. Vor seinem geistigen Auge spielte sich seine Schulzeit ab. Seine ganzen Erlebnisse, seine Erfahrungen, die er gemacht hatte. Und dann natürlich.. er unterbrach seine Gedanken und schüttelte den Kopf. Er lehnte den Kopf in den Nacken und starrte gen Himmel.

Wie würde seine zukünftige Karriere aussehen? Genug Sponsoren hatte er. Nach langem Abwägen hatte er sich für einen entschieden. Ob dies die richtige Wahl gewesen war, würde sich für ihn noch herausstellen. Doch die Prüfungen waren bereits alle geschrieben, bald würden die Ergebnisse feststehen. Die Schulzeit an der Akademie wäre dann vorbei und er würde anfangen, sich als Profi-Duellant hochzuarbeiten. Sein Blick senkte sich. Er hatte alles aus eigener Kraft geschafft. Nun, vielleicht auch mit etwas Hilfe von seinem Lehrer. Doch sonst... Er konnte stolz auf sich sein. Endlich war er nicht mehr abhängig.
 

Bald waren es drei Jahre. Drei Jahre, seit der Kontakt zu seinen Brüdern abgebrochen wurde. Sie hatten ihn verstoßen, er war laut ihnen eines Manjoumes nicht mehr würdig. So ein Unfug. Er war ein Manjoume, ohne Zweifel. Sonst würde er jetzt nicht hier sitzen.

Damals, bei dem Schulduell hatten sie ihn vor allen gedemütigt. Er fühlte immer noch den Schmerz der Abweisung. Daher war er auch zur Akademie zurück gekehrt. Denn hier war seine wahre Familie gewesen. Seit diesem Tag an war es beschlossene Sache. Es fiel ihm schwer, dies alles hinter sich zu lassen. Er musste nun weiter. Auch die anderen hatten sich bereits um ihre Zukunft Gedanken gemacht, Bewerbungen versendet und sich vorbereitet.

Er senkte traurig den Blick. Wie er die Ferien bei Judai und Fubuki vermissen würde. Es war schön gewesen, bei ihnen zu sein. Sie hatten viel Spaß miteinander gehabt. Noch nie hatte er die Ferien so genossen. Nach Hause zu seinen Brüdern war er nicht wiedergekehrt. Obwohl er viele Briefe von ihnen erhalten hatte, in denen er dazu aufgefordert wurde, zurückzukommen. Das hatte er zumindest angenommen. Gelesen hatte er die Briefe nie. Wozu denn auch?
 

Das Verhältnis zu seinen Brüdern war eingefroren. Und das war auch okay so. Schließlich waren sie diejenigen gewesen, die sich von ihm abgegrenzt hatten. Das letzte Mal hatte er die beiden beim Duell um die Akademie gesehen. Als er einen glorreichen Sieg davon getragen hatte. Kurz nach diesem Duell hatte er sich in die Slifer-Unterkunft verzogen. Länger hatte er ihnen nicht ins Gesicht schauen wollen. Interessiert an ihm waren sie sowieso nicht mehr. Dass sie sich überhaupt mit ihm duellieren wollten. Wahrscheinlich hatten sie vorgehabt, ihn vor der gesamten Schule zu erniedrigen. Doch diese Genugtuung hatte er ihnen nicht gegeben. Er hatte gesiegt, gegen seine Brüder. Wie viel Stolz er damals gefühlt hatte. Wie alle „Thunder“ nach ihm gerufen hatten. Ein kleines Lächeln schlich sich über seine Lippen. Ja, damals hatte er sich zum ersten Mal wirklich wertvoll gefühlt. Er hatte gesehen, dass er in der Lage war, es zu etwas zu bringen. Ohne seine Brüder.

Er schnaubte abfällig. Nein, sie konnten ihm gestohlen bleiben. Angekrochen würde er nicht kommen. Sie meinten, er wäre das schwarze Schaf in der Familie – gut, dann war er es eben für sie. In den letzten Jahren wuchs das Gefühl des Schmerzes zu Gleichgültigkeit. Es gab diese Brüder für ihn nicht mehr. Seine Familie war hier. Seine Freunde würde er niemals vergessen. Nie. Sie waren ihm so viel wichtiger als seine eigenen Brüder. Denn er musste ungern zugeben, dass vor allem Judai für ihn die wichtigste Person seines Lebens wurde. Der Slifer hatte stets zu ihm gehalten, ihn unterstützt, wo er nur konnte. Eher war Judai ein Bruder.

Nicht Chosaku oder Shoji.

Die Namen der beiden hörten sich seltsam an. Chosaku und Shoji.. All die Zeit an der Akademie hatte er sie aus seinen Gedanken gebannt. Hatte ihre Namen nicht einmal in den Mund genommen. Wieso also ausgerechnet heute? Es war ein Tag wie jeder andere auch. Er saß an der Klippe, schaute auf das Meer und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Warum also? Er konnte es sich einfach nicht erklären. Immer wieder durchkämmte er seinen Kopf, nach einer Lösung suchend, die jedoch nicht greifbar war. Egal, wie weit er seine Hand danach ausstreckte, er fand sie nicht.
 

Er lehnte sich etwas zurück und lauschte lediglich dem Spiel der Wellen. Erst jetzt merkte er, wie kostbar seine restliche Zeit an der Akademie war. Er musste sie noch gut ausnutzen, ehe es zu spät war. Das Rauschen des Wassers strömte Ruhe aus. Er genoss die Geräusche der Natur und ließ die Zeit verstreichen.
 

Manjoume wurde aus seiner Trance gerissen, als er Schritte hörte, die auf dem felsigen Boden knirschten. Es war draußen noch hell, doch am Horizont begann es langsam zu dämmern. Langsam neigte er seinen Kopf leicht zur Seite. Zuerst erkannte er die Gestalt nicht, aber als sie direkt neben ihm war, zuckten seine Mundwinkel leicht nach oben.
 

„Judai.“

Sein Gegenüber nickte ihm lächelnd zu.

„Hey. Hier bist du also. Was machst du hier so alleine?“

Er zuckte mit den Schultern.

„Nichts. Nachdenken.“

Judai nickte. „Verstehe.“

Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann sagte Manjoume:

„Ich kann es immer noch nicht fassen, dass wir bald von dieser Schule gehen und ein neues Leben anfangen.“

„Stimmt.“

Inzwischen hatte es Judai sich neben ihm bequem gemacht. Der Slifer Red starrte gebannt auf das Meer und lauschte den Wellen. Manjoume beobachtete aus dem Augenwinkel, wie der Brünette nervös seine Finger knetete.

Er hob skeptisch eine Augenbraue. Judai war viel zu leicht zu durchschauen.

„Was ist los?“

„Also.. es ist ein Brief für dich angekommen..“

„Ein Brief?“

„Ja. Wie gesagt, an dich adressiert. Von…“, er machte eine kleine Pause, „… deinen Brüdern.“ Unberührt blickte Manjoume seinen Freund an.

„Und? Was sagt das mir jetzt?“

Judai holte tief Luft und holte einen weißen Briefumschlag heraus.

„Hier. Für dich.“

Desinteressiert beäugte Manjoume den Umschlag. „Ich glaube nicht, dass mich das irgendetwas angeht.“

„Doch! Tut es! Er ist von deinen Brüdern! Wieso liest du ihn nicht?“

Er zuckte mit den Achseln.

„Sie haben mich verstoßen, schon vergessen? Ich werde doch nicht wieder angekrochen kommen, um von ihnen direkt wieder runtergemacht zu werden.“

„Aber es sind deine Verwandten! Ich weiß, dass sie gemein zu dir waren! Doch seit deinem Duell gegen Chosaku, da.. ich weiß nicht, ich hatte das Gefühl, dass sie dich akzeptierten!“

„Was weißt DU denn schon von meiner Kindheit, Judai?“, blaffte er ihn an. Der Slifer zuckte unter der schneidenden Stimme zusammen.

„Sie… sie waren doch nicht immer so! Du hast es mir selbst gesagt!“

Er verzog seinen Mund. Manjoume hielt inne. Hatte er das Judai wirklich mal erzählt? Wenn ja, dann bereute er es jetzt.

„Keine Ahnung. Ich habe wirklich keine Ahnung, wovon du sprichst.“

„Ich.. ich dachte nur, dass du sie vielleicht wiedersehen willst. Jetzt, wo die Jahre an der Akademie vorbei sind.“

„Nie im Leben!“, antwortete er kühl. „Sie sind miese Schweine. Für sie bin ich längst nicht mehr ihr Bruder, das weißt du doch. Mag sein, dass sie früher anders waren. Doch seit dem Tod unserer Eltern hatte sich einiges geändert. Und ich hatte einfach keine Lust mehr, ihre Marionette zu sein und verachtet zu werden. Sie hatten es doch vor der ganzen Schule gesagt. Dass ich es nicht wert sei, ihr kleiner Bruder zu sein. Dass ich ein Versager bin.“

„Aber das ist schon fast drei Jahre her! Sicher haben sie sich geändert!“

„Haben sie nicht!“, giftete er wütend zurück, beinahe im trotzigen Ton eines kleinen Kindes.

„Aber-“

„Wenn du allein deswegen hergekommen bist, Judai, dann kannst du gerne wieder gehen“, sagte Manjoume kalt.

Sein Freund seufzte. „Ich wollte doch nur… dass du die Familienstreitigkeiten begräbst.. und wieder eine Familie hast..“, meinte Judai traurig.

Der Schwarzhaarige seufzte.

„Judai. Bitte. Du weißt, dass ich dieses Thema hasse. Ich bin schlecht auf sie zu sprechen. Und in dieser Sache bleibe ich bei meiner Meinung, selbst du kannst mich nicht davon abbringen. Die Bindung zwischen uns wurde abgebrochen. Von ihnen. Sicher schreiben sie in den Briefen nur, dass ich meinen Arsch zurückbewegen soll und mich wie ein Manjoume zu benehmen habe. Verstehst du? Es hat für mich einfach keinen Zweck mehr. Was glaubst du, hatte ich früher versucht?“ Traurigkeit machte sich in seinem Bauch breit. Es knotete seinen Hals zu. Er hasste die Erinnerungen an damals.

„Was ist mit Mami? Und wo ist Papi?“

„Halt die Klappe, Jun. Sie sind tot. Und jetzt verschwinde. Mach dich nützlich und lerne gefälligst, wie man sich duelliert! Das bist du ihnen schuldig!“

Seit diesem Tag an hatte sich alles zwischen ihnen geändert. Seine Brüder hatten nur noch auf ihn herab gesehen.

Wie er damals zu Chosaku und Shoji gegangen war und sie ihn kalt abserviert hatten. „Wir haben keine Zeit für einen Versager, geh uns den Augen und geh in dein Zimmer! Und bleib gefälligst so lange da, bis du alle Duellregeln auswendig gelernt hast, sonst setzt es was!“
 

Nichts war mehr so wie damals. Damals, als sie alle zusammen… Er unterbrach diesen Gedanken. Nein, er wollte den Schmerz vermeiden, der aufkam, wenn er an all die alten Zeiten mit seinen Geschwistern zurückdachte. Wo alles noch unbeschwert war.

„Komm, Jun, wir gehen an den See!“, rief der junge Shoji ihm lachen zu.

Nein, es würde alles nur noch schlimmer machen.

„Manjoume?“

Der Schwarzhaarige blickte auf seine Hände.

„Judai… vergiss es. Niemals werde ich zu ihnen zurückgehen. Sie haben sich nie um mich gekümmert.“ Er ballte seine Hand zu einer Faust. Seine Fingernägel vergruben sich tief in seine Haut.

„IHR seid meine neue Familie. Das ist es, was zählt.“

Geschlagen senkte Judai den Kopf.

„Ach, Manjoume… Wieso verstehst du es nicht?“

„Ich weiß nicht, wovon du redest.“

„Doch!“, erwiderte Judai trotzig.

Manjoume blieb stur und antwortete nichts darauf.

Judai atmete tief durch.

„Aber du liebst die beiden doch noch.“
 

Bei diesen Worten sprang plötzlich Manjoume auf und packte Judai an den Kragen.

„SEI STILL! SEI EINFACH STILL!“, schrie er ihn wütend an.

„ES IST FÜR IMMER AUS! ICH HASSE SIE! UND SIE HASSEN MICH, KLAR?!!“

Heftig atmete er, bekam kaum Luft. Erst als er in die verletzten Augen von Judai sah, kamen Schuldgefühle in Manjoume auf. Er ließ sanft Judais Hemd los.

„Judai, ich-“

„Nein, schon okay“, unterbrach der Brünette ihn hastig, nachdem dieser sich wieder gefasst hatte. „Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich bin derjenige, der schuld ist. Tut mir leid.“

Entmutigt ließ Manjoume seinen Kopf sinken. Er hatte überreagiert. Doch diese Worte hatten ihn hart getroffen. Sie erinnerten ihn nur an die Vergangenheit und rissen alte Wunden auf. Er durfte sich davon nicht unterkriegen lassen. Seine Brüder waren sein einziger wunder Punkt.

Er merkte, wie Judai ihn am Handgelenk packte. „Komm, gehen wir wieder zurück. Wir müssen doch noch die Abschlussfeier planen, oder?“

Erleichtert über die Ablenkung nickte Manjoume.

„Stimmt, hätte ich beinahe vergessen.“

Zusammen gingen die beiden den Weg zur Slifer Unterkunft entlang. Manjoume genoss die Ruhe und freute sich, gemeinsam mit seinen Freunden den Abschluss zu feiern, auch wenn er sicherlich schwer fallen würde.

„Duu, Manjoume?“

„Mm?“

„Nach der Schulzeit bleiben wir doch im Kontakt, oder?“

„Sicher, Judai.“
 

*~*
 

Drei Jahre später

Erschöpft lehnte er sich gegen die kalte Mauer. Er atmete heftig ein und aus. Mit seiner Hand strich er sich über seine schweißnasse Stirn.

Sein Blick glitt über die schäbige Gasse. Das fahle Licht, das hinein schien, ließ alles bedrohlich wirken. Die Gasse wirkte ebenso verdreckt und schäbig wie sämtliche hier im Gesindeviertel von Domino City. Eisiger Wind blies ihm ins Gesicht. Manjoume zog seine Jacken enger um sich. Er steckte sein Deck in seine Hosentasche.

Er hatte sich den ganzen Tag über nur duelliert.

Er fuhr sich mit seinen Händen über sein Gesicht und machte sich auf den Weg zu seiner kleinen, spärlichen Wohnung. Sie befand sich zwar nicht direkt in diesem heruntergekommenen Viertel, doch die Hochhäuser in dem Bereich waren alle alt und schäbig. Aber mehr konnte sich Manjoume auch nicht leisten. Momentan verdiente er kaum etwas. Er lebte am Existenzminimum. Viel Geld hatte er nicht. Und das nur, weil sein Sponsor pleite gegangen war .. und die anderen weigerten sich, ihn zu fördern. Schlagartig war er auf die unterste Amateur-Liga gerutscht, war daraufhin so frustriert gewesen, dass er die ersten paar Duelle verloren hatte. Dabei war anfangs alles so gut gelaufen. Er hatte sich schon in der Profi-Liga gesehen. Doch nun.. Nun musste er wieder ganz von vorne anfangen. Und das ging seit einem Jahr schon. Heute war er sogar kurz davor gewesen, in den Untergrund zu gehen. Doch so wie Marufuji Ryo wollte er nicht enden. Lieber wollte er das Duellieren aufgeben, als die Würde von Menschen zu verachten. Nein, das war nicht sein Stil. Auf dieses wertlose Niveau wollte er sich nie begeben. Niemals. Dennoch wusste er, worauf er sich bei einer Profi-Duellant-Karriere eingelassen hatte. Ihm war bewusst, dass es einen Abstieg wie jetzt geben konnte. Aber irgendwie gab es auch wieder einen Weg heraus, da war er sich sicher. Nur wie wusste er noch nicht.

Manjoume schlenderte die spärlich beleuchteten Gassen entlang. Um die Straßenlaternen herum versammelten sich Motten. Anfangs war Manjoume davon angewidert gewesen, doch nun hatte er sich an diesen Anblick gewöhnt. Genauso an all die Penner, die überall auf den Bänken schliefen. Dazu gehörten auch noch die ganzen Drogen-Dealer und Schläger-Typen. Um ein Uhr nachts war es meistens am schlimmsten. Da traute er sich meistens nicht auf die Straßen. Glücklicherweise hatte er früher ein paar Selbstverteidigungskurse gemacht, dennoch wollte er stets auf Nummer sicher gehen und die dunklen Gassen zur späten Uhrzeit vermeiden. Er war nicht so naiv, um abends durch die gefährlichsten Ecken des Stadtrandes zu marschieren. Allerdings befanden sich auch im Zentrum von Domino City genug verrückte Gestalten. Die Kriminalität war nicht gerade niedrig in Städten wie dieser.

Der junge Mann seufzte. Was würde er manchmal geben, um in einem halbwegs ruhigen Viertel zu leben? Oder meinetwegen in einer kleinen Stadt, wo er seine Ruhe hatte.

Doch im Moment konnte er nur davon träumen. Aber immerhin war er seit drei Jahren damit ausgekommen. Von Slifer Red war er es praktisch gewohnt. Luxus hatte es dort nicht wirklich gegeben, im Gegenteil. Von daher hatte er es hingekommen, in einer kleinen Wohnung zu leben. Außerdem war er häufig in den ersten beiden Jahren in Hotels gewesen. Er war nicht wirklich berühmt, das nicht, doch immerhin ein wenig bekannt. Wenigstens etwas. Nun musste er sich eben wieder hocharbeiten. Darin hatte er von früher schon Übung drin.

Manjoume wurde von einem lauten Knurren aus den Gedanken gerissen. Erst jetzt merkte er, wie hungrig er war. Außer dem klein ausgefallenen Frühstück hatte er nichts gegessen. Er wühlte mit seiner Hand in seiner Hosentasche und holte sein Portemonnaie heraus. Ein wenig Geld hatte er noch, um sich etwas zu holen. Vielleicht einen Hamburger oder ein paar Fritten.

Plötzlich hörte er Schritte hinter sich.

„Ey, du! Her mit dem Geld!“

Erschrocken zuckte Manjoume zusammen. Sein Herz klopfte heftig gegen seine Brust. Seine Knie fingen schlagartig an zu zittern.

Scheiße.

Wie in Zeitlupe drehte er sich um.

Hinter ihm standen drei Männer. Das Licht warf unheimliche Schatten auf ihre Gesichter. In ihren Händen konnte Manjoume keine Messer ausmachen. Noch. Er kannte diese miesen Tricks. Sicher befanden sich welche unter ihren Mänteln.

Er biss sich auf die Lippen. Seine Gedanken rasten. Er wollte nur so schnell wie möglich hier weg. Mit einer schnellen Bewegung warf er sein Geld vor ihre Füße, drehte sich um und rannte los.

Zuerst hörte er nur seine eigenen Schritte. Dann auf einmal Gegröle. Hinter ihm wirbelten plötzlich dröhnende Schritte über das Pflaster. Gespenstisch hallte ihr Echo von den Häuserwänden wider, an denen Manjoume panisch vorbei rannte. Adrenalin schoss durch seinen Körper. Er rannte und rannte. Neben ihm verschwamm die Umgebung, die grauen Umrisse der Häuser verschwammen ineinander. Ihm brannte der Atem in der Kehle und sein Herz drohte in seinem Brustkorb zu zerspringen. Er merkte kaum, wie er links oder rechts abbog. Einmal gelangte er in eine Sackgasse, doch er sprang flink über die Kisten, verfing sich nur ein einziges Mal mit seinem Bein, flog schmerzhaft auf den Boden, und rannte weiter.
 

Ehe er es merkte, befand er sich in einem Teil der Innenstadt. Seine Augen wurden durch grelle Werbeplakate geblendet. Keuchend verlangsamte er sein Tempo, doch er rannte immer noch, nicht wissend, ob er noch verfolgt wurde.

Plötzlich spürte er einen heftigen Zusammenstoß. Aus seinem Mund entfuhr ein erschrockener Schrei. Dann landete er schmerzhaft auf dem Boden.

„Autsch!“, stöhnte er auf. Mit seiner rechten Hand fuhr er sich über seinen Arm. Dann bemerkte er, dass er ein Loch in seiner Jacke hatte.

„Na toll“, murmelte er genervt. Seine Atmung wurde langsam regelmäßiger. Er merkte erst jetzt, dass er nicht mehr verfolgt wurde.

Danach wanderte sein Blick zu seinem Gegenüber. Es war ein Mann, fast so groß wie er, doch viel stämmiger. Dieser fluchte und strich sich über seinen Anzug. Manjoume bemerkte erst jetzt, von welcher Marke der Anzug stammte. Gott, dieser Typ musste verdammt reich sein!

Vorsichtig erhob sich Manjoume. Seine Hände schmerzten höllisch vom Aufprall. Genervt wandte sich Manjoume an den Mann.
 

„Können Sie verdammt noch mal nicht aufpa…“ Geschockt weiteten sich Manjoumes Augen, als er das Gesicht des Mannes genauer beobachtete.

Dieser musterte nun Manjoume, doch je länger er ihn ansah, umso erstaunter wurde er.

„Das…“, murmelte er.

„Nii-sa… C-Chosaku“, stammelte Manjoume fassungslos. Seine Gedanken kreisten sich. Sein Herz fing wieder an, heftig zu klopfen.

Sechs Jahre… Sechs Jahre war es her, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Wie sollte er reagieren? Was sollte er sagen? Wie sollte er sich verhalten?? Diese ganzen Gefühle kamen auf einmal hoch.. Hassten seine Brüder ihn immer noch?

Sein Bruder hatte fast die gleiche Frisur wie früher. Nur hatte er einen Vollbart. Sonst sah man ihm nur wenig an, dass er älter geworden war. Vielleicht wirkten seine Augen nur etwas müder als früher.
 

Wenn Manjoume schon dachte, dass die Verfolgung dieser Typen das Schlimmste war, dann hatte er sich getäuscht. Diese Begegnung übertraf alles.

Was soll ich nur sagen? Aber Chosaku wird sicher noch genauso besessen von Ruhm und Macht sein wie früher. So wie er mich jetzt sieht..

Peinlich berührt starrte Manjoume auf seine Kleidung. Seine Jacke hatte ein Loch, sein T-Shirt war aus einem Second-hand-Laden, seine Hose hatte durch die Verfolgung mehrere Risse und seine Schuhe trug er schon seit zwei Jahren. Neben seinem Bruder fühlte er sich auf einmal wie ein armer Schlucker.

„Das…“, stammelte Manjoume. …kann ich alles erklären? …tut mir alles Leid?... ist alles unerwartet?

Was sollte er nur sagen?

Manjoume bemerkte, wie Chosaku ihn immer noch anstarrte.

Vielleicht sollte er auch einfach abhauen. Bevor er sich irgendwelche Moralpredigten anhören musste, wäre das wohl die beste Lösung. Sofort dachte Manjoume an die drei Männer zurück. Ein wenig mulmig wurde es ihm schon, doch er konnte es nicht vermeiden, in diesen Stadtteil zurück zu gehen – schließlich befand sich dort seine Wohnung.

Der Duellant war gerade dabei, sich umzudrehen, als Chosaku sich aus seiner Starre löste und ihn am Handgelenk packte.

„Jun.“

Seine Stimme war ruhig, ruhiger, als Manjoume sie in Erinnerung hatte. Der junge Mann seufzte. Also musste er jetzt da durch. Er hoffte wirklich, dass Chosaku nicht wütend sein würde.

Er blickte seinem älteren Bruder, der schon Anfang dreißig war, in die Augen. Erst jetzt realisierte Manjoume, dass die beiden ungefähr gleich groß waren. Früher, als er noch ein Jugendlicher war, ging er ihm nur bis zur Schulter.

„Chosaku …“, sagte er zögerlich, „Was machst du hier?“

„Das gleiche könnte ich dich fragen“, antwortete sein Bruder. Manjoume schluckte.

„Besonders, dass ich dich ausgerechnet hier zu Gesicht bekomme. Hattest du sonst vor, uns weitere zehn Jahre oder dein ganzes Leben lang zu ignorieren?“ Seine Stimme klang kühl, vielleicht auch frustriert, doch irgendwie freute sich Manjoume, dass sie nicht emotionslos oder gleichgültig war.

Manjoume senkte wusste nicht, was er antworten sollte.

Warum wohl hatte er sie immer gemieden? Warum wohl hatte er sich nie gemeldet? Das konnten sie sich doch selbst erklären!

Chosaku atmete genervt aus.

„Komm.“

Er nickte mit seinem Kopf nach links und Manjoume folgte ihm. Sie gingen gemeinsam durch die hell beleuchtete Stadt. Der Jüngere war erleichtert, dass er erst mal nicht ins ärmlichere Viertel zurück musste. Wenn sein Bruder…

„Wo wohnst du, Jun?“, fragte plötzlich sein Bruder, während sie Richtung Hauptstraße gingen.

„Äh…“, antwortete er perplex. Wo er wohnte? Er konnte seinem Bruder doch nicht sagen, wo seine Wohnung war.

„Im.. Im Moment in einem Hotel, hier in der Nähe. Ich bin als Duellant stets unterwegs“, half er sich heraus.

„Aha“, sagte Chosaku knapp. Danach folgte Schweigen. Zu zweit marschierten sie vorbei an vielen Läden, die bereits geschlossen hatten. Dennoch befanden sich noch so viele Leute auf den Straßen, dass Manjoume sich an ihnen vorbei drängen musste.

Irgendwann blieben sie vor einem noblen Restaurant stehen. Obwohl er sich hier gut auskannte, hatte Manjoume dieses Restaurant hier noch nie gesehen. Offenbar hatte er nur auf die einfachen Fressbuden geachtet.
 

Ohne ein weiteres Wort trat sein älterer Bruder ein. Er wollte doch nicht allen Ernstes hier essen, oder? Das Geld, was Manjoume dabei hatte, hatte er vor die Straßen-Leute hingeworfen. Sein Portemonnaie war völlig leer.

Sein Bruder drehte sich ungeduldig zu ihm um.

„Ich hab kein…“, fing Manjoume an. „Komm einfach“, unterbrach Chosaku ihn. Der Jüngere runzelte die Stirn, folgte ihm aber.

An der Tür stand ein Kellner, der sie begrüßte. Manjoume musterte er jedoch abfällig. Der junge Duellant warf ihm böse Blicke zu.

„Ein Tisch für zwei Personen.“

„Sehr wohl, mein Herr“, sagte der Kellner und führte die Brüder an einen freien Tisch. Manjoume starrte ihn immer noch finster an. Sah er denn so schlimm aus?

Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
 

Auf einmal überreichte sein Bruder ihm ein Tuch.

„Hier. Für dein Gesicht.“

Überrascht nickte Manjoume, verstand aber was sein Bruder meinte. Er nahm das Tuch und ging auf die Herrentoilette. Vorsichtig sah er in den Spiegel.

Bei seinem Anblick erschrak Manjoume. Überall in seinem Gesicht waren Schmutz und Schrammen. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie er sich verletzt hatte. In dem grellen Licht wirkte alles viel krasser und schmerzhafter. Kopfschüttelnd schaltete er den Wasserhahn ein und spritzte sich kühles Wasser ins Gesicht und fing an, es zu waschen. Manchmal biss er sich vor Schmerz auf die Lippe und war froh, als er mit allem fertig war. Kein Wunder, dass er Typ ihn komisch angestarrt hatte. Umso mehr wunderte es Manjoume, dass Chosaku ihn bei diesem Aussehen in dieses edle Restaurant gebracht hatte. Generell, wie sollte dieser Abend nur weitergehen? Hasste sein Bruder ihn nicht? Wollte er eigentlich nichts mehr mit ihm zutun haben? Er und Shoji waren doch diejenigen gewesen, die ihn verstoßen hatten.. Deprimiert senkte Manjoume seinen Kopf. Sein Herz klopfte wie verrückt. Er war schrecklich aufgeregt, dabei war er doch kein Kind mehr. Er war doch sonst auch immer so selbstbewusst..

Der junge Manjoume atmete tief durch. Reiß dich zusammen, Jun. So schlimm kann das doch nicht sein.

Ein letztes Mal blickte er in sein Spiegelbild, nickte sich kurz zu und machte sich zurück zum Speisesaal auf.

Dort wartete bereits sein Bruder mit der Vorspeise: Salat. Beim Anblick von Essen knurrte wieder Manjoumes Magen.

Er setzte sich wieder auf seinen Platz, drückte seine Schultern durch und stach langsam mit seiner Gabel in eine Tomate. Er hatte nach all den Jahren nicht verlernt, wie man sich an solchen Orten zu verhalten hatte. Dennoch hätte er sich am liebsten auf sein Essen gestürzt und es herunter geschlungen, so wie Judai. Das war es, was er an der hohen Gesellschaft hasste. Man musste sich diesen dämlichen Regeln hingeben und ständig anderen Leuten irgendeinen Scheiß vorheucheln. Er hasste es einfach.
 

Auch sein Bruder hatte derweil angefangen zu essen. Beide aßen in Schweigen. Man hörte nur das Klappern des Geschirrs. Gierig nahm Manjoume einen Schluck von seinem Wein.

Irgendwann hatte er seinen Teller leer gegessen und wartete hungrig auf seine Hauptspeise. Immer wieder blickte er nervös zu seinem Bruder.

„Du hast dich sehr verändert“, durchbrach Chosaku das Schweigen. Manjoume nickte nur.

„Ich hätte dich fast nicht wiedererkannt.“

„Ich dich auch nicht“, antwortete Manjoume leise. Gott, er hatte keinen Plan, was er ihm entgegnen sollte!

„Das letzte Mal, als ich dich gesehen habe, warst du fast noch ein Kind.“

Auch dieses Mal wusste er nicht recht, was er sagen sollte.

„Kann sein“, murmelte er.

Dann kam endlich der Kellner mit der erlösenden Hauptspeise. Erleichtert atmete Manjoume auf und machte sich direkt über sein Essen her. So konnte er wenigstens etwas Zeit schinden.

Er schloss die Augen, als er das leckere Essen auf seiner Zunge spürte. Wie lange war es her, dass er so etwas gegessen hatte? Wie lange?
 

Er war schnell fertig und legte sein Besteck auf seinen leeren Teller. Seine Augen starrten auf seine eleganten Muster. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor.

„Jun.“

Er schrak leicht auf.

„Ja?“ Was würde nun kommen?

„Wieso hast du den ganzen Tag in diesem… abgekommenen Stadtteil verbracht?“

„Woher…?“

„Ich habe gesehen, wie du aus dieser Gasse kamst. Wieso bist du gerannt? Wurdest du verfolgt?“

Mit offenem Mund starrte er seinen Bruder an. Woher wusste er das alles? Aber er redete schließlich von Chosaku. Er war scharfsinnig.

Verdammt.
 

„Ich … hatte mich mit einem Vertragspartner getroffen.“

„Mit Vertragspartnern, ja?“, antwortete sein Bruder abfällig.

Manjoume schluckte.

„Ja, mit Vertragspartnern. Und? Ich habe keine Probleme, mich in diesem Viertel…“

„Noch Nachtisch?“, unterbrach der Kellner die beiden.

Manjoume schüttelte den Kopf, sein Bruder ebenfalls.
 

Dann wandte sich der Duellant wieder an den Älteren.
 

„…Wie ich bereits sagte, ich habe keine Probleme, mich in diesem Viertel aufzuhalten. Im Gegensatz zu dir.“

Sein Bruder hob eine Augenbraue.

„Bei diesem kriminellen Gesindel?“
 

Manjoume ballte seine Hände zu einer Faust. Er wusste es, dass sie streiten würden. Er hatte es kommen sehen.

„Ja, und?! Aber ich bin sowieso in Hotels die ganze Zeit! Ich komm mit allem klar, misch dich nicht ein!“

„Ich mische mich nicht ein. Aber offenbar kommst du nicht mit allem klar, wenn ich sehe, wie du mit Schrammen im Gesicht aussiehst!“, fauchte sein Bruder zurück.

„Was soll das?! Als ob DICH das interessieren würde!“, zischte Manjoume. „Ich frage mich sowieso, warum wir hier beide sitzen! Du verschwendest nur deine Zeit!“

Chosaku atmete tief durch.

„Nicht hier.“

Er winkte den Kellner heran. „Ich will bezahlen.“ Er kramte aus seiner Anzugstasche seine Brieftasche heraus, knallte mehrere Geldscheine hin und sagte lediglich: „Passt schon.“

Dann warf er Manjoume einen auffordernden Blick zu. Dieser stöhnte genervt auf und folgte ihm. Sein Bruder hatte ihn doch nicht wirklich eingeladen, oder? Seit wann gab’s denn das?

Draußen wehte ihm frischer Wind ins Gesicht. Er vergrub seine Hände in seine Jackentasche.

„Wo ist deine Wohnung?“, fragte Chosaku.

„Ich hab dir doch gesagt, dass ich in einem Hotel wohne!“, fauchte Manjoume zurück.

„Das glaube ich dir nicht“, sagte sein Bruder kalt.

Manjoume verdrehte die Augen.

„Und wenn? Ich werde dir niemals meine Wohnung zeigen. Wieso interessiert dich das überhaupt?“, sagte er bitter.

Sein Bruder hob eine Augenbraue.

„Hast du unsere Briefe gelesen?“

Manjoume drehte sich zur Seite und wurde leicht rot.
 

„Also nicht“, stelle Chosaku fest.

„Ich hatte auch keinen Grund, sie zu lesen“, erwidere Manjoume.

„Und warum?“
 

Als ob ich dir das jetzt sagen werde. Der junge Duellant schwieg und ging die Straße hinunter. Sein Bruder folgte ihm.

„Chosaku, ich gehe jetzt. Hör auf, mir zu folgen.“

„Du weichst meiner Frage aus.“

„Du meiner auch“, sagte Manjoume trotzig.

Konnte sein Bruder nicht einfach verschwinden? Wieso folgte er ihm? Er durfte verdammt noch mal nicht sehen, wo er die ganzen drei Jahre gelebt hatte! Wenn er es sehen würde… Manjoume wusste schon, was er sagen würde. Dass er ein erbärmlicher Versager war und es zu nichts gebracht hatte. Ja, ganz sicher.

„Ich wollte dich nur zu deiner Wohnung bringen“, sagte sein Bruder nach einer Weile.

Tief atmete Manjoume aus. Hatte Chosaku ihm überhaupt zugehört?

„Ich.. kann auch alleine gehen“, brachte der Duellant mit Mühe hervor. Sein Bruder kümmerte sich doch nicht etwa um ihn? Das konnte nicht sein.

Dummerweise hatte sich Manjoume so sehr in alles hineingesteigert, dass er kaum Kraft hatte, zu widersprechen.

„Um diese Uhrzeit, ja?“, sagte Chosaku sarkastisch. Manjoume hob eine Augenbraue. Er warf einen Blick auf die Armbanduhr seines Bruders.

Himmel, es war schon zwölf Uhr? Wie schnell war die Zeit vergangen? Hinzu kam, dass es schon Freitag war. Um diese Zeit würden die meisten Betrunkenen herumlaufen. Und auch Verrückte.

Manjoume dachte an seine Verfolger zurück. Ihm wurde flau im Magen. Er war wirklich ein verdammter Angsthase.
 

Es herrschte Schwiegen zwischen ihnen. Noch immer ging Chosaku hinter Manjoume her. So kann das doch nicht weitergehen..

Plötzlich blieb Chosaku hinter dem Jüngeren stehen. Der junge Duellant drehte sich verwundert um.
 

„Wieso hast du dich sechs Jahre lang nicht gemeldet?“

Diese Frage kam so plötzlich. Sprachlos starrte er Chosaku an. Tausende Gedanken flogen durch seinen Kopf.

Weil ihr mich verstoßen habt? Weil ihr mich gehasst habt? Weil ich euch gleichgültig war?

„Die Frage kannst du dir doch sicherlich selbst beantworten, oder, Chosaku?“, erwiderte er gefasst. Er merkte, wie sein Bruder ihn von hinten musterte.

Wieso? Warum?

Schaust du mich etwa abschätzig an? Bin ich schlechter als du? Bin ich ein Versager??

Wütend drehte er sich zu seinem Bruder um.
 

„Hör zu, Chosaku. Das bringt nichts! Dich hat es nicht zu interessieren, wie ich lebe!“ Er atmete tief durch.

„Was wirst du sagen, wenn du vor meiner Wohnung stehst? Dass ich ein Versager bin? Wirst du mich wieder demütigen? So wie damals, beim Schulduell?“ Seine Stimme überschlug sich immer mehr. „Mach ruhig! Es ist nur so, dass es mir nichts mehr ausmacht! Ich war es von euch gewohnt. Und gerade deswegen will ich, dass du mich in Ruhe lässt!“

Er wandte sich nun vollends ab, wünschte sich, dass Chosaku nie sein trauriges Gesicht sehen würde. Er wollte nicht, dass er sah, wie tief verletzt er war.

Jetzt hatte er doch die Wahrheit gesagt. Jedenfalls zum Teil.

Er beschleunigte seine Schritte. Er bemerkte, wie der Wind seine nassen Wangen steifte. Scheiße! Scheiße, scheiße, scheiße!!

Immer mehr salzige Tränen rannten über sein Gesicht. Er schluchzte auf, begann zu rennen. Tiefer in das abgekommene Stadtviertel hinein. Sein Körper wurde vollends von der Dunkelheit verschluckt. Ihm war es egal, ob sein Bruder ihm nun folgte oder nicht.

Meine Brüder hassen mich. Und jetzt will Chosaku mich doch nur demütigen. Ich weiß doch, dass ich nichts geschafft habe. Ich weiß, dass sie stets Recht hatten. Ich weiß, dass ich ein Versager bin.

Sein Schluchzen wurde lauter. Manjoumes Schultern zitterten. Kraftlos fiel er auf den schmutzigen Boden. Manjoume biss seine Zähne aufeinander.

Er war ein Versager.

Wie ein Obdachloser lag er nun auf dem Boden. Mit kaputten und zerschlissenen Klamotten. Er war vor dem Nichts. Er hatte nichts mehr. Nichts. Er war alleine. Er konnte auch seine Wohnung nicht mehr zahlen.

„Ich hasse mein Leben“, ächzte Manjoume verzweifelt. Er atmete unregelmäßig. Sein Magen verkrampfte sich. Er schlang seine Hände um seine Arme. Der kalte Wind nahm ihm jegliche Wärme. Sein ganzer Körper zitterte.

„Ey du Penner, geh zur Seite!“ Plötzlich spürte der Schwarzhaarige einen heftigen Hieb in der Seite. Er schrie laut auf und wurde gegen die harte Wand geschleudert. Blut rann aus seinem Mund heraus. Dann schlug ihm jemand gegen den linken Arm. Augenblicklich schoss ihm der Schmerz wie flüssiges Metall den Arm hinab. Seine Hand fiel nutzlos zur Seite hinunter. Sein Gesicht zog sich vor Schmerz zusammen.

Wieso passierte das immer nur ihm? Wieso?

„Schau mal, ob der Geld hat!“

Er merkte kaum, wie ihn nach Geld durchsuchten.

Ich habe nichts. Ihr könnt nichts finden.

„Der hat ja nichts!“

„Arsch!“

Manjoume schrie laut auf, als ihm jemand volle Wucht gegen die Seite trat. Ein heftiger Schmerz durchfuhr seine Rippen. Er hörte ein lautes Knacken.

Einen Moment dachte Manjoume, sein Herz wäre stehen geblieben. Er versuchte verzweifelt Luft zu holen, aber er war erfolglos.

Eine Hand packte ihn hinten am Nacken und schleuderte ihn über den Boden. Der Aufprall quetschte ihm das letzte bisschen Atemluft aus dem Körper.

Er rollte sich reflexartig zur Seite – einen Wimpernschlag bevor ein Fuß sich an der Stelle in den Boden rammte, an der er sich eben noch befand.

Es hatte ihn alle Kraft gekostet, irgendwie aufzuweichen. Er war nun vollkommen wehrlos. Auf einmal prasselten tausende Schläge auf ihn ein. Das Blut rann an seiner Stirn hinunter. Er heulte laut auf, als ein weiterer Schlag seinen Bauch traf. Brutaler Schmerz erfüllte Manjoumes kompletten Körper.

Er würde sterben.

Er versuchte irgendwie, seinen Kopf zu schützen, aber er hatte keine Kraft mehr. Alles brannte in ihm. Er konnte nicht mehr denken. Alles löste sich vor ihm auf. Er sah nur noch schemenhafte Gestalten, die von seiner verschwommenen Sicht verdeckt wurden. Er schmeckte nur noch den metallischen Geschmack von Blut in seinem Mund.

Sein gesamter Körper bebte vor Todesangst. Ich will nicht sterben! Ich will diese Welt nicht verlassen!

„Hilfe“, krächzte er leise. Ein letzter Hilfeschrei. Die Hoffnung, dass ihn irgendwer hören würde.

„So ein Penner..“ Die Gestalten kamen immer näher. Sie würden ihm nun den Rest geben. Manjoume schloss ängstlich seine Augen.

Doch schlagartig verstummten die Schritte. Manjoume hörte nur doch dumpfes Aufprallen auf den Boden.

Verwirrt hob er leicht den Kopf. Er fuhr sich hastig durch sein blutverschmiertes Gesicht. Seine Hände stützten sich auf dem harten Betonboden ab.

Er sah direkt in ein graues Augenpaar, das dem seinen ähnelte.

„Ch-Chosaku..“

Sein älterer Bruder half ihm auf und stützte ihn.

Manjoume konnte immer noch nicht glauben, was da gerade passierte. Tausende Gefühle durchströmten seinen Körper. Sein Verstand war vollkommen benebelt, um all dies zu begreifen.

„Wo ist deine Wohnung, Jun?“

„Gg-eradeaus und..“ Manjoume hustete. Seine Stimme war kratzig und rau. Er versuchte, sich zusammenzureißen.

„Dann.. links und danach rechts….“, flüsterte er leise.

Sein Bruder sagte nichts weiter. Gemeinsam gingen sie zu seiner Wohnung. Unbewusst schmiegte er sich an die Schulter seines Bruders an. Er wollte sich einfach nur noch ausruhen und nichts mehr tun.

Chosaku blieb auf einmal stehen.

„Ist das.. deine Wohnung?“ Manjoume konnte sich gut den Blick von Chosaku vorstellen. Seine Wohnung befand sich in einem abgekommenen, grauen Gebäude. Das Wohnhaus daneben war voll mit Graffiti.

„Das.. ist die Wahrheit.“ Auf einmal fühlte sich Manjoume ganz klein. Ihm war das alles peinlich. Er schämte sich so vor seinem Bruder.

Ohne es zu wollen, kamen weitere Tränen.

„Es tut mir leid.. ich weiß, dass ich es nicht würdig bin, ein Manjoume zu sein. Ich bin ein Versager, ich schaffe nichts.. ich kann auch verstehen, wenn du gehst, es ist schon okay. Ich bin es gewohnt, ich schaffe das schon alles. Ich habe es doch auch geschafft, von Slifer Red zu Obelisk Blue zu kommen. Ich kann es wirklich schaffen, bitte gib mir doch die Chance. Ich habe es doch ein Jahr so versucht!“ Er atmete unregelmäßig ein und aus. Sein Tränenfluss stoppte immer noch nicht. Er fühlte sich so elend..

„Bitte, ich kann es verstehen, wenn ihr mich nicht mehr sehen wollt! Ich werde hier weiterleben, ich schaffe das, ich…“

„Jun, sei still!“, herrschte sein Bruder ihn an. Sofort verstummte Manjoume.

„Hast du den Haustürschlüssel?“

Manjoume nickte. Er kniete sich mit all seiner Kraft auf den Boden, zog seinen Schuh aus und holte den Schlüssel hervor. Währenddessen zog er vor Schmerz scharf die Luft ein.

Er merkte Chosakus ungläubigen Blick auf sich ruhen. Klar, wer versteckte schon seinen Schlüssel in seinen Schuhen.. Aber so konnte er bei einem Überfall immer noch in seine Wohnung gehen, da er nur auf seine Hosentaschen durchsucht worden war..

Sie betraten das dunkle Gebäude. Immer noch sah Manjoume alles nur schemenhaft. Er bekam den Weg zu seiner Wohnung kaum mit.

Das Knarzen der Türe zeigte, dass sie endlich da waren.

Sein Bruder schaltete das Licht ein. Sofort kniff der Jüngere seine Augen zusammen. Das grelle Licht schmerzte.

Chosaku sog scharf die Luft ein.

Manjoume schaute geschämt zur Seite.

„Ich weiß, der Anblick ist..“ Ehe er weitersprechen konnte, sank er erschöpft auf den Boden.

„Wie lange hast du hier gewohnt?“

„Ein Jahr.. nicht lange.“

„Wie konntest du ein Jahr hier überleben?“ Chosaku versuchte möglichst gefasst zu klingen, doch Manjoume hörte heraus, wie geschockt dieser war.

Dem jungen Duellanten war das alles unangenehm. Er fühlte sich so bloßgestellt.

Chosaku trat zu Manjoume und hob half ihm bis zum Bett. Das einzige, halbwegs Normale in seiner Wohnung. Dann ging er ins Bad und kam mit einem kalten Tuch wieder. Der junge Manjoume biss seine Zähne aufeinander, als sein älterer Bruder mit dem Tuch über seine Wange strich. Immer wieder keuchte er während der Wundversorgung laut auf, da der Schmerz unerträglich war.

„Das reicht erst mal. Ich lasse deine Wunden später von einem Arzt behandeln. Jetzt packen wir erst mal deine Sachen und gehen zu mir.“

Schlagartig war Manjoume hellwach und richtete sich geschockt auf.

„W-w-was?? Ich gehe hier nicht weg!“

Sein Bruder antwortete darauf nichts. Er öffnete den Kühlschrank wortlos.

Vollkommene Leere.

Er schüttelte den Kopf.

„Chosaku, es ist mein Ernst!“ Inzwischen konnte Manjoume wieder halbwegs stehen.

„Mach es nicht noch schlimmer als es ist!“ Verzweifelt packte er seinem älteren Bruder an den Kragen.

„Ich kann nie wieder so wie ihr leben! Ich bin das hier alles gewohnt! Ich krieg das schon alleine hin!“

„Um wieder von irgendwelchen Schlägertypen tot geschlagen zu werden? Ist es das, was du willst, Jun?“, antwortete sein Bruder provokant.

Der Jüngere biss sich auf seine Lippen.

„Nein. Aber ich verstehe nicht, wieso du mir helfen willst. Ich bin ein Versager! Das habt ihr doch immer gesagt! Und es stimmt doch auch, wie du siehst! Ich lebe in einer abgekommenen Wohnung, habe rein gar nichts! Ich habe keine Freunde, keine Arbeit! Das Duellieren, was mir so viel bedeutet hat, ist wertlos geworden. ICH bin wertlos geworden! Es ist einfach..“
 

Er konnte nicht mehr weiterreden, da er plötzlich in eine sanfte Umarmung gezogen wurde.

„Was…?“

„Jun.“ Er machte eine Pause und holte tief Luft.

„Verzeih uns.“

Manjoume riss seine Augen auf.

Verzeih uns.

Diese zwei Worte.. diese Worte, nach denen er sich so lange gesehnt hatte.. Worte der Versöhnung. Worte von Wärme. Von Reue.

„Chosaku…“

„Wenn du die Briefe gelesen hättest.. Wir haben uns Sorgen um dich gemacht.“

Das konnte doch nicht sein. Das war nicht sein Bruder.. sein Bruder hatte ihn vor den ganzen Schülern runtergemacht. Verspottet. Gedemütigt.

Und das aus seinem Mund zu hören.. aber wie konnte er ihm auch nicht glauben? Er hätte Manjoume niemals vor den Schlägertypen gerettet und er hätte ihn auch nicht in dieses Restaurant gebracht.

Erschöpft sank der junge Duellant auf sein Bett zurück. Er fühlte sich so unendlich müde.

Seine Augenlider wurden schwerer und schwerer.

Er hörte, wie sein Bruder seine Sachen einpackte. Dann wurde irgendwann das Licht ausgeschaltet, die Tür zu Wohnung zugemacht.

Sie stiegen die Treppen hinunter, dann war da auf einmal ein Auto. Die Fahrt bekam Manjoume kaum mit.

Irgendwie befand er sich auf einmal in einem warmen und weichen Bett und schlief ein..
 

*~*

Der nächste Morgen

Als Manjoume aufwachte, schmerzte sein gesamter Körper. Sein Kopf pochte höllisch.
 

Er richtete sich vorsichtig auf und bemerkte die weißen Verbände überall. Er runzelte die Stirn. War der Arzt schon da gewesen und hatte seine Wunden versorgt? Er hatte auch ein schlichtes, sauberes, schwarzes T-Shirt an.

Er sah nach rechts und hielt seine Hand vor seine Augen. Die Sonne schien hell durch das Fenster.

Man hatte den Ausblick auf Domino City. Doch man sah direkt, dass Manjoume sich im Reichen-Viertel befand.

Er schaute sich ein wenig im Zimmer um. Es war mit sehr hochwertigen Möbeln ausgestattet. Er musste sich in Chosakus Hotel befinden, in dem dieser wohl die letzten Nächte verbracht hatte. Sonst wäre dieser kaum in Domino City abends gewesen..

Mit dem Gedanken an Chosaku kamen all seine Erinnerungen an die gestrige Nacht zurück. Sein Bruder hatte ihn um Verzeihung gebeten.. Manjoume seufzte. Vielleicht hätte er damals wirklich die Briefe lesen sollen. Aber was hätte ihm das gebracht? Er hatte sein Leben eigenständig führen wollen. Allerdings war alles nach hinten losgegangen. Er war als armer Schlucker geendet. Eigentlich war er es überhaupt nicht mehr würdig, ein Manjoume zu sein..

Seine Gedanken wurden abrupt durch Schritte unterbrochen. Überrascht sah er auf.

Sein Bruder Chosaku lehnte an der Tür.

„Wie geht es deinen Verletzungen?“, fragte er. Der Jüngere zuckte mit den Schultern. Dabei zuckte er bei den Schmerzen kurz zusammen.

„..Geht so“, antwortete er knapp.

Er wusste nicht, wie er sich seinem älteren Bruder gegenüber verhalten sollte.

Chosaku kam zum Bett und setzte sich auf die Bettkante.

„Du hattest Glück gehabt. Du warst plötzlich in der Gasse verschwunden. Ich musste dich erst suchen. Wenn ich nicht rechtzeitig gekommen wäre..“ Manjoume war froh, dass sein Bruder seinen Gedankengang nicht zuende führte.

„Ich weiß“, antwortete er leise.

„Die Typen sind von der Polizei festgenommen worden. Einen Prozess wird es auch nicht mehr geben. Darum habe ich mich persönlich gekümmert.“

Es herrschte ein Moment Schwiegen zwischen ihnen. Man hörte draußen das Rauschen von Autos.

„Was ist in den drei Jahren nach deinem Abschluss passiert, Jun?“, fragte sein Bruder plötzlich, nachdem er ihn eine Zeit lang gemustert hatte.

Manjoume schluckte. Er blickte auf seine verbundenen Hände. Wieso musste sein Bruder ihn das direkt fragen?

„Welche Antwort willst du darauf hören, Chosaku?“, erwiderte Manjoume ruhig.

„Meine jetzige Situation erklärt doch sicher alles.“
 

„Ich möchte aber alles von dir selbst hören“, beharrte Chosaku.

Manjoume seufzte. Sein Bruder verdiente es, die Wahrheit zu wissen.

Zögernd fing er an, ihm alles zu erzählen. Wie er anfangs so erfolgreich war. Und plötzlich der Sponsor pleite gegangen war, die anderen ihn nicht mehr haben wollten, erst recht nicht, als er aus Frust schlechter und schlechter wurde. Wie er sich durch Domino City schlagen musste, um irgendwie überleben zu können. Wie er den Kontakt zu seinen Freunden abbrach. Wie er stets aufpassen musste, nicht den Kriminellen ausgesetzt zu sein. Und dass er nicht kriminell werden durfte.
 

Manjoumes Hals war ganz trocken, als er zuende erzählt hatte. Chosaku hatte ihm bis dahin schweigend zugehört.

Der junge Duellant wartete ungeduldig auf eine Antwort. Sein Bruder schwieg die ganze Zeit, ehe er meinte: „Und, wärst du glücklich gewesen, wenn wir alle, auch deine Freunde, gelesen hätten, dass Manjoume Jun tot geschlagen wurde?“

Der Jüngere sah betreten auf den Boden.

„Nein. Aber was hätte ich sonst tun sollen?“
 

„Du hättest zu uns kommen können.“

Manjoume ballte seine Hände zu Fäusten, bis sie schmerzten.

„Um von euch wieder abgewiesen zu werden? Eure Reaktion hätte auch genau das Gegenteil wie jetzt sein können, nämlich dass ich ein Versager bin.“

Chosaku seufzte.

„Ich weiß, dass wir damals einen Fehler gemacht haben und deine Kindheit zerstört haben.“ Offenbar musste ihn all das nun Überwindung kosten. Chosaku war nie ein großer Mensch von Gefühlen gewesen.

„Es war falsch von uns, ich weiß. Wir hätten mit dir persönlich reden müssen. Ohne dein Einverständnis hätte das kaum etwas gebracht. Da du auf die Briefe nicht geantwortet hattest, war für uns Antwort genug. Aber du musst wissen, Jun, dass wir dich niemals hätten sterben lassen.“ Er machte eine Pause. „Es tut mir leid.“

Manjoume antwortete nicht. Er starrte stur auf die Bettdecke. Er fühlte Traurigkeit, Wut, Reue, Freude und Glück zugleich. Er war nicht in der Lage, irgendetwas zu sagen.

Chosaku legte eine Hand auf seine Schulter.

„Komm erst mal zum Manjoume Anwesen. Shoji möchte dich gerne wiedersehen. Dann finden wir eine Lösung zu deiner jetzigen Situation. Aber vielleicht solltest du dich erst mal deinen kleinen Freunden melden“, fügte er halb belustigt hinzu.

Manjoume nickte. Für ihn war das noch alles wie ein Traum. Einen Tag davor hatte er Hass auf seine Brüder verspürt. Er war verbittert und hatte sich allein gelassen gefühlt. Er hatte von seinen Brüdern nichts mehr wissen wollen.

Doch dann war er schlagartig auf seinen ältesten Bruder Chosaku getroffen, der ihm vor dem Tod gerettet hatte. Dieses Gefühl von Wärme und Fürsorge war wieder da.

Und vielleicht würde Manjoume endlich aus seinem tiefen Loch der Verzweiflung kommen. Denn er war nicht mehr alleine.
 

„Danke, Chosaku-nii-san.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Blue_StormShad0w
2016-07-10T10:51:10+00:00 10.07.2016 12:51
Guten Tag.
Habe deine FF gerade gelesen.
Sie war echt gut geschrieben und man konnte sich die Handlung wirklich gut vorstellen.
Einfach echt toll.
Von:  Kacon
2013-01-06T16:39:40+00:00 06.01.2013 17:39
Also ich hab erst die Story gelesen, fand sie total super und habe dann erst gemerkt wer sie geschrieben hat! Was sagt mir das? Dass mich deine Geschichten sehr ansprechen! So auch diese, der Inhalt, die Charaktere, der Schreibstil (pfeipfei echt gut!) und auch hier speziell die Zeit. Da können beim Leser so - Was wäre gewesen wenn...? - Fragen aufkommen und sie richtig mitfühlen lassen.
Also viel Lob dafür und die Kritik lass ich mal gleich in der Schublade liegen (die übrigens leer ist, wo es nichts zu kritisieren gibt, gibt es nichts zu kritisieren :D) So genug gelabert von mir, aber hoffentlich noch nicht genug Geschichten von dir! :) Mach weiter so!
LG Kacon
Von:  Belldandy-chan
2013-01-05T12:31:52+00:00 05.01.2013 13:31
Was soll ich jetzt nur schreiben...?

Eine wunderschöne kleine Geschichte über die Beziehung zwischen den Manjoume Brüdern. Ich habe mir schon lange gewünscht, dass es sowas auch mal hier auf Animexx zu finden gibt. Schließlich lässt diese Familie, durch so wenig Informationen aus der Serie, viel "Gestalltung" offen.
Sehr schön fand ich den Aufbau. Das man zuerst einer kurzen Unterhaltung zwischen Manjoume und Judai lauschen kann und einige Jahre später Alles ganz anderes kommt. Ebenso ist dieser Bezug mit dem Brief (den Judai nun oft mal erwähnt hatte und Jun sich denn noch dummerweise weigerte), der im Nachhinein eine wichtigere Rolle spielt, bis zum Ende hin genial.
Was soll ich sagen? Schreib mehr! Führ es fort! Nein, dass wäre nicht richtig. Lass sie so wie sie ist~

Noch mal großes Lob!
Mach weiter so ;D


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