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Darkwood Circus

~Wenn du nicht weißt, wer du bist~
von

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Prolog

Mit leerem Blick und noch immer am ganzen Leib zitternd wankte Kathrin den von Dornensträuchen gesäumten Trampelpfad durch den Wald entlang. Ihr Haar war vollkommen zerzaust und schmutzig. Es starrte geradezu vor einer Mischung aus Schlamm, Staub und Blut, die langsam in ihren Haare trocknete, in denen sich schon zahllose kleine Äste verfangen hatten. Es schien, als wollte der Wald sie festhalten und nicht gehen lassen, aber sie wusste, dass sie zurück ins Dorf musste. Sie musste! Die anderen Dorfbewohner mussten erfahren, was passiert war. Was sie und die anderen getan hatten. Das Grauen hielt sie noch gepackt und ihr ganzer Körper bebte noch immer vor Erregung und Angst zu gleichen Teilen. Dass ihre Gliedmaßen sich überhaupt in Bewegung gesetzt hatten grenzte bereits an ein Wunder und Kate wusste ganz genau, dass es keine Wunder gab. Vielleicht gab es einen Gott, an den sie glauben konnte, aber wenn es ihn gab, dann war er ihr heute keine große Hilfe gewesen, obwohl sie gebetet hatte wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Getauft war sie auch, also sollte dieser angeblich liebende Vater bloß nicht mit der Ausrede kommen, dass sie gar nicht zu seinen Schäfchen gehörte! Heute hätte sie ihn und seine Unterstützung mehr als alles andere gebraucht, doch er hatte sie alle im Stich gelassen. Sie, Caleb, Michael, Jonathan und Rayne haben ihn um Hilfe angefleht und er schwieg. Er sah nur zu und tat nichts dagegen, dass 4 unschuldige junge Männer ermordet wurden! Sie mochten alle ihre Fehler gehabt haben, aber niemals hätten sie diesen Tod verdient. Aber nicht nur der Gott, zu dem sie seit dem Kindergarten beteten, hatte sie heute im Stich gelassen. Wo war die Polizei, die sie gerufen hatten? Wieso waren keine Streifenwagen oder wenigstens der Sheriff alleine gekommen? Alles, woran sie geglaubt und worin sie vertraut hatte war zerfallen und es gab nichts mehr, woran sie sich festhalten konnte. Sie war allein! Das leise Kichern in den Gebüschen links von ihr ließen sie aufhorchen und ihr Herz begann sofort wieder um ihr junges Leben zu pumpen als könnte es dadurch etwas an der vorhandenen Bedrohung ändern. Doch insgeheim wussten sie doch alle, dass sie nichts tun konnte. Sie und diese Monster! Was sollte ein dummer kleiner Mensch denn auch gegen diese Wesen ausrichten? Sie spielten mit ihr Katz und Maus und Kathrin befand sich in der unbequemen Position des Mäuschens, das von der grausamen Katze am Schwanz gepackt gehalten wurde und doch noch nicht gefressen wurde. Aber warum? Warum hatte man sie aus der Villa fliehen lassen, obwohl sie leichte Beute wäre? Ein verschwindend kleiner Teil von ihr hoffte, dass sie sie nicht töten würden, weil sie sich schon an ihren Freunden satt gefressen hatten, doch eigentlich wusste sie, dass die Jungs nur die Vorspeise waren. Sie hatte deutlich gehört, wie vom Dorf gesprochen wurde, und dass es eins der ersten Ziele sein würde, also schwebte auch jeder andere Mensch aus Darkwoods River in großer Gefahr. Und doch spürte Kathrin deutlich, dass diese Kreaturen ihr folgten und im Wald um sie herum lauerten. Sie hatte sie kichern gehört und sie spürte ihre Blicke deutlich auf sich. Sie war ein kleiner Snack für zwischen drin und es war nur eine Frage der Zeit, bis man sie packen und verschlingen würde. Und schon begannen die Sirenen in ihrem Kopf erneut zu heulen. Immer und immer wieder hatte ihr Verstand sie in dieser Nacht schon gewarnt und ihr gesagt, dass es vorbei war, aber zu ihrem eigenen Erstaunen und entgegen jeder Hoffnung lebte sie noch immer. Die Krallenspuren auf ihrem Rücken bluteten kaum noch, brannten aber ziemlich stark, ebenso wie der Biss an ihrer rechten Schulter, wo sich der Stoff ihrer weißen Bluse bereits komplett mit ihrem Blut vollgesogen hatte und zu einer roten Rose erblüht war. Da der dünne Baumwollstoff an ihrem Rücken aufgerissen worden war, bekam er wenigstens dort keine Blutflecken ab, wie ihr gerade durch den Kopf ging. Langsam drosselte sie ihr Tempo und ihre Sicht verschwamm. Sie spürte die Hitze in ihrem Gesicht und das warme Salzwasser in ihren Augen. Sie spürte bloß noch die Leere in ihrer Brust, denn alles war zerbrochen. Ihr fröhliches Gemüt hatte sich bereits in die Grube gelegt und es wartete darauf, dass sich auch der fleischliche Rest zu ihm in das feuchte Grab aus Lehm und Erde legen würde. Langsam und noch immer zitternd sank sie in die Hocke, schlang die Arme um ihre Beine und legte ihre Stirn an die Knie. Es war zu viel, sie konnte nicht mehr. Nur 5 Minuten Pause um sich zu beruhigen. Mehr wollte sie nicht, auch wenn sie wusste, dass sie diese Pause mit Sicherheit nicht bekommen würde. Irgendwann wurde auch dem ausdauerndsten und verspieltesten Jäger langweilig und dann riss er seine Beute, um sich nach dem Essen ein neues Spielzeug auszuwählen. Das wusste Kate ganz genau. Sie hatte sich so lange wie es ihr möglich war zusammengenommen und hatte alles gegeben, aber allmählich gingen ihre Kräfte zur Neige und sie wollte einfach nur noch nach Hause. Sie wollte geweckt werden um zur Schule zu gehen und dabei merken, dass alles nur ein schrecklicher Alptraum gewesen war. Sie wollte auf dem Schulhof wieder mit ihren Freunden zusammen sein und sie wollte mit ihnen reden. Sie umarmen, mit ihnen herum albern und wieder mit ihnen die dümmsten Aktionen abziehen, einfach weil es ihnen Spaß machte und niemandem schadete. Sie wollte leben! Wieder heiseres Kichern aus trockener Höllenkehle in den Sträuchern und es hallte von allen Steinhängen wieder. Sie konnte nicht sagen, von wo diese Laute kamen, doch sie wusste, dass es nicht wichtig für sie war. Sie konnte sowieso nicht entkommen und gerade war auch ihr Wille zu fliehen nicht mehr stark genug um sie wieder aufzurichten. Langsam begann es ihren Körper zu schütteln als sie zu schluchzen begann und die Augen schloss. Ihre überspannten Nerven drohten endgültig zu reißen und sie wusste nicht, was sie dagegen tun sollte. Sie hatte sich noch für so vieles entschuldigen wollen und eine eigene Familie gründen wollen, doch das war nun vorbei. Sie hatte kein Interesse mehr an Vergebung und auch nicht an Nachwuchs. Nein, sie wollte einfach nur lebendig hier heraus kommen und alle im Dorf davor warnen, was auf sie zu kam. Niemand sollte mehr sterben müssen, nur weil sie Mist gebaut hatte. Es war allein ihre Schuld was heute Nacht geschehen war und sie würde es noch mit ihrem letzten Atemzug bereuen. Egal, ob sie heute unter diesem Sternenhimmel im Wald sterben und den Boden mit ihrem Blut tränken würde, oder ob sie in hohem Alter einfach friedlich einschlafen würde. Ihr trockenes Schluchzen musste schnell durch die Tränenströme auf ihren Wangen weichen, durch die das alles beinahe schon klang, als würde sie ersticken. Sie spürte einen unerträglichen Druck in ihrem Kopf und der hatte nichts mit ihren Verfolgern zu tun. Schon die ganze Nacht über hatte sie diese Kopfschmerzen immer wieder bekommen und sie wäre wirklich dankbar, wenn jetzt irgendwo ein Päckchen Aspirin im Mondschein glänzen würde, das ein Wanderer verloren haben könnte. Natürlich wusste sie, dass man nicht einfach irgendwelche herum liegenden Tabletten schlucken durfte, aber wenn es Drogen wären, wäre es ihr auch egal. Beides würde sie freier machen und ihr helfen, das alles zu überstehen, denn sie fand einfach kein Ende und keinen Ausweg. Kathrin hatte kein Gefühl dafür, wie viel Zeit verstrich und wie lange sie dort weinend und zitternd im Wald hockte. Waren es Sekunden, Minuten, eine Stunde? Ihr Zeitgefühl war vollkommen aus den Fugen geraten, genau wie ihr ganzes Weltbild. Kein Gott half ihr und auch sonst war niemand da um ihr zu helfen. Sie war aufgeschmissen. Ihr Zustand war beinahe schon tranceartig, doch sie schreckte hoch, als sie Schritte vor sich im Kies hörte. Ruckartig hob sie den Kopf, doch das bereute sie sofort, denn ihr wurde schwindelig. Das gleiche Prinzip wie wenn man zu schnell aufstand zeigte sich auch hier und sie musste kurz die Augen zukneifen, weil ihr Kopf wieder von einer Welle des Schmerzes überrollt wurde. Als sie die Augen wieder öffnete, war sie alleine. Niemand stand vor ihr und es gab auch keine kleinen Gruben im Kies, die darauf hindeuten würden, dass dort jemand gestanden hatte, obwohl Kathrin ganz genau wusste, dass dort jemand gewesen war. Eine von ihnen! „Das Spiel wird langsam langweilig, Kleine. Wie wäre es, wenn wir dich jetzt holen? Klingt das nicht gut? Wir werden dich fangen und noch während du lebst... Während du warm und frisch bist werden wir dir Stück für Stück das Fleisch von den Knochen fressen!“, hörte sie eine dieser verdammten Frauen aus einem Versteck kichern, in das Kate nicht hinein sehen konnte. Ihre Gedanken überschlugen sich und drehten sich doch nur im Kreis während sie langsam und wachsam auf die Beine kam. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als wenigstens eine Waffe zu haben, doch sie war unbewaffnet, verletzt, alleine und einfach nur am Ende. Aber wollte sie wirklich hier sterben? Wollte sie als Mitternachts-Snack für irgendwelche Weiber her halten, die sie selbst dummerweise befreit hatte? Wollte sie das? Sofort schossen ihr wieder die Bilder der Leichen ihrer Freunde durch den Kopf und wie sie sich in dieser Villa ihren Spaß daraus gemacht hatten, Jonathan zu ärgern. Er war so schön schreckhaft gewesen, dass es wirklich zu verlockend gewesen war, auch wenn sie Freunde waren. Natürlich machten Freunde untereinander auch Späße, aber manche der Scherze in dieser Nacht waren wirklich makaber gewesen und teilweise auch sehr geschmacklos, wie Kathrin zugeben musste. Auch dafür würde sie sich gerne entschuldigen, aber das war unmöglich. Er war tot und sie würde den blonden Sonnenschein nie wieder sehen. Sie würde keinen ihrer Freunde je wieder sehen! War es dann richtig, sich einfach kampflos zu ergeben, weil man verletzt und erschöpft war? Sollte man nicht wenigstens versuchen, sich zu wehren und seine Freunde zu rächen, nachdem sie auf so grausame Art und Weise den Tod finden mussten? Jonathan wäre in drei Tagen achtzehn geworden und nur wegen ihr würde er das nun niemals erleben. Seine kleine Schwester war nun mit ihrer Mutter vollkommen alleine. Stumm wischte sich Kathrin die letzten Tränen aus dem Gesicht und sah auf den Boden vor ihren Füßen, um nicht in die schier endlose Schwärze blicken zu müssen, in die der Kiesweg führte, doch sie hatte die Ohren gespitzt und lauschte nach ihren Verfolgern. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“, kicherte eine andere Frau. Scheinbar war sie schräg hinter Kathrin, der langsam heiß wurde. Was war nur mit ihr los? Sie verstand sich selbst nicht mehr. Eben noch hatte sie vollkommen apathisch auf dem Weg gehockt und geheult, davor war sie in der Villa völlig hysterisch geworden und fast ausgeflippt und jetzt das. Kamen die Wechseljahre etwa schlagartig über einen, wenn man am selben Tag noch sterben würde? Nein, das war es ganz sicher nicht, da war sich Kathrin sicher. Was es war, wusste sie auch nicht, aber es war ihr auch egal. Lieber Hitze als diese Kälte, die sie bis eben noch umklammert gehalten hatte. Langsam hob sie den Kopf und blickte kalt zu ihrer Rechten, von wo die Frau mit ihr gesprochen hatte, die ihr schilderte, wie sie Kathrin verschlingen wollten. Sie sah und hörte von dort nichts außer dem Rascheln der Blätter im lauen Wind, doch sie wusste ganz genau, dass sie dort war. Dort in der Dunkelheit stand sie, ebenso wie ihre Schwestern, Freundinnen oder was auch immer. Sie standen dort und beobachteten ihre Beute. „Kommt und holt mich, Schlampen!“ Kathrin wusste gar nicht, wie sie dazu kam, solche Worte auszuspucken, nachdem sie schon so deutlich merken durfte, dass sie unterlegen war, aber es war einem wachsenden Teil von ihr egal. Die Hitze in ihrem Körper stieg stetig und sie war sich sicher, dass diese Hyänen das auch spürten. Sie mussten einfach merken, dass sich irgendwas verändert hatte und das bezog sich nicht nur auf den Gemütszustand der Teenagerin in ihren zerrissenen Kleidern. Die plötzliche Stille zeigte Kathrin sehr deutlich, dass sie Eindruck hinterlassen hatte. Kein Wind wehte mehr, kein Vogel wagte es sich zu rühren oder einen Laut von sich zu geben und der Wald erschien plötzlich, als habe jemand den Ton ausgeschaltet. Es war zu still! Aus dem Augenwinkel heraus entdeckte Kathrin einen langen Ast,von der dicke eines trainierten Männerarms. Als Waffe bestens geeignet! Aber würde sie ihn auch zu packen bekommen? Auch ihre Verfolger wussten ohne jeden Zweifel, dass dieser Ast dort lag, doch die Frage war, ob sie sich ihre Beute noch ein wenig länger als Spielzeug erhalten wollten, oder ob sie nun endgültig genug hatten und Kate sich keine Waffe nehmen lassen würden. Tief durchatmend machte sie sich bereit um sich auf den Ast zu werfen, auch wenn das mit Pech ihre letzte mutige Handlung sein würde. Und zwar für immer wenn sie nicht aufpasste. „KOMM SCHON!“, brüllte sie sich selbst in Gedanken an. Ihre Lungen füllten sich mit frischem Sauerstoff, ihr Herz begann erneut um ihr Leben zu pumpen und sie sprang auf den Ast zu; mit dem stummen Flehen, dass sie ihn doch bitte erreichen möge, auf ihren blutigen Lippen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-09-22T11:48:42+00:00 22.09.2012 13:48
Der Prolog ist schon mal erste Sahne^^ läd direkt zu mehr ein und ich hoffe, du bleibst am ball :D sehr spannend


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