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GRODE MANOR -Part 1- (July 1978 - November 1981)

von

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July 1978 -1-

Meine Tränen vermischten sich mit dem Regen, als ich am Grab meines Bruders stand und leise Abschied von ihm nahm. Ich spürte nichts als die große Leere, die er hinterlassen hatte, tief in mir drin. Mein Herz wurde schwer, als ich den Sarg in dem dunklen Erdloch sah, geschmückt mit weißen Lilien und roten Rosen.

Jemand legte eine Hand auf meine Schulter. Ich sah auf und erkannte meinen Vater, dessen Augen grau und leer waren.

„Es ist gut, Jane.“, sagte er und blickte auf den Sarg. Eine Träne wanderte seine Wange entlang. Er verwischte sie nicht.

Langsam riss ich mich los aus dieser Starre, drehte mich herum und sah über hundert Leute vor mir, alle in Schwarz und auf weißen Stühlen sitzend. Ich erkannte meine Mutter, die weinend an der Schulter meines zweiten Bruders, Samuel, lehnte. Er hielt sie in den Armen und versuchte sie zu trösten, aber es gelang ihm nicht. Neben ihm saß Kevin, zusammen mit Kelly, seiner Verlobten. Neben Kelly erkannte ich Alice, die Frau meines verstorbenen Bruders. Still saß sie da und hatte ihre Hände auf ihrem schwangeren Leib gefaltet. Tränen schimmerten in ihren Augen.

Ich bewegte mich nach rechts und sah Lily, meine beste Freundin, zusammen mit James Potter, Sirius Black und Remus Lupin. Der Platz neben Remus war frei.

Ich bewegte mich auf den Achtzehnjährigen zu und ließ mich neben ihm nieder. Ich konnte meine Mutter schluchzen hören.

Hinter mir spürte ich tiefe Blicke. Ich drehte mich herum und erkannte Severus Snape, der mir aufmunternd zulächelte. Ich schüttelte den Kopf. Nicht jetzt.

James legte einen Arm um Lily, deren Augen in Tränen schwammen. Sirius’ Blick war starr auf Alice gerichtet, die jetzt auf das Grab zuging, um ihrem Mann den letzten Gruß zu schenken. Ich beobachtete sie und ein Stöhnen ging durch die Menge, als Alice im Schlamm zusammenbrach und hemmungslos weinte. Mein Vater und Kevin eilten auf sie zu und versuchten, sie wieder zurück auf ihren Stuhl zu bringen. Alice jedoch kniete im Schlamm und weinte hemmungslos, ungeachtet dessen dass sie von lauter Leuten umgeben war. Ich zuckte zusammen als in einem Schluchzer der Name meines Bruders fiel, laut und durchdringend. Mein Vater sank auf die Knie und begann auf sie einzureden, streichelte mit der Hand über ihre Schulter. Ihre Hände waren um ihren Leib gekrallt und das dunkelrote Haar klebte in Fetzen an ihrem Gesicht. Ihre Augen waren starr auf das Grab gerichtet und Alice atmete unregelmäßig und stockend, fast als würde sie atmen wollen, es aber nicht schaffte. Kevin neben ihr kämpfte mit den Tränen als Alice erneut nach Dean rief. Doch er hörte sie nicht.

Er hörte niemanden von uns.

Vater sprach weiter auf sie ein während die Menge verstohlen zu Boden sah und sich nicht regte.

Schließlich beruhigte sich Alice langsam wieder, begann tief durchzuatmen und schaffte es, mithilfe meines Bruders und meines Vaters wieder aufzustehen. Deans Witwe zitterte als sie sie auf ihren Platz zurückführten, wo sie Kelly mit geröteten Augen in die Arme schloss.

Ich seufzte tief auf, während eine neue Welle der Trauer mich überrollte. Tränen sammelten sich wieder in meinen Augen und ein Frösteln durchfuhr mich. Ich spürte, wie ein Wind aufkam und über den Platz fegte. Ich sah auf und erkannte in der Ferne Hogwarts, unsere Schule. Ich stand kurz vor meinem Abschluss, die Prüfungen lagen hinter uns und es waren nur noch drei Wochen bis zu unserem Abschlussball. Vor einer Woche hatte ich mich noch darauf gefreut und mich gefragt, ob Remus mich einladen würde.

Jetzt wünschte ich mir nichts mehr, als mich in meinem Schlafsaal verkriechen zu können und in Ruhe zu trauern… um Dean, der viel zu früh gegangen war…
 

Später am Abend saß ich alleine vor dem Kamin im Gemeinschaftsraum von Gryffindor. Die anderen waren alle beim Abendessen in der Großen Halle, aber ich hatte keinen Hunger gehabt. Lily meinte, ich würde noch zu einem Skelett werden, wenn ich so weitermachen würde.

Mir war das egal.

Dean, mein großer Bruder, war tot… ermordet von einem Todesser. Zu Tode gefoltert.

Die Flammen knisterten vertraulich und ich erinnerte mich an die Abende bei uns daheim in Derbyshire, wenn Dean mir Geschichten erzählte und mich vor dunklen Schatten beschützte.

„Jane?“, fragte eine sanfte Stimme und ich schreckte auf. Vor mir stand Remus, sein Blick sah besorgt aus.

„Hm…?“, fragte ich leise und verwischte mir mit dem Handrücken die Tränenflüsse auf den Wangen.

„Ich… dachte mir, du könntest ein bisschen Gesellschaft brauchen?“

Remus, höflich wie immer.

„Nein… ich will nur allein sein…“, murmelte ich und nahm mir ein Kissen, das ich umarmte.

Remus sagte nichts. Stattdessen legte er ein Päckchen auf den Tisch vor mir. Er wickelte es aus und hervor kamen zwei Sandwichs, ein Apfel und ein Stück von einem grünschimmernden Kuchen.

„Ich dachte, du könntest vielleicht hungrig sein…“

Ich sah das Essen, aber in mir regte sich nichts, was einem Hungergefühl ähnlich schien.

Das Feuer zauberte Schatten an die Wand.

Remus stand immer noch vor mir, die Hände in den Hosentaschen verborgen, und sah mich an. Ich spürte seine Blicke auf mir und wünschte mir doch, dass er ging.

„Musst du nicht zur Peitschenden Weide?“

„Erst nächste Woche, dann haben wir wieder Vollmond.“, antwortete Remus und wieder versanken wir in tiefem Schweigen.

„Mhm…“, murmelte ich und versteckte mich noch mehr hinter dem Kissen. Mein Blick wanderte an Remus vorbei ins Feuer. Ich konnte seinen Duft riechen. Er trug das Parfum, das ihm seine Freundin zu Weihnachten geschenkt hatte. Meine Güte, war ich damals eifersüchtig gewesen…

„Du trägst das Parfum von Weihnachten…?“, fragte ich, sah ihn aber nicht an.

Remus schien zu lächeln. „Von dir kam ja keins, deswegen…“ Er fuhr sich durch die Haare. Das machte er immer, wenn er nicht mehr weiterwusste.

Wäre Dean nicht tot gewesen, wäre ich sofort rot angelaufen und hätte zu stottern angefangen. Ich liebte Remus, und ich glaube, er wusste es. Ich liebte ihn seit dem dritten Schuljahr und immer hoffte ich darauf, dass er meine Liebe erwidern würde. Selbst, als er in der siebten Klasse begann, mit Marisol Abbott aus Ravenclaw zu gehen..

Als ich erfuhr, dass es zu unserem Abschluss einen großen Ball geben würde, träumte ich davon, wie Remus mich einladen würde. Er war begehrt unter den Mädchen hier in unserer Stufe, und darunter. Nicht so sehr wie James oder Sirius, aber er konnte die Blicke auf sich ziehen, wenn er den Gang entlang ging. Er sah aber auch zu gut aus.

Sein Haar war lang und hing ihm über die wunderschönen Augen, in die jedes Mädchen versank. Er lief immer adrett gekleidet mit Hemd und Krawatte herum, aber unter seinem Hemd konnte man, wenn er sich streckte oder beugte, seinen muskulösen Körper erkennen. Die vielen Streifzüge mit den Rumtreibern hatten ihm gut getan…

„Jane? Schläfst du?“

Ich blinzelte und bemerkte, dass Remus nun neben mir saß, aber noch genug Platz zwischen uns ließ, dass ein Hauself dazwischen gepasst hätte. Für Remus war ich immer, und wirklich immer, eine gute Freundin gewesen, nicht mehr… und nicht weniger. Ich wusste nicht mehr, wie viele Nächte ich schon wegen ihm wach gelegen hatte, jeden Satz den wir an einem Tag gewechselt hatten neu rekonstruierte und mich mit klammen Herzen fragte, was er von mir dachte…

„Komm, ich bring dich hoch, ja? Du schläfst mir sonst hier noch ein.“

Ich spürte, wie ich unter den Achseln hochgezogen wurde. Ich fühlte mich schlapp und sank in starke Arme, die mich festhielten. Ein Arm hielt mich am Oberkörper fest, während der andere meine Beine hielt. So wurde ich getragen, eine Treppe hoch. Ich spürte, wie die Tür aufgestoßen wurde und ich fröstelte, als ich die Kälte des leeren Raumes spürte. Ich klammerte mich an Remus und seine Arme hielten mich noch stärker fest.

Sanft wurde ich auf ein Bett gelegt. Das Kissen schmiegte sich an mein verschmiertes Gesicht und die schwarze Kleidung, die ich trug. Ich fühlte, wie mir die Schuhe ausgezogen wurden und wie ich zugedeckt wurde. Jemand setzte sich zu mir ans Bett und begann langsam, meinen Kopf zu streicheln.

Remus.

Ich öffnete meine Augen und sah im flackernden Kerzenlicht, welches Remus auf meinem Nachttisch entzündet hatte, ihn. Meinen besten Freund, dem ich hoffnungslos verfallen war…

Ich stöhnte leise auf, als ich mich aufsetzte. An Schlaf wollte ich im Moment überhaupt nicht denken. Nicht, wenn Remus hier so nahe bei mir war…

Ich spürte, wie er Dean aus meinem Kopf verdrängte und mich vollkommen ablenkte.

„Remus…?“, fragte ich leise und sah zu ihm auf. Sein Blick war wach und vertrauenserweckend.

„Ja?“

„Warum… warum machst du das alles…?“

Remus sah mich irritiert an. „Was meinst du?“

Ich legte den Kopf ein wenig schief. „Du weißt schon… dich um mich sorgen, mir was zu essen bringen und dann ins Bett tragen…“

Remus lächelte sanft. „Freunde tun so was eben, Jane. Und du bist die beste Freundin, die ich jemals hatte.“

Mein Herz sackte drei Stockwerke tiefer.

Ich war seine beste Freundin… mehr nicht. Marisol war mit ihm zusammen. Und er würde mit ihr zum Abschlussball gehen… er würde mit ihr zusammenziehen, sobald sie alt genug waren… und er würde sie heiraten, eines Tages… und ich würde daneben stehen mit einem tiefen Loch in meinem Herzen…

Marisol, Marisol, Marisol.

Und keine Jane…

Und wiederum würde es in meinen Gedanken immer Remus geben...

„Ich glaube, du schläfst jetzt am Besten, Jane.“, sagte Remus und streichelte noch einmal mein Haar. Wieso fühlte ich mich nur so schlecht?

Etwa, weil ich Dean aus meinen Gedanken verdrängte?

Weil ich stattdessen nur an Remus dachte?

Was war nur los mit mir…

„Schlaf gut, Jane.“, flüsterte Remus und drückte mir einen kleinen Kuss auf den Kopf. Dann stand er auf.

Ich schreckte auf. „Remus?“

Er hatte die Hand schon um die Türklinke gelegt. „Ja…?“

„Würdest du… könntest du… vielleicht… heute Nacht bei mir bleiben?“ Meine Stimme zitterte vor Aufregung und Sehnsucht.

Remus lächelte wieder. „Natürlich.“

Dann kam er auf mich zu und setzte sich auf das Bett. Er zog seine Schuhe aus und löste seine Krawatte, die er sorgfältig auf den Nachttisch legte. Ich rückte ein wenig zur Seite, damit er sich neben mich legen konnte. Er blies noch die Kerze aus, legte sich dann zu mir und schlang die Decke um uns beide. Ich spürte, wie er mich in seine Arme nahm und mich an sich drückte. Ein schwerer Kloß im Hals machte es mir schwer zu schlucken als ich daran denken musste, wie oft er Marisol wohl schon so in den Armen gehalten hatte…

Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und lauschte dem Klang seines Herzens. Sein tiefes Atmen gab mir Sicherheit und Zuversicht auf das, was noch kommen würde.

Ich musste wieder an Dean denken und schluckte schwer. Er war nicht mehr hier… und er würde es niemals mehr sein… Es zerriss mir das Herz als ich an Alice denken musste, die sich im Moment bei meinen Eltern befand, bis Deans Kind geboren wurde.

„Remus…?“, fragte ich leise und wartete auf eine Antwort von ihm.

„Hm…?“

„Versprich mir, dass du mich niemals verlässt, ja?“

Ich spürte, wie Remus lächelte. „Dummerchen. Wie könnte ich dich jemals alleine lassen?“



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