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Wo der Himmel ist

Sag mir das das hier ein Märchen ist, mit Happy End für alle Leute.
von

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Keine Panik hinterm Eingangstor - Es wird gleich besser gehn

Hey Leute,
 

ich muss ja zugeben mir erscheint der Anfang selbst ein bisschen random zusammengewürfelt xD Aber ich denke es erfüllt genau das was ich bezwecken wollte. Zumindest hat Frau gleich mal ordentlich zu tun haha //D Der Arme... ach quatsch. Ich hoffe ihr fühlt euch nich zu sehr erschlagen von der Länge und jetz wünsch ich euch viel Spaß mit meinem kleinen Monster //D Bin gespannt auf eure Meinung <3
 

Sometimes Watson dreamt of his life before, and in the morning he remembered it as an alien planet, dull and dry and airless. Every time he looked at Holmes, he felt like he'd just woken up from years asleep.
 

From A Sherlock Holmes Novel
 


 


 

Altbekannte fast vergessene Geräusch erfüllten die Luft. Maschinen surrten und piepten, die Motoren lärmten und die Stimmen von Menschen erklangen. Frau kräuselte die Nase in welche ihm ein vertrauter Geruch stieg, der ihn langsam die verschlafenen Augen öffnen ließ. Es roch nach Alkohol, Schmier- und Motorenöl und noch einer Menge mehr das er im ersten Moment gar nicht einordnen konnte. Benommen rollte er sich auf den Rücken, starrte an die Unterseite der Koje über ihm. Immer noch viel zu dicht... dachte er und dann, das er wohl träumen musste. Auch wenn ihm bisher keiner dieser Träume so realistisch erschienen war. Frau gab ein undefinierbares Geräusch von sich, rieb sich schwerfällig die Augen und blickte weiterhin die Unterseite der Koje über ihm an. Eines seiner Beine hing in der Luft, er bewegte es ein wenig. Wie um zu überprüfen ob es noch funktionierte, ehe er es sich streckte und feststellte das wohl all seine Knochen noch heil und in Ordnung waren. Gerne wüsste er wie spät es war, er fühlte sich nur relativ ausgeruht. Das Geräusch das er beim aufstehen von sich gab glich einer Mischung aus einem Grunzen und einem Brummen. Schlaftrunken ging er einige Schritte umher, orientierte sich bis er die Tür fand. Gott, er braucht Kaffee, aber ganz dringend, sonst funktionierte hier bei ihm gar nichts.
 

All den Schlaf den er die Jahre über in der Kirche versäumt hatte, weil er so früh hatte aufstehen müssen hatte er jedes Mal nur mit einem fast ungesundem Kaffeekonsum wiedergutmachen können. Das sich das aber auch in seinen Träumen jetzt niederschlug irritierte ihn jedoch. Das er überhaupt müde war sagte ihm schon das hier etwas nicht stimmte. Doch gerade auch deswegen schaffte er es einfach nicht dieser Sache weiter auf den Grund zu gehen. Er stieß mit jemandem zusammen und wollte eigentlich ungeachtet dieser Tatsache weitergehen bis sich irgendwann jemand seiner erbarmte und ihm eine Tasse Kaffee in die Hand drückte oder bis er die Küche fand. Beides Szenarien die wohl noch lange auf sich hätten warten lassen, wenn Diego nicht reagiert hätte. „Mick, pass do–!“, weiter kam er nicht, denn schon war der Blonde einfach weiter getrottet. „He, Mick hörst du mir überhaupt zu?“, empörte sich der Ältere, doch es kam nur ein undefinierbares Geräusch zur Antwort und er wusste nicht mal sicher das es auch an ihn gerichtet war. Schnurstracks ging er also auf die große blonde Gestalt zu und wollte ihm mal ein wenig den Kopf waschen, erkannte das Problem allerdings sofort als er Fraus Gesicht erblickte. Dieser hatte die Augen nicht mal ganz geöffnet, starrte nur träge vor sich hin, während er nicht mal zu bemerken schien wer oder was da eigentlich mit ihm sprach. Genaugenommen wusste Frau nicht mal was genau eigentlich passiert war. Er hatte nur ein Hindernis wahrgenommen und war ihm dann erfolgreich aus dem Weg gegangen. Das sich dabei noch um einen Menschen gehandelt hatte, war ihm völlig entgangen. Diego schmunzelte und vergaß seinen Ärger vorerst. „Komm mit großer“, er klopfte Frau auf die Schulter und lotste ihn den Korridor entlang. Frau folgte ihm, gab ab und zu etwas undefinierbares von sich, wobei Diego aufpasste das er nirgendwo gegen lief. Er führte den Blonden in den Gemeinschaftsraum und reichte ihm eine Tasse Kaffee, mit Milch und Zucker, so wie immer. Doch dieses Mal verzog der Blonde das Gesicht.
 

Er nuschelte etwas das nach „viel zu süß“ klang und schien aber auch nicht dazu zu lernen, als er erneut einen Schluck trank. Diego der im ersten Moment nur verwirrt geguckt hatte, tauschte schließlich kopfschüttelnd die Tasse in der Hand des Blonden und verfrachtete ihn auf einen Stuhl in der Nähe. Er sagte etwas, doch Frau achtete nicht auf die Worte. Er nickte nur und beobachtete wie der Blondgelockte im weggehen seine Haare im Nacken zusammenband. Erneut trank er einen Schluck Kaffee. Kein Körnchen Zucker. Zufrieden seufzend lehnte er sich zurück und schloss die Augen, ließ den Kaffee langsam auf sich wirken, während er immer wieder einen Schluck des heißen Getränks zu sich nahm. Was für ein komischer Traum das alles wie im gewohnten Tempo ablief. Frau gähnte und trank seine Tasse fast leer, rieb sich den Schlaf aus den Augen. Er befand sich irgendwo im Schiffsbauch, soviel war ihm klar. Der Raum war recht groß, es gab einen Tisch und mehrere Stühle, wobei er auf einem dieser saß. Außerdem gab es eine Kaffeemaschine und in einer Ecke stand ein schon etwas mitgenommen aussehender Kühlschrank. An den Wänden ließ sich noch erkennen wo die Löcher, die die herausgenommenen Kojen hinterlassen hatten, verspachtelt worden waren. Frau erinnerte sich an diesen Raum. Hier wurde Karten gespielt, Alkohol getrunken und Kaffee und Playmates waren an die Wände gepinnt worden. Eine leicht bekleidete Frau zierte die Rückseite der Tür, das Poster hatte an den Rändern schon leiden müssen, wie er bemerkte. Ein schwaches Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er sich umsah, hier und da lagen Jacken und Mäntel über einem Stuhl oder in einer Ecke über einem Paar Stiefel. Auf der Mitte des Tisches stand ein Aschenbecher und er sah einige Zigarettenpackungen im Raum verstreut, teilweise gleich mit dem dazugehörigen Feuerzeug.
 

Frau griff sich eine der Schachteln, klopfte eine der Kippen heraus und zündetet sie sich an. Er trank seinen Kaffee aus und verließ den Raum, es würde ihm wohl schon keiner krumm nehmen, wenn er sich dabei bedient. Frau blies den blauen Rauch in die Luft, während er den Gang hinab schlenderte und sich fragte was genau er jetzt machen sollte. Er wusste nicht mal was hier seine Aufgabe war. Kurzerhand tastete er die Taschen seiner Kleidung ab, doch fand er keinen Hinweis auf seinen möglichen Zuständigkeitsbereich. Schulterzuckend ging er also weiter und warf der türkishaarenen Frau die an ihm vorbeiging im Nachhinein einen Blick zu. Ihre Kleidung ließ vermuten das sie wohl für diverses Reparaturen zuständig war. Eine Augenbraue hebend wandte er seinen Blick wieder nach vorne, zog an seiner Zigarette. Das er sich so hübsche Mechanikerinnen dazu träumte war allerdings definitiv neu, er sollte sich später nochmal mit dem hübschen Ding befassen. Zumindest nahm er sich das vor, während er den Kopf in einen vermeintlichen leeren Raum steckte. Er erblickte Kojetan, wollte etwas sagen aber kaum hatte der schwarzhaarige aufgeblickt, hatte ihn auch schon jemand anders erblickt.
 

„Mick da bist du ja!“, erklang eine im wohlvertraute und es durchfuhr Frau, weil sie so unglaublich real klang. Nur knapp konnte er es verhindern zusammen zu zucken, als er sich umdreht und auch schon eine Hand auf seiner Schulter spürte. Blinzelnd blickte er in die eisblauen Augen seines Gegenübers, lächelte schwach und versuchte ernsthaft ihm zuzuhören. Aber eigentlich war es ja gar nicht so wichtig oder? Es war doch sowieso ein Traum und, er blinzelte erneut und schüttelte den Kopf als ein plötzliches beben das Schiff erschütterte. Frau erstarrte und brachte es für einige Momente nicht fertig. „Beweg dich endlich Mick!“ Ein weiterer Streifschuss sandte ein schwaches zittern durch den Schiffskörper. „Koji ab an die Kanone! Du kommst mit mir“, mit diesen Worten packte er Frau am Arm, welcher ihm schnellen Schrittes folgte.
 

„Was is hier los?“, fragte er doch Gido schaute ihn, als ob er gerade gefragt hätte ob das hier wirklich ein Piratenschiff war und die Erde um die Sonne kreiste oder ob er wirklich Luft zum Atmen brauchte oder sowas anderes völlig dummes.
 

„Das sind die Bastarde vom Militär, was denn sonst?!“, antwortete er, während sie ins Cockpit hechteten. „Wieso sind die so dicht?“, herrschte er den Piloten gereizt an. Dieser beachtete das Gekeife jedoch nicht weiter.
 

„Die ham uns aufgelauert“, erklärte er und wich einem weiteren. „Boss krieg dich ein, wir brauchen jemanden an den Kanonen.“
 

„Ich hab Koji schon runter geschickt, Ty müsste sowieso noch unten sein“, Gido griff nach einem Mikrofon und setzte sich mit den beiden in Verbindung. „Mick du hilfst Shakir!“
 

Doch noch bevor sich Frau an diesen wenden können, ereilten ihn auch schon dessen Worte.

„Meine Rede, wie viel Abstand Blondie?“ Blondie? Frau wollte sich schon empören da zogen auch schon die blinkenden und piepsenden Monitore seine Aufmerksamkeit auf sich.
 

„Noch knapp drei Kilometer Luftlinie!“, antwortete er dem Blonden jungen Mann am Steuer. Was fiel diesem, diesem... noch bevor Frau eine Beleidigung einfallen konnte, bemerkte er eine Silhouette am Horizont. „Wie weit sind wir noch von der Stadt entfernt?“
 

„Was?“
 

„Wie weit sind wir noch von der Stadt entfernt?“, wiederholte Frau doch dieses Mal eindringlicher.
 

„50... 80 Kilometer vielleicht, hör mal ich flieg doch je-“
 

„Doch“, Fraus Stimme war ernst. Eine Stadt bedeutete eine Kirche und eine Kirche bedeutete Sicherheit. Auch in er Luft.
 

„Du bist doch völlig plemplem“, ein Ruck ging durch das Schiff als sie den Beschuss zu erwidern begannen. „Ich flieg nicht auf eine Stadt zu, wenn die uns abschießen wollen.“ Dennoch beschleunigte er das Tempo mit dem sie flogen und Frau konnte auf dem Radar erkennen das auch das Militär aufzuholen begann.
 

„Genau deswegen ja! Über der Stadt is die wahrsch-“
 

„Als ob die Arschlöcher das kümmert“, der Pilot grinste trocken.
 

Doch Fraus Blick war nur auf die immer kleiner werdendes Stadt fixiert. „Flieg auf die Kirche zu...!“, sagte er mit fester Stimme.
 

„Spinnst du als ob die uns helfen!“
 

„Darum-“
 

„Ey was is da los bei euch, streiten könnt ihr euch später!“ Frau fuhr herum nur um Gido zu erblicken, blinzelte ein paar Mal, während ihm der Schock der Erschütterung immer noch tief in den Knochen saß.
 

„Wasch Blondie den Kopf! Wir können nicht auf die Stadt zufliegen!“
 

„Mick das-“
 

„Doch! Es mag sie vielleicht nicht kümmern das es eine Stadt ist, aber uns sollte es das. Da wo eine Stadt ist ist auch eine Kirche und den Luftraum direkt über der Kirche und im Umkreis von 10 Kilometern dürfen die Schwachmaten nicht ohne Erlaubnis passieren.“ Wenn das hier wirklich ein Traum war dann musste das einfach klappen. „Shakir dreh um und flieg auf den ersten Kirchturm zu den du siehst und bleib da gottverdammt nochmal!“ Doch immer noch drehte Shakir nicht um.
 

„Wenn du mir sagst was das bringt?“
 

„Sie können nicht ewig ausharren, das kann sich das Militär doch gar nicht leisten. Außerdem ist die Kirche sowieso dazu verpflichtet allen Schutz zu gewähren die ihn suchen.“
 

Gido blickte seinen Schützling einige lange Sekunden an, dann nickte er knapp. Etwas in Fraus Augen hatte ihn überzeugt. „Shakir tu was er sagt, ich vertrau ihm.“ Das Mikrofon knisterte. „Zielt auf die Motoren vielleicht kriegen wir sie hier irgendwo auf dem Flachland auf den Boden.“ Erleichtert stellte Frau fest das sie jetzt jedoch wirklich drehten und auf die Stadt zusteuerte. Stück für Stück wurde die Silhouette größer und breiter und nach einer Weile ließ sich sogar schon der Kirchturm erkennen. „Geh unter Deck schau nach wies da aussieht“, wandte sich der Schwarzhaarige wieder an Frau, welcher nickte und hastig davonrannte. Er wusste ganz genau was er überprüfen musste, sein erster Blick galt dem Maschinenraum, dann direkt am Heck der Frachtraum. Es gab ein dumpfes Geräusch als er und die junge Frau von vorhin zusammenstießen.
 

„Mick...“, keuchte sie erschrocken. Kratzer und Schürfwunden zierten ihren Körper. „Die Drachen... im Frachtraum, sie ham ein Loch in die Wand gerissen und jetzt sind sie total verstört, wenn wir nicht was unternehmen zerstören sie noch die ganze Ladung!“, sie rüttelte ihn an den Schultern.
 

„Lauf hoch zu Gido, sag ihm wies hier unten aussieht! Ich kümmer mich drum!“, rief er und lief auch schon weiter. Er war zwar kein Drachenexperte und Orion war sowieso ein ungewöhnlich menschenfreundliches Exemplar, aber er war sich dennoch sicher das er das hinkriegen würde. Schon von weitem konnte er das wüten der aufgebrachten und verängstigten Echsen hören. Ein lautes Poltern war zu vernehmen, kurz bevor er die Tür zum Frachtraum aufriss und gleich auf von einem der Drachen umgeworfen wurde. Durch die Rüstung war das Tier schwerer als sowieso schon und selbst Frau hatte seine Mühe ihn von sich runter zu wuchten, sein Arm schlang sich dabei um den Hals des Tieres und er verbiss sich in dessen Ohr. Etwas das ihm Gido einmal beigebracht hatte, so machten die Echsen einander klar, wer hier das Alphatier war. Zumindest nachdem er reichlich dumm zugesehen hatte wie dieser mit dem Drachen seines Hawkziles gekuschelt hatte. Mehr als hoffen das es funktionierte konnte er gerade jedoch auch nicht. Die Schuppen schmeckten ein wenig nach Sand, aus den Stallungen und Metall, oder vielleicht war es auch ein wenig Blut. Das Ohr entglitt ihm und er landete unsanft auf dem Rücken, rappelte sich wieder auf und packte den Drachen erneut, bevor dieser wieder lospreschen konnte. „Ruhig, ganz ruhig“, mit eindringlicher Stimme redete er auf die verstörte Echse ein, während er deren Kopf so gepackt hielt das sie ihn ansehen musste. Schnaufend blickte diese ihm entgegen, versuchte sich zu wehren und schien sich nur langsam zu beruhigen. „Komm mit“, er schnalzte lockend mit der Zunge und der Drache folgte ihm, schien seine tobenden Kollegen selber ignoriert zu haben, Frau brachte ihn ein paar Meter weiter und sah dann wieder zu dem Knäuel aus Echsen das sich scheinbar nur noch selber verrückt machte.

„Verdammte Scheiße“, knurrte er, stürzte sich aber dennoch ins Getümmel.
 

Zerkratzt und zerbeult sank er schließlich an einer umgekippten Kiste zusammen. Hoffentlich hielt der Inhalt das aus, obwohl eigentlich konnte ihm das ja egal sein. Ein tieferer Kratzer unterhalb seines Schlüsselbeins pochte unangenehm, doch er ignorierte es. Der dumpfe Schmerz ließ sich seine Gedanken drehen wie ein Karussell. Was zur Hölle war hier bloß los? Im Traum suchte einen doch höchstens die Erinnerung an den Schmerz heim oder nicht? Man wusste das es wehtat, aber man spürte es nicht wirklich. Außerdem was träumte er hier überhaupt für einen Scheiß. Schritte näherten sich, doch er reagierte kaum. Wie benommen ließ er sich hoch helfen und folgte Koji zurück nach oben. Er hatte das Licht im Frachtraum angeschaltet und die Drachen voneinander getrennt und beruhigt. Sogar ohne nochmal einem von ihnen ins Ohr beißen zu müssen. Diego war es der letztlich seine und die Wunden der jungen türkishaarenen Frau anblickte. Schmerz. Er konnte es immer noch nicht richtig begreifen. Dennoch... er spürte Schmerz und er spürte wie der Gedanke den diese Empfindung aufkeimen ließ sein Herz wie wild rasen ließ. Das hier war real. Und mit einem Mal schien ihm das vor seinen Augen wie es alles ein mal vor sehr vielen Jahren gewesen war. „Mick?“, Besorgnis schwang in dieser ihm so wohl vertrauten Stimme mit.
 

Frau blickte auf und grinste, „ja?“ Freude funkelte in seinen Augen, womit er Gido für einen Moment zu verwirren schien, doch dann schüttelte dieser nur leicht den Kopf. Gerne hätte er ihm erklärt, doch er wusste es ging nicht. Er wusste das wäre zu verwirrend, also blieb es dabei das er sich freute. Er freute sich diesen Mann zu sehen, der ihm so viel bedeutet hatte und darüber das sie beide am Leben waren. Er freute sich einfach... es machte ihn glücklich. Doch er konnte es trotzdem nicht so wirklich begreifen. Das alles musste doch noch ein Traum sein. Ein Traum mit Schmerzen die sich echt anfühlten. Wie eigenartig. Wahrscheinlich würde er gleich aufwachen, dann war eh alles egal. Gidos Worte drangen schon gar nicht mehr zu ihm durch, er nickte nur ab und zu um vorzugeben das er zuhörte.

Zu seinem Glück sollte er recht behalten, denn das Militär hatte keine Lust sich die Mühe zu machen erst die Erlaubnis einzuholen um sie weiter zu verfolgen. Also drehte das Schiff nach einer Weile ab und sie tuckerten langsam über die Stadt hinweg, auf der Suche nach einem sicheren Ort um ihr Schiff wieder auf Vordermann zu bringen.
 

„Woher wusstest du das eigentlich?“, die Frage des Schwarzhaarigen überraschte ihn nicht, aber dennoch zögerte er einen Moment bei seiner Antwort. Sie saßen in der Kapitänskajüte. Frau auf seinem Bett und der Ältere an seinem Schreibtisch.
 

„Das hat es lange versucht so geheim wie möglich zu halten. Sie haben ein Abkommen mit dem Papst, deswegen dürfen sie den Luftraum um und über den Kirchen nur mit Erlaubnis überqueren. In der Regel wissen davon auch nur die Soldaten und die Bischöfe. Das Militär“, Frau sagte mit Absicht nicht das barsburger Militär, „will nicht das jemand auf die Idee kommt es gegen sie zu nutzen. Deswegen haben sie es da-“ Er brach ab und setzte neu an. „Sie halten es vor den Piraten geheim, jagen sie deshalb auch mit Absicht über den Städten. So sollen wir nicht darauf kommen, das wir gerade dort Schutz suchen könnten.“ Er hörte Gido ein anerkennendes Geräusch von sich geben.
 

„Da hat sich wohl jemand schlau gemacht wies aussieht.“
 

Unwillkürlich verlegen grinste Frau und fügte hinzu, „hat mir mal jemand erklärt...“ In Wahrheit hatte er sich das aus den Zeitungsberichten und dem was er als Bischof gelernt hatte zusammenklamüsert. Doch das sagte er dem Anderen nicht. Mit einem leisen Seufzen lehnte er sich zurück und schloss für einen Moment die Augen, während seine Gedanken zu Teito wanderten. Teito... Teito... Was wohl aus diesem... nein, irgendwie bezweifelte er das er den Brünetten in seinen jetzigen Traum eingebaut hatte. Schade, dachte er sich und öffnete die Augen wieder, wobei ihm eine Karte an der Wand gegenüber auffiel. Sie zeigte beide Königreiche. Raggs und Barsburg und einige verstreute Inselgruppen. „Gido...“, der Blonde stockte kurz, beim sprechen wie beim aufstehen ob dieses vertrauten Namens. Schon so lange hatte er ihn nicht mehr ausgesprochen. Der Schwarzhaarige hatte sich beim Klang seines Namens herumgedreht und bemerkte wie der Jüngere zögerte. „Wo sind wir genau?“, fragte Frau schließlich, als er aufgestanden war und Schritt zu der Karte herüber. Der Ältere stand nicht auf, lehnte sich zurück und musterte die Karte aus der kurzen Entfernung.
 

„Irgendwo kurz vor der Grenze von Raggs...“, sagte er schließlich und beobachtete wie der Andere mit dem Finger unsichtbare Linien über das Papier zog. Jedoch fragte er nicht was er damit bewirken wollte. Vielleicht dachte er über etwas nach. Er seufzte leise und fuhr sich durch die schwarzen Haare. „Du solltest dich ausruhen Mick.“
 

Da. Schon wieder diese Name. Mick. Selbst wenn ihn seit Jahren niemand mehr so genannt hatte um er ihm eigentlich fremd geworden war, reagierte er immer noch wenn ihn dieser Mann so ansprach. Ein schwaches Lächeln legte sich auf Fraus Lippen, dann blickte er weg. Er presste die Lippen aufeinander und fragte vorsichtig, „kann ich hier schlafen?“ Der Blonde hatte nichts dagegen sich hinzulegen, da würde er sich zur Ausnahme mal nicht mit dem Anderen drum kabbeln. Er konnte den argwöhnischen Blick Gidos spüren, doch er erwiderte ihn nicht. Wenn das hier ein Traum war, dann wollte er lieber früher als später aufwachen. Das hier war alles zu real. Je länger das hier anhielt, desto sicherer würden bald die Flashbacks wieder einsetzen und ihn quälen.
 

„Klar...“, antwortete Gido schließlich und machte eine Handbewegung, als wäre es ihm recht egal. „Aber wenn ich schlafen will und mir das zu eng is schmeiß ich dich raus, nur damit das klar is!“
 

„Klar“, kicherte Frau und traute sich erst jetzt wieder ihn anzusehen. Doch mehr als seinen Rücken bekam er nicht zu Gesicht. Mit einem seufzen ging er zu seinem Bett herüber und machte es sich noch in voller Montur dort bequem. „Sofern du mich dann hier noch weg kriegst“, murmelte er grinsend in sich hinein und schloss langsam die Augen. Die Decke und das Kissen rochen nach Gido und das war ein irgendwie beruhigender Umstand. So beruhigend und lang vergessen, das er tief durchatmete und sich merklich entspannte. Es war schon gewesen ihn wiederzusehen, doch jetzt musste er wieder zurück in die Realität. Teito wartete sicherlich schon darauf das er endlich wieder aufwachte und die Kleine sowieso. Vielleicht würde er es dieses Mal auch über sich bringen ihm von dem Schwarzhaarigen zu erzählen. Vielleicht... Mit diesem Gedanken schlief Frau ein.
 

Ein Tag verstrich. Zwei Tage verstrichen. Die Augen weit geöffnet starrte Frau auf die Unterseite der Koje über ihm. Viel zu dicht... Er hatte früh aufstehen müssen, Wache schieben, aber jetzt hatte er Zeit sich auszuruhen. Dennoch konnte er nicht schlafen, auch wenn sein Körper mehr als willentlich danach verlangte. Er konnte nicht. Drei Tage... Welcher Traum ging schon drei Tage und man bekam jede Sekunde davon mit, sogar den Schmerz. Es war so real. Viel zu real. Ängstlich pochte sein Herz gegen seinen Brustkorb. Eine kleine, leise Stimme flüsterte in seinem Hinterkopf. Wo bist du hier bloß gelandet? Er schloss die Augen und drehte sich auf die Seite, kauerte sich so gut wie möglich zusammen. Unter den langen Ärmeln versteckten sich blaue und von Blut verkrustete Flecken auf seinem Arm. Er hatte sich gekniffen und an der Haut gezupft bis sie blutete, doch nichts hatte ihn aufwachen lassen. Auch keine kalte Dusche oder eine Heiße. Gido war am Leben, die ganze Crew war am Leben und er auch und er war erwachsen. Gido war noch Zehel, da war er sich sicher. Sein Herz machte einen Satz und pochte Schneller, während er das Gesicht im Kissen vergrub. Nein. Nein. Nein. Frau biss sich auf die Unterlippe, kniff die Augen zusammen. Raggs und Barsburg hatten nie Krieg geführt. Raggs war nie ausgelöscht worden und Teito... nein Tiashe... war er am Leben? Sicher war er am Leben und sicher war sein Leben hier besser. Frau atmete tief durch und sagte sich das es alles nur Vermutungen waren. Er wusste gar nichts über diese Welt, diesen Ort an dem er hier gelandet war. Alles was er meinte zu wissen hatte er sich anhand von Karten, Zeitschriften und Büchern hier an Bord zusammenklamüsert. Es gab keine Garantie dafür das es Stimmte. Das beruhigte ihn zwar nicht, doch es half ihm diese Gedanken alle für einige Zeit beiseite zu schieben und sich nicht zu verrennen. Am schlimmsten war immer noch die Feststellung das er mit niemandem darüber reden konnte. Dabei brannte es ihm auf der Seele und der Zunge und er war sich sicher noch verrückt zu werden, wenn er nicht bald mal mit jemandem darüber redete.
 

Seufzend kletterte er auf leisen Sohlen aus der Koje und machte sich auf den Weg zu Gidos Zimmer. Dort angekommen klopfte er und als er keine Antwort erhielt, öffnete er die Tür einen Spalt um hineinzuspähen. Der Schwarzhaarige lag auf seinem Bett und schlief. „Wahrscheinlich ist es so eh besser...“, murmelte Frau beim reingehen und setzte sich auf den Boden, den Rücken an die Bettkante gelehnt. Gido schnarchte leise und fast hätte der Jüngere gelacht über diesen Umstand. War ihm als Kind nie aufgefallen. Seine Hände gruben sich den Stoff seines Mantels, als er tief Luft holte und zusammenkauerte. „Wahrscheinlich würdest du mich für verrückt halten, wenn du mitkriegen würdest was ich dir sage... klingt ja für mich selber schon verrückt genug, aber“, innehaltend biss er sich auf die Lippe. „Ich weiß es einfach, ich weiß einfach das ich nicht hierher gehöre. Das hier ist nicht meine Realität.“ Sein Herz hatte für einen Moment ausgesetzt, als er den letzten Satz die Kehle hochgewürgt hatte. „Da wo ich herkomme ist das alles hier nicht mehr...“, flüsterte er und senkte den Blick. „Das ist alles so lange her, das ich mich nicht mal richtig erinnern kann und auch wenn ich nicht weiß ob ich mir wünschen soll das das ganze nur ein böser Traum war und das hier die eigentliche Realität... ich weiß nicht. Ich hab das Gefühl ich weiß gar nichts mehr. Ich weiß nur ich gehöre nicht hier her.“ Frau atmete tief durch und lag jetzt schon beinahe halb auf dem Bett, die Arme auf der Bettkante verschränkt. „Ich will aufwachen Gido“, murmelte er und fühlte sich mit einem Mal wieder wie damals. Wie ein kleines Kind. „Lass mich aufwachen Gido... Ich will nach Hause.“ Diese Worte zu sagen fühlte sich richtig an und dennoch taten sie weh. Es war ein zweischneidiges Schwert.
 

„Red keinen Schwachsinn, du Idiot“, grummelte Gido, drehte sich auf die Seite und ließ Frau unwillkürlich zusammenzucken. Oh Gott, er war doch nicht die ganze Zeit wach gewesen und hatte nur vorgegeben zu schlafe, oder? Der Blonde schluckte schwer.

Du fühlst, du träumst. Du glaubst, du fliegst.

What you want's to wash your face and try to breathe

Forget your mind and shut your eyes so that you can see

Es gibt keine Wahl und kein zweites Mal!

Du fühlst, du träumst.

Du fühlst, du glaubst, du fliegst. Du fliegst. Du fliegst!
 


 

Gido rollte sich herum, lag nun mit dem Rücken zu Frau und schnarchte leise weiter, währen der Blonde nicht ganz wusste ob er Lachen oder Weinen sollten. Das der Schwarzhaarige im Schlaf redete war ihm früher nie aufgefallen. Sein Blick wanderte im Zimmer umher und fand ein kleines zerknautschtes Kissen das er beim verlassen des Raumes nach dem Anderen warf. So! Das hatte er nun davon, wenn er ihm so einen Schrecken einjagte. Mit einem seufzen schloss Frau die Tür wieder hinter sich. Er wanderte einige Gänge entlang, suchte nach einem Fenster, einer Luke und späte schließlich hinaus um zu gucken wo sie sich in etwa befanden. Die Grenze zwischen Raggs hatten sie mittlerweile passierte und mit jedem Tag drangen sie tiefer in das Land vor. Doch wohin genau sie gerade folgen wusste er selbst nicht. Die Fracht schien nicht für eine der Inseln bestimmt zu sein. In Gedanken versunken hatte die Nase an das dicke Glas gepresst und starrte hinab auf die Dächer einer Stadt unter ihnen. Seine Erinnerungen an dieses Land waren nur ganz verschwommen. Da erinnerte er sich schon eher an Gido, an seine Gestalt, seine Stimme, nicht unbedingt die Worte die er gesprochen hatte, aber seine tiefe, warme Stimme.
 

Frau seufzte, löste sich vom Fenster und wandte sich zum gehen während ihm bewusst wurde das seufzen etwas war das er in den letzten Tagen oft und viel getan hatte. Wie ein unglücklich Verliebter der seiner Liebsten nachschmachtete. Der Gedanke ließ ihn das Gesicht verziehen. Sicher ihm fehlte der Kurze und auch seine Kleine, aber soweit zu sagen das er deswegen zu einem bedrückt seufzenden Häufchen elend verkam wollte er nicht gehen. Sein Weg führte ihn weiter hinein in den Schiffsbauch, fand seinen Weg bis zum Maschinenraum. Als Kind war er oft herumgestreunt während der Flaute, der Zeit an Bord wenn nichts, wirklich rein gar nichts zu tun war, außer das nächste Ziel oder die nächste Beute zu erreichen. Leises surren und piepsen war zu vernehmen und er erblickte einen Sicherungskasten an einer unverkleideten Wand. Die Tür war nicht abgeschlossen, lehnte nur im Rahmen und Frau ließ den Blick schweifen. Er hörte ein leises klirren und klackern, wie vom rumhantieren von Werkzeug. Und hinter einem metallen verkleideten Kasten der wohl eine Reihe von Kabeln beherbergte erblickte er jemandem auf den Boden über etwas knien. „Schraubenzieher“, erklang eine weibliche, ihm irgendwie recht bekannte Stimme. Zumindest hatte er sie schon mal gehört. Frau grinste leicht, blickte sich um und reichte ihr wortlos den Schraubenzieher. Anscheinend hatte sie gearbeitet und war gerade fertig geworden, denn sie schraubte gerade eine Metallplatte wieder fest. Dann richtete sie sich auf, steckte den Schraubenzieher in die Hosentasche und ging herüber im Sicherungskasten, wo sie einen kleinen Schalter umlegte und ein weiteres surren war zu vernehmen. Es hörte sich stark nach Lüftung an. Mick erblickte einen kleineren matten schwarzen Bildschirm der in die Wand eingelassen war, der hochfuhr und auf dem nun mehrere Messwerte zu erblicken waren. Skeptisch blickte sich der Blonde um, von Schiffsmechanik verstand er nicht ganz so viel von dem Aufbau eine Hawkziles. Aber genug um sich denken zu können wozu das hier diente.
 

„Wars kaputt?“, fragte er sich gegen die Wand lehnend.
 

„Nur ein kleiner Wackelkontakt“, erwiderte die türkishaarene Frau mit abwehrender Handbewegung. Doch sie stockte in ihrer Bewegung, schien ein wenig verwirrt. „Willst du was bestimmtes Mick?“, fragte sie und sammelte ihre Werkzeuge vom Boden auf.
 

„Vielleicht“, mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen folgte er. Wie hieß sie eigentlich? Er merkte das auch, wenn er es zu wissen schien er einfach nicht auf den Namen kam. Es lag ihm förmlich auf der Zunge. Sie verließen den Maschinentrakt wieder. Ein kurzer Besuch, wie es schien. „Wo gehts hin?“, fragte er.
 

„Küche. Ich hab Hunger, du auch?“
 

Nein, eigentlich hatte Frau nicht wirklich Hunger, aber einen Kaffee könnte er ja nochmal trinken, also beschloss er ihr weiter zu folgen. „Nein, nicht wirklich. Auch wenn ich bei deinem Anblick Hunger kriegen könnte...“, grinste er mit zweideutigem Ton in der Stimme. Daraufhin hieb sie sanft nach seinem Oberarm.
 

„Du gibst es auch nie auf, oder?“, Ayasha rollte mit den Augen. Ach ja, genau. Das war Ayasha. Schöner Name, aber warum war ihm der nicht gleich eingefallen fragte sich Frau.
 

„Natürlich nicht“, lachte er, während sich die Informationen neu ordneten. Also sprachen sie wohl öfters miteinander. Gut zu wissen. Gut zu verstehen schienen sie sich ja auch einigermaßen. Auf dem Weg zur Küche begegneten sie Kojetan, aber ansonsten langweilte sich der Rest der Mannschaft wohl ebenso sehr wie er grad noch bis eben. Und während er die Kaffeemaschine anstellte, griff sich die Türkishaarene eines der Sandwiches aus dem Kühlschrank.
 

„Hast du wirklich keinen Hunger?“, fragte sie ihn, während sie sich setzte, doch Frau schüttelte nur den Kopf. Sein Appetit war eh schon zurückgegangen seit er hier war. Dabei war er Devaki sogar los und musste sich darum das sein Körper vielleicht nicht mitspielte keine Gedanken mehr machen. Er schüttelte nur den Kopf und zündete sich eine Zigarette an, während er auf seinen Kaffee wartete. Eigentlich erinnerte er sich daran das Gido das nicht gemocht hatte. Rauchen war auf dem Schiff verboten gewesen, komisch. Aber der Blonde schüttelte geistesabwesend den Kopf. Das hier war sowieso alles komisch und mittlerweile war er sich leider auch ziemlich sicher das er nicht träumte. Die Schmerzen die er jedes Mal spürte, wenn er die Haut an seinem Arm aufzupfte waren verdammt real. Das bildete er sich ganz sicher nicht ein. Er nahm einen tiefes Zug des bläulichen Rauchs, bevor er diesen nachdenklich wieder ausblies.
 

Ayasha beobachtete ihn kauend, dachte ebenfalls nach. So kannte sie den Blondhaarigen gar nicht und auch wenn es sie nervte ständig von ihm abgegraben zu werden, als hätte er nichts besseres zu tun, kam es ihr eigenartig vor. „Ist irgendwas?“
 

„Hm?“, er wandte den Blick. Lauschte dem langsam verstummenden Geräusch der Kaffeemaschine. „Nein, sollte etwas sein?“, der Ältere lächelte und stand auf, um sich eine Tasse aus dem Schrank zu holen. Leise plätschernd füllte das bittere Getränk die Tasse. Kein Zucker, keine Milch – herrlich. Wie war Diego neulich überhaupt darauf gekommen, das er sowas mochte? Das war ihm viel zu süß. Aber zum Glück schienen das mittlerweile langsam alle zu lernen. Auch wenn sie ihn anguckten, als wäre er ein völlig anderer Mensch, wenn sie es mitbekamen. Er setzte sich wieder und trank einen Schluck.
 

„Woher soll ich das wissen, ist ja nicht mein Problem, sondern deins“, sie zuckte die Schultern, und er lachte leise und seufzte dann.
 

„Kennst du das...“, begann er nach einer Weile wieder. „Wenn du aufwachst und du musst dich erst wieder erinnern wo du bist?“ Ein nicken, denn sie kaute und Frau nickte ebenfalls, während er sich zurücklehnte und dabei hörbar durchatmete. „Und dann bist du wach und weißt wieder wo du sein müsstest und weißt auch wo du bist, aber das beide passt einfach in keinster Weise zusammen?“
 

Ihre Augenbrauen hoben sich, während sie einen großen Bissen Sandwich verschlang, ehe sie antwortete. „Nein, das ist mir ehrlich gesagt noch nie passiert. Aber keine Sorge mehr als Verlaufen kannst du dich hier nicht“, grinste sie.
 

Die Arme verschränkt rollte der Größere die Augen. Das war nicht sein Punkt gewesen, aber wahrscheinlich war es auch schwer ihm da zu folgen. Wie sollte er schon erklären das seine Welt genauso wie diese und doch so viel anders war. Tatsache war allerdings das er das hier ebenso wenig träumte und das machte einfach keinen Sinn. Selbst für Seelengefäß wie ihn nicht. Vielleicht hätte er sich noch irgendetwas zusammenfabulieren können, wenn nicht Zehels Zeichen auf seinem Handrücken gefehlt hätte. Doch momentan verstand er die Welt nicht mehr. Ein wenig hatte er sich noch mit Ayasha unterhalten, doch dann eher über belanglosere Dinge und sie hatten auch etwas gelacht. Doch nun hatte sich Frau vor der Karte auf dem Tisch im Großraumcockpit eingefunden. Sie war mit Reißzwecken auf dem Holztisch befestigt und zahlreiche Flecken und die ausfransten Ränder waren eindeutige Gebrauchsspuren. Weitere Reißzwecken waren auf die Karte gesteckt und trugen entweder die Farbe rot, blau oder schwarz. Mittlerweile hatte Frau auch rausbekommen welche wofür stand. Schwarz waren die Piraten, Rot stand für Raggs und Blau für Barsburg. Anscheinend waren sie anhand der Jolly Roger, des Augen Michaels und des Auge Raphaels ausgewählt worden.Einige der roten und blauen Zwecken hatten einen schwarzen Punkt oder ein kleines Kreuz oben drauf. Das mussten entweder Stützpunkte oder wichtige Häfen sein. Den Kopf auf eine Hand gestützt und den Ellenbogen auf dem Tisch, saß er über die Karte gebeugt. Sie war in Raggs verfasst, doch ohne Zehel war das meiste davon für ihn nicht zu entziffern. Es war schon Ewigkeiten her das er etwas in dieser Sprach gelesen, gar geschrieben hatte. Zumindest beherrschte er sie noch gebrochen, was schon mal besser als gar nichts war wie er fand. Soweit er das sah zeigte die Karte die Position der eigenen Schiffe und die der Feinde, die der beiden Königreiche. Waren sie im Krieg? Es erinnerte ihn zumindest daran und aussehen tat es auch so.
 

Verdammt.
 

Frau schreckte aus seinen Gedanken, als sich Diego neben ihn setzte. Die blondgelockten Haare hatte er im Nacken zusammengebunden, ein leichtes Lächeln lag au seinen Lippen. „Na, grübelst du drüber nach wie wir ihnen wieder eins auswischen können?“, neugierig musterte er den Jüngeren, welcher ihm nur einen kurzen Blick zuwarf und sich dann ein paar Strähnen hinters Ohr strich.
 

„Dafür muss man doch überhaupt erstmal was auf dem abgegriffenen Teil erkennen könn“, erwiderte er mit einem Augenrollen, wenngleich er dennoch ein wenig schmunzeln musste. Diego lachte leise, es stimmte die Karte war wirklich nicht mehr die neueste doch sie erfüllte ihren Zweck trotz etlicher Reißzweckenlöcher, verblassender Tinte, Kaffeeflecken und eingerissenen Rändern und was sonst noch immer seine Spuren auf dem angegilbten Papier hinterlassen hatte.
 

„Wenigstens verhalten sich die Königreiche momentan nicht so aufdringlich wie sonst...“, Diego lehnte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen zurück. „Sonst hätten wir sie schon längst wieder an unseren Fersen gehabt.“ Frau lächelte schmal, als ihm diese Worte durch den Kopf gingen. Ja, Teito und ihm hatte das Militär auch an den Fersen gehangen. Ständig und dann... ein einziges Mal, Frau schluckte und musste sich die pochende Schläfen reiben. Alles was er noch wusste, war das er etwas dumme gemacht hatte. Ihm war nichts weiter als die Erinnerung geblieben das er jemanden enttäuscht hatte, nein eigentlich nicht einen, alle... Er atmete tief durch und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Es war so verdammt undeutlich, und erst jetzt merkte er das Diego mit ihm gesprochen hatte, doch die Worte hatten ihn nicht erreicht. Bestmöglich versuchte er deswegen die eben gesprochenen Worte zu rekonstruieren. Irgendetwas über das Militär in Barsburg... oder Raggs, oder beide. Sein Blick fiel auf einen Punkt der Karte. Die Großkirche. Er hatte zwar gewusst das es sie auch schon vor dem Krieg gegeben hatte, war ja auch irgendwie logisch, aber dennoch erschien es ihm mit einem Mal so schrecklich surreal auf diese Karte zu blicken und in verblasster Schrift die Worte Raggs'sche Großkirche zu lesen. In Gedanken versunken nahm er einen der herumliegenden Bleistifte und kritzelte das Zeichen VII und Dstkt. neben die Markierung der Kirche. Dann zeichnete er noch den für sie so bedeutenden geschützten Luftraum ein, markierte den Kreis mit schrägen Linien und ließ den Blick weiter über die Karte wandern. Viele Kirchen waren nicht eingezeichnet, im Grunde nur die wichtigsten, doch das reichte ihm. Gerade als er den Stift erneut ansetzen wollte, vernahm er Gidos Räuspern. Frau blickte auf, blinzelte wie aus einer Trance hochgeschreckt.
 

„Darf ich erfahren was du da mit meiner Karte machst?“
 

Schweigend blickte er wieder auf die Karten, dann hinauf zu Gido und drehte den Bleistift so in seiner Hand das er mit dem stumpfen Ende auf die Kirche tippen konnte. „Unsere Sicherheitszonen einzeichnen“, erwiderte er, immer noch ein wenig geistesabwesend. Der Schwarzhaarige nahm ihm gegenüber platz und betrachtete die Karte.
 

Er seufzte und musterte ihn. „Na ja, dann mach weiter... scheint ja, als wüsstest du was du da tust...“ Gido schien skeptisch, aber Frau musste trotzdem lächeln, während er auch die anderen Kirchen mit einem Kreis und der Nummer des Distriktes versah. Zweiteres vor allem, weil es ihm selbst ein besseres Gefühl gab. „Nummerierst du sie?“
 

Zuerst wollte er den Kopf schütteln, doch dann wog er ihn nur leicht hin und her. „Könnte man so sagen...“ Er wollte lieber nicht erklären warum er diese Nummern dazuschrieb. Warum er die Karte wie gewohnt in Gedanken schon längst in Distrikte unterteilt hatte. Wahrscheinlich wäre das für Gido hier auch nicht sonderlich verständlich gewesen mit dem Krieg. Hier schien ja alles in Ordnung zu sein. Er merkte das ihn der Ältere akribisch beobachtete und auch wenn er nicht so genau zu wissen schien was er davon halten sollte, ließ er ihn machen. „Fertig“, Frau legte den Bleistift beiseite und lächelte leicht, während er zu Gido aufblickte. Dieser betrachtete sein Werk, kaute dabei nachdenklich auf seinem Zigarettenhalter herum und ließ sich schließlich mit einem leichten nicken zurücksinken. Sein Blick richtete sich auf Frau, dann auf Diego. Er dachte eindeutig über etwas nach, doch er hatte nicht vor es einem der beiden zu verraten. Seitdem er vorhin im Schlaf zugequasselt und dann auch noch mit einem Kissen beworfen worden war, war er wieder wach. Leider hatte er nicht mehr mitgekriegt wer so freundlich gewesen war ihn zu wecken. Allerdings saß ihm die Müdigkeit immer noch zu sehr in den Knochen, als das er dafür jemanden zusammenfalten wollte.
 

„Ist das deine?“, er wies auf Fraus Kaffeetasse und dieser nickte, er hatte sich eine zweite aus der Küche mitgenommen. „Darf ich?“ Unbedacht nickte der Blonde, beobachtete wie der Andere nach seiner Tasse griff und diese an die Lippen führte. Gido trank zwei große Schluck und während er ihn beobachtete kam dem Jüngeren der seltsame Gedanke, das man sowas ja auch als indirekten Kuss bezeichnen könnte. Ein indirekter Kuss mit Gido. Überhaupt ein Kuss mit Gido. Überhaupt ein Kuss mit diesem Mann... Sein Blick wanderte Gedankenverloren an dem langen, hageren, wenngleich kräftigen Körper hinab. Dann hob er sich wieder um sich an seinen Lippen zu fixieren. Diese schmalen, ein wenig blassen, jetzt ein wenig mit Kaffee benetzten Lippen. Wahrscheinlich waren sie nicht sonderlich weich, würde sich wohl trotzdem ganz gut anfühlen... es wäre sicherlich interessant, dachte sich der Blondhaarige und fuhr sich durch die wirren Strähnen. Die Vorstellung war ihm zumindest nicht so unangenehm wie sie vielleicht hätte sein müssen.
 

„Mm. Ist was?“, der Schwarzhaarige hatte sich die Lippen gelegt, musterte den Jüngeren. Doch als sich ihre Blicke trafen, schluckte Frau nur und verschränkte seufzend die Arme. Sah mit einem Mal gar nicht mehr so zufrieden mit sich und der Situation aus.
 

„Ich sollte dich schlagen für das was du aus mir gemacht hast...“, murmelte er leise zu sich selbst und hoffte das es keiner der beiden gehört hatte. Was bitte hatte er sich denn da grade vorgestellt. So untervögelt war er jetzt doch auch nicht.
 

„Hm?“, fragend blickte er ihn an, während er die Tasse wieder abstellte. „Mick du weißt, ich hab kein Bock dir immer alles aus der Nase ziehen zu müssen...“, seine Augenbrauen hoben sich für einen Moment.
 

„Ich meinte, dich sollte man bloß keine Kinder erziehn lassen!“, wiederholte er seinen Satz sinngemäß und klang dabei trocken und leicht säuerlich. Es klang so endgültig, so nach Urteilsspruch, das Gido ihn im ersten Moment nur verwirrt anblinzeln konnte. Er staunte nicht schlecht das Frau erst nach all den Jahren über seine Erziehung zu meckern schien und der Blondgelockte neben ihnen brach nach kurzem prusten in Gelächter aus.
 

Obwohl, so stimmte das ja auch nicht ganz. Er hob eine Augenbraue und schüttelte den Kopf über seine Worte. „Du hast dich doch gar nicht erziehen lassen...!“, erwiderte er mit einem schiefen schmunzeln. „Ich wasche meine Hände in Unschuld.“ Woraufhin er dann diese auch hob, wie um zu zeigen das sie wirklich rein waren.
 

„Verarsch mich nicht, ich wette in meinem Alter warst du noch schlimmer als ich!“, entgegnete der Jüngere, wandte den Kopf ab. Diesen stützte er dabei auf eine Hand, mit dem Ellenbogen auf der Lehne der kleinen Couch auf der mit Diego zusammen saß. „Deine Beziehung zur Unschuld war kurz und schmerzlos.“
 

„Jetz krieg dich aber mal wieder ein!“, empörte sich der Schwarzhaarige, fast schon ein wenig eingeschnappt und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und schau mich gefälligst an, wenn du mit mir redest.“ Mit den Augen rollend blickte ihn Frau an, den Blick nur fragend ob er jetzt zufrieden war. „Dein verkorkstes Hirn hast du ganz sicher nicht von mir.“
 

„Das vielleicht nicht, aber ganz sicher gehen meine Schamlosigkeit und die ganzen Pornos auf deine Kappe.“ Wieder klang seine Stimme wie ein vernichtendes Urteil.
 

„Ich hasse dich.“ Jetzt klang er genauso wie Frau eben als diese Diskussion angefangen hatte und er fragte sich unweigerlich, was dem Blonden wohl durch den Kopf gegangen war das ihn so verärgert hatte. War ihm irgendetwas einfallen wo er wirklich Mist gebaut hatte und wenn ja warum sagte er ihm das nicht einfach.
 

Frau schmunzelte. „Oh, und ja das Fluchen hab ich auch von dir gelernt...“, grinste er verschmitzt.
 

„Ach, leck mich...!“, murrte der Pirat nur und mit einem leisen lachen erhob sich sein Gegenüber. Besser er brachte sich jetzt aus der Schusslinie.
 

„Gern“, schmunzelte er. „Aber ich bezweifle das so ein alter Sack wie du überhaupt noch einen hochkriegt“, kicherte er im weggehen und musste dann auch schon dem Kissen und den Getränkedosen die nach ihm geworfen wurden. Und auch wenn er sich nur ganz knapp davon abhalten konnte laut loszulachen, während Gido über ihn schimpfte , musste er kurz schlucken, als er sich umdrehte. Sein ehemaliger Vormund saß da und hielt eine Glasflasche die er immer wieder gegen seine flache Hand klopfen ließ.
 

„Wag dich Mick. Wag dich!“, drohte er und der Angesprochene wusste das er kurz davor den Bogen zu überspannen.

Seufzend rollte er mit den Augen. „Ja ja, hab dich nich so“, er machte eine verwerfende Handbewegung, und dann musste er sich doch auf die Zunge beißen um nichts falsches zu sagen. Er kam wieder näher und setzte sich, wieder unter den Argusaugen des Älteren. Diese kleine Kabbelei mit Gido tat einfach gut, es war wieder so mit damals. Auch wenn die Schläge damals vielleicht nicht ganz so tief unter der Gürtellinie gelandet waren. Doch zumindest nahm es ihm einen Teil seiner Anspannung, kramte die alten vertrauten Gefühle wieder heraus und der Blondhaarige fühlte sich gleich ein wenig wohler hier an Bord.
 

Einige Tage vergingen, ehe sie einen großen Hangar im Freien erreichten. Nur wenige Schiffe waren vor Ort und sie landeten. Die Schäden mussten repariert werden, denn je länger sie mit ihrem beschädigten Schiff weiterfliegen würden, desto gefährlicher wurde es für sie. Auf dem Landeplatz trafen sie ebenfalls eine Reihe von Händler an und Frau fand endlich heraus um was es sich bei ihrer Fracht handelte. Es waren vor allem Rohstoffe. Stoffe, Gewürze, Kohle, Metall und jeweils zwei Kisten Mehl und Zucker. Alles wurde unter Dach und Fach gebracht, die Kisten verladen wobei die Piraten mit den Arbeitern am Hangar gemeinsame Sache machten und letztlich die Beute aufgeteilt. Die Hälfte kam in die Bordkasse, dann bekam jeder seinen Anteil. Fraus Augenbrauen hoben sich ein wenig. Piraterie war doch viel lukrativer als Bischofsarbeit. Musste man einfach einsehen. Sein Blick fiel auf Ayasha der Gido den Auftrag gab sich um die Organisation der Wiederinstandbringung der Aegis zu kümmern. Deswegen gabs was aus der Bordkasse dazu, die junge Frau nickte ab und zu während sie den Worten ihres Käptens lauschte. Sie machten sich auf den Weg in die angrenzende Stadt, während Gido jedem seine Aufgabe zuteilte und das Geld aus der Bordkasse wieder austeilte. Jedem das was er brauchen würde. „Und wir beide?“, fragte er den Schwarzhaarigen, als dieser neben ihm herging.
 

„Wir gehen einkaufen“, erklärte ihm der Andere daraufhin. „Munition, Waffen, Schießpulver. Alles was wir in diese Richtung gebrauchen könn.“ Frau nickte. Es war warm, ein lauer Wind wehte und er hatte dem Oberteil seines Alter Egos mit einem Messer, das er jetzt in einer ledernen Hülle am Gürtel trug, einen tiefen Schnitt auf der Vorderseite verpasst. Dieser ging fast bis zur Mitte seines Bauch und auch wenn er keinen Mantel trug war das doch schon viel angenehmer. Der Schwarzhaarige bedachte ihn jedoch nur mit einem kurzen Blick und sagte nichts dazu, während sie nebeneinander herschlenderten. Anfangs waren sie noch alle beisammen, doch je weiter sie in Richtung Innenstadt gingen, desto kleiner wurde die Gruppe.
 

„Du weißt schon wos hingeht, oder?“, fragte der Jüngere nach einer Weile die sie jetzt schon allein nebeneinander hergingen.
 

„Ja, wir gehen nehm alten Kumpel von mir nen Besuch abstatten. Eigentlich müsstest du dich aber noch an ihn erinnern. Hier... Fallon heißt er...“, er musterte seinen ehemaligen Schützling aus dem Augenwinkel.
 

Fallon. Fallon. Fallon. „Fallon...“, murmelte Frau überlegend. Fallon. Das Bild von einem Brünetten Mann mit unrasiertem Gesicht und einem freundlichen Lächeln tauchte vor seinem inneren Auge auf. Fallon hatte ihm ein paar Bonbons zugesteckt und ihn zugucken lassen, während er die Schwerter bearbeitet hatte. „Ach, Fallon“, lachte er dann, erinnerte sich zwar nur vage an sein Aussehen, aber deutlich daran das er immer nett zu ihm gewesen war. Wie der Onkel bei dem man als Kind immer ein Stück Kuchen bekommen hatte, wenn er anfing Abenteuergeschichten erzählte. Geschichten erzählen konnte Fallon auch, daran erinnerte er sich auch noch. Er hatte immer viel geredet, wenn Frau bei ihm hatte warten müssen, weil der Schwarzhaarige noch etwas zu erledigen hatte. Sie gingen noch eine Weile und fanden schließlich die kleine Werkstatt mit dem großen Lager, die an den Laden angrenzte. Als Kind waren ihm die vielen, hoch gestapelten Kartons im Lager immer endlos vorgekommen, wenn Fallon ihn dann mitgenommen hatte, weil er etwas suchte. In der Werkstatt war es ein wenig stickig und warm, in einer Ecke brannte ein Feuer in dem einige Schwerter und andere Waffen, deren erhitztes Metall rot glühte. Es hatte einen leicht weißen Stich am Rand.

„Gido, lang nicht gesehen“, Fallon erhob sich und ließ von seiner Arbeit ab, um ihn zu begrüßen. Ein freundschaftlicher Handschlag, in etwa auf Schulterhöhe und für einen schien es als ob sie ihre Kräfte messen wollten. Fallon war knapp eineinhalb Köpfe kleiner als er und Gido, doch er war nicht schmächtig. Sicher hätte er eine Chance gegen seinen ehemaligen Vormund gehabt. Aber dann schienen sich die beiden wieder einzukriegen und der Blick des Brünetten richtete sich auf ihn.
 

„Mensch... Mick, jedes Mal wenn ich dich wieder sehe bist du größer geworden“, lachte er und streckte ihm die Hand entgegen. Grinsend zuckte Frau die Schultern, griff nach seiner Hand und schüttelte.
 

„Ich denk ich kann dicht beruhigen, ich dürfte mittlerweile ausgewachsen sein“, sagte er dann dennoch und blickte Gido kurz schmunzelnd an.
 

Dieser rollte nur die Augen. „Ich bin froh drum, jetzt verhätschelst du ihn wenigstens nicht mehr...!“
 

„Bonbons?“, fragte Fallon daraufhin jedoch nur witzelnd und kramte in seiner Hosentasche und Frau lachte. Gido rollte die Augen. Das war doch jetzt nicht wahr.
 

„Wenn die nach Whiskey schmecken, gern!“, grinste er.
 

Der Jüngere der beiden Anderen verzog leicht das Gesicht. „Könnte schwer werden...“, er zog seine Hand wieder aus der Hosentasche. „Also da hätte wir Erdbeere... Milch, Cola und Honig“, fragend blickte er den Blondhaarigen an, welcher sich die Beiden Milchbonbons schnappte. Grinsend steckte er sich eines davon in den Mund, streckte Gido der gerade wohl innerlich einen halben Nervenzusammenbruch erlitt, die Zunge raus. Fallon lachte nun ebenfalls leise und wandte sich seinem Freund wieder zu, „also gut, wie kann ich dir... oder euch?“ er warf Frau einen kurzen Blick zu, „helfen?“
 

Der Schwarzhaarige seufzte, mühte sich ein Lächeln von den Lippen und zog eine zerknitterte Liste aus der Hosentasche, auf die er mit schwarze Stift gekritzelt hatte was ihnen fehlte. „Das brauchen wir“, erklärte er und übergab dem Kleineren die Liste, welcher anfing sie zu studieren. Unterdessen löste Gido zwei seiner Schwerte von seinem Gürtel und legte ein Messer das aus dem Schaft seines Stiefels zog auf den Tisch. „Und die hier brauchen noch eine neue Beschichtung, du weißt ja, das Übliche...“
 

Fallon hob eine Augenbraue und musterte ihn. „Der Rest is in Ordnung?“, fragte er, weil er es gar nicht gewohnt war das Gido nicht sein halbes Waffenarsenal auf seinem Tisch zu Stapeln begann.
 

„Ob dus glaubst oder nicht, aber ja!“, grinste dieser daraufhin und klang tatsächlich auch ein bisschen stolz, was den Anderen leise lachen ließ.
 

„Na gut, du musst es ja wissen... bis heute Abend bin ich auf jeden Fall fertig, dann könnt ihr auch den andern Kram abholen.“
 

„Is gut.“
 

„Sonst noch was?“
 

„Nein“, Gido schüttelte den Kopf, blickte seinen ehemaligen Schützling fragend an, doch auch dieser schüttelte den Kopf. „Nein, sonst nichts. Wir haben nichts mehr.“
 

Eine Weile war es still, doch dann kam es nur von Fallon, „Na was macht ihr dann noch hier? Raus, kusch, ich muss Arbeiten!“ Mit diesen Worten scheuchte er sie vor die Tür, während sich Frau vage daran erinnerte wie er das damals immer schon mit Gido gemacht hatte. Und irgendwie musste er dann lachen und auch wenn der Ältere nicht genau wusste wieso, aber er stimmte mit ein.
 

„Okay, okay...“, er nahm einen tiefen Atemzug, versuchte sich wieder einzukriegen. „Ich weiß nich wies mit dir is, aber ich hab noch was zu erledigen.“ Gido grinste. „Willst du mitkommen, oder lieber umschauen?“, fragte er.
 

Für einen Moment überlegte der Blonde, dann zuckte er die Schultern. „Ich denke ich werd mich ein wenig umschaun“, meinte er dann mit verschmitztem Grinsen das des Anderen erwidernd. „Treffen wir uns dann heute Abend wieder hier?“ Gido nickte und sie gingen noch eine Weile nebeneinander her, bis sich ihre Wege trennten und sie sich vorerst voneinander verabschiedeten.

Zwischen Traum und Wirklichkeit

I just forgot who I used to be

So now I’m strung somewhere between a dream

And humdrum day to day routine
 


 


 

Frau konnte nicht sagen ob es ein Segen oder Fluch war allein durch die Straßen zu irren, aber wenn es ein Segen war dann ein fragwürdiger. Er brauchte keine Zeit zum denken, dazu hatte er bis vor kurzem noch genug Zeit gehabt. Dennoch war er ganz einmal wirklich für sich zu sein. Auf dem Schiff musste man ja immer befürchten das plötzlich jemand reinkam. Hier waren zwar auch lauter Menschen, doch augenscheinlich niemand den er kannte und er hoffte auch nicht das jetzt noch jemand freudestrahlend auf ihn zugelaufen kommen würde um sich mit ihm zu unterhalten. Das wäre dann doch einfach zu viel für ihn. Aber zum Glück passierte das. Niemand kam fröhlich zu ihm angerannt und das ließ eine leichte Ruhe in seinem inneren frei. Sie breitete sich aus wie eine angenehme Wärme. Für einen Moment hatte er überlegt Gido heimlich zu folgen, kurz nachdem sich ihre Wege getrennt hatten. Doch dann war ihm eingefallen das das so sicher nicht funktionieren würde und er hatte es gar nicht erst versucht. Hatte stattdessen nun seinen eigenen Weg eingeschlagen der immer weiter ins innere der Stadt führte. Der Schwarzhaarige hätte sicher nach keinen zehn Metern gemerkt das er ihn verfolgte und dann aus seinem Versteck gezerrt. Ein Szenario das sich der Blonde momentan lieber schenken wollte. Als er an einem Kiosk ankam kaufte er sich einige Zeitschriften und Zeitungen, zwei Schachteln Zigaretten, ein Fläschchen Brennflüssigkeit für sein Feuerzeug und ein paar Kaugummis.
 

Das sollte fürs erste oder so reichen, soweit zumindest seine Überlegung, während er sie Sachen in seinen Hosentaschen verstaute. Im Normalfall würde er die Zeitschriften und Zeitungen ja unter seinem Mantel verstauen, aber da er keinen anhatte ging das nicht, weshalb er sich dann auch mit der Plastiktüte begnügte die ihm der Kioskbesitzer überlassen hatte. Vielleicht sollte er etwas essen, überlegte er, während seine Schritte langsamer würde und sein Blick für einen Moment an dem Schaufenster direkt neben ihm hängen blieb. Die Puppe in der Auslage trug einen Mantel, der ihn ein wenig an seinen eigenen erinnerte. Nicht ganz so schlicht, mehr Gurte, aber in einer ähnlichen Farbe. Frau hatte währen der Langeweile-Flaute auf der Aegis einmal die Habseligkeiten seines Alteregos durchsucht und es war nicht so das er sich nicht mit seiner Kleidung anfreunden konnte, sie gefiel ihm schon, aber es traf immer noch nicht ganz seinen Geschmack. Vorallem hatte er keinen Mantel gefunden und zugegeben, wenn er hier aushalten sollte, ja dann gottverdammt, er wollte eben einen Mantel. War doch bescheuerte wie er sich hier sich selbst gegenüber versuchte zu rechtfertigen. Mit mürrischer Entschlossenheit betrat er den kleinen Laden. Eine Türglocke schellte, während sich die Tür hinter ihm langsam wieder schloss und sein Blick umherwanderte, während langsam vorwärts Schritt. Seine Augen blieben an einer Stange mit mehreren Mänteln hängen und er steuerte diese an. Es gab noch eine Menge mehr, aber er er wollte ja einen Mantel und gerne auch wieder so einen schlichten, aber das schien es hier nicht zu geben. Für einen Augenblick sah er in Richtung Tür und überlegte ob er nicht noch woanders gucken sollte, verwarf den Gedanken dann aber gleich wieder, weil er sich hier ja eh nicht auskannte. Also wandte er sich wieder den Mänteln vor ihm zu, probierte einige über um zu gucken ob sie passten. Es war ein in schlichtem dunkelblaue gehaltener Mantel der ihm schließlich ins Auge sprang. Der Kragen war schlicht und ähnlich dem an seinem Mantel – den den er hier vermisste. An den Ärmeln befanden sich etwas über den Handgelenken und etwas auf Mitte der Oberarme Gurte die von einer Schnalle zusammengehalten wurde. Am Unterarm waren es insgesamt drei, von denen zwei in ein und der selben Schnalle verliefen, der dritte befand sich in nur kurzem Abstand dahinter. Auf Taillenhöhe befanden sich Schlaufen an denen sich ein Schwertgurt befestigen ließ und darüber zu erst ein breiterer, dann ein dünnerer Gurt, beide wieder mit Schnalle und ebenfalls in Schlaufen hängen. Frau betrachtete sich im Spiegel. Eigentlich war ihm das immer noch zu viel, aber in dieser Hinsicht war die Auswahl hier relativ gleich und es war der einzige mit dem er sich anfreunden konnte. Er hänge sich diesen über die Schulter und sah sich noch ein wenig weiter um, mit dem allein würde er im Verschneiten Norden des ragg'schen Königreiches noch erfrieren. Seine zweite Wahl fiel dabei auf einen tiefschwarzen, gefütterten Ledermantel dessen Schnitt ein wenig an einen zu langen Trenchcoat erinnerte.
 

Auf einen Pelzkragen verzichtete er jedoch lieber, das stand Gido besser als ihm. Frau betrachtete die Mäntel die er über seinen Arm geworfen hatte und irgendwie fühlte es sich komisch an. Gott verdammt er kaufte sich ja schon Kleidung, als ob er den Rest seines Lebens hier verbringen würde. Er durfte nicht vergessen das es nur auf Zeit war. Nein, er wünschte sich das es nur auf Zeit wär. Schluckend legte der Blonde die Mäntel auf den Verkaufstresen und wurde nur kurz von der Stimme des Verkäufers aus seinen Gedanken gerissen. Wollte er das wirklich tun? Wollte er wagen sich hier einrichten? Doch seine Finger schienen wie von selbst nach dem Geld zu greifen und als er es dann auf den Ladentisch legte breitete sich unwillkürlich ein zufriedenes Gefühl in seiner Magengegend aus. Es war ein kleines wohliges, warmes Knäuel das ihm sagte das er hier das richtige für sich tat. Es war die Gewissheit eine Entscheidung getroffen zu haben, die er nicht bereuen würde. Auch wenn das vielleicht ein wenig lächerlich klang, wo es doch gar nichts besonderes war das er sich hier ein paar Mäntel kaufte.
 

Als er wieder aus dem Laden hinaustrat schien die Sonne und das Glockenspiel klimperte leise bei der Bewegung der Tür. Es kam ihm so schrecklich surreal vor, er trug keine Handschuhe und das Plastik der Tüten hinterließ Druckspuren auf seiner Haut. Druckspuren die sich gut anfühlten, real – wie ein fester Boden in dieser Welt die er nicht verstand und die ihn wahrscheinlich auch nicht verstehen würde. Er atmete durch, hob den Kopf und überlegte was er als nächstes tun sollte, während er gen Himmel blickend einige ziellose Schritte ging. Um dann aber nicht noch irgendwo gegen zu laufen senkte er den Blick wieder auf normale Höhe, während er seinen Spaziergang durch die Innenstadt fortsetzte. Etwas anderes konnte er gerade sowieso nicht tun und es waren immerhin noch einige Stunden bis zum Abend. Wobei er da auch nur hoffen konnte das er letztlich auch zu Fallon zurückfand. Sein Orientierungssinn war jetzt zwar nicht der schlechteste, aber er kannte sich und seine Macken. Als er Hunger bekam kaufte er sich etwas zu Essen und hätte wohl noch den Rest seiner Zeit mit durch die Stadt bummeln verbrachte, wenn er Gido nicht über den Weg gelaufen wär. Ein leichtes grinsen legte sich auf seine Lippen, als er den Schwarzhaarigen erblickte. Er saß an einem Parkeingang auf der Bank und trank Kaffee. „Na, alles erledigt?“, fragte er mit einem schmunzeln und blieb vor ihm stehen, die zwei Tüten über der Schulter und mit zwei Fingern die Griffe festhaltend.
 

Der Schwarzhaarige blickte auf und musterte die Gestalt die vor ihm stand, dann grinste er ebenfalls leicht. „Ja, alles erledigt, was hast du da?“ Mit einem nicken wies er auf die Tüten.
 

„Nichts besonderes“, erwiderte der Blonde und zuckte dabei die Schultern. „Was hast du so gemacht?“
 

„Nichts besonderes“, der Ältere zwinkerte ihm zu und erhob sich schmunzelnd. Für einen Moment wollte Frau grummeln, doch dann sah er ein das sie damit wohl auch quitt waren und beließ es dabei.
 

„Dann gib mir wenigstens was von deinem Kaffee ab, du bedienst dich doch auf bei mir“, meinte der Blonde und schnappte ihm kurzerhand den Pappbecher weg und trank einen Schluck. Mit einem leichten grinsen leckte er sich genüsslich die Lippen und entzog ihm einige Mal lachend den Becher, als Gido versuchte ihn wieder zurück zu schnappen. „Hier“, sagte er dann schließlich, lächelte versöhnlich, doch sein ehemaliger Vormund grummelte trotzdem irgendetwas von einer „nervtötenden Kackbratze“, worüber der Gemeinte allerdings nur lachen konnte. „Hab dich nicht so.“
 

Der Schwarzhaarige trank den Kaffee fast ganz leer, was unwillkürlich seine Laune zu heben schien, denn er musste nun ebenso schmunzeln. „Ach ich weiß auch nicht... wahrscheinlich Bild ich mir das nur ein, aber dein freches Maul, scheint in den letzten Tagen drei Mal schlimmer geworden zu sein.“
 

Frau stutzte. „Das bildest du dir sicher ein – ich bin immer so.“
 

„Nein, im Normalfall bist du schlimm – aber du bist nicht schrecklich.“
 

„Du hast dich sicher einfach nur daran gewöhnt“, amüsierte sich der Blonde. „Oder du wirst empfindlich alter Mann“, grinsend tätschelte er ihm die Schulter.
 

„Pass auf dein dummes Maul auf“, murrte Gido daraufhin und blickte ihn mahnend an. „Du bist kein Kind mehr, also pass auf das ich es dir nicht stopfe.“
 

Für einen Moment konnte Frau nicht anders als zu blinzeln, während er wusste das es nicht so gemeint war, er aber trotzdem nicht verhindern konnte das sein Kopf das ganze ein Mal richtig und ein Mal falsch interpretierte. Mit plötzlich roten Wangen wandte er den Blick ab. „Sag sowas nicht...!“, bekam er dann gerade noch so über die Lippen. An sich machte ihm sowas ja nicht aus, nur das er sich das dann auch immer noch gleich bildlich vorstellen musste... Nein, einfach nur nein.
 

Jetzt war es an Gido zu grinsen. „Was denn? Ich hab noch nicht gesagt wie ich es dir stopfen werde...“ Eindringlich blickten ihn die eisblauen Augen an. Doch konnte er diese Ernsthaftigkeit nicht lange beibehalten und musste anfangen zu lachen und Frau stimme mit ein. Froh um die Ablenkung von seinen Gedanken die ihm dieses heitere Gelächter verschaffte. „Aber mal im erst“, der Schwarzhaarige bemühte sich mit einem leichten schmunzeln um ein ernstes Gesicht. „Pass auf deine Zunge auf verstanden?“
 

„Ja ja“, antwortete er ihm genervt und mit einem Augenrollen. „Sei mal nich so empfindlich.“
 

„Ich bin nicht empfindlich. Du bist und bleibst ne Kackbratze“, knurrte Gido. „Aber egal, jetzt sag mir endlich was du da gekauft hast. An einem Marktstand kauften sie eine Schale Erdbeeren und setzten ihren Weg fort während sie sich diese teilten. „Na los spucks aus, wenn nichts besonderes ist kannst dus mir ja sagen.“
 

Frau rollte die Augen. Darum ging es doch auch gar nicht, er wusste selbst nicht so genau wo da sein Problem war. Es war einfach da. „Ach... das kriegst du sicherlich noch früh genug zu Gesicht“, schmunzelte er, erntete dafür aber nur einen verwirrten Blick. Doch weiter ging er nicht darauf ein, grinste nur leicht und zuckte die Schultern. Gido schien das nicht zu gefallen, doch er fand sich offensichtlich damit ab. Es sah fast ein wenig eingeschnappt aus, als er daraufhin die Arme verschränkte. Frau befeuchtete seine Lippen, zog nachdenklich die Unterlippe ein. Er wollte Fragen wie lange sie noch hierbleiben würde, doch er nahm an das der Aufenthalt so kurz wie möglich gehalten werden würde. So war es immer gewesen. Schon immer ständig auf Achse, nie lange an einem Ort. Also fragte er stattdessen, „fliegen wir direkt heute Abend weiter oder erst morgen früh?“
 

„Erst morgen früh, die Gegend ist zu unübersichtlich ohne Lichter. Aber schalten wir sie ein, sind wir zu leichte Beute.“
 

„Also im Morgengrauen?“
 

„Genau“, schmunzelte Gido nickend. „Da wird kaum jemand auf uns achten. Wir werden losfliegen bevor hier die ganzen Arbeiter rumwuseln.“
 

Sie mussten mehrere Male zwischen Fallons Laden und dem Schiff hin und her gehen, bis alles verladen war und so kam Frau erst bei Einbruch der Nacht zur Ruhe. Glücklicherweise gab es auch direkt auf dem Schiff die Möglichkeit zum duschen. Das Wasser war zwar kalt, aber immerhin. Sich die Haare trocken rubbelnd trottete er den leeren Flur hinab. Der Boden fühlte sich kalt an unter seinen nackten Füßen. Und wahrscheinlich wäre er einfach weiter zurück in sein Zimmer gelaufen, wenn ihm nicht etwas aufgefallen wäre. Die Tür zu Gidos Zimmer stand halb offen und der Schwarzhaarige hatte ihm den Rücken halb zugedreht und dennoch war ihm die verkrampfte Haltung seiner Finger aufgefallen. Er krallte seine Nägel schmerzhaft in die bloße Haut. Der Blonde war stehen geblieben und legte den Kopf ein wenig beiseite um besser unter seinem Handtuch hervor gucken zu können. Zögernd trat der Jüngere näher, spähte durch die Öffnung der Tür und musterte den Schwarzhaarigen für einen Moment. Dieser starrte auf ein Dokument auf seinem Schreibtisch und beachtete ihn gar nicht, bis er das Wort erhob. „Gido?“ Der Ältere wandte sich ihm zu, wobei seine Finger erneut krampfhaft halt suchten. Jetzt auf die kurze Distanz konnte er es auch sehen. Er musste das schon eine Weile tun, denn sein rechter Unterarm zeigte gerötete Kratz und Druckspuren die seine Nägel hinterlassen hatten. Beinahe unbewusst fuhr sich der Blonde selbst über die Stelle am Arm wo sie gewesen war.
 

„Was ist?“, fragte er, während Fraus Blick immer noch an seinem Arm hing und sich erst wieder hob als er merkte wie er gemustert wurde. Es schien also nicht alltäglich zu sein, das er nur halb, und gemeint untenrum, bekleidet war. Gut zu wissen? Erstaunlicherweise wirkte der Gesichtsausdruck seines ehemaligen Vormundes relativ ruhig. Doch er konnte die Anspannung seiner Stimme förmlich anhören.
 

„Dein Arm. Los zeig mal deinen Arm her“, meinte er und machte eine fordernde Handbewegung, während er sich mit der Anderen das Handtuch vom Kopf schob so das es ihm um den Hals lag. Irritation zeigte sich auf dem Gesicht seines Gegenübers, was ihn schon beinahe dazu brachte die Augen zu rollen. Doch er hielt inne, als er sah wie der Schwarzhaarige seinen Arm beinahe instinktiv dichter gegen seinen Oberkörper drückte. Es war nicht das was er tat das ihn stutzig machte, eher wie er es tat. Er wollte verhindern das er den Schriftzug sah, vielleicht nur aus Reflex oder vielleicht wirklich weil er es nicht erklären mochte. Ein schwaches Lächeln zeigte sich auf den Lippen des Blonden und er schüttelte den Kopf. Irgendwie kam ihm das nur allzu bekannt vor. „Jetzt rück schon rüber“, meinte er schmunzelnd und griff nach seinem Arm.
 

„Frau, lass–“, lass den Scheiß, hatte er sagen wollen, doch brach sofort wieder ab, als der Angesprochene seine Hand blitzschnell wieder zurückzog, als hätte er sich verbrannt.
 

Scharf zog er die Luft ein, „scheiße du glühst ja richtig!“ Fast schon vorwurfsvoll blickte der Blonde auf, als ihn Gido daraufhin sprachlos anblickte. Sprachlos nach dem Motto das ist dein einziges Problem? Doch er sagte nichts, denn er war selbst oft nicht besser gewesen und hatte lieber stoisch den Schmerz ertragen, als etwas zu sagen. Aber trotzdem... er hatte wirklich geglaubt das Gido das zumindest... na gut, wenigstens ein bisschen, vernünftiger wäre. „Warte kurz“, Frau wandte sich zum gehen. „Ich was holn bin gleich wieder da!“ Und mit diesen Worten war er auch schon verschwunden. Er holte zwei Beutel mit Kühlpacks mit Eiswürfeln aus der Gefriertruhe in der Küche und kam damit zurück in das Zimmer des Älteren. Dieser saß immer noch genau dort wo er ihn kurz zuvor verdutzt zurück gelassen hatte. Aus dem Badezimmer holte er noch ein kleines Handtuch das er in kaltem Wasser getränkt hatte und eine Packung Mullbinden. „Streck deinen Arm aus“, forderte er und setzte sich vor ihm auf den Boden. Gido zögerte, also Griff Frau nach seiner Hand und zwang ihn dazu diesen auszustrecken. Die Rangelei deswegen währte allerdings nur kurz und der Ältere gab mit einem genervten Seufzen nach.
 

„Darf ich wenigstens erfahren was das wird?“ Er wirkte skeptisch und das was Frau tat schien ihm nicht wirklich zu passen.
 

„Reg dich ab“, der Blonde machte eine abwehrende Handbewegung. „Tut nicht weh und es wird dir helfen.
 

„Helfen?“, echote Gido hohl und blickte ihn fragend an.
 

Frau lachte und grinste ihn an, „so wie dein Arm glüht macht sie bestimmt wieder zicken, stimmts?“ Kopfschüttelnd legte er die beiden Kühlpackungen auf das Handtuch und wickelte es um den ausgestreckten Arm des Schwarzhaarigen. „Halt mal fest“, sagte er und öffnete die Verbandspackung. Unwillkürlich breitete sich eine Gänsehaut auf dem Arm des Dunkelhaarigen aus und er musste sich ein keuchen ob er Kälte verkneifen, so recht verstand er den Jüngeren immer noch nicht. Aber noch während er ihn dabei beobachtete wie er das Handtuch an seinem Arm mit dem Verband festknotete merkte er die hitzelindernde Wirkung der Eiswürfel und des kalten Handtuchs und lehnte sich mit einem leisen seufzen zurück. Er schüttelte den Kopf, das war doch gerade irgendwie absurd.
 

„Und jetzt sag mir bitte wozu das gut ist“, verlangte er von seinem ehemaligen Schützling zu wissen und tastete seinen verbunden Arm ab.
 

„Das hilft gegen die Schmerzen“, erklärte Frau. „Und dagegen das dein Arm brennt wie glühendes Eisen...“, fügte er hinzu und rieb sich den Nacken. „Gegen Devaki hilft das zwar im Grunde nichts, aber es sollte dir wenigstens helfen ruhig zu schlafen...“ Wie aufs Stichwort gähnte er am Ende dieses Satzes und rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht.
 

„Woher–?“, sprachlos blickte Gido ihn an. Die Frage woher er ihren Namen kannte wollte er stellen, doch sie blieb ihm im Halse stecken. Vielleicht hatte er sich ja auch einfach nur verhört. Frau wirkte zudem offensichtlich müde, denn er rieb sich auch die Augen. Doch kaum hatte das getan hatte er sich auch schon wieder gefangen.
 

„Kein woher, du gehst jetzt ins Bett!“, bestimmte er und wies auf besagtes. Doch daraufhin konnte Gido nur lachen. Das wurde ja immer besser.
 

„Als ob ich mir von dir was sagen lassen würde“, er drehte sich auf seinem Stuhl wieder herum, hatte dabei den verbunden Arm auf seinem Schoß liegen und merkte erst zu spät das er jetzt ja eh nicht weiter arbeiten konnte. Mit links bekam er ja kaum einen einzigen Buchstaben hin, doch er weigerte sich jetzt klein bei zu geben. Der Blonde hatte sich derweil aufgerichtet und die Arme in die Hüften gestemmt.
 

„Spiel hier nicht den starken Macker“, er ging herüber zum Bett und setzte sich auf die Kante. Er war selbst müde und bevor er noch mitten im Raum umkippte war ihm das so lieber. „Außerdem wette ich das du weder mit links schreiben kannst, noch das du dich auf irgendwas konzentrieren kannst, wenn sie dich so nervt.“
 

Da, schon wieder. Er nannte ihren Namen nicht wieder, aber er schien dennoch zu wissen wovon er redete und genau das machte Gido stutzig. Ein wenig mürrisch, doch auch irgendwie interessiert drehte er sich wieder in seine Richtung. Mürrisch machte ihn an dem Ganzen vorallem das Frau mit allem was er sagte verdammt recht hatte. Sein Arm tat schon weniger weh als eben und weiterarbeiten konnte er gerade auch nicht. Vielleicht war das aber auch nur die Müdigkeit. „Sag mal wird das jetzt zur Gewohnheit das du hier pennst...?!“
 

„Wenn du dein Bett nich willst, ich schlaf gern hier“, erwiderte der Blondhaarige nur trocken und drehte sich auf die Seite nachdem er sich hingelegt hatte. Unverhohlen starrten ihn die saphirblauen Augen an, fast auch ein wenig vorwurfsvoll.
 

„Das wird zur Gewohnheit oder?“, wiederholte er seine Frage trocken und fast ein wenig resignierend.
 

„Sowas von“, erwiderte Frau ernst und fügte hinzu, „und jetzt komm her, bevor du auf dem Stuhl einschläfst und wir dich Morgen früh mit heißem Wasser übergießen müssen, weil du steifgefroreren bist.“
 

„So kalt ist es in diesem Raum nicht.“
 

„Dein Arm is Morgen früh mit größter Wahrscheinlichkeit trotzdem ein Eisblock.“
 

„Zwischen nur meinem Arm und meinem ganzen Körper besteht ein weitläufiger Unterschied...!“
 

„Willst du dich streiten oder schlafen?“
 

„Ich geb dir gleich streiten“, knurrte der Schwarzhaarige, stand aber dennoch auf und legte sich zu ihm. „Und jetzt raus.“ Der Jüngere öffnete den Mund, doch er rührte keine Miene, sprach einfach weiter bevor er etwas sagen konnte.„Raus aus meinem Bett oder ich schmeiß dich eigenhändig raus. Du hast ein eigenes.“
 

Frau verzog das Gesicht, „aber da bin ich rausgewachsen.“
 

„Das bezweifle ich stark.“ Herausfordernd blickte ihn der Blondhaarige bei diesen Worten an. „Du willst es drauf anlegen?“, fragte Gido und konnte nur bestätigende Herausforderung in den Augen des Anderen lesen. Etwas murmelnd das stark wie „das wirst du noch sowas von bereuen“ klang, packte er Frau und wollte ihn aus dem Bett befördern. Seit neuestem war der Blondschopf wirklich eine Klette. So wie damals als Kind. Aber damals war er eben noch ein Kind gewesen und deswegen hatte er es ihm verzeihen können. Jetzt aber wusste er nicht recht was er davon halten sollte. Bekam jedoch auch keine Zeit darüber nachzudenken, denn so einfach wie er sich das vorgestellt hatte war die Realität nicht und das ganze endete in einer Rangelei. Und irgendwie wollte ihm nicht gefallen das er sich am Ende unter ihm wieder fand und ihn sein ehemaliger Schützling nur schelmisch anlächelte, bevor er es sich dann halb auf ihm liegend bequem machte. „Ich bin jetzt dein Kissen oder?“, fragte er Tonlos und Frau gab ein zustimmendes Geräusch von sich. „Ich bin dein Kissen“, wiederholte er wenig begeistert und resignierend. Es war war ja nicht so das er sich für sowas nicht erwärmen konnte. Das er momentan keine Lust auf solche Aktionen hatte, hatte andere Gründe. Doch über die wollte er mit Frau nicht reden, stattdessen seufzte er nur und tätschelte ihm die Schulter nachdem sich besagter an ihn gekuschelt hatte.
 

Wie damals als er noch ein Kind gewesen war. Nur das er jetzt eben wesentlich mehr Platz beanspruchte. Aber irgendwie musste Gido auch zugeben das es gar nicht mal so angenehm war zur Abwechslung mal nicht wieder allein einschlafen zu müssen. Sein rechter Arm fühlte sich schwer und kalt an, doch so wirklich achtete er schon gar nicht mehr darauf, als ihn die Müdigkeit langsam immer mehr übermannte.
 

Der Jüngere schien selbst langsam einzuschlafen, den er merkte mehr und mehr dessen Gewicht auf seinem Brustkorb und an seiner Schulter. Frau hatte eigentlich nur für ein paar Sekunden die Augen schließen wollen, doch dann hatte es ihn trotzdem übermannt und er war eingedöst. Während er kaum noch mitbekam wie es dem Älteren nicht anders erging. Der Schwarzhaarige gähnte und langsam fielen ihm die Augen zu, während er einfach nur hoffte das sich die Verwirrung Morgen etwas lichten würde. Ein wenige Schlaf konnte ja so einige Probleme lösen. Einige aber nicht alle.
 

Als der Schwarzhaarige erwachte war es früher Morgen, die Sonne war nicht mal richtig aufgegangen und daran wie schwer sich sein Körper anfühlte merkte er nur allzu deutlich das er noch nicht ausgeschlafen war. Mit einem leisen murren räkelte er sich und merkte wie sich Frau noch etwas mehr zusammenkauerte und an ihn schmiegte als er aufstehen wollte. Er hatte sich im Schlaf auf die Seite gedreht und musste dabei wohl einen seiner Arme um ihn gelegt haben und irgendwie hatte sich der Blonde jetzt wohl bewegt. Sonst wäre er wohl nicht aufgewacht, er konnte schließlich kein Auge mehr zu tun sobald sich irgendwas neben ihm regte. Mit einem leisen Seufzen rieb er sich die Augen und befreite sich so gut es ging aus dem Griff des Anderen. Und würde sich sein Arm nicht so schwer anfühlen, hätte er wahrscheinlich auch gar nicht an die Eisbeutel gedacht. Er hatte recht gehabt, sein Arm war eingefroren. Aber weh tat er jetzt auch nicht mehr. Schien so als ob er sich davon befreien könnte und da es ihm misslang den Verband zu zerreißen schnitt er ihn letztlich kurzerhand durch und legte das Handtuch mit den Beuteln auf seinen Schreibtisch. Müde tapste er auf nackten Sohlen aus seinem Zimmer in Richtung Cockpit. Es gab außer ihm nur wenige Frühaufsteher in seiner Crew. Nur wenige die den elendigen Job übernahmen das Schiff zu so einer unchristlichen Zeit in Gang zu bringen. Es ging auch weniger darum groß weiter zu fliegen, als darum einen sichereren Hafen zu finden. Für ein paar Tage waren sie hier sicher, doch wenn sie ihr Schiff wirklich reparieren wollten, mussten sie es in die Wälder schaffen. Gebirge in deren Schutz sie sich begeben konnten gab es hier leider keine.
 

Doch soweit er Ayasha vorhin verstanden hatte würde es reichen, wenn sie zumindest für eine Woche ihre Ruhe hatten. Der nächste piratenfreundliche Hafen war zu weit weg und auf Dauer mit einem beschädigten Schiff weiter zu fliegen war zu gefährlich. Sie konnten das Loch auch nicht ewig mit Planen abdecken. Also genau deswegen fanden sich nun er Diego und Kojetan im Cockpit ein. Der Jüngste mit den schwarzen Haaren brachte den Motor in Gang, während Gido seinen Kaffee trank und sich die Augen rieb. Natürlich blieb es an ihm hängen das Schiff fort zu bringen und zu landen. Zum Glück dauerte es auch nicht allzu lange bis sie ein Fleckchen gefunden hatten, an dem sie vorerst vor neugierigen Blicken geschützt waren. Selbst von oben, denn die Lichtung war größer als sie auf den ersten Blick erschien und so verkroch sich die Aegis unter einem grünen Blätterdach. Nach einer vorsichtige und sicheren Landung gab der Schwarzhaarige Kojetan die Anweisung den Motor wieder auszustellen und auch wenn er jetzt eigentlich schon wieder viel zu wach war um weiter zu schlafen verabschiedete er sich wieder auf sein Zimmer. Frau schlief immer noch tief und fest und für einen Moment beneidete er ihn darum, als er langsam die Tür hinter sich schloss. Dieses Mal ganz bedenkenlos legte er sich einfach wieder zu ihm ins Bett und machte es sich an seiner Seite bequem. Selbst wenn er nicht mehr weiterschlafen konnte, er sollte wenigstens versuchen noch eine Weile zu dösen. Der Tag der noch vor ihnen lag würde noch anstrengend genug werden und zugegeben die Wärme die vom Körper des Jüngeren ausging war angenehm.

Ein unverbindlicher Freundschaftsdienst

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Gala

They started off beneath the knowledge tree. Then they chopped it down to make white picket fences.
 


 

Frau hatte sich hinter einem Stapel Zeitschriften und Zeitungen vergraben und war seit einiger Zeit ungewohnt still. So still das Gido sich schon lächerlich für seine Sorge vorkam. Dennoch musste er diese Stille jetzt einfach mal durchbrechen. Sie war zu ungewohnt, als das er sie noch länger aushalten würde. „Sag mal was tust du da eigentlich?“, fragte er, sich auf seinem Schreibtischstuhl, der nach Fraus Meinung mehr nach Chefsessel aussah, zurücklehnend.
 

„Lesen–“
 

„Schon klar, aber was? So wie du schweigst is das ja beinahe gespenstisch, gib wenigstens irgendwelche dummen Kommentare dazu ab.“ Gido musterte ihn und fügte hinzu, „davon mal abgesehen, sag mal... warum rührst du seit Tagen nichts mehr auf Raggs an?“
 

„Alles“, erwiderte der Blondhaarige. „Einfach alles was mir ein wenig weiterhilft, ich sitz hier scheinbar fest also will ich wenigstens wissen was da draußen alles vor sich geht.“ Er deutete in Richtung eines imaginären Fensters in Gidos Kajüte. Ignorierte dabei jedoch vollkommen die zweite Frage und vertiefte sich wieder in seine Lektüre. Es stimmte schon, sämtliche Zeitschriften und Zeitungen die er hier neben dem Bett des Älteren gestapelt hatte waren im barsburgischen geschrieben. Allerdings wollte er nicht wirklich genauer darauf eingehen.
 

„Du hast meine Frage nicht beantwortet“, forschend blickte ihn der Schwarzhaarige an. „Ich mein du willst was über diese Welt erfahren und beschränkst dich auf eine Seite der Informationsquellen.“

Frau blickte über den Rand seiner Zeitung hinweg und dann wieder auf den Artikel den er gerade las. Mit einem leisen seufzen klappte er sie zusammen und entgegnete, „meine letzte Unterrichtsstunde hatte ich als Kind...“ Er zuckte die Schultern und blickte auf die zusammengefaltete Zeitung. Für einen kurzen Moment zögerte er, doch dann fügte er hinzu, „nach dem Krieg war das eh zu gefährlich.“
 

„Krieg?“, Gido hob seine Augenbrauen und musterte ihn mit vor der Brust verschränkten Armen.
 

Der Blondhaarige haderte mit sich, drehte die Zeitung in Händen und schloss für einen Moment die Augen. „Ja...“, seine Stimme schien zu verebben, doch er fand sie wieder. „Es gab einen Krieg, vor etwa zehn Jahren“, seine Augen öffneten sich wieder doch er blickte abwesend vor sich hin. „Barsburg hat Raggs ausgelöscht, die Kultur, die Sprache... sich das Land einverleibt und die Menschen die dort lebten versklavt. Und... die Königsfamilie getötet.“ Er blinzelte und blickte Gido nun mit klarem Blick an. „Ich kanns recht ordentlich sprechen, aber das wars dann schon.“
 

Aufmerksam hatte der Blick des Schwarzhaarigen auf ihm geruht, es schien ihm nicht als würde sich der Jüngere das ausdenken. „Ich übersetz das jetz mal: Du kannst es nicht lesen? Schreiben?“
 

Frau schüttelte nur den Kopf. „Kein Stück und ich würde nicht mal behaupten das ich es fließend sprechen kann.“ Dennoch musste er sich ein leises lachen verbeißen, als ihm der Ältere daraufhin eine Zeitschriften auf Raggs vor die Nase hielt. Doch so zuckten nur seine Mundwinkel und er blickte auf die Buchstaben die für ihn keinerlei Sinn ergaben.
 

„Ganz ehrlich du willst mich nicht verarschen?“, fragte er skeptisch. Immerhin hatte er Mick vor mehreren Tagen noch in dieser Zeitschrift lesen sehen. Doch so hilflos und ehrlich ratlos wie Frau zuerst das Heft und dann ihn anblickte, ließen ihn stocken. „Du verstehst davon wirklich kein Wort oder?“
 

„Kein Wort“, bestätigte Frau und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück gegen die Wand. Der Schwarzhaarige hatte ihm neulich zwar glauben geschenkt, doch ein Rest Skepsis war geblieben und er konnte es ihm nicht mal wirklich verdenken. Wahrscheinlich würde er sich diese Geschichte nicht mal selbst wirklich glauben, wenn er es nicht so genau wissen würde. Gido hatte seine Hand wieder sinken lassen und die Zeitschrift beiseite gelegt. Sein Blick glitt an der Gestalt des Blondhaarigen auf und nieder. Seit einigen Tagen hatten sich dieser in seinem Zimmer einquartiert, ganz ungefragt verstand sich und auch wenn er nicht wirklich etwas dagegen hatte war ihm diese Anhänglich die Frau seit dem er hier aufgetaucht war ein bisschen suspekt. Der Jüngere sah davon ab in seiner Koje zu schlafen und sich das Zimmer mit Kojetan und Diego zu teilen. Was nicht daran lag das er sie nicht ausstehen konnte, allerdings bedeutete es sich hier bei dem Älteren einzuquartieren auch das er diesen den Großteil des Tages ganz für sich hatte. Und das war ein Umstand auf den Frau nicht verzichten wollte.
 

Mit Ausnahme des Vorfalls vor einigen Tagen war auch nichts weiter zwischen ihnen vorgefallen. Dabei war Frau wirklich der letzte der ein solch eindeutiges Angebot ausschlagen tat, und Gido hatte ihm ein verdammt eindeutiges Angebot gemacht. Er hatte gesagt das sie das wiederholen konnten und das er nur etwas sagen müsste. Alles was er tun musste wäre zu sagen das er mit ihm schlafen wollte. Frau hatten diesen Satz in Gedanken schon so oft gedreht und gewendet, doch er kam nicht darauf was ihn davon abhielt das zu sagen. Schließlich fiel es ihm weder schwer, noch hätte er etwas dagegen das ganze mal zu wiederholen. Und es lag auch ganz sicher nicht daran das er jetzt in einem so unerfahrenen Körper festsaß. Gerade das galt es ja zu ändern. Nein, das lag an etwas anderem. Eher daran das er sich doch wieder nicht zu sehr an alles hier gewöhnen wollte. Es hatte so schrecklich weh getan den Älteren damals zu verlieren, das er nicht wusste ob er das wirklich noch ein mal aushalten würde ihn zu verlieren. Da er nicht wusste wie er her gelangt war oder wie oder wie lange er überhaupt hier bleiben würde, wollte er es schon allein aus purer Vernunft nicht riskieren. Auch wenn es ihm schwer fiel sich noch davon zu überzeugen das er sich nicht zu sehr an dieses warme wohlige Gefühl in seiner Brust zu gewöhnen das ihn heimsuchte, wann immer er sich bei dem Schwarzhaarigen befand. Es fühlte sich gut an, es fühlte sich nach zu Hause an. Frau seufzte leise und schloss für einen Moment die Augen, musterte den Schwarzhaarigen nachdenklich als er sie wieder öffnete. Überlegend ruhten die eisblauen Augen seines Gegenübers auf ihm.
 

Gido fiel es nicht so schwer wie er geglaubt hatte, um genau zu sein fiel es ihm überhaupt nicht schwer seinem ehemalige Schützling glauben zu schenken. Und genau das war es was an ihm nagte. Das was der Blondhaarige erzählt klang bei aller fehlenden Logik viel zu schlüssig. Die Puzzleteile eckten nicht an sondern schienen jedes Mal wieder genau ineinander zu passen. Das war beinahe schon gespenstisch, bedachte er das sowas doch gar nicht möglich sein sollte. Logisch gesehen erzählte er ihm hier doch einen großen Haufen Mist, doch wenn er ihn ansah dann war er sich ziemlich sicher das er nicht log und ihm erst recht keinen Bären aufbinden wollte. Mit einem Mal musste er schmunzeln und wandte den Kopf ab. Das sollte es doch gar nicht geben, hatte er gedacht und ihm wäre beinahe entfallen das er selbst wohl der Beste Beweis dafür war das das keine Rolle spielte. „Was ist?“, fragte Frau der wieder begonnen hatte zu lesen und das Schmunzeln nur kurz über den Rand seiner Zeitschrift hinweg hatte sehen können.
 

„Nichts“, erwiderte Gido nur, schmunzelte jedoch immer noch.
 

„Na gut dann nicht“, murmelte der Jüngere mit den Augen rollend. Er wandte sich wieder dem lesen zu. Castor würde ihn wahrscheinlich verspotten, wenn er ihn so sehen würde. Wo er doch sonst immer alles was er nicht zwingend lesen musste links liegen ließ. Und das brachte ihn dann selbst zum schmunzeln.
 

„Was denn?“
 

„Nichts“, grinste Frau und nun war es an Gido mit den Augen zu rollen. Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf und seufzte. Sie waren nach der Reparatur des Schiffes noch eine Weile am Boden geblieben und waren erst vor einigen Tagen weiter geflogen. Doch da sie nun weder Fracht noch ein bestimmtes Ziel zu haben schienen, herrschte wieder flaute. Eine Ruhezeit die sie größtenteils mit Nichtstun und schlafen verbrachten. Solche Phasen waren nicht ungewöhnlich, im Grunde waren sie ein vorherrschender Teil ihres Lebens als Piraten. Denn sofern keine Schiffe geplündert wurden oder sie an Land gingen um eine Fracht auf- oder abzuladen oder sich dort anderweitig vergnügten, hatten sie einfach nichts zu tun. Das war eine Tatsache die Frau als Bischof oft genug vermisst hatte. Einfach mal nichts tun und nur aus seinem Loch kriechen, wenn er jemandens Kor austreiben sollte. „Sag mal Gido...“, nachdenklich hatte er die Stirn in Falten gezogen. „Barsburg und Raggs scheinen sich ja doch ziemlich gut abzukönnen, von ein paar Reibereien jetzt mal abgesehen...“, meinte er und überlegte für einen Moment wie er das jetzt weiter formulieren sollte. „Es...“
 

„Du traust dem Frieden nicht“, stellte der Ältere nüchtern fest, während er seinen Blick über eine Akte schweifen ließ. Korrektur im Gegensatz zu den Anderen hatte er tatsächlich etwas während der Flautezeiten zu tun. War sogar irgendwie froh darum, denn es hielt ihn davon ab sich allzu sehr zu langweilen. Und ihm war eigentlich eine ganze Menge lieber, als sich zu langweilen. „Hmm... ich kanns dir nicht übel nehmen, es gibt immer wieder Reibereien zwischen den Königreichen. Nichts wirklich gravierendes, aber sie sind da. Es gibt einige der Adelsfamilien die nur darauf warten das das ganze Eskaliert und dem Militär geht es zum Teil nicht anders. Auch wenn sie ganz gut damit beschäftigt sind uns zu jagen.“ Gido lächelte freudlos, „es hält sie auf trab. Aber im Grunde reicht das nicht, weil sie nur die Messer wetzen und Jedermann ihnen verbietet sie auch nach belieben zu benutzen. Für uns Piraten gibt es ein wesentlich höheres Kopfgeld, wenn wir Lebens geschnappt werden. Wir wissen das und wir nutzen es zum überleben, dennoch gibt es kaum noch Häfen in denen wir sicher landen können.“ Er fischte eine Zigarette aus seiner Hosentasche und zündete diese an, während er weiter sprach. „Das sie die Aegis nicht gleich umzingelt hatten, lag einzig daran das sie beschädigt war. Mit einem kaputten Schiff kann man zwar auch fliehen, aber es ist weit aus gefährlicher. Sie haben wohl gehofft wir wären noch da, wenn sie wiederkämen.“ Ein schmunzeln legte sich auf seine Lippen, als er ein wenig nach unten und dabei zurück sank. Der Schwarzhaarige blies eine Wolke blauen Dunstes gen Decke. „Schief geschnitten“, murmelte er, vielleicht ein wenig selbstgefälliger als notwendig.

„Ich dachte rauchen sei tabu“, hakte der Jüngere nach und machte es sich bequem, schob noch ein Kissen zwischen seinen Rücken und die Wand.
 

Der angesprochene schnaubte leise. „Seit wann kümmerst du dich einen Scheiß um verboten. Außerdem is das mein Zimmer und ich bin Käpten. Ich darf hier sowieso alles.“ Seine Worten brachten Frau dazu in sich hinein zu kichern. Er hatte die Zeitschrift an seinen Beinen lehnen und verschränkte einen Arm hinter dem Kopf und wollte Gido eigentlich schon nach eine von seinen Zigaretten fragen. Da fiel ihm ein das er ja jetzt selbst welche hatte. Also kramte er die Packung aus seiner Hosentasche, klopfte sich eine aus der Schachtel und klemmte sie sich zwischen die Lippen. Dann steckte er sie wieder weg und griff nach dem Feuerzeug in seiner anderen Hosentasche. Er hatte die Kette an einer der Gürtellaschen an seiner Hose befestigt Mürrisch wurde er daraufhin von dem Älteren angeblickt und der Blondhaarige kicherte erneut in sich hinein. Was fällt dir ein? schien sein Blick zu fragen, doch davon ließ sich Frau nicht beeindrucken.
 

„Ich bins Betthäschen vom Käpten, ich darf das“, schmunzelte er liebreizend, die Zigarette immer noch im Mund. Er nahm einen tiefen Zug und warf Gido ein charmantes Grinsen zu, während sich dessen leises schnauben in ein lachen verwandelte. „Du widersprichst nicht“, stellte Frau daraufhin selbst ein wenig verblüfft fest.
 

Der Schwarzhaarige hielt inne, inhalierte einen weiteren Zug und blies den blauen Dunst nachdenklich aus. „Nein“, meinte er zustimmend und lächelte dabei kaum merklich, als er seinen ehemaligen Schützling ansah. „Nein“, wiederholte er und musste zugeben das es ihm sogar irgendwie gefiel. Er schloss die Augen, dachte nach und horchte in sich hinein. Es fühlte sich wirklich angenehm an, dachte er und das es ihm eigentlich gar nichts ausmachen würde, den Blonden so nah an sich ranzulassen.

Der Jüngere lächelte und blickte wieder auf den Artikel den er gerade noch gelesen hatte, merkte wie dabei der Blick des Schwarzhaarigen auf ihm ruhte. Doch erst seine Worte rissen ihn wieder aus dem Gedanken, „zeig nochma dein Feuerzeug.“
 

„Hm?“
 

„Na los gib her, ich wills mir mal angucken“, grinste er und setzte sich auf. Mit einem unsicheren Schmunzeln kam der Blonde seiner Aufforderung nach und löste die Kette von seiner Hose um es ihm zuzuwerfen. Die Zigarette zwischen die Lippen geklemmt, ließ Gido die Kuhle seiner Hände um das silberne Kreuz zuschnappen. Grinsend betrachtete er und hielt es hoch, während er mit der anderen Hand nach der Zigarette griff. „Wo haste das denn her?“, fragte er und ein wenig belustige guckte Frau ihm zu wie er den Zündknopf suchte.
 

„Selbstgemacht“, erwiderte er nun ebenfalls grinsend und erntete einen skeptischen Blick. „Na ja bis auf das Kreuz“, lachte er dann.
 

„Ist das ein echtes?“, fragte Gido und er nickte. „Und das hast du selbst gemacht?“ Ein erneutes nickten und der Schwarzhaarige stieß einen anerkennenden Pfiff aus. Besah sich das Feuerzeug noch einmal neugierig und warf es ihm dann wieder zu. Der Jüngere fing es auf und befestigte es wieder an seiner Hose, steckte es wieder in die Tasche. „Warum gerade ein Kreuz?“
 

Der Blondhaarige musste nur kurz überlegen, bevor er antwortete, „jemand hats mir geschenkt, ich mags nicht wegschmeißen. Dachte mir es kann mir wenigstens nützlich sein, wenn ichs schon ständig bei mir hab.“ Ein schmales lächeln bildete sich auf seinen Lippen.
 

Der Ältere antwortete ihm nicht, erwiderte nur das Lächeln. Das sah seinem ehemaligen Schützling einfach viel zu ähnlich. So schüttelte er nur leicht den Kopf und fuhr sich durch die Haare und murmelte, „naja Sorgen mach ich mir sowieso erst, wenn du anfängst frei weg von der Leber die Bibel zu rezitieren.“
 

Den Kopf senkend musste Frau sich ein breites grinsen verkneifen und auf die Zunge beißen. Er war wirklich versucht zu tun was Gido gerade gesagt hatte, doch das zu erklären würde dann ein wenig schwer werden. Also lachte er nur leise und antwortete nicht.
 

Fast eineinhalb Woche verstrichen in denen ihr Schiff nur langsam und gemächlich am Himmel vor sich hin tuckerte und Frau war überrascht als er eines Tags den Gang hinabschritt zum Cockpit und aus dem Fenster blickend erkannte das die gelandet waren. Es kam ihm komischerweise sogar bekannt vor und wie es schien waren die meisten Anderen auch schon wach, nur Gido konnte er nirgendwo finden. Er war alleine aufgewacht und hatte sich erstmal einen Kaffee aus der Küche geholt. Die Frage wo sie jetzt waren wollte er zwar stellen, doch da sich seine Stimmbänder weigerten zu funktionieren. Also gab er sich damit zufrieden nach seinem ehemaligen Vormund Ausschau zu halten. Als sein Blick aus einem der Seitenfenster fiel konnte er ihn sehen und der Schwarzhaarige winkte ihm zu, winkte ihn zu sich nach draußen. Noch etwas verschlafen wie er war, schnappte sich Frau bloß seinen Mantel aus seinem Zimmer und zog sich die Stiefel an, bevor sich auf den Weg nach draußen machte. Die Tasse immer noch in einer Hand näherte er sich dem Älteren, der unwillkürlich eine Augenbraue heben musste bei seinem Anblick. Na, das war ja mal n Ding. Doch konnte er letztlich nur schmunzeln über seinen Anblick. „Wir bleiben für ein paar Tage hier“, erklärte er und wies auf ein großes, prachtvolles Gebäude das hinter einem großen wildwüchsigen Garten lag. Sein Blick folgte Gidos Daumen der über seine Schulter wies und er hörte auf ihm zuzuhören, als er das Anwesen im Hintergrund erkannte. Für einen Moment konnte er nichts anderes tun außer es mit großen Augen anzustarren.
 

„Krat“, brachte er schließlich nur hervor und räusperte sich, trank einen weiteren Schluck. Erst dann war er sich sicher das ihm seine Stimmbänder wieder gehorchten. „Was machen wir denn bei den Krats?“
 

Amüsiert schmunzelte der Angesprochene, „wir besuchen eine alte Bekannte.“ Er würde Frau später fragen woher er den Namen kannte. „Komm mit“, sagte er und wies ihn an ihm zu folgen. „Die Anderen werden nachkommen, ich wollte mit dir alleine reden, dir alles einmal kurz erklären. Dachte mir du willst sicher nicht das die Anderen zu viele Fragen stellen.“
 

Frau lachte leise und folgte ihm mit langen Schritten durch den verwilderten Teil des Gartens. „Nun, zumindest nicht bis ich selbst etwas schlauer bin, nein.“ Gido nickte und bog einen Ast beiseite um an diesem vorbei zu kommen.
 

„Ich hab dir doch vor einige Tagen erklärt das es immer wieder Reibereien zwischen den Königreichen gibt. Nun, beide Seiten versuchen die Adelsfamilien, ganz gleich auf wessen Land sie stehen für sich zu gewinnen, je einflussreicher eine Familie ist desto sicherer ist ihr die Aufmerksamkeit der Königshäuser. Der Grund dafür ist, es gibt... sagen wir eine Allianz die sich gebildet hat, einige bestimmte Familien haben sich verbündet – zweckdienlich versteht sich – um den Königshäusern zu trotzen. Die Adligen lieben ihre Privilegien und sie wissen diese auch auszuspielen. Sie wissen genau das Königsfamilien, sie gerne am Haken hätten, zumindest schon des Geldes wegen und sie wissen ebenso das sie Gefahr laufen diese zu verlieren, wenn sie sich ihnen anschließen. Sie würde niemals öffentlich ihre Missgunst über den König oder dergleichen verlauten lassen, doch sie haben ihre eigenen Druckmittel.“ Sie hatten den wildwüchsigen Garten hinter sich gelassen und auch wenn es nicht gerade übersichtlich war vor lauter Stauden, Hecken und Büschen in diesem Teil des Gartens, schien alles auf kuriose weise viel geordneter. Aufmerksam hörte der Blondhaarige seinem ehemaligen Vormund zu als dieser weiter sprach. Die Mundwinkel des Schwarzhaarigen zuckte nach oben, „was sie tun ist nicht verboten, sie stellen ihre Grundstücke als Landeplätze zur Verfügung und gewähren allen, egal wem Sicherheit. Es wurde natürlich trotzdem mit Entmachtung gedroht, doch Unterstützung und Geld sich hervorragende Druckmittel.“ Ein verächtliches Schnauben folgte diesen Worten. „Sie sind Sprunghaft wie flüchtende Kaninchen, wenn es darum geht die eigene Macht und den Reichtum zu maximieren.“ Abrupt blieb der Ältere stehen, sie befanden sich mitten auf einem schmalen Pfad der kaum zu sehen war vor lauter Pflanzen um sie herum. Gido seufzte und zeigte ein recht aufmunterndes Lächeln, „nicht alle sind so, sie alle über einen Kamm zu scheren wäre Falsch. Die meisten sind keine wirklich schlechten Menschen, aber wenn es um ihre Motive geht ähnelt sich der Großteil doch erschreckend, wenn es drauf ankommt. Merk dir das.“
 

Der Jüngere hob eine Augenbraue und blieb für einen Moment stehen, musterte den Schwarzhaarigen argwöhnisch. Er verstand warum es für die Piraten von Vorteil sein konnte sich gewissermaßen Freunde unter den Adligen zu schaffen, doch bei Gido klang das schon fast wieder so als würde er sie verteidigen. Ihre Handlungen zu rechtfertigen, als wollte er nicht nur schlechtes über sie sagen.
 

„Eigenartig das von einem Piraten zu hören“, antwortete er und holte die zwischen ihnen entstandene Distanz wieder auf.
 

„Was ist daran eigenartig?“
 

„Ich hätte jetzt erwartet das ihr die Adelsfamilien für zu versnobte Schnösel haltet, als das ihr euch von ihnen helfen lasst...“, erwiderte er mit hochgezogenen Brauen und verzog das Gesicht in skeptischer Nachdenklichkeit.
 

Der Schwarzhaarige lachte und stieg auf den Rand eines kleinen Teiches, um an jenem entlang zu balancieren. „Das stimmt schon, in vielen Fällen ist es genau so. Dennoch reicht allein die Tatsache das sie auch uns Unterschlupf gewähren und das sich die Parteien auch in den meisten Fällen zusammenreißen können aus, um zu bekommen was sie wollen. Und warum sollten wir das nicht nutzen, wir müssen ja nicht zu ihnen ins Haus. Ein Landeplatz reicht in den meisten Fällen schon völlig.“ Frau musst im Stillen zugeben das er recht hatte. Sie hatten mittlerweile fast die Front des Hauses erreicht und ihm war aufgefallen das sie wohl im Hintergarten gelandet sein mussten, oder zumindest dort in der Nähe, denn sie hatten es jetzt beinahe zur Hälfte umrundet. „Außerdem... sie misstrauen uns aus dem simplen Grund das wir Piraten sind. Nicht ob dessen wer wir sind – sie scheren uns über einen Kamm.“ Seine eisblauen Augen richteten sich mit plötzlichem Ernst auf den Jüngeren. „Was meinst du, würdest du ihnen recht geben?“
 

Er brauchte nicht lange überlegen um eine Antwort zu finden. Ein grinsen huschte über seine Lippen und er erwiderte, „naja wie bestehlen sie, verführen ihre Frauen und Töchter und töten ihre Söhne, ich würd sagen ja.“ Doch dann schüttelte er den Kopf und fügte hinzu, „aber ich denke ich verstehe was du meinst. Es wäre dumm von uns die ganze Sache mit Vorurteilen anzugehen. Sie sind nicht alle gleich. Genauso wie wir – wir sind alles nur Menschen“, mit einem leichten Lächeln sah er ihn an. „Das wolltest du damit sagen nicht?“
 

Der Ältere nickte, noch während seine Gedanken ganz woanders hingen. „Ja... es ist egal, wer sie sind. Wenn sie uns helfen und es ehrlich meinen, reicht das völlig. Und na ja...“
 

„Das hier ist so ein Fall?“
 

Schulterzuckend trat Gido hinaus auf den Hof des Hauses, schlenderte den Kiesweg entlang. „Gewissermaßen“, ein schwaches Lächeln huschte über seine Lippen. „Sie ist mehr oder weniger eine Bekannte von mir“, sagte er dann un Frau musste nicht darüber nachdenken um diesen Satz deuten zu können.
 

„Verstehe“, grinste er und dachte das es wohl mehr als ein paar blaublütige Frauen gab die gelangweilt von ihrem Leben eingesperrt zu Hause waren. Gido bemerkte zwar das unmissverständliche Funkeln in den Augen des Blondhaarigen, doch er sah davon ab ihn zu korrigieren. Im Gegenteil er nahm an, das sie das sogar noch irgendwie amüsant finden würde.
 

„Um zurück zum Ausgangspunkt zu kommen, musst du folgendes wissen. Wir waren schon öfters hier, ihr kennt euch. Ihr Name ist Gala und ihr habt euch immer recht gut verstanden.“ Nickend nahm der Jüngere das gesagte zur Kenntnis und überlegte ob es ihm der Schwarzhaarige wohl verzeihen würde, wenn er ein bisschen mit ihr flirten würde. Sie hatten mittlerweile den Weg erreicht der vom Tor des Haupteinganges zur Haustür führte und Kojetan und Aleko folgten ihnen mit nur einigen Schritten Abstand. Auch wenn er versuchte es zu verbergen, er war äußerst neugierig auf diese Frau die sie hier wohl treffen wollten. Shakir griff nach dem in einem Löwenmaul befestigten schweren Ring und klopfte an der großen schweren Eichenholztür. Öffnen tat ihnen jedoch keine Frau sondern ein Mann, der zumindest nicht älter als Gido zu sein schien und sie freundlich begrüßte, während einer nach dem Anderen fröhlich ins Haus zu platzen schien. Anscheinend war sie nicht nur eine Freundin seines ehemaligen Vormundes, dachte er schmunzelnd, als er das beobachtete und sah sich ebenfalls neugierig um.
 

„Die Lady bittet um noch ein paar Minuten, bitte folgen sie mir –“
 

„Ach lass die Formalitäten Rychie“, grinsend tätschelte Diego dem Bediensteten die Schulter. „Bring uns einfach hin“, schmunzelte und der Angesprochene folgte der Anweisung. Doch Frau schien es so, als gäbe es nichts was diesen Mann davon abbringen würde seine Position zu vergessen.
 

„Ach das hab ich vergessen“, murmelte ihm Gido zu, „das ist Rycharde. Er ist hier ein bisschen das Mädchen für alles.“
 

 Sein ehemaliger Schützling schmunzelte bei diesen Worten und antwortete leise, „das kann ich mir gut denken.“ Unbekümmert plaudernd ließen sich die Piraten in einen größeren Raum führte. Das Sonnenlicht fiel durch große Bogenförmige Fenster die auf der linken Seite des Raumes lagen. Die Andere zierten Gemälde und ein Wandteppich auf dem das Familienwappen und einige weitere Verzierungen abgebildet hatten. In der Mitte des Raumes standen ein Tisch, ein Sofa und ein paar Sessel. Auf den Tisch standen eine gläserne Karaffe mit Wasser gefüllt und zwei Kannen, deren Inhalt er Tee und, oder Kaffee vermutete. Daneben standen mehrere Becher und eine Platte mit Gebäck und Sandwiches. Ein Umstand der Frau dazu brachte zu dem Schluss zu kommen das diese Frau entweder immer auf Besuch vorbereitet schien, oder sie mochte. Demnach was er gehört und was er gerne glauben wollte, mochte sie sie. Frau ging einige Schritte durch den Raum, blickte sich um ohne etwas bestimmtes zu suchen, setzte sich schließlich auf einen der Sessel und überkreuzte die Beine. Sein Blick wanderte zu Gido, dann zur Tür und dann wieder durch den Raum in dessen Ambiente sie einfach nicht zu passen schienen. Er hatte keinen Hunger oder Durst, auch wenn es wohl Kaffee gab, aber danach war ihm auch nicht wirklich. Allein die Tatsache das er in Labradors altem Zuhause befand ließ sich seinen Magen genug zusammenziehen, das es unangenehm war. Sein ehemaliger Vormund wusste zwar das er über die Sense bescheid wusste, doch über die Ghosts hatte er noch kein einziges Wort verloren.
 

Sich nun in einem der Gotteshäuser wieder zu finden, sorgte bei ihm für mehr als Argwohn. Eingenommen von einer spielerischen Rangelei um etwas zu Essen zwischen Diego und deutlich kleineren Aleko bemerkte Frau sie nicht, als sie den Raum betrat und als er sie bemerkte musste er sich zusammenreißen, das ihm nicht die Kinnlade runterklappte. Gala trug ein knielanges Sommerkleid mit gerafftem Saum. Es zeigte ab den Beinen einen Farbverlauf von Schwarz zu lila, ähnlich wie Gidos Haare, der Gedanke ließ den Blondhaarigen blinzeln und zu besagten blicken. Er hatte nie so wirklich darauf geachtet doch sie hatten wirklich einen leichten Stich ins lilane, der besonders kräftig in den vorderen Strähnen zu sein schien. Galas Haare wiesen ebenfalls einen Farbverlauf auf, zeigten sie am Ansatz noch ein wiesiges Grün, verliefen auf halber Länger in ein helles Blond. Sie hatte sanfte violettfarbene Augen, die Farbe ging schon ein bisschen ins Magenta. Als sie Frau erblickte lächelte und ein wenig unbeholfen in seiner Rolle lächelte er zurück. Sie war hübsch das war nicht zu bestreiten und ihr Alter musste zwischen Mitte zwanzig und Anfang dreißig liegen. An den Armen trug sie schwarze, halb durchsichtige Stulpen, so dass er keine klare Sicht auf ihren Handrücken hatte. Überschwänglich wurde sie begrüßt und umarmt, was ihn ebenfalls dazu brachte aufzustehen, doch je länger er dem ganzen zusah desto ratloser wurde ihr. Kichernd wandte sie sich ihm zu, „na komm her Mick du auch.“ Und schon wurde er in ihre Arme gezogen und die Kälte ihres weichen Körpers, als er es erwiderte brachte ihn wieder auf den Boden zurück. Frau blinzelte kurz und grinste schief, als er sich wieder von ihr löste. Nichts auf der Welt war so kalt wie der Tod, das hatte er auf die harte weise lernen müssen. Amüsiert musterte er sie, die leichten wellen im Haar und die weichen Gesichtszüge ließen sie Labrador recht ähnlich sehen. Schien als würde die Schönheit hier in der Familie liegen. „Du wirst aber auch von mal zu mal hübscher“, grinste er und sie schüttelte mit einem leisen lachen den Kopf über sein Verhalten.
 

„Denk nicht mal dran“, amüsierte musterte sie, während sich ihr Finger in die Unterseite seines Kinns bohrte. Und als Frau den Mund öffnete um etwas zu erwidern bohrte sich ihr Finger schmerzhaft tiefer.
 

„Schon gut, schon gut“, lachend entzog er sich ihr und rieb sich das Kinn. „Aber mal ehrlich, bei euch muss doch irgendwas in den Genen liegen. Selbst die Kerle in dieser Familie sind extrem hübsch“, er zog eine Augenbraue hoch und sie schmunzelte.
 

„Nun ich hab nie behauptet es sei nicht so“, ihr Blick maß den Jüngeren ausgiebig und sie wandte sich mit den Worten, „ich bin einfach nur außerhalb deiner Liga“, von ihm ab. An Gido gewandt sagte sie dann, „ich dachte wirklich du hast ihm bessere Manieren beigebracht.“ Der Schwarzhaarige schmunzelte und musterte seinen ehemaligen Schützling, die Arme vor der Brust verschränkt.
 

„Ach weißt du er ist als Kind mit Vorliebe auf den Hinterkopf gefallen, da hat selbst gute Erziehung nichts mehr gebracht–“
 

„Hey!“, beschwerte sich Frau und hieb ihn in die Seite. Ihm gingen viele Fragen durch den Kopf, viel zu viele für seinen Geschmack, und so war er froh die Ablenkung die er um sich herum fand.

Gebrandmarkt

Hope fades, into the world of night.

Through shadows falling, out of memory and time.
 


 

Frau blickte auf seine Stiefelspitzen. Es war früher Nachmittag und er saß auf einer Bahre in einem improvisiertem Krankenzimmer. Er war nicht verletzt, er war lediglich an der Reihe sich Galas Untersuchung zu unterziehen. In Anbetracht der Tatsache das sie als Piraten meiste Monatelang nur von dem lebten was sich an Bord ihres Schiffes befand eine sicher gar nicht so unsinnige Idee sie als Ärztin einzuspannen. Auch wenn es ihm ein wenig komisch vorkam das sie sich so gut mit Gido zu verstehen schien. Davon mal abgesehen hatte er allerdings ein viel größeres Problem damit das er mit der ganzen Situation hier nur recht wenig anfangen konnte. Erst jetzt wurde ihm wirklich bewusst das er sich auf dem Schiff immer nur zu seinem ehemaligen Vormund geflüchtet hatte, doch jetzt wo er das nicht konnte merkte er wie Fremd ihm immer noch alles schien. Der Blondhaarige ließ die Kette seines Feuerzeugs zwischen seinen Fingern entlanggleiten. Schweigend hob er den Blick und betrachtete das dichte Geäst der Bäume die er vom Fenster aus sehen konnte. Er gab sich Mühe nicht an Labrador zu denken und er fragte sich was wohl aus ihm geworden war, wenn er nun nicht Profes Platz eingenommen hatte. Sie waren jetzt schon fast zwei Tage hier, doch er hatte noch keine Wirkliche Gelegenheit bekommen nach ihm zu suchen, obwohl er sich nicht mal sicher war ob er ihn ansprechen wollte. Er wollte ihn einfach nur sehen, das war ihm eigentlich schon genug. Erst als Gala ihre Stimme wieder erhob und sich von ihrer Arbeitsplatte löste, der Tisch war bestückt mit unzähligen Kräutern, von denen Frau vielleicht gerade mal die Hälfte schon mal bei Labrador gesehen hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder ihr zu. Sein Blick glitt an der hellhaarigen Frau hinab und vorsichtig wieder hinauf.Bisher hatte sie alle seine Versuche mit ihr zu flirten zu nichte gemacht. Nicht mal aus Spaß schien sie das mitmachen zu wollen. Eigentlich schade, dachte er, als er sie so musterte und sich fragte was Gido an sich hatte das sie bei ihm nichts dagegen hatte, wenn er ihr ohne Ernsthaftigkeit schöne Augen machte. Gala hatte ihn als einen der ersten auf ihr Zimmer bestellt, auch wenn er für heute der letzte zu sein schien. Zumindest hatte sie etwas in die Richtung angedeutet. Ihre lilafarbenen Augen, besaßen die Selbe sanfte Strenge wie die Labradors, als sie ihn nun von oben bis unten kritisch musterte. „Ich nehme an du hattest keine sonderlich schwere Verletzungen in letzter Zeit...“
 

„Keine von denen ich wüsste“, antwortete Frau wahrheitsgemäß und hoffte einfach das sein Alter Ego in letzter Zeit tatsächlich aufgepasst hatte. Ihr Blick erinnerte ihn fast schon schmerzhaft an den Älteren und als sie noch einige weitere Fragen stellte tat er sich schwer sie nicht zu vergleichen. Vor allem fragte er sich aber was sie wohl für den Hellhaarigen war. Eine Schwester? Eine Cousine? Eine Tante? Eine entfernte Verwandte? Der Gedanke brachte ihn darauf das er nicht mal genau wusste was Gido jetzt für ihn war – sie stammten doch aus dem selben Haus, also mussten sie doch irgendwie miteinander verwandt sein, oder nicht? Aber anscheinend nicht nah genug um voneinander die Finger zu lassen. Vielleicht sollte er einfach mal fragen, überlegte er, als er Galas Zaiphon durch seinen Körper wandern spürte. Für einen Moment ging sein Puls hoch, nämlich als ihm einfiel das sich die Schäden die Devaki angerichtet hatte auch auf diesen Körper übertragen hatten. Labrador bestand ja nicht umsonst darauf das er sich regelmäßig untersuchen ließ. Wohl schon allein, weil sie ihm so oft den Appetit raubte. Doch die blondhaarige Frau hatte ebenso wie ihr vielleicht späterer Nachfolger das Glück das er ein verdammt umgänglicher Patient war. Er ließ es alles über sich ergehen, auch die Fragen. Hauptsache es dauerte nicht den ganzen Tag. Erst als ihre Hände über seinem rechten Augen verweilten und sie nachdenklich das Gesicht verzog, kehrte das mulmige Gefühl wieder zurück. Es war unangenehm und schlug ihm ein wenig auf den Magen, doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Vorsichtig schluckte der Blonde und starrte sie suchend aus beiden Augen an, wobei die junge Frau seine Lider auseinander gezogen hatte und er auch gar nicht anders konnte als sie anzustarren.
 

„Du hast da...“, sie sprach den Satz nicht zu Ende, sondern zog einfach nur die Brauen zusammen. „Hattest du als Ki-“, weiter kam sie gar nicht denn fast schon fluchtartig rückte Frau von ihr Weg und riss dabei den Kopf aus ihren Händen.
 

„Gar nichts!“, fauchte er und blickte weg. Es machte keinen Sinn. Warum sollte das denn noch da sein? Das war doch nicht sein Körper, das war der von irgendwem der nur zufällig aussah wie er. Das konnte doch gar nicht sein!
 

„Mick lass es mich ansehen, wenn du verletzt –“
 

„Ich bin nicht verletzt!“ Er schluckte und rieb sich mit einer Hand übers Gesicht. „Ich...“, er stockte und fuhr geistesabwesend die Linie um sein Auge nach. Er zog die Lider ein wenig auseinander und rieb sich das Auge. „Es ist nichts.“ Er knurrte diese letzten Worte und entzog ihr den Kopf, als sie erneut versuchte ihn festzuhalten. „Und helfen kannst du mir da auch nicht...“, fügte er nach einer Weile des Schweigens hinzu. Seufzend hatte Gala die Arme verschränkt und schüttelte den Kopf.
 

„Sei nicht so ein Sturkopf, ich will es mir doch nur ansehen...“, entgegnete sie. „Ich muss wenigstens wissen was los ist, vielleicht kann ich ja doch was tun...?“ Und dann legten sich ihre kalten Hände wieder an sein Gesicht und sie zog seine Augenlider auseinander, während er die sanfte wärme ihres Zaiphons auf seinem Gesicht spüren konnte. „Ich tu auch nichts was du nicht wills – aber lass es mich wenigstens anschauen.“ Die ganze Zeit über hatte der Blondhaarige jedoch nur versucht wegzusehen. Sie hatte ihn mit einem Mal so sehr an Labrador erinnert das er kaum gewagt hatte sich noch einmal zu verweigern. Dennoch versuchte er den Blick abzuwenden und als ihm das nicht gelang zu senken, wobei er zugeben musste das ihm der Ausblick auf ihr Dekolleté ziemlich gefiel. Vorsichtig wanderten seine Augen jedoch wieder nach oben, als er ihren mahnenden Blick auf sich spürte und er grinste schief, wie um sich zu entschuldigen. „Hat dir schon mal jemand gesagt das du fürchterlich bist?“, fragte sie und schien dabei fast schon angestrengt konzentriert.
 

„Gido... in letzter Zeit ziemlich oft“, gab er zu und sie lachte.
 

„Oh wirklich? Aber ich verzweifle das du ihm in den Ausschnitt guckst.“
 

Jetzt war es an Frau zu lachen, ehe er antwortete, „nein tu ich nicht... nicht nur.“
 

„So so...“, schmunzelte die Blondhaarige und fuhr sich durch die Haare, als sie sich wieder aufrichtete. „Ich befürchte du hattest recht, da kann ich nichts machen. Die Wunde ist zwar verheilt und die Nerven augenscheinlich unbeschädigt, aber...“, sie zögerte und er senkte den Blick. „Es ist Nar–“
 

„Es ist Narbengewebe vorhanden, ich weiß.“
 

Gala runzelte die Stirn und nickte, „ja das ist richtig. Ich vermute es war eine Brandwunde, oder?“ Nun war es an dem Jüngeren zu nicken. „Sie scheint ziemlich alt zu sein–“
 

„Ich war noch ein Kind“, meinte er leise und hielt den Blick abgewandt. „Die erste Behandlung war ein Reinfall, Lab- … ein guter Freund hat später nachgebessert und die schlimmsten Fehler beseitigt.“
 

„So ist das also“, seufzte sie und strich den Rock ihres Kleides glatt als sie sich neben ihn setzte. „Dann weißt du sicher, das die einzige Chance auf vollständige Heilung die wäre die Wunde zu öffnen.“ Aus dem Augenwinkel sah sie wie er nickte, als sie hinzufügte, „was natürlich ebenso risikoreich ist... ich nehme an –“
 

„Nein, ich wills nicht versuchen. Es tut weder weh noch stört es“, ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er sie nun anblickte. „Ich kann damit eher leben, als auf einem Auge blind zu sein.“
 

„Dann solltest du zumindest auch weitere Verletzungen vermeiden, ich kann nicht garantieren das es dann wieder so glimpflich –“
 

„Ausfallen wird. Ich weiß, ich weiß...“, er lachte leise und kratzte sich am Hinterkopf. „Du klingst sehr nach jemandem den ich kenne...“
 

„Ach? Tu ich das...?“
 

Doch darauf antwortete er nicht mehr, lächelte nur noch in sich hinein und fragte vorsichtig, „tust du mir einen Gefallen?“
 

„Was denn?“
 

„Sag es Gido nicht. Er weiß nichts davon und manchmal benimmt er sich wie die überfürsorgliche Mutter Henne.“

Gala lachte, musterte ihn nachdenklich und nickte schließlich. „Na gut, von mir erfährt er es nicht. Dann kannst du jetzt gehen. Scheinst ja sonst gesund zu sein – Tyrone soll als nächster zu mir, okay?“ Nickend richtete er sich auf und sie blickte ihm nach, beobachtete wie er sich im vorbeigehen seinen Mantel griff und den Raum verließ. Und für den Moment schien es ihr nicht Frau zu sein der davonging und sie verschränkte die seufzend die Arme. Der Blonde schien verändert seit dem sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, nicht einfach nur ein Stück weit erwachsener oder erfahrener – wie man es auch immer nennen mochte. Er war Gido schon immer irgendwie ähnlich gewesen und das nicht nur, weil sie von ähnlicher Statur und ähnlichem Charakter waren, doch momentan hatte sein Verhalten etwas an sich das sie von seinem ganzen Wesen her an den Schwarzhaarigen erinnerte. Die Blondhaarige strich sich die Haare zurück und stand wieder auf und ging wieder zu ihrem Arbeitstisch herüber. Vielleicht bildete sie es sich ja auch nur ein.
 

Frau für seinen Teil war froh das Krankenzimmer wieder verlassen zu haben und da er gerade auch nichts besseres zu tun hatte, machte er sich gerade tatsächlich auch auf die Suche nach Tyrone. Doch da das Anwesen groß war, gab er es nach einer Weile auf, fand stattdessen Kojetan, der ihm erklärte wo er den Blondhaarigen finden würde. Seufzend drehte der Größere um und schlug genau die Richtung ein aus der er gerade gekommen war. Was tat man nicht alles um sich nicht zu langweilen... Außerdem konnte er Gido nirgends finden, was auch irgendwie komisch war. Er hatten ihn die letzten beiden Tage irgendwie ständig gesehen. Der Blick des Blonden blieb ab und zu an einigen Familienportraits hängen die die Wände zierten, doch ansonsten ließ er die Einrichtung des Hauses fast gänzlich unbeachtet. Er ging einen langen Gang hinab und ein paar Treppen hinauf, ehe er den Blondhaarigen fand und ihn zu Gala schickte. Er wollte gerade umdrehen und sich irgendwas suchen womit er sich wirklich die Zeit vertreiben konnte, als sein Blick auf eine Gestalt im Garten fiel. Eine Gestalt die ihm sehr bekannt vorkam. Frau hielt inne und ging näher zum Fenster, versuchte dieses zu öffnen und als es ihm gelang beugte er sich etwas raus. Da hockte Labrdor im Garten pflegte die Blumen. Ein leichtes lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und Frau wusste gar nicht wirklich wieso, doch bevor er genauer darüber nachgedacht hatte, war er hinabgeeilt zur Terrassentür. Leise öffnete er sie und schlich hinaus in den Garten. Es war das erste Mal das er ihn alleine hier sah, nicht mal das blondhaarige Mädchen war bei ihm. Dabei schien sie ihm sonst immer auf Schritt und tritt zu folgen. Das wäre jetzt eigentlich die perfekte Chance um mit ihm zu reden, doch trotzdem blieb er hinter einer großen Eiche stehen und lugte nur vorsichtig hervor. Der Baum musste sicherlich drei Mal so alt sein wie er, denn er bot selbst für jemanden seiner Statur einen guten Schutz vor neugierigen Blicken.
 

Was zum Teufel tat er hier überhaupt?
 

Aber was sollte er auch sonst tun? Einfach zu ihm hingehen und mit ihm reden? Wer wusste schon ob das immer noch der Mann war den er kannte. Obwohl... na ja Gido war auch immer noch der selbe, aber das stand doch auch in keinem Bezug zueinander. Gido tat nichts anderes als vor zehn Jahren, aber Labrador war hier immer noch der Erbe des Hausherren und würde eines Tages seine Position übernehmen. Das war jemand ganz anderes – er kannte diesen Menschen nicht. Aber er kannte jemanden der sein Zwilling hätte sein können. „Du kannst ruhig rauskommen“, seine klare sanfte Stimme ließ ihn aus seinen Gedanken schrecken. Frau hatte sich am Fuß der Eiche niedergelassen und späte zwischen den Büschen hervor. Ilyusha lachte und Frau musste blinzeln als er sich über ihn beugte, denn das Sonnenlicht direkt im Hintergrund blendete ihn. So konnte er für einen Moment auch nichts weiter tun, als ihn anzustarren, während die gleißende Gestalt vor seinen Augen seine Hand nahm und ihm aufhalf. Das Sonnenlicht hatte seine Gestalt verschwimmen und ihm für einen Moment alles schrecklich unwirklich vorkommen lassen.

„Lab...“, seine Stimme schien ihm so dünn wie Papier, als er sprach und er räusperte sich. Doch erst einige Sekunden danach fühlte er sich wieder ganz da.
 

Verwirrung zeigte sich auf dem Gesicht des Hellhaarigen, der sehr wohl verstanden hatte was er gesagt hatte, sich aber aber keinen Reim darauf und auf den merkwürdig sanften Blick in den Augen des Blondhaarigen machen konnte. „Hey, ich kenn dich doch.“ Die Brauen des Blonden schnellten hoch bei diesen Worten. Tat er das? „Du gehörst mit zu den Piraten die manchmal bei Gala auftauchen“, lächelte er dann und der Jüngere entspannte sich mit einem seufzen. Also kannte er ihn nur vom sehen.
 

Ein schwaches Lächeln bildete sich auf Fraus Lippen. „Ja, stimmt“, antwortete er. „Du bist der Sohn des Hausherren, oder?“, fragte er und steckte die Hände in die Manteltaschen, lehnte sich gegen den Stamm der Eiche.
 

Irritiert blickt Ilyusha an sich hinab und dann wieder zu dem Größeren. Das Hemd und die Hose die er trug waren ausgewaschen und neuen und alten Gras- und Erdflecken übersät. „Schon...“, sagte er und musterte ihn verwirrt.

„Ich habs aufgeschnappt“, grinsend winkte der Blonde ab und fischte nach einer Zigarette. „Es wundert mich nur das jemand der sich zehn Gärtner, mindestens, leisten könnte die Arbeit selbst erledigt.“
 

„Ähm...“, nach Worten suchend ließ der Hellhaarige den Blick wandern. Doch anstatt zu antworten lachte er mit einem Mal und auch wenn es nur ein leichtes lachen, verschränkte er die Arme vor dem Bauch. „Tut mir leid... manchmal verlier ich mich so in der Gartenpflege das ich hinterher gar nicht mehr ansprechbar bin.“ Ein warmes freundliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Es macht Spaß weißt du... und die Arbeit macht sich bezahlt. Außerdem haben wir einige Gärtner, aber ein paar der Beete sind meine eigenen.“
 

Frau musste sich zwingen zuzuhören und auf die Worte zu achten, als er sprach. Denn als er ihn mit einem Mal angelächelt hatte, hatte er so sehr nach Labrador ausgesehen das es fast schon wehgetan hatte. „Ich mag das“, murmelte er.
 

„Hm?“
 

„Ich mags“, grinsend stieß er sich vom Baum ab und ging einige Schritte, nahm einen Zug von seiner Zigarette. „Also das du das selber machst“, fügte er lächelnd hinzu und sah ihn an. „Weißt du, du erinnerst mich an jemanden, den ich kenne. Der is auch so ein Pflanzennarr.“ Abwesend senkte er den Blick hinab auf die Erde, wo jedoch nur Unmengen von Gras und viele kleine Blumen in den unterschiedlichsten Farben und Formen zu erkennen war. Sie befanden sich auf einem der weniger ausgetretenen Trampelpfade des Gartens.
 

Ilyusha beobachtete ihn und fragte schließlich, „wie heißt du?“
 

„Fr-Frau“, er hatte kurz nachdem er zu sprechen begonnen hatte gestockt und Mick sagen wollen, es dann aber doch gelassen. Das ihn alle so nannten machte sich gerade wirklich bezahlt, wenn man so wollte. „Sag Frau“, ein weiteres Grinsen und ein weiterer Zug von seiner Zigarette. „Und du?“ Eigentlich wusste er das ja schon, aber na ja – die Höflichkeit.
 

„Ilyusha“, antwortete der Angesprochene. An seinen Lippen klebte genau wie bei Labrador immer noch ein Lächeln. „Was macht ihr hier bei Gala?“
 

„Medizinische Versorgung“, schmunzelte der Blondhaarige und ein Stück weit Empörung machte sich auf dem Gesicht des Älteren breit.
 

„Gemeinheit“, murrte er. „Ich möchte auch helfen! Immer macht sie alles alleine.“ Ein seufzen folgte und schon war das Lächeln wieder da. „Na ja... ich schätze Vater würde es nicht gerne sehen, wenn ich euch helfe... Er würde es sicher nicht mal befürworten das ich jetzt mit dir rede.“
 

„Ich leg ein gutes Wort für dich bei ihr ein“, lächelte Frau.
 

„Danke...“, erwiderte er ebenfalls lächelnd und wandte den Blick ab. „Aber ich schätze das bringt nicht viel.“

„Ach, du wirst schon sehen“, er zwinkerte. „Ich kann Wunder vollbringen!“ Der Hellhaarige lachte und folgte ihm die paar Schritte die er schon gegangen war. Er glaubte ihm das mit den Wundern zwar nicht, aber trotzdem mochte er den Blondhaarigen irgendwie. „Wo hast du überhaupt die beiden andern gelassen?“
 

„Die sind beschäftigt“, erwiderte er und ließ dabei aus das er sie mit Absicht beschäftigt hatte, in der Hoffnung ihren Beobachter mal aus seinem Versteck zu locken. „Warum hast du uns eigentlich die ganze Zeit beobachtet?“ Ilyusha war stehen geblieben und hatte sich wieder hingekniet um weiter zu arbeiten. Der Jünger für seinen Teil setzte sich einfach nur in seine Nähe, auch wenn es nun an ihm war nach Worten zu suchen. Und während er versuchte eine glaubwürdige Erklärung zu finden, bemerkte er gar nicht das sie beobachtet wurden. An einem der vielen Fenster des Anwesens stand eine schwarzgekleidete, großgewachsene Gestalt, den Blick auf den Garten gerichtete. Der junge Mann dort neben seinem ehemaligen Schützling war der Sohn des Hausherren soweit er sich erinnerte. Gala hatte es ihm mal im vorbeigehen erzählt und da sie sich hier nicht im Haupthaus befanden begegneten sie außer ihr und einigen Bediensteten eigentlich sowieso niemanden der hier lebenden. Sie schienen sich ganz gut zu verstehen.
 

„Hier...“, ihr sanfte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Gala hatte sich ohne das er es bemerkt hatte neben ihn gestellt, in den Händen hielt sie eine dampfende Tasse Tee. Doch Gido wehrte ab. „Na gut...“, seufzend stellte sie diese auf die Fensterbank. „Dann leide eben weiterhin unter Schlaflosigkeit, aber fang bloß nicht an dich zu beschweren.“

Der Schwarzhaarige schnaubte leise und rieb sich die Augen. „Mir gehts gut.“
 

„Gar nicht. Aber das sei mal dahin gestellt, ich wollte dich etwas fragen.“ Aufmerksam musterte sie den älteren Ghost. Schon seit dem er das erste Mal hier mit seiner Mannschaft aufgetaucht war litt er für die Dauer des Aufenthaltes unter akuten Schlafstörungen. Manchmal ließ er sich den Schlaftrank verabreichen, meistens jedoch verweigerte er den Hilfsdienst. Gala verstand es zwar nicht, aber trotzdem fand Gido jeden Abend eine Tasse Tee auf der Kommode neben dem Bett in seinem Zimmer wieder. Auch heute würde sie nicht anrühren. Er gab einen Laut von sich der bedeuten sollte, das sie einfach weiter reden sollte. Die Blondhaarige legte sich die Worte zurecht, schließlich hatte sie Frau ja versprochen nichts zu sagen. Fragen, war doch wohl aber mal erlaubt, oder nicht? Denn eine Sache war komisch. Sie erinnerte sich gar nicht das ihr diese Verletzung jemals an ihm aufgefallen war und sie wäre ihr aufgefallen, da war sie sich ganz sicher. „Hat sich Mick als Kind mal am Auge verletzt?“
 

Ein reichlich verwirrter Blick seitens des Schwarzhaarigen antwortete ihr und eigentlich hätte er auch gar nichts mehr sagen müssen. „Nicht das ich wüsste wieso?“
 

„Ach... nur so...“, Gala wandte ihren Blick nun ebenfalls aus dem Fenster und verfiel für einen Moment ins Schweigen. „Die scheinen sich ja ziemlich gut zu verstehen.“
 

„Erstaunlich“, stimmte ihr Gido zu. Dann wiederum aber passierten so einige erstaunliche Dinge seit ihm der Blonde diese abenteuerliche Geschichte offenbart hatte.
 

„Wie geht es ihm eigentlich?“, fragte sie nach einer weiteren schweigsamen Pause und legte einen Hand auf seinen Arm. Der Schwarzhaarige hatte diese vor der Brust verschränkt und sich gegen den Fensterrahmen gelehnt, jetzt seufzte er.
 

„Unverändert...“, sagte er und mehr kam dann auch gar nicht über seine Lippen. Ihm war nicht danach darüber zu reden und so ließ Gala auch davon ab weiter nachzuhaken. Sie versuchte zu helfen wo sie konnte, doch es gab einige Wunden die nur die Zeit heilen konnte. Der Ältere dachte nach. Schon seit einiger Zeit überlegte er, ob er ihr nicht von dem erzählen sollte was Frau ihm erzählt hatte. Es war zwar nicht viel, doch alleine würden er und der Blondhaarige da sicher nicht weiterkommen. Schließlich aber ließ er es bleiben – zu allererst musste er mehr darüber erfahren. Dann konnten sie das immer noch in Betracht ziehen.
 

Es war später Abend, eigentlich fast schon mitten in der Nacht und Frau war langweilig. Wirklich richtig schrecklich langweilig und er konnte nicht schlafen, was ihn zusätzlich noch nervte. Er konnte immer schlafen, ganz gleich der Umstände, also warum jetzt nicht? Doch er fand keine Antwort auf diese Frage. Wahrscheinlich war auch das letztlich der Grund warum er aufgestanden und zu Gidos Zimmer gegangen war. Leise öffnete er die Tür und spähte in das dunkle Zimmer. Er konnte nicht erkennen ob der Ältere schlief, also schlüpfte er ins Zimmer und schlich näher. „Ich bin wach Frau...“, meinte Gido und der Angesprochene zuckte ertappt zusammen.
 

„Woher wusstest du das ich es bin?“, fragte er und krabbelte zu ihm aufs Bett.
 

„Jeder Andere hätte sich sofort bemerkbar gemacht“, erwiderte sein ehemaliger Vormund trocken und rollte sich herum um ihn ansehen zu können. „Was machst du hier?“
 

„Ich kann nicht schlafen und mir is langweilig“, jammerte der Blondhaarige schon beinahe, was den Dunkelhaarigen irgendwie zum lachen brachte. Er klang wie ein quengeliges Kind.
 

Sich die Augen reibend setzte er sich auf und musterte ihn. „Ach dafür bin ich dann noch gut genug?“, fragend hob er eine Augenbraue und der Blondhaarige schnaubte leise.
 

Dann jedoch zeigte sich ein anzügliches Lächeln auf seinen Lippen und er senkte die Lider auf Halbmast. „Na ja, dafür und für ein paar Andere Sachen... Darf ich hier schlafen?“ Gido dachte einen Moment darüber nach und nickte schließlich, ihn weckte doch sowieso fast alles. Was machte es für einen Unterschied ob er heute Nacht nur ein paar unruhige Stunden Schlaf hatte oder ihn der Jüngere alle paar Stunden versehentlich weckte. Sofern er denn überhaupt zum schlafen kam, das kam ja noch hinzu. Also sprach eigentlich nichts dagegen. Vielleicht aber würde auch die Gegenwart einer zweiten Person ihm helfen einzuschlafen. Vielleicht, Gido gab das denken auf und versuchte den Drang sich wieder in die Kissen oder gegen Frau sinken zu lassen nieder. In der Dunkelheit war es nicht mehr so gut zu sehen, doch Frau war schon vorher aufgefallen, das der Ältere seit dem sie hier waren immerzu irgendwie müde aussah. Als würde er nicht genug schlafen. „Was ist los?“ Aber die einzige Antwort die er bekam war ein seufzen. „Wenn du müde bist schlaf doch.“
 

„Als ob das so einfach wär...“, erwiderte er mit einem erneuten seufzen und geriet leicht ins schwanken, fing sich jedoch wieder. „Ich kann einfach nicht schlafen...!“ Das klang jetzt fast schon ein wenig gereizt. Gereizt genug um Frau dazu zu bringen erstmal nicht weiter nachzuhaken, stattdessen drückte er seine Lippen auf die kühlen des Schwarzhaarigen. Er versuchte sich einzureden das dieser Kuss rein zweckdienlicher Natur war, nämlich damit Gido keinen Widerstand äußern konnte, als er ihn unter sich aufs Bett pinnte. Halb müde halb verwirrt, blinzelten ihm die eisblauen Augen des Anderen in der Dunkelheit entgegen, als er sich schließlich von ihm gelöst hatte. Also gut, vielleicht nicht nur zweckdienlich, weil er ihn nämlich länger als nötig geküsst hatte. Die darauf folgende Stille wurde erst wieder von dem Schnauben, das kurz darauf zu einem leisen lachen wurde, seines ehemaligen Vormundes durchbrochen. „Was besseres als nicht schlafen und Langeweile is dir jetzt nicht als ausrede eingefallen, oder?“
 

Frau blinzelte und brauchte einen Moment um ihn zu verstehen, doch dann lachte er ebenfalls leise. „So müde wie du bist, is das doch langweilig“, erwiderte er nur und schlüpfte zu ihm unter die Bettdecke. „Aber ich merk es mir für morgen früh.“ Gido antwortete nicht, doch der Blondhaarige bemerkte seine grinsen, als er die Arme um ihn schlang und er den Kopf an seiner Schulter vergrub. Ein leises schwer definierbares aber eindeutig zufriedenes Geräusch entkam dabei dem Schwarzhaarigen, als er die Arme um diesen schlang und über seinen Rücken strich. Für den Moment waren sie beide ungewöhnlich still, doch auch der Blondhaarige merkte mit einem Mal wie müde er eigentlich schon längst war. Und so schmiegte er sich nur an den kalten Körper neben sich und versuchte diesen zu wärmen. Auch wenn er selbst wusste das das wahrscheinlich vergebens war, aber das machte nichts, denn irgendwie war auch diese Kälte ganz angenehm. Und während der Jüngere schon nach kurzer Zeit eingeschlafen war lag Gido noch einen Moment da und hatte Zeit zu überlegen was passieren würde, wenn morgen jemand in dieses Zimmer spazieren würde.
 

Er hatte nämlich keine Ahnung wie er das erklären sollte, aber weil er müde war und das gerade mal nicht seine Sorge sein sollte hörte er recht schnell auch wieder auf sich darüber Gedanken zu machen. Stattdessen legte er einen Arm um den Blondhaarigen und hoffte im letzten Augenblick noch das er zumindest heute ruhig würde schlafen können, als er langsam ins Reich der Träume sank. Und tatsächlich gelang es ihm zumindest in dieser Nacht ruhe zu finden. Nur einmal zwischendurch wachte er alarmiert auf, doch schaffte es wieder weiter zu schlafen, nachdem er sich damit beruhigt hatte, das es eigentlich nur seine innere Uhr war die ihn geweckt hatte.

Ein verlockendes Angebot

"Tell me one last thing," said Harry. "Is this real? Or has this been happening inside my head?"

Dumbledore beamed at him, and his voice sounded loud and strong in Harry's ears even though the bright mist was descending again, obscuring his figure.

"Of course it is happening inside your head, Harry, but why on earth should that mean that it is not real?"
 

Harry Potter, Volume&Chapter Iseriouslydon'tknow
 


 

Ein flüchtiges Gefühl ließ einen Schauer seinen Rücken hinaufkriechen und er räkelte sich. Blinzelte gerade noch rechtzeitig um zu bemerken wie sich der Ältere wieder ein Stück weit von ihm entfernte. Ein süffisantes Lächeln umspielte Gidos Lippen und das ließ ihn dann doch erstmal skeptisch eine Augenbraue heben. „Gut geschlafen Dornröschen?“, fragte er und Frau spürte seine Hand durch seine Haare kämmen. Ein wohliges Geräusch entkam dem Blondhaarigen, als er seinen Kopf dem sanften kraulen entgegen bog. „Hätte nicht gedacht das gerade das funktioniert“, murmelte der Ältere, aber noch bevor er überhaupt darauf reagieren konnte spürte er schon erneut dessen Lippen. Ein leichtes Lächeln erschien mit einem Mal auf seinen Lippen, als er kapierte. Ach so, damit hatte er ihn eben geweckt. Wobei Gido unerwähnt ließ das es eine ganze Reihe von Küssen gebraucht hatte bis er überhaupt eine wirklich Reaktion des Blonden bekommen hatte und er mittlerweile das Gefühl hatte eine gute halbe Stunde damit verbracht zu haben ihn wach zu küssen. Er hatte es eigentlich fast schon aufgeben wollen und ihm kaltes Wasser ins Gesicht kippen, doch dann hatte ihm der Jüngere ja gerade einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und Frau musste ganz ehrlich gesagt zugeben das er sich daran gewöhnen könnte so geweckt zu werden. Der Schwarzhaarige löste sich wieder von ihm und ein missbilligendes Geräusch verließ seine Lippen, während er denen des Andern nachhing und für einen Moment brachte es diesen auch dazu inne zu halten. Einen Moment den sein ehemaliger Schützling dazu nutzte um seine Arme nach ihm auszustrecken und ihn ungefragt wieder zu sich zu ziehen. Seine Stimmbänder mochten zwar nicht mitmachen, doch das eindeutige Funkeln in seinen Augen sagte dem Schwarzhaarigen auch so das sich die Suppe jetzt selbst eingebrockt hatte, wenn er ihn schon so weckte. Vielleicht weil er selbst noch etwas müde war oder auch vielleicht weil es ihm wirklich nichts ausmachte ließ er sich dann auch wieder in einen Kuss ziehen und erwiderte diesen auch. Er stützte sich mit beiden Unterarmen links und rechts von ihm ab, während Frau die Arme um seinen Nacken schlang und eine Hand schließlich in die kurzen Haare an seinem Hinterkopf krallte. Ein schnurren entkam seiner Kehle entkam seiner Kehle und er bog sich ihm etwas entgegen, als er einen Arm um ihn legte. Seine Augen öffneten sich einen Spalt, als die Lippen des Anderen zu seinem Hals wanderten und er den Kopf zur Seite wandte. Gedankenverloren kraulte er den Nacken des Älteren und räkelte sich mit einem zufriedenen Seufzen, während ein weiterer wohliger Schauer seinen Rücken hinaufkroch. Und ein Laut der vielleicht der Name des Anderen hätte sein können, wenn seine Stimmbänder mitgemacht hätten entkam seiner Kehle, bevor ihm die Augen auch schon wieder zufielen.
 

Die Müdigkeit machte den Blondhaarigen träge und nicht sonderlich willens etwas anderes zu tun, als nur da zu liegen und es zu genießen. Und da Gido scheinbar auch nichts anderes mit ihm vorhatte dauerte es einen Augenblick bis er aus dieser Trance erwachte und ihm den Kopf wieder zuwandte. Schnurrend schnappte er nach seiner Unterlippe und zog an dieser, rollte sich auf die Seite, während seine freie Hand den Rücken des Schwarzhaarigen entlang wanderte. Es dauerte noch einen Moment bis er sich dazu durchringen konnte sie ganz herum zu rollen und es sich auf ihm gemütlich zu machen, doch er löste sich erst dann wieder von ihm, als er wirklich das Gefühl hatte sonst noch an Sauerstoffmangel draufzugehen. Ein Gefühl das nicht gerade half die Müdigkeit zu vertreiben, ihn eher noch viel mehr benommen machte. Gido hatte sich gegen die Kissen gelehnt und beschäftigte sich mit seinem Hals, was Frau zufrieden schnurren ließ, während er dachte das er sich eigentlich an diesen Anblick gewöhnen könnte, wenn ihn jetzt so musterte. Doch er schaffte es kaum diesen Gedanken zu halten, als sich ihre Lippen erneut fanden und die Hände des Anderen über seinen Kopf und seinen Rücken hinabwandern spürte, dabei mit einem gedämpften wohligen Geräusch den Rücken durchbog. Es schien ihm eine Ewigkeit die sie so verbrachten, nur mit diesen langsamen, tiefen Küssen die ihn kaum wach werden ließen und bis sich die Ungeduld schließlich in ihren Körper breitmachte. Auf die Küsse folgten Bisse und auf diese Kratzspuren und Verlangen. Ein schiefes Lächeln lag auf den Lippen des Blonden, dessen Stimmbänder mittlerweile wieder einigermaßen funktionierten, nachdem er den Schwarzhaarigen erneut unter sich ans Bett gepinnt hatte. Mal sehen wie lange das anhalten würde, dachte er, denn wie beide ziemlich schnell festgestellt hatten war keiner so einfach bereit nachzugeben. Auch wenn Frau zugeben musste das der Ältere schon ein paar recht gute Argument gebracht hatte das vielleicht doch zu tun. Eigentlich hatte der Ältere dieses zögern nutzen wollen um Frau auch gleich wieder auf den Rücken zu befördern, doch kaum hatten sich dessen Lippen wieder auf seinen eigenen eingefunden und er dazu angesetzt hatte klopfte es. Das Pochen kam dabei so plötzlich das beide in ihrer Bewegung erstarrten. Es brauchte einen Moment in denen die Worte die durch die Tür drangen auch bis in ihr Bewusstsein vordrangen
 

Frühstück. Frühstück war gut, oder nicht? Mit einem Mal grinste Frau und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Frühstück im Bett find ich aber besser“, murmelte er gegen diese und seine Augen blitzen herausfordernd.Und zugegeben dieser Vorschlag war wirklich verlockend, zu verlockend und er war sogar versucht darauf einzugehen. Wäre es nicht um Shakir gewesen dessen Stimme mit einem Mal die Stille durchschnitt und ihn davon abhielt.

„Gido! Aufwachen!“, donnerte er und trat beinahe schon die Tür auf, stapfte hinein und musterte diesen ein wenig verwirrt anblickte. Völlig unüberlegt hatte der Schwarzhaarige Frau vom Bett befördert und zwar genau dort hin wo ihn der Blondhaarige nicht sehen konnte. „He du bist ja schon wach“, stellte er fest und verschränkte die Arme vor der Brust. „Na ehm...“, seine Mundwinkel zuckten leicht, bei dem Anblick des Jüngeren, „lass dir Zeit.“ Und schon war er grinsend wieder verschwunden.
 

Gerne hätte er jetzt etwas gesagt doch er brachte keinen Ton heraus, senkte stattdessen einfach nur den Blick und hob eine Braue. Es brachte ihn zu dem Schluss das er sich die Aktion eben hätte sparen können, zumindest wenn man in Betracht zog wie ihn der Blondhaarige zugerichtet hatte. Gedankenverloren rieb er über einen der rötlichen Flecken und lugt dann über den Bettrand. Dort saß Frau und starrte ihn an, doch er war weder verärgert noch empört, im Grunde wirkte sein Blick sogar etwas verloren. Er hatte dem einseitigen Gespräch eben kaum zugehört, war er doch viel zu beschäftigt damit gewesen zu verarbeiten was ihm gerade bewusst geworden war, nämlich das was er bis gerade eben noch getan hatte. Mit Gido in einem Bett schlafen war okay, das hatte er schon als Kind immer getan und er wachte sowieso ungern allein auf. Ein mal den Kopf ausstellen und ihm helfen Devaki zu beruhigen war auch noch irgendwie in Ordnung. Das hatte ja auch bloß rein zweckdienliche Gründe gehabt. Aber das eben – das brachte ihn durcheinander. Das hätte nicht sein müssen, doch er konnte auch nicht leugnen das es ihm gefallen hatte und das er absolut nicht dagegen gehabt hätte weiter zu machen. Sein Blick traf auf den der eisblauen Augen des Anderen und ließ sich wieder aufs Bett helfen. Was war überhaupt gerade in ihn gefahren? Doch diese Frage konnte ihm der Schwarzhaarige selbst nicht so recht beantworten. Er wollte kein Gerede, aber warum? Seinetwegen? Vielleicht. Es war einfach ein gedankenloser Impuls gewesen. Langsam glitt Fraus Blick zu den Lippen des Anderen und er leckte sich unbewusste die eigenen. Ob es Schaden würde... Gido sagte etwas und er blinzelte. „Hm?“, fast augenblicklich waren seine Augen wieder hochgeschnellt. Oder vielleicht auch nicht, denn so wie er ihn ansah hatte er sich das wahrscheinlich nur eingebildet. Schweigend saßen sie eine Weile nur da, dicht genug beieinander das sie den warmen Atem des Anderen auf ihrem Gesicht spüren konnten. Und für einen Moment war zumindest Frau versucht einfach da weiter zu machen wo sie aufgehört hatten. Doch wandte sich der Ältere ab bevor er auch nur irgendwas anderes tun konnte.
 

Schweigend hatten sie sich fertig gemacht, hatten das Zimmer verlassen und sich auf den Weg zum Essenssaal gemacht. Und wie jeden Morgen aufs neue konnte Frau für einen Moment nur dasitzen und das Essen anstarren. Vielleicht war es auch ein wenig aus Gewohnheit heraus, weil er sonst immer auf Devaki und ihre Launen hatte achten müssen das er nicht sofort zugriff. Viel eher war es allerdings das er nach all den Jahren in der Kirche einen solch üppig gedeckten Tisch gar nicht mehr gewohnt war und er diesen Anblick erstmal verarbeiten musste, während ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Und es kam ihm vor als hätte er ein schwarzes Loch im Magen das es zu stopfen galt. Dann dachte er auch nicht mehr darüber nach und tat sich gütlich an dem bereitstehenden Essen. Jio würde wohl einen Herzinfarkt kriegen, wenn er wusste was er in den letzten zwei Tagen schon alles verschlungen hatte. Endlich sagte ihm mal niemand was er alles nicht Essen durfte und auch Devaki machte keine zicken. Zufrieden kauend lehnte er sich zurück und ließ seinen Blick schweifen, blieb an Gido hängen und ihm kam in den Sinn das ja jetzt jemand anderes mit der Sense Verlorens zu kämpfen hatte. Für einen Augenblick wanderten seine Augen zwischen seinem Teller und seinem ehemaligen Vormund hin und her und beschloss das er später mit ihm Mitleid hätte, wenn er nicht mehr hungrig war. Noch etwas ganz anderes tauchte in seinen Gedanken auf, als er ihn so musterte und erst davon abließ, als er merkte wie Shakir ihn quer über den Tisch hinweg anstarrte. Fragend hob er eine Augenbraue, doch es kam keine Reaktion und ehe er weiter darauf reagieren konnte, lenkte ihn Tyrone, rechts von ihm, auch schon ab.

Shakir schwieg und blickte zu Gido der direkt neben ihm saß. Doch es dauerte einen Moment bis es dieser bemerkte und dann wandte der Blondhaarige den Blick auch wieder schmunzelnd und mit einem Kopfschütteln ab. „Was ist denn?“, brummte der Schwarzhaarige fast schon ein wenig verärgert.
 

„Nichts“, schmunzelte er und ließ seinen Blick an Frau hinabgleiten und an dessen Hals verweilen. Er konnte ja nur raten, aber er konnte sich schon denken wie Bissfleck der dort unter dem Kragen seines T-Shirts raus guckte dort hingekommen war. Es dauerte einen Moment bis auch Gidos Augen gefunden hatten was sein Interesse geweckt hätte. Der Blondhaarige warf ihm einen eindeutigen Blick zu und er rollte die Augen.
 

„Na und?“, murmelte er und vergrub das Gesicht in seiner Kaffeetasse, als er einen Schluck nahm und etwas auf seinem Stuhl zusammen sank.
 

„Das ist alles was du dazu zu sagen hast?“, Shakir ließ das Essen für einen Moment sein, legte dabei die Arme auf den Tisch und musterte den Jüngeren eingehend. „Bist du etwa schon so verzweifelt das du den Kurzen anfällst?“, er hob eine Augenbraue und biss in sein Brötchen. Kauend maß er ihn eingehend.
 

„Nein. Ich –“, Gido brach ab und war seinem ehemaligen Schützling einen kurzen Blick zu. Doch der schien zu abgelenkt um etwas von ihrer Unterhaltung mitzukriegen. „Und selbst wenn, hab ich ja wohl mal langsam das recht zu verzweifeln, oder siehst du das anders?“ Es machte ihn wütend und hilflos zugleich das zu hören, denn es erinnerte ihn daran das er sich unter jeglichen anderen Umständen gar nicht erst auf den Jüngeren eingelassen hatte.
 

„Außerdem was kümmerts dich. Du musst ja nicht mit mir schlafen.“ Aber der Ältere hielt den Mund, denn er merkte das er einen ziemlich empfindlichen Nerv getroffen hatte.
 

Nach einer Weile des Schweigens fügte er dann hinzu, „ich schweig wie ein Grab, falls dich das jetzt tröstet...“ Ohne das er es sich erklären konnte musste der Schwarzhaarige leise lachen bei diesen Worten und nickte grinsend. Denn ja, irgendwie besänftigte ihn dieses Wissen gerade ein Stück weit. Während des Frühstücks verkündete Gala die heutigen Patienten, wobei sich Frau widerstehen musste über das rechte Auge zu fahren. Es war ein Grund warum er nie gern viel gelesen hatte, irgendwann verschwamm ihm die Sicht und dann wurde es anstrengend und nervig. Und nur mit einem offenen Auge zu lesen war auch nicht gerade besser. So ungesehen wie möglich versuchte der Blondhaarige nach dem Frühstück hinaus in den Garten zu gelangen. Er hoffte Labrador, Korrektur Ilyusha, wieder zu sehen. Seine Gegenwart hatte etwas tröstliches in dieser fremden Welt. Ähnlich wie bei Gido – ähnlich aber nicht genauso. La– Ilyusha Gegenwart war etwas vertrautes, etwas das ihn zu Hause erinnerte. Bei dem Schwarzhaarigen war es genauso, aber da kam noch etwas ganz anderes hinzu, es war weniger tröstend ihn in seiner Nähe zu wissen, als das es eine lang vergrabene Sehnsucht und Trauer weckte. Vielleicht war es auch deswegen so das es ihm nichts ausmachte ihn so nah an sich ranzulassen, weil er dieses Gefühl von Geborgenheit so sehr vermisst hatte.

Die Hände in den Hosentaschen vergraben schritt er durch den weitläufigen Garten, doch weit und breit keine Spur des hellhaarigen Mannes. Dafür erweckte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Zuerst roch er es nur, doch nachdem er dem Geruch ein paar Meter weit gefolgt war konnte er es auch sehen.
 

Ein breites Feld voller bunter Blumen, doch was vor allem seine Aufmerksam geweckt hatte waren die Lilien die hier in allen nur erdenklichen Farben zu blühen schienen. Die Augen schließend sog er den kräftigen Duft ein – er erinnerte ihn an etwas, an jemanden? So genau konnte er das nicht sagen, doch es weckte ein warmes Gefühl in ihm. Er blieb einen Moment stehen und ließ das Gefühl auf sich wirken, es erschien ihm wichtig und auch wenn er jetzt noch nichts damit anfangen konnte so wollte er es sich merken und gut aufbewahren. In der Intention sich umzudrehen und zu gehen lief er direkt in Gido hinein, der kaum einen halben Meter von ihm entfernt gestanden hatte. Und mit einem Mal war das wohlige Gefühl verflogen so sehr er auch versuchte es festzuhalten. Er konnte sich nicht erklären woher das mit einem Mal kam, doch sein Anblick, sein Geruch und seine Nähe weckten mit einem Mal die Erinnerungen an den ohrenbetäubenden Lärm des Krieges, die Schreie, die Bomben, das Feuer, das Schiff und Blut. All die Angst die er verspürt hatte und das letzte was ihm mit einem mal ganz klar war, war der beißende Geruch von Rauch und verbranntem Fleisch. Es waren nur Sekunden gewesen, doch sie waren ihm wie die Ewigkeit vorgekommen, als diese Eindrücke und Bilder durch sein Bewusstsein geflutet waren. Er blinzelte und wich einen Schritt zurück.
 

Genau konnte Gido nicht sagen was gerade in dem Jüngeren vorgegangen war, doch für den Bruchteil einer Sekunde war da etwas in seinen Augen aufgeblitzt. Etwas das wenn er sich nicht irrte, schreckliche Verzweiflung gewesen war. „Alles in Ordnung?“, fragte er und hatte schon instinktiv nach seinem Arm gegriffen, als er zurückgewichen war.

Frau schluckte und brauchte einen Moment ehe er mit dünner Stimme nur ein, „ja...“ hervorbrachte. Doch es brauchte nur seinen Namen den er daraufhin vernehmen konnte, um das nochmal zu überdenken. Nein, eigentlich war gar nichts in Ordnung. Es war für ihn nie etwas in Ordnung gewesen an seinem Tod, doch er brachte keinen einzigen Ton über die Lippen. Das konnte er ihm nicht sagen. Wer wusste schon wann er aufwachte und das alles hier vorbei wäre – ihn noch ein mal so schrecklich zu vermissen würde er nicht durchstehen, das hielt er für so sicher wie das Amen in der Kirche. „Alles in Ordnung“, fügte er dann hinzu und wandte den Blick ab. Er zwang sich dazu zu lächeln und dachte daran das Gido jetzt da war und es keinen Sinn machte sich darüber weiter Gedanken zu machen, wie sehr er ihn eigentlich vermisst hatte. Ayanami hätte sicherlich irgendwie etwas in der Art jetzt gesagt, oder nicht? Ayanami... da war ein Gefühl, ein Gedanke den er zu greifen versuchte aber nicht zu fassen bekam. Und dann war da Teito von dem er ganz sicher wusste, das er gewollt hätte das er zumindest ein mal in seinem Leben diese Trauer zuließ. Doch das brachte er gerade nicht fertig, er brachte es gar nicht erst übers Herz. „Mir gehts gut“, sagte er dann leise, während ein sanftes Lächeln seine Lippen umspielte und er wieder aufsah. Doch erst jetzt bemerkte er das der Ältere wieder Nähe getreten war. „Wolltest du etwas?“, fragte er dann und warf einen Blick zu dessen Hand die ihn immer noch am Arm hielt und er griff nach dem Ärmel des Älteren.
 

„Du hast da vor ner Weile was angedeutet...“, eindringlich musterten ihn seine eisblauen Augen. „Ich hab nicht genauer nachgefragt, aber da ich es auch nicht ignorieren kann...“ Sein Blick wanderte umher. „Erzähl mir von deinem Zuhause“, ein aufmunterndes Lächeln lag auf Gidos Lippen und er raufte ihm die Haare. „Du willst doch auch rauskriegen warum du hier gelandet bist, oder?“ Im ersten Moment hatte ihn der Jüngere nur anblinzeln können, doch dann nickte er kräftig und konnte ein breites Lächeln nicht verhindern.
 

Trotzdem entzog er sich seinem Griff und ging ein paar Schritte rückwärts. „Was willst du denn wissen?“, fragte er immer noch lächelnd, als er bemerkte das ihm der Schwarzhaarige folgte.
 

„Ich weiß nicht...“, gab er zu und überlegte, während sie nebeneinander hergingen. Doch dann fiel ihm etwas ein, etwas auf das eine Antwort vielleicht auch ganz hilfreich wäre. „Läuft da was zwischen dir und meinem Alter Ego?“
 

Augenblicklich merkte Frau wie ihm die Hitze hinauf in die Wange und sogar bis in die Ohren stieg, denn mal ganz außer acht gelassen das er eigentlich schon längst tot war kam er nicht gegen die Vorstellungen die sich ihm gerade aufdrängten an. „Ja, ne Katze!“, antwortete er dann fast schon patzig, als er den neugierigen Blick seines ehemaligen Vormundes machte und streckte ihm die Zunge raus. Dann verfiel er ins lachen, versuchte sich nicht anmerken zu lassen wie verlegen ihn dieser Gedanke machte.
 

Doch die Antwort des Älteren bestand nur aus schweigen und einem leisen kichern. Dann dachte er sich eben seinen Teil. Aber dann fiel ihm noch etwas anderes ein, „du... kennst Gala ja anscheinend nicht, aber du hast sofort erkannt wo wir uns befinden. Wie kommt das?“
 

Fraus Blick wanderte hinauf zu den Fenstern des Haupthauses. Hinter einem dieser befand sich jetzt wahrscheinlich Labrador – Ilyusha (er sollte es aufgeben, er würde es nie hinkriegen) und arbeitete an... was auch immer. Ein leises seufzen entkam ihm, doch dann musste er unwillkürlich lächeln, als eine Reihe Erinnerungen aufkeimte. „Gala nicht, aber ich kenn L–“, gottverdammt das konnte doch nicht so schwer sein. „Ilyusha, verdammt ich habs aber auch mit diesem Namen...“
 

„Ilyusha? Den Sohn des Hausherren?“, fragte er und bekam ein eifriges nicken zur Antwort.
 

„Wir kennen uns jetzt schon sicher gute zwölf Jahre“, lächelte er und Gido überlegte das das vielleicht der Grund gewesen sein musste warum der Jüngere die letzten Tage im Garten rumgelungert hatte. Das Lächeln verschwand und Frau verfiel ins Schweigen, er dachte über Ilyusha und Labrador nach und ein wenig machte es ihn traurig. Der Krieg hatte so viel zerstört, so viel kaputt gemacht und er war so schrecklich unnötig gewesen. Ohne diesen Krieg wäre Labrador jetzt hier, da war er sich ebenso sicher wie darüber das er Gido dann auch noch behalten hätte. „Ich beneide dich...“, gab er schließlich leise zu. „Wahrscheinlich sollte ich den Tag lieber nicht vor dem Abend loben, aber alles was ich bisher von dieser Welt gesehen habe scheint so viel besser als in meiner zu sein. Das ist unfair...“ Ein schwaches Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen, als er ihn ansah. „Der Krieg hat so viel kaputt gemacht und zerstört – mehr als nur das Königreich...“ Er schüttelte den Kopf und ballte die in seinen Hosentaschen steckenden Hände zu Fäusten.
 

„Ist es denn wirklich so viel schlechter...“, fragte Gido und griff nach seinem Arm. Dieses Mal jedoch ließ er nicht los als sich ihm der Blondhaarige entziehen wollte. Stattdessen ließ seine Hand zu der des Anderen gleiten und umfasste die geballte Faust.
 

„Nein...“, der Jüngere riskierte einen flüchtigen Blick in seine Richtung und musste schlucken, als er wieder wegsah. Nur so viel einsamer, dachte er doch sagte es nicht. Schmerz flammte erneut für einen Moment in seinen Augen auf, doch dann fing er sich wieder. „Nein, es ist nicht schlimm...“, musste er dann doch zugeben.
 

Wie es schien hatte er da einen Nerv getroffen. „Schon gut“, erwiderte er und drückte seine Hand, da sich die Faust mittlerweile gelöst hatte. Und nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander her gegangen waren fügte er hinzu, „ganz unrecht hast du nicht – du solltest den Tag lieber nicht vor dem Abend loben.“
 

„Wegen den Soldaten?“
 

„Nicht nur. Eigentlich...“, er legte sich die Worte genauestens zurecht. „Ein Krieg wird bald unausweichlich sein, wenn das so weiter geht. Die Soldaten werden es müde uns zu jagen. Sie machen schon Wettkämpfe daraus wer mehr erwischt und auch wenn es auf unsereins lebend ein größeres Kopfgeld gibt töten sie einen nach dem anderen und weißt du warum?“ Er watete gar nicht erst auf eine Antwort, sondern fuhr fort, „aus purer Langeweile die mittlerweile sogar ihre Gier übersteigt.“ Der Blick des Blondhaarigen war Abwesend geworden, doch Gido spürte wie er sich fest an seine Hand klammerte.
 

„Lass uns das Thema ruhen lassen“, bat er schließlich ohne ihn anzublicken. „Gibt doch sichere noch andere Sachen die du Fragen willst...“ Dabei musste er gar nicht erst hinzufügen das es schlechte Erinnerungen heraufbeschwor darüber zu reden, das konnte ihm der Ältere ansehen.
 

„Hmm...“, Gido überlegte für einen Augenblick. „Woher wusstest du das das hier nicht deine Welt ist...? Wenn sich beide bis zu einem gewissen Punkt so sehr ähneln muss es doch irgendwas gegeben haben was dich drauf gebracht hat.“
 

Frau seufzte, im stillen sagte er seinem ehemaligen Vormund das das eigentlich keinen Deut besser war, doch zumindest rechnete er ihm auch den Versuch an. „Die Aegis“, brachte er schließlich hervor. „Du – wir haben noch die Aegis“, erklärte er schwach lächelnd. „Sie würde während des Krieges so schwer beschädigt das wir sie aufgeben mussten und nach dem Krieg gab es keinen Grund mehr sich ein neues Schiff zu besorgen, weil Piraterie gesetzlich verboten wurde.“
 

„Schwer beschädigt?“, echote Gido und sah für einen Moment wirklich so aus, als ob er schon allein bei dem Gedanken das sein Schiff überhaupt beschädigt sein könnte leiden würde. Dabei hatte er das vor kurzem doch eigentlich noch ganz gut ertragen mit dem Loch im Heck. Unwillkürlich lachte der Blondhaarige. „Aber was solln wir denn ohne Schiff machen?“
 

„Wir sind in der Großkirche im siebten Distrikt unter gekommen“, erwiderte er. „Das war der einzig sichere Ort, während der Krieg draußen getobt hat...“, seine Stimme verlor sich für einen Moment und dann fügte er hinzu. „Einer der Bischöfe hat mir auch das Kreuz geschenkt.“ Er konnte ihm ja schlecht sagen das er es zur bestandenen Bischofsprüfung vom Assistenten den Erzbischofs bekommen hatte. Und mit einem Mal fiel ihm noch etwas ein, eigentlich sogar zwei Sachen. „Du weißt doch welche ich mein oder?“
 

„Du meinst die in den Ausläufern von Raggs, kurz bevor die Grenze endet? Ja, von der hab ich gehört, aber da war ich noch nie... wieso?“ So wie ihn sein ehemaliger Schützling gerade anblickte bekam er das unabdingbare Gefühl etwas elementar wichtiges nicht zu wissen.
 

Doch anstatt ihm zu antworten lächelte der Blondhaarige nur und meinte, „dann müssen wir da mal hinfliegen. Du wirst dann schon verstehen warum.“
 

„Werd ich das?“
 

„Versprochen“, grinste der Blondhaarige und drückte seine Hand. Bevor er ihn etwas dichter zu sich zog, dicht genug um ihn zu küssen. „Du wirst es nicht bereuen“, murmelte er gegen seine Lippen.
 

Gido hob die Brauen und musterte ihn aus der kurzen Distanz die zwischen ihnen verblieben war. „Wird das deine neue Lieblingsbeschäftigung?“, fragte er ein wenig skeptisch, konnte sich aber dennoch eines leichtes Lächelns nicht entwehren, als er seine Antwort hörte.
 

„Wer weiß... fühlt sich gut an...“, flüsterte der Blondhaarige und lehnte die Stirn an die des Älteren, der wirklich nicht mehr als nur ein paar Zentimeter größer war als er selbst. „Ich hör zumindest nicht auf solang du nicht Stopp sagst“, und wie zur Demonstration folgte gleichauf ein weiterer Kuss.
 

„Da wirst du lange warten müssen“, gab der Schwarzhaarige mit einem leisen lachen zu und ließ sich küssen. „Ich schätze ich darf das jetzt auch mal als Antwort auf meine erste Frage werten, oder?“, fragte er in einem Moment in dem der Blonde ihm Zeit ließ zu sprechen, weil er nach Luft schnappen müsste. Frau schwieg, doch wie er plötzlich inne hielt und erneut ob der Vorstellung bis zu Ohren rot anlief, war Antwort genug für den Schwarzhaarigen. „Das werte ich mal als ja“, grinste er amüsiert und schlang seine Arme um den Nacken des Jüngeren, welchen er daraufhin zu kraulen begann. „Weißt du Frau... vielleicht ist das hier nur ein Traum. Vielleicht ist das wirklich eine Parallelwelt zu deiner. Aber was immer es ist ich glaub die tatsächlich das du nicht Mick bist.“
 

„Wieso?“, brachte er fast schon ein wenig heiser hervor und versuchte sein Kopfkino wieder in den Griff zu kriegen.

„Mick würde sich das nicht mal ansatzweise vorstellen wollen. Du hingegen...“, er seufzte und schüttelte den Kopf. „Wenn ich dich lassen würde... und mal angenommen das steht zur Auswahl... dann würdest du es wahrscheinlich nicht nur bei deiner Vorstellung belassen, hab ich recht?“ Ein herausforderndes Grinsen zeigte sich auf den Lippen des Älteren. Er hatte seine Stirn so an die des Blonden gelegt das sich ihre Nasenspitzen berührten. Davon abgesehen glaubte er im Traum nicht daran das er bei diesem so leicht hätte ihn zu überzeugen.
 

Der Blondhaarige schnurrte, „ist das ein Angebot?“
 

„Hm... ich würde eher sagen es steht noch eines von gestern Abend aus?“ und nach ein paar Augenblicken erinnerte sich dann auch Frau an seine Worte.
 

Ja, er hatte gesagt er hob sich das lieber für den Morgen auf. Aber daraus war ja nicht wirklich etwas geworden. Das komische Gefühl von heute früh war auch verschwunden, aber dennoch zögerte er für einen Augenblick und überlegte. Relikt würde ihn hier sicher nicht dafür meucheln wollen, das er sich auf den Schwarzhaarigen einließ und das er hier einen so unerfahrenen Körper abgekriegt hatte war auch nicht woran er sich dabei störte. Es war immer noch da und würde wohl immer sein diese Verlustangst die viel zu tief in seinen Knochen saß, als das er sie noch würde abschütteln können. Er merkte nicht mal wie fest er sich gerade an den Älteren gekrallt hatte. Wenn er wieder fort müsste... dann würde er ihn sicherlich vermissen. Aber würde er das nicht so oder so... Er schloss die Augen und legte seinen Kopf auf Gidos Schulter ab, atmete seinen Duft ein aber dieses Mal weckte es keine Erinnerungen. Da war nichts als dieses beinahe sehnsüchtige Verlangen nach dem was er vor so langer Zeit verloren hatte. War es nicht alles was er jemals gewollt hatte? Gido zurückhaben. Sein Leben als Pirat zurückhaben. Und doch verbat er es sich, aus Angst vor einem erneuten Verlust und litt darunter im Grund nicht weniger. Durchatmend hob er seinen Kopf wieder und blickte den Älteren an, wobei sich fast unwillkürlich ein Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete. Vielleicht würde er es irgendwann bereuen, vielleicht würde ihm noch einmal danach sein sich vor Schmerz völlig einzuigeln... aber all das verlor sämtlichen Gewicht gegenüber wie real sich der Körper des Schwarzhaarigen in seinen Armen anfühlte, kalt und doch wirklicher jeder Traum der ihn bisher heimgesucht hatte. Und das warme Gefühl das ihn bei ihrem nächsten Kuss durchflutete ließ es ihn für den Moment sogar ganz vergessen. Denn es blieb nichts weiter als ein einziger Gedanke zurück – irgendein Schutzengel musste seinen Wunsch endlich erhört haben und hatte ihm alles was er für immer verloren geglaubt hatte wiedergegeben. Nur dieses Mal, das nahm er sich fest vor, würde er alles tun um es nicht auch noch ein zweites Mal zu verlieren.

Ein unheilvolles Angebot

Wait, waiting for a sign, crying to the sky

For love to come around so hope won't let me down

Shadows carry on, the light is all but gone

Your promise calls to me, a love so rescue me
 


 


 

Es dauerte eine Weile bis sie es geschafft hatten wieder voneinander abzulassen, glücklicherweise war auch niemand in der Zwischenzeit in den Garten gekommen und falls doch oder falls sie jemand von einem der vielen Fenster aus gesehen hatte dann war er zumindest so freundlich sie in Ruhe zu lassen. Sie saßen unter einem der großen Bäume und Frau hatte seinen Kopf auf Gidos Schulter gelegt, denn irgendwie brauchte er diese kleinen Gesten der Zuwendung gerade wie zum Beispiel das ihm der Andere gerade den Kopf streichelte. Doch so langsam wurde das Gewicht an ihm immer schwerer und ein kurzer Blick zu dem Älteren bestätigte ihm was er schon vermutete. „Sag bloß du bist schon müde?“, fragte der leise lachend und schnappte nach seinem Ohr.
 

Schläfrig blinzelnd räkelte sich der Schwarzhaarige gemütlich und bettete seinen Kopf an dem noch freien Arm, weil das bequemer war als der Baum. „Mmh... ein bisschen“, gab er zu und versuchte sich vergeblich das Gähnen zu verkneifen. „Ein großes bisschen...“
 

Das erinnerte den Jüngeren das sein ehemaliger Vormund ja auch schon gestern nicht geschlafen hatte als er zu ihm angeschlichen war. „Hast du die letzten Tage überhaupt geschlafen seit wir hier sind?“, fragte er und setzte sich auf um ihn eindringlich anzusehen.
 

„Schon...“, erwiderte Gido und maß ihn skeptisch von der Seite. „Na ja... nicht allzu viel...“, gab er dann zu, weil ihn dieser eindringliche Blick dann doch mehr störte als er zugeben wollte. „Jetzt schau nicht so.“
 

„Doch. Ich schau so“, protestierte der Jüngere. „Was ist überhaupt los?“, fragte er dann, weil er sich daran erinnerte was Gido ihm am Abend zuvor gesagt hatte. Es musste doch einen Grund haben das ihm das schlafen hier so schwer fiel. Doch sein ehemaliger Vormund antwortete nicht, sondern wandte nur den Blick ab. Woraufhin ihn der Blondhaarige so lange anstarrte bis er sich ihm fast schon genervt wieder zuwandte.
 

„Was ist denn?“, wollte er wissen.
 

„Nur weil du technisch gesehen tot bist, heißt das doch nicht das du tagelang kaum schlafen kannst!“, empörte er sich und machte es sich bequem, bevor er den Älteren dazu brachte den Kopf auf seinem Schoß abzulegen. Er sprach es zwar nicht aus, aber dennoch hatte Gido recht mit seinen folgenden Worten.
 

„Du erwartest doch jetzt nicht wirklich das ich jetzt sofort auf der Stelle schlafe, oder?“, fragte er und verschränkte die Arme unter dem Kopf. Empört sah ihn der Jüngere an, doch blinzelte er mit einem Mal nur fing plötzlich an zu lachen.

„Was ist denn jetzt?“, fragte der Schwarzhaarige leicht verwirrt und hob eine Braue, sah jedoch nicht ein wieder aufzustehen. Wenn er schon darauf bestand das er sich hinlegte und es dabei so bequem haben konnte, würde er das ganz sicher nicht so einfach wieder aufgeben.
 

„Nichts“, lachte der Angesprochene und versuchte sich vergeblich wieder einzukriegen. Er hatte mit einem Mal nur plötzlich an Teito denken müssen An Teito und all die ganzen Male als er ihn wegen seiner Unvorsichtigkeit angemotzt hatte, woraufhin er genau wie Gido jetzt mit trotzigem Ärger reagiert hatte. „Nichts“, kicherte Frau und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen, kraulte seinen Kopf und entlockte ihm ein wohliges Geräusch obwohl sich der Schwarzhaarige vorgenommen hatte sauer oder zumindest beleidigt zu sein. Doch er schaffte es nur sich grummelnd zusammen zu rollen. „Ich musste grad nur an jemanden denken“, schmunzelte Frau.
 

„So? An wen denn?“, wollte er daraufhin wissen und wagte einen Blick nach oben.
 

Die Wangen des Blonden waren vom Lachen leicht gerötet und ein schwaches Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen, als er etwas nach unten rutschte, so das Gido nun mehr auf seinem Bauch und seiner Brust lag. „Unwichtig“, murmelte er und brummte leise und zufrieden. „Lass uns ne Runde schlafen...“
 

„Bist du dafür nicht zu wach?“
 

„Phhh... ich kann immer schlafen“, murmelte er daraufhin in sich hinein lachend und tatsächlich war er auch der erste von ihnen beiden der tief und fest im Schatten der Mittagssonne einschlief. Nach und nach döste schließlich auch Gido ein, während er dem sanften schlagen seines Herzens lauschte.
 

Er wachte davon auf das ihn etwas an der Nase kitzelte, woraufhin er diese kräuselte und versuchte sich wegzudrehen. Doch das klappte nicht und so machte er sich die Mühe langsam die Augen zu öffnen. Das erste was er sah war etwas gräuliches, weiches und dahinter jemandens Beine. Ein kurzer Blick nach oben bestätigte ihm das diese zu Frau gehörten. Dieser kniete neben ihm und kitzelte ihn grinsend mit einer Pusteblume im Gesicht. Und das war einfach nur lächerlich. Murrend versuchte er danach zu greifen, doch erwischte stattdessen die Hand des Blondhaarigen. „Musste das sein?“, fragte er und konnte sich eines Lachens nicht entwehren als er seine Kehle kitzelte. „Ich hab geschlafen...“

„Und ich dachte du willst vielleicht essen...?“
 

„Ich hab keinen Hunger.“
 

Der Lider des Jüngeren senkten sich auf Halbmast, bei seiner nächsten Antwort und ein zweideutiges Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus, „dacht ich mir, aber ich hab auch noch auf was anderes Hunger.“
 

Blinzelnd musterte der Schwarzhaarige ihn, während Fraus Finger langsam zu seinem Hosenbund wanderten und ihm aufging was genau sein ehemaliger Schützling ihm damit sagen wollte. „Du hast mich jetzt nicht ernsthaft nur geweckt, weil du Sex willst, oder?“, fragte er trocken und musterte ihn eingehend. Doch die einzige Antwort die er darauf bekam war ein verlangender Kuss und da ihm sowieso kein gescheiter Widerspruch einfiel in diesem Moment, ließ er sich auf seine Forderung ein. Vielleicht auch, weil es so ungestört und friedlich hier im Garten unter dem großen alten Baum wirkte und vielleicht auch, weil es schon eine ganze Weile her gewesen war das er sich so wohl gefühlt hatte.
 

Die Sonne wärmte das Gras und ihre Körper und der Schwarzhaarige sah zur Ausnahme keinen Grund auch nur einen Muskel zu rühren. Er hatte versucht wieder einzuschlafen, doch er hatte es bloß geschafft eine Weile zu dösen, nachdem er sich ein halbwegs taugliches Kissen auf seiner Kleidung und den Stiefeln errichtet hatte. Einen Arm hatte er unter dem Kopf gebettet und mit der Hand des Anderen, kraulte er durch Fraus wirre blonde Strähnen. Dieser hatte es sich an seiner Seite bequem gemacht und lauschte er der Stille seines Brustkorbs. Keiner von ihnen verspürte sonderlich großes Interesse daran aufzustehen und sich wieder ins Anwesen zu begeben.
 

„Meinst du die suchen nach uns?“, murmelte Frau schläfrig und das zu Gido heimlicher Belustigung. Auch wenn er den Großteil der letzten Zeit nichts anderes als getan hatte als schlafen, war er auch jetzt binnen weniger Augenblicke wieder in einen Dämmerzustand verfallen.
 

„Bestimmt...“, antwortete er und fügte nach eine Pause hinzu, „irgendwann.“
 

„Dann is gut“, mit einem zufriedenen Geräusch streckte sich der Blondhaarige und legte sein Bein über eines des Älteren, als er sich an ihn schmiegte. Dieser nahm das als stumme Aufforderung liegen zu bleiben, während er ihn hinterm Ohr kraulte und einige Male blinzeln musste bevor sich der aufgehende Abendhimmel vor seinen Augen zusammensetzte. „Was machst du wenn uns jemand findet?“
 

„Mich schlafend stellen“, grinste er und genoss das sachte streifen seiner Hand auf seiner Brust. Daraufhin musste der Jüngere unwillkürlich lachen, was ihn für einen Augenblick ansteckte. „Haste ne bessere Idee?“
 

„Nein“, gab der Angesprochene leise lachend zu. Und nach einer Weile fragte er, „wann fliegen wir wieder los? Morgen Abend?“
 

„Morgen irgendwann...“, korrigierte ihn der Schwarzhaarige. „Du wolltest doch zu der Kirche...“, murmelte er. „Was besseres ham wir eh nicht vor und vielleicht kriegen wie auch noch mal n paar Frachter vors Visier.“ Gedankenverloren streichelte er seinen Kopf.
 

„Ja, aber...“, wenn er ganz ehrlich sein sollte so wichtig war es ihm dann doch auch wieder nicht. Doch seine Worte verloren sich in einem kräftigen Windstoß und dem Rauschen der Blätter um sie herum, als ein Luftschiff dicht über das Anwesen hinwegflog. So dass der Schwarzhaarige seine Worte kaum noch hörte, spürte nur seinen warmen Atem der Gegen seine Haut schlug und vernahm schließlich nur wieder die Stille um sie herum. Sein Blick war immer noch auf den Himmel gerichtet. Ihm war ein wenig kalt von dem Windstoß, doch das war unwichtig. Dieses Schiff. Er würde es unter tausenden Erkennen. Doch Gido musste sich davon abhalten blindlings aufzuspringen und ihm nachzurennen. Nicht wenn er verhindern wollte das Frau ihm folgte. Er wollte sich aufsetzen, doch der Blondhaarige der sich an ihn gekuschelt hatte verhinderte es erfolgreich. Trotzdem. Er musste hier jetzt weg. Die Wärme und Sicherheit die er bis eben noch verspürt hatte waren fort und zurück blieb ein unangenehmes Gefühl das sich in seinen Eingeweiden zusammenzog. Mit einem Mal war ihm auch etwas kalt und mit einem Ruck befreite er sich aus der fast klammernden Umarmung und setzte sich auf, zog die Beine ein Stück weit an. Was tat er denn jetzt? Er wollte nicht vor aller Augen mit dem Jungen sprechen. Das Gewicht auf seinen Schultern lastete eh schon viel zu groß, er würde warten müssen bis er sich davonstehlen konnte. Aber nein... er würde sicherlich keine Rücksicht darauf nehmen wo und bei wem er sich befand. „Was ist?“, hörte er Fraus Stimme in die wieder eingekehrte Stille fragen, doch er antwortete nicht. Stattdessen hoffte er einfach, das das Schiff weiter fliegen würde. Vielleicht war es ja auch nur Zufall... doch ein Blick in die Ferne verriet ihm das es zur Landung ansetzte. „Gido...“, Frau hatte sich aufgesetzt und nach seiner Hand gegriffen. Aber nur nach und nach löste sich sein fast krampfhafter Griff und er ließ zu das der Blondhaarige sie festhielt. Seine Hand fühlte sich warm an und sie war groß. Eigentlich hatte er nie so wirklich darauf geachtet, aber mittlerweile glichen die des Jüngeren ziemlich seinen eigenen. Sie waren wahrscheinlich sogar fast gleich groß.
 

„Ich...“, setzte er an und wollte weitersprechen, doch wusste nicht wie. Also schwieg er. „Nichts“, brachte er schließlich hervor. „Also nein, ich... das...“, es war zu viel. War ihm denn nicht zumindest ein bisschen Frieden gegönnt? „Frau...“, sein Blick traf den des Blondhaarigen, welcher ihn aufmerksam anblickte. „Ich muss was erledigen.“
 

„Was denn?“
 

Doch daraufhin schüttelte er nur den Kopf, „das kann ich dir nicht sagen. Aber ich will das du hier bleibst, verstanden?“ Und als er sah wie der Andere zu einer protestierenden Antwort ansetzen wollte, verengten sich seine Augen und seine Stimme wurde sehr ernst, „das ist ein Befehl. Folg mir nicht und wehe du wagst es, verstanden?“
 

„Verstanden...“, antwortete er nach einer Weile des Schweigens und zwar nicht, weil er gesagt hatte das es ein Befehl war, sondern weil es seinem ehemaligen Vormund wirklich Ernst zu sein schien. So neugierig er auch war, es schien ihm keine gute Idee ihm jetzt zu widersprechen. Und auch wenn das irgendwie komisch klang und es vielleicht ein kleines bisschen kitschig war, fügte er hinzu, „... pass auf dich auf.“ Er hatte ihn am Arm gepackt und blickte ihn eindringlich an, doch Gido seufzte nur. „Und glaub bloß nicht das du mir so einfach davon kommst, früher oder später erfahr ichs noch!“ Seine Worte entlockten ihm ein schwaches Lächeln, bevor er sich aufrichtete und anzog. Ein Umstand den Frau mehr oder weniger bedauerte, doch er ließ davon ab sich zu beschweren. Zumal es auch langsam ein wenig kühler würde, also tat er es ihm gleich, schlug jedoch eine Andere Richtung ein und wollte eigentlich zurück zum Haus. Stattdessen fand er einen kleinen Pavillon mit Stühlen und Tischen und an einem dieser saß das blonde Geschwisterpaar und unterhielt sich. Das Mädchen entdeckte ihn und lächelte etwas schüchtern, während sie ihn herüber wunk und ohne darüber nachzudenken folgte er dieser Einladung. Wenn er nicht etwas anderes zur Beschäftigung fand, würde er sonst noch auf die dumme Idee kommen Gido zu folgen. Und er wollte sich wenigstens die Mühe machen und es versuchen.
 

Ein Versuch für den er ihm wirklich dankbar war, denn wann immer er auftauchte hatte das nichts Gutes zu bedeuten. Je näher der Schwarzhaarige dem Schiff kam desto schneller wurden seine Schritte, bis er schließlich rannte. Schwer atmend kam er auf einer Lichtung die sich am Anfang des angrenzenden Waldgebietes befand zum stehen und konnte gerade noch sehen wie das Schiff landete und sich die Brücke öffnete. Hätte sein Herz noch schlagen können, dann war er sich sicher, hätte es jetzt wie verrückt gepocht, als er die drei Gestalten sah die sich ihm näherten. Links Hyuuga und rechts Haruse und in der Mitte Kuroyuri. Gido ballte die Fäuste, atmete tief durch und schluckte, wappnete sich für was auch immer ihn jetzt erwarten würde. Er würde sich nie an den Anblick des Jungen in dieser Uniform gewöhnen, die einst Ayanami gehört hatte. Er hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und auch wenn er etwas an sich hatte das ihn um so viel älter wirken ließ, als er war, dann hob das die Tatsache das seine zwei Begleiter so viel größer waren als er es problemlos wieder auf. Die Lippen des schwarzhaarigen Majors umspielte ein leichtes Lächeln und an einem seiner Mundwinkel klebte der Stil eines Lollies. Auch Haruse lächelte leicht, doch es wirkte eher gekünstelt im Gegensatz zu dem des Anderen. Hyuuga war aber wohl auch der einzige der sich ein bisschen freute ihn zu sehen. Ganz im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten der die Mundwinkel kaum merklich nach unten zog, als er mit einigem Abstand vor ihm stehen blieb. Die eisblauen Augen hoben sich um denen des Piraten zu begegnen und dieser musste zugeben das es ihm immer noch fast die Luft abschnürte in diese Augen zu blicken. „Abel...“, brachte er gepresste hervor. Statt Schmerz spürte er mittlerweile einfach nur noch Ohnmacht. Denn mittlerweile ließ sich nichts mehr an ihrer Situation ändern und wenn doch dann ließ Kuroyuri das nicht zu.
 

„Nenn mich nicht so“, der Rosahaarige spie die Worte beinahe aus und musterte ihn abschätzig.

Doch Gido antwortete nichts darauf, noch hatte er ihn nicht völlig aufgegeben. Auch wenn ihm seine Situation aussichts- und ausweglos erscheinen mochte. „Was willst du hier?“, er bemühte sich um eine feste Stimme.

„Ich will dir ein Angebot unterbreiten“, der Ältere spitzte die Ohren und sein Blick huschte zwischen Hyuuga und Haruse hin und her, blieb schließlich an dem Schwarzhaarigen hängen. Doch dessen Gesicht war eine undurchdringliche Maske die von einem Lächeln geziert wurde. Das einzige Zugeständnis das er ihm erlaubte, war ein kurzes angedeutetes Nicken. Doch es war genug um den Piraten wissen zu lassen das er sich das jetzt besser anhören sollte.
 

Er schluckte, doch nickte und verschränkte die Arme. „Okay, sag...“, meinte er und richtete seinen Blick auf den Jungen, die Miene verbissen.
 

Ein rötlicher Schimmer erfüllte Kuroyuris Augen als er zu sprechen begann und der Schwarzhaarige knirschte mit den Zähnen, begann auf der Innenseite seiner Wange rumzukauen. „Barsburg will die Zaiphonvorkommen die unter Raggs liegen“, einer seiner Mundwinkel zuckte nach oben. „Nun ja... und die Büchse der Pandora aber das kannst du dir sicher denken.“ Gido schmeckte Blut. Ja, er konnte es sich denken, doch er wollte es nicht. „Und wir beide wissen ganz genau das Raggs keines von beiden einfach so rausrücken wird.“
 

„Du meinst...“, er musste an seine Unterhaltung mit Frau denken, an den schmerzlichen Ausdruck in seinen Augen.

„Wir werden versuchen die Schäden so gering wie möglich zu halten... Zumindest, wenn sie sich friedlich verhalten. Aber ich kann natürlich nichts garantieren –“
 

„Jetzt sag schon was du willst!“, platzte es aus ihm heraus.
 

Ein spöttisches Lächeln breitete sich auf Verlorens Lippen aus, als er beobachten konnte wie der Größere vor Wut zitterte. „Ganz einfach. Du weißt doch was die Büchse beherbergt und den Umständen entsprechend müsstest du eigentlich sehr interessiert daran sein das ich sie in die Hände bekomme.“
 

Er schnaubte. „Du glaubst doch nicht wirklich das sie dir deinen Körper einfach so geben ohne dir vorher zwanzig, dreißig Gehirnwäschen zu verpassen. Du weißt genauso gut wie ich warum du jetzt in seinem steckst!“
 

Verloren knurrte wütend. „Wenn ich meinen Körper wiederkriege, brauche ich den Junge nicht mehr, das willst du doch oder?“ Wenn er ganz ehrlich sein sollte, wusste Gido nicht ob er das wirklich wollte. Allerdings hätte Kuroyuri dann wirklich seinen Frieden und Ayanami vielleicht auch und das war eigentlich schon mehr als er sich erhoffen konnte. Erneut begann er auf seiner Wange rumzukauen und als sie wieder anfing zu bluten grub er seine Backenzähne einfach in die Andere. „Also, hier ist mein Angebot – ihr helft uns und ich sorge dafür ihr Immunität bekommt und verschont werdet. Im Gegenzug dafür müsstet ihr die Piraterie natürlich aufgeben, sollte sich Barsburg als erfolgreich beweisen und... nun, das wird es.“
 

„Warte – ihr?“
 

„Ja, die Piraten... je mehr desto besser. Raggs wird nicht damit rechnen, es wäre ein Vorteil für beide Seiten. Es ist alles geregelt, die Freibriefe werden in der Sekunde in der wir hier stehen und reden verfasst.“
 

Was?!“, ungläubig starrte der Schwarzhaarige ihn an. „Das kann nicht dein Ernst sein! Weißt du überhaupt was du da von mir verlangst?!“, seine Stimme zitterte er und er schrie fast, als er diese Worte sprach. „Du... du... du verlangst allen erstens“, er überquerte die kurze Distanz und packte ihn am Kragen. „Ich soll meine Leute und alles was mir wichtig ist und“, seine Stimme wurde schneidend scharf und seine Augen verengten sich, „die Ghosts verraten, nur für irgend so einen dämlichen Krieg?“ Entgeisterte blickte er ihn an. „Einen Krieg und ein Versprechen dem ich nicht trauen kann?!“
 

Missbilligend blickte ihn der ehemalige Todesgott an und schüttelte den Kopf. „Tsk. Das ist kein leere Versprechen, was glaubst wofür die Freibriefe sind. Das Königreich kann und darf sie nicht ignorieren. Außerdem –“
 

„Was glaubst du wie egal mir diese Freibriefe grad sind! Das garantiert einen Scheiß! Du kannst nicht einfach herkommen und verlangen das ich alles für eine von deinen Schnapsideen aufgebe! Der Rest den du angerichtet hast ist schon schlimm genug!“
 

„Ich hab auf Ayanami aufgepasst...!“, knurrte er zornig über das ungehaltene Verhalten des Piraten.
 

„Solang er dir nützlich war vielleicht! Was bildest du dir eigentlich ein?!“ Doch bevor er noch irgendetwas anderes tun oder sagen konnte hatte Hyuuga zwischen sie gedrängt und schob ihn einige Schritte rückwärts. „Bei gar nichts mach ich mit!“
 

„Schade... ich dachte wirklich Euereins könnte sich doch noch nützlich für das Imperium erweisen. Und ich dachte wirklich dir liegt dein Kind etwas mehr am Herzen.“ Und genau jetzt war ihm die Hutschnur gerissen. Das war zu viel und Verloren war zu weit gegangen, so dass Hyuuga seine Mühe hatte ihn fort zu schleifen und schließlich mit voller Wucht mit dem Rücken gegen einen Baum zu donnern.
 

„Krieg dich wieder ein!“, es war eine der wenigen Situationen in denen seine Stimme vollkommen ernst war. Mühselig und fahrig stieß Gido ihn von sich und sank am Baumstamm an dem er lehnte zusammen, vergrub das Gesicht in den Händen.
 

„Ich würd ihm nichts tun, das weißt du...“, sagte er schließlich leise und ließ die Arme sinken. „Selbst wenn ich wollte...“
 

„Ich weiß“, Hyuuga hatte sich nur einige Schritte von ihm entfernt und es war kein Lächeln mehr auf seinem Gesicht zu sehen. „Ich hab dich auch nicht seinetwegen hierher geschleppt...“, er hockte sich auf den Boden und blickte ihn eindringlich an.
 

„Dabei ist er doch das Kind...“, der Ältere blickte weg und rieb sich abwesend die Handgelenke.
 

„Mag sein... das eben war aber kein Kind“, und bei seinen folgenden Worten wurde sein Blick fast bohrend, „aber reiß dich zusammen, zumindest ein bisschen. Du kannst dir das nicht erlauben...!“
 

„Weil ers nicht versteht und deswegen sauer auf mich ist?“, Gido schüttelte den Kopf und atmete seufzend tief durch.

„Ganz genau“, erwiderte Hyuuga und musterte ihn nachdenklich. „Der Kleine erkennt die Tragweite nicht und Verloren nutzt das und ich erwarte wenigstens von dir das du dich wie ein vernünftiger Erwachsener benimmst.“ Jetzt schmollte er beinahe und der Ältere musste sich ein schwaches Lachen verbeißen, weil der alte Hyuuga wieder ein bisschen durchkam.
 

„Hmmm...“, machte er und lehnte mit einem schmalen Lächeln den Kopf gegen den Baum. „Ich finde es sehr vernünftig Verloren für das was er tut in Stücke reißen zu wollen“, sagte er schließlich und erntete doch nur ein schwaches Lächeln.
 

„Trotzdem... versuchs das nächste Mal. Mit deiner Abwesenheit bestrafst du ihn schon genug, lass ihn nicht auch noch für Verlorens Fehler büßen.“
 

„Ich weiß... ich... du weißt, es geht nicht anders...“
 

„Ich weiß...“, Hyuuga wandte den Kopf in Richtung des Schiffes. „Ich sollte wieder gehen... ah, wie gehts ihm denn eigentlich?“
 

„So wie immer“, antwortete er und rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht. Und als er sie wieder sinken ließ war der Jüngere verschwunden. War vielleicht auch besser so, dachte er sie und blieb noch eine Weile sitzen, während er darüber nachdachte was er jetzt tun sollte. Vielleicht Frau fragen. Vielleicht... Das Problem war nur das Verloren recht hatte. Diese blöde Büchse könnte wirklich einen Großteil seiner Probleme lösen. Dann wiederum würde das aber ein anderes großes Problem mit sich bringen – Verloren höchstpersönlich und sämtliche Warsfeil würden ihm den Rücken stärken und das wäre ein sehr ernst zu nehmendes Problem. Verdammt... seufzend richtete er sich auf und beschloss zumindest schon mal langsam zurück zu gehen. Ein wenig Ablenkung konnte nicht schaden, zumal er nicht damit rechnete heute Nacht allzu viel Schlaf zu kriegen.
 

Frau hatte mittlerweile heraus gefunden das die beiden Blondchen Lem und Lirin hießen und sowas wie Ilyushas Ziehgeschwister waren. Sie lebten hier mit auf dem Anwesen und schienen den angehenden Hausherren wohl wirklich zu mögen. Lem begegnete dem Blondhaarigen recht skeptisch, doch das nahm dieser zumindest an, lag daran ihn Lirin zu mögen schien. Die junge Frau war dabei Zeichnungen für ein Pflanzenkundebuch anzufertigen. Dazu hatte sie eine Reihe von verschiedenen Blume auf dem Tisch ausgebreitet und hob ab und zu eine an um sie genauer zu betrachten, ehe sie dann weiter zeichnete. Ein paar weitere standen in einem kleinen mit Wasser gefüllten Glas in der Mitte des Tisches. In einem anderen standen Pinsel und Farbe hatte das Wasser bis zur Unkenntlichkeit verfärbt. „Ich finds schade das ihr nicht mal zu uns herüber kommt“, meinte Lirin, während sie die Linien ihrer Zeichnung mit schwarzer Tinte nachzog.
 

Frau schmunzelte leicht, „ich denke es gibt ein paar Leute die uns dort nicht gerne sehen würden...“

„Er hat recht Lirin, sie sind immer noch Piraten...“, er zögerte und fügte leicht süffisant hinzu, „auch wenn keine sonderlich furchteinflößenden...“
 

Ein leises schnauben entkam dem Jüngeren. „Ich geb dir gleich furchteinflößend“, murmelte er und grinste dennoch. Aus dem Augenwinkel fiel sein Blick auf Gido der sich seinen Weg durch den Garten bahnte ohne richtiges Ziel und deshalb auch kaum darauf geachtet hatte wohin er ging. Er wandte den Kopf in seine Richtung und lächelte ehe er aufstand. „Ich muss los, da kommt mein Angebeteter“, flötete er grinsend wunk den beiden, während er schmunzelnd und zielstrebig auf den Schwarzhaarige zusteuerte. Mit einem Lächeln auf den Lippen fiel er ihm um den Hals und küsste ihn, worauf Gido im ersten Moment gar nicht reagieren konnte, so überrumpelt kam er sich vor. Er hatte ja wirklich mit einigem gerechnet nur nicht damit. Eher verwirrt schlang er trotzdem die Arme um Fraus Nacken und seufzte leise, als er sich von ihm löste, die Augen halb geschlossen. Seine Nähe barg das stumme Versprechen und Ruhe und Geborgenheit, genau das was er jetzt gebrauchen könnte. Das und einen klaren Kopf. "Wofür war das denn?", fragte er verwirrt und etwas neben sich.
 

„Mann sollte seinen Angebeteten doch angemessen begrüßen“, schmunzelte er und lachte leise, stockte dann jedoch musterte ihn eindringlich. „Was ist los?“, fragte er und wollte sich von ihm lösen um ihn besser ansehen zu könne, doch seine ehemaliger Vormund ließ es nicht zu. „Gido?“, fragte er eindringlich und ernst. Doch dieser senkte nur den Kopf und musste daran denken wie ungern der Jüngere über den Krieg gesprochen hatte. Aber das würde sich, wenn er ihm jetzt antworten würde sicher nicht vermeiden lassen. Die eisblauen Augen des Schwarzhaarigen richteten sich auf die des Jüngeren und er seufzte, ließ ihn sich weit genug entfernen das er ihn eingehend mustern konnte und dachte das er wohl nicht drum herum kommen würde. Nein, er würde nicht drum herum kommen Frau etwas zu erzählen. Denn er war sich ziemlich sicher das dieser seine Drohung vorhin ernst gemeint hatte. Er würde rausfinden wohin und zu wem er gegangen war und wenn nicht auf die eine dann auf die Andere weise.

Augenzeuge


 

I was there the day the strength of Men failed.


 

Der Schwarzhaarige hatte ihm nicht geantwortet, hatte ihn einfach nur am Arm gepackt und mitgezogen und Frau war ihm gefolgt, denn was immer los war, Gido würde es ihm nicht verraten, wenn er nicht mitkam. Hastig schob wurde er durch die Tür geschoben die sie heute Morgen so schweigend verlassen hatten. Das Bett war nicht mehr zerwühlt, sondern ordentlich hergerichtet und irgendwie fand er das schade. Gedankenverloren strich er mit einer Hand über das Laken und setzte sich, bevor er seinen Blick wieder auf Gido richtete der sich mit geschlossenen Augen an die Tür gelehnt hatte. „Sagst du mir jetzt was los ist?“, fragte er und lehnte sich etwas zurück.
 

Es dauerte einen Moment bis Fraus Worte zu ihm durchdrangen, doch dann nickte er langsam und öffnete seine Augen. Auch wenn es ihm missfiel, dieser junge Mann mit den blonden Haaren war wohl der einzige der die Tragweite des ganzen jetzt verstehen würde und ihm vielleicht helfen konnte. „Ich weiß nicht wo ich anfangen soll...“, seufzte er und löste sich von der Tür, auch wenn ihm mehr danach war sich zu Boden sinken zu lassen. Stattdessen tat er nun einige verloren wirkende Schritte in den Raum hinein. Unschlüssig wanderte sein Blick umher und blieb schließlich auf seinen Stiefelspitzen hängen, als er stehen blieb. Und als er ihn wieder hob saß Frau immer noch auf der Bettkante und blickte ihn fragend an. Fragend und mit einer Geduld die er nicht von ihm kannte.
 

„Fang einfach irgendwo an“, meinte er und ein schmales aufmunterndes Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. Er konnte spüren wie ihn der Andere nachdenklich musterte, bis dieser schließlich die Arme verschränkte und tief durchatmete.
 

„Versprich mir, das du mich erst ausreden lässt“, meinte er und war erst zufrieden, als er den Jüngeren nicken sah. Auch Gido nickte und suchte nach einem Satzanfang, einer Information die er Preisgeben konnte ohne gleich alles erklären zu müssen. Am besten er hielt sich einfach an die Fakten. „Barsburg will einen Krieg“, sagte er und hatte das Gefühl diese Worten wirkten so verloren wie er selbst in diesem Raum.
 

Die saphirblauen Augen weiteten sich langsam und Gido meinte Angst und noch etwas anderes was er nicht deuten konnte in ihnen zu erkennen. „Erzähl keinen Blödsinn wie kommst du darauf?!“, energisch als würden sich ihre Sorgen dadurch in Luft auflösen schüttelte er den Kopf.
 

„Doch...“, langsam näherte er sich dem Blondhaarigen. „Doch, das weiß ich aus sicherer Quelle. Barsburg will die Zaiphonvorkommen unter Raggs und die Büchse der Pandora und was weiß ich noch nicht alles... Die sind das Messer wetzen leid!“ Er atmete tief durch und ballte die Hände zu Fäusten, während im Verlorens Worte in den Ohren nachhallten. „Aber das ist nicht das schlimmste“, sagte er und wusste nicht wohin mit sich, weshalb er anfing umher zu gehen. „Sie haben Verloren unter ihrer Kontrolle. Das heißt, wenn sie die Büchse kriegen, dann wird er... ob sie wollen oder nicht, wenn er es schafft seinen Körper zurück zu erlangen...“ Frau war aufgestanden und packte ihn am Arm um ihn ansehen zu können und Gido merkte das er sich am liebsten hätte zusammensinken lassen. Doch er kämpfte den Drang nieder und fasst sich wieder, das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
 

„Hast du das von einem Informanten, oder so?“, fragte Frau in dem Versuch nicht an die Erinnerungen zu denken die diese Worte heraufbeschworen.
 

„So... in etwa... ja...“, gab er mit brüchiger Stimme zu. „Verloren“, er schloss die Augen. „Hat es mir gesagt.“
 

„Was du hast mit Ayanami gesprochen?“, fragte er ungläubig und mit einem Mal fiel es ihm wie schuppen von den Augen. Das Schiff war das der Black Hawks gewesen. Ein leichtes stechen in seiner Schläfe setzte ein, doch er ignorierte es, richtete seinen Blick stattdessen fest auf Gido, welcher aus dem Konzept gebracht schien.
 

„Ayanami... nein, warte woher?“, ein seufzen und dann fügte er hinzu wie um sich die Frage selbst zu beantworten, „oh warte von mir richtig?“ Ohne darüber nachzudenken nickte Frau, das Stechen und die aufkeimenden Erinnerungen weiter ignorierend. Ein Seufzen seitens des Schwarzhaarigen folgte und er schloss ihn in seine Arme, ließ den Jüngeren das tun was er selbst gern würde, als sich dieser an ihn lehnte. „Jemand anderes ist an seine Stelle getreten“, sagte er mit brüchiger Stimme und kämmte durch die blonden Strähnen. „Ayanami...“, begann er doch schüttelte nur den Kopf, „ist nicht so wichtig.“
 

„Was hat er noch gesagt?“, wollte Frau leise wissen.
 

„Nichts...“, murmelte Gido grimmig und senkte den Kopf. „Nichts... er wollte unsere Hilfe, die der Piraten... aber, ist nicht so wichtig...“

„Sie werden uns wieder jagen oder?“, fragte er dann und bemühte sich um eine feste Stimme.
 

„Das tun sie doch eh schon... das hat er vergessen...“, seufzend lehnte er seinen Kopf an den des Jüngeren und schloss für einen Moment die Augen. Doch dann brachte er Frau dazu ihn an zu sehen, „Frau...“, meinte er ernst und blickte ihn eindringlich an. „Du musst mir alles sagen was du weißt. Wir können Krom nicht ins Messer laufen lassen, schon um Feas Willen nicht, verstanden?“
 

„Und wegen des Jungen“, ein schwaches Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. „Tei- Tiashe.“ Es schien ihm wie gerade erst gestern das er diesen noch lebendig vor sich gesehen hatte. Dieser Junge hatte so viel durchmachen müssen, allein wegen des Krieges.
 

„Genau“, jetzt zeigte sich ebenfalls ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen. Doch dann stockte er und hob eine Augenbraue. „Hast du nicht gesagt sie hätten das ganze Königshaus getötet?“
 

„Bis auf den Jungen. Er hat überlebt, er war beim Militär... ein Sklave... aber er hat überlebt, Fea hat seine Erinnerungen versiegelt, er wusste nichts davon. Bis vor einiger Zeit...“, er schüttelte den Kopf um deutlich zu machen, das er dazu nichts weitere sagen wollte. Sein Blick senkte sich, ehe ihm etwas einfiel und er ihn doch wieder anhob um den Anderen ansehen zu können. „Was ist mit Gala?“ Sie musste davon schließlich auch erfahren, doch nun war es an Gido den Kopf zu schütteln.
 

„Das mach ich später“, meinte er und lenkte das Thema wieder auf sein eigentliches anliegen, „und jetzt sag mir alles was du weißt, egal wie unwichtig es dir auch erscheinen mag. Egal was es ist, vielleicht kann es uns trotzdem helfen.“ Schweigend hatte der Blondhaarige ihn reden lassen und löste sich nun von ihm, seine Nähe machte das Szenario in seinem Kopf nämlich nicht unbedingt besser. Im Gegenteil, es machte ihn gerade nur noch unruhiger. Am liebsten würde er einfach mit der Wahrheit rausplatzen, doch er verbat es sich immer noch. Er wollte auch nicht daran denken, doch Gidos ernster Blick der nun auf ihm lag zwang ihn dazu diese alten Erinnerungen wieder auszugraben und damit auch den Schmerz der diese überschattete. Er ließ sich aufs Bett sinken und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was er später über den Krieg gelernt hatte. All das was nichts mit seinem Tod zu tun hatte. Ihrer beider Tod. Frau faltete die Hände mit verhakten Fingern, die Ellenbogen auf den Knien und lehne seine Stirn gegen diese. Er hatte die Augen geschlossen und dann fing er an zu sprechen. Erst leise und stockend, doch mit der Zeit gewann er wieder vertrauen in seine Stimme und sie wurde weniger langsam und dünn. Zwischendurch war er auch wieder aufgestanden und hatte angefangen im Raum umher zu gehen, während sich Gido einfach nur schweigend an die Wand gelehnt hatte. Der Dunkelhaarige hatte das unbestimmte Gefühl gehabt, das es besser wär ihn einfach reden zu lassen, er hatte auch nur ab und zu ein paar Fragen gestellt. Die Gedanken des Schwarzhaarigen wanderten zu Ayanami, doch dieser würde momentan nicht mal einer Fliege etwas zu leide tun. Und als er fertig war stand der Ältere immer noch an Ort und Stelle, unveränderte real und dennoch überkam ihn der Wunsch ihn zu berühren. Nur um sicher zu gehen das er wirklich nicht träumte. Doch er ging nur ein paar verloren wirkende Schritte auf ihn zu und blieb schweigend stehen.
 

Der Jüngere wollte weiter gehen, doch seine Füße weigerten sich und alles was er schließlich hervorbrachte war, „lass uns zurück aufs Schiff.“
 

„Geh vor... ich werd mich Gala reden.“ Gido klang erschöpft, so dass er sich unweigerlich nach der Ursache fragen musste, doch dazu kam er gar nicht. Denn schon hatte sein ehemaliger Vormund den kurzen Abstand zwischen ihnen überbrückt und zerzauste ihm mit einem flüchtigen Lächeln die Haare. „Danke“, sagte er. „Ich weiß ich hab nichts leichtes von dir verlangt.“ Nein, das hatte er wirklich nicht, doch Frau war sich ziemlich sicher das er es nicht verlangt hätte, wenn es nicht wichtig gewesen wäre. Und es war wichtig, das wusste er auch so. „Geh dich ausruhen...“
 

„Okay...“, erwiderte er seufzend und pflückte seine Hand von seinem Kopf, hielt sie einen Augenblick länger als notwendig. Ein wenig widerwillig löste sich Frau daraufhin von ihm und kehrte zum Schiff zurück. Auf der Rampe die hinauf in dessen Bauch führte blieb er dann jedoch noch einmal stehen und sah zu der Villa hinter der langsam die Sonne versank. Warum ihn Gido wohl nicht hatte dabei haben wollen fragte er sich. Aber der Ältere hatte viel zu fertig gewirkt, als das er ihn jetzt danach hatte fragen wollen. Dieser dumme Krieg.

An Bord fand er schon Diego, Kojetan und Shakir vor. „Wo ist der Boss?“, fragte Kojetan und riss ihn damit aus seinen Gedanken.

„Ehm... der kommt nach“, erwiderte er nur und rieb sich über das rechte Auge. Bevor er die drei Gestalten vor ihm erneut musterte, da sie nicht verschwanden und sich... was auch immer sie bis jetzt getan hatten zuwendeten.
 

„Gehts dir nicht gut?“, Shakir musterte ihn skeptisch, doch Frau schüttelte nur den Kopf.
 

„Nein, also ich mein nein, mir gehts gut...“, log er und wandte den Blick ab. Doch der skeptische Blick verschwand nicht. „Was denn?!“
 

„Wirklich?“
 

„Du siehst eher anders aus...“, fügte Diego hinzu.
 

Erneut wandte Frau seinen Blick ab. „Ach, das macht nur die Müdigkeit“, er bemühte sich um ein schmunzeln und wandte sich zum gehen. Eigentlich wollte er, schon allein aus Gewohnheit wieder zu Gido ins Zimmer. Doch irgendwie ließ er sich davon abbringen und verzog sich zusammen mit den Anderen auf ihr Zimmer und in die fast zu kleine Koje. Doch auch wenn ihn das rumgealbere ein wenig ablenkte konnte er nicht einschlafen. Weswegen er dann schließlich auch wieder aufstand und nach Gido zu suchen begann. Die Tür war geschlossen und die Rampe eingeholt, aber in seinem Zimmer war er nicht. Frau wollte gerade kehrt machen um in der Küche zu suchen, als ein Ruck durch das Schiff ging und er es langsam vom Boden abheben spürte. Das Cockpit also. Mit einem seufzen steuerte er es an. Es war schon mitten in der Nacht, wollte der Schwarzhaarige etwa jetzt losfliegen? Sie sahen doch die eigene Hand vor Augen nicht. Na ja, das konnte er ihn dann gleich immer noch fragen. In Gedanken versunken trottete er durch die spärlich belichteten Gänge bis ins Cockpit und tatsächlich dort stand Gido und gab irgendetwas in eines der Bedienfelder neben der Steuerung ein. „Was machst du da?“, fragte er doch blickte an ihm vorbei in die Dunkelheit der Nacht.
 

„Die Koordinaten eingeben, wenn wir dicht unter den Wolken fliegen sollten wir für die Nacht sicher sein“, erwiderte er und klang ungewohnt müde.
 

„Und in deinem Zustand willst du fliegen?“, skeptisch verschränkte er die Arme vor der Brust.
 

„Quatsch wir fliegen auf Autopilot“, mit einem Gähnen wandte er sich dem Blondhaarigen zu und rieb sich die Augen. „Warum schläfst du überhaupt noch nicht?“
 

„Könnt ich dich genauso fragen.“
 

„Ich hab zuerst gefragt, also spucks aus“, entgegnete er und trottete auf ihn zu. Zusammen verließen sie das Cockpit wieder und schlenderten den kaum beleuchteten Gang hinab, als ihm der Jüngere antwortete.
 

„Zu viele schlechte Erinnerungen...“, gab er zu und vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Mir ist nicht nach schlafen und bei dir?“

Eigentlich ging es ihm ähnlich, doch der Schwarzhaarige antwortete dennoch etwas anderes. „Kam bisher nicht dazu.“
 

„Wenn du die letzten Tage ordentlich geschlafen hättest...“, doch weiter kam er gar nicht, weil ihm der Ältere ins Wort fiel.
 

„Halt einfachs Maul“, knurrte er. „Was weißt du denn schon...“
 

„Ja, nichts wenn du mir nichts sagst“, entgegnete Frau, von seinem Ärger völlig unbeeindruckt. „Ich schlaf bei dir einverstanden?“, doch es war weniger eine Frage, als eine Feststellung von Tatsachen.
 

„Als ob dich irgendwas davon abhalten könnte“, Gido rollte mit den Augen und betrat sein Zimmer. Er ließ sich aufs Bett fallen und war kurz nachdem er die Augen geschlossen hatte auch schon eingeschlafen. Mit einem seufzen hatte sein ehemaliger Schützling die Szenerie beobachtet. Er zog seinen Mantel und seine Stiefel aus und wiederholte zweiteres bei dem Schwarzhaarigen. Ihm den Mantel auszuziehen war ihm dann doch zu umständlich um die Uhrzeit und so ließ er davon ab und legte sich zu ihm.
 

Auch bei ihm dauerte es nicht lange, bis er eingeschlafen war, und es war die erste Nacht seit langem die er wieder träumte. Meistens hatte sein Schlaf auf seinem bitter-süßen schwarzen Nichts bestanden. Manchmal hatte er in kurzen Sequenzen von Teito geträumt oder von einer und manchmal auch zwei Gestalten an die er sich nach dem Aufwachen nicht mehr erinnerte. Ähnlich war es im wachen mit seinen Erinnerungen. Manche Dinge wusste er noch ganz klar, andere kamen und gingen und an einige erinnerte er sich kurz darauf manchmal schon gar nicht mehr. Doch dieses Mal träumte er von Teito, erst waren sie in der Kirche. Dann kam der Moment wo ihn fest an sich gedrückt davonflog, weg von Hyuuga und dem Auge und der Junge zappelte und schrie. Zuletzt eine Szene die sich abgespielt hatte nachdem sie losgeflogen waren. Es war nichts bestimmtes, er hatte ihn geärgert und der Junge hatte sie aufgeregt und sie hatten herumgealbert. Eine Szene an die er sich gern erinnerte. Zuletzt träumte er von einem kleinen blonden Mädchen, das kaum laufen konnte und deshalb von jemanden an der Hand gehalten wurde. In seinem Traum hatte sie kein Gesicht, er konnte es zumindest nicht erkennen und auch nicht die Gestalt die ihre Hand hielt, als sie unbeholfen einige Schritte in seine Richtung tapste. Sie quiekte vergnügt über diesen Erfolg, streckte dabei den kleinen Arm in seine Richtung aus, als wolle sie zu ihm. Und irgendetwas sagte ihm das es genauso war. Doch dieser kurze Moment der Unachtsamkeit reichte schon um sie stolpern und hinfallen zu lassen. Fast sofort traten Tränen in ihre Augen, er wusste es einfach und sie schniefte steinerweichend. Wimmernd streckte sie beide Arme in seine Richtung aus und auch wenn er nichts lieber getan hätte, als diese Geste zu erwidern konnte er es nicht. Sie dort sitzen und weinen zu sehen über den Schreck und nichts tun zu können fühlte sich schrecklich an. Seine Arme fühlten sich schwer an wie Blei und waren nicht vom Boden auf dem er saß hochzukriegen, geschweige denn auszustrecken und selbst wenn, irgendetwas sagte ihm das er sie auch so nicht hätte erreichen können. Es war beinahe zum verzweifeln, bis er plötzlich sah wie zwei Hände, die allein aus Licht zu bestehen schienen, nach der kleinen Gestalt griffen. Diese zweite Gestalt hatte keine klaren Konturen und er konnte auch nicht erkennen wer es war. Sie war nur etwas aus Licht geformtes das einem Menschen ähnelte. Sie war Gesichts-, Geschlechts- und Namenlos, und sie nahm sich dieses Kindes an. Eigentümlicherweise störte ihn das gar nicht. Irgendwie war er sogar froh darum und langsam hob Frau den Blick um beide ansehen zu können.
 

„Frau, bist du wach?“, fragte Ayanami. Die Frage irritierte ihn, und falls er etwas erwiderte, dann machte es wohl ebenso wenig Sinn wie die Worte des Silberhaarigen. „Frau?“, jetzt war es Gidos Stimme die aus seinem Mund kam. Verwirrt blinzelte er in das Gesicht des Schwarzhaarigen. Dieser saß auf der Bettkante und hatte sich über ihn gebeugt.
 

„Gido...“, seufzte er in einem müden nuscheln, wobei man es kaum verstehen konnte. Schläfrig streckte er sich und musterte den Älteren.
 

„Hast du schlecht geträumt?“ Ein Kopfschütteln antwortete ihm, nein, eigentlich würde er das nicht behaupten. Sonderlich gut war das zwar auch nicht gewesen. Fragend hob er seine Augenbrauen. „Hrmm“, brummte Gido leise. „Weiß nich, schien irgendwie so...“ Erneut hob der Blondhaarige eine Augenbraue, doch dann ließ er sich einfach wieder zurücksinken und rollte sich auf die Seite. Er bekam dieses Bild einfach nicht aus seinem Kopf. Ayanami mit diesem kleinen Mädchen auf dem Arm. Dabei konnte er nicht mal sagen was es damit genau auf sich hatte. Schließlich gab Frau jedoch nur noch ein undefinierbares Geräusch von sich und setzte er sich auf, da wurde ihm allerdings auch schon ein dampfender Becher in die Hände gedrückt. Fragend blickte er Gido an. Doch dieser schmunzelte nur. „Purer Eigennutz!“, erklärte er zwinkernd und fügte hinzu. „Ich will doch das du mit mir sprichst.“
 

Ein leises, amüsiertes Schnauben erklang, bevor sich der Blondhaarige langsam daran machte zu trinken und sein Zunge von seinem Unterkiefer zu lösen. „Worüber willst du den reden?“, fragte er schließlich, als er den Becher fast zu zwei Dritteln gelehrt hatte.
 

„Nichts bestimmtes, ich hab nur nichts dafür übrig, mich mit jemandem zu unterhalten der grad mal die Artikulation eines Höhlenmenschen besitzt“, ein schiefes grinsen legte sich auf Gidos Lippen und er bleckte die Zähne. Frau jedoch hieb ihm nur seinen Becher an die Schläfe und trank seinen Kaffee aus.
 

Es dauerte eine Weile in der Gido irgendwelche Akten bearbeitete die er auf seinem Schoß hatte, für sich der Blondhaarige aber nicht weiter interessierte. Schließlich brachte er aber dennoch etwas über die Lippen, „ich hab irgendetwas komisches geträumt.“ Gido machte ein Geräusch das auf seine Aufmerksamkeit schließen ließ und Frau stellte den Becher beiseite, biss sich auf die Unterlippe. „Von drüben.“ Drüben war das Wort das sich für die Bezeichnung seiner eigenen Welt eingebürgert hatte und manchmal fragte er sich wirklich, ob er sich das alles nicht einfach eingebildet hatte und gerade erst aus einem Jahrelangen Schlaf aufwacht war. Doch jetzt schien der Ältere wirklich neugierig geworden und so ließ er ein leises seufzen hören.
 

„Was denn?“, fragte er und wollte wissen worum sich dieser Traum wohl gedreht haben mochte.
 

Langsam öffneten sich seine Lippen und er wollte etwas sagen, doch wusste nicht genau wo er anfangen sollte. „Da war ein kleines Mädchen...“, vage erinnerte er sich an dieses Kind, erinnerte sich daran das da irgendetwas wichtiges war das er nicht vergessen durfte. Doch er kam nicht drauf. Er hatte die Stirn in Falten gelegt und rieb sich einen Punkt zwischen den Augenbrauen. „Sie hat geweint und... da war noch jemand, aber ich konnte die Gestalt nicht erkennen“, fügte er hinzu und hoffte das Gido ihm das jetzt abkaufen würde.
 

„Hmmm...“, machte er überlegen und biss sachte ins Ende seines Stiftes. „Weißt du denn nicht, wer das sein könnte?“ Sein Blick richtete sich auf den Jüngeren, doch dieser wandte nur den Kopf ab. „Frau?“, fragte er sanft aber mit Nachdruck, als er eine lange Weile gar keine Antwort bekam.
 

„Ich...“, zögerlich begann er schließlich wieder zu sprechen, „weiß es nicht. Ich erinner mich nicht mehr.“ Frau seufzte und fuhr sich durch die Haare. „Ich erinner mich noch an den Großteil von allem, aber alles bevor ich hier aufgewacht bin... nun ja der Großteil davon is weg...“, murmelte er und legte die Hände auf seine angezogenen Knie, krallte sich kaum merklich in den Stoff. Gido antwortete nicht sofort, ließ nur mit einem leisen seufzen von seiner Arbeit ab und strich durch die wirren blonden Strähnen. Er kaute immer noch nachdenklich auf der Kappe seines Stiftes herum.
 

„Wirklich gar nichts?“, fragte er, als er spürte wie sich Frau an seine Hand lehnte.
 

„Nein“, entgegnete dieser. „Manchmal fallen mir kurzzeitig Dinge ein die ich nicht zuordnen kann, aber das ist schon alles.“ Eine Weile war es still, beide waren am überlegen und schließlich wollte Gido einen Satz anfangen, doch der Andere unterbrach ihn fast sofort wieder. „Ich denke, wenn ich wissen will was mich hierher gebracht hat, muss mich daran erinnern was passiert ist.“ Und nach einer weiteren kurzen Pause fügte er hinzu, „was hat Gala gesagt?“ Denn auch wenn es ihm am liebsten wäre, er glaubte leider nicht daran das er sich diese verhängnisvolle Nachricht nur eingebildet hat.
 

„Mhm, sie meinte wir müssten die Anderen benachrichtigen. Logischerweise und na ja eigentlich nicht viel mehr. Ich muss mich darum kümmern das sie uns nicht durch den Fleischwolf drehen, Gala wird sich wohl mit einigen anderen darum kümmern das die Houses of God recht gut bei wegkommen. Jeder wird da so seine eigenen Problemchen haben...“
 

„Also müssen wir jetzt dafür sorgen das die Inseln Bescheid kriegen. Nicht wahr?“
 

„Ja, allerdings würd ich dieser Kirche von der du geredet hat tatsächlich gern noch mal einen Besuch abstatten...“, als Frau davon gesprochen hatte, war es ihm nicht so direkt aufgefallen. Aber jetzt meinte er ziemlich sicher zu wissen welche er meinte. Wahrscheinlich war er nur nicht sofort darauf gekommen, weil er sich nie für lange dort aufgehalten hatte und ihr auch sonst kaum Beachtung geschenkt hatte. „Ich denke ich weiß doch ziemlich genau von welcher du geredet hast. Mir war es nur nicht sofort klar...“ Nachdenklich kratzte er sich am Hinterkopf. „Lass uns für einen Abstecher dahin machen. Die Mannschaft kann die Ruhe vor dem Sturm gebrauchen und du könntest mir erzählen was du alles über diesen Ort weißt. Vielleicht kommt dabei ja tatsächlich sogar noch etwas rum, von dem ich nichts wusste. Schließlich scheinst du ja auch ein recht guter Bändiger zu sein“, schmunzelnd streckte er ihm seinen rechten Arm hin.
 

Und nun grinste auch Frau wieder ein wenig, er rückte ein Stückchen näher und sah ihm über die Schulter. „Was machst du da eigentlich?“, fragte er und hörte Gido seufzen. Der Stift hing für einen Moment über dem Papier, bevor er eine weitere Zeile ausfüllte.
 

„Mich darum kümmern, das der Stapel auf meinem Schreibtisch kleiner wird und das würd ich gern heute noch zu Ende bringen“, entgegnete er und entzog sich den Küssen die Frau auf seinem Nacken verteilte. „Ernsthaft. Hast du nicht was anderes zu tun?“
 

„Spielverderber“, seufzte Frau und streckte sich als er Aufstand. Leider hatte der Schwarzhaarige nicht unrecht, er hatte tatsächlich etwas zu tun, aber erstmal wollte er duschen. Danach konnte er sich immer noch um seine Pflichten kümmern.
 

„Ach du weißt doch“, Gido machte es sich auf seinem Bett bequem und arbeitete weiter ohne aufzusehen, während er schmunzelnd hinzufügte, „erst die Arbeit dann das Vergnügen.“
 

Frau blieb stehen und wandte den Kopf in seine Richtung. „Ist das ein Versprechen?“
 

„Hmm... vielleicht... unter Umständen, wenn du dich benimmst.“ Doch darüber konnte der Angesprochene nur genervt stöhnen, schließlich wussten sie beide das er gerade darin nicht sonderlich gut war.

Anders als Gedacht

Wir mussten und gar nichts beweisen, denn wir glaubten das hier sei Spaß.
 

Gido sollte recht behalten, was die Kirche anbelangte. Er war schon öfters Mal dort gewesen, nur hatte er sich wirklich nie die Mühe gemacht diesen Ort genauer zu begutachten. Zumal das letzte gemeinsame Treffen dort auch schon eine Weile her gewesen war. Und Frau sollte recht behalten was Bastién anbelangte, dennoch sollten die Dinge nicht so laufen wie sie es sich vorstellten. Schon allein ihre Ankunft sollte anders verlaufen als geplant.
 

Frau atmete tief durch und schielte zu Gido, es fühlte sich an als würde all seine Opfer auf einem Haufen versammelt wiederfinden. Im ganzen Hof der Kirche wimmelte es von Wunschjunkies und Neubesessenen, es waren sogar so viele das selbst der Rest der Mannschaft unruhig umher blickten. Mütter die ihre Kinder schützend an sich drückten versuchten einen Bischof zu finden der gerade nicht alle Hände voll zu tun hatte, während die Schwester versuchten jeden verstört wirkenden Umherirrenden zurück zu seinen angehörigen oder zu einer Bank zu lenken, wo sie dann hoffentlich blieben. „Gido...“
 

Noch eine Stimme mehr, die sich an ihn wandte. Der Schwarzhaarige konnte Devaki in seinem Arm rumoren fühlen, denn das hier, wäre für sie ein wahres Festmahl. Doch er hatte nicht vor irgendjemanden zu fressen. „Okay Leute Planänderung“, in die Hände klatschend wandte er sich zu seiner Mannschaft herum. „Wir teil uns auf, zu zweit oder zu dritt, macht das unter euch aus. Frau du kommst mit mir“, er konnte beobachten wie Shakir bei diesen Worten eine Braue hob, doch er ging nicht darauf ein. „Gucken wir das den armen Leuten hier helfen das Chaos zu lichten, verstanden?“
 

„Aye, aye Käpten!“, zufrieden hörte er die Worte durch die Runde gehen und wandte sich dann wieder zu Frau der seinen Blick auf irgendetwas in der Ferne gerichtet hatte.
 

Doch erst als sie sich eine Weile ihren Weg durch die Menschenmenge gebahnt hatten sprach der Blondhaarige. „Lass uns rausfinden was hier los is... Die ganzen Kors müssen doch irgendwo herkommen...“ Doch sein Blick war immer noch auf die rothaarige Geisterfrau gerichtet die über eine Gruppe Menschen kreiste und ihnen scheinbar irgendetwas verständlich machen wollte. Doch musste er zugeben das er in diesem Fall ganz froh darum war nicht mehr Zehel zu sein, denn er solche Ansammlungen von Menschen die von Kors befallen waren hatte er schon immer gehasst. Besonders sollte es sich dabei um eine größere Ansammlung von Adligen handeln, all diese Heuchler mit ihren dunklen Begleitern. Das war ihm einfach zuwider. Gido allerdings schien ganz gut damit zurecht zu kommen, dachte er zumindest, als er seinen Blick von Malou abwandte und diesem musterte. „Meinst du wir können Fea ausquetschen?“, erkundigte er sich.
 

„Mit größter Wahrscheinlichkeit“, erwiderte er, während sie ihren mit sanfter Gewalt und Ellbogenkraft durch die Masse kämpften. „Aber dafür müssen wir ihn erstmal finden, also bleib nicht stehen, ich hab keinen Bock dich suchen zu gehen.“ Er versuchte zu ignorieren das sich immer mal wieder einer der Kors in seine Richtung drehte und meinte das Klacken ihrer knöchernen Flügel fast schon hören zu können.
 

Doch genau das tat Frau als sie einen zur Seite hin offenen, dort mit Säulen gesäumten Korridor hinab schritten. Ein kleiner Teil von ihm wollte Gido Bescheid geben, doch für einen Moment konnte er nichts weiter tun als dazustehen und den dunkelhaarigen Bischof der gerade den nächsten zu sich aufs Zimmer holte anzustarren. Für einen Moment ließ Bastién seinen Blick schweifen und traf den des Jüngeren. Doch bevor Frau irgendwie reagieren konnte, hatte er sich auch schon wieder abgewandt und er spürte wie jemand an seinem Arm zog.
 

„Ich hab gesagt nicht stehen bleiben, hörst du mir denn eigentlich nie zu!?“, verärgert zog ihn der Schwarzhaarige mit sich.
 

Doch der Jüngere achtete gar nicht richtig auf ihn. Sein Blick folgte immer noch Bastién und er musste sich fast den Kopf verrenken um noch sehen zu können wie dieser wieder in seinem Behandlungszimmer verschwand. Erst dann schaffte er es wieder seine Aufmerksamkeit vollends auf seinen ehemaligen Vormund zu richtigen. „Tut mir leid...“, brachte er halblaut heraus und brachte Gido mit einem Zug am Arm dazu langsamer zu gehen. „Da war jemand den ich kannte.“ Frau bemühte sich um ein schwaches Lächeln, als ihn der Andere anblickte. „Später, okay? Lass uns jetzt erstmal Fea suchen und herausfinden was hier los ist“, fügte er dann hinzu und erstickte Gidos Frage, wen er nun gemeint hatte, im Keim. Doch es dauerte noch eine ganze Weile bis sie den blondhaarigen Bischof endlich durch einiges rumfragen fanden. Genauso wie alle anderen Bischof hatte er sich in einem improvisierten Behandlungszimmer eingerichtet und exorzierte einen Kor nach dem nächsten, doch es schienen einfach nicht weniger zu werden.<br>

„Gido?“, überrascht erhob sich Fea und ließ seinen nun gesunden Patienten zurück in die Freiheit laufen. „Was machst du denn hier?“
 

„Lange rede kurzer Sinn, wir wollten einfach nur mal nen Kurzurlaub hier machen – was zum Teufel ist hier passiert?“, Gido klang fast schon entgeistert, als er das sagte und der Blondhaarige den nächsten ins das Zimmer holte. Frau hatte sich währenddessen dazu entschied das Geschehen einfach erstmal nur zu Beobachten.
 

Seufzend kniete sich der Bischof zu dem Besessenen auf den Boden und begann mit dem Exorzismus. „Wenn ich das wüsste... wir haben von einem Tag auf den anderen eine richtige Schwemme bekommen und seit dem scheinen eher immer mehr zu werden, als weniger, ganz egal wie viele wir auch exorzieren...“ Fea seufzte. „Tja, also Urlaub werdet ihr hier nicht finden.“
 

Gido schnaubte leise. „Das liegt wohl auf der Hand“, er kaute auf seinem Zigarettenhalter rum. „Könn wir dir irgendwie helfen?“
 

„Naja...“, sein Blick glitt zu Frau und er runzelte die Stirn.
 

„Kein Drama, ich weiß Bescheid. Zwei schaffen mehr als einer, kann ich euch irgendwie helfen?“, entgegnete er nonchalant und tat als ob ihn das alles nicht so wirklich interessierte. Doch in Wahrheit hatte er sein Augenmerk schon auf etwas gelegt. Leider trug Fea diesen Gegenstand dicht an seinem Körper und er müsste ihn schon in einem unachtsamen Moment erwischen um ihn zu bekommen. Seinen Pass. Frau wollte seinen Bischofspass, doch er wollte ebenso nicht einfach danach fragen.
 

„Naja, dann...“, Fea zögerte. „Versuch draußen Mal ein wenig Ordnung zu schaffen. Wir sind alle so beschäftigt, das keiner wirklich weiß wer nur Angehöriger und wer wirklich betroffen ist. Es gibt hier mehrere kleine Kapellen, versuch sie wenn möglich zu Warteräumen umzufunktionieren.“ Frau nickte und gab ab und zu Mal einen Laut der Aufmerksamkeit von sich, während Fea erklärte wie er sich das ganze Vorgestellt hatte, Wegbeschreibungen inklusive. Dennoch sah er davon ab ihn darüber in Kenntnis zu setzen das er sich hier eigentlich bestens auskannte. Das würde nur Erklärungen verlangen die er jetzt nicht geben wollte. Vor allem löste es sein Problem nicht, er brauchte schließlich Feas Pass um hier überhaupt zu etwas zu kommen. Aber zuerst würde er wohl nicht drumherum sich um dieses Gedränge hier draußen zu kümmern, wenn es doch wenigstens einen Weg gäbe zu unterscheiden wer nun Besessen war und wer nicht. Denn leider ließ sich das nicht bei allen auf Anhieb erkennen... Frau seufzte schwer und schloss für einen Moment die Augen, doch als sie wieder öffnete hatte sich nichts an der vorigen Situation geändert.

„Okay...“, murmelte er genervt und schnappte sich auf seinem Weg durch die Menge Kojetan und Diego die er vor sich positionierte und auf den Rand des Springbrunnens stieg.
 

„Was wird das Mick?“, fragte Kojetan.
 

„Ihr werdet mir helfen – Order vom Käpten“, das war zwar gelogen, doch Gido würde es sicher nichts ausmachen, das er jetzt als seine Ausrede herhalten musste. Frau legte zwei Finger an seine Lippen und stieß einen durchdringenden Pfiff aus. Doch er war selbst überrascht als es daraufhin mit einem mal plötzlich ganz still um sie herum war. „Okay...“, murmelte er zu sich selbst und grinste leicht, während er sich die Hände rieb. Das war gut. „Okay, Leute versuchen wir etwas Ordnung hier rein zu bringen! Alle die mit mehreren Personen hier sind begeben sich jetzt da rüber“, er wies mit den Daumen über seine Schultern hin zu zwei Kapellen die sich dort befanden, „die Angehörigen in die linke Kapelle und die Betroffenen in die rechte und keine Ausnahmen – einzige Ausnahme sind Mütter mit betroffenen Kindern die bleiben bitte wo sie sind. Und damit kein Chaos entsteht werden diese beiden Gentleman sie jetzt zu ihren Warteräumen begleiten!“ Mit diesen Worten wies er auf Kojetan und Diego und legte ihnen die Hände auf die Schultern, wandte sich noch einmal kurz und diesmal leise nur an diese beiden. „Guckt das ihr wirklich alle Kors in eine Kapelle sortiert, es wird bestimmt welche geben die das Zeichen verdecken und versuchen werden als Angehörige hier wieder rauszukommen.“
 

Diego grinste jedoch nur und fuhr sich durch die blondgelockten Haare. „Du hältst und wohl für blöd Kurzer – klar doch!“
 

Zufrieden beobachtete Frau daraufhin wie sich die Menschenmenge aufzuteilen begann, doch er wartete noch einen Moment bis sich der anfängliche Tumult gelegt hatte. „So und jetzt alle die allein hier, Wiederholungstäter und/oder Programmteilnehmer sind die wenden sich bitte an diesen netten Herrn da drüben“, er deutete herüber zu Shakir der ein wenig bedröppelt drein sah im ersten Moment. „Er wird euch dort drüben hinbegleiten“, er wies auf eine Kapelle seitlich von sich, wobei er hinzufügte, „dort werden sich die Schwestern dann eurer annehmen.“ Er wunk Shakir zu sich herüber und erklärte diesem als er bei ihm angelangt war, „sie werden nicht wollen, is mir scheißegal was du ihnen erzählst, Hauptsache du kriegst sie da in die Kapelle.“ Sein Blick huschte umher und er wunk mit seinem charmantesten Lächeln das er zustande brachte einige der Schwestern heran, „hört mal wir wollen euch ein wenig helfen das Chaos zu bewältigen, seid so gut und helft meinem lieben Freund hier eure Patienten da drüben reinzukriegen, ja?“ Und natürlich halfen sie, so das Frau beinahe das Gefühl bekam das das alles hier. Anschließend schickte er noch Aleko nach um Shakir und den Nonnen zur Hand zu gehen. Langsam begannen sich der Hof und der Garten tatsächlich auch zu leeren. „Gut, dann kommen jetzt bitte mal alle Mütter mit ihren Kindern zu mir“, erklärte er und wartete darauf bis sich die erschreckend große Menge besorgter Frauen dicht vor dem Springbrunnen drängte. „Okay und jetzt folgen alle anderen die sich bisher keiner Gruppe zugehörig gefühlt haben Ty dort drüben hin!“, beorderte er die restliche Gruppe und sprang vom Rand des Springbrunnen. „Bitte folgen sie mir meine Damen“, wandte er sich nun mit einem charmanten Lächeln an diese und wies auf die Kapelle in die sie sich begeben sollte. Doch auch wenn jetzt nur noch halb so viel Chaos herrschte war einfach nicht genug Platz für alle. Zum einen das und zum anderen schienen weder die Kors noch die Angehörigen viel davon zu halten ruhig darauf zu warten das sie endlich dran kamen. Denn kaum wurde eine Tür geöffnet und nach dem nächsten gerufen oder dieser herausgezerrt versuchten sich gleich eine Hand voll weitere an seine Stelle zu drängen oder entwischten nach draußen so das es bald nicht mehr viel anders aussah als schon zuvor. Die einzigen die wirklich dort blieben wo sie hingeführt waren, waren die Mütter mit ihren Kindern, auch wenn diese nicht besser waren wenn es darum ging wer als nächste dran war – im Grunde waren sie eigentlich sogar noch schlimmer, weil sie mehr alle andere bereit schienen sich gegenseitig die Augen auszukratzen. Seufzend fuhr er sich durch die Haare und machte sich zurück auf den Weg zurück zu Gido und Fea die mehr oder weniger gut voran zu kommen schienen.
 

„Wie läufts?“, fragte er und schloss die Tür hinter sich. Tat interessiert an dem was der Hellhaarige tat, doch wollte eigentlich immer noch nur den Bischofspass der an seiner Hüfte baumelte.
 

„So wie mans nimmt“, seufzte Gido und hob den Kopf. „Und bei dir?“
 

„Wie mans nimmt“, Frau zuckte mit den Schultern. „Ich wette gleich is das Chaos wieder da, die Kors wollen nicht bleiben und alle kloppen sich drum als nächstes dran zu kommen...“
 

Fea seufzte und half dem jungen Mann den er gerade befreit hatte wieder auf die Beine, da er noch etwas wackelig auf den Beinen schien. „Warte ich nehm ihn dir ab“, bot Frau an und nutzte die Chance um sich den Pass zu schnappen, als er den brünetten jungen Mann abfing. Im gehen ließ er den Pass dann ungesehen in die Innentasche seines Mantels gleiten und erklärte, „ich bring ihn raus und die nächsten beiden rein.“ Gesagt getan, Frau schob eine Hand in die äußere Manteltasche von wo aus den Pass auf der Innenseite ertasten konnte und musste sich auf die Unterlippe beißen um nicht verschmitzt zu lächeln. „Braucht ihr mich noch, oder soll ich mich wieder dem neu wachsenden Chaos draußen kümmern?“, fragte er doch beide erklärten nur fast gleichzeitig er solle sich wieder um das Chaos draußen kümmern. Seufzend verließ Frau also wieder das Zimmer und hätte am liebsten irgendjemanden zur Sau gemacht als er das Bild sah das sich ihm draußen bot. Denn es war schon das selbe wie schon zuvor, die falschen versuchten die Kirche zu verlassen und alle anderen versuchten sich Gegenseitig niederzutrampeln, nur um als nächstes dranzukommen. Doch wäre es nicht um den Pass in seiner Tasche hätte ihn dieser Anblick jetzt tatsächlich frustriert, aber jetzt konnte er ja endlich das tun was er schon die ganze Zeit hatte tun wollen. Er konnte sehen wie sich die Anderen damit abmühten die Ordnung beizubehalten und dort wo sie zerstört war wieder herzustellen, doch der Blondhaarige wusste das das beinahe ein Ding der Unmöglichkeit war. Es war schon ein halbes Wunder das es vorhin überhaupt einigermaßen funktioniert hatte. Den Pass fest umklammert ging er zielstrebig auf eine der Kapellen zu betrat diese. Erneut stieß einen durchdringenden Pfiff aus. „Alle nochmal herhören, einer zur Zeit dauert zu lange, also sammelt euch da mal irgendwie“, er wies auf den Platz vor dem Altar.
 

Doch anstatt zu tun was er sagte wandte ihm einer der umstehenden nur den Kopf zu fragte desinteressiert, „wieso sollten wir auf dich hören du bist ja nicht mal ein Bischof?“
 

„Bin ich wohl ihr Dumpfbacken!“, und damit zog er sein Kreuz und Feas Pass hervor um diese der gaffenden Meute zu präsentieren. „Und jetzt Abmarsch und keine zicken!“, mit diesen Worten deutete er wieder vor den Altar wo sich murrend die Besessenen zusammenfanden.
 

„Und was jetzt? Du kannst uns ja wohl kaum alle zusammen exorzieren“, hörte er erneut eine mürrische Stimme.
 

Doch Frau schnaubte nur und klemmte sich sein Kreuz zwischen die Zähne, als er sich, den Pass immer noch fest umklammert, auf den Boden kniete. Er presste seine Hände auf den kalten Stein und formte mit Hilfe seines Zaiphons einen Kreis der die Gruppe umfasste. Um ganz ehrlich zu sein, hatte er auch selbst keine Ahnung ob das klappte, schließlich hatte er das noch nie bei so einer großen Gruppe auf einmal versucht. Doch es konnte ja im Grunde nicht viel schwerer sein als damals wo ihrer aller Dunkelheit auf einen Streich dem Erdboden gleich gemacht hatte. Nach und nach ergänzte er jedes der Zeichen die es auch im Normalfall brauchte und hoffte das er keines davon vergessen hatte, immerhin hatte er diese Methode danke Zehel schon seit Jahren nicht mehr angewandt. Von irgendwoher meinte er eine Stimme zu hören die ihn fragte was das werden sollte, doch hob er nur seine Hände ein wenig an, während sich ein verzweigtes bläuliches Muster auf dem Boden innerhalb des Kreises bildete. Frau hob den Blick und hob seine Hände in einer kurzen Bewegung, als er sich langsam wieder aufrichtete. Er konnte nicht nicht individuell auf den Kor einlassen also musste er jetzt möglichst großflächig arbeiten. Langsam hob er das Feld mit an ließ die verwachsenen Linien aufwärts ranken und jagte sein Zaiphon mit all seiner zerstörerischen Kraft durch ihre Körper, um die Dunkelheit wie mit einem Kräftigen Stoß aus ihnen zu vertreiben. Leicht benommen stand er da und starrte über ihre Köpfe wo sein Zaiphon gleichsam mit den Überresten der Kors verging. Bastién wäre wohl stolz auf ihn wenn er das hätte sehen können, dachte Frau und musste unwillkürlich bei diesem Gedanken grinsen.
 

„Nicht alle auf einmal, sonst bricht hier das Chaos aus...“, murmelte er noch, während seine Augen für den Moment zuklappten und er sich gegen einer Bänke lehnen musste, während die Meute aber schon an ihm vorbei in die Freiheit stürmte. Wenigstens ließen sie die Kirche ganz, dachte er immer noch leicht benommen, als er die Augen wieder öffnete. Es war doch anstrengender gewesen als er vermutet hatte und um ganz ehrlich zu sein glaubte er auch nicht das er das den ganzen Tag durchhalten würde.Und er sollte recht behalten. Schon nach dem zweiten Versuch bei dem er sich dieses Mal der Mütter und Kinder angenommen hatte fühlte er sich wie ausgelaugt, ganz zu schweigen davon es ihn auch noch eine Menge seines Zaiphons gekostet hatte. Doch auch wenn sein Körper nach einer Pause verlangte frustrierte ihn der Gedanke hier einfach nur nutzlos rumzusitzen, weshalb er sich nun unzufrieden durch die kaum geschrumpfte Menschenmenge auf dem Hof kämpfte. Bis ihn seine Füße schließlich nicht mehr weiter tragen wollten.<br>

Dort saß ein kleiner Junge, von vielleicht fünf Jahren neben seiner Mutter die bewusstlos auf dem Boden lag. Er rüttelte an ihrem Arm und weinte, weil er nicht verstand warum sie nicht wieder aufstand und ihn hier an diesem Ort mit all den komischen Menschen allein ließ. „Maaamii“, schluchzte er, und dann wieder, „Maaamii.“ Aber Mami würde würde nicht zu sich kommen.
 

„Maaaamiiii!“
 

Benommen rieb sich Frau die Stirn, als er sich umsah. Warum kümmerte sich denn niemand um den Kleinen. Konnte denn niemand sehen das er Hilfe brauchte. Seine Knie haben nach und er sackte unbeholfen auf dem Kies zusammen.
 

„Maaaamiiii!“
 

Erneut dieser gellende, weinerliche Schrei von dem er nicht ganz sicher sagen konnte ob es nicht doch der Junge vor sich war, der sich einfach nur Gehör verschaffen wollte. Zittrig holte Frau tief Luft, wobei er sich mit beiden Händen übers Gesicht fuhr. „Mami“, jammerte die Stimme und für einen Moment tauchte das lebhafte Bild eines kleinen weinenden Jungen vor seinen Augen auf. Jünger als der kleine blonde Knabe der bis eben noch vor ihm gekniet hatte, aber ebenso neben seiner regungslosen Mutter. Frau hatte keine Ahnung wer dieser Junge sein sollte, dazu war das Bild zu flüchtig und dazu drehte es sich in seinem Kopf auch viel zu sehr. Na gut, ein letztes Mal bevor er sich jetzt ausruhte... dann würde er jetzt noch diesem kleinen Jungen helfen. „Mami gehts gleich besser“, flüsterte er und strich dem Jungen über die Wange. Tief durchatmend versuchte er sich ein weiteres Mal darauf zu konzentrieren den Kor jetzt zu exorzieren. Er konnte es ja, er hatte es nicht verlernt, während es ihm fast vorkam als würden sich seine Hände fast von allein bewegen und Frau konnte beobachten wie sich die Kreise und Zeichen und unter seinen Fingern zusammensetzen. Fast schon instinktiv wusste er wo er suchen musste, als sich der Körper der Brünetten Frau ein paar Zentimeter vom Boden erhob und ein vertrautes Gefühl durchströmte ihn. Als würde sein Zaiphon in alle Richtungen strömen und kein halten kennen. Aber wollte er es denn überhaupt aufhalten? Für einen Moment dachte er über diese Frage nach, doch entschied sich dagegen. Nein, er wollte es nicht aufhalten. Er fühlte sich wie von warmem gleißenden Licht umgeben und von irgendwoher schien wirklich so ein gleißendes Licht zu kommen und nach und nach den ganzen Raum um ihn herum zu erfüllen, alles nach und nach einzunehmen. Dabei nahm er alles andere um sich herum gar nicht mehr war. Es gab nur noch ihn, diese junge Frau und den Jungen der mittlerweile aufgehört hatte zu weinen und ihn nur noch ehrfürchtig anstarrte. Für den Bruchteil eines Augenblicks hob Frau den Blick und erwiderte den des Jungen und dann wurde mit einem Mal alles schwarz um ihn herum. Von irgendwoher hörte er noch die langsam schwindende Stimme des kleinen Jungen der nach seiner Mutter rief.
 

Atemlos nach Luft schnappend sank Gido in sich zusammen, krallte beinahe unbemerkt von sich selbst eine Hand schmerzhaft in seine linke Hüfte. Für gewöhnlich brannte sein Mal nicht. Für gewöhnlich fühlte er sich allerdings auch nicht an, als würde jemand mit glühenden Ketten an seiner Seele zerren nur ihn mit letztlich mit voller Wucht wieder zurück auf die Erde zu stoßen. „Verdammte Scheiße was war das...?“, keuchte er und versuchte gar nicht erst wieder aufzustehen. Sein ganzer Körper zitterte und das brennen machte es auch nicht unbedingt besser.
 

„Ich weiß nicht...“, brachte Fea schließlich atemlos hervor. „Gehts dir gut?“, fragte er und kroch, selbst noch ein wenig benommen zu Gido herüber.
 

„Geht gleich wieder...“, erwiderte dieser und schloss für einige Augenblicke seine Augen. Was zum Teufel war das nur gewesen? Es hatte sich angefühlt als würde dieses Licht alles böse und schlechte nicht einfach nur verschlingen, sondern gleich auch noch in Stücke reißen wollen. Vielleicht war das ja auch nur Einbildung, doch er meinte ganz genau gespürt zu haben wie es die Ketten die ihn hier in dieser Welt hielten hatte zerreißen wollen. Er würde sogar soweit gehen und wagen zu behaupten das er Zorn über den schlussendlichen Misserfolg in dieser Kraft gespürt hatte. Aber wahrscheinlich bildete er sich das wirklich alles nur ein. Eine gefühlte Ewigkeit blieben sie noch auf dem Boden sitzen und erholten sich von dem Schrecken, waren am Ende dennoch einige der ersten die sich wagten das Ausmaß des vermeintlichen Schadens zu betrachten. Doch während Fea sich um den Menschen um sich herum widmete, hatte Gido nur Augen für eine einzige Person. „Frau...“, hauchte er und drängte sich durch die verwirrte Menschenmenge. „Frau!“, rief er und diesmal lauter. Doch der blondhaarige rührte sich nicht, auch nicht als er ihn an der Schulter rüttelte. Aber erst als er seinen Puls und seinen Herzschlag spürte verklang der Schrecken langsam wieder. „Gott sei Dank...“, wisperte er und drückte den Blondhaarigen fest an sich.



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  AlbelNox
2013-04-11T10:00:21+00:00 11.04.2013 12:00
So und das letzte Kapitel hab ich jetzt auch nochmal durch :3 ... mehr davon *w*!

Das Kapitel fand ich sehr interessant <3 mir hat die Beschreibung von dem Zaiphon sehr gut gefallen x3 auch wenn ich es etwas kompliziert fand und noch nicht ganz dahinter gestiegen bin. Also was jetzt genau am Ende passiert ist ><....

Aber ich bin schon sehr gespannt wies weitergeht >//<. Frau und Gido sind so toll zusammen <3 schreib bald weiter //D! Ich will mehr Lesestoff!
Von:  AlbelNox
2013-04-11T08:34:28+00:00 11.04.2013 10:34
Oh jeh wann hab ich denn hier zuletzt ein Kommentar geschrieben x/D!? NARF! Das geht ja mal gar nicht!

Also ich musste mich jetzt erstmal wieder reinlesen, weil ich etwas den Überblick verloren hatte wo ich schon gelesen hab x/D...

Die letzten beiden Kapitel sind so toll gewesen ;////; mir ist jetzt erst aufgefallen wieviel eigentlich auch von unseren Planungen da mit bei dir eingeflossen sind. Ich meine so mit Kuroyuri T///T und sogar mit seinem richtigen Namen, bevor er umbenannt wurde und mewwwwlll <3 (unpassend für die Story aber du hast mich jetzt wieder angefixt x/D)

Und in dem Kapitel hier finde ich es auch voll toll geschrieben <3 am besten gefällt mir durchaus der Traum von Frau x3 den hast du schön beschrieben und man kann irgendwie richtig mitfühlen wie es ihm gerade geht. Hast du toll gemacht <3
Was ich besser gefunden hätte wäre das noch zu schreiben was Frau den Gido da erzählt hatte. Aber ansonsten isses/sind es wieder tolle Kapitel geworden <3 jetzt muss ich nur noch das aktuellste mal wieder überfliegen x//D.... Höhöhöhö

Schreib bald weiter ;____; ich will wissen wie es weitergeht!
Von:  Dragonwolf1992
2013-01-08T19:11:36+00:00 08.01.2013 20:11
heyo
wieder ein schönes kapitel mit mehr mysterien xD
das macht die story aber nur umso spannender.
mal sehen, ob sich die ersten rätsel bald auflösen.
Von:  Dragonwolf1992
2012-11-29T19:21:09+00:00 29.11.2012 20:21
wieder ein schönes kapi, obwohl ich es etwas verwirrend fand.
und die zweisamkeit zwischen frau und gido im garten hätte man noch ausschreiben können, aber das ist nur meine meinung^^
mach weiter so.
Von:  Dragonwolf1992
2012-10-03T15:00:01+00:00 03.10.2012 17:00
mal wieder tolles kapi^^
schreibst du bald das nächste?
ist meine lieblingsstory hier bei 07 ghost^^
Von:  AlbelNox
2012-08-22T16:24:05+00:00 22.08.2012 18:24
So jetzt komm ich dazu dein Kommentar auch endlich mal zu schreiben XD

Also erstmal fand ich das Kapitel sehr unterhaltsam und auch sehr witzig. Alles in allem mag ichs wenn Frau und Gido immer mal wieder aneinander ecken. Andererseits mag ich die Idee auch wirklich sehr x3. Und die Idee ist auch episch. Also das es nie einen Krieg gegeben hat und und und :3 .. ich bin schon sehr gespannt was da noch so kommen wird.

Ich muss gestehen ich mag Gala x//D. Sie is mir gleich von Anfang an symphatisch. Man darf Frau eben nicht immer gleich nachgeben haha. *ihn anstups*

Ich freu mich schon aufs nächste Kapitel *_*

Von:  AlbelNox
2012-07-31T21:59:10+00:00 31.07.2012 23:59
haha also meine meinung zu dem kapitel kennst du an sich ja schon. x3... aber nun auch auf diesem weg nochmal.

mir hat es echt unheimlich gut gefallen!
vor allem immer diese reibereien zwischen den beiden mag ich einfach nur. aber dafuer sind sie sich wohl auch irgendwie ähnlich und dabei auch wieder irgendwie nicht. die idee mit dem freubdschaftsdienst fonds ich irgendwie auch sehr passend.

Also musst du schnell schreiben. will wissen wie es weiter geht x//3.

Von:  AlbelNox
2012-07-27T16:23:09+00:00 27.07.2012 18:23
So x3 endlich komm ich dazu nochmal das Kommi zu schreiben.
Und das mach ich jetz gleich zu beiden Kapiteln XD...


Ich liebe es! Ihre kleinen Zankereien sind einfach nur witzig //D... und ich könnte dem glaub ich auch stundenlang zuhören. Außerdem sollte Gido vielleicht auch mehr auf Frau hören owo. Er wird ihm irgendwann sicher noch dankbar sein. Und an ihn in seinem Bett sollte er sich wohl auch langsam gewöhnen XD....

Außerdem isses bestimmt nicht schlecht sein Kissen zu sein XD. haha!
Auf jeden Fall musst du weiter schreiben <3 bin schon gespannt <3
Von:  AlbelNox
2012-06-28T10:15:08+00:00 28.06.2012 12:15
So //D.... hier auch das erwartete Kommi endlich! Nyahahaha <3

Also ich habs gelesen und ich finds toll x//3~ ich hab ja schon gesagt ich liebe deinen Stil einfach total! Es is wiedermal richtig schön geschrieben und die Szene mit der Verfolgung hat mir am meisten gefallen x//3! Die war spannend. Wuhu~ ... tja woher Frau das wohl alles weiß xD..

Ich fand es etwas gewöhnungsbedürftig damit klarzukommen das sie Frau Mick nennen xD. Aber da gewöhnt man sich mit der Zeit dran. Auf jeden Fall... LIEBE! Schreib weiter! *purr*

Ach ja und btw.... dem Drachen ins Ohr beißen XD? Das stell ich mir witzig vor. Muha XD.


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