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Drogensucht - Bis(s) das Leid ein Ende hat

Wenn das Schicksal zuschlägt
von

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Ein Gespräch das Augen öffnet

Hallo meine süßen…
 

Ein wenig verspätet aber jetzt endlich fertig *schnauf*
 

Viel Spaß…
 

***********
 

Bella POV
 

Ich stieg aus der Dusche. Das warme Wasser hatte gut getan. Edward war mit mir den ganzen Nachmittag draußen gewesen. Es war einfach…unglaublich. Ein anderes Wort fiel mir dazu nicht ein. Diese enorme Geschwindigkeit. Mir schwirrte noch immer der Schädel. Ich fühlte mich wie damals, als ich anfing Pillen in mich rein zu schaufeln. Schwerelos…ohne Bezug zur Realität. Wahnvorstellungen waren wohl der beste Vergleich dafür.
 

Er fing an zu laufen. Erst langsam, dann immer schneller. Alles flog an uns vorbei. Ein Meer aus Grüntönen war alles was ich wahrnehmen konnte. Meine Augen waren zu schwach um Objekte zu erkennen. Dass er das konnte…unglaublich! Ich hatte nicht eine Sekunde Angst er würde irgendwo gegenkrachen. Was mich ängstigte war das blinde Vertrauen das ich fühlen konnte.
 

Ich glaubte, erst der Lauf durch die Wälder hatte mich wirklich von der Wahrheit überzeugen können. Das Gespräch…ja es war beeindruckend gewesen aber der Beweis, der war einprägsam…gigantisch.
 

Ich dachte, ich wäre befangen wenn ich den anderen gegenüber stehen würde. Ich war es nicht! Verunsichert vielleicht…aber nicht abgeschreckt. In einem normalen Gespräch erzählten sie mir dies und das. Mir blieb überhaupt keine Zeit mich in irgendeiner Weise schlecht zu fühlen. Natürlich hatte ich es versucht…ich war es ihnen schuldig… so redete ich es mir ein. Sie sollten wissen, dass es mir um Edwards Seele leid tat. Sie sollten die Gelegenheit bekommen mir Vorwürfe zu machen. Doch sie…sie winkten ab und lächelten dieses eigenartige Lächeln mit dem ich nichts anfangen konnte.
 

Dennoch war es schwer für mich die Tatsachen zu akzeptieren. Ihre Fähigkeiten, damit konnte ich umgehen...irgendwie...irgendwann. Aber diese Liebe, diese Hingabe...von ihrer Seite war kaum zu ertragen. Sie beschützten mich...irgendwie. Sie liebten mich...daran glaubte ich. Sie sahen mich als Teil von ihnen...ihre Blicke verrieten es. Sie akzeptierten mich. MICH...
 

Akzeptanz war das letzte was ich all die Jahre von anderen erhalten hatte. Die Scene außen vor gelassen. Doch, wie sollte ich akzeptieren wenn ich doch an jedem einzelnen sah das sie gleichzeitig verlangten...forderten? Natürlich sprach niemand aus was allgegenwärtig war.
 

Und bis vor einigen Stunden hatte ich noch angenommen, sie würden meine Sucht tolerieren weil sie keinen Einfluss darauf hatten. Jetzt wusste ich es besser. Sie tolerierten sie, weil sie mich bereits beeinflussten.
 

Wie sollte ich das finden?
 

Wenn ich in ihre Augen sah, dann sah ich was sie waren und gleichzeitig was ich war. Und ich sah, dass das so auf Dauer nicht funktionieren würde. Wie weit würde mich ihr Einfluss treiben? Es war...wie ein Kampf. Ich kämpfte allein...
 

Seufzend schloss ich die Augen.
 

Und was gab es noch dort draußen? Andere Wesen hatte Edward gesagt. Welche Wesen? Hexen, Zombies, Superhelden...GOTT?
 

Das konnte nicht sein. Und wenn doch, dann hoffte ich ihm eines Tages zu begegnen um ihm mitten ins Gesicht rotzen zu können. Vielleicht gab es ja dann auch das ominöse Leben nach dem Tod. Eine schreckliche Vorstellung. Was wollte ich in einem anderen Leben wenn ich dieses schon nicht ertrug? Wenn ich dieses schon nicht wollte? Andererseits...würden dann die, die ich liebte auf der anderen Seite sein und auf mich warten.
 

Ich schüttelte den Kopf. Falscher Gedanke!
 

Viel lieber dachte ich an den magischen Moment auf der Lichtung zurück, zu der Edward mich mitnahm. Ein idyllischer Flecken Erde zwischen all den Bäumen. Mit Wildblumen die sogar zu dieser Jahreszeit schon in voller Pracht blühten. Wir hatten einen milden Tag erwischt. Die Wolken verzogen sich für einige Minuten und gaben die Sonne frei. Nie werde ich den Augenblick vergessen als die Sonne das erste Mal auf Edward traf. Nie hatte ich etwas schöneres gesehen. Er funkelte wie ein Diamant. Ich brauchte eine kleine Ewigkeit um mich an diesen Anblick zu gewöhnen.
 

Wir hatten uns wieder geküsst. Ein unschuldiger Kuss, der noch jetzt in meiner Bauchgegend nachbebte. Ein dümmliches lächeln schlich sich auf meine Lippen. Gefolgt von einem bitteren Beigeschmack.
 

Ich würde ihm noch immer das Herz brechen!
 

Doch mit diesem Gedanken musste ich alleine umgehen. Mit Edward konnte ich darüber nicht sprechen. Ich sah wie sehr ihn dieses Thema belastete. Und die anderen? Auch bei ihnen stieß ich auf taube Ohren. Es war…als würden sie diesen Gedanken überhaupt nicht in Betracht ziehen. Aber sie müssten es…irgendwann. Denn für mich gab es nur eine Möglichkeit.
 

Eine Möglichkeit die mich erlösen und Edward zerstören würde. Und wenn wir dann wieder ans ominöse Leben nach dem Tod ankoppeln würden, wäre dann meine Erlösung wirklich eine Erlösung? Wenn ich dann ebenso zerstört wäre ohne es ändern zu können, weil er unerreichbar für mich geworden wäre? Ich bekam Kopfschmerzen. Meine Gedanken ergaben wie so oft keinen Sinn. Oder doch?
 

Seufzend zog ich mich an. Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken. Ich wollte genießen was ich bekommen hatte. Ich hoffte…ich könnte es irgendwann, denn die Zeit spielte gegen uns.
 

__________________
 

Mit einem dicken Knoten im Hals ging ich hinunter zu den anderen. Carlisle war vor einer halben Stunde aus dem Krankenhaus gekommen. Jetzt war die beste Gelegenheit mit ihm zu reden. Ich wusste schon jetzt, dass dieses Gespräch kein gutes Ende nehmen würde. Die kleinen Härchen auf meinem Nacken waren aufgestellt und Gänsehaut überzog meine Arme. Aber ich musste es tun, denn allein verstand ich einfach nicht was mit mir passiert war.
 

„Was tust du da?“
 

Fragte ich Edward als ich in die Küche kam. Er war allein und gutgelaunt damit beschäftigt, Gewürze auf ein Stück Fleisch zu schmieren.
 

„Ich brate ein Steak“, zuckte er die Schultern.
 

„Für wen?“
 

Sein Blick war Goldwert.
 

„Für mich ganz sicher nicht.“
 

Ich musste kichern, schüttelte aber sofort den Kopf.
 

„Ich esse das nicht.“
 

Sofort schimmerte in seinem Blick die Herausforderung.
 

„Ehrlich Edward, du hast mich auf der Wiese gezwungen zwei belegte Brötchen und Obst zu Essen. Was glaubst du bin ich?“
 

„Zwei kleine Brötchen! Ich habe Menschen gesehen, die allein zum Frühstück ein ganzes Brot verdrücken.“
 

„Die haben sich die letzten 3 Jahre auch sicherlich nicht von Heroin ernährt.“
 

Er stützte die Handflächen auf die Theke und fixierte mich.
 

„Ein paar Bissen wirst du wohl noch runter bekommen.“
 

„Leg es bitte in den Kühlschrank. Ich verspreche dir, ich esse es morgen. Ich bekomm heut bestimmt nichts mehr runter. Nur vom Anblick wird mir schon schlecht.“
 

Er haderte mich sich selber. Schließlich nahm er sich die Folie aus einer der vielen überflüssigen Schubladen, wickelte den Teller darin ein und verfrachtete ihn ohne ein weiteres Wort in den Kühlschrank.
 

„Danke“, sagte ich leise und setzte mich an den Tisch.
 

Er setzte sich neben mich und schaute besorgt. Wahrscheinlich spürte er, dass mich etwas bedrückte oder aber Jasper machte ihn darauf aufmerksam.
 

„Carlisle“, rief ich leise, sah dabei aber Edward an.
 

Seine linke Augenbraue hob sich elegant. Doch ehe ich etwas sagen konnte, kam Carlisle schon um die Ecke gebogen.
 

„Ich muss mit dir reden“, sagte ich sofort.
 

„Hier?“
 

Er nickte zum Tisch und innerlich rollte ich die Augen.
 

„Spielt es eine Rolle wo? Soweit ich verstanden habe, könnten wir uns auch im Wald unterhalten und wäre doch nicht ungestört.“
 

Seine Mundwinkel zuckten als er auf uns zu kam. Er setzte sich uns gegenüber und wartete. Ich brauchte einen Moment um mich zu ordnen.
 

„Ich brauche eine Antworte auf…eigentlich dieselbe Frage die ich dir schon so oft gestellt habe.“
 

Er wartete weiter. Edward neben mir rückte kaum wahrnehmbar näher an mich heran. Er wollte mir wohl den Halt für meinen Körper geben, den ich für meine Seele längst verloren hatte.
 

„Warum denke ich so viel…so intensiv?“
 

Er runzelte die Stirn.
 

„Wie genau meinst du das?“
 

„Bevor ich hier her kam da, da waren alte Erinnerungen beinahe völlig ausgelöscht. Natürlich sie waren da…ich spürte immer, dass sie da waren doch jetzt…“, ich wackelte mit dem Kopf und zuckte gleichzeitig die Schultern.
 

„…sobald der Flash vorüber ist, bin ich so furchtbar klar im Kopf. So klar, wie schon Jahre nicht mehr. Es…es kommt alles wieder zurück“, ich schluckte.
 

„Und vorher war es nicht so?“
 

Ich schüttelte sofort den Kopf. Edward nahm unter dem Tisch meine Hand, die ich auch sofort umklammerte.
 

„Ich meine das…das kann doch nicht sein oder?“
 

Er sagte nichts, sah mich nur an. Mir entfuhr zitternd die Luft. Ich fühlte eine nahende Panikattacke. Sein Schweigen hatte nichts gutes zu bedeuten. Würde Jasper mir das atmen nicht leichter machen, wäre ich garantiert erstickt. Ich wusste jetzt wie es sich anfühlte seiner besonderen Fähigkeit ausgesetzt zu sein. Bevor Edward mit mir zum Laufen aufgebrochen war, hatte er sie mir mehrmals demonstriert.
 

„Wie gut kennst du dich mit dem Thema Heroin aus? Mit dieser Art von Sucht?“
 

Fragte ich leise.
 

„Nun… ich denke, dass ich ganz gut Bescheid weiß. Was sich bei dir abspielt ist eigentlich ganz typisch bei jemanden der über einen so langen Zeitraum konsumiert. Man nennt es dann auch Dauerk…“, ich winkte hastig ab.
 

„Ja ich weiß…ich weiß das aber das ist es nicht. Man ist nicht erst nach 3 Jahren ein Dauerkonsument…es geht sehr viel schneller. Zu schnell,… so schnell rechnet man gar nicht damit. Diese anhaltende euphorische Wirkung ist schon lange vorbei bei mir. Die Gelassenheit und Ruhe…die Gleichgültigkeit zusammen mit diesem berauschendem Gefühl…ich fühle das alles nur noch mit dem Flash. Ein paar Minuten vollkommende Zufriedenheit. Daran habe ich mich gewöhnt. Das ist etwas, das ich schon vor längerer Zeit akzeptieren musste. Es geht nur noch um die Vermeidung von Entzugserscheinungen“, ich schluckte und er hörte mir aufmerksam zu.
 

„Du hättest doch schon längst mitbekommen sollen, dass ich nach jedem Flash wieder ich selber war.“
 

Er sagte noch immer nichts und schnell winkte ich wieder ab.
 

„Aber das hier ist anders. Auch wenn mein Körper sich schon so sehr an die Droge gewöhnt hat, so sehr, dass die anhaltende Wirkung ausbleibt… so blieben die Erinnerungen und Gedanken aber auch aus verstehst du? Ich habe einfach nicht daran gedacht und wenn doch irgendetwas in den Vordergrund kommen wollte, genügte ein leichtes abschweifen meiner Gedanken und es war wieder vorbei. Aber hier…alles wird immer deutlicher. Oberflächlich konnte ich immer Denken aber tiefgründig…“
 

Ich redete mich um Kopf und Kragen und hoffte dabei inständig er würde verstehen worauf ich hinauswollte. Er überlegte einen Moment dann flackerte etwas hinter seinen Iriden was mich noch mehr beunruhigte.
 

„Ich denke, dass du auch schon auf der Straße das tiefgründige Denken zurück erlangt hast. Du hattest nur keine Zeit zu denken.“
 

Er sprach vorsichtig und bedacht. Aber ich verstand nicht worauf er hinauswollte.
 

„Du hattest keine Zeit über vergangenes nachzudenken weil alles woran du denken konntest die Beschaffung der Droge war.“
 

Und mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Japsend griff ich mir mit meiner freien Hand an die Brust. Mein Herz schlug wie wild. So wild, das Carlisle einen schnellen Blick mit Edward wechselte. Dieser begann beruhigende Kreise auf meinen Handrücken zu zeichnen, während ich Carlisle einfach nur anstarren konnte.
 

„Und hier…“, deutete er mit einer ausschweifenden Handbewegung an.
 

„Brauche ich mir darüber keine Gedanken zu machen“, hauchte ich leise.
 

Entsetzt starrte ich auf die Tischplatte. Mein Hirn arbeitete auf Hochtouren und in meinen Magen rumorte es.
 

„Dann…dann hatte das Heroin niemals etwas bekämpft“, stellte ich fassungslos fest.
 

„Oh doch…es ist sogar sehr gut darin den Kopf zu kontrollieren. Aber…du drückst schon so lange Bella, dein Körper hat sich einfach daran gewöhnt.“
 

Ich war, wie vor den Kopf gestoßen als ich einfach aufstand um in mein Zimmer zu gehen.
 

Edward POV
 

Stumm sah ich Bella hinterher als sie langsam die Küche verließ. Erst als sie im ersten Stock angekommen war, drehte ich mich zu Carlisle. Esme, gefolgt von Jasper und Alice betraten den Raum.
 

„War das jetzt ein Fortschritt?“
 

Fragte ich vorsichtig. Carlisle seufzte und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar.
 

„Sie wird Probleme mit dieser Erkenntnis bekommen.“
 

Das war nicht unbedingt die Antwort auf meine Frage aber im übertragenen Sinne ein Ja.
 

„Das arme Mädchen. Wie viel wird sie noch aushalten ehe sie zusammenbricht?“
 

Esme hatte es mit ihrer Frage ziemlich genau auf den Punkt gebracht. Ich massierte mir die Schläfen. Erst erfährt sie, dass wir Vampire sind, dann die Schuldgefühle die sie sich selber aussetzte und jetzt, das ihr Wundermittel keine Wunder bewirkt.
 

Ein salziger Geruch stieg mir in die Nase. Beinahe zeitgleich sahen wir fünf an die Decke.
 

„Geh zu ihr“, riet mir Jasper sogleich.
 

Sofort war ich auf den Beinen und rannte in den ersten Stock, denn ich hatte aus vergangenen Erfahrungen gelernt, dass man Jasper lieber vertrauen sollte. Sie stand vor dem Fenster, hielt sich mit beiden Armen zusammen und ganze Stauseen liefen ihr aus den Augen. Schnell hatte ich die letzte Distanz zu ihr überwunden, blieb genau vor ihr stehen, umfasste ihre Schultern und seufzte als sie zu mir aufblickte.
 

„Du zitterst ja“, stellte ich geschockt fest und umfing mit beiden Händen ihr Gesicht.
 

„Es war…es war alles umsonst gewesen verstehst du…“, schluchzte sie.
 

„…Carlisle hat recht. Wenn sich in der Gosse nicht alles darum drehen würde Geld aufzutreiben wären diese lähmenden Gedanken schon vorher da gewesen.“
 

Es schüttelte sie am ganzen Körper.
 

„Ich hab das nie mit bedacht. Ich dachte, das ich endlich einen Weg gefunden hätte der alles verdrängt…bekämpft. Aber dem ist gar nicht so…es waren nur die ersten Monate, dann war alles wieder da. Aber eigentlich…eigentlich spielte es ja keine Rolle, weil man wegen der Sucht ja doch nicht drüber nachdenkt. Also genaugenommen, erzielte es ja den gleichen Effekt. Aber hier…hier…hier“, sie klammerte sich an mein Shirt und drückte ihr Gesicht gegen meine Brust.
 

„Es rechnet doch auch niemand damit, dass er von stinkreichen Vampiren aufgesammelt und mit Heroin versorgt wird.“
 

Sie lachte einmal humorlos, dann fiel sie komplett in sich zusammen und weinte. Weinte so bitterlich, wie ich sie die letzten Tage noch nie hab weinen gesehen. Und mir zerriss es das Herz sie so leiden zu sehen. Obwohl mein Unterbewusstsein realisierte, das wir heute einen guten Schritt vorangekommen waren. Denn sie fing an, ihre Abhängigkeit anzuzweifeln. So hoffte ich jedenfalls.
 

Ich hob sie hoch, setzte mich mit ihr auf dem Schoß an den Bettrand und wiegte sie während sie ihren ganzen Schmerz und ihre ganze Verzweiflung in mein Shirt schluchzte.
 

„Bitte beruhige dich.“
 

Sie reagierte nicht. Ihr zarter Körper zitterte als hätte sie Entzugserscheinungen.
 

„Es war alles umsonst gewesen“, jammerte sie.
 

Was sollte ich daraufhin sagen? Natürlich war es das. Doch ich bezweifelte, dass sie diese Antwort von mir hören wollte. Also entschied ich mich lieber nichts zu sagen. Sie lieber weiter zu wiegen.
 

Es vergingen mehrere Minuten in denen sie sich einfach nicht beruhigen wollte. Mein Shirt klebte mir mittlerweile am Oberkörper, ihre Haare waren verschwitzt und eine leichte Heiserkeit war bei ihrem kräftigen Schluchzen herauszuhören. Irgendwann jedoch, passte sie sich meiner Atmung an und beruhigte sich.
 

„Das kann doch nicht sein“, sagte sie leise und hob den Kopf.
 

Ihre Augen waren geschwollen und Blutunterlaufen. Ihre Nase lief und die Lippen bebten. Sie sah so jämmerlich gebrochen aus, dass selbst meine Augen kribbelten. Und das erste Mal seit meiner gesamten Existenz wünschte ich mir, weinen zu können.
 

„Was kann nicht sein?“
 

Meine Hände umfingen ihren Kopf und vorsichtig strich ich ihr mit den Daumen die salzigen Tränen von ihrer strapazierten Haut.
 

„Es muss doch irgendetwas geben damit ich vergessen kann. Es…es gibt Vampire aber kein Mittel, nichts was mir helfen kann. Das ist so…so…so ungerecht“, schluchzte sie und schloss die Augen.
 

„Was soll ich denn jetzt tun?“
 

Die Verzweiflung in ihrem Blick als sie die Augen wieder aufschlug war kaum zu ertragen. Was nur war ihr passiert? Was kann sie so gebrochen haben? So sehr, dass die Angst sich wieder daran Erinnern zu müssen sie so reagieren lässt?
 

„Erinnerungen gehören zum Leben...“, flüsterte ich leise.
 

„…einige werden verworfen und andere bleiben. Mit denen die bleiben muss man lernen umzugehen. Du darfst nicht zulassen das sie dein Leben kontrollieren.“
 

„Du hast doch keine Ahnung“, fauchte sie.
 

„Die habe ich auch nicht. Wie denn auch? Du redest ja nicht.“
 

Wieder schüttelte sie wie ferngesteuert den Kopf. Ich fixierte sie mit den Händen.
 

„Du fingst an Heroin zu nehmen, weil du deine Vergangenheit vergessen wolltest. Was ist passiert damit du zu solchen Mitteln greifen musstest?“
 

„Hör auf damit Edward“, sagte sie leise…fest…bedrohlich.
 

„Ich will dir doch nur helfen.“
 

„Und wenn ich diese Art von Hilfe nicht will? Lass…lass mich einfach in Ruhe.“
 

Sie krabbelte von meinem Schoß und stand auf. Sie zitterte noch immer am ganzen Körper. Ich machte mich jederzeit darauf gefasst sie auffangen zu müssen.
 

„Bella…“
 

„Du sollst deine verdammte Schnauze halten Edward“, fuhr sie mich an.
 

Ich zuckte kaum wahrnehmbar zusammen. Ihr Blick war kalt geworden. Ich hasste dieses Teufelszeug. Es hatte sie bereits so sehr in der Gewalt, das sie hin und wieder keine Kontrolle mehr über sich selber hatte.
 

«Bleib ruhig,… lass sie schimpfen. Aggressionen sind völlig normal. Es hilft ihr wenn sie ihre Wut ablassen kann. Versuche es einfach auszuhalten. »
 

Wusste Carlisle eigentlich was er da von mir verlangte? Ihr Blick tat so schrecklich weh. Normalerweise sollte es ihr unmöglich sein einen solchen Hass in meine Richtung feuern zu können. Die Realität sah leider ganz anders aus. Sie spürte vielleicht nicht mehr so viel von der Wirkung des Heroins, aber niemand konnte abstreiten, dass der jahrelange Konsum keine bleibenden Veränderungen ihrer Persönlichkeit hinterlassen hat.
 

„Am besten ihr lasst mich alle in Ruhe…“, schrie sie plötzlich.
 

„…ihr seid doch Schuld an dem ganzen Mist. Wenn, wenn ihr mich nicht mitgenommen hättet dann, dann würde ich doch überhaupt keine Zeit dazu haben mir über irgendetwas Gedanken zu machen. Dann, dann würde ich jetzt dort sein wo ich hingehöre. Ich würde das tun was ich am besten kann. Zusammen mit…NEIN, denn ihn gibt es ja auch nicht mehr…“, sie griff sich in die Haare und zog an ihnen.
 

„…ich weiß nicht…was ist wenn er vielleicht auch wie Leah… oder wenn, ich hab doch gar keine Ahnung. Ich kann überhaupt nichts machen und es ist meine Schuld… wie immer…Ich will doch nur wissen ob es ihm gut geht. Doch wie könnte er ohne mich glücklich werden? Das schafft er nicht. Er braucht mich doch…“
 

Ich runzelte die Stirn. Ich verstand kein einziges Wort. Um was ging es hier überhaupt noch?
 

„Wer Bella? Wer braut dich und wer ist Leah?“
 

Sie riss erschrocken die Augen auf.
 

„Verdammt nochmal…“, schluchzte sie und lief durchs Zimmer.
 

Ich stand ebenfalls auf. Ihre Verfassung machte mir Angst. Sie wirkte völlig apathisch. Wahrscheinlich hatte sie überhaupt nicht mitbekommen was sie da gerade eben gestottert hatte. Warum konnte sie es nicht einfach sagen? Ich musste wissen wer diese Leute waren, von denen sie andauernd Fetzen in Gespräche warf. So viel wie ich verstand, musste an jenem Tag als wir sie fanden etwas so gravierendes passiert sein, annähernd so schrecklich wie der Schicksalsschlag der sie in diese Sucht trieb. Und dieser ER war der Grund dafür. Er war es den sie an diesem Tag verloren hatte. Er hinterließ das Loch in ihrem Herzen das selbst ich, laut ihrer Aussage heute Morgen nicht stopfen konnte.
 

Gegen die Eifersucht die in mir aufkeimte konnte ich nichts machen. Trotzdem versuchte ich ruhig zu bleiben…mir nichts anmerken zu lassen.
 

„Sag es mir“, forderte ich leise.
 

„Nein…“, spie sie.
 

„…gar nichts werde ich dir sagen. Es geht dich nichts an. Niemanden von euch. Ihr habt überhaupt kein Recht Forderungen an mich zu stellen. Ich bin doch hier diejenige die alles ertragen muss.“
 

Ich seufzte…mit dieser Einstellung würden wir niemals weiterkommen. Ich war überfordert mit dieser Situation. Ich hatte große Lust einfach wegzulaufen. Ich blieb…natürlich. Ich hatte ihr mein Wort gegeben.
 

„Ich ertrage es aber nicht“, schrie sie wieder.
 

Ich ging zu ihr. Sie wich zurück.
 

„Lass mich in Ruhe, scheiße nochmal. Ich will, dass es aufhört. Sag mir was ich tun soll? Ich hab doch keine Möglichkeiten mehr!“
 

Sie war so laut. Hatte sie jemals so geschrien? Hatte sie jemals so sehr den Bezug zu sich selber verloren? Sie machte mir Angst. Egal wie ich reagieren würde, egal was ich sagen würde…es wäre falsch. Was hatte also bitte ich für Möglichkeiten?
 

Der Tag heute war viel zu anstrengend für sie. Ich glaubte nicht, dass der Auslöser für diesen Tobsuchtsanfall das Gespräch in der Küche war. Die Erkenntnis über ihr Wundermittel hatte das Fass nur zum überlaufen gebracht. Denn ich denke, dass sie sich noch gar nicht darüber im Klaren war was diese Erkenntnis mit sich bringen würde. Dass sie sich auf kurz oder lang ihrer Vergangenheit stellen musste, hatte sie noch gar nicht begriffen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen wie sie reagieren würde, wenn sie begriff.
 

„Natürlich hast du Möglichkeiten…“, versuchte ich vorsichtig.
 

Sie hob den Blick. Ihre Statur war bereits in sich zusammengefallen. Wahrscheinlich war ihr die Kraft ausgegangen. Die Hilflosigkeit bekämpfte gerade die Wut. Ich verfolgte den Kampf in ihren Augen.
 

„…du bist nur noch nicht so weit die Alternativen zu sehen.“
 

„Alternativen?“
 

Fragte sie spitz.
 

„Welche Alternativen denn?“
 

„Bella…“, setzte ich an doch sie stoppte mich.
 

„Schon klar…ich weiß schon welche Alternativen du meinst.“
 

Die Hilflosigkeit siegte mit diesen Worten. Beinahe zeitgleich vergrößerten sich ihre Augen, ihre Hand schnellte hoch zu ihrem Mund, ich sah wie sich ihr Bauch zusammenzog und sich ihre Kehle anspannte, nach einem würgendem Geräusch rannte sie ins Bad. Und ich…ich rannte ihr natürlich hinterher um ihr hilflos wie ich mich in diesem Moment fühlte die Haare aus dem Gesicht zu halten, während sie die Brötchen die sie heute unter großer Anstrengung runter würgte wieder raus würgte.
 

Mit beiden Händen klammerte sie sich an die Keramik als sie zusätzlich zum würgen, husten musste. Ihr stand der Schweiß auf der Stirn. Vor Anstrengung zitterte sie noch stärker und Tränen quollen aus ihren Augen. Es schien überhaupt nicht enden zu wollen. Immer wieder stöhnte sie vor Erschöpfung. Obwohl schon lange nichts mehr kam, würgte sie weiter.
 

Ihr Puls raste wie verrückt. Carlisle kam…hockte sich auf der anderen Seite neben sie und überprüfte ihren Pulsschlag. Bereitwillig überließ sie ihm ihren Arm während sie weiterhin mit dem Kopf über der Schüssel hing. Ich zählte wie Carlisle aufmerksam ihre Herzschläge. 167 in der Minute…viel zu hoch!
 

„Okay…“, sagte er leise und stand auf.
 

Er stoppte meine nahende Panik mit einem zarten, aufmunternden Lächeln.
 

«Er ist zu hoch aber unter diesen Umständen völlig normal. Sie leidet wegen ihrer Abhängigkeit bereits unter zu hohem Blutdruck. Die Aufregung und die Ängste haben ihn noch höher gepuscht. Mach dir keine Sorgen, sobald sie sich beruhigt, beruhigt sich auch ihr Herzschlag. »
 

Er sah zu Bella und Wehmut zeichnete sich in seinem Gesicht ab.
 

«Kann ich euch alleine lassen? »
 

Ich nickte und wandte mich wieder Bella zu. Das würgen ließ langsam nach, nur ihr Magen krampfte weiter. Als sich schließlich auch dieser beruhigte, hing sie erschöpft mit geschlossenen Augen über der Toilette und atmete schwer. Das zittern blieb unverändert.
 

„Geht es?“
 

Sie nickte und vorsichtig setze sie sich. Ich half ihr zur Wand zu rutschen damit sie sich anlehnen konnte. Dann schnappte ich mir einen Waschlappen, hielt ihn unter kaltes Wasser um ihn ihr anschließend auf ihre erhitzte Stirn zu legen. Ihre Augen hielt sie weiterhin geschlossen. Ich setzte mich neben sie, wischte ihr den Schweiß aus dem Gesicht und wartete. Carlisle behielt recht. Ich Herzschlag verlangsamte sich allmählich.
 

„Schöne Alternativen“, hauchte sie und öffnete die Augen.
 

Sie sah schrecklich erschöpft aus. Sie versuchte sich an einem sarkastischen Lächeln…aber scheiterte. Ihre Augen waren glasig, ihre Stimme stark angeschlagen. Immer wieder schluckte sie und verzog dabei das Gesicht. Sie hatte sicher Schmerzen im Hals.
 

Schnell stand ich auf und füllte ihren Zahnputzbecher mit kaltem Leitungswasser das sie auch sofort gierig trank. Ich füllte ihn erneut. Der Becher bebte in ihrer Hand.
 

Es vergingen mehrere Minuten in denen wir stumm auf dem Boden im Bad saßen und einander einfach nur ansahen. Schließlich räusperte sie sich und stellte den Becher auf den Boden.
 

„Könntest du mir bitte…kann ich…“
 

Sie führte den Satz nicht zu Ende. Vielleicht hatte sie Angst vor meiner Reaktion. Ich wusste was sie wollte…natürlich wusste ich das. Eigentlich war sie noch nicht an der Zeit. Auf der Straße hätte sie sich sicherlich schon längst etwas verpasst. Hier versuchten wir, sie so lange wie möglich hin zu halten. Glücklicherweise machte sie keine Probleme. Sie nahm es hin. Solange sie keine Entzugserscheinungen bekam, kam sie mit dem Verlangen gut zurecht. Vielleicht war sie auch daran gewöhnt nicht immer drücken zu können wenn sie es wollte. Sie meinte ja einmal, dass sie monatelang mit einer zu geringen Dosis leben musste.
 

«Gib ihr was, sie muss sich ausruhen. Sie wird sicherlich sofort einschlafen», hallte Carlisles Stimme durch meinen Kopf.
 

„Ich hol dir was.“
 

Dankbar lächelte sie, sah dabei aber unglaublich Schuldbewusst aus. Vorsichtig half ich ihr auf und führte sie zurück zum Bett. Die Spritze bereitete ich gleich in Carlisle Arztzimmer vor. Als ich zurück kam, lag sie ausgestreckt unter der Bettdecke. Ich setzte mich und gab ihr die Spritze. Sie richtete sich nicht einmal auf als sie ohne zu zögern, mitten in ihre Handfläche stach.
 

*************
 

So, das war es schon wieder.

Bella musste der Wahrheit ins Auge blicken.

Eine Wahrheit, die beinahe alle Junkies erlangen, leider erst dann, wenn es längst zu spät ist.

Ich schreibe solche Kapitel immer zwiegespalten.

Einerseits schreibe ich sie gern, weil sie mir gut von der Hand gehen und ich meine Emotionen so schön verpacken kann.

Auf der anderen Seite habe ich immer die Menschen im Hinterkopf auf die all das was ich schreibe tatsächlich zutrifft und dann bildet sich da immer ein dicker Kloß in meinem Hals.
 

Geht es euch ähnlich beim lesen?
 

Im nächsten gibt es einen Zeitsprung von drei Wochen.

Bis dahin alles Gute und genießt den herrlichen Frühling…
 

LG Alex



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  vamgirly89
2014-04-03T14:31:21+00:00 03.04.2014 16:31
Wow, bin schon gespannt wie es weiter geht. Bitte schnell weiter schreiben. Freue mich schon wenn es weiter geht.


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