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Part of me - Teile von uns

von

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Straucheln

Ihr war mulmig. Trotzdem sie mit Dumbledore gesprochen hatte, fühlte Cerridwen sich nicht gut. Sie hatte selten Angst gehabt. Meisten wusste sie, dass etwas wichtiger war. Aber dann ging es auch nie um sie. Hier ging es nur um sie, vielleicht hatte sie deshalb das Gefühl, das sie zwei Zentner auf der Brust tragen würde. Sie hatte gut zugelegt, ihre Sachen passten ihr wieder, mit etwas Glück würde man sie sogar erkennen. Dumbledore hatte gesagt, dass er schon darauf gewartet hätte und nur nicht gewusst hatte, wann sie diesen Schritt machte. Vielleicht war sie zu schnell, doch es war ihr herzlich egal. Dieser Zeitpunkt war so gut wie jeder andere.

Sie hatte sich ausgebeten zu fahren, soviel Unabhängigkeit wollte sie sich bewahren. Djavit brachte sie nach draußen, Laurence würde ihm helfen, die Augen offen zu halten. Sie war froh darüber, zumindest hier draußen hatte alles seinen Platz. In ihrem Inneren sah es dagegen anders aus.

„Na schön, denk dran fünfzig!“, Djavit grinste. Dann sah er sie unergründlich an. Fast wehmütig. „Pass auf dich auf, okay?“, Cerridwen nickte. Sie hatte sich nicht dafür, dass er sie in den Arm nahm. Dementsprechend verblüfft war sie.

„Nur wenn du das Gleiche tust, Tovarish!“, er grinste und deute spitzbübisch eine Verbeugung an.

Sie würde wieder nach Norden fahren, das Auto in Hogsmeade abstellen und dann zu Fuß weitergehen. Es war Herbst, heute war das deutlich zu spüren, dicke Regenwolken drängten die Sonne ab. Sie nahm sie zur Kenntnis.
 

„Auf jeden Fall solltet ihr sie in Ruhe lassen! Stellt euch mal so was vor, da gibt es nicht viele die nach so was wieder aufstehen. Wette es schert sich nicht ob alle sie für was weiß ich nicht was halten. Aber so was geht nie spurlos an einem vorbei…“, Harry Ron und Hermine sahen bei Hagrid. „Ich find das schrecklich, ich träum immer noch davon…“, gab Hermine zu. Hagrid tätschelte ihr den Arm unbeholfen: „Das wird schon, weißt du, die Sonne geht ja auch immer wieder auf, oder? Möchte wetten ganz Dover ist in heller Aufregung gewesen wegen ihr. Aber haltet den Rand drüber, verstanden?“, Harry nickte, aber er musste lächeln. Wie auch immer sie das geschafft hatte, sie hatte es einfach geschafft. Kein Wunder, das alle ihre Leute so hartnäckig hinter ihr standen.

„Naja, vielleicht bessert es ja Snapes Laune etwas, der ist nicht zum Aushalten!“, nuschelte Ron. Er fing einen bitterbösen Blick von Hermine dafür ein. „Was? Wieso?“, fragte Hagrid.

„Ron, erliegt der irrigen Annahme, das Snape Cerridwen geküsst hätte!“, sagte Hermine. Hagrid lachte: „Snape? Neee, glaub ich nicht… ist doch Unfug.“

Hagrid klang allerdings nicht halb so überzeugend wie neugierig.

„Ich sag nur was ich gesehen habe! Außerdem standst du daneben!“, meckerte Ron. Hermine sah entschlossen weg: „Ich hab gar nichts gesehen!“
 

Cerridwen hatte einen guten Fußmarsch zu bewältigen. Es hatte noch nicht angefangen zu regnen, aber lange würde es nicht mehr dauern. Sie zog ihren Mantel enger um sich. Es half nicht gegen das flaue Gefühl im Magen, als sie das Schloss sah. Sie kannte es genau, trotzdem war sie beeindruckt als sie aus Hogsmeade heraus war und darauf zuging. Am Portal wartete sie eine große Gestalt. Dunkel kramte sie einen Namen hervor. Hagrid, das war Hagrid! Ihr Herz machte einen Satz und sie fing an zu lächeln. Als er sie sah, grinste er übers ganze Gesicht: „Hast dir aber Zeit gelassen.“

„Naja, war einen gute Strecke. Hallo Hagrid.“

Er legte ihr die große Hand auf den Rücken: „Dann lass uns mal raufgehen, wirst schon erwartet…“

Er erzählte ihr, dass fast alles wieder aufgebaut worden war, es hatte viel Mühe gekostet und die Brücke war am schlimmsten gewesen. Die Zentauren waren noch immer unruhig, aber es gab sich wohl mit der Zeit. Am Schlossportal wartete Professor Mc Gonagall auf sie: „Beeilen sie sich, es fängt gleich an zu regnen!“

aber sie lächelte. „Kommen sie Cerridwen, das Abendessen ist schon vorbei. Der Schulleiter wird sich gedulden müssen bis sie etwas gegessen haben…“

„Das klingt nach einem Plan, Professor.“, gab sie schelmisch zurück, „ich könnte ein halbes Schwein auf Toast verdrücken.“

„So sehen sie auch aus. Madam Pomfrey weiß Bescheid und hat dringend geraten, das sie sich nicht zu viel zumuten sollten.“, Cerridwen gab ein Seufzen von sich. Schon wieder ein Heiler! Bleib ihr denn nichts erspart?

„Aye Ma’am. Und ich dachte ich hätte mal meine Ruhe vor anderer Leute Versuchen mich aufzupäppeln…“, Mc Gonagall sah sie tadelnd an, trotzdem wirkte sie vergnügt. „Das ist nur zu ihrem Besten“

„Ist es das nicht immer?“

Es waren keine Schüler mehr unterwegs, sie gingen weiter nach oben, Cerridwen erinnerte sich kaum an das Treppenhaus. Es war alles verschwommen. Minerva brachte sie zu dem Quartier, das sie vorher gehabt hatte. Es grenzten noch andere Zimmer daran. Sie waren leer. Cerridwen ließ ihre Tasche auf das Bett fallen und beschloss später auszupacken, sie wollte zu Dumbledore und sie hatte Hunger. Die Küche war unten, das wusste sie noch, also machte sie sich auf den Weg. Sie erreichte etwas später das Bild mit der Birne und kurz darauf stand sie in der Küche des Schlosses. Ein buntes Treiben war zu sehen, gut dreißig Hauselfen wuselten herum. „Miss! Miss! Sie sind zurück! Dobby hatte schon gedacht das sie ihn vergessen haben!“ Er kam auf sie zu geflitzt. Dobby, er hatte ja keine Ahnung wie Recht er hatte. Erst jetzt wo sie ihn sah, konnte sie das einordnen. Sie lächelte: „Hallo, Dobby!“

„Ist Miss hungrig? Es gibt noch viel zu essen hier! Gibt immer mehr als genug!“

Er strahlte sie an, als sie nickte. Das Zeitgefühl ging verloren, als sie mit ihm sprach. Dunkel erinnerte sie sich, das sie zu Dumbledore sollte.

„Miss kann immer herkommen!“, gab der Hauself ihr noch mit auf den Weg. Sie freute sich, diebisch, das sie sich erinnern konnte. Strahlend machte sie sich auf den Weg nach oben. Sie hatte das Treppenhaus noch nicht ganz erreicht, als ihr heiß und kalt zugleich wurde. Sie hörte eine Stimme. Es war leise und weiter entfernt, aber sie hörte sie. Als würden ihre Ohren sich speziell dafür selbst übertreffen, das wahrzunehmen. Sie vergaß völlig darauf zu achten, dass noch jemand näher kam. Professor Mc Gonagall schloss zu ihr auf: „Cerridwen? Da sind sie ja…ich dachte schon sie hätten sich verlaufen… Cerridwen?“

Sie war abwesend, doch die Stimme verschwand in den Untiefen des Schlosses. Erst jetzt bemerkte sie ihre alte Hauslehrerin: „Was? Entschuldigung. Ich dachte ich hätte etwas gehört…“

„Das war ohne Zweifel ich! Sie scheinen abwesend zu sein, geht es ihnen gut?“

„Ja, Professor, es ist alles in Ordnung“, sie lächelte leicht, „Ich denke der Direktor erwartet mich, wir sollten wohl gehen..“

„Zweifellos. Danach sollten sie sich ausruhen, sie sehn sehr blass aus.“

Nun ja, Fazit war, das auch Dumbledore ihr kaum etwas anderes sagte. Allerdings wollte er genauso wie Cerridwen wissen, was genau da in jener Nacht passiert war. Allerdings nicht heute. Einmal mehr war sie dem Mann dankbar, wie konnte hier Antworten finden. Müdes sank sie ins Bett, doch ihr Schlaf war nicht grade erholsam. Immer wieder fand sie sich in den Erinnerungen wieder, die sie mit Moira gesehen hatte. Immer wieder sah sie den schwarzhaarigen Mann. Immer wieder wachte sie auf und fragte sich wer er war. Der Morgen graute langsam, als sie genug hatte und aufstand. Dunstig hing der Herbst über dem Wald und sie brauchte frische Luft.

Fertig angezogen machte sie sich auf den Weg nach draußen und es half etwas in der kalten Morgenluft herum zu wandern. In Gedanken, schreckte sie auf, als sie ein Wiehern hörte. Verdutzt suchten ihre Augen nach dem Störenfried. Der große graue Hengst lief unwillig auf der Koppel hin und her. Er schien sie zu irgendwas aufzufordern. Gedanken blitzten durch ihren Kopf. „Dich kenn ich doch“, sie hielt auf die Koppel zu. Das Tier wirkte aufgebrachte und unbändig. Sie hatte Respekt vor ihm, als sie näher kam und er sie aus seinen zwei unterschiedlichen Augen ansah. Der Blick war fast menschlich und irgendwie eigentümlich. Sachte kam sie näher. „Ruhig Großer, ich tu dir ja nichts..“
 

Was sie nicht sah, war eine Silhouette, die aus einiger Entfernung vom Fenster seiner Räume genau sah, was sie da tat. Sie ist schmal geworden, dachte er, irgendwie zerbrechlicher.

Severus schalt sich in Gedanken. Was hatte er denn erwartet? Dass sie nach allem aussah wie vorher? Er hatte kaum zu atmen gewagt, als er erfuhr das sie herkam. Eigentlich traute er es sich auch jetzt kaum, es wirkte einfach zu unwirklich. Als hätte sie bemerkt dass er sie beobachtete, sah sie sich um. Er konnte ihre Augen nicht sehen, leider. Vielleicht war es besser, wenn sie ihn nicht sah. Es ging ihr gut, das Tier war zutraulich bei ihr. Was hätte er auch sonst erwartet? Egal wie es um sie stand, der Hengst erkannte sie. Der Kauz hingegen hing noch immer in seinem Wohnzimmer herum.

Es war Freitag, er hatte heute nicht allzu viel zu tun. Er würde den Tag herumbringen und das tun was er sonst auch tat. Wenn sie ihn sah, würde sie sich kaum an ihn erinnern. Irgendwie ahnte er das. Wieder trug er einen Stein in der Brust herum. Vielleicht würde sie ihn auch finden, wer wusste das schon.

Sie drehte sich wieder herum und schien die Fenster nach ihre Beobachter abzusuchen, er musste lächeln. Selbst wenn sie sich verändert hatte, viel konnte es nicht sein. Instinktiv wusste sie, dass sie beobachtet wurde und suchte nach der Ursache. Severus wandte sich ab. Zumindest lebte sie. Das war mehr als er all die Wochen gehofft hatte.
 

Eigentlich war der Tag ereignislos. Cerridwen begnügte sich damit, die Bücherei zu durchstöbern und Dumbledore des Nachmittags ein Loch in den Bauch zu fragen. „Aber wenn er nicht bei meinem Vater ist und nicht in Dover, bei meinen Sachen war, wo ist er dann? Irgendwo muss er doch hingekommen sein!“

Unruhig lief sie auf und ab. Es ließ ihr keine Ruhe, dass ihr Zauberstab verschollen war. Sie hatte ihr Pferd, hatte ihre Waffen, hatte ihre Aufzeichnungen. Aber alles hing an diesem Stück Holz!

„Das letzte Mal war er bei Djavit…“, bemerkte der Schulleiter. „Das hat er mir gesagt, aber danach ist es vorbei. Ich wollte den armen Kerl nicht unnötig quälen. Es war hart genug für ihn…“, erschöpft ließ sie sich auf den gegenüber von Dumbledore fallen. „Ich weiß nicht mal mehr woher ich ihn habe, aber ein anderer wird’s nicht tun. Wenn Djavit ihn hatte, dann ist er zumindest nicht zerbrochen. Aber was die Sache in den Kerkern angeht, ich hab keinen blassen Schimmer, was da geschehen ist…“

Dumbledore sah sie über seine Halbmondgläser an. Der Blick hatte fast etwas Väterliches. „Was ist mit diesem Bild, von dem du gesprochen hast, Cerridwen“, sie hatte ihm von der Sache mit Moira erzählt. Eigentlich hatte sie geahnt, dass sie nicht so war, wie alle anderen. Ihre Ohren waren da recht eindeutig. Aber Elfen klangen noch immer wie ein schlechter Scherz. Er hatte sie belustigt angesehen, als sie ihm erzählt hatte, dass sie anfänglich geglaubt hatte das alle sie verarschen wollten. Nichts desto trotz wusste keiner eine andere Erklärung auf ihre Fragen. Selbst Madam Pomfrey hatte sie fast zu Verzweiflung getrieben mit ihren Fragen. Eigentlich wollte sie nur sehen, wie es mit Cerris Befinden aussah. Doch die junge Frau hatte sie schier ausgequetscht auf der Suche nach Antworten. Die Bücherei tat alles als Mythos ab und Moira war nicht zugegen. So langsam verlor sie die Geduld. „Ich weiß es nicht, ich habe keinen Plan wer er ist oder wer der Rausschmeißer war…“, sie erhob sich und ging zum Fenster, „außerdem bin ich schrecklich feige! Ich trau mich nicht da runter, als würde da ein Gespenst lauern…“

„Ich denke nicht dass es feige ist, Cerridwen. Schlechte Erfahrungen prägen Menschen ebenso wie Gute. Hätte ich das Gleiche erlebt, ich würde es wohl genauso wenig wagen.“

„Ich weiß, aber es ist ein Teil von mir, oder nicht? Was bringt mir das alles, wenn ich ein Stück von mir selbst fürchte. Das ist alles ein fürchterlicher Schlamassel, Professor!“, Cerridwen war ärgerlich darüber ihr Handwerkszeug nicht beisammen zu haben, nicht zu wissen worauf sie sich einließ und über ihre Angst vor dem Schatten, der sie im Endeffekt selbst zu sein schien.

„Ich denke, das mir eine junge Dame, die mir mal sagte, das man nicht alles allein tun muss, ihren eigenen Rat beherzigen sollte. Du hast Zeit, also nimm sie dir.“

So verblieben sie. Cerridwen durchstöberte weiter ihre Erinnerungen und war frustriert das klaffende Loch nicht füllen zu können.

Es ging auf die Herbstferien zu und die meisten Schüler fuhren zu ihren Eltern. Sie war Harry und Ron begegnet, aber irgendwie fühlte sie sich fast unfähig mit den beiden umzugehen. Harry hatte es geschafft. Sie hingegen fühlte sich einfach unvollständig. Wie ein Buch mit leeren Seiten.

Sie erlag fast dem Wunsch sie einfach mir irgendwas zu füllen, nur damit sie nicht mehr leer waren. Doch sie tat es nicht. Irgendwas war an diesem Ort so wichtig, das sie nicht loslassen konnte.

Am ersten Ferientag war die Schule wie leergefegt. Die wenigen Schüler, die hiergeblieben waren, hielten sich bei dem schlechten Wetter in den Gemeinschaftsräumen auf.

Es war bereits weit nach zahn Uhr, als sie abends vor dem hohen Fenster ihres Quartiers saß und weiter in ihren Aufzeichnungen stöberte und grübelte. Als sie nach draußen sah, bemerkte sie das ein recht kräftiger Regen eingesetzt hatte. Na toll, eigentlich hatte sie noch einmal raus gewollt, aber das Wetter war einfach grässlich! Alles stöbern und grübeln brachte sie kaum weiter. Nachdem sie etwa eine halbe Stunde in den Regen gestarrt hatte, erhob sie sich.

Wo sie hin wollte? Eigentlich hatte sie keine Ahnung. Es war schon spät und es würde keiner mehr unterwegs sein, naja, bis auf die Lehrer. Vielleicht würde das ja helfen.

Ihre Füße hatten beschlossen selber zu bestimmen wo sie hinwollten, sie hatte recht gehabt, es war keiner mehr in den Gängen. Es war angenehm ruhig, die Regentropfen schlugen im gleichmäßigen Rhythmus gegen die Fenster. Leider konnte man keinen einzigen Stern sehen, kein Wunder bei dem Wetter.

Sie wusste nicht genau wie lange sie schon herumstreunte, oder wo genau im Schloss sie war. Plötzlich schreckte sie aus den Gedanken auf. Ein knirschendes Maunzen war zu hören. Als war die Katze, von der es kam, entweder heiser oder fast scheintot! Als sie das Staub farbene Wesen mit den großen gelben Augen sah fand sie beides wahrscheinlich. Mrs. Norris! Filch Katze! Wo die war, da war auch er nicht weit und es dauerte nur einen Wimpernschlag, bis Cerridwen seine Schritte hörte. Das hatte ihr noch gefehlt, der Hausmeister hatte sie noch nie gemocht, wahrscheinlich weil sie schon zu Beginn ihrer Schulzeit hier nachts herum geschlichen war. Blöder Weise hatte er sie nie erwischt. Sie sollte besser machen dass sie wegkam. Nur wohin? Sie sah sich um, den Teil des Schlosses hätte sie sicherlich vor ihrem Unfall erkannt. Jetzt sah die Sache allerdings etwas anders aus, hektisch hastete sie um eine Ecke in einen Seitengang.

„Na meine Liebe? Hast du wen gesehen?“, Flichs Stimme kratzte ihn in den Ohren wie Sandpapier. Sie hörte wie er ihr folgte. Warum musste sie auch immer irgendwo landen, wo sie sich im entscheidenden Moment nicht genau auskannte! Sie gab sich alle Mühe leise zu sein, bog nach rechts, dann wieder nach links…

…und fiel fast über jemanden!

Sie kam ins Straucheln, als sie gegen eine große schwarze Gestalt stieß.

Mit den Armen rudernd versuchte sie sich abzufangen, zu spät! Cerridwen merkte wie sie vollends das Gleichgewicht verlor, als ein neuer Halt ihren Sturz abfing. Der Mann, den sie fast umgerannt hätte, hielt sie mit einem Arm an der Taille fest und schon sie langsam wieder in die Senkrechte.

„Nicht so hastig!“, er sprach sehr leise. Moment mal, die Stimme kannte sie doch! Die junge Irin erstarrte. Das konnte nicht sein! Als hätte sie Angst ins Gesicht eines Zombies zu sehen, sah sie ihn vorsichtig an. Nur um im nächsten Moment wieder erschrocken den Atem anzuhalten. Das war nicht möglich!
 

Sie starrte ihn an, als wäre er ein Geist.

Snape war Filchs Geschimpfe entgegen gekommen, vermutend, dass es sich um Schüler handelte die nach der Sperrstunde noch unterwegs waren. Er hatte sie schlicht nicht gesehen, als er in den Korridor eigebogen war. Sie war zu leise und zu schnell unterwegs gewesen, als das er hätte ausweichen können.

Er wollte noch etwas sagen, aber er hörte den Hausmeister bereits. Das kam ihm ja seltsam bekannt vor! Er hätte fast unwillkürlich grinsen müssen, aber sie sah ihn völlig verstört an. Dann richtete sich ihr Blick auf den noch immer finsteren Gang, aus dem sie gekommen war. Er verstand. Sie hatte keine Fluchtmöglichkeit, er war sich nicht sicher, dass sie sich an den Gang hinter dem Wandteppich erinnerte. Er bedeutet ihr still zu sein und ging Filch entgegen.

„Ah. Der Herr Professor! Hier schleicht ein Schüler herum, hab sie genau gesehen, trifft sich vermutlich mit irgendwem….“

„ Ah. Und wo ist SIE nun hin? Mister Filch?“, schnarrte er herablassend.

Filch sah ihn griesgrämig an: „Na dort entlang schätze ich!“

„Mister Filch von dort komme ich grade. Ihre Flüchtige, hätte dazu an mir vorbei gemusst. Sie können wohl davon ausgehen, das mir das aufgefallen wäre!“, Snape wusste wie man den Kerl abwimmelte, er hatte es oft genug getan, „Also wenn sie jemanden gesehen haben, scheint er ihnen entwischt zu sein. In einem der anderen Gänge schätze ich?“

„Könnte sein…“, Filch sah leicht boshaft drein, „ich werde mal nachsehen…“

Die Laterne erhoben ging er zurück und bog in den Korridor zum dritten Stock ein. Er atmete einmal tief durch, bevor er sich umdrehte um einem Problem zu begegnen, dem er schon seit gut und gerne einer Woche aus dem Weg ging.

„Lumos…“, murmelte er, als er zurück ging. Cerridwen stand noch immer wie angewurzelt da, wo er sie zurückgelassen hatte. „Cerridwen?“, sie starrte ihn noch immer an. Er versuchte in ihrem Gesicht irgendwas anderes als Erstaunen zu sehen. „Wer – warum haben sie das getan?“, sagte sie leise. „Weil Mister Filch und sie schon immer ein besonderes Verhältnis zueinander hatten“, er schluckte bei der Anrede. Es klang seltsam. Sie fing sich langsam wieder: „Ich kann ihn nicht leiden!“

„Ich denke das beruht auf Gegenseitigkeit“, er deutet den Gang entlang. Sie sollten sich nicht hier unterhalten. Er konnte Filch genauso wenig leiden wie sie.

„Das klingt bestimmt seltsam, aber ich habe keine Ahnung wer sie sind…“, sie hielt inne und sah ihn an. Ja, das hatte er fast befürchtet. Er nickte: „Hat der Direktor ihnen nichts erzählt?“

„Über das Kollegium? Naja, nicht viel. Ich meine die meisten kenne ich ja, aber sie… ich habe keinen Schimmer…“

Severus verkrampfte sich innerlich. Er sollte mit ihr sprechen, aber konnte er das? Es hatte keinen Sinn, er musste es versuchen.

„Ich denke wir sollten uns mal unterhalten. Kommen sie…“, er ging schnellen Schrittes auf den Wandteppich zu. „Warten sie! Jetzt? Kann das nicht warten? Müsse sie nicht…“, sie deutet hinter sich.

„Nein, komm… hier entlang!“, er schob den Teppich beiseite. Sie folgte ihm. Er schritt die dunklen Stufen hinunter, es waren nicht grade wenige.

„Was wissen sie inzwischen, Cerridwen? Ich nehme an, man hat sie mit den Einzelheiten verschont…“, setzte er an. „Naja, mehr oder weniger. Ich schätze ich hab mich selber weniger geschont als alle anderen es gerne gehabt hätte“, gab sie mit belegter Stimme zurück, „wohin gehen wir eigentlich, Professor?“

„In mein Büro, es sei denn sie möchten lieber zurück und versuchen Mister Filch weiterhin auszuweichen. Es gibt da etwas, das sie sich mal ansehen sollten. Vielleicht hilft es ihnen weiter.“

„Es würde mir weiterhelfen, wenn ich wüsste wem genau ich hier folge“
 

Cerridwen hielt ihr Pokerface solange aufrecht, bis er sich zu ihr umdrehte. Wie konnte jemand so dunkle Augen haben? Fast schwarz sahen sie aus. Wie zwei Abgründe in die man fallen konnte. Da war irgendwas, das sie nicht einschätzen konnte. Sie kamen an eine schwere Tür, die er mit dem Zauberstab antippte. Sie schwang auf und er trat in den Raum dahinter. Das konnte einfach nicht sein, sie hatte ihn gesehen! Das war hunderte von Jahren her, wer war dieser Mann? Cerridwen folgte ihm und fand sich in einem Raum, der zwar nicht übermäßig groß, aber geräumig war. Ein Schreibtisch, mehrere Schränke und Regale, eine weitere Tür führte nach hinten. Es roch angenehm nach Dingen, die sie dunkel als Zutaten für was auch immer identifizieren konnte. Sie drehte sich einmal um die eigene Achse: „Wir sind in den Kerkern?“ Ihr Gegenüber nickte. Cerridwen schauderte, es schnürte ihr die Luft ab. Unsicher sah sie sich um. Es sah nicht nach Kerkern aus, ein Feuer prasselte munter im Kamin vor sich hin, einige Lampen erhellten den Raum. Es sah bewohnt aus.

„Ich unterrichte seit 10 Jahren hier. Mein Fachbereich sind Zaubertränke…“, sie hielt bei seinen Worten inne. „Das kann nicht sein, das wüsste ich…“, sagte sie. Er zog eine Augenbraue in die Höhe: „Wie bitte?“

„Ich meine, ich kenne so gut wie jeden hier. An jeden hab ich irgendein Fragment an das ich anknüpfen kann um den Rest aufzudecken. Aber ich erinnere mich kein Stück an sie. Sie sind Professor Snape, oder? Dumbledore hat von ihnen gesprochen…“

„Das ist richtig“, eine Steilfalte hatte sich auf seiner Stirn gebildet. Cerridwen schüttelte sachte den Kopf. Was war da nur los? Sie wusste, dass er die Wahrheit sagte, aber warum wusste sie nichts über diesen Mann? Und warum sah er so aus wie DER Mann?

„Ich nehme an, sie sind weitergekommen, was ihre Suche betrifft?“, er klang wie jemand, der ihr entfernt bekannt war. Sie kannte diese Stimme und die dazugehörige Tonlage, konnte sie aber nicht einordnen.

„Nein, nicht wirklich.“, sie ging ein paar Schritte durch den Raum, „Ich habe keine blassen Schimmer, was hier unten mit mir passiert ist, noch weiß ich, wie ich das überleben konnte…“

„Ich denke das interessiert uns alle…ich bin mir sicher, dass Djavit ihnen da behilflich sein kann.“, stellte Snape trocken fest.

„Nein“, Cerridwen schüttelte den Kopf, „Er hat schon genug gesehen. Ich hab mich nicht getraut ihn zu fragen, was er da unter gesehen hat. Und ich wüsste nicht wen ich sonst fragen sollte. Das einzige, was ich weiß, ist das er die berühmten rauchenden Stiefel gefunden hat.“

„Ihren Zauberstab meinen sie?“, Cerridwen nickte. „Ja, genau den. Nur ist er anscheinend verschollen. Ich dachte er wäre noch hier, aber ich habe keine Ahnung wo“, sie fuhr sich durch das lange Haar, „Ich kann nicht sagen warum, aber irgendwie fühlt es sich falsch an, darüber nachzudenken einen anderen zu nehmen. Auch wenn das dumm erscheint. Nach allem was ich weiß bin ich eine Hexe. Nur ohne Handwerkszeug…“
 

Sie drehte sich zu ihm um und lächelte gequält. Niedergeschlagen. Wer wusste schon, was in dem Kopf dieser Frau ablief, in welchen Synapsen da was passierte. Und vor allem wie lange schon. Ein Teil von ihm wünschte sich, sie hätten sie schon früher her gebracht, ein anderer Teil wurde von Vernunft gefesselt. Trotz allem, die Frau, die immer optimistisch war und aus der noch so verzweifelten Lage, halsstarrig einen Ausweg für sie alle gesucht und gefunden hatte so zu sehen. Das war schwer. Eifersucht keimte in ihm. Ging es Djavit auch so? Hatte er sie zurück gehalten?

„Sie meinen, er ist verschollen?“, Cerridwen nickte. „Es ist dumm, ich sollte zu Olivander gehen und mir einen neuen besorgen, ich weiß…“

„Was hält sie davon ab?“

„Keine Ahnung, Hoffnung? Intuition? Eine Ahnung? Wenn er irgendwo verloren gegangen ist, dann muss das hier im Schloss geschehen sein“

Nein, er versuchte nicht, sie davon abzubringen. Er wollte nur wissen, ob sie daran festhielt. Warum wusste er selber nicht so genau. Vielleicht, weil er hoffte, dass sie dann auch an anderen Dingen festhielt.

„Das ist es nicht“, Snape wunderte sich über den Klang seiner Stimme.

Sie tat es anscheinend auch, ihre Mimik wurde etwas weicher.

„Warten sie hier auf mich.“
 

„Ähm-okay?“, er verschwand durch die Hintertür. Mit einem Mal schien es ihr, als würde der Raum nicht halb so freundlich wirken. Es war kalt hier, trotz des Kamins. Merkwürdig, warum erzählte sie ihm das eigentlich? Sie kannte ihn doch gar nicht. Nur weil er jemandem ähnlich sah?

Das war kein Grund und es machte keinen Sinn.

„man muss auch Hilfe annehmen.“

Konnte ER ihr helfen? Der Mann war trotzdem unheimlich. Imposant, sicher, aber unheimlich. Cerridwen hatte das Gefühl, als würde sie sich immer mehr verlieren. Die Bodenhaftung war enorm schlecht, deshalb hatte ihr Laurence sicherlich davon abgeraten. Ob er das vorausgesehen hatte? Kannte er diesen Mann? Warum hatte Djavit ihn nicht erwähnt? Vor ihrem inneren Auge tauchte ein leerer Bilderrahmen auf. Aber wenn er dorthin gehörte, warum hatte sie dann keinen Plan, wer er war? Konnte sie sich auf ihr Bauchgefühl verlassen? Sie hatte es getan, als sie aus der Klinik getürmt war und es hatte sich nicht geirrt. Aber konnte sie das hier riskieren? Ihr Kopf fing an vor Fragen zu schwirren.

Sie schrak zusammen, als die Tür hinter ihr unvermittelt klapperte.

Snape hatte eine längliche, in ein Tuch gehüllte Schachtel in der Hand und kam damit auf sie zu.
 

Er schlug den Stoff zurück als er vor ihr stand. Sie kam näher, als die Schachtel zum Vorschein kam und ihr Duft benebelte ihn etwas. Diese Frau trug nie Parfum. Er hatte auch nie einen Anflug von Wimperntusche bei ihr gesehen.

Er hob den Deckel. „Ich denke sie suchen das hier…“, sie sah ihn groß an. „Wo haben sie den gefunden?“, staunte sie. Er schüttelte nur den Kopf: „Das habe ich nicht…“ Vorsichtig nahm sie das dunkle Holz, das mehrere feine weiße Linien aufwies, die sich spiralförmig nach oben wanden. Er hatte Schnitzereien am Griffende. Welche Bedeutung sie auch hatten, er war im Moment mit anderen Sachen beschäftigt. Er hatte ihn nicht angerührt. Nicht ein Mal.

Das Holz vibrierte leicht, als sie die Hand danach ausstreckte. Er merkte es durch die Schachtel hindurch.

Sie zog die Hand zurück, sah den Stab scharf an und griff entschlossener danach.

Cerridwen wog ihn in der Hand ab, als würde sie sein Gewicht prüfen. Dann lächelte sie, ihre Augen glommen. „Ja, das ist er. Wie haben sie ihn bekommen?“, wollte sie wissen. „Ist das wichtig? Es ist ihrer, ich denke sie wissen damit umzugehen. Jemand hat ihr mir gegeben, damit er nicht in falsche Hände gerät. Mehr nicht…“, Cerridwen sah ihn tiefgründig an. „Djavit hat ihnen den gegeben? Hm. Warum hat er mir davon nichts gesagt…“

Das hatte Snape schon fast vermutet. Er hatte also doch versucht sie von ihm fern zu halten? War es so? Oder hatte er nur versucht sie zu schützen…es kam fast auf dasselbe heraus. Tatsache, es brandete doch wirklich Eifersucht in ihm auf. Sie dachte sich nichts dabei, als sie ihm das mitteilte. Wie könnte sie auch. Er würde ihr nicht mehr sagen, es war besser so. wenn sie wirklich die Kehrtwende in seine Richtung machen sollte, dann aus freien Stücken und nicht weil es vorher so war. Trotzdem war ihm das Verhalten des blonden Vampires ein Dorn im Auge.
 

Wärme ging von ihrer Hand aus, als sie den Stab hielt. Das Holz war glatt und schmiegte sich samtig in ihre Hand. Als wäre es nie anders gewesen. Sie lächelte ihn an: „Danke!“

Irgendetwas Seltsames war an diesem Mann. Sie verstand nicht was, es war nicht nur wegen den fehlenden Erinnerungen an ihn. Seine Augen waren fast so schwarz wie Obsidian und es schien ein tiefer See dahinter verborgen zu sein. Und was auch immer da schlummerte, er achtete sehr darauf, dass es niemand ergründete. Auf der einen Seite kalt und distanziert, aber war er das auf der anderen Seite auch? Hm, ein Rätsel.

Er sagte nichts, eigentlich deutete er lediglich mit den Augen ein Nicken an. Die Geste war ihr seltsam vertraut und das trotz allem.

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal, ob ich damit umgehen kann…“, sagte sie leise. „Das können sie, glauben sie mir.“, sie sah zu ihm auf und hatte das Gefühl, als würde er ein Lächeln verstecken.

„Sie meinen so was verlernt man nicht?“, fragte sie.

„Ich meine, dass es mich wundern würde wenn sie es verlernt hätten. Fangen sie langsam an, mit kleinen Sachen. Der Rest wird sich von selbst ergeben.“, Cerridwen nickte bei seinen Worten und ging gedankenverloren auf die Tür zu. Kurz davor blieb sie stehen: „Professor?“
 

Sie drehte sich zu ihm um, bevor sie ging. „Kennen sie das Gefühl, wenn sie aus dem Haus gehen und sich sicher sind, das sie irgendwas vergessen haben, nur sie wissen nicht was?“, fragte ihn die junge Irin.

„Ich wüsste niemanden, der es nicht kennt…worauf wollen sie hinaus?“, entgegnete Severus.

„Naja, egal wie viel ich herausfinde, daran ändert es nicht, das Gefühl bleibt.“

Mit diesen Worten ging sie.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Schalla
2012-06-04T18:03:00+00:00 04.06.2012 20:03
uih, das kann ja noch spannend werden mit den beiden.


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