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Make a Memory

Jeder folgt in seinem Leben einer Straße.
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo alle zusammen :)

Mit dem dritten Kapitel ist die Halbzeit überschritten, denn es wird ein Dreiteiler. Die Regeln bleiben erhalten, ein Datum bedeutet die Vergangenheit, ein Abschnitt ohne Datum die Gegenwart. Ich hoffe sehr, euch gefällt das zweite Kapitel und ich habt ein paar Minuten Lesevergnügen.

Liebe Grüße Dahlie Komplett anzeigen

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Der Erde so fern.


 

1o.o2.2o26
 


 

Gelassen lehnte sich ein junger Mann zurück und sah in die traute Runde von Pokerspielern, welche sich eingefunden hatte. Um sie herum fand ein weiterer gesellschaftlicher Anlass statt. Elegante Kleider schmückten die geladenen Gäste, hier und da blitze ein Fächer auf und der teure Zigarrenrauch machte die Luft schwer und stickig. Sanfte klassische Musik wurde gespielt und im Nebenzimmer begannen die ersten Tänze. Andere nutzten den einladenden Garten für einem Spaziergang, oder sie zogen sich in das Spielzimmer zurück.
 

Kazran Therbius Higgs drehte die Karten in seiner Hand. Er ließ den Blick schweifen. Veranstaltungen wie diese langweilten ihn meistens. Doch seit er vor vier Monaten zu einer Gruppe von Pokerspielern gestoßen war, hatte er zumindest eine Beschäftigung befunden mit der er die Zeit verstreichen lassen konnte. Zwar wusste er, dass seine Mutter immer wieder durch die Reihen der heiratsfähigen Damen huschte und dabei einen deutlichen Wink mit den Zauberstab gab, aber er verspürte nicht den kleinsten Wunsch diesen Wink wahrzunehmen. Das Jungessellendasein gefiel ihm zu gut, als das er sich binden wollte.
 

Hier und da fing Kazran einen Gesprächsfetzten auf und versäumte es seine Aufmerksamkeit wachsam auf das Spiel zu richten. Obwohl er es nicht zugeben würde, so hatte er jedoch ein geschultes Ohr, wenn es um Gerüchte und Klatsch ging. Seiner Meinung nach steckte immer ein Krümmel Wahrheit darin und er war gern auf den Laufenden. Schließlich musste man wissen mit wen man sich sehen ließ. Da gab es Saphira Bullstrode, eine Hexe so schön wie die Morgensonne, aber leider mit so viel intriganten Geschick gesegnet, dass er keines ihres Opfer werden wollte. Sie wirkte auf den ersten Blick zu perfekt, als dass er den Wunsch verspürte ihre schwarze Ader unter der Alabasterhaut aufzudecken. Rotblondes Haar umrahmte ihr engelsgleiches Gesicht und Augen, so außergewöhnlich wie Gold blickten einem entgegen. Wie bereits erwähnt – zu perfekt und Perfektion interessierte ihn herzlich wenig.
 

„Scheint so, als wäre mein lieber Herr Cousin mit seinen Gedanken wieder wo anders.“ Die belustigte Stimme von Scorpius Malfoy ließ Kazran aufschrecken. Er sah über den Tisch und beobachtete Scorpius dabei, wie dieser seine Karten ordnete. Obwohl er eine verblüffende Ähnlichkeit zu seinen eigenen Vater aufwies, schien Scorpius die Unnahbarkeit, Elegant und Arroganz der Vollkommenheit eines Malfoys noch zu übertrumpfen. Kazran mochte seinen jüngeren Cousin, aber er hatte eine Art an sich, die ihm kalt und emotionslos vorkam. Er hatte noch nie gesehen, dass Scorpius die Beherrschung oder sein Gesicht die Gleichgültigkeit verlor. Scorpius schien immer rational und durchdacht zu handeln.
 

„Ich bin durchaus anwesend“, sprach Kazran und schenkte seinem Cousin ein schmales Lächeln, dabei nahm er ein Glas mit Feuersalamander von Braxton Montague entgegen. Salamander war um einiges teurer als Feuerwhisky, wenn sich auch der Geschmack und die Farbe sehr ähnelte. Der Spross der einflussreichen Montague-Familie rollte mit den Augen und murmelte verstimmt: „Hätte uns nicht geschadet, wenn du deine Aufmerksamkeit wieder etwas anderem widmen würdest, Kaz. Also tu dir nur keinen Zwang an und lass die Äuglein schweifen.“
 

Kazrans Grinsen wurde breiter als er den jungen Mann mit den schwarzen Haarschopf betrachtete. In der Tat, er war ein ausgezeichneter Pokerspieler und Braxton eher jemand, dessen Pokerface zu wünschen übrig ließ. Er hatte genau drei Gesichter. Nummer eins war seine überhebliche Miene, wenn er ein gutes Blatt hatte. Nummer zwei, wenn er nicht einzuordnen wusste, ob er sich tatsächlich im Mittelfeld befand, oder Nummer drei, wenn man ihn ausnehmen konnte wie einen Kürbis zur Halloweenzeit.

Das schwarzes Haar von Braxton stand bereits in allen Richtungen ab, da man ihm förmlich ansah, dass es aktuell eher schlecht für ihn lief.
 

Anders dagegen Miss Estelle Mary Pritchard. Die einzige Frau in der Runde schlug sich bei jedem Treffen mehr als ausreichend. Mit einer eleganten Geste besah sie sich ihr neues Blatt und sprach: „Du solltest dich einfach besser konzentrieren und nicht immer so aussehen, als würdest du zwei Liter Wasser nebenbei wegschwitzen, Braxton.“ Ihre roten Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Lächeln und Kazran konnte nicht anders, als zu schmunzeln. Schließlich empörte sich Braxton und ließ so einen simplen unachtsamen Blick auf seine Karten zu. Dabei bemerkte Kazran, dass die grauen Augen seines Cousins leicht nach rechts glitten und schließlich wieder auf die Karten in seiner Hand.
 

Obwohl sich in Scorpius' Mimik nichts bewegt hatte, war in seinen Augen ein seltsamer Ausdruck zu lesen gewesen. Kazran folgte mit seinem Blick jenen zwei Damen, die nun angeregt redend hinter Scorpius vorbei schritten. Eine von ihnen war die Außenseiterin Galina Warrington, von der Kazran wusste, dass sie das Haus Gryffindor besucht hatte. Sehr zur Schande ihrer Eltern. Doch den interessanteren Part bildete Garlinas Gesprächspartnerin.
 

Rose Weasley.
 

Ihr Haar war leuchtend rot, das Gesicht voller Sommersprossen, ihre Haltung gerade und aufrecht. Scorpius neigte leicht den Kopf nach links, fast so, als wollte er die wenigen Wortfetzen aufschnappen. Aus Erzählungen wusste Kazran, dass Rose Weasley in ihrem letzten Schuljahr als Kapitän für Gryffindor geflogen war und als Treiberin seinem Cousin das Leben schwer gemacht hatte. Zwar war Scorpius ein herausragender Jäger, aber die Weasley schien vor Ideen und Einfällen nur so zu platzen. Mehr war ihm bislang noch nicht zu Ohren gekommen und Kazran hatte bereits für sich beschlossen, das er seinen kleinen Cousin vielleicht einmal ein wenig verhören sollte. Denn ein Malfoy und eine Weasley das wäre für einen Skandal zu perfekt.
 

Sein Blick glitt an der Weasley vorbei und blieb am nahe gelegenen Billardtisch hängen. Eine Hexe in einem dunkelroten Kleid beugte sich elegant und vornehm vor. Bis dahin hätte es Kazran nie für möglich gehalten, dass es je einer Frau gelingen würde, in einem Kleid bei so einem Spiel Haltung zu bewahren. Ihr Gesicht wirkte ernst, konzentriert und auf eine Art und Weise anziehend, dass er zum ersten Mal der Pokerrunde keine Aufmerksamkeit schenkte. Als sie sich erhob, fiel eine glänzende dunkle Haarlocke über ihre Schulter und als ihre Wimpern die blauen Augen umrahmten und sich ihre roten Lippen leicht öffneten, hielt er unweigerlich den Atem an.
 

Noch nie hatte er solch eine schöne Hexe gesehen. Als sie lachte, erfasste ihn eine Welle an Lebendigkeit, die ihm die Luft zum atmen nahm. Ihre Stimme war hell, freundlich und warm. Neben ihr stand eine gelangweilte Hexe, die immer wieder mit ihren Fächer wedelte und das Spiel schnellstmöglich beenden wollte.
 

Kazran sprach an Estelle gewandt: „Die Dame neben Adrianna Nott, wer ist sie?“ Seine Mitspielerin hob den Kopf und antwortet neutral: „Ophelia Briona Zabini, ich glaube, sie war im selben Jahrgang wie Scorpius.“ Demnach wunderte es Kazran nicht, dass er sie nicht kannte, schließlich lagen sie drei Jahre auseinander. Sein Cousin nickte gleichgültig. „Ja, sie ist ganz akzeptabel, allerdings niemand der sich großartig in den Mittelpunkt drängt. Ehrlich gesagt fällt sie selten auf.“
 

Das er die junge Zabini alles andere als unauffällig fand, verschwieg er in diesem Moment. Stattdessen sah er noch einmal zu ihr herüber und stellte mit einem überraschenden Schmunzeln fest, wie sie erfreut die Hand ausstreckte und der junge Pucey ihr das gewonnene Gold aushändigte.

Kazran wendete den Blick ab und konzentrierte sich wieder auf das Spiel vor sich. Dabei konnte er das Grinsen von seinen Lippen jedoch nicht vertreiben.
 

Eine interessante Frau.
 


 

- - -
 

Mit aufrechter Haltung sah Kazran aus dem bodenhohen Fenster. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und war versucht sich unruhig über die schlichte graue Anzugweste zu streichen und noch einmal zu überprüfen, ob er akzeptabel aussah. Innerlich war der junge Higgs so nervös, wie er es zuletzt auf dem Abschlussball von Hogwarts gewesen war. Niemals hätte er zu träumen gewagt, dass er eines Tages von selbst seine Eltern aufsuchen würde, um ihnen mitzuteilen, dass er sich den reinblütigen Geschäften beugen würde. Dabei stellte er die Bedingung, dass er sich die Frau an seiner Seite aussuchen durfte. Kurz darauf hatte sich sein Vater mit der Familie Zabini in Verbindung gesetzt und nun befand er sich auf ihren Hauptanwesen und wartete.

Warten war noch nie seine Stärke gewesen und von Minute zu Minute spannte sich seine Haltung mehr und mehr an. Kazran wusste, das Blaise Zabini und seine reizende Frau Pansy einer Verbindung beider Familien nicht ablehnend gegenüber standen, sondern das Band mit allen Mitteln fördern würden. Immerhin stand der Name Higgs für viel Reichtum und Wohlstand.
 

Obwohl Kazran wusste, dass das, was er tat falsch war, fühlte es sich auf eine seltene Art und Weise auch verflucht richtig an. Nachdem Ophelia bei ihren letzten Treffen mitten in der Nacht versucht hatte zu fliehen, war ihm etwas bewusst geworden. Er wollte diese Hexe und zwar mit allen erdenklichen Mitteln. Mit ihr zu schlafen war ein berauschendes Gefühl gewesen und hatte ihn für die lange und ausdauernde Vorarbeit mehr als nur entschädigt. Der junge Higgs war sich im Klaren darüber, das seine Taktik sehr wagemutig war, aber da er von Natur aus jemand war, der rational und um viele Ecken dachte, war er sich sicher, dass er zum gewünschten Ziel kommen würde.
 

Schritte ertönten hinter ihm und er war erstaunt über sich selbst, denn niemals hätte Kazran geglaubt, dass er sie eines Tages je nur an ihrer Art zu laufen erkennen würde. Als er sich umdrehte, blickte er in Ophelias ausdruckslose Miene. Der Kloß in seinem Hals wurde größer, denn allein ihr Anblick reichte aus, damit er sich von ihr überwältigt fühlte. Doch statt es sich anmerken zu lassen, reckte er lediglich das Kinn und erwiderte den Blick.
 

„Du bist ein verlogener und betrügerischer Bastard!“, sprach Ophelia mit einer Kühnheit, die ihn das Herz schwer machte. Der Ausdruck in ihren blauen Augen wurde abschätzend. „Sieht so aus, als würdest du dich nun von deiner wahren Seite zeigen.“

Kazran versuchte ihren Angriff an sich abprallen zu lassen, sie konnte und durfte schließlich nicht wissen wie es wirklich in ihm aussah. „Ich war lange genug freundlich zu dir und dachte, es ist an der Zeit mit offenen Karten zu spielen.“
 

Die junge Zabini schritt elegant durch den Salon und strich dabei mit der rechten Hand über die Rücklehne der Couch. Ihre Augen blieben dabei standhaft auf ihn gerichtet. Noch bevor die Stille unangenehm werden könnte, sprach Ophelia: „Was willst du wirklich?“

„Dich heiraten“, antwortete Kazran ohne mit der Wimper zu zucken und bemerkte dabei, dass er einen Nerv bei ihr getroffen hatte, denn zum ersten Mal brach sie den Blickkontakt. Also setzte er seine Rede fort: „Mir war bewusst, dass du nicht ja sagen würdest, sollte ich dich auf typischer romantischer Art fragen.“ - „Hast du deshalb den Umweg über meine Eltern genommen?“ Sie klang verbittert und er konnte es ihr noch nicht einmal verübeln. Kazran trat auf sie zu und als er die Hand nach ihr ausstreckte, wich Ophelia instinktiv einen Schritt zurück.
 

Er liebte sie.
 

Er liebte sie so sehr, dass er bereit war sich ihren lebenslangen Unmut auszusetzen. Hauptsache sie gehörte ihm. Kazran ließ die Hand wieder sinken. Nun hatte er tatsächlich alles getan, um sie zu bekommen und das auf einen wirklich schmutzigen Weg. Schließlich war er genauso gegen die Vetternwirtschaft, wie sie.

„Manche Dinge gebrauchen eben ungewöhnliche Maßnahmen“, war das einzige, was ihm dazu einfiel. Durch seine arrogante Haltung zog er weiteren Zorn auf sich, doch noch bevor Ophelia reagieren konnte, beugte er sich vor und sprach mit einer lauernden Stimme dicht an ihrem Ohr: „Komm, wir wissen beide, dass dir der Sex mit mir gut gefallen hat und du nicht abgeneigt wärst, unseren kleinen Ausflug zu wiederholen.“ Der junge Higgs nahm ihren warmen Geruch auf und war versucht durch das glänzende schwarze Haar zu streichen. Stattdessen hielt er sich zurück und registrierte, wie sie sich versteifte. Mit rauer Stimme bot sie ihm aussichtslos die Stirn. „Wir haben nur ein einziges Mal miteinander geschlafen. Das ist für jemanden, wie dich noch lange kein Grund Schritte für eine Ehe einzuleiten.“
 

Ihre Worte schnürten ihm die Luft zum atmen ab und ihm wurde bewusst wie wenig sie doch wusste. Statt mit offenen Karten zu spielen, ergriffen seine Hände ihre schmale Hüfte und er zog sie näher an sich. Er spielte den Mistkerl so, als hätte er lange Zeit dafür geübt. „Was spricht groß dagegen? Um ehrlich zu sein, Ophelia, wirst du die Rolle der Mrs Higgs perfekt ausfüllen.“ Kazran hielt kurz inne. „Du bist hübsch, elegant, gebildet und bereitest mir durchaus Freude. Ohne Sorge werde ich behaupten können, dass du dich nahtlos in die Gesellschaft eingliedern wirst.“

All dies entsprach der Tatsache. Lange Zeit hatte die obere Schicht hinter vorgehaltener Hand darüber getrascht, dass die junge Miss Zabini etwas sonderbar wirkte, da man sie nie mit potenziellen Kandidaten ausgehen sah. Dabei waren einige zu dem Entschluss gekommen, dass sie sich vielleicht im nicht standesgemäßen Umfeld umgesehen haben könnte. Etwas, was der Wahrheit nicht allzu fern lag.
 

„Ich liebe dich nicht“, sprach Ophelia mit fester Stimme und Kazran schloss kurz die Augen, dann löste er sich von ihr und nahm seine Hände von ihrer Hüfte. Nach außen spiegelte er vollkommene Gleichgültigkeit wieder. „Ich weiß“, gab er offen zu. „Aber es ist nicht relevant.“

Lüge!Lüge!Lüge!

Ihre schmale Hand fasste nach seinem Arm und als er ihren Blick begegnete, wurde Kazran noch einmal verdeutlicht, dass sein Handeln keinen Rückzug zu ließ.
 

„Bitte“, sprach Ophelia nun hilflos. „Mach dem ein Ende. Erkläre meinen Eltern, dass ein Missverständnis vorliegt und wir vergessen das Ganze.“

Die Lippen des Higgs-Erben verzogen sich zu einem selbstgefälligen, wenn nicht sogar höhnischen Grinsen. „Nein, das werde ich gewiss nicht tun.“ Er entzog sich ihrem Griff. „Ich habe mit dir die perfekte Ehefrau gefunden. Du wirst dich gut an meiner Seite machen, ohne das du mein Leben einschränken wirst.“ Ihm war bewusst, dass sie dies als Hinweis für eventuelle Affären während der Ehe verstehen würde, sollte sie sich ihm nicht fügen und eine größere Schmach würde er ihr kaum bereiten können.
 

Sein Trauerspiel begann.
 


 

- - -

16.o4.2o27
 

Die Tanzpartys von Roxanne Weasley waren jede Minute Anwesenheit wert. Die ehemalige Slytherin wusste, wie man eine Fete richtig organisierte, noch dazu ab wann eine Mischung an geladener Gäste stimmte. Roxanne hat sich schnell einen guten Ruf als Model für die Hexenwoche gemacht. Nach einigen Aufnahmen für die Big Wizzard und die Magic Today war sie nun auch im Ausland unterwegs. Kürzlich hatte sie erst Verträge in Paris und Mailand unterzeichnet und wollte diesen Erfolg nun groß mit ehemaligen Klassenkameraden feiern. Kazran war in Hogwarts recht gut mit ihr befreundet gewesen, immerhin waren sie für ein Jahr in der Hausmannschaft zusammen als Jäger geflogen. Ihr großzügiges Haus, ein wenig versteckt in York, war gut besucht. Kleine Platten mit Häppchen schwebten durch die Luft. Eine Todesfee sorgte mit ihrer rauchigen Stimme für Soulstimmung und überall schien die Laune der Anwesenden glänzend.
 

Kazran schob sich an einem Pulk von Leuten vorbei, damit er am Büfett seinen Punsch auffüllen konnte. Die Weingläser füllten sich zwar von selbst auf, aber ihm war nicht nach diesem fraulichen Getränk und Butterbier hatte Roxanne vorsorglich vollkommen von der Liste gestrichen. Er mochte sich daran erinnern, dass sie es als das Getränk für Trolle empfand. Eine gesunde Arroganz war bei der Weasley schlicht nicht von der Hand zu weisen. Sein Blick glitt nach rechts zur Tanzfläche des großen Raumes und er erkannte, dass die Gastgeberin versunken mit Frank Longbottom tanzte. Roxanne schien glücklich in den Armen des hochgelobten Vorzeigeaurores und Kazran gönnte ihr das Glück, auch wenn sie Bildlich einen hübschen Gegensatz bildeten. Immerhin war Longbottom noch der Ruf als Streber anzusehen, mit einer übergroßen Brille und den leicht bunten Modegeschmack fiel er ein wenig aus den Rahmen.
 

Der Pulk hinter ihm geriet in Auffuhr, denn jemand versuchte sich mit lauter Stimme Gehör zu verschaffen.

„Leute, ich weiß, dass er unglaublich anziehend ist, aber würdest ihr jetzt endlich einmal Platz machen und zulassen das er etwas in seine trockene Kehle bekommt?“

Albus Potter schob die Menge unaufhaltsam auseinander. Das schwarze Haar stand zu allen Seiten ab und er schien sich nicht darum zu scheren, dass man ihm einen bösen Blick nach dem anderen zuwarf. In den Händen hielt er zwei Gläser mit Punsch und drückte dem Mittelpunkt des Geschehens eins in die Hände. Fred Weasley lächelte verlegen, ihm schien das Rampenlicht als neuer Stern des Quidditchhimmels nicht zu bekommen. Anders als Scorpius, der sich selbstgefällig darin sonnte.

„Und wenn ihr euch jetzt endlich den Rest des Hauses bitte ansehen könntet“, versuchte Potter die Fans weiter zu vertreiben und machte dabei eine ausladende Handbewegung. „Freddie wird bei einem höheren Alkoholpegel bereit sein Autogramme zu geben und jetzt- husch. V.e.r.s.c.h.w.i.n.d.e.t.“
 

Sichtlich verstimmt löste sich der Pulk auf und Kazran konnte mit anhören, wie Fred Weasley seinen Cousin ermahnte: „Al, du musst nicht gleich immer unhöflich werden.“ - „Ha, du versuchst seit einer halben Stunde die Gaffer höflich loszuwerden. Manchmal ist es einfach besser etwas bestimmter zu sein.“ Der Potter schien überhaupt nicht traurig darüber zu sein, dass er nicht den besten Ruf genoss und prompt erinnerte sich Kazran daran, wie heftig die Gesellschaft über den jüngeren Potter herzog. Er sei ein Taugenichts, jemand der regelmäßig die Schule geschwänzt hätte, mit Ach und Krach den Abschluss schaffte, sich danach ewig lange die Welt ansah und ständig in neue Liebeleien verwickelt sei. Außerdem soll es im Hause Potter sehr heftig zwischen Vater und Sohn gekracht haben. Für einige kleine Skandal war genug gesorgt. Mittlerweile schien Albus ein wenig ruhiger geworden zu sein, hatte einen Beruf gefunden, indem er es aushielt und man könnte meinen, die bösen Zungen hätten mittlerweile ein neues Opfer gefunden. Nein, stattdessen wurde nun groß und breit diskutiert, dass Mr Potter als Fluchbrecher eher zu der risikofreudigen Truppe gehörte und im regelmäßigen Takt mit seinen Vorgesetzten aneinander geriet.
 

Kazran selbst interessiert dies herzlich wenig. Er schlenderte weiter, prostete ein paar Freunden zu und stieß an der Tür beinahe mit jemanden zusammen. Verblüfft sah er in das rosige Gesicht von Adrianna Nott, die jemanden mit sich zerrte und ihn nun überschwänglich begrüßte.

„Entschuldige, Kazran, die vielen Tänze haben mich etwas durcheinander gebracht.“ Sie ordnete eine goldblonde Haarsträhne und die junge Frau neben ihr höhnte: „Nicht die Tänze waren das, du bist eigentlich ständig mit deinen Gedanken nicht beisammen.“

Kazrans Blick fiel auf dunkles Haar und außergewöhnliche blaue Augen. Sein Hals wurde trocken und als Adrianna die junge Dame in die Rippen stieß, stellte sie höflich vor: „'Helia, lass mich dir den wunderbaren Kazran Higgs vorstellen, Monsieur Higgs, dies ist meine überaus liebenswerte, aber auch freche Freundin Ophelia Zabini.“
 

Er nickte knapp und Ophelia lächelte sanft. Es war ein Lächeln, dass ihn verunsicherte, aber auch sehr gefiel. Ihnen beide schien bewusst zu sein, dass Adrianna das eine oder andere Glas Wein zu viel getrunken hatte. Ophelia Zabini entschuldigte sich für ihre Freundin und fragte keck: „Würden Sie mir ihren Zauberstab leihen? Dann könnte ich sie direkt dahin befördern wo sie mit ihrem unreifen Gemüt hingehört, nämlich ins Bett.“ Kazran musste breit grinsen und sprach: „Pardon, damit kann ich Ihnen leider nicht dienen, aber vielleicht tut es auch eine ausgedehnte Trinkpause?“

„Nun hört aber mal zu ihr beiden, ich stehe immer noch neben euch“, empörte sich Adrianna und Opheli kicherte. Gerade, als Kazran ansetzten wollte das Gespräch zu vertiefen, blickte die junge Zabini an ihm vorbei.
 

„Entschuldigt mich bitte“, sprach sie und entfernte sich. Dabei konnte Kazran es nicht lassen ihr nachzusehen. Sie hatte ein wirklich schönes Lächeln und wirkte im Gegensatz zu vieler anwesenden Damen frisch. Adrianna schien zwar beschwipst zu sein, aber ihren gefährlichen spitzen Verstand tat dies kein Abbruch. „Monsieur, du hast dir ein schwieriges Level ausgesucht, wenn du es wirklich versuchen willst.“ Kazran spielte den Ahnungslosen. „Wie bitte?“ Als die Blonde einen Zeigefinger hob, wusste er, dass er dies besser sein gelassen hätte. In einem ernsten, aber auch mahnenden Tonfall erklärte sie: „'Helia ist eine besondere Hexe, sie ist also niemand den man vorübergehend als Beschäftigung missbraucht.“ Da Kazran nicht besonders entspricht darauf war mit Adrianna über solch ein heikles Thema zu sprechen, war es ihm nur Recht, dass sie wenig später von einem jungen Gentleman gestört wurden, der sich darüber informierte, ob er die Nott zum Tanz auffordern dürfte. Nur zu gern wurde Kazran die Blondine los und hatte nicht den kleinsten Einwand. Adrianna schwang die Beine zum Tanz und er sah sich nach der hübschen Zabini um.
 

Vielleicht würde er sie im Nebenraum treffen, denn das Verlangen sie näher kennen zulernen war für seine Verhältnisse ausgesprochen stark. Kazran interessierte sich nicht sonderlich für die Damenwelt. Wenn schon, dann ging er unverbindlicher Beschäftigung nach. Alles andere war ihm bislang immerzu lästig vorgekommen. Im Nebenraum war von der Zabini nichts zu sehen und als er fast aufgeben wollte, hörte er im Flur ihre Stimme. Sie klang belustigt, fröhlich und irgendwie anders.

Erst als Kazran kurz vor der Garderobe stehen blieb und sich vorsichtig umsah, erkannte er, wie jene junge Hexe gegen die Reihe an Mäntel lehnte und einen dunkelhaarigen Zauberer zu sich zog.
 

„Du bist unmöglich, Al.“
 

Kazran blinzelte. Albus Potter?
 

Der Mann lachte und küsste Ophelia sanft, auf beiden Gesichtern breitete sich ein seltsamer Ausdruck aus und sie wirkten erschreckend vertraut. Albus strich durch ihr ordentlich frisiertes Haar und musterte sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Äußerlich bildeten sie einen sichtbaren Gegensatz. Während die junge Zabini für Eleganz stand, wirkte er eher lässig und ein wenig zerzaust. Seine Arme legten sich auf ihre Schulter und sie steckte ihre Hände in seine Taschen der Jeanshose, um ihn so noch etwas näher an sich zu ziehen.
 

„Lass uns von hier verschwinden“, sprach der Potter unverbindlich und Ophelia neigte leicht den Kopf: „Das geht nicht. Unsere Abwesenheit würde auffallen.“

Albus zuckte mit den Schultern. „Und wenn schon. Wir könnten unsere Zeit viel besser verbringen.“ Ophelia lachte leise und dabei lief es Kazran eiskalt den Rücken herunter, denn dieses Lachen unterschied sich stark von dem, welches er kannte. Es wirkte so intim, als würde ihre Stimme nun eine geheime Nachricht davon tragen.

Da Albus ihr nun etwas ins Ohr flüsterte, konnte Kazran dem Gespräch nicht mehr folgen. Er bemerkte lediglich, dass sie kicherte und ihm zustimmte. „Na schön, dann treffen wir uns ins fünf Minuten zufällig am Kamin im Esszimmer.“

Ab da löste sich der junge Higgs schnell von der Wand und schritt eilig in ein angrenzenden Zimmer. Doch noch während er ging, verspürte er ein tiefes Bedauern darüber, das die Hexe, der er zum ersten Mal seit langen Interesse entgegenbrachte, scheinbar gar nicht darauf aus sein würde, sich mit einen anderen Mann als Potter auseinander zu setzten.
 

Sein Neid gegenüber Albus Potter wuchs. Schließlich gab es genug andere Hexen, mit denen er seine Zeit verbringen konnte. Da musste er sich nicht unbedingt einer vorzeige Dame wie Ophelia Zabini widmen. Gleichzeitig wurde Kazran bewusst, dass niemand von der ominösen Beziehung der beiden etwas zu wissen schien. Sie trafen sich heimlich und er fragte sich, was die Gesellschaft dazu sagen würde. Kurz spielte er mit dem Gedanken Täter eines Gerüchts zu werden, über das sich die Gesellschaft den Mund fusselig reden würde. Er verwarf dieses Vorhaben jedoch just in dem Moment, als er an den Schaden dachte, denn er Miss Zabini damit bereiten würde. Es gab schließlich auch andere junge Frauen, denen er sein Interesse entgegenbringen konnte und gewiss waren manche der Dunkelhaarigen nicht allzu unähnlich.
 

Trotz dieser Einsicht wurden seine Schritte schwerer und schwerer.
 


 

- - -
 

Bunte Stoffballen schwebten an ihm vorbei, kostbare Knopfschachteln und teure Seidentücher umzingelten ihn. Trotzdem blieb Kazran Higgs gelassen, mit übereinander geschlagenen Beinen auf einem altmodischen Sessel von Madam Loveberry sitzen und blätterte im aktuellen Tagespropheten. Er stolperte über einen Reisebericht, den seine Verlobte zuletzt verfasst hatte und hielt inne. Dabei drang zum ersten Mal seit einer halben Stunde die warme Stimme von Madam Loveberry an sein Ohr, wie sie versuchte seiner Verlobten gewisse Kleider schmackhaft zu machen. Ophelia stand auf einem kleinen Hocker und trug ein veilchenblaues Kleid im Tudorstil, welches ausgezeichnet mit ihren Augen harmonierte. Der Saum wurde von zwei Mitarbeiterinnen des Loveberry Stübchen für festliche Anlässe abgesteckt. Es sollte ihr Verlobungskleid werden und Kazran befand, dass es Ophelias ganz persönlichen Charme unterstrich. Statt ihrer Bitte nachzukommen und die Verlobung zu lösen, hatte er an seinem Vorhaben festgehalten. Das Ophelia darüber nicht allzu glücklich war, konnte er nachvollziehen, doch er ignorierte diese Tatsache.
 

„Wir könnten natürlich die Spitze der Ärmel noch umändern“, sprach Madam Loveberry kritisch. „Aber zu viel Spitze wirkt etwas überladen und wenn Ihnen dieses Muster gut gefällt, dann können wir es sicherlich bei Ihrem Brautkleid verwenden, welches Sie bei uns in Auftrag gegeben haben.“

Ophelia betrachtete die schmalen Ärmel an ihren Armen und schien zu überlegen. Kazran sah in ihren Augen, dass ihr das Kleid, so wie es war bereits sehr gut gefiel und er versuchte sich vorstellen, wie reizend sie erst aussehen möge, wenn sie die passende Frisur dazu trug.

Er faltete die Zeitung und löste sich von jenem Sessel. Vornehmentlich räusperte er sich und sprach: „Madam Loveberry, würden Sie uns ein paar Minuten alleine lassen?“

„Natürlich“, ereiferte sich die Schneiderin und klatschte energisch in die Hände, sodass ihre zwei Gehilfinnen sofort den Raum verließen. Erst als Kazran die übereifrige runde Hexe nicht mehr im Raum vernahm, schritt er auf Ophelia zu und sah, dass sie sich im übergroßen Spiegel mit dem kitschigen Goldrand betrachtete. Geschickt wich Kazran einigen Stoffballen aus und runzelte verwirrt die Stirn als er ein Muster mit bedruckten goldenen Besen auf einem pechschwarzen Hintergrund passierte.
 

Und zu ersten Mal seit sie miteinander verlobt waren, hörte er Ophelia lachen. Es war ein zustimmender Ton, der seine Gedanken teilte.

„Ich weiß“, sprach sie. „Für ein Verlobungsstoff erschien er mir jedoch etwas zu... eigen.“

Kazran lächelte und ließ seinen Blick an ihrem Kleid entlang gleiten. „Ich finde, du hast eine vorzügliche Wahl getroffen. Es steht dir.“

„Danke“, erwiderte sie knapp und sie ergriff seine Hand, die ihr helfen wollte vom Hocker zu steigen. „Du musst mir hier keine Gesellschaft leisten.“

Kazran war sich dessen durchaus bewusst, aber er nahm jede Gelegenheit wahr Zeit mit ihr zu verbringen, wenn er es konnte.

„Gibt es etwas, was du noch tun möchtest, bevor unsere Verlobungsparty beginnt und dann der Hochzeitsstress seinen Weg bannt?“, informierte er sich förmlich und vermisste die Zeit, in der sie noch ungezwungen miteinander umgegangen waren. Seine verlobte musterte die fertigen Kleider für den einen oder anderen Empfang und ließ die flache Hand über den weichen Stoff fahren.
 

Ophelia zögerte mit der Antwort, schließlich verneinte sie und wies daraufhin: „Ich habe genug von der Welt gesehen, als ich noch alleine reisen durfte.“ Es war ein feiner gezielter Stich und Kazran spürte ihn genau. Kurz ballte sich seine Hand zur Faust und es kostete ihm viel Selbstbeherrschung um seine Maske aufrecht zu erhalten. Ohne mit der Wimper zu zucken, wechselte er das Thema und erklärte: „Ich hoffe, du findest den Weg nach Hause alleine. In zwanzig Minuten erwartet mich Montague zum Essen.“ Es war eine Lüge, er würde sich mit niemanden treffen, sondern lediglich jenen Ort aufsuchen, der sein Platz zum nachdenken geworden war. Ein ehemals prachtvolles Haus der Familie Higgs, von dem nicht mehr all zu viel übrig geblieben war.

Ophelia nickte verstehend, doch bevor er sich abwandte und ging, beugte sich Kazran zu ihr herunter und hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Wange. „Treib Madam Loveberry nicht in den Wahnsinn und wage es nicht ein Kleid aus diesem schrecklichen Besenstoff in Auftrag zu geben.“

Ein leichtes Lächeln glitt über ihre roten Lippen.
 

Er wünschte sich prompt es öfter zu sehen.
 


 

- - -

o8.o8.2o28
 

Ungeduldig schritt Kazran vor einem altmodischen, aber immer noch prachtvollen Anwesen auf und ab. Die Natur hatte sich hier bereits ihr Territorium zurück erobert. Die Pflanzen wucherten vor sich hin und grobe Wurzeln umfassten das einst weiße und kunstvolle Gelände jener Treppen, die zum Eingang führten. Umgeben von Wald stand es seit einigen Jahrhunderten leer und er wollte es nun mit seinem gesparten Gold wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzen, sodass er es selbst beziehen konnte. Der Garten war gigantisch und mochte eine Augenweide werden, wenn sich ein vernünftiger magischer Gärtner erst einmal drum gekümmert hatte und nach den Bauplänen zu urteilen, gab es insgesamt mehr als fünfundzwanzig Zimmer und einen ausladenden Festsaal. Für einen Jungesellen wie ihn die perfekte Bleibe. Sein einziges Problem waren die Flüche, welche über das Haus gelegt worden waren.
 

Sein Vater hatte ihm erzählt, dass es im späten 18. Jahrhundert zu einem Skandal in der Familie gekommen war. Der junge Herr der Familie Higgs hatte sich mit der ebenfalls magischen und reinblütigen Tochter des Familie Seymour vergnügt, aber nicht die Absicht gezeigt ihren Ruf zu wahren. In der magischen Gesellschaft war das Ansehen der Seymours rapide gesunken und die junge Moira hatte sich kaum drei Monde später das Leben genommen. Aus Rache verfluchte ihr Vater den jungen Sprössling. Albertos Higgs wurde in seinen eigenen Anwesen bis zu seinem qualvollen Tod festgehalten. Niemand war in der Lage zu ihm zu dringen, am Ende verhungerte er erbärmlich und die Muggelbewohner eines entfernten Dorfes erzählten sich, dass sie nachts die hilflosen Schreie und Gebete des jungen Lords hörte, wann immer der Halbmond am Himmel stand. Familienmitglieder von Albertos hatten versucht ihn zu retten, aber immer, wenn jemand vorgedrungen war, wurde er von einem Fluch getroffen und nach draußen katapultiert. Lediglich ein simpler Schutzzauber hielt das prächtige Anwesen instand. Eine einfache Generalüberholung würde es gewiss wieder glänzen lassen.
 

Doch vorerst hatte Kazran im Ministerium Bescheid gesagt, dass er einen fähigen Fluchbrecher brauchte. Es hatten sich bereits zwei dieser Sorte eingefunden, ebenso drei Auroren. Die Letzten hatten das Gebiet schon abgeriegelt und sorgten dafür, dass ein Muggel zufällig vorbei schaute. Die zwei Fluchbrecher hatten sich einen Überblick der Lage verschafft und waren bislang recht einsilbig geblieben, als Kazran gefragt hatte, ob es möglich war das Anwesen zu säubern.
 

„Wiss'n se' Mr. Higgs, das isn' schweres Kaliber. Muss sich wer von ner' höheren Abteilung drum kümmern“, brummte der alte Fluchbrecher, mit einem eingefallenen Gesicht und einer Nase so groß, dass sie sein halbes Gesicht einnahm. Der dunkelrote Umhang, der ihn als Fluchbrecher kennzeichnete, schien seine Gestalt verschwinden zu lassen. Sein Gefährte, ein Jungsprung in der Ausbildung nickte heftig und einfältig. Verärgert darüber, dass sich alles in die Länge zog, versuchte Kazran sich nicht anmerken zu lassen, dass er sich dieses Unternehmen leichter vorgestellt hatte. „Ich hoffe, ihr Kollege ist schon auf den Weg hier hin, ich habe nämlich noch andere Termine“, sprach er genervt und wandte sich erschrocken um, als sich eine weitere Stimme einmischte: „ Nicht nur unterwegs, sondern schon da.“
 

Albus Severus Potter grinste ihn breit und in guter Laune an. Er sah verwegen und unordentlich wie eh und je aus. Der Pullover unter seinem dunkelroten Umhang wirkte verwaschen, die Jeans ungebügelt und die Turnschuhe abgetreten. Obwohl der Umhang der Fluchbrecher einschüchternd an ihm wirken sollte, hatte er auf Kazran viel eher die Wirkung, dass er nicht unpassender hätte sein können. Potter betrachtete das alte Anwesen und er sprach beeindruckt: „Hübsche Bude, wird das Ihr Zweitwohnsitz?“ - „Nein“, bemerkte Kazran trocken. Er wusste nicht warum, aber er versuchte zwingend sämtliche Sympathien für den Nebenbuhler abzutöten. „Es wird mein eigenes Heim und angesichts der Größe und vielen Vorteilen ist es etwas ärgerlich, dass der Fluch meiner Vorfahren immer noch wirksam ist.“

„Kann ich verstehen“, gab Albus zu und musterte das Gemäuer. Er schien ehrlich fasziniert. „Sie werden da trotzdem jede Menge Arbeit reinstecken müssen.“
 

Kazran versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass es ihn störte, dass der Potter so viel Anteilnahme zeigte. Während er den Zauberstab in der Hand kreisen ließ und so testete, wie stark der Fluch aufrecht stand, plapperte er nebenbei, als würde er auf einen ganz routinierten Fall treffen. „Na, mit der richtigen Hexen an Ihrer Seite wird so Aufräumarbeit sicher eine Nichtigkeit. Ich selbst überlasse meiner Freundin gern solche Aufgaben. Bin kein sonderlicher Liebhaber von Ordnung und absoluter Sauberkeit.“

„Ihrer Freundin dafür schon?“, Kazran spürte, dass der Kloß in seinem Hals anschwoll. Ganz sicher sprach er von Miss Zabini. Der Missmut in ihm wuchs und wuchs. Doch dann sah er, wie der große Albus Potter verlegen wurde. Die Röte auf seinen Wangen war echt. Er kratze sich an der Nase und stammelte mit einem zarten Lächeln: „J-Ja. Sie ist ordentlich, höflich, erzogen, eigentlich ganz anders als ich. Eine richtige Dame mit all ihren Facetten. Meine Grandma würde sich im Grab umdrehen, wenn sie wüsste, dass es ausgerechnet mir gelungen ist ein so feines Mädchen zu finden.“
 

Natürlich war Miss Zabini eine Dame und obwohl es Kazran ärgern sollte, dass Potter dies ebenfalls erkannt hatte, verspürte er nichts anderes als Scham. Nämlich über sich selbst. Der Fluchbrecher schien sie tatsächlich aufrichtig zu lieben. Etwas, was nicht zu seinem Ruf passte. Aber wer war er schon, dass er dies beurteilen konnte?

„Wenn die Walpurgisnacht ist, dann wollte ich sie bitten mich zu heiraten“, sprach Albus mit ruhiger Stimme, der Klang darin ließ unmissverständlich wissen, dass er es ernst meinte und diesen Gedanken fest verfolgte. Es kostete Kazran viel Überwindung, aber er antwortete: „Dann wünsche ich Ihnen viel Glück.“ - „Danke.“ Albus krempelte nun die Ärmel hoch und sprach nun laut und deutlich: „Aber jetzt wird es Zeit, dass ich mir Ihr Anwesen vornehme. Schließlich wollen wir nicht mehr Zeit als notwendig verschwenden, sondern dafür sorgen, dass Sie mit ihrer Freundin schnellstmöglich hier einziehen können.“
 

Er zwinkerte und verschwand dann mit fest umklammerten Zauberstab ins Innere. Kazran straffte die Schultern. Seine Meinung über den Potter-Spross geriet mehr und mehr ins Wanken. Trotzdem versuchte er sich weiterhin einzureden, dass er es mit einen Blender und unzuverlässigen Taugenichts zu tun hatte. Der Fluchbrecher mit der übergroßen Nase trat zu ihm. Mittlerweile paffte er an einer Pfeife. Seine müden Augen folgten dem jungen Potter ins innere.

„Ich versteh's nich', dass die Leutz so schlecht über'n reden. Er iss'n guter Junge. Fleißig, hilfsbereit und hat ne' Menge Mumm.“ Um seine Worte zu unterstreichen, nickte er und Kazran unterließ es zu antworten. Stattdessen wandte er sich ab und zog seine Taschenuhr hervor, um die Uhrzeit zu überprüfen. Es sah fast so aus, als würden Saphira und Braxton ohne ihn zum essen gehen.
 

Und dann explodierte es brutal hinter ihm, eine heftige Druckwelle ließ ihn zu Boden stürzen.
 


 

- - -
 

Heftig atmend schrack Kazran aus dem Schlaf. Seine Kleidung war Schweiß durchtränkt. Sein Blick glitt panisch durch den dunklen Raum und als neben ihm jemand mit einen leisen „Lumos“ sämtliche kleinen Lichter im edlen Schlafzimmer aufleuchten ließ, weiteten sich seine Augen ein kleines Stückchen mehr. Flackernd glitt sein Blick auf seine verkrampften Hände.

Es war ein Traum, alles nur ein Traum.

„Kazran?“, die sanfte Stimme sorgte dafür, dass sich sein Atem beruhigte. Er liebte es, wie seine Frau seinen Namen aussprach. Es klang liebevoll und seltsam warm. Ophelia berührte vorsichtig seine Schulter. Vor einem Monat hatten sie geheiratet. Das Fest war groß und berauschend gewesen. Zum ersten Mal hatte sein Cousin zur später Stunde vollkommen betrunken zugegeben, dass er sich in Rose Weasley verliebt hatte. Zusammen mit Braxton hatte er danach ein Trinklied nach dem Nächsten geschmettert.
 

Kazran selbst konnte sich nur an eines so stark erinnern, als wäre erst ein Tag vergangen. Der Moment, als er Ophelia die Hand zum gemeinsamen Hochzeitstanz gereicht hatte, war fest in seinem Gedächtnis verankert. Als sie in seinen Armen gelegen hatte und nur sie beide die Tanzfläche für sich hatten, schien die Welt um sie herum nicht mehr zu existieren. Zwar hatte er an diesem Tag noch oft ihre Ablehnung gespürt, aber mit jedem weiteren Tag rückte diese ein wenig weiter von ihnen weg. Sie verhielt sich nun so, wie er es vorausgesehen hatte. Wie die perfekte Ehefrau. Entgegen seiner Androhung hatte er noch nie ein fremdes Bett aufgesucht und Kazran war sich sicher, dass er dies auch weiterhin niemals tun würde. Bei Ophelia fand er so viel Wärme und Zufriedenheit, wie an keinem Ort der Welt.
 

Ihre zarten Finger strichen über seine Stirn, so als wollte sie die feuchten Haare zurück streichen. Kazran zwang sich seine verkrampften Hände zu lockern und atmete tief durch. Dann sah er sie an und konnte sich gerade so für ein schwaches Lächeln aufraffen.

„Was beschert dir nur so furchtbare Alpträume?“, wollte sie sorgenvoll wissen und er fing ihre Hand ab. Als seine ihre umfasste, fühlte er sich sogleich viel sicherer. „Nichts von Belangen“, wehrte er ab, doch davon ließ sich Ophelia nicht beirren. Ihre Miene wurde eindringlich. „Kazran“, wiederholte sie sich, doch dieses Mal streng. „Das ist mittlerweile das dritte Mal, dass du vollkommen panisch wach wirst und wenn wir die zwei Mal vor unserer Hochzeit mitzählen-“

„Unsinn“, versuchte er das Gespräch zu beenden. Doch sie ließ sich nicht abwimmeln: „-dann sind wir beim fünften Mal. Macht dir etwas Angst? Hast du Kummer?“

Er schwieg uns sah sie einfach nur an. Dann seufzte er und langte nach dem Zauberstab auf seinem Nachtisch, damit er das Licht löschen konnte.
 

Ophelia ergriff seinen Arm, damit sie ihn davon abhalten konnte und zum ersten Mal seit sie verheiratet waren, wurde er etwas ruppiger. „Es ist alles in Ordnung. Ich würde es dir sagen, wenn es wichtig wäre.“

Die Lüge kam ihm so glatt über die Lippen, dass er sie fast selbst glaubte. Die Umrisse des Schlafzimmers verschwanden kurze Zeit später vor seinen Augen und es wurde wieder alles dunkel. Doch dieses Mal spürte er, dass etwas gegen seine Schulter lehnte und Ophelia seine Hand mit ihrer verschränkte. Ohne es zu wissen spendete sie ihm unschätzbaren Trost. Doch statt sich darüber zu freuen, dass sich Ophelia daran zu gewöhnen schien an seiner Seite zu weilen, riss diese Tatsache in sein Herz ein gewaltiges Loch. Nach jeden Traum wurde es schwerer für ihn ihr gegenüber zu stehen. Denn seit jenem Tag war ihm eins so bewusst, dass es mehr und mehr unerträglich wurde.
 

Sie war nicht die Seine.
 


 

- - -

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Der Boden war übersät mit Schutt und Staub. Noch immer hing der verbrannte Geruch einer Explosion in der Luft. Nur langsam und zögerlich wagte es Kazran die Augen zu öffnen. Er lag ausgestreckt, den Stock noch immer fest umklammert auf den schmutzigen Boden. Im ersten Moment hörte er absolut gar nichts. Sein Kopf war wie ausgeschaltet und jeder Nerv in seinem Körper erschien ihm taub. So spürte er wieder die offene Wunde, die sich auf seiner rechten Gesichtshälfte entlang zog, noch sein merkwürdig angewinkeltes Bein. Wie in Trance setzte er sich langsam aufrecht und sah nichts anderes als eine Wand aus Staub. Der Fluchbrecher, der neben ihm gestanden hatte, lag noch immer bewusstlos am Boden. Und während dieser gespenstischen Stille, glitt der Blick des jungen Higgs über das, was vor ihm lag. Der Staub gab die Sicht frei und er erkannte, dass das gesamte Anwesen nur noch der Rest einer Ruine war. Brutale Schneisen zogen sich den Boden entlang, bis hoch zu den Bäumen. Viele waren in der Mitte gespalten und krachten nun geräuschevoll zu Boden.
 

Und dann hörte er Stimmen. So als kämen sie von weit weg, Erst schwach, dann immer deutlicher. Der junge Fluchbrecher schien unversehrt und schien im Affekt zu handeln. Sofort zückte er seinen Zauberstab, ließ es rote Funkeln rieseln und schickte so ein akutes Notsingnal ins Ministerium. Hastig eilte er auf sie zu, schnippte zwei Mal vor Kazrans Augen mit den Fingern, sodass er das Gefühl hatte, jemand würde einen Schalter in seinem Kopf umlegen. Er war wieder da. Der Schock ließ nach. Der Fluchbrecher sprach mit bemüht ruhiger Stimme während er die Atemwege seines Kollegen überprüfte: „Mr Higgs, bleiben Sie hier. Medimagier sind auf dem Weg. Rühren Sie sich nicht von der Stelle.“ Abwesend nickte Kazran, dann eilte der Fluchbrecher direkt auf die Ruine zu.
 

Potter! - schoss es Kazran durch den Kopf. Er war in das Anwesen gegangen, um den Fluch zu brechen. Unter viel Mühe erhob Kazran sich und humpelte langsam auf den Tatort zu. Dabei kehrte der Schmerz mit voller Wucht zurück. Er spürte das Brennen in seinem Gesicht, die Qual in seinem Bein und schließlich sogar das Dröhnen seines Kopfes. Dein Blick fand den roten Mantel des jungen Fluchbrechers und je näher er diesem kam, umso trockener wurde sein Hals. Der Jüngling hatte sich nieder gekniet und eine umgestürzte Säule versperrte Kazran die Sicht. Gerade, als er sich ein paar lädierte Stufen hochziehen wollte, ploppte es und drei Medimagier rannten an ihm vorbei. Sofort erhob sich der Fluchbrecher und machte den Heilern platz. Mehrere Auroren erschienen und riegelten sofort das Gelände mit einen Unsichtsbarzauber ab, sodass kein Muggel in die Nähe kam.
 

„Mr Higgs, setzten Sie sich, bitte“, eine junge Heilerin ergriff seinen Arm und sorgte bestimmt dafür, dass er keinen Schritt weiter ging. Doch auch als er saß, konnte Kazran seinen Blick nicht von der Ansammlung nehmen, die sich zehn Meter von ihm entfernt angesammelt hatte. Die dürrte Heilerin mit den Topfschnitt öffnete ihre Tasche und begann ihn zu untersuchen. All dies nahm er kaum wahr. Erst nach einer halben Ewigkeit löste sich ein Kollege von der Ansammlung und kam auf sie zu. Er bat um eine ätzende Kräutermischung und die Hexe sprach: „Aussichtslos?“

„Ja“, antwortete der bärtige Mann in der orangen Weste mit den weißen Kittel darunter. „Kein schöner Anblick. Kümmere du dich um die mit dem größeren Glück.“ Er wollte gerade kehrt machen, als Kazran dessen Arm ergriff. Seine Stimme klang rau und heiser: „Was soll das heißen?“

Kurz tauschten die zwei Heiler einen Blick miteinander, schließlich antwortete die Hexe mit ruhiger und einfühlsamer Stimme: „Das bedeutet, dass für ihn jede Hilfe zu spät kommt.“ Übelkeit stieg in ihm auf und Kazran fühlte sich, als würde der Boden unter seinen Füßen in zwei gleiten.
 

Albus Potter war tot.
 

Fortsetzung folgt...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  taluna
2013-04-26T10:39:35+00:00 26.04.2013 12:39
Hallo Dada :D

Da bin ich wieder und dieses Mal muss ich wirklich sagen: Du Quälgeist! Wieso lässt du deine Hauptcharaktere immer so leiden D: kommt das von der Aussage: im wahren Leben gibt es kein Happy End? Dx
Jedenfalls, dass war eine Bombe, sie hat ziemlich viel aufgeklärt, warum Albus nicht mehr da ist, was passiert ist, woher Kazran kommt (ein hoch auf Dr. Who) und wie er wirklich denkt. Du gibst mir ein bisschen Muse mein eigenen Zeitplan durchzuhalten ;D und ich hoffe, dir gelingt das letzte Kapitel genauso toll und bombig wie dieses hier.
Zudem bin ich sehr gespannt, aus welcher Sicht das letzte Kapitel ist, anbieten würde sich ja Albus, aber weil er tot ist würde das wohl nicht so passen, oder? jedenfalls glaube ich, dass du dir noch was richtig tolles einfallen lassen wirst :)

Bis zur letzten Schlacht :D

taluna
Von: abgemeldet
2013-04-26T10:26:52+00:00 26.04.2013 12:26
Liebe Dahlie,

ich fand es gut, das Kapitel aus der Sicht von Kazran zu lesen (Himmel, was ein geiler Name!)Zuerst wusste ich nicht, worauf das Ganze hinaus laufen sollte, gut man sah, wie er Ophelia das erste Mal begegnete und so weiter, aber erst in der Szene, als er auf Albus alleine traf, vor seinem Anwesen, da hat es mich doch echt umgehauen. Ich habe richtig Bauchaua bekommen Q_Q
Wie brutal ist das bitte! Er hat damit ja eine ziemliche Last auf sich geladen... und meine schlimmste Befürchtung ist wahr geworden, Ophelia weiß nichts davon...
Wenn ich mir dieses Gefühlschaos so ansehe, dann weiß ich nicht, welche Liebesgeschichte ich schöner finden soll, ein bisschen tendiere ich zu Albus, auch wenn ich jetzt weiß, dass es nichts mehr wird mit den beiden. Trotzdem, Albus hat etwas, was Kazran fehlt und umgekehrt.
Ich bin nun zutiefst gespannt, wie du das alles entknoten willst, bzw. wie es ausgehen soll.

Grüße Herzlady.


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