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Die Magie der Worte

von

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Akt 9: Ein Ferienhaus voller Überraschungen

„In meinem Drama geht es um einen Zwist zweier Familien, sie heißen Montague und Capulet. Vor etwa 14 Jahren geschah die Tragödie, doch ein Mädchen hat sie überlebt: Juliet, die Fürstentochter. Durch diesen Gewaltakt konnte Fürst Montague den Platz des ehemaligen Machthabers Capulet einnehmen. Sein Sohn heißt Romeo.

Das Schicksal von Juliet ist es, die Familienehre der Capulets reinzuwaschen, aber unglücklicherweise hat sie sich in Romeo unsterblich verliebt.

Doch diese große und unschuldig reine Liebe der beiden kann sich dem heftigen Wirbel des Schicksals nicht entziehen. Sie wird hineingezogen, herumgestoßen und schließlich auseinandergerissen.

Juliet, wie willst du diese wilden Wellen besiegen? Wie erträgst du es, diesen dornigen Weg weiterzugehen, der sich doch nie lange mit dem deines geliebten Romeo kreuzt?

Noch habe ich die Tragödie nicht zu Ende geschrieben, ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht!!“, flüstert der Dichter und taucht erneut seine Feder in das Tintenfass. Schwarze Buchstaben der Tragödie vermischen sich mit dem reinen, weißen Pergament der Unschuld.

 

Wir saßen in der Kutsche, welche hin und her ruckelte.

Es war klar, dass Juliet weggebracht werden musste. Schließlich war ganz Neo Verona wild darauf, sie zu fangen und der Jagd nach Mädchen eine Ende zu bereiten.

Allerdings gingen mir Williams Worte an Juliet nicht aus dem Kopf:

„Du weißt, ich bin auf dein Überleben angewiesen. Die Geschichte muss weitergehen. Die unerfüllte Liebe zwischen euch beiden kann nur noch durch ein Wunder eine glückliche werden.

Sobald die Luft rein ist, komme ich auf den Familiensitz in Mantua nach. Bis dann!“

Er schrieb an irgendetwas, das war sicher. Noch hatte ich keine wirklich zufriedenstellende Antwort erhalten, wenn ich mich erkundigen wollte.

Juliet starrte wohl gedankenversunken aus dem Fenster, ich war mir unsicher, ob ich etwas sagen sollte oder nicht. Da es bis zur Ferienresidenz von Williams Mutter ein weiter Weg war, döste ich ein wenig und schlief schließlich ein, das Schaukeln der Kutsche unterstützte mich dabei.

 

Ein Erdbeben erschütterte die Erde, einige Steinbrocken lösten sich von den Felsen und donnerten in das Tal hinunter.

„Die Träne der Göttin fällt trauernd auf die Erde. Flügel falten sich zusammen mit einem Donnern, das laut im Orbit widerhallt“, hörte ich Ophelias Stimme.

Ich stand auf einem Felsen, der Untergrund brach plötzlich weg und ich stürzte ins Leere.

 

Ich schreckte aus dem Schlaf und stellte fest, dass wir zu einer Rast angehalten hatten.

Nachdem ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte, stieg ich aus und bemerkte, dass Juliet besorgt zu den Sternen empor sah.

„Nun schau nicht so ängstlich. Das Sommerhaus von Lady Ariel ist ein sicherer Ort“, beruhigte ich sie.

„Ich habe keine Angst! Ehrlich gesagt: Ich freue mich darauf, im Haus einer Adeligen zu sein“, antwortete sie und lächelte.

„Viele Ferienresidenzen stehen leer seit Montague an der Macht ist. Man muss viel mehr Zeit in der Hauptstadt verbringen. Deswegen wirkt die Gegend wie ausgestorben“, merkte Francesco an, bevor er die Ryubas an einem Fluss tränkte.

„Eines Tages werden wir uns wiedersehen. Das weiß ich sicher! Und mein Herz ist immer bei dir und ich weiß, dass deins bei mir ist, Romeo“, flüsterte Juliet leise zu sich selbst, nachdem sie sich von mir abgewandt hatte.

„Sag mal... Denkst du oft an ihn? Willst du Romeo wiedersehen? Mir kannst du es sagen, das weißt du“, bot ich ihr an und sie sah mir in die Augen, dann legte sie ihre Hände auf meine Schultern.

„Ja, das will ich. So sehr... Aber die Zeit ist noch nicht gekommen. Romeo ist weit weg, sein Vater hat ihn in ein Bergwerk geschickt“, antwortete sie wehmütig und ich senkte den Kopf.

„Ich weiß, ich habe es gehört. Ich verstehe jetzt, warum du manchmal so traurig aussiehst“, erwiderte ich und sie sah erneut zu den Sternen hinauf.

Die restliche Fahrt nach Mantua verstrich ohne weitere Zwischenfälle, was uns sehr beruhigte.

Wir hatten Angst, von den Wachen des Duce angehalten zu werden.

Obwohl wir Williams Familienwappen bei uns trugen, waren wir nicht erpicht darauf mit den Häschern Montagues zusammenzutreffen.

Als wir in Mantua angekommen waren, wollte Curio seinen Klatsch und Tratsch-Wissensstand aktualisieren und da Francesco die Lust verspürte, sich etwas die Beine zu vertreten, begleitete er seinen Freund.

Ich blieb bei Juliet und wir warteten, bis die beiden zurückkehrten.

„Tut uns Leid! Es hat etwas länger gedauert“, stellte Curio fest, als sie die letzten Meter auf uns zuliefen.

„Wir haben etwas Schlimmes gehört! In dem Bergwerk, in dem sich Prinz Romeo befindet, hat es einen Unfall gegeben!“

Juliet und ich erschraken.

„Und habt ihr noch mehr darüber gehört?“, fragte ich.

„Anscheinend war ein Erdbeben daran schuld und es hat Verletzte gegeben. Aber genaues weiß man noch nicht“, erklärte Curio und ich erstarrte.

Ein Erdbeben? Genau wie in meinem Traum vorhin…

War das Zufall? Nein… es war kein Zufall, denn nichts geschah ohne Grund.

Also war das kein Traum gewesen… sondern Realität!!

„Verstehe...“, sagte Juliet relativ gefasst.

„Der Vorfall wird sicher sehr ernst genommen. Da es sich bei Romeo um den Sohn des Duce handelt passt man auf. Er wurde zwar verbannt, aber er bleibt ein Fürstensohn. Ich bin sicher, er wurde rechtzeitig aus dem Stollen gebracht. Vielleicht ist er jetzt schon wieder Zuhause“, wollte Francesco die Fürstentochter beruhigen.

„Du hast Recht. Kommt! Lasst uns fahren, damit wir das Haus bald erreichen!“, bat Juliet und ihrer Bitte wurde Folge geleistet.

Die Bäume der Auffahrt waren grasgrün und die Sonne schien, als wir vor dem Ferienhaus ankamen.

Ich stieg zuerst aus der Kutsche und richtete mich auf.

Nach mir kam Francesco und zum Schluss erschien Juliet.

Curio sprang vom Kutschbock, als sich die Tür des Hauses öffnete.

Der Butler trat heraus und wollte uns begrüßen, doch in diesem Moment fielen mir beinahe die Augen heraus.

„I… Ich glaub‘s nicht!“, brüllte ich, „Wie kommst du hierher? Hä???“, schrie ich, alle sahen mich verwirrt an.

„Sag bloß du kennst Balthasar, Watanuki?“, fragte mich nun Curio und ich starrte ihn verdutzt an.

„B… Balthasar?“, hakte ich nach.

„Das ist Domeki!“, rief ich aufbrausend und deutete mit einer Mischung aus Unhöflichkeit und Forderung auf den Butler.

„Verzeihen Sie, werter Herr, aber mein Name ist Balthasar!“, widersprach der Butler ungerührt meines Wutausbruchs, doch ich knirschte mit den Zähnen.

„Warte nur, bis ich dich erwische, WILLIAM SHAKESPEARE! Das wirst du mir büßen! Wie konntest du mir nur so etwas antun? Jetzt bin ich einmal in eine andere Welt gesprungen und dachte, ich sei sicher vor diesem blöden Typen und jetzt? Hab ich ihn wieder an der Backe! Und er erkennt mich noch nicht einmal! So eine Frechheit! Der will mich doch aufs Dach nehmen!“

„Wovon redest du da, Watanuki?“, erkundigte sich Juliet, anscheinend amüsiert über meinen Gefühlsausbruch, leider kam ich nicht mehr dazu, ihr eine Antwort zu geben, da gewisser Butler soeben das Wort ergriff:

„Ich habe Euch bereits lange erwartet, Prinzessin Juliet.

Lady Ariel hat mir alles erzählt. Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen, denn hier seid Ihr sicher.

Dies hier ist meine Verlobte Legan. Sie wird Euch jeden Wunsch erfüllen, wenn Ihr etwas begehrt.“

Eine hübsche Frau erschien hinter ihm.

Sie hatte lange, lockige braune Haare, welche sie an ihrem Hinterkopf in zwei Zöpfe aufgeteilt hatte…

Moment mal…!!!!

Ich starrte von der jungen Frau zu dem Butler und wieder zurück.

Dann bekam ich einen erneuten Schreikrampf.

„VERLOBTE?!“, brüllte ich und deutete nun auf das Mädchen.

„Himawari… ist DEINE VERLOBTE???!!!!“

Ich spürte, wie ich hyperventilierte und mich ganz dezent auf den Boden platzierte – ich kippte mit einem Schlag um.

Diese Neuigkeit haute mich im wahrsten Sinne des Wortes um.

Was taten Domeki und Himawari hier? Und warum waren sie, waren sie…

Nein. Zu kompliziert, um darüber nachzudenken.

Ich sollte meinen Kopf leeren und zwar schnell.

„Ich bringe Euch ins Haus. Wenn Ihr mir bitte folgen wollt“, sagte Domeki unbeeindruckt und alle gingen wortlos an mir vorbei.

„Kommst du, Watanuki?“, fragte Juliet freundlich und hielt mir ihre Hand zum Aufstehen hin.

Ich warf ihr einen verzweifelten Blick zu, bevor ich ihre Hand ergriff.

 

Wir folgten ihm. Doch ich bewarf ihn mit sämtlichen Tötungsblicken, die ich im Repertoire hatte.

Ich konnte ihn jetzt schon nicht ausstehen. Aber wie war das möglich, dass er Domeki zum Verwechseln ähnelte? Und dass diese Legan wie Himawari aussah und sogar mit ihm verlobt war?

Es brach mir das Herz, ließ es ausbluten und wurde mir danach von meinem Peiniger wieder in die Brust gequetscht.

Hatte William da wirklich nicht seine Finger im Spiel? Es war beinahe unmöglich, dass dies purer Zufall war…

Oder war es etwa ein Streich von Yuko, um mich zu ärgern?

„Wir haben hier ein Wohnzimmer sowie ein großes Esszimmer und einen Salon im Erdgeschoss. Die Schlafgemächer befinden sich in der oberen Etage“, erklärte der Butler, dann zeigte er uns auf der Terrasse einen kleinen Tisch mit vielerlei Sorten Kuchen darauf.

Nachdem wir uns gestärkt hatten, erhob sich Juliet.

„Ich werde mal ein bisschen im Garten spazieren gehen“, informierte sie uns und ging die Stufen zum Garten hinunter.

Ich blickte ihr nachdenklich hinterher.

Als sie gegen Abend immer noch nicht im Haus war, begab ich mich auf die Suche nach ihr.

Ich fand sie bei einem kleinen Schrein, wo sie vor einer Statue niederkniete und gerade betete.

Lautlos trat ich von hinten an sie heran.

„Romeo... Ich glaube an dich, Geliebter... und bete … dass du sicher wieder heimkommst“, hoffte sie und hatte den Kopf gesenkt.

„Du musst ihn wirklich sehr lieben“, schlussfolgerte ich und sie stand auf, ohne sich zu mir herumzudrehen.

„Ja, das tue ich. Aber ich habe vorher auch für dich gebetet, Watanuki. Und zwar, dass du irgendwann einmal ebenfalls deine große Liebe finden wirst! Du warst vorhin so seltsam… was war denn mit dir los?“

„Das ist wirklich nett von dir, dass du dir Gedanken um mich machst.

Du weißt doch, dass ich von weit herkomme und Balthasar und Legan, sie… sehen zwei Freunden von damals sehr ähnlich!“

„Warst du denn in dieses Mädchen verliebt?“, hakte Juliet nach und ich errötete augenblicklich.

„Ich bin es immer noch, ja“, antwortete ich wahrheitsgemäß und Juliet überreichte mir eine der weißen Iris, welche hier im Garten blühten.

Überrascht sah ich zu ihr auf, hielt verdutzt die Blume in meiner rechten Hand.

„Dann wünsche ich dir, dass sie dich auch einmal von ganzem Herzen lieben wird!“

„Vielen Dank… Juliet“, lächelte ich und roch an der weißen Iris, welche silbrig hell im Licht des Vollmondes leuchtete.

 

Am nächsten Tag begleiteten Curio, Francesco und ich die Tochter der Capulets auf den Markt, wo wir einkaufen gingen.

Ich schaute mich in dem regen Treiben um und erkannte plötzlich Camillo, welcher Juliet auf offener Straße verraten und ihr mit den Wachen des Duce nachgestellt hatte.

„Francesco!“, zischte ich, „Das ist der Typ, der uns verraten hat!“, knurrte ich und deutete unauffällig auf den korpulenteren Mann.

Die Augen des Blonden weiteten sich erstaunt.

„Camillo…“, flüsterte er und gab sofort den anderen Bescheid. Schon war unser kleiner Einkaufsbummel vergessen.

Wir verfolgten den Verräter bis zu seiner Villa und rissen die Eingangstür hinter ihm auf.

Offenbar hatte er sich nach dem Scheitern seines Planes hier versteckt, weit von der Hauptstadt weg. Wobei… hatte sich nicht eigentlich Tybalt um ihn gekümmert?

„Lange nicht gesehen, alter Freund!“, erhob Curio seine Stimme.

„Wie günstig, dass niemand Zuhause ist. Wir wollten uns in Ruhe mit Euch unterhalten“, meinte Francesco und Camillo erschrak sichtlich. Mit unserer Anwesenheit hatte er wohl nicht gerechnet.

„Ich habe nichts verbrochen! Wie kommt ihr eigentlich hierher?“, wollte der Verräter wissen, seine Antwort klang für mich jedoch nicht sonderlich überzeugend.

„Es zeugt nicht gerade von den besten Manieren, so in ein Haus einzubrechen“, mischte sich eine andere Stimme ein und wir blickten die Treppe empor.

„Tybalt! Was macht Ihr denn hier?“, fragte Juliet und sprach damit eine Frage aus, die uns im Moment wohl allen auf der Seele brannte.

„Tybalt, hilf mir! Die wollen mir ans Leben!“, rief Camillo und wollte sich an den Rockzipfel des jungen Mannes hängen.

Jetzt verstand ich gar nichts mehr.

Arbeitete Tybalt etwa mit diesem Camillo zusammen?!

„Das ist doch nur verständlich bei solch einer Ratte wie dir!“, antwortete Angesprochener verächtlich und legte dem Verräter ein Messer an den Hals, was meinen Verdacht wieder unlogisch erschienen ließ.

„Nimm sofort das Messer weg! Ich bin dein Vater! Wie kommst du dazu, mich auch noch zu bedrohen?“, schrie Camillo.

„Vater?“, stieß Juliet halb entsetzt, halb verstört aus.

„Verschwinde, du widerlicher Wurm, bevor mir aus Versehen das Messer ausrutscht.

Ich verabscheue dich!“, zischte Tybalt und stieß ihn von sich weg. Camillo flüchtete aus dem Haus, Curio, Francesco und ich wollten ihm folgen, doch Juliet hielt uns davon ab.

„Sag uns die Wahrheit, Tybalt! Ist Camillo, der Verräter tatsächlich dein Vater?

Wer bist du wirklich? Ich will mit dir reden!“, sagte sie und ging entschlossen zu Tybalt, der sich von uns abgewandt hatte und die Treppe hochlief.

Wir gingen den beiden mit einem gewissen Abstand hinterher und blieben vor der Zimmertür stehen, hinter welcher Juliet und Tybalt miteinander sprachen.

Ich kam noch gerade rechtzeitig, um das Wichtigste mitanzuhören:

„Die Frau dort rechts hinten auf dem Gemälde... Das ist meine Mutter. Sie war eine Capulet. Aber mein Vater ist... Leontes Candore Bando Montague. Mein Vater ist der Duce“, gestand Tybalt gerade und ich sog scharf die Luft ein.

Sein Vater war der Duce??

„Das bedeutet, Ihr seid der Bruder von Romeo...“, schlussfolgerte Juliet.

„Meine Mutter wurde von dem Duce verführt und verlassen als sie schon schwanger war. Er heiratete dann eine andere Frau, die Mutter von Romeo.

Meine Mutter blieb ihrem Schicksal überlassen. Geschwängert und allein stand sie da. Sie starb kurz nach meiner Geburt. Sie hat nie gewollt, dass der Duce erfährt, dass ich sein Sohn bin. Camillo nahm mich dann in seine Obhut. Aber als ich 15 war bin ich von hier weggegangen. Ich habe es nicht mehr ertragen!“, erzählte Tybalt.

„Dann verstehe ich, warum Ihr Montague so hassen müsst“, seufzte Juliet verständnisvoll.

„Ja. Warum er die Capulets auslöschen wollte, weiß ich nicht. Aber meine Mutter hat er schändlich behandelt. Ich kann niemanden achten, der sich an die Macht mordet.

Und genau das hat er getan! Der Duce Montague ist mein Feind genauso wie Eurer. Lasst uns zusammen kämpfen!“, forderte er sie entschlossen auf.

Es war wirklich eine wahre Kampfansage.

Ich wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte, auch als wir ins Ferienhaus zurückfuhren und ich schließlich in meinem Zimmer zum Fenster hinausstarrte, musste ich wohl ziemlich nachdenklich wirken.

Dann sah ich Domeki zusammen mit Himawari im Garten stehen und ballte augenblicklich die Fäuste.

„Wann kommst du endlich, Willy, damit ich dir den Hals herumdrehen kann…?“, flüsterte ich und als ob mich ein höheres Wesen gehört hätte, fuhr plötzlich eine Kutsche vor und der Schriftsteller stieg zusammen mit Conrad und Emilia aus.

„Sie kommen!“, rief ich laut und polterte die Treppen hinunter.

Francesco, Curio und Juliet, welche von meinem Rufen aus ihren Zimmern gelockt wurden, folgten mir nach unten, als die Gäste eintraten.

„Hallöchen, alle zusammen! Hier sind wir! Pünktlich wie das Eichhörnchen, das die Nüsse vor dem Winter vergräbt!!“, sagte Shakespeare und Emilia schielte über seine Schulter zu Juliet herüber.

„Nanu, dich kenn ich doch. Bist du nicht der freche Odin? Warum verkleidest du dich denn auf einmal als Mädchen?“, wollte sie wissen.

„Früher hat sie sich als Junge verkleidet. In Wirklichkeit ist sie ein Mädchen“, erklärte Willy, der sich ihr zugewandt hatte.

„Was? Das gibt’s nicht! Dann bist du in Wirklichkeit wohl diese Juliet!“, stellte Emilia völlig überrascht fest.

„Ja, und für das Versteckspiel möchte ich mich auch bei Euch entschuldigen“, meinte Juliet aufrichtig.

„Ich glaub, mich trifft der Schlag! Unfassbar! Juliet Capulet in voller Lebensgröße!“

Emilia wollte kreischend davonrennen, doch William packte sie an ihrer Halskette und zog sie zurück.

„Kind, mach nicht schon wieder die Ryubas scheu! Das bringt überhaupt nichts! Du spielst eine wichtige Rolle dabei! Du hast auch mitgeholfen, sie zu verstecken!“, merkte der Schriftsteller an.

„Aber unfreiwillig...“, maulte die Schauspielerin, dann war sie still.

„Ich habe dir etwas mitgebracht. Das ist für dich!“, fuhr William fort und überreichte Juliet das Familienschwert der Capulets, welches sorgsam in ein weißes Tuch eingewickelt war.

„Erst jetzt habe ich die Reife erlangt, die nötig ist, dieses Schwert zu tragen. Ich bin würdig geworden“, sagte die Tochter der Capulets entschlossen und nahm die Waffe an sich.

„So ist es“, bestätigte Willy.

„Ich werde mich von jetzt ab der Verantwortung stellen, die dieses Schwert mit sich bringt. Und ich werde dem Familienwappen keine Schande mehr bereiten!“, schwor sie laut und ich trat langsam vor:

„Ach, William, wir haben da noch etwas Wichtiges zu klären… Ihr entschuldigt uns bitte?“

Ich hatte mit ihm noch ein Hühnchen zu rupfen… und zwar ein ganz, ganz fettes! Um die Dringlichkeit meines Anliegens zu verdeutlichen, packte ich den Dichter am Arm und zog ihn hinter mir her.

„Was ist denn, Watanuki? Au! Du hast ja Hände wie Schraubstöcke, du tust meinem zarten Oberarm weh!“

„Oh entschuldige! Aber wenn man mich ärgert, bekommt man auch meinen Zorn zu spüren!“, fauchte ich so gar nicht bedauernd und knallte die Tür hinter uns zu, als wir in meinem Zimmer angekommen waren.

„Oh, ich kriege ja Angst!

Was gibt es denn so Wichtiges?“, fragte Willy und betrachtete die weiße Iris, welche in einer Vase stand, doch ich baute mich vor dem Dichter auf, um ihm zu zeigen, dass ihm sein Möchtegern-Ablenkungsmanöver gerade nicht gelungen war.

„Warum in Gottes Namen sind Domeki und Himawari hier? Häää?“

„Wer und… wer bitte?“, hakte der Dichter nach, anscheinend sagten ihm diese Namen nichts.

„Der Butler und seine Verlobte! Klingelt’s jetzt?“, wollte ich zähneknirschend wissen und stemmte die Hände in die Hüften.

„Ja… und weiter? Kennst du die beiden etwa?“, fragte William interessiert.

„Kennen? Sie sind meine Freunde in meiner Welt und in meiner Zeit! Also, was haben sie hier in Neo Verona zu suchen? Hast du etwas damit zu tun?“, stellte ich beinahe schon anklagend eine Gegenfrage, dann führte ich einen Monolog gegen die Wand:

„Meine geliebte Himawari… sie ist mit Do… Do… Domeki… verloooooobt!!“

Ich heulte los wie ein Schlosshund.

„Ach, du bist also in diese Himawari verliebt? Interessant…“, hauchte Shakespeare.

„NEIN!“, brüllte ich laut.

„Die Antwort kam zu schnell. Hättest du sie emotionslos rübergebracht, würde man sie dir vielleicht abkaufen. Aber so mein Lieber hast du dich verraten!

Lass dir von mir einen Tipp geben: Die Liebe ist wie ein scheues Tier, das davonläuft, wenn man es gefangen nehmen will.“

„Ach, lass mich doch mit deinen philosophischen Sprüchen in Ruhe!“

„Ich hätte da etwas, was dich ablenken könnte…!“, schlug William vor und ich sah augenblicklich auf.

 

„Ich muss ihn nun in die Hölle schicken!“, sagte Juliet inbrünstig. Sie trug einen weißen Umhang und erhob ihr Schwert.

„In dieser korrupten Welt existiert keine Gerechtigkeit. Wen wundert's? Selbst der Glanz deines Schwertes ist nicht mehr als güldener Plunder! Siehst du das nicht?“, fragte ich mit verstellt dunkler Stimme. Ich hatte einen Eimer auf dem Kopf, ließ meinen Umhang umherwirbeln und setzte mich beinahe majestätisch auf einen Stuhl, wo ich daraufhin auch gleich meine Beine übereinanderschlug.

„Mein Schwert nennt Ihr Plunder? Das dürft Ihr nicht! Nein!“, rief Juliet und trat näher.

„Nein! Schluss! Aus! So geht das nun wirklich nicht! Juliet, Ihr seid ein Ritter der Gerechtigkeit, der den bösen König niederstreckt!“, winkte William ab und ich richtete meinen „Hut“, der sich allerdings nicht sonderlich begeistert über den Stellungswechsel zeigte, da der Henkel genau auf meine Nase herunterknallte.

Tränen und Schmerzensschreie unterdrückend, hörte ich gerade noch, wie Juliet daraufhin etwas schüchtern erwiderte:

„Ähm, ja...“

Die Rothaarige nahm das Schwert höher und kam noch einen Schritt auf mich zu.

„Streng dich gefälligst ein bisschen mehr an!“, bat William, doch es klang mehr wie ein Befehl, seine fast drohende Körperhaltung bestätigte mich in meiner Vermutung.

„Aber sie hasst mich doch gar nicht!“, warf ich ein, nachdem ich den Henkel wieder erfolgreich nach oben dirigiert hatte.

„Nein, Watanuki, ich hasse dich wirklich nicht! Du bist mein bester Freund!“, bestätigte Juliet und kicherte, als ich die Augen verdrehte.

Sie wusste haargenau, was ich gemeint hatte!!

„Ich meinte auch nicht, dass du mich hasst, sondern die Figur, die ich spiele! Den Duce Montague!“, erwiderte ich und schloss die Augen, um meine innere Ruhe wiederherzustellen.

„Habt Ihr ihm denn niemals den Tod gewünscht, diesem Tyrannen? Er hat Eure Familie auf dem Gewissen! Ihr müsst ihn doch hassen!?“, fragte Conrad und Juliet sah ihm durchdringend in die Augen.

„Weil ich seinen Sohn liebe... hasse ihn nicht mehr. Diese Liebe in meinem Herzen hat es möglich gemacht, dass ich ihn nicht hassen muss“, antwortete sie und William brach bei ihren Worten beinahe in Tränen aus.

„So romantisch, oder, Watanuki?“

„Mmh“, machte ich beinahe gelangweilt.

„Und dennoch werde ich wohl... um meiner Familie willen und um all derer, die sich für Neo Verona eingesetzt haben... den Duce Montague töten müssen“, flüsterte Juliet leise, sodass nur ich sie hören konnte.

Mitleidig betrachtete ich sie.

Wieso hatte ich mich noch mal auf dieses Theaterstück eingelassen?

Ach ja… William wollte mich „ablenken“… War ihm ja toll gelungen.

Ich konnte nicht schauspielern. Ich war einfach mies darin!

Wobei… spielte ich nicht eigentlich schon die ganze Zeit Theater? Machte ich den Personen hier nicht weis, dass ich nach Neo Verona gehörte und schon immer ein Teil dieser Welt war?

In diesem Moment… fiel mir der Henkel wieder ins Gesicht.

 

Als wir am nächsten Morgen Flugblätter verteilten, um für das große Theaterstück Werbung zu machen, hörte ich, dass die Leute aus Romeos Bergwerk angeblich in ein Dorf gezogen waren, welches ganz in der Nähe von Mantua lag.

Mit dieser Neuigkeit eilte ich sofort zu Juliet ins Ferienhaus zurück, welche aus Sicherheitsgründen nicht mit zum Marktplatz gekommen war und in ihrem Zimmer auf dem Bett saß.

„Nein“, entschied Juliet, als ich ihr die doch eigentlich frohe Botschaft mitteilte.

„Aber wieso denn nicht? Na, hör mal! Dein Romeo ist wahrscheinlich ganz in der Nähe!“, protestierte ich.

„Trotzdem... ich kann nicht einfach von hier weggehen. Es wäre zu gefährlich...“, widersprach mir die Capulet-Tochter erneut.

„Ach, komm! Du wolltest ihn doch so gerne wiedersehen“, versuchte ich sie zu überreden.

„Deine Gefühle zu unterdrücken bringt dir überhaupt nichts. Es zerreißt dir nur das Herz. Nach der Premiere werdet ihr vielleicht sehr berühmt sein.

Dann wird es viel schwieriger, ihn zu treffen. Aber das Publikum wird euch lieben, diesbezüglich habe ich nicht die geringsten Zweifel“, kommentierte William, der urplötzlich an der Tür aufgetaucht war.

„Niemand wird dir einen Vorwurf machen. Folge einfach deinem Herzen. Gib dir einen Ruck! Ich komme auch mit, um dich zu beschützen!“, forderte ich sie auf.

„Habt vielen Dank. Dann fliege ich sofort hin!“, rief Juliet strahlend und rannte aus dem Zimmer. Ich folgte ihr, dennoch entgingen mir Williams gefühlsgeschwängerte Worte nicht:

„Schließ den Liebsten in die Arme und lass ihn nicht mehr los! Ach, das wahre Leben ist viel interessanter als jedes Theaterstück!“

„Ich bin rechtzeitig zur Vorstellung wieder zurück!“, verabschiedete sich Juliet über ihre Schulter hinweg.

Die Ryubas waren schnell gesattelt. Juliet war nicht mehr zu bändigen, sie strahlte und lachte, als wir durch die Luft flogen.

Es war keine lange Strecke, es verstrich höchstens eine halbe Stunde, bis das Dorf in Sichtweite kam.

Ich sah die unter uns vorbeiziehende Landschaft und hielt nach einem geeigneten Landeplatz Ausschau.

„Da unten können wir landen, Juliet!“, schlug ich vor und wollte mein Ryuba gerade nach unten lenken, da hörte ich, wie mir die Rothaarige widersprach:

„Nein, lass uns da vorne bei der kleinen Kathedrale landen!“

„Sag… ist das vielleicht die Kirche in der ihr…?“, setzte ich an und sie nickte strahlend.

„Ja! Da haben wir geheiratet!“, erinnerte sie sich freudig und wir setzten direkt davor auf einer Wiese auf.

Leise gingen wir in die Ruine hinein und ich konnte seine Stimme hören, ganz leise:

„Sobald wir unser Gemüse geerntet haben und die Erde neu bestellt werden kann, will ich Blumen sähen. Ihr Duft und ihre Farbenpracht soll alle Herzen erfreuen!“

Juliet und ich lächelten. Der leichte Wind wehte das Kleid der jungen Frau nach hinten und die Sonne beleuchtete die weißen Irisblumen, welche überall in dieser kleinen Kathedrale wuchsen. Dass eine verlassene und teilweise schon zerstörte Kirche so schön sein konnte, hätte ich nicht gedacht. Dort zu heiraten… welch wundervoller Ort!!

„Welche Blumen, Juliet, möchtest du am liebsten haben?“

„Ach, wenn du schon soooo fragst...“, erhob die Angesprochene die Stimme und ich bemerkte, dass sie rot geworden war. Aber ich konnte ein Gefühl aus ihren Gesichtszügen lesen: Unbeschreibliches Glück.

Ich sah durch eine Lücke hindurch, dass Romeo bei ihren Worten herumwirbelte.

Er hielt eine weiße Iris in der Hand.

Eine einzelne, besonders starke Windböe ließ viele weiße Blütenblätter nach oben flattern.

„Ich mag ja viele Blumen, aber...“, Juliet trat langsam aus unseren Versteck heraus, „wenn ich... eine Lieblingsblume wählen könnte...“

„Meine Juliet...“, flüsterte Romeo leise, er lächelte überrascht und errötete ebenfalls.

„... dann wär's die Rose!“, vollendete die Rothaarige ihren Satz und rannte unter Lachen und Freudentränen auf Romeo zu, welcher ihr ebenfalls entgegenlief, bis sich beide schlussendlich in den Armen lagen.

Die Rose… das Wappensymbol der Montagues… ich schmunzelte, als ich den Sinn hinter ihren Worten verstand. Sie meinte mit ihren Worten nicht nur die Blume…

„Romeo!“, rief sie freudig und sie küssten sich innig im Schein der Sonne, welche diesen Wiedersehensakt durch ein noch helleres Licht begrüßte.

Ich fühlte, wie ich eine Gänsehaut bekam.

Erst jetzt realisierte ich, wie sehr Juliet ihren Geliebten vermisst haben musste.

Was bürdete ihr das Schicksal nur auf? Warum konnte sie Romeo nicht öfters sehen?

Warum nur?

Nachdem Juliet mich vorgestellt hatte, gingen wir alle zusammen in das Dorf hinunter, ich führte unsere beiden Ryubas, wollte die beiden so wenig wie nur möglich stören und verhielt mich dementsprechend unauffällig.

Als wir unten im Dorf ankamen, sah sich Juliet fasziniert um.

„Wie wunderschön!“, staunte sie.

„Ja schon, aber wir müssen noch ein besseres Bewässerungssystem entwickeln. Und die Felder sind auch zu klein. Im Moment sieht es so aus als könnten wir gerade eben so überleben. Ich will, dass alle, die wir lieben, aus Neo Verona hierher kommen können. Und dafür brauchen wir mehr Ackerfläche. Sonst haben wir nicht genug zu essen“, erklärte Romeo.

Er machte auf mich einen sehr vertrauenswürdigen und verantwortungsvollen Eindruck.

Diesen Mann liebte Juliet also? Eine gute Wahl…

„Du hast es geschafft. Hier weht wirklich ein neuer Wind!“, stellte die Capulet-Tochter fest.

„Ach ja?“, fragte Romeo und nahm Juliets Hände, welche die seinen interessiert musterte.

„Deine Hände... haben sich irgendwie verändert. Sie sind kräftiger“, war es nun an ihr festzustellen.

Romeo küsste Juliet noch einmal, ich streichelte währenddessen mehr als interessiert unsere Flugtiere.

„Deine Lippen haben sich gar nicht verändert.“

Diese Antwort seitens des jungen Mannes brachte mich zum Grinsen, welches ich im Fell meiner Ryubastute versteckte.

Allerdings beschäftigte mich die Tatsache, dass es bereits Abend wurde… Wir mussten zurück!

Eines der Ryubas wieherte und erregte damit die Aufmerksamkeit des Liebespaares.

Ich war erleichtert, dass ich die beiden nicht mehr unterbrechen musste.

„Ich muss leider los“, bedauerte Juliet.

„Schade. Weißt du noch... was wir uns damals geschworen haben? Bis dass der Tod uns scheidet... und nichts was geschieht... soll uns je wieder trennen … Das schwören wir“, erinnerte der Montague sie an ihr Versprechen.

„Mein Romeo...“, seufzte Juliet.

„Und ich werde... mein Leben daran setzen, dieses Versprechen wahrzumachen“, schwor er, während Juliet sich lächelnd auf das Ryuba setzte.

„Lass uns gehen, Watanuki!“, forderte sie mich auf und ich nickte, als auch ich aufgestiegen war.

„Pass gut auf sie auf! Ich habe sie dir anvertraut!“, legte mir Romeo ans Herz und ich war überrascht, dass er mich so plötzlich ansprach.

„Ja! Versprochen!“, antwortete ich lächelnd und nickte, während die Ryubas unruhig mit den Hufen scharrten.

„Ich weiß, du schaffst es, Romeo. Du stößt die Tür zur Zukunft auf und gibst den Menschen Hoffnung! Auch ich will den Wind der Hoffnung wehen lassen, der den Menschen Mut verleiht!“, sagte Juliet entschlossen und wir erhoben uns in die Lüfte.

 

Er war angebrochen: Der Abend meines Unterganges…

William steckte seinen Kopf durch den Vorhang und wackelte mit seinem Allerwertesten vor meiner Nase herum.

„Unglaublich! Das hätte ich mir nie träumen lassen! Es ist aaaaaaausverkauft! Oh, das wird mein Durchbruch!! Endlich bekomme ich den Ruhm, der mir zusteht! Man wird Autogramme fordern, ich komme groß raus! Glück, Ruhm, ich komme!“, frohlockte William und ich musste mit einem mulmigen Gefühl schlucken.

„Ich bin so nervös vor der Premiere“, gab ich von mir.

„Nun reiß dich doch ein bisschen zusammen!“, forderte Willy und schlug mir hart auf die Schulter.

„Aber alle Plätze sind ausverkauft!“, erwiderte ich, der Schriftsteller schien mir jedoch nicht zuzuhören: „Seid ihr bereit, Kinder?“

„Bin ich nicht!“, antwortete ich, doch wieder wurde ich ignoriert.

„Der Vorhang geht hoch! Wir dürfen zeigen, was wir können!“

Das Publikum fing an zu klatschen und es ging los.

Ich betrat die Bühne und ballte meine Hände zu Fäusten, dann streckte ich meine rechte Hand nach unten.

„Ich werde sie alle töten lassen! Ihre Familie ist verflucht! Weder ihr Fleisch, noch ihr Blut oder ihre Seele haben ein Anrecht darauf, in dieser, unserer Welt zu existieren! Hinfort mit ihnen allen!“, rief ich und zog nun mein Schwert.

Ich hatte keine Ahnung, ob ich überzeugend rüberkam… Wirklich nicht.

 

„Du erscheinst mir wie eine Flügelbotin des Himmels! Oh, Sphärenfee, wer hat dich zu mir geschickt? Sprich zu mir, du holder Engel, auf dass ein Liebeslied erklinge!!“

Ich knirschte hinter der Bühne mit den Zähnen.

Warum musste Willy… ausgerechnet Himawari und Domeki zu Romeo und Juliet machen?

„Das war Absicht!“, zischte ich ihm entgegen, doch er wurde so sehr von seinem eigenen Theaterstück mitgerissen, dass ihn meine Worte wohl wieder nicht erreichten.

Na danke!!

Francesco und Curio standen etwas abseits und sahen dem Theaterstück zu, dennoch konnte ich die Stimme des Blonden sehr deutlich vernehmen:

„Er hat eine tragische Heldin erfunden. Ihre Familie ist tot, aber sie hat sich in den Sohn ihres Feindes verliebt. Dennoch trägt sie tapfer das Schicksal, das ihr auferlegt wurde, denn sie muss ihre Vorfahren rächen.

Einmal hat sie sich schon erhoben, doch ihr Versuch schlug fehl. Sie wurde gefangengenommen. Zum Glück wurde sie durch den unendlich mutigen Einsatz ihrer Freunde und ihres Liebsten gerettet. Stolz entschied sie, sich erneut zu erheben und ihren Gegnern zu trotzen.

Das ist tatsächlich die Geschichte von unserer Juliet.

Die Menschen sind berauscht von der Dramatik der Geschichte und wollen, dass die Prinzessin gerettet wird.

Die Zuschauer werden darüber reden, was sie heute Abend hier gesehen haben und mit ihrer Begeisterung für Juliet werden sie andere anstecken.

Das wird eine Lawine der Unterstützung auslösen.“

Ich sah getroffen zu Boden. Oh ja. Francesco hatte Recht. Es war Juliets Geschichte.

Auch mir war das nicht entgangen.

Ich beobachtete den weiteren Verlauf des Stückes und für die letzte Szene ging ich auf die Bühne.

Ich richtete mein Schwert gegen Himawari… äh… Juliet.

Sehr entschlossen wohlbemerkt: Sie von Domeki zu trennen, welcher direkt neben ihr stand, war mein eigentliches Ziel. Am liebsten hätte ich ihn gelyncht, aber er war ja schließlich mein „Sohn“.

Jetzt kam Juliets Auftritt als weißer Ritter der Gerechtigkeit. So war es zumindest geplant.

Ich verharrte in meiner Position – und wartete.

Das Publikum wurde allmählich unruhig und fing an zu murmeln.

Wo blieb denn nun Juliet?

Plötzlich sah ich einen Schatten über den Zuschauern. Ein roter Umhang wehte.

Juliet sprang auf die Bühne – als Roter Wirbelwind verkleidet.

Ich musste mich bemühen, dass mir nicht die Kinnlade herunterfiel.

„Ist das der echte Rote Wirbelwind? Ich dachte, der sei längst tot!“

„Vielleicht ist das ein Gespenst“, redeten die Menschen durcheinander.

„Ich bin kein Gespenst!“, widersprach die Rothaarige laut und zog ein Schwert.

„Obwohl unser Volk weiter von dem Tyrannen unterdrückt wird, konnte der Wind der Freiheit und der Mut der Rebellion nicht zerstört werden! Dieses Schwert hier in meiner Hand wird nicht mit Blut besudelt werden! Dieses Schwert ist die Hoffnung!

Die Hoffnung auf ein freies Neo Verona! Ich lasse den Wind der Hoffnung durch Neo Verona wehen! Ich werde euch das zurückgeben, was euch zusteht! Gemeinsam können wir es schaffen! Tut euch zusammen und schließt euch mir an!“, forderte sie die Zuschauer auf, sie erntete Applaus und zustimmende Rufe.

„Jetzt verstehe ich. Sie wird den Duce Montague niederschlagen. Nicht als Juliet Capulet, sondern als Roter Wirbelwind. Und das fällt dann nicht unter simple Rache. Das ist dann ein Volksaufstand!“, murmelte ich leise.

 

Nach der Premiere war William sehr erschöpft und schon halb eingedöst, als ich in seine Schreibstube kam.

Eine vermutlich bereits erkaltete Tasse Tee stand auf seinem Arbeitstisch und einige beschriebene Blatt Pergament lagen darauf verteilt.

Das Feuer brannte noch munter im Kamin und ich schloss die Tür hinter mir.

„Ja, was ist denn?“, fragte Willy, der gerade aufwachte.

„Die Aufführung heute Abend ist viel interessanter gewesen als deine Fassung. Ich habe mich amüsiert“, gab ich widerwillig zu.

William grinste beinahe selbstzufrieden.

Er beugte sich auf seinem Stuhl nach vorne, die Augen immer noch geschlossen.

„Die Wirklichkeit ist immer interessanter als eine Geschichte. Andererseits brauchen Menschen Geschichten, um mit der Wirklichkeit fertig werden zu können. Theaterstücke und Märchen helfen sie zu ertragen. Und deswegen werde ich weiter welche schreiben“, erklärte er mir.

Seine Worte brachten mich zum Lächeln.

„Ich werde schlafen gehen. Ich wollte dir das nur schnell sagen“, antwortete ich und verließ wieder sein Zimmer.

Bevor ich meine Worte William gegenüber nachgehen konnte, verspürte ich das Verlangen, in den Garten zu gehen. Ich gab dem Gefühl nach, noch einen kleinen Spaziergang zu machen und sah eine mir bekannte Person vor dem Schrein stehen.

„Kannst du nicht schlafen?“

Juliet erschrak und wirbelte zu mir herum.

„Ach, du bist‘s“, bemerkte sie erleichtert.

„Was hast du denn?“, fragte ich und trat neben sie.

„Nun ja...“, antwortete die Rothaarige ausweichend.

Ich versuchte ihr Zögern zu deuten, irgendwie wusste ich, was sie wohl gerade dachte:

„Der Duce Montague ist Romeos Vater. Daran lässt sich nichts ändern.“

„Meine Entscheidung steht fest“, erwiderte sie entschlossen.

„Das begrüße ich... und du solltest wissen: Wir folgen dir, wo immer es hingeht... denn du bist der Rote Wirbelwind!“, versicherte ich ihr und sie sah mich an.

„Der Kampf gegen die Willkür ist bald vorbei. Ich werde den Hass aus der Welt schaffen. Und dazu muss ich noch einmal zum Roten Wirbelwind werden“, beschloss sie und ich nickte zufrieden.

 

Ich schlief unruhig in dieser Nacht.

Am nächsten Morgen hatten wir alle Waffen und Rüstungen angelegt und machten uns auf den Ansturm von Neo Verona bereit.

Die Bewohner von Mantua deuteten mit den Fingern auf uns, als unsere Gruppe auf Ryubas über sie hinwegflog.

Mindestens ein halber Tag verstrich, bis Francesco das Wort ergriff:

„Dann trennen wir uns hier wie geplant, Conrad.“

Angesprochener grummelte zustimmend.

„Viel Erfolg“, wünschte Conrad und unsere Gruppe von Ryubas splittete sich in zwei auf und wir flogen in verschiedene Richtungen davon.

Conrads Plan war, dass Francescos Gruppe die Ryuba-Flotte des Duce ausschalten sollte, während wir direkt nach Neo Verona flogen.

Ich betete, dass unser Plan funktionierte.

Für Juliet, für die Welt und für Neo Verona.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: Maryhase
2012-07-13T18:12:58+00:00 13.07.2012 20:12
DOMEKIIIIIIIIIIIIIII!!!!
HIMAWARIIIIIIIIIIIIIIIII!!!
YEAH!!!!!!!!!! Perfekt!!!
Die beiden haben hier jetzt echt noch gefehlt ^^
Armer Watanuki =3
Muss er seine Liebste bei seinem "Feind" sehen und dann sind sie auch noch verlobt X3
Zu köstlich, wirklich!

Hab dich lieb,

Caro =3
Von: abgemeldet
2012-06-03T13:56:22+00:00 03.06.2012 15:56
*keine Luft bekommt vor Lachen*
*auf den Tisch hämmert*
Wie geil
Wie geil
Ich krieg mich nicht mehr ein
Warum?
Na wegen Watanukis Ankunft im Ferienhaus in Mantua
Er sieht Balthasar und kriegt nen Schreikrampf
"Das ist Domeki!!!!!!"
*prust*
Dann sieht er noch Legan (= Balthasars Verlobte)
Und die sieht zu allem Überfluss so aus wie Himawari
Schlimmer hätte es nicht laufen können für ihn
Ich sterb hier grad vor Lachen (mal wieder wohlgemerkt)
*immer noch auf den Tisch hämmert*

Wie du meinem Kommi bis jetzt entnehmen konntest, finde ich das Kapi echt zum Brüllen und gut gelungen.

Meine Vermutung wegen Himawari und Domeki:
Da hatte entweder Willi oder Yuko die Finger im Spiel.

Naja, ich lass mich überraschen und mach mich an die Arbeit
Bis zum nächsten Kapi bzw. Kommi
Deine
Kathrin
hdgdl
*knuddelt*
*sich davonschleicht, um den Lachkrampf auszukurieren*


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