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An Ghealach Docher

Du kannst ihm nicht entkommen!
von

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Kapitel 11

Zum Tode verurteilt

Pianbhreith báis

 

Als die ersten Sonnenstrahlen aufgegangen waren schlich Sophie sich wieder in ihr Zimmer zurück. Sie hatte mir noch einmal zu verstehen gegeben das ich es nicht tun müsste, sie wäre bereit selbst zu gehen. Doch wir wussten, dass es ihr Athair, der Bürgermeister niemals zulassen würde, und wenn er sie einsperren musste. Also verneinte ich ihre Bitte und schickte sie ins Bett. Es würde nicht lange dauern bis die anderen vor unseren Zimmern standen.

 

Ich sollte Recht behalten, kaum war ich ins Land der Träume gesunken, schwang auch schon meine Tür auf und die Haushälterin schritt hinein und weckte mich, nicht gerade sanft, wieder auf.

 

„Du hast nicht gerade lange geschlafen was? Aber wen verwundert es, so sieht man wohl aus, wenn man weiß, dass es der letzte Tag auf Erden ist“, begrüßte sie mich und zog mich rasch ins Badezimmer.

Der Kuhgeruch war schon lange gewichen, selbst mein Hund würde mich wohl nicht mehr erkennen, aber dennoch sollte ich stundenlang, im schon längst, kalten Wasser baden. Sämtliche Duftöle, Seife und alles was es als Pflegeprodukte so gab befand sich auf meiner Haut, in meinem Haar und im Wasser.

 

Meine Finger und Füße waren schon ganz schrumpelig, Gänsehaut zog sich über meinem gesamten Körper. Irgendwann erbarmte sich die dicke Haushälterin und ließ mich aus dem Wasser steigen, das Handtuch mit dem ich mich trocknete, kam mir vor wie eine warme Decke, ich war froh als ich mich in die teuren Kleider zwängen durfte. Zu Anfang hatte ich meine alten, weiten Kleider vermisst, weil diese engen Mieder und diese vielen Lagen Stoffe sich sehr unbequem anfühlten, aber nun schmiegten sich diese trockenen, warmen Stoffe eng um meinen frierenden Körper und es fühlte sich an wie der Himmel.

 

Ich glaubte die Sonne stand schon an einem hohen Punkt am Himmel, was bedeutete das es schon Mittag war, erst da ging ich hinunter und fand den Bürgermeister und seine Tochter am Esstisch. Es würde gleich das Mittagessen serviert werden. Bei mir hatte es noch ewig gedauert, da meine Haare getrocknet und frisiert werden mussten. Ich musste aussehen wie eine von diesen teuren Porzellanpuppen, die reiche Prinzessinnen besitzen sollen, doch ich fühlte mich müde und mehr als hungrig. Schnell hatte ich mich an die fünf regelmäßigen Malzeiten gewöhnt, und da ich nun die Nacht überwacht hatte, stundenlang im kalten Wasser zugebracht und zusehen musste, wie meine Haare zu einer schönen Hochsteckfrisur gesteckt wurden und ich von oben bis unten parfümiert wurde, fühlte es sich an als wäre ein riesiges Loch in meinem Magen. Selbst das Knurren hatte schon aufgehört. Übrig blieben nur die unangenehmen Bauchschmerzen. Nur mit Mühe konnte ich mich gerade hinsetzen, da diese Krämpfe meinen Körper zusammenzucken ließen.

 

Das Essen verlief mehr als Ruhig. Es war so still das man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Ich hatte sowieso keine große Lust zu reden, die ganze Nacht hatte ich geredet. Alles war gesagt. Was sollte man nun auch noch sagen? Mein Leben würde schon sehr bald vorbei sein und was würde ich für den Tod noch wissen müssen. Nichts. Die Stille war sehr unangenehm, irgendwas schien in der Luft zu hängen. Sophie warf mir immer wieder vielsagende Blicke zu. Lass mich an deiner Stelle gehen, sollten sie verkünden. Der Bürgermeister dagegen vermied nur jeden kleinen Blick. Stur sah er auf seine Suppe vor sich und wagte es nicht nur kurz aufzusehen, wohl aus Angst, dass ich ihm in die Augen sehen würde oder gar etwas sagen würde. Scheinbar kam er nicht damit zu recht das sein Opfer ihm um Gnade anflehen könnte oder ihm Vorwürfe an den Kopf werfen könnte. Ich war kein Ferkel das er mit Vorfreude auf das leckere Essen schlachten lassen konnte. Ich war ein Mädchen, das er schon von klein an kannte, er kannte meine Eltern und deren Eltern von früher, als er noch ein junger Mann war. Von Beginn seines Lebens an hatte er die wichtigen Lebensmittel von unserer Familie bekommen und nun opferte er mich den Monstern um seiner eigenen Verantwortung zu entgehen.

 

Als das große Essen vorbei war räusperte er sich, richtete das Wort an mich, wagte es aber noch immer nicht von seinem leeren Teller aufzusehen.

 

„Später werden wir noch einmal den Familienstammbaum durchgehen, wir werden dir Koffer packen mit einigen von Sophies Habseligkeiten, sie hat sie in den letzten Tagen aussortiert. Einen Karren werden wir dir auch zur Verfügung stellen, damit du deine Reise angenehm antreten kannst. Du brauchst mir für meine großzügige Hilfe nicht zu danken, sicherlich müsste ich das nicht tun. Sieh es einfach als Neuanfang, du wirst ein neues Leben anfangen können und musst nicht mehr als Bäuerin arbeiten. …“

 

„WAS? Als wäre es eine gute Tat das Sie hier vollbringen“, schrie ich entsetzt aus.

 

„Ich kann mir vorstellen, dass du das Ganze als sehr inakzeptabel empfindest, aber lass dir gesagt sein, das es wohl das Beste für alle Beteiligten ist. Nach dem Gespräch mit deinem Athair bin ich mir sicher, das dir keine größere Ehre zuteil werden kann, nachdem du seine Großzügigkeit so schändlich ausgenutzt hast.“

 

Das nannte er also Großzügigkeit, mit entweder mit einem idiotischen Halunken zu verheiraten wie dieser Arren oder sogar mit meinem eigenen Uncail.

 

Am liebsten hätte ich das gesamte Haus zusammengeschrien und diesem dummen Volltrottel eine runter gehauen, aber das Mieder fühlte sich plötzlich mehr als enganliegend an, die Luft wurde mir immer knapper. Ich versuchte mich zu beruhigen, doch als ich begann zu hyperventilieren wurde mir schwarz vor Augen.

 

********

 

Mit einem brummenden Kopf schlug ich die Augen auf, das mit Sorgenfalten übersäte Gesicht von Sophie blickte mir entgegen. „Geht es dir wieder besser?“, fragte sie. Doch ehe ich antworten konnte, wurde sie von der Haushälterin verscheucht, dir mir mit einer harten Hand gegen die Wangen klatschte um mich schnell wieder wach zu bekommen. „Steh auf Mädchen, du hast nicht mehr viel Zeit“, sagte sie, stand auf und ging fort. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir was sie meinte. Die Sonne würde bald untergehen. Den gesamten Tag hatte ich verschlafen. Der Bürgermeister wollte mit mir zwar noch den Familienstammbaum durchgehen, doch war er wohl froh, dass er meinem Wutanfall entkommen konnte. Mit Mühe hatte er sich die Tage eingeredet, dass er mir was Gutes tun würde, er wollte es sich wohl nicht vermiesen lassen, weswegen er mich wohl weiter schlafen ließ.

 

Kaum kam die Haushälterin wieder aus dem Bad ging die Tortur wieder von vorne los. Ewiges Baden, waschen, abtrocknen, anziehen, Haare frisieren, parfümieren. Mir wurde sogar Puder und andere Schminke ins Gesicht geschmiert. Nun sah ich tatsächlich aus wie eine Porzellanpuppe. Ich sah die schöne junge Frau im Spiegel an. Niemand der mich kannte hätte glauben können, dass ich das war. Olivia würden die Augen raus fallen, nun kam sie mir schon nicht mehr so schön vor, da ich nun sah was man mit noch mehr Geld alles machen konnte. Ich hatte sogar etwas zugenommen, nur ein wenig, aber mehr hätte ich in diesen Tagen auch nicht geschafft. Geistig war ich zwar ein Wrack, aber mein Körper war nur auf das Überleben aus und war dankbar für jeden Bissen und das wenige Bewegen tat seinen Teil dazu.

 

Die Zeit verging wie im Fluge, wo sie mir normalerweise so lange vorkam. Doch diese Vorstellung vom nahenden Tod, ließ es mich empfinden wie der Himmel auf Erden. Es war jemand da der sich um mich kümmerte und dafür sorgte dass es mir gut ging, sei es auch aus völlig anderen Gründen. Wie in Trance stieg ich die Stufen hinunter, hinaus vor die Türe, wo mein Karren auf mich wartete, der mich direkt zu Gevatter Tod bringen würde. Selbst die Tränen von Sophie konnten mich nicht erweichen, es war wie eine Art Selbstschutz, nichts und niemand konnte mich berühren. Wie ein Stein ging ich auf den Karren zu, kletterte hinauf und setzte mich. Er war bereits gefüllt mit „meinen“ Koffern. Nachdem das schwarze Pferd losgelaufen war, ich erkannte meinen Fahrer nicht, er war in einen Mantel mit Kapuze gehüllt, bemerkte ich die vielen Gesichter, die mich beobachteten. Mit eiserner Miene blickte ich ihnen entgegen, nur der Anblick meiner Mháthair, die mit meinen Brethrenn ganz vorne stand erweichte mich und holte mich aus meiner Trance. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen, noch nie hatte ich sie so blass gesehen, und die blauen und roten Flecke auf ihrem Gesicht machte es nicht besser. Nun wusste ich, dass diese strenge, harte Frau nicht wirklich existierte. Doch sie musste dieser die Führung überlassen um überleben zu können. Für einen Moment hatte ich das Gefühl das sie gleich zu mir gerannt käme um mich von hier fort zu holen, doch da bemerkte das meine Brethren sie mit harten Griffen umklammerten. Ehe sie sich loseisen konnte packten sie sie und schliffen sie nach Hause.

 

Aus dem Dorf hinaus gefahren und vom tränennassen Anblick meiner Mháthair erweicht, bemerkte ich die zwei Gestalten, die links und rechts neben dem Karren herliefen. Sie waren ebenfalls von Kapuzen bedeckt, doch war ich mir sicher, dass es zwei unserer vier Leibwächter waren. Was für ein schönes Gefühl des Vertrauens das sie mir entgegenbrachten, ich hatte mich freiwillig bereit erklärt und dennoch brauchten sie ein paar Männer um sicher zu gehen das ich nicht verschwand.

 

Schon bald erblickte ich im Licht des Vollmondes die große Tafel, die extra für die Opfergaben errichtet worden war. Ein Schwall von Panik überkam mich und nahm mir fast die Luft weg. Nun war ich nicht mehr so sicher ob ich das mit dem Tod wirklich so akzeptiert hatte. Der Karren hielt an und der Kutscher machte das Pferd an einem Baum fest. Und wie gründlich er das machte. Damit es ja nicht abhauen und mich von hier fortbringen würde.

„Macht sie so gut wie möglich fest Jungs“, befahl eine mir mehr als bekannte Stimme. Der Kutscher drehte sich zu mir und ich erkannte das Gesicht meines Athairs. „Sie darf uns nicht entkommen Männer, wenn wir es vermasseln, werden die Dunklen Wächter sich an uns rächen“, sprach er. Fraser und Ronald fesselten mir nicht nur die Hände, sondern auch die Füße zusammen, was meine Todesangst ins Grenzenlose trieb.

 

„So, nun wird sie bestimmt nicht entkommen können“, sagte der große, in schwarz gehüllte Fraser. „Wenn sie es jetzt schaffen würde, wäre sie auch eine Hexe“, bemerkte Ronald. „Lasst uns gehen, bevor die Dunklen Wächter kommen und die kleine Hexe ihren Schicksal entgegentreten muss“, scherzte mein Athair. Doch niemand lachte. Die beiden Leibwächter sahen betreten zu Boden, zumindest war es das was ich im Mondlicht erkennen konnte. Mein Athair stolzierte schon voraus, und sein Gang ließ vermuten das er sich mehr als fürchtete und so schnell wie möglich wieder im Dorf sein wollte. Fraser und Ronald warfen sich einen Blick zu, und sahen noch einmal zu mir hinauf, ehe sie sich herumdrehten und meinem Athair folgten. Bedauern und Angst hatte ich in ihren Augen gesehen. Doch es beruhigte mich nicht im Mindesten.

 

Schon nach wenigen Minuten, die mir vorkamen wie Stunden, war ich allein, und die Stille verkündete Unheilvolles. Am liebsten hätte ich mir vor Angst die Seele aus dem Leib geschrien, doch unterdrückte ich es mit aller Macht um nicht verrückt zu werden. Stattdessen sah ich mich um, so gut es die Fesseln zuließen und beobachtete das grasende Pferd. Es stand ruhig da und genoss das frische Gras. So lange es so ruhig war, befand sich nichts in der Nähe, dass mir Schaden zufügen konnte.

 

Ich wusste nicht wie lange ich dort gewartet hatte, aber irgendwann waren meine Hände schweißnass, wie auch andere Teile meines Körpers, was mich irgendwann frieren ließ, da ich durch Erschöpfung fast zusammenbrach und ich nur noch eine bleierne Müdigkeit verspürte. So endete nun also mein Leben, dachte ich. Erst führte ich das Leben einer Bauerntochter unter furchtbaren Umständen, wurde letztendlich von meinen Eltern verstoßen und nun würde ich als Beute für diese schrecklichen Monster herhalten müssen, um ihre perverse Gier befriedigen zu können. Warum war Gott nur so grausam? Ob er mich wohl hasste? Vielleicht war es auch nur die Bezahlung um in den Himmel einkehren zu können.

 

Inständig hoffte ich dass ich es in den Himmel schaffen würde. Nur einmal wollte ich etwas Schönes erleben. Aber vielleicht würde ich durch diese Monster, auch in die Hölle verschleppt werden. Es brauchte immer Menschen die ohne ihre eigene Schuld leiden mussten, bis in den Tod. Vielleicht war es Schicksal. Ich sollte mich dem einfach hingeben, so war es für alle Beteiligten am leichtesten.

 

Es dauerte nicht lange und ich versank wieder in die schützende Hülle, die alles andere abschirmte. Diese Trance hatte was gutes, ich wirkte sicherlich wie eine lebendige Tote, aber nichts konnte mir mehr wehtun. Plötzlich wurde ich aus dieser gerissen und blickte mich ängstlich um. Das Pferd wurde zusehends unruhiger, es rollte mit den Augen, versuchte sich loszureißen und schabte mit den Hufen auf dem Boden. Ich konnte nichts hören, denn das Wiehern des Pferdes und das Blut das in meinen Ohren rauschte, machte mich für alles andere taub. Ich sah sie nicht, doch glaubte ich zu spüren wie sie mich beobachteten.

 

Vor Angst machte ich mich klein und schloss die Augen. Ich wollte nicht als letztes diese schrecklichen Fratzen sehen mit ihrem widerlichen Grinsen. Plötzlich bewegte sich der Karren und etwas schien mir immer näher zu kommen. Ich hörte ein schweres Atmen, und ein komischer Geruch stieg mir in die Nase, etwas hauchte mich an. Mit zitterndem Körper spürte ich wie es mich beobachtete und an mir schnupperte, für einen kurzen Augenblick spürte ich etwas feuchtes an meinem Nacken, was mich vor Angst aufschrien ließ. Etwas kletterte zu mir auf den Karren und das Pferd wurde merkwürdiger weise immer ruhiger, was ich aber nur am Rande der Angst wahrnahm. Mir wurde sogar ein Sack über den Kopf gesteckt, damit ich nichts und niemanden sah und kaum war dies geschehen, setzte sich der Karren in Bewegung. Ich wusste nicht wie viele es waren, wie sie aussahen oder wo es hinging, aber es interessierte mich in dem Moment auch nicht. Ich bangte nur um mein Leben.



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