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The lonely detective Manao 2.6

Mord ohne Erinnerung
von

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Lautloser Mord?

Manao lief durch die Korridore und informierte alle Ärzte und Schwestern, die er erwischen konnte. Verstört wie er war, sah er keine andere Möglichkeit etwas zu tun, nichts von der alten detektivischen Gelassenheit war ihm noch anzusehen. Es war eben doch was anderes, wenn man das Opfer kannte, wenn man sein Freund war. Ungewohnt für Manao, für den die Opfer meist Unbekannte waren.

Nach einer Weile, die dem Detektiven wie Stunden vorkam, erschien die Polizei. Natürlich mit Michael Pfeiffer an der Spitze. Als der Kommissar davon hörte, dass Manao wieder im Fall drinsteckte, bot er sich an, ihn zu übernehmen. Man ließ ihn.

Mit einigen Kollegen und Mitarbeitern der Spurensicherung im Schlepptau schritt er voran: ein bärtiger Mann, der in einem schwarzen Anzug selbstsicher einen Fuß vor den anderen setzte.

Er erblickte Manao, der in seinem Pyjama vor der geschlossenen Tür seines Zimmers stand und die Arme verschränkt hielt. Ein ungewohntes Detail entging ihm: Manao wippte ungeduldig mit einem Fuß.

"Hallo, Tajima! Sehen wir uns also wieder! Sind Sie wieder mal in etwas reingeraten?"

"Ja, Kommissar", antwortete Manao mit ernster, aber erstaunlich ruhiger Stimme. "Aber ausnahmsweise nicht nur als Detektiv, sondern als Verdächtiger."

Das Lächeln wich schlagartig aus Pfeiffers Gesicht.

"Wie meinen Sie das?", fragte er verwirrt.

Manao ging bewusst nicht darauf ein, sondern öffnete schweigend die Tür, um die Polizei hereinzulassen.

Etwa zwei Meter vor Theos Leiche blieb er stehen. Er sah nicht hin, weil ihm der Anblick wehtat. Einen Freund zu haben, der gerade gestorben ist, war eine schreckliche Tatsache. Sofort kamen die Erinnerungen an Tetsus Tod hoch.

"Das Opfer und ich schliefen in einem Zimmer", sagte Manao dem Kommissar, der sich aufmerksam die Leiche anschaute, wie ein Kunstliebhaber ein Gemälde. "Also bin ich auch verdächtig."

Pfeiffer runzelte die Stirn. Er war es nicht gewohnt, Manao in einem anderen Licht zu sehen als einen Kollegen.

"Natürlich weiß ich, dass ich es nicht war", fuhr der Detektiv fort. "Aber ich kann es nicht beweisen."

Dann wurde es still. Nur die Geräusche der Spurensicherer, die ihrer Arbeit nachgingen, waren zu hören.

"Aber ich hätte da eine Bitte." Manao sah den Kommissar an. "Dürfte ich mich trotzdem an den Ermittlungen beteiligen? Der Vestorbene war ein Freund von mir und ich würde gern wissen, wer einen Grund gehabt hätte, ihn zu töten."

Pfeiffer dachte eine Weile nach.

"Meinen Sie, dass er keine Feinde oder Rivalen hatte, wenn es keinen Grund gibt, ihn umzubringen?", fragte er.

"Genau. Er wusste nicht mal, wer er war. Wer hätte schon einen Grund, einen Amnesiepatienten zu ermorden?"

"Er hatte Amnesie? Gut, Tajima, Sie dürfen ermitteln. Aber nur unter Beobachtung, versteht sich."

"Vielen Dank."

Pfeiffer rief einen jungen Polizisten zu sich und gab ihm die Aufgabe, jeden von Manaos Schritten zu überwachen. Der Detektiv seufzte leise.

Ein quälender Gedanke sauste schon seit der Entdeckung von Theos Leiche in seinem Kopf: wie um Himmels Willen konnte er die Tat nicht gehört haben? Er fand es einfach absurd, dass er einfach in seinem Bett, das neben dem des Opfers stand, selig schlief, während sein Freund brutal ermordet wurde. Das konnte doch nicht wahr sein! Wie konnte ein Mord ohne jegliche Geräusche ablaufen? Sowas war doch nicht möglich!

Ehe er sich aber damit befassen konnte, mussten Verdächtige her.

"Wir müssen noch Verdächtige außer mir finden", sagte er dem Kommissar.

Dieser nickte. "Dazu müssen wir aber wissen, wer nachts im Krankenhaus war."

"Ganz einfach. Wenn der Täter nachts in dieses Zimmer eindrang, musste er ohne Zweifel durch den Flur. Und dort hängt eine Überwachungskamera. Wenn wir uns also ansehen, wer in der letzten Nacht diesen Flur in Richtung dieses Zimmers langgegangen ist, den können wir als Verdächtigen betrachten."

Pfeiffer blickte ihn an. "Sehr gut."

Er veranlasste einige seiner Männer, dies zu tun. Diese gaben ein kurzes "Jawohl!" von sich und verschwanden.

"Und wir sehen uns mal die Leiche an", sagte Pfeiffer und warf wieder einen Blick auf Manao. "Aber nur ich darf den Toten anfassen. Sie verstehen?"

Manao nickte. Er hatte nicht vergessen, dass er ein Verdächtiger war.

Sie sahen sich Theo an.

"Das Skalpell wurde höchstwahrscheinlich durch die Decke gestochen, damit der Täter keine Blutspuren abbekommt", stellte Manao fest.

"So ist es", sagte Pfeiffer. "Denn aus dem Herzen spritzt das Blut ganz schön."

Der Detektiv fixierte die metallisch glänzende Tatwaffe. "Wir sollten mal die Fingerabdrücke auf dem Skalpell untersuchen", murmelte er. "Zur Sicherheit."

Der Kommissar zögerte ein bisschen, ob er Manao mitteilen sollte, dass er ihm alles was er sagen wollte, vorwegnahm, ließ es aber bleiben. Er nickte nur und gab der Spurensicherung sofort die Aufgabe, die Fingerabdrücke zu sichern.

Manao wandte sich von der Leiche ab. Es tat weh, den Körper eines toten Freundes ansehen zu müssen. Der letzte Abend, an dem er noch mit Theo Karten gespielt hatte, kam ihm vor wie eine Ewigkeit zurück. Was hätte er gemacht, hätte er gestern gewusst, dass dies Theos letzter Tag auf Erden war? Er wusste es nicht.

Wie auch immer, als Detektiv war es seine Pflicht, den Mörder seines Freundes zu finden. Das war er ihm schuldig.

"Der arme Theo", dachte er seufzend. "Er ist gestorben ohne seine wahre Identität wiedererlangt zu haben. Sowas würde ich nicht mal meinem schlimmsten Feind wünschen." Sofort tauchte in seinem Unterbewusstsein ein Bild von Leon Weiß auf.

Entsetzt schüttelte er diese Gedanken ab und versuchte, sich auf die Tatsachen zu konzentrieren. Es gab da zwei Aspekte, die ihn störten:

Erstens: Ihm war aufgefallen, dass Theos Haare und Kleidung völlig ordentlich waren. Keine Spur eines Kampfes. Aber wieso? Wer würde schon ruhig liegen bleiben, wenn ihm jemand gerade ein Skalpell ins Herz stößt! Das kann doch nicht sein!

Zweitens: Die Sache mit den Geräuschen. Er fragte sich schon zum hundersten Mal wie der Täter es geschafft hatte, die Tat zu begehen ohne ihn, der neben dem Opfer schlief, aufzuwecken? Das ergab doch vorne und hinten keinen Sinn!

Manao verwarf diese Überlegungen auf später als sich die Tür langsam öffnete. Die weggeschickten Polizisten kamen mit drei Leuten im Schlepptau zurück. Manao machte sich bereit, den anderen Verdächtigen zu begegnen.

Schweigend sah er den Mann und die zwei Frauen eintreten. Aber Moment mal!

Diesen Mann kannte er doch!

"Dr. Jones", sagte Manao in einem sachlichen Ton, während er versuchte, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen.

Der Arzt nickte.

"Herr Tajima", sagte er mit der ruhigen, aber angespannten Stimme eines Arztes, der gerade dabei war, einem Patienten eine schlechte Nachricht zu überbringen.

"Mir wurde mitgeteilt, was passiert ist", fuhr er fort. "Es tut mir Leid, dieser Mann war ein guter Mensch. Schade, dass er es nicht geschafft hat, sein Gedächtnis wiederzubekommen, so zu sterben musste schlimm für ihn sein."

Er senkte mutlos den Kopf, sah mit niedergeschlagenem Blick zu Boden. Manao erinnerte sich, erfahren zu haben, dass Theo einem verstorbenen Freund von Dr. Jones ähnlich sah. Dessen Tod ließ ohne Zweifel Erinnerungen hochkommen.

"Schwester Rößler und Schwester Menzel", stellte einer der Polizisten, der bis jetzt schweigend dagestanden war, die Frauen vor.

Manao wandte sich ihnen zu, sagte aber kein Wort. Die Schwestern blickten ihn betroffen an. Ebenfalls schweigend.

Der Detektiv machte sich gerade einer Tatsache bewusst: einer von diesen dreien hatte seinen Freund auf dem Gewissen!

Er räusperte sich. "Was taten Sie nachts in diesem Flur?", fragte er in seinem Detektiv-Ton.

"Ich hatte Nachtschicht und musste zu einem Patienten", antwortete Frau Rößler zögernd.

"Ich auch", meldete sich die andere Schwester zu Wort.

"Ich musste nachts noch arbeiten, ein paar Operationen standen an", sagte Dr. Jones.

"Hm", machte Manao und hatte schon vor, die Arme zu verschränken, um nachdenken zu können, als er Pfeiffer energisch auf sich zugehen sah.

"Die Resultate sind da", sagte er.

"Und?"

"Am Skalpell befinden sich nur die Fingerabdrücke des Opfers. Nichts weiter."

"Was?!"

Manao verfiel in Gedanken. Der Fall wurde ja immer mysteriöser!

"Was hat das nur zu bedeuten?", murmelte der Kommissar leise.

"Das weiß ich auch nicht", gab Manao ehrlich zu. "Aber wir könnten ja zuerst die Patienten in den Zimmern hier nebenan befragen, ob sie nicht etwas gesehen oder gehört hätten. Es kann doch wohl nicht sein, dass der Täter absolut keinen Laut vor sich gab!"

"Gut", sagte Pfeiffer. "Aber ich gehe alleine. Haben Sie etwa vergessen, dass Sie ebenfalls ein Verdächtiger sind?"

"Nein, hab ich nicht", antwortete Manao. "Aber..." Er zeigte auf seinen Pyjama. "Die Leute wären lockerer und würden ungezwungener reden, wenn nicht ein Polizist, sondern ein anderer Patient sie befragen würde."

Pfeiffer fasste sich an den Kopf.

"Gut, Tajima, überredet!", sagte er und seufzte. "Sie können mit. Aber unter Beobachtung!"

Gesagt - getan.

Nach der Befragung schlurfte Manao mit hängenden Schultern zu seinem Zimmer zurück.

"Das kann doch nicht wahr sein!", murmelte er mit kraftloser Stimme. "Niemand hat etwas gehört oder gesehen! Es ist fast so, als wäre der Täter ein Geist, der sich unsichtbar machen kann!"

Wie konnte man so einen Mord inszenieren? Das war die Frage aller Fragen.

Aber noch etwas anderes ließ Manao keine Ruhe: das Motiv.

Wieso würde jemand einen Mann, der nicht mal wusste, wie er richtig hieß, töten wollen? Kannte ihn hier etwa jemand aus seinem früheren Leben? Diese Frage führte ihn zu einer weiteren, die er bis jetzt verdrängt hatte:

Wer war Theo eigentlich?

Manao musste zugeben, dass er von diesem Mann so gut wie nichts wusste. Wie konnte er ihn dann als Freund bezeichnen?

Seine Gedanken kamen auf den Mord zurück.

"Die Patienten von gegenüber haben nur einmal das Licht in meinem Zimmer angehen sehen. Aber wäre der Täter so blöd, das Licht anzuschalten, was ihn möglicherweise verraten könnte? Wie hat er sonst in der Dunkelheit so präzise in Theos Herz stechen können?"

Folgendes war seltsam an diesem Fall: die Stille, das ruhige Daliegen Theos, das Fehlen der Fingerabdrücke und das Angehen des Lichts.

Manaos Blick streifte sein Glas, aus dem er jeden Abend Wasser trank und plötzlich kam ihm eine Idee.

Es gab eine Möglichkeit, wie dieser Fall von sich gegangen sein könnte. Nur hatte er diese Variante vorhin noch aus seinem Kopf verbannt, da er sie nicht wahrhaben wollte. Aber jetzt musste er erkennen, dass es nur so passiert sein könnte. Ja, er war sich sicher.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Catayane-
2011-11-15T17:51:30+00:00 15.11.2011 18:51
Das Gefühlsleben hast du gut beschrieben! Aber ich habe bis jetzt noch keine Ahnung, wie der Mord begangen wurde - eigentlich auch was Gutes :p


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