Rammeln, rammeln...rammeln?
Es war nach dem Konzert. Die meisten Fans waren gegangen und langsam kehrte Ruhe
in die große Konzerthalle ein. Es war schön, seinen Ohren eine Pause zu
gönnen, nachdem sie fast zwei Stunden malträtiert worden waren.
In ihrer Garderobe angekommen zogen sie sich die verschwitzen Oberteile von
ihren Körpern und ließen sie auf den Boden fallen, wobei diese schon nach
wenigen Augenblicken von irgendwelchen Leuten aufgehoben und zur Reinigung
gebracht wurden.
Karyu ließ sich auf einen Sessel fallen und streckte alle viere von sich. Sein
Atem war noch immer recht schnell und sein Gesichtsausdruck glich jemandem, der
zu viele Joints hatte und im Nirvana rumschwebte.
Tsukasa lag auf dem Boden und auf ihm legen mehrere feuchte Handtücher. Seine
Hände hatte er in einem Eimer voller Eiswürfel gesteckt und seine feuchten
Haare hingen ihm ins Gesicht, sodass man von seinen sanften Zügen nichts mehr
erkennen konnte.
Ihr Bassist rauchte. Typisch. Anscheinend brachte Zero nichts aus der Ruhe. Er
lehnte an der Wand, den Kopf nach hinten gestreckt und die Augen geschlossen,
während der Glimmstängel zwischen seinen Lippen hing.
Hizumi war wie vom Erdboden verschwunden. Karyu blickte sich in dem Raum um,
trotzdem konnte er den Sänger nicht finden.
Er rollte mit den Augen und stieß ein Seufzen aus. Sein Blick legte sich auf
Zero.
„Wo ist schon wieder Hizumi, dieser Pisser?“, fragte er gereizt. Er konnte
es sich schon denken, wollte diesen Gedanken aber nicht aussprechen.
Die Reaktion von Tsukasa war…nichts.
Zero wandte ihm seine Aufmerksamkeit zu, zog eine Augenbraue hinauf und murrte:
„Was geht mich das an? Bin ja nicht sein Kindermädchen, du Pädo.“
Karyus Blick wurde giftig.
„Ich liebe dich auch.“
Zero warf ihm einen geringfügigen Blick zu.
„Verzieh dich bloß und such unseren Rammelmeister.“
Der Gitarrist erhob sich und verließ den Raum, auf der Suche nach ihrem ach so
großen Sänger, dessen Potenz so groß war wie...
Karyu grinste. Diesen Gedanken behielt er wohl lieber bei sich.
Es war nicht schwer, Hizumi zu finden, man musste nur wissen, wo er am liebsten
Sex hatte und da Karyu sowieso wusste, dass Hizumi diese Gelegenheit nie
ausschlug, machte er sich zielstrebig auf den Weg.
//Nicht sein Kindermädchen…aber ich bins, ja?//
Schon von weitem konnte man Hizumi hören. Der Schwarzhaarige war immer laut.
Egal, was er tat.
Karyu blieb vor der Tür der Damentoilette stehen und wartete. Ein bösartiges
Blitzen lag in seinem Auge.
Er wusste, dass Hizumi nicht lange brauchen würde, denn der war laut und
schnell. Und als ob der Gitarrist es hervorgesehen hätte, so tauchte schon nach
wenigen Augenblicken der Sänger auf und grinste ihn an.
„Na? Alles senkrecht? Also bei mir schon…“
Karyu verdrehte die Augen.
„Bist du fertig? Dann können wir ja jetzt gehen“, meinte er und machte sich
auf den Weg zur Garderobe.
Zurück bei den anderen, wurde ihnen mitgeteilt, dass sie sich auch heute wieder
an die Vernichtung des Alkohols machen würden. Und natürlich auch an die
Vernichtung diverser Gehirnzellen, die sie vielleicht nicht mehr benötigten.
Also machten sie sich auf den Weg zum nächstbesten Nachtclub, um sich der
Promille hinzugeben. Zero, der Spacken vom Dienst, riss Tsukasa sofort auf die
Tanzfläche. Somit konnte ihr Drummer nicht einmal mehr abstreiten, dass er den
anderen kannte.
Was bei Zero manchmal wirklich notwendig wäre. Während Karyu und Hizumi auf
die Bar zusteuerten und sich was Hochprozentiges bestellten, kämpfte Tsukasa
mit Zero. Dem Drummer reichte es schlussendlich.
Er stieß den Schwarzhaarigen von sich.
„Du gehst mir auf die Eier, du Tarantel“, giftete er und verpasste Zero
eine, dass dieser ihm nicht nachlief. Wütend ging Tsukasa zu Karyu und Hizumi.
„Zero nervt.“
„Wie immer also.“
Tsukasa nickte und bestellte sich einen Drink. Hizumi hatte bereits sein drittes
Glas geleert und es war in der Band ziemlich bekannt, dass der nichts vertrug.
Kaum zu glauben, aber wahr.
Kein Wunder also, dass der schon wieder zu lallen anfing.
Karyu war genervt.
„Mensch, Hizu. Du verträgst nichts und säufst wie ein Loch. Vielleicht
sollte ich dir deine Fresse stopfen.“
Daraufhin grinste Hizumi ihm dämlich an und beugte sich zu Karyu.
„Oh du mein kleiner pädophiler Lutscher…“
Es folgte ein mehr oder wenig gelungener Augenschlag und ein angewiderter
Ausdruck von Karyu.
„Woah, Schwuchtel. Verzieh dich.“
Hizumi nickte und…verzog sich. Karyu sah ihm nach.
„Kaum zu glauben, dass er wirklich denkt, er ist hetero. Dabei weiß ich doch
ganz genau, dass er sich gern von anderen in den Arsch…“
Bevor Karyu den Satz beenden konnte, hatte Tsukasa ihm in die Seite geboxt.
„Ich will das nicht hören, okay? Es ist mir egal, wer hier wen wohin vögelt,
aber tut es nicht, wenn ich dabei bin.“
„Schon kapiert. Sei nicht so launisch. Hast du deine Tage? Nicht genug Sex
gekriegt? Geh zu Zero…der macht es dir bestimmt mal so richtig.“
Tsukasa stellte sein Glas zur Seite und stand auf.
„Ich glaub, ich muss kotzen.“
Mit diesen Worten drehte er sich um und lief auf die Toilette.
„Was für ein gelungener Abend.“
Karyu trank seinen Drink aus und verließ den Club. Er war müde und er war sich
sicher, dass der nächste Morgen nichts Gutes mit sich bringen würde.
Oh wie Recht du doch hast, Karyu.
Der nächste Tag begann vielversprechend. Die Sonne schien durchs Fenster, denn
irgendjemand hatte vergessen, die Vorhänge zuzuziehen. Die Klamotten lagen wild
verstreut auf dem Boden und man hatte das Gefühl, es hätte eine Orgie
stattgefunden. Nichts dergleichen.
Karyu öffnete die Augen und schloss sie sogleich wieder. Er seufzte und strich
sich über seinen Schädel, der ihm ziemliche Schmerzen bereitete.
Er hatte einen Kater und…er öffnete noch einmal die Augen und sah an sich
hinab…eine Morgenlatte.
„Ah scheiße…was das denn??“
Er stöhnte kurz auf und seufzte. Gerade das konnte er jetzt aber wirklich nicht
gebrauchen. Schnell stand er auf und stellte sich unter die Dusche und es war
eine sehr sehr kalte Dusche, die er jetzt brauchte.
Karyu wusste, dass er jetzt das brauchte, was jeder Mann am Morgen brauchte.
Kaffee.
Nächster Stopp war also die Küche und eine schöne heiße Tasse mit der
wunderbar dampfenden Flüssigkeit darin. Schnell holte er sich noch die Zeitung
und setzte sich somit an den Tisch.
Im Schnelldurchlauf las er die Schlagzeilen.
„Al-Qaida rottet Amerika aus!“
„Marsmännchen gesichtet. UFO flog über Japan.“
„Apfelsaft schwächt männliche Potenz.“
„D’espairs Ray sexuell frustriert?“
„Lollipops ab sofort verboten.“
…
„HIZUMI!“, schrie Karyu und sprang auf. Nachdem er den Artikel gelesen
hatte, bei dem auch ein tolles Foto von ihrem Sänger dabei war, der gerade eine
Frau abschleppte, raste er aus der Wohnung.
Auf dem Weg zu ihrem Sänger musste er alle möglichen Foltermethoden aus dem
Kopf streichen, bei dem der andere möglicherweise sterben oder bleibende
Schäden zurückbehalten könnte.
Bei Hizumi angekommen, polterte er an dessen Tür.
„Hizumi, beweg deinen Arsch an diese verdammte Tür! Ich prügle dir den
letzten Verstand aus der Birne, wenn ich dich in die Finger kriege.“
Eine Zeit lang hörte man nichts, bis Hizumi an der Tür auftauchte und sie
einen Spalt breit öffnete.
„Vielleicht sollte ich dich dann lieber nicht herein lassen?“, meinte er
grinsend, bevor er weggestoßen und in die Wohnung zurückgedrängt wurde.
Karyu rief sich zur Ruhe.
Schnell drehte er sich zu Hizumi um und verpasste ihm eine, sodass der andere
ins Wanken kam und sich ans Kinn griff.
„Nicht schlecht Karyu. Was willst du?“
„Hast du heute schon mal in die Zeitung geguckt?“
„Nö, steht eh nur Mist drin.“
„Das mit dir ist allerdings kein Mist.“
Karyu knallte Hizumi die Zeitung ins Gesicht und befahl ihm, den Bericht zu
lesen.
„Was sagst du zu deiner Verteidigung?“
Hizumi grinste und betrachtete das Foto.
„Gutes Foto, nicht wahr?“
Der Gitarrist war versucht, den anderen noch eine in die Fresse zu hauen, doch
anstatt dessen baute er sich bedrohlich vor dem anderen auf.
„Hör zu, du Schnellschießer. Ich kann nichts dafür, dass du ständig andere
Weiber brauchst, weil du so schnell kommst, dass nicht mal dein Gehirn das
mitkriegt.“
Hizumis Blick verdunkelte sich.
„Ich bin kein Schnellschießer! Ich habe viel Ausdauer!“
Daraufhin prustete der andere los und klopfte Hizumi auf den Rücken.
„Einbildung ist ja bekanntlich auch Bildung.“
Der Schwarzhaarige stieß Karyu weg und knurrte: „Geh ja nicht zu weit. Ich
warne dich.“
„Oh was willst du tun? Mir wehtun? Ich zittere…“
Sarkasmus triefte in Karyus Stimme. Es war kaum zu überhören, dass er dem
anderen rein gar nichts glaubte.
Hizumi hatte genug. Er stürzte sich auf Karyu und warf ihn zu Boden. Sie
prügelten wild aufeinander ein, wobei der Gitarrist sich zusammenreißen
musste, den anderen nicht auszulachen. Der Sänger war nun einmal ein ziemlicher
Hitzkopf.
Besagter holte gerade zum Schlag aus, hielt aber inne, als sein Handy anfing zu
leuten.
„Dein Maul stopf ich dir schon noch“, grummelte er und hob ab.
„Was ist?“, fauchte er hinein, wurde aber sogleich leichenblass, als er die
Stimme an der anderen Leitung hörte.
Er löste sich von Karyu und setzte sich auf das Sofa.
„Ja Oma…was? Morgen? Nein…aber…fuck…nein ich fluche nicht, Oma…die
anderen?“
Hizumi sah zu Karyu.
„Wir kommen gerne mit“, meinte dieser grinsend. Karyu wusste, dass Hizumis
Oma sie wieder einmal zum Essen einlud.
Und wie so oft an solchen Tagen würde Hizumi der leidtragende sein, während
sich die anderen auf dessen Kosten amüsierten.
Lag vielleicht auch daran, dass seine Oma sehr gerne mal etwas trank und dann
aus dem Nähkästchen laberte. Was Hizumi so alles angestellt hatte...
Hizumi zog die Augen zu Schlitzen zusammen.
„Was? Ja..sie kommen mit…“
Er seufzte unterdrückt.
„Oma du sollst mich nicht so nennen…nein…natürlich ist es mir nicht
peinlich…ja Oma.“
Mit diesen Worten legte er auf.
Karyu erhob sich.
„Wann?“
„Morgen Mittag…seid pünktlich und sag den anderen Bescheid.“
Der Gitarrist nickte und ging zur Wohnungstür.
„Bis morgen, mein Schnurzelpurzelhäschen!“
„Scher dich raus, du Spast!“
Hizumi warf hinter Karyu die Tür zu und dieser lachte sich einen Ast ab.
tbc.
_______________________________________________
Reviews? :)