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Between Potions and Quidditch

Draco x Ginny
von

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Hogsmeade

„Ich glaub’, ich bin ein schlechter Lehrer.“

 

Frustriert saß Neville am Lehrertisch in der Großen Halle, den Kopf in die Hände gestützt, und starrte ins tiefe Schwarz seines Kaffeebechers. Er hatte sich schon lange nicht mehr so mies gefühlt.

 

„Du sprichst gerade das aus, was wir alle denken, Longbottom.“

 

„Ich meine es ernst“, erwiderte er, ohne aufzuschauen. Sein Tonfall war immer noch höchst niedergeschlagen. „Die Viertklässler haben gestern ihren ersten Test geschrieben und fast ein Drittel der Klasse ist durchgefallen!“ Neville seufzte laut. „Ob meine Fragen zu schwierig waren? Bei Merlin, ich hätte nie gedacht, dass ich so schnell ein 'S' vergeben muss.“ Erneut seufzte er. „Vielleicht sollte ich den Test wiederholen.“

 

Draco lehnte sich zu ihm hinüber und sah den Lehrer für Kräuterkunde streng an. „Wenn die Schüler nicht richtig gelernt haben sind sie selbst schuld.“

 

„Aber ein Schüler ist nur so gut wie sein Lehrer“, murmelte Neville.

 

Daraufhin grinste Draco schief. „Da hast du die Antwort auf deine Frage. Und sitz nicht auf deinem Stuhl wie ein Häufchen Elend, sonst verlieren die Schüler noch mehr Respekt vor dir.“ Mit einer Kopfbewegung deutete er auf die vier Haustische. Doch so wirklich schien niemand Notiz von den anwesenden Lehrern zu nehmen. In der Großen Halle herrschte aufgeregtes Stimmengewirr. Die Schüler freuten sich auf ihr Hogsmeade-Wochenende. Nur die Erst- und Zweitklässler zogen miesgelaunte Mienen, da sie nicht mitdurften.

 

Neville richtete sich tatsächlich gerade auf, ignorierte aber Dracos spitzen Kommentar. Da brauchte es schon mehr, um ihn aus der Fassung zu bringen. Er war die abfällige Art des Slytherins gewohnt. Doch im Gegensatz zur ihrer Schulzeit ließ er sich nicht mehr so schnell schikanieren, sondern ignorierte es meistens einfach. Verbittert verschränkte er die Arme vor der Brust. „Ich verstehe es einfach nicht“, seufzte er theatralisch. „Dabei waren die Fragen so einfach! Ich dachte mir, hey, mach zum Anfang einen leichten Test. Malvenkraut ist doch nun wirklich kein schwieriges Thema. Ich verstehe es einfach nicht“, wiederholte er. „Kräuterkunde ist doch so–“

 

„–ätzend!“, endete Draco genervt.

 

–interessant!“, sagte Neville ehrfurchtsvoll.

 

„Ihr seid echt anstrengend“, meldete sich nun auch der Rotschopf zu Wort, der zwischen den beiden Männern saß. Dieses Gespräch hatte Ginny bisher so stumm und reglos verfolgt, wie eine der zahlreichen Statuen in diesem Schloss. Nur ab und zu nippte sie an ihrer dampfenden Tasse Tee.

 

Draco warf ihr einen missbilligenden Blick zu. „Keiner zwingt dich hier zu bleiben.“ Er machte eine Handbewegung in Richtung der Eingangstür der Großen Halle. „Du kannst jederzeit gehen.“

 

„Aber ich hab doch sonst nichts zu tun“, murmelte Ginny und nippte wieder an ihrem Tee. Dieses Gespräch war das spannendste, was an diesem Tag passiert war und das sollte schon etwas heißen. Ihr Stundenplan war leer und bis zum Ausflug nach Hogsmeade hatte sie noch zwei Stunden, die sie überbrücken musste.

 

„Longbottom, ich sag dir jetzt mal was.“ Der Slytherin wandte sich wieder an Neville und deutete mit dem Zeigefinder auf ihn. „Du musst den Schülern zeigen wer der Boss ist. Verhätschele sie nicht. Gib ihnen ein ‚Schrecklich‘ oder sogar ein ‚Troll‘, wenn es sein muss. Ganz egal. Denn was bewirken schlechte Noten?“ Fragend sah Draco ihn an.

 

Nachdenklich zog Neville die Augenbrauen zusammen. Der Gedanke an die schlecht benoteten Aufsätze von Snape bescherten ihm Magenschmerzen. „Also mich haben sie immer deprimiert.“

 

„Falsch“, sagte Draco. „Sie spornen dazu an sich verbessern zu wollen und mehr zu lernen.“

 

„Ach, ich weiß nicht.“ Neville starrte wieder in seinen Kaffeebecher. Diese Theorie dürfte vielleicht auf Hermine zutreffen, aber bestimmt nicht auf ihn. Und er bezweifelte, dass es damals Snapes Absicht gewesen war die Schüler zum Lernen zu animieren. Nein, die schlechten Noten waren teils auf Nevilles Ungeschicklichkeit im Fach Zaubertränke zurückzuführen und zum anderen Teil auf Snapes Ungerechtigkeit beim Benoten der Gryffindors. Draco konnte vielleicht den strengen Lehrer heraushängen lassen, der es trotzdem schaffte, von seinen Schülern verehrt zu werden, aber dafür war Neville Longbottom nicht der Typ. Er sah sich eher als liebenswerten und netten Lehrer, so wie damals Professor Lupin, den er sich gerne als Vorbild nahm.

 

Vier Jahre lang hatte Neville dem Studium der Kräuterkunde gewidmet und sich wahnsinnig gefreut, als er die Zusage von McGonagall erhalten hatte. An seinem ersten Unterrichtstag war er fast so aufgeregt gewesen, wie an seinem ersten Schultag in diesem Schloss, voller Vorfreude aufs Unterrichten, wenn auch mit einer gewissen gesunden Portion Besorgnis, ob auch alles gut gehen würde. Trotz aller Ängste gab es keine Schülerstreiche oder Störenfriede, die ihm das Unterrichten schwer machten. Neville hatte es genossen, sein Wissen an die nächste Generation weiterzugeben. Doch dieser Test, die schlechten Noten seiner Schüler, dieses erste Resümee, ließen ihn zweifeln, und die gerade erst errichtete Mauer an Selbstsicherheit zum Einsturz bringen.

 

Vermutlich hatte Draco recht. Es war unrealistisch, dass in seinem Unterricht nur Spitzenschüler saßen. Schlechte Noten zu vergeben gehörte nun auch dazu, auch wenn er sich bei diesem Gedanken nicht wohlfühlte. Er stellte sich die Reaktionen der Schüler auf ihre schlechten Benotungen vor. Leise murmelte Neville: „Ja, aber ich will nicht, dass sie mich hassen …“

 

Draco gab ein Geräusch von sich, das halb belustigtes Lachen und halb verächtliches Schnauben war. „Hassen? Du bist nicht hier, um Freunde zu finden, Longbottom, sondern um den Kindern etwas beizubringen. So gut du dein Fach auch beherrscht, im pädagogischen Bereich bist du eine vollkommene Niete. Mein Rat an dich: Vergib so viele 'S' wie es sein muss. “

 

Unschlüssig sah Neville ihn an, nicht sicher, ob er den Ratschlag seines Kollegen annehmen sollte, oder nicht. Trotz der vielen Beleidigungen konnte er nicht übersehen, dass Draco versuchte ihn aufzubauen und ihn zu unterstützen. Der Slytherin war auf seiner Seite und gab ihm einen guten Ratschlag.

 

„Weasley, was sagst du denn dazu?“ Draco hatte sich nun zu seiner Sitznachbarin gelehnt und sah sie abwartend an.

 

Ginny sah von ihrer Teetasse auf. „Ich halte mich da raus“, antwortete sie entschieden.

 

„Sie stimmt mir zu“, schlussfolgerte Draco daraufhin.

 

„Ach was soll‘s“, sagte Neville. „Es ist Wochenende. Darüber werde ich mir später Gedanken machen. Heute geht’s nach Hogsmeade.“ Darauf hatte er sich schließlich schon gefreut. Den freien Tag sollte er lieber genießen. Die schlechten Noten würden noch warten können. „Nicht wahr, Ginny?“

 

Sie nickte. Bereits vor einigen Tagen hatten sie sich dazu verabredet. Neville wollte unbedingt zu Schreiberlings Federladen, um sich eine neue Schreibfeder zu kaufen. Seine jetzige hatte ihm seine Großmutter zum fünfzehnten Geburtstag geschenkt und Neville fand, dass es endlich Zeit war, für eine neue.

 

„Was ist mit dir, Malfoy?“, fragte Neville, über den Tisch gebeugt. „Gehst du heute auch nach Hogsmeade?“ Er bemerkte, wie Draco und Ginny einen Blick tauschten. „Komm doch mit uns mit“, schlug er schnell vor, bevor der Slytherin zu einer Antwort ansetzen konnte. Dann stupste er Ginny mit dem Ellenbogen an. „Du hast doch nichts dagegen, oder Ginny?“

 

„Was? Oh, nein, natürlich nicht.“

 

Neville grinste breit.

 

„Nein“, antworte Draco. „Ich kann nicht. Ich muss noch Klausuren benoten und ein paar 'Ohnegleichen' vergeben, denn meine Schüler, lernen vom Besten.“ Vielsagend ließ er die Augenbrauen hüpfen.

 

Neville warf ihm einen giftigen Blick zu. „Arroganz steht dir nicht, Frettchen!“, konterte er.

 

Draco wollte bereits empört zu einer Antwort ansetzen, als Ginny ein genervtes Stöhnen entfuhr. „Okay, ich gehe. Ich will nicht sehen, wie ihr euch an die Gurgel geht.“ Geräuschvoll stellte sie die Tasse ab und stand auf. „Wir sehen uns später, Neville“, verabschiedete sie sich und schritt mit wehendem Umhang davon. Draco tat, als wäre er mit seiner eigenen Teetasse beschäftigt, doch Neville bemerkte wie er ihr heimlich nachsah, während sie aus der Großen Halle ging.

 

Wie lange hatte er sich das schon ansehen müssen? Ginny bestritt zwar, dass da etwas zwischen den beiden lief, doch Neville war vielleicht tollpatschig, aber keinesfalls ein Dummkopf. Er hatte Augen im Kopf und konnte die Anzeichen, dass sich zwischen den beiden ehemaligen Streithähnen etwas anbandelte, schon gar nicht mehr zählen. Die elektrische Spannung zwischen ihnen konnte man geradezu spüren!

 

Bei Draco war es ein wenig offensichtlicher, als bei Ginny. Sie schien sich noch ein wenig gegen ihre Gefühle zu sträuben. Er wüsste zu gerne den Grund dafür.

 

Manche musste man anscheinend zu ihrem Glück zwingen.

 

Und Neville hatte da auch schon so eine Idee …

 
 

***

 

Als sie Schreiberlings Federladen verließen schlug ihnen die kalte Luft entgegen und Ginny versteckte das halbe Gesicht unter ihrem dicken braunen Wollschal. Wenn es jetzt im Herbst schon so kalt war, wie sollte es dann erst im Winter werden? In dem Laden war es noch so schön warm gewesen.

 

Neville trug ganz stolz die Papiertüte mit seiner neuen Feder. „So, das wäre erledigt“, sagte er. „Wo wollen wir als nächstes hingehen?“

 

Ginny trug ihren dicken Umhang. Mit den Armen vor der Brust verschränkt versuchte sie der Kälte zu trotzen. Neville dagegen trug zwar ebenfalls eine Jacke, ließ sie allerdings offen, völlig ungerührt von den milden sieben Grad, die der Rothaarigen so zusetzten. Er steckte seine Hände lässig in die Jackentaschen, während die Papiertüte an seinem Handgelenk baumelte.

 

„Ich weiß nicht“, antwortete Ginny. „Wie wäre es mit dem Honigtopf?“

 

Neville verzog die Mundwinkel. „Ich fürchte da musst du ohne mich hingehen. Das Risiko gehe ich lieber nicht ein.“ Er klopfte sich auf seinen Bauch. „Ich will meine gute Figur nicht verlieren. Süßigkeiten sind mein Feind.“ Früher war Neville ein wenig pummelig gewesen, doch inzwischen konnte er sich wirklich sehen lassen. Aus dem tollpatschigen Angsthasen von früher war ein hübscher junger Mann geworden.

 

„Wie wäre es mit dem Drei Besen?“, schlug Ginny vor. Ihr war egal, wo sie hingingen. Hauptsache sie gingen irgendwo hin, wo es warm war.

 

„Gute Idee“, sagte Neville und sie machten sich auf den Weg. „Mal sehen, ob wir einen Platz bekommen.“

 

Wie sich herausstellte, war das Drei Besen gut von Schülern besucht, aber zum Glück nicht zu überfüllt. Sie hatten kaum einen Schritt hineingesetzt, als Neville rief: „Nein, das glaub ich ja nicht!“

 

Ginny wickelte sich gerade ihren Schal ab. Sie schaute sich verwirrt um, was Neville denn meinen könnte. Der war bereits auf den Tresen zugeeilt, direkt auf die blonde Bedienung zu.

 

„Hannah Abbott! Ich fress‘ ‘nen Besen! Was machst du denn hier?“

 

Ginny knöpfte sich ihren Umhang auf. Im Lokal war es kuschelig warm und mit dem Umhang bereits nicht mehr auszuhalten, sodass sie ihn schnell auszog. Hinter der Theke stand Hannah Abbott, ihre ehemalige Mitschülerin aus Hufflepuff. Seit der Schulzeit hatte Ginny sie nicht mehr gesehen.

 

Als Hannah Neville erkannte schenkte sie ihm ein freudiges Lächeln. „Na sowas, Neville Longbottom. Ich habe mir schon gedacht, dass ich dich früher oder später hier sehen würde.“ Neville setzte sich auf einen Hocker an der Bar, direkt der blonden Bedienung gegenüber. Ginny hing ihren Umhang an die Garderobe und setzte sich dann auf den freien Platz neben ihm.

 

„Ich habe gehört, du unterrichtest Kräuterkunde“, sagte Hannah, während sie einen Krug abtrocknete. „Das war keine große Überraschung. Du hattest früher schon ein Händchen dafür.“

 

Neville winkte bescheiden ab. „Ach, naja. Du warst aber auch nicht schlecht in dem Fach.“ Er wandte sich an Ginny. „Hannah und ich haben früher immer zusammen für Kräuterkunde gelernt, weißt du? Professor Sprout nannte uns immer ihre besten Schüler.“ Ein stolzer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht.

 

„Aha“, sagte Ginny, die sich irgendwie fehl am Platz fühlte. Sie kam sich vor wie das dritte Rad am Wagen.

 

„Sag mal, Hannah, seit wann arbeitest du im Drei Besen?“

 

Die Blonde schwang ihren Zauberstab und der Krug flog zu den anderen hinüber. „Es ist nur ein Probearbeiten“, erklärte sie. Dann beugte sie sich über den Tresen und flüsterte hinter vorgehaltener Hand: „Ich habe mich auch um eine Stelle im Tropfenden Kessel beworben, Vielleicht habe ich später Glück und kann zwischen beiden Stellen wählen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Das Drei Besen ist ganz nett, allein schon wegen Hogwarts in der Nähe, aber der Tropfende Kessel ist in London. Das hätte auch etwas Reizvolles.“

 

„Mhm“, stimmte Neville ihr zu. Er hatte den Ellenbogen auf den Thekentisch abgestützt und das Kinn auf seiner Handfläche gebettet. „Jah, da hast du recht.“

 

„Was möchtest du denn trinken, Neville?“

 

„Ein Butterbier bitte.“

 

Hannah zwinkerte. „Kommt sofort.“ Sie schwang erneut ihren Zauberstab und ein Krug flog aus dem Regal. „Und du, Ginny?“

 

„Das gleiche.“

 

Ein zweiter Krug flog aus dem Regal und Hannah ging zum Zapfhahn, um sie zu füllen. Ginny beobachtete, wie Neville ihr Tun ganz genau beäugte. Ein Grinsen schlich sich auf ihre Lippen.

 

„Sag mal, Neville“, begann Ginny langsam und so leise, dass Hannah es nicht hören könnte. „Standet ihr beide euch in Hogwarts nahe?“

 

„Hm?“ Neville schenkte nun Ginny seine Aufmerksamkeit. „Oh, nein. Also naja, ich weiß nicht. Wir haben oft zusammen gelernt. Sie war immer sehr nett zu mir. Du weißt ja, das waren früher nur sehr wenige.“

 

„Aha, verstehe.“

 

Hannah stellte ihnen die Butterbiere hin. „Wir müssen uns auf jeden Fall noch unterhalten, Neville. Aber jetzt muss ich erst einmal weiterarbeiten.“ Sie lächelte ihn an, dann zückte sie ihren Notizblock und eine Feder und ging ihre Runde durchs Lokal, um die Bestellungen der Gäste aufzunehmen. Neville sah ihr nach. Als er sich wieder zu Ginny umdrehte grinste sie ihn über beide Ohren an.

 

Fragend hob er eine Augenbraue. „Was ist?“

 

„Ich glaube, da ist jemand verknallt“, meinte Ginny wissend. Das war ja sowas von offensichtlich.

 

„Ach, red‘ keinen Quatsch“, winkte Neville ab. Er griff nach seinem Krug und nahm einen großen Schluck von seinem Butterbier. „Ich meine, sie war ja schon immer hübsch, aber jetzt … Wow!“ Er nahm noch einen Schluck und drehte sich dann noch einmal nach Hannah um. „Sieh sie dir doch mal an.“

 

Ginny sah Hannah an.

 

Sie sah eine junge blonde Frau, recht zierlich, mit einer freundlichen Ausstrahlung. In Hogwarts hatten die beiden Mädchen nichts miteinander zu tun gehabt, sodass Ginny ihren Charakter nicht beurteilen konnte. Aber sie glaubte kaum, dass Neville sich mit jemandem abgeben würde, der andere Menschen schlecht behandelte. Es gefiel ihr, ihn so strahlend zu sehen. So ging er meistens nur auf, wenn er über Kräuterkunde sprach. Neville verdiente eine nette Frau an seiner Seite. Nachdem Luna einen neuen Partner gefunden hatte stand es nun auch Neville zu, sich neu zu verlieben.

 

„Na dann frag sie doch nach einer Verabredung“, schlug Ginny vor.

 

Neville wirkte ein wenig eingeschüchtert. „Ach, ich weiß nicht recht.“

 

„Wieso denn nicht? Ich hatte den Eindruck, sie mag dich auch.“

 

„Ach echt?“ Neville sah sie mit großen Augen an. Dann kam Hannah zurück und begann die Bestellungen der Gäste abzuarbeiten. Sie lächelte den beiden ehemaligen Gryffindors währenddessen zu. Neville lächelte zurück und Ginny wollte am liebsten verschwinden und die beiden allein lassen.

 

„Soll ich vielleicht lieber gehen?“, schlug sie ihm leise vor.

 

„Was? Nein, nein. Auf keinen Fall“, protestierte Neville. Er hob abwehrend die Hände. „Was wäre ich denn dann bitte für ein Freund? Außerdem dachte ich mir, wir könnten die Zeit nutzen und ein wenig …“ – er gestikulierte mit den Händen – „… reden.“

 

Ginny zog die Augenbrauen zusammen. Irgendwie hatte er das Wort seltsam betont. „Worüber willst du denn reden?“, fragte sie misstrauisch.

 

Neville wartete, bis Hannah wieder ihren Platz hinter der Theke verließ. Er musterte Ginny mehrere Sekunden lang, schien zu überlegen und trank dann aber einen großen Schluck Butterbier. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er etwas zu sagen hatte, sich aber nicht traute.

 

„Ist doch seltsam“, fing er dann nach einer Weile an, „wie sich alles so entwickelt hat. Nicht wahr? Ich meine, all die Jahre plant man sein Leben und hat gewisse Vorstellungen. Doch es kommt immer anders als man denkt. Hättest du dir denken können, dass wir heute hier sitzen würden und das Leben führen, das wir haben?“

 

Solch offene Worte überraschten Ginny. Sie hatte mit allen möglichen Themen gerechnet. Doch sie konnte sich nicht genau vorstellen, worauf er hinaus wollte.

 

„Seien wir mal ehrlich, wer hätte damals geglaubt, dass ich einmal in Hogwarts unterrichten würde.“ Neville schüttelte milde lächelnd den Kopf. „Man hat nicht viel von mir erwartet. Aber ich habe mein Ding durchgezogen.“ Er nahm noch einen Schluck von seinem Butterbier. „Ich hatte auch nie gedacht, dass ich mal eine Freundin finden würde. Wer würde schon mit einem Loser wie mir ausgehen wollen …“

 

Ginny wollte widersprechen, ihm sagen, dass er kein Verlierer war, doch er ließ sie nicht zu Wort kommen.

 

„Aber dann kam Luna.“ Er zuckte mit den Schultern. „Es hat nicht gehalten, aber wir hatten viele schöne Momente. Ich bereue nichts. Ich war glücklich, weißt du.“

 

Seine Offenherzigkeit berührte sie. Es zeigte, dass er ihr vertraute. Doch Ginny verstand immer noch nicht, worauf er hinaus wollte.

 

Neville warf noch einmal einen Blick zu Hannah, ehe er dann fortfuhr. „Worauf ich hinaus will, Ginny, ich habe das Gefühl, dass du nicht glücklich bist, im Moment. Und ich glaube, dass du dir selbst im Weg stehst.“

 

Die Worte musste sie erst einmal verdauen. Sie hatte gedacht, er redete über sich selbst, nicht über sie. Er versuchte ihren Blick einzufangen. Doch das Butterbier erschien ihr auf einmal äußerst interessant. Sie spielte mit dem Henkel des Krugs und fragte äußerst intelligent: „Hä?“

 

„Ich habe mich gefragt“, fuhr er leise fort, „angenommen da kommt ein echt toller Typ, ich sage auch gar nicht wer“, fügte er schnell hinzu und Ginny bekam nun allmählich eine Ahnung, über welches Thema er gerade sprach. „Angenommen er gefällt dir, aber du lässt es nicht zu, etwas Neues anzufangen. Aus welchem Grund könnte das wohl sein?“

 

Er machte eine Pause. Ob er auf eine Antwort wartete oder ob es eine rhetorische Frage war vermochte sie nicht zu beantworten. Sie fühlte sich so unwohl in ihrer Haut, dass ihre Lippen fest verschlossen blieben. Sie sprach nicht gern über diesen Grund …

 

„Ist es wegen Harry?“, fragte Neville sanft und sprach damit aus, was sie nicht konnte.

 

Es war beinahe wie damals, als man sich nicht getraut hatte, den Namen von Du-weißt-schon-wem auszusprechen. Lange Zeit hatte die Erwähnung von Harrys Namen ihr Schmerzen bereitet. Sie hatte versucht alles zu verdrängen, da es der einfachste Weg zu sein schien, über die Trennung hinwegzukommen. Doch der einfachste war nicht immer der richtige Weg. Schon seit einiger Zeit hatte sie bemerkt, dass Verdrängen ihr keineswegs half, sondern die Heilung nur hinauszögerte. Sie musste sich dem stellen. Ginny war eine starke und mutige Frau, doch auch sie hatte Dinge erlebt, die sie in die Knie gezwungen hatten.

 

„Es ist vorbei“, sagte Neville.

 

Die Antwort von Ginny war giftiger, als beabsichtigt. „Ich weiß das!“

 

„Wieso sträubst du dich dann gegen einen Neuanfang?“

 

Wenn sie die Antwort doch nur wüsste. Wie oft hatte sie sich das schon gefragt? „Ich weiß es nicht.“

 

„Dann solltest du es vielleicht schleunigst herausfinden. Denn es steht dir im Weg glücklich zu werden.“

 

Würde Draco sie denn glücklich machen?

 

Sie fühlte sich eindeutig zu ihm hingezogen und sie wusste, dass es ihm genauso ging. Er löste wundervolle Gefühle in ihr aus, doch ihr war ebenso bewusst, dass sie noch nicht über Harry Potter hinweg war. Und Ginny wollte den Slytherin keinesfalls benutzen, um sich abzulenken oder um sich über ihren Ex hinwegzutrösten. So eine war sie nicht und das wäre sogar einem Malfoy gegenüber nicht fair. Noch dazu war es einfach verwirrend, weil er nun einmal war, wer er war. Konnte sie sich eine Beziehung mit Draco Malfoy vorstellen? Einem ehemaligen Todesser? War es überhaupt das, was er wollte? Eine Beziehung? Oder hatte er ganz andere Absichten?

 

Seit dem Tag, an dem er in ihrem Büro gewesen war, hatte sie ihn wenigstens nicht mehr ignoriert. Dennoch herrschte dieses Unausgesprochene zwischen ihnen. In den letzten Tagen, wenn sie beim Essen nebeneinander saßen, hatten sie höflich miteinander gesprochen, als wäre nie etwas geschehen.

 

„Ginny, ich halte dich für eine kluge Frau, du wirst schon wissen was du tust. Ich will nur nicht, dass du später etwas bereust. Lieber gewagt und verloren, als … niemals versucht … oder so ähnlich … Egal, ich glaube, du weißt was ich meine.“ Neville grinste schief und Ginny konnte nicht anders als es zu erwidern. Mit seiner liebenswerten Art konnte man ihn einfach nur gern haben.

 

„Wie gesagt, das Leben kommt immer anders als man denkt. Man kann es nicht planen. Wer weiß, wo wir in fünf Jahren sind. Draco hat sich verändert. Ich denke, das haben wir alle.“ Neville seufzte. „Klar, er ist immer noch ein arroganter Schönling“, feixte er, „aber ich glaube nicht, dass er es wagt sich mit einer Ginny Weasley anzulegen.“

 

„Wieso setzt du dich für ihn ein?“, fragte Ginny. Draco war früher alles andere als nett zu dem Gryffindor gewesen und auch heute noch konnte er seine Sprüche ihm gegenüber nicht lassen.

 

„Ich finde“, antwortete er aufrichtig, „dass jeder eine Chance verdient hat. Sogar Malfoy.“ Er zuckte mit den Schultern. „Auch er hat viel durchgemacht. Ich denke, du würdest ihm gut tun. Und er würde dir gut tun.“

 

Irgendwie berührten sie seine Worte. Sie konnte nicht anders als ihm dankbar zuzulächeln und seine Hand freundschaftlich zu drücken. Wie Neville all das sagte klang alles so logisch.

 

„Du musst ihn ja nicht gleich heiraten“, schmunzelte er. „Probier es aus, und sieh, was passiert. Es kann schief gehen, aber es kann auch funktionieren. Wer weiß das schon.“

 

„Ich glaube“, begann sie zögernd, „ich habe Angst, dass es wieder in einer Katastrophe endet.“ So schön die Beziehung mit Harry auch gewesen war, die Trennung war der Horror gewesen. Es war einfach ein schreckliches Gefühl, den Menschen zu verlieren, den man von ganzem Herzen liebte. Vor allem, wenn er diese Entscheidung allein getroffen hatte und man selbst nichts dagegen tun konnte. „Ich will das nicht noch einmal durchmachen“, gestand sie. Ja, im Moment war mit Draco alles irgendwie aufregend und auch schön, doch sie wusste, dass diese Atmosphäre schnell umschwingen konnte, dass aus Lachen Tränen werden und aus Liebe Hass werden konnte.

 

Neville drückte ihre Hand. „Das kann man leider nie wissen.“

 

Hannah erschien wieder vor dem Tresen und sah sie freudestrahlend an. „Darf ich euch noch etwas bringen?“

 

Neville bestellte noch ein Butterbier für sich und Ginny.

 

„Ich stelle dir jetzt eine einfache Frage, Ginny: Magst du ihn?“

 

Sie starrte in ihren Butterbierkrug, als sie langsam antwortete. „Ja.“

 

Neville grinste. „Mehr als mich?“

 

Sie warf ihm einen Natürlich-nicht-Blick zu. Aber sie dachte nach. Sie erinnerte sich an ihren Ausflug nach Hogsmeade, als sie Bertie Bott’s Bohnen gegessen und gemeinsam gelacht hatten, an ihr Gespräch im Krankenflügel, an den Halloweenball, und wie sehr sie sich gewünscht hatte, mit ihm zu tanzen und wie eifersüchtig sie gewesen war, als sie ihn mit Stone gesehen hatte. Inzwischen war sie schon so daran gewöhnt, jeden Tag in der Großen Halle neben ihm zu sitzen und sie konnte nicht leugnen, dass sie seine Nähe genoss.

 

Wenn sie es nicht besser wüsste, könnte man denken, Ginny wäre bereits verliebt.

 

Sie kam zu folgendem Schluss: „Ich schätze, ich mag ihn auf andere Weise. Anders, als nur einen guten Freund.“

 

Neville nickte wissend, als wäre ihm das schon lange klar – was vermutlich auch so war. „Was hältst du davon, wenn du ihm das selbst sagst?“, fragte er dann ruhig. „Du wirst es nicht glauben, aber er kommt gerade zur Tür herein.“

 

Vor Schreck wäre sie beinahe vom Stuhl gefallen. Tatsächlich! Ginny traute ihren Augen kaum, als sie den Blonden durch die Eingangstür des Drei Besen kommen sah. Fragend sah sie zu Neville, der ein wissendes Lächeln auf den Lippen trug.

 

„Was für ein Zufall“, sagte Neville nur. Ginny klappte der Mund auf. Von wegen Zufall!

 

Draco hing seinen Umhang an die Garderobe und steuerte dann direkt auf Ginny und Neville zu. Ginny wandte sich um, um ihr rotes Gesicht zu verstecken. Du liebe Güte! Ihr Herz klopfte wie wild.

 

Hannah erstarrte in ihrer Bewegung, die Krüge schwebten neben ihr in der Luft. Ihr freundliches Lächeln verschwand. „Malfoy.“

 

Draco musterte sie. Auch bei ihm zeigte sich keine Wiedersehensfreude. Er nickte bloß zur Begrüßung.

 

Ginny und Neville tauschten einen Blick. Die Spannung zwischen den beiden war nicht zu übersehen. Die ehemalige Hufflepuff zwang sich zu einem Lächeln, das ihre Augen allerdings nicht erreichte, ganz die freundliche Bedienung, die sie spielen musste.

 

„Möchtest du etwas bestellen?“, fragte sie kalt.

 

Draco bestellte sich ebenfalls ein Butterbier und setzte sich auf den freien Platz neben Ginny. Hannah schob ihm wortlos das Butterbier hin.

 

„Ähm, nun, Hannah“, begann Neville die Stimmung wieder aufzulockern. „Erzähl doch mal, was hast du die letzten Jahre so gemacht?“ Währenddessen warf Ginny einen fragenden Blick zu Draco.

 

Er zuckte mit den Schultern. „Sie mag mich nicht“, sprach er das Offensichtliche aus. Ginny brauchte nicht zu fragen, wieso. Den Grund konnte sie sich denken. Draco und Hannah waren im gleichen Jahrgang gewesen und kannten sich aus dem gemeinsamen Unterricht. „Ich bin das gewohnt. Viele Leute mögen mich nicht“, fuhr er unbeeindruckt fort. „Ist mir egal. Meistens beruht es eh auf Gegenseitigkeit.“ Er trank von seinem Butterbier und sah sich im Lokal um, auf der Suche nach eventuell weiteren ehemaligen Schulkameraden, die er nicht leiden konnte.

 

„Was machst du hier?“ fragte Ginny geradewegs. „Ich dachte du wolltest nicht nach Hogsmeade.“

 

„Ich habe es mir anders überlegt.“

 

Die erläuternde Erklärung, auf die Ginny wartete, blieb aus. Was auch immer ihn dazu bewogen hatte den Nachmittag nicht mit Schularbeiten zu verbringen, wollte er ihr nicht mitteilen. Vielleicht war er ja aber auch schon fertig damit.

 

Hannah erzählte indes, wie sie die vergangenen Jahre zugetragen hatte. Hin und wieder hatte sie kleinere Jobs angenommen. Alles nicht so das Wahre. Sie war verreist, hatte sich viele Länder in Europa angesehen und war auf der Suche nach sich selbst gewesen. Nachdem sie erst Abstand von ihrer Heimat genommen hatte, hatte es sie jedoch wieder dorthin zurückgezogen. Hannah arbeitete gerne mit Menschen und hatte als Kind schön öfter bei ihren Eltern ausgeholfen, die ein Lokal namens Kesselflicker führten, von daher war ihr das Gastgewerbe bereits bekannt. Neville hörte ihr interessiert zu und erzählte ebenfalls von seinem Werdegang. Das Gespräch bestand beinahe nur aus diesen beiden Personen. Ginny bemühte sich anfangs noch mitzureden, gab es aber schnell auf. Die beiden hatten nur noch Augen füreinander.

 

„Sehe ich das falsch oder ist Longbottom gerade dabei zu flirten?“, fragte Draco leise und Ginny schmunzelte.

 

„Sieht ganz so aus.“ Sie fühlte sich schon wieder total fehl am Platz und sie schätzte, dass es Draco genauso ging. Hannah ignorierte ihn konsequent.

 

„Wow!“, sagte Draco beeindruckt. „Dieser Kerl überrascht mich immer wieder.“

 

Sein schiefes Grinsen bescherte ihr ein Kribbeln im Bauch. Er machte sie nervös und sie wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte. Es war einfach merkwürdig ihm jetzt so nah zu sein, nach dem, worüber sie mit Neville gesprochen hatte.

 

Er lehnte sich zu ihr hinüber. „Wollen wir die beiden allein lassen?“

 

Ginny nickte.

 

Als die beiden zahlten und sich verabschiedeten schien sich Neville nicht groß daran zu stören. Er warf Ginny nur einen bedeutungsvollen Blick zu, bevor er sich wieder mit Hannah unterhielt, ganz so, wie ihre Mutter zu Weihnachten, wenn Ginny das Gedicht aufsagen sollte und Molly ihr zuflüsterte: Na los, Kind, so wie wir es geübt haben! An der Garderobe reichte Draco Ginny ihren Umhang, ehe er sich seinen eigenen überwarf und sie verließen das Lokal.

 

Gemeinsam schlenderten sie durch die Straßen von Hogsmeade. Sie konnte immer noch nicht fassen, dass Draco hier auftauchte. Und sie wurde das Gefühl nicht los, dass Neville dahinter steckte. Das konnte doch alles kein Zufall sein. Erst wollte er mit ihr über Draco reden und dann tauchte dieser plötzlich wie aus dem Nichts auf? Äußerst verdächtig!

 

Während sie durch das Zaubererdorf liefen begegneten sie mehreren Schülern, die ihnen neugierige Blicke zuwarfen. Ginny wurde allmählich wieder kalt. Sie zog den Umhang fester um sich und verbarg das Gesicht bis zur Nasenspitze unter ihrem Wollschal. Wenn man ganz genau hinhörte konnte man ihre Zähne klappern hören.

 

„Was ist los?“, fragte Draco. „Ist dir kalt?“

 

Am liebsten hätte sie einen dummen Spruch gemacht, doch sie entschied sich dagegen. „Jaah“, seufzte sie.

 

„Wieso sprichst du dann nicht einen Wärmezauber?“

 

Sie sah ihn an. Ja wieso eigentlich nicht?

 

Der Slytherin schüttelte den Kopf und zog seinen Zauberstab. Dann spürte sie, wie ihr warm wurde, als stünde sie direkt vor einem prasselnden Kaminfeuer. Es fühlte sich herrlich an. Sie lächelte.

 

Wenig später standen sie vor dem Honigtopf. Und Ginny erinnerte sich an das letzte Mal, als sie mit Draco hier gewesen war. Kaum zu glauben, wie lange das jetzt schon zurücklag und was sich seitdem alles ereignet hatte.

 

„Wenn ich schon mal hier bin“, sagte er mehr zu sich selbst, als zu ihr, „dann kann ich auch gleich etwas besorgen.“

 

„Was willst du denn besorgen?“, fragte sie neugierig.

 

„Ein Weihnachtsgeschenk“, antwortete er. „Meine Mutter isst gerne die Minz-Sterne aus dem Honigtopf. Die habe ich ihr früher immer mitgebracht, wenn ich in den Weihnachtsferien nach Hause gefahren bin.“

 

Sie konnte sich den blonden Slytherin nur schwer als Familienmenschen vorstellen, aber irgendwie fand Ginny den Gedanken schön.

 

„Stimmt, bald ist ja schon wieder Weihnachten“, sagte sie. „Vielleicht finde ich auch etwas.“

 

Als sie den Laden betraten schlug ihnen der angenehme Geruch von Süßigkeiten entgegen. Der Honigtopf war rege gefüllt mit Schülern, die den Laden erkundeten. Während Draco ziemlich genau wusste, wo er hin wollte, schlenderte Ginny durch die Gänge und besah sich die Regale voller bunter Pappschachteln. Bei der großen Auswahl konnte man sich gar nicht entscheiden. Ginny ging zum nächsten Regal. Ihre Absätze klackten auf dem Holzboden. Langsam wurde ihr so warm, dass sie ihren Umhang öffnete und den Schal lockerte, sodass er ihr nur lose um die Schultern hing.

 

Plötzlich fand sie sich dem Ladenbesitzer gegenüber, der sie freundlich grüßte. „Darf ich Sie zu einer Kostprobe einladen?“ Er hielt ihr einen silbernen Teller entgegen, auf dem ein Dutzend dunkelbrauner Kugeln lagen.

 

Zu einem Gratis-Imbiss sagte Ginny nie nein. „Ja, gerne.“

 

„Das sind Lava-Perlen“, erklärte Mister Flume stolz und mit einem gewissen Funkeln in den Augen. „Meine neueste Kreation. Die sind der Hit.“

 

Ginny nahm sich eine Praline, steckte sie sich in den Mund und biss auf die Schokolade. Daraufhin floss eine süße warme Flüssigkeit in den Mund, die ein wenig nach Karamell schmeckte. Sie schmolz förmlich dahin. Ein wahrer Gaumenschmaus.

 

„Oh, sind die lecker“, hauchte sie.

 

Mister Flume lächelte. „Nehmen Sie ruhig noch mehr.“ Ginny nahm noch eine Praline. „Na los, meine Liebe, nehmen Sie noch eine.“

 

Ginny nahm sich noch drei weitere und steckte sich die nächste bereits zufrieden in den Mund. Hmmm, waren die lecker.

 

Die Eingangstür wurde geöffnet und drei Schüler mit Ravenclaw-Schals kamen hinein und sahen sich aufgeregt im Honigtopf um. Ganz überwältigt von dem großen Angebot an Süßigkeiten.

 

„Hallo, die Herren!“, begrüßte Mister Flume die neuen Gäste und ging auf sie zu. „Möchten Sie eine Kostprobe?“

 

Ginny ging mit der Hand voller Lava-Perlen weiter durch die Regale, bis sie Draco fand, der bei den Minz-Sternen stand. Er hielt zwei Packungen in der Hand und schien unschlüssig, ob er eine oder zwei Schachteln kaufen sollte. Als sie ihm näher kam, sah er zu ihr auf und stellte eine Packung schließlich zurück ins Regal.

 

„Möchtest du auch mal probieren?“, fragte Ginny. Sie hielt ihm die Hand mit den Lava-Perlen hin. „Die sind total lecker“, grinste sie. Draco sah sie einen Moment an, dann streckte er seine Hand aus. Zuerst dachte sie, er würde sich eine Perle nehmen, doch dann legte er die Hand in ihren Nacken und zog sie zu sich heran, um sie zu küssen. Vor Überraschung wären Ginny beinahe die Lava-Perlen aus der Hand gefallen.

 

Es verschlug ihr den Atem. Ihr Magen machte einen Salto. Seine Lippen waren sanft und liebevoll. Sie erwiderte den Kuss, mit der Sehnsucht nach mehr.

 

Als er sich von ihr löste, sah er ihr in die Augen. „Das schmeckt gut“, murmelte er. „Was ist das?“

 

„Lava-Perlen … Die sind der Hit“, zitierte sie atemlos.

 

Er küsste sie noch einmal, biss leicht in ihre Unterlippe.

 

„Komm heute Abend zu mir.“

 
 

***

 

Das Geräusch ihrer klackernden Absätze hallte von den Steinwänden wider. Ginny war nervös. Nicht so nervös, wie vor einer Prüfung, wenn die Anspannung kaum noch auszuhalten war und man die Ungewissheit, über das Ergebnis kaum noch aushalten konnte. Nein, eher so, wie jemand, der sich schon lange auf etwas gefreut hatte und endlich war es soweit.

 

Sie würde seiner Bitte nachkommen.

 

Inzwischen war es dunkel geworden. Ein weiterer Tag neigte sich dem Ende. In den Kerkern war es ruhig. Es gab keine Fenster, nur Fackeln an den Wänden, Statuen, die still Wache hielten und Porträts, die bereits fest schlummerten. Nur noch wenige Schritte, dann wäre sie am Ziel. Wie oft war sie schon hier unten in den Kerkern gewesen? Sie wusste, wo seine Gemächer waren. Sie war bereits in seinem Arbeitszimmer gewesen, doch noch nicht in seinen privaten Räumen …

 

Noch nicht …

 

Als sie vor der Tür stehenblieb, atmete sie einmal kräftig ein und wieder aus, um Mut zu sammeln. Just in dem Moment, indem sie an seine Tür klopfte, kamen die Zweifel. Tat sie das Richtige? Machte sie einen Fehler? Vielleicht sollte sie einfach wieder umkehren ...

 

Es dauerte nicht lange, bis Draco die Tür öffnete. Ihre Augen wanderten über seinen Körper. Er trug ein schwarzes Hemd, die obersten zwei Knöpfe waren offen, dazu eine schwarze Stoffhose. Das blonde Haar war leicht zerzaust.

 

Definitiv nicht umkehren.

 

Er hielt ihr die Tür auf, eine stumme Aufforderung einzutreten. Ginny sagte nichts und betrat sein Zimmer. Er lächelte leicht.

 

Und schloss die Tür.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  _Natsumi_Ann_
2019-12-21T09:25:13+00:00 21.12.2019 10:25
nicht funken soll es, sondern knallen xDD

https://www.youtube.com/watch?v=vSWZn_uqHN8

xDDD bitte weiter ;)
Von:  Emymoritzmax
2019-12-20T23:28:20+00:00 21.12.2019 00:28
Hier musste ich ein wenig schmunzeln wenn man sich Draco schief grinsend vorstellen soll mach weiter so hoffe es funkt mal bei den beiden


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