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Between Potions and Quidditch

Draco x Ginny
von

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Besuch

„Hallo, Draco.“

 

Sie lächelte ihn scheu an.

 

Und Draco stöhnte innerlich genervt auf.

 

Wieso ausgerechnet sie? Verdammter Hippogreif, es lebten knapp dreihundert Menschen in diesem Schloss und die Treppen mussten ausgerechnet vor ihr stehenbleiben. Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm.

 

Vor ihm stand Karen Stone, sein fleischgewordener Albtraum. Hatte er ihr beim Halloweenball nicht schon deutlich genug zu verstehen gegeben, dass er kein Interesse hatte? Vor einigen Stunden war er mit dem Blutigen Baron in eine interessante Debatte über Blutideologie verwickelt gewesen, als sich die Muggelkundelehrerin höflich und schüchtern dazugestellt und versucht hatte, bei ihrem Gesprächsthema mitzureden. Dass sie eine Squib war, war natürlich bekannt in Hogwarts und nur die wenigstens störten sich daran. Draco wusste nicht, ob Karen mutig oder einfach nur dumm war, und sie sich deshalb ausgerechnet den zwei Personen näherte, die sich sehr wohl an dieser Tatsache gestört fühlten, dass eine Squib an Hogwarts unterrichtete. Argus Filch, ebenfalls ein Squib, hatte wenigstens den Anstand eine niedere Tätigkeit wie den Posten des Hausmeisters auszuführen. Der Hausgeist von Slytherin hatte sich schnell aus dem Staub gemacht und Draco allein seinem Elend überlassen. Wenngleich Draco sich stets bemühte höflich zu sein, ihre penetrante Art schaffte es immer wieder ihn zu reizen. Sein gutes Aussehen war ein Fluch und Segen zugleich. Sollte sie doch jemand anderen anhimmeln! Zum Beispiel Longbottom oder diesen Schnösel Marillac, dessen französischen Akzent auch nur Frauen toll finden konnten. In Dracos Ohren klang es einfach nur lächerlich. Nach einer spitzen Bemerkung hatte Draco sich von Karen verabschiedet und von da an vermieden auch nur irgendwie in ihre Nähe zu kommen.

 

Und jetzt stand sie direkt vor ihm.

 

„Kann ich dich kurz sprechen?“, fragte Karen schüchtern.

 

Ein wenig konnte sie ihm sogar leid tun. Sie wusste nicht, wieso Draco sie nicht leiden konnte. Schließlich hatte sie ihm nie etwas getan. Es waren einfach die Umstände, die dazu führten, dass Draco ihr gegenüber diese Abneigung verspürte. Nicht zuletzt die Tatsache, dass sie Muggelkunde unterrichtete, war daran schuld. Es war weniger das Fach – wenngleich er früher immer alle Schüler verspottet hatte, die diesen Kurs belegten –, als eher die Tatsache, dass er bei diesem Fach immer wieder die ehemalige Lehrerin, Charity Burbage, vor Augen hatte. Und dabei handelte es sich nicht um das stets freundlich lächelnde und gutherzige Gesicht, der älteren blonden Dame, sondern das Gesicht mit den schreckgeweiteten Augen, den Tränen, die ihr übers Gesicht liefen, und dem weit aufgerissenen schmerzverzerrten Mund. Charity Burbages Gesicht besuchte ihn oft in seinen Träumen. Draco war bei ihrem Tod dabei gewesen, sah nachts in seinen Alpträumen den grünen Blitz, der ihr Leben beendet hatte, und hörte das dumpfe Aufprallen ihres Körpers auf dem Tisch. Ihr Tod war grausam und sinnlos gewesen. Der Dunkle Lord hatte sie zum Vergnügen getötet. Und Draco hatte nicht einen Finger gerührt, um ihr zu helfen. Die Gewissensbisse quälten ihn noch immer.

 

Dracos Tonfall war schroffer, als beabsichtigt. „Um diese Uhrzeit? Kann das nicht bis morgen warten? Es ist schon spät.“ Sie konnte ja nichts dafür, dass er sie nicht mochte. Er ließ sie seine Abneigung spüren, doch entweder konnte sie seine Ablehnung durch ihre rosarote Brille nicht sehen oder sie ignorierte es gekonnt.

 

„Bitte.“ In ihren Augen lag ein flehender Ausdruck. „Es dauert auch nicht lang.“

 

„Nein.“

 

Draco wollte sich gerade umdrehen und die Treppe hinuntersteigen, als sie nach seiner Hand griff und ihn mit sanfter Gewalt daran hinderte, wegzugehen.

 

„Warte, bitte.“

 

Eigentlich hätte er sich sofort aus ihrem Griff befreit, doch für den Moment war er einfach nur überrascht über diese Dreistigkeit. Dieser Squib wagte es tatsächlich ihn anzufassen!

 

Er öffnete bereits den Mund, um sie anzublaffen, als er etwas Rotes im Flur aufblitzen sah.

 

„Weasley?“

 

Ginny stand im Flur, immer noch in ihren roten Festumhang gekleidet, und sah die zwei mit großen Augen an. Wie aus dem Nichts war sie einfach aufgetaucht und starrte auf Karens Hand, die seine eigene fest umklammert hielt. Als Karen sich umdrehte und ihre Kollegin bemerkte entfuhr ihr unwillkürlich ein genervter Laut. „Oh, hi, Ginevra.“ Sie versuchte sich um einen freundlichen Ton, der ihr aber nicht ganz gelang. Ginny hatte sie schließlich gerade gestört, bei was auch immer sie vorhatte. Endlich hatte sie Draco allein erwischt und all ihren Mut zusammengenommen um ihn anzusprechen, und dann kam die rothaarige Gryffindor und vermasselte ihr alles.

 

„S-Sorry“, begann Ginny, die inzwischen ganz blass geworden war. „Lasst euch nicht stören.“ Dann drehte sie sich einfach um und ging.

 

„Weasley!“ Draco wollte sie noch aufhalten, doch sie beschleunigte nur ihren Schritt. „Hey, warte doch mal!“ Sie bog um die nächste Ecke und war verschwunden. „Das darf doch nicht wahr sein“, murmelte er grimmig.

 

Das Wiesel hatte alles total falsch interpretiert!

 

Die Lehrerin für Muggelkunde sah Draco mit unergründlichem Blick an. In ihren grünen Augen sah er schließlich die Erkenntnis aufblitzen. Eine gewaltige Welle der Wut erfüllte seinen Körper. Morgen würde er sein Benehmen bereuen, aber im Moment ließ er sich von seinem Zorn kontrollieren. Er packte ihre Hand härter, als beabsichtigt, und befreite sich aus ihrem Griff. Karen entfuhr ein kurzer Schmerzenslaut. Sein Geduldsfaden war gerissen. Es kostete ihn all seine Beherrschung, nicht seinen Zauberstab zu ziehen und ihn ihr unters Kinn zu halten. Er hatte an widerlichen Squibs wie ihr kein Interesse. Und wenn sie ihn noch einmal anfassen sollte, dann würde er ihr zeigen, wozu ein Zauberer fähig sein konnte. „Fass mich nie wieder an“, zischte er und Karen zuckte bei der Kälte in seiner Stimme zusammen. Im Moment war es ihm egal, wie er mit ihr sprach. Scheiß auf Höflichkeit! Denn er wurde das Gefühl nicht los, dass Weasley auf dem Weg zu ihm gewesen war. Und wer weiß, vielleicht hatte dieser Squib ihm jetzt eine einmalige Chance vermasselt.

 

Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging die Treppe hinab, nahm einen anderen Weg hinab in die Kerker.

 
 

***

 

Die Gelegenheit, mit Weasley zu reden, kam erst wenige Tage später. Draco verspürte den Drang, sich ihr gegenüber zu erklären. Er und eine Squib? Das war ja lächerlich! Eigentlich hätte er darüber lachen müssen, doch dafür war er immer noch viel zu wütend auf Karen. Bevor der Rotschopf weiterhin die falschen Schlüsse zog wollte er die Szene klarstellen, doch entweder ging sie ihm gekonnt aus dem Weg, oder es war reiner Zufall, dass sie sich weder bei den Mahlzeiten in der Großen Halle, noch auf den Schulgängen im Schloss über den Weg liefen. Draco vermutete ersteres. Doch dann, am Mittwochmorgen, als sich die Frühstückszeit bereits dem Ende neigte, sah er sie die Große Halle betreten. Wenig später nahm sie ihren Platz ein, zwischen Draco und Neville, die sie mit einem freundlichen „Guten Morgen“ begrüßte.

 

Sie griff nach zwei Scheiben Toast und schien dann etwas zu suchen.

 

„Wo ist denn die Erdbeermarmelade?“, murmelte Ginny, während ihre Augen den Tisch absuchten. War das Wiesel über Nacht blind geworden? Sie stand direkt vor ihrer Nase. Wortlos hielt Draco ihr das Glas hin.

 

„Oh. Danke.“ Ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen nahm sie ihm das Marmeladenglas ab, drehte den Deckel auf und begann sich ihren Toast zu beschmieren. Anschließend verfiel sie in ein Gespräch mit Longbottom. Draco konnte Wortfetzen aufschnappen wie kalt geworden und Wochenende oder Drei Besen und warmes Butterbier. Man musste kein Genie sein, um zu erraten, dass sie über das nächste Hogsmeade-Wochenende sprachen.

 

Draco sah auf seine Taschenuhr. Der Unterricht mit den Erstklässlern würde bald beginnen. Und Weasley schien ihn zu ignorieren. Er hätte es ahnen müssen. Das konnte nur bedeuten, dass sie sauer war. Sie war tatsächlich immer noch nachtragend, weil sie dachte, zwischen ihm und dieser Squib würde etwas laufen.

 

Interessant.

 

Draco wartete, bis sie einen großen Bissen von ihrem Toast genommen hatte, als er ihr leise zu zischte, sodass Longbottom sie nicht hören konnte: „Was sollte das letztens?“

 

„Weif nif waf du meinft“, sagte sie mit vollem Mund ziemlich undamenhaft.

 

Draco schnaubte. „Verarsch mich nicht, Weasley. Ich meine deine Aktion letztens im Flur. Wieso bist du einfach abgehauen?“

 

Sie kaute erst auf, bevor sie sprach. Dabei mied sie immer noch seinen Blick. „Ich hatte das Gefühl ihr wolltet lieber allein sein, deshalb.“

 

„Du weißt, dass ich sie nicht leiden kann“, zischte er. Wollte sie ihn einfach nicht verstehen? „Davon habe ich dir in Hogsmeade erzählt.“

 

Dazu sagte sie nichts.

 

„Siehst du mich auch mal an, wenn ich mit dir rede?“

 

Sie drehte ihren Kopf und sah ihm direkt in die Augen. Ihre braunen Augen waren voller Trotz. Aber er konnte auch etwas anderes in ihnen sehen.

 

Weasley war gekränkt.

 

Sie lächelte freundlich, doch ihre Stimme war kühl. „Du musst dich nicht rechtfertigen. Du kannst schließlich tun und lassen was du willst.“

 

Draco seufzte. Wieso waren Frauen nur immer so kompliziert? Er wollte es ihr erklären, aber er konnte das drängende Ticken der Taschenuhr in seinem Umhang beinahe laut neben seinem Ohr hören. Noch dazu kam, dass Longbottom sie erneut in ein Gespräch verwickelte.

 

„Wir klären das ein anderes Mal“, versprach Draco, bevor er aufstand und zum Unterricht ging.

 
 

***

 

Die Tage im November wurden immer kälter und die Bäume verloren allmählich ihre bunt gefärbten Blätter. Der Wind heulte draußen über den Ländereien, sodass Ginny bereits ein Feuer in ihren Räumlichkeiten entzündete. Sie stand direkt vor dem wärmenden Kamin. Die Holzscheite knackten hin und wieder. Dann begannen sich die Flammen des Feuers grün zu färben, und ein Gesicht erschien darin.

 

„Hi, Ginny“, grüßte sie das Gesicht von ihrem Bruder Ron.

 

„Hi, Ron.“

 

„Klasse, dass du es so schnell einrichten konntest.“

 

„Ich habe aber nicht viel Zeit“, sagte Ginny bestimmt. „Ein Schüler kommt nachher noch bei mir vorbei.“ Bei diesem Schüler handelte es sich um Myron Ratherford, den Kapitän der Quidditch-Mannschaft von Gryffindor. Sie wollten noch einmal die Trainingsabläufe durchgehen. Nach Gryffindors Niederlage hatte er sie gebeten, ihnen noch einmal beim Training zu helfen. Die letzten zwei Tage hatte Ginny das letzte Spiel analysiert und eine neue Taktik ausgetüftelt, die ihnen beim nächsten Spiel helfen könnte.

 

„Kein Problem“, antwortete Ron. „Mum will, dass George und ich heute noch den Garten entgnomen. Sie sagt, wenn wir schon mal hier sind könnten wir das ruhig mal machen. Tse, da wohnt man nicht mal mehr hier und muss immer noch die Drecksarbeit erledigen.“

 

In Ginny wurden alte Erinnerungen geweckt, wie sie mit ihren Brüdern im Garten herumtollte, Gnome fing, sie herumwirbelte und über den Zaun schleuderte. Am Anfang war es noch eine spaßige Angelegenheit gewesen, aber im Laufe der Jahre hatte es sich zu einer lästigen Aufgabe entwickelt. Hin und wieder konnte man an den Gnomen aber auch gut Dampf ablassen.

 

„Wie war es denn in Litauen?“, fragte Ginny und das Foto von Harry und der unbekannten Schönheit aus der Zeitung tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Das eine Mal hatte Ginny nach einem Streit mit Harry einen Gnom bestimmt zwanzig Meter weit geschleudert.

 

„Ziemlich kalt, wenn ich ehrlich bin“, antwortete Ron enttäuscht. „Und die reden da alle so komisch. Und das Essen war furchtbar! Du kannst dir gar nicht vorstellen wie froh ich bin hier im Fuchsbau zu sein und Mums guten alten Eintopf zu essen. Du Ginny, hör mal“, begann er und man konnte seiner Stimme bereits anhören, dass er sich bei dem, was er sagen wollte, nicht wohl fühlte. „Weshalb ich dich so dringend sprechen wollte ist Folgendes …“ Er räusperte sich, bevor er tief Luft holte und sagte. „Harry ist jetzt im Schulrat.“

 

Ginny betrachtete ihre Fingernägel, als sie gelassen antwortete. „Ich weiß.“

 

„Hö? Du weißt das?“ Ron war völlig überrascht. „Aber woher? Ich weiß es selbst erst seit ein paar Tagen.“

 

Ginny zuckte mit den Schultern. „Von Neville.“

 

Inzwischen hatte sie diesen kleinen Schock verarbeitet. Ron sollte nicht den Eindruck erhalten, dass ihr nicht wohl war bei dem Gedanken daran. Mit ihm hatte sie nie großartig über das Thema Harry gesprochen. Auch wenn Ron ihr sehr am Herzen lag gehörte er einfach nicht zu den Personen, mit denen man über Gefühle reden konnte. Das war schon immer so gewesen. Und vor allem nicht, wenn er der beste Freund ihres Ex-Freundes war. Bis jetzt hatte Ginny noch mit niemanden groß über ihre Trennung gesprochen, weder mit Ron, oder Hermine, noch mit ihrer Mutter. Dafür standen sie alle Harry viel zu nahe. Was sie brauchte, war jemand, der unparteiisch war. Ginny hatte sonst niemanden, außer vielleicht Ophelia, ihrer Quidditchkameradin, mit der sie darüber hätte sprechen können.

 

„Heißt das, dass er jetzt hier herumlaufen wird?“, fragte Ginny. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich schon mal Mitglieder aus dem Schulrat hier in Hogwarts gesehen habe. Außer vielleicht Lucius Malfoy.“

 

„Soweit ich weiß hat er eine Verabredung mit McGonagall, aber frag mich bloß nicht wann“, fügte er rasch hinzu und Ginny machte sich in Gedanken eine Notiz, jederzeit die Augen offen zu halten. „Hatte schon überlegt, ob ich ihn begleite. Ich würde Hogwarts auch gern mal wiedersehen. Aber naja, du kennst ihn ja. Er regelt immer gern alles im Alleingang.“

 

Und ob ich das kenne, dachte Ginny bitter.

 

„Puh“, machte Ron, als wäre ihm ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. „Ach, ähm Ginny? Du weißt doch, dass du meine Lieblingsschwester bist, oder?“

 

Fragend zog sie eine Augenbraue hoch. „Ja.“ Das war kein großes Lob, denn sie war ja schließlich seine einzige Schwester. Breit grinste sie das Gesicht in den Flammen an. Sie kannte diesen Gesichtsausdruck zu gut.

 

„Sag mal, du hast nicht zufällig noch eine Freikarte übrig gegen das Spiel gegen die Cannons?“

 

Ginny rollte mit den Augen. Diese Frage war keine große Überraschung. Ron fragte nicht zum ersten Mal nach Freikarten für ein Quidditchspiel, seitdem sie bei den Holyhead Harpies spielte. Und in zwei Wochen stand das Freundschaftsspiel gegen die Chudley Cannons an, Rons Lieblingsmannschaft.

 

„Jah … Na klar.“

 

„Was? Oh, ja, natürlich …. Ähm … Hättest du auch zwei Freikarten?“, fragte Ron vorsichtig. „Hermine würde gern – autsch – ich meine, ich würde gerne meine Freundin mitnehmen.“

 

Ginny konnte sich praktisch vorstellen, wie Hermine mit verschränkten Armen neben Ron stand und ihm einen strafenden Blick zuwarf, was sie zum Schmunzeln brachte. „Geht klar.“

 

„Klasse! Bist die Beste, Ginny!“

 

„Ich weiß.“

 

In diesem Moment klopfte es an Ginnys Tür. Das musste Ratherford sein.

 

„Ich muss Schluss machen, Ron. Grüß die anderen lieb von mir, ja?“

 

„Alles klar, ja, mache ich. Wir sehen uns dann beim Spiel. Und Gin, tu deinem Bruder einen Gefallen“, sagte er mit einem verlegenen Grinsen, „und spiel nicht so gut.“ Sein Gesicht verschwand aus dem Kamin und das Feuer färbte sich wieder rot.

 

Mit Sicherheit nicht, dachte sie grimmig. Nur weil die Chudley Cannons Rons absolute Lieblingsmannschaft waren würde sie sicher keine Rücksicht nehmen. Ginny ging aufgebracht zur Tür. Sie war immerhin seine Schwester. Er müsste sie anfeuern, nicht diese tollpatschigen Vollpfosten in hellorange, die ihr letztes Spiel gewonnen hatten, als Ron noch nicht einmal Chudley Cannons buchstabieren konnte.

 

Es klopfte noch einmal. „Ich komm ja schon“, rief sie der Tür entgegen. Ginny sah auf die Uhr und stellte fest, dass Ratherford ziemlich früh dran war.

 

Naja, dachte sie. Lieber zu früh, als zu spät.

 

Doch als sie die Tür öffnete, sah sie plötzlich in zwei graue Augen. Vor ihr stand nicht der Kapitän der Quidditchmannschaft. Vor ihr stand Draco Malfoy.

 
 

***

 

Völlig überrumpelt starrte der Rotschopf ihn mit offenem Mund an.

 

„Ich möchte dich nur kurz sprechen“, benutzte er die gleichen Worte wie sie damals, kurz bevor ihnen der Kessel um die Ohren geflogen war. Draco nutzte ihre Überraschung, um sich hoch erhobenen Hauptes an ihr vorbeizuschieben und in ihr Büro zu treten.

 

Er sah sich im Zimmer um, während sie die Tür langsam schloss. Misstrauisch sah Ginny ihn an. Wenn man aus dem Fenster schaute konnte man wunderbar über die Ländereien von Hogwarts blicken, sogar das Quidditchfeld war zu sehen. Ein ungewohnter Anblick, da sich Draco die meiste Zeit in den Kerkern aufhielt, wo sich seine privaten Gemächer sowie das Klassenzimmer für Zaubertränke befanden.

 

„Schön hast du’s hier.“ Sein Blick wanderte weiter durch das Zimmer und blieb letztendlich an der Tür zum Schlafzimmer hängen.

 

„Was willst du?“, fragte sie nicht gerade freundlich. „Ich erwarte Besuch, also beeil dich.“

 

„Sagte ich bereits. Du solltest besser zuhören“, tadelte Draco und ignorierte ihren Hinweis, der augenscheinlich nur eine Ausrede war, um ihn loszuwerden. „Ich möchte mit dir reden.“

 

„Worüber?“ Mit verschränkten Armen sah sie ihn skeptisch an.

 

In seinem Kopf hallten ihre Worte wider, von jenem schicksalshaften Tag, an dem sie beide im Krankenflügel gelandet waren: Ich habe das Gefühl, dass da etwas zwischen uns steht und ich würde das gerne aus der Welt schaffen, damit wir wieder von vorne anfangen können.

 

Es schien, als würden sie sich im Kreis drehen.

 

Draco ließ sich in einen der Sessel fallen und schlug die Beine übereinander. Er legte die Arme auf den Armlehnen ab und klopfte mit dem Zeigefinger gedankenverloren auf dem Holz herum. Er hatte gehofft, dass er sie zum Nachahmen inspirieren würde und sie sich ebenfalls in einen Sessel setzen würde, doch sie blieb auf sicherer Entfernung stehen. Stur und entschlossen.

 

„Wieso regst du dich über Stone so auf?“, fragte er gerade hinaus. Jetzt war niemand da, der sie stören konnte und in diesem Raum gab es auch keine fremden Ohren, die zuhören könnten.

 

Sie schnaubte. „Tu ich doch gar nicht. Hör auf meine Zeit zu verschwenden und lass mich mit dem Thema in Ruhe.“

 

„Ich will aber, dass du es verstehst.“

 

Sie zog fragend die Augenbrauen zusammen. „Wieso?“

 

Draco antwortete nicht. Lange Zeit sahen sie sich einfach nur an. Er bemerkte, dass sie gedankenverloren auf ihrer Unterlippe kaute. Ginny ging durchs Zimmer, auf den Kamin zu und blieb vor dem Tisch stehen. Sie starrte ins Feuer.

 

Schließlich sagte er: „Was glaubst du, wieso?“

 

Diesmal war sie diejenige, die nicht antwortete.

 

Nur das Knacken und Knistern des Feuers war zu hören.

 

Draco stand auf. „Erst läufst du mir ständig über den Weg und zwingst dich mir auf“, sagte er, während er auf sie zuging, „und jetzt gehst du mir aus dem Weg. Was soll das Ganze?“

 

Er blieb ganz dicht hinter ihr stehen. Ihre Körper berührten sich. Ihr Kopf war leicht zur Seite geneigt, aber sie sah ihn nicht an. Sein Blick fiel auf den Tagespropheten, der auf dem Tisch vor ihnen lag. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er die Ausgabe erkannte, die das Foto von ihnen beiden zeigte.

 

Sie hatte ihn tatsächlich aufgehoben.

 

Seine Finger strichen ihre Seiten hinab und legten sich um ihre Taille. Sie sagte nichts, aber ließ es geschehen. Er konnte förmlich spüren, wie verkrampft und angespannt sie war. Dennoch wusste er, dass sie es wollte. Genauso sehr wie er.

 

„Entspann dich“, hauchte er.

 

Sie schloss die Augen. Es dauerte einige Herzschläge, bis er spürte, wie sie sich fallen lies, und sich gegen ihn lehnte. Er begehrte sie. Er begehrte sie schon so lange. Er wollte ihren Körper spüren, ihre sanfte, zarte Haut berühren. Sie war so nah, dass er ihren verführerischen Duft riechen konnte.

 

Seine rechte Hand wanderte nach oben und seine Finger berührten ihr Kinn. Sanft drehte er ihr Gesicht zu sich. Ihr Herz schlug so stark, er konnte es in ihrer Brust schlagen spüren.

 

Oder war es sein eigenes?

 

Seine Nasenspitze berührte ihre Stirn. Ihre Lippen waren so nah.

 

Das Klopfen an der Tür holte sie in die Realität zurück. Unwillkürlich entfloh ihr ein leises Seufzen.

 

„Du erwartest tatsächlich Besuch“, murmelte Draco neben ihrem Ohr, denn er hatte angenommen, sie hätte dies nur gesagt, um ihn loszuwerden.

 

Sag jetzt nichts, dachte er. Wer auch immer das ist soll sich wieder verziehen!

 

Einige Sekunden lang schien sie mit sich zu hadern, denn sie machte keine Anstalten, sich zu rühren. Doch dann ertönte eine Stimme durch die Tür.

 

„Madam Weasley?“

 

Eine Jungenstimme.

 

Draco sah auf und ließ sie los. Ginny wirkte vollkommen durcheinander, als sie sich zur Tür umdrehte und rief: „Einen Moment!“ Dann wandte sie sich an Draco und sah ihn mit flehenden Augen an. „Es geht nur um Quidditch.“

 

Aha, wer wollte sich hier jetzt erklären?

 

Draco versuchte sich zu beherrschen. Langsam aber sicher kroch die Wut durch seine Adern und vergiftete seine Gedanken. Irgendwie ließ ihn das Gefühl nicht los, dass eine höhere Macht nicht wollte, dass mehr passierte.

 

Als es erneut an der Tür klopfte reichte es ihm und noch bevor sie ein Wort sagen konnte, schritt er durch das Zimmer. Draco öffnete die Tür und stand dem Störenfried gegenüber. Tatsächlich erkannte er den Kapitän der Quidditchmannschaft von dem Haus, das er am meisten hasste.

 

Das Lächeln des Schülers erstarb beim Anblick seines Zaubertränkelehrers. „Oh, äh … Mister Malfoy?“ Er wirkte sehr verwirrt und sah sich im Flur um, als habe er sich in der Tür geirrt.

 

Dem Slytherin war es egal, welche Ausrede sich die Weaslette einfallen lassen würde. Er war schließlich nur in ihrem Büro gewesen, nicht in ihrem Schlafzimmer, also sollte seine Anwesenheit keinen all zu großen Aufruhr verursachen. Hoffte er zumindest.

 

Ohne ein Wort ging Draco einfach an dem Gryffindor vorbei. Sein vierzehnjähriges Ich hätte ihn jetzt gerne mit voller Wucht angerempelt und ihn all seinen Zorn spüren lassen, doch der erwachsene Draco konnte sich beherrschen.

 

Zumindest gerade so.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Natsumi_Ann_
2019-10-20T09:07:43+00:00 20.10.2019 11:07
Da bin ich wieder ^^
Hätte gedacht du verbesserst die Szene unten XD aber du hast es mit der Karen Szene getan^^
Auch eine Lösung^^
Aber so liest es sich auf jedenfall besser ^^
Freue mich aufs nächste Kap^^


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