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Herz aus Stein

von

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Im Dunklen

XIII. Im Dunklen
 

Cedric schoss senkrecht aus dem Bett. Drei Tage waren mit Herumhängen und Genesen vergangen, während Kunibert tagsüber über das Feld gewuselt war. Heute hatte er selbst sich auch wieder hinaus wagen können, alles war irgendwie gegangen. Noch mehr Erdbeerbrei…
 

Aber jetzt… war es dunkel. Scheißdunkel. Es war Neumond, auch von draußen kam kein Licht. Und all die Lampen, die das Haus gewöhnlich erleuchteten, waren verloschen. Mit wummerndem Herzen griff er zum Nachttisch, wo er eine Taschenlampe deponiert hatte. Zumindest ging die noch, aber dieses funzelige Licht… oh Gott… wie… Aber da war ein Blinken, ein rotes Licht… das Babyfon…
 

Zitterig schnappte er es sich. „Kunibert!!!“ brüllte er hinein.
 

„Oh Gott?!?!?!“ ertönte von unten so laut, dass es sogar durch die dicke Decke dröhnte. Er war nicht allein…
 

„Das Licht ist aus!“ brachte er zustande. Stattdessen nur diese Funzelbeleuchtung… wie… wie…
 

Unten waren Schritte zu hören. „Stromausfall?“ brüllte Kunibert vom Fuß der Treppe aus.
 

Cedric merkte, wie sein ganzer beschissener Körper von kaltem Schweiß bedeckt war. Scheiße… nicht schon wieder… Er gab sich irgendwie Schwung und kam auf die Füße, raste benommen aus dem Schlafzimmer den Flur entlang dorthin, wo er die Treppe vermutete.
 

„Cedric? Alles klar?“ kam von unten.
 

„Nein! Nicht alles klar!“ brachte er hervor und stellte fest, dass er kurz davor war zu kreischen. „Das Licht ist weg! Das Scheiß-Licht ist weg!!!“
 

„Ja, ist dunkel wie im Affenarsch hier… das kannst du gar nicht ab…?“ fragte Kunibert.
 

Cedric spürte, wie er zitterte wie verdammtes Espenlaub. „Nein!“ kreischte er jetzt wirklich. „Das kann ich in der Tat gar nicht ab!“
 

„Okay… Hast du… Kerzen?“ fragte Kunibert pragmatisch, was ihn wieder ein wenig auf den Boden der Tatsachen zurück beförderte.
 

„N… nein… mir war nicht so nach Romantik“, keuchte er.
 

„Der Kamin!“ schoss es aus Kunibert.
 

„Was?“ fragte Cedric etwas blöde, während er die brüllende Panik irgendwie versuchte im Zaum zu halten.
 

„Kamin! Feuerstelle! Wohnzimmer! Großes, flackerndes Feuer! Warm! Licht!“ gab Kunibert durch.
 

„Ich…“, brabbelte Cedric.
 

„Ich aber. Das Holz unter dem Kamin ist gut getrocknet – ich folgere, dass du den nie an hattest. Wenn du mit deiner Taschenlampe da runter kommst, schaffe ich es, es anzuzünden – ein Feuerzeug habe ich, reise nie ohne. Ich kann sogar mit zwei Ästchen Feuer machen! Habe ich beim Live Rollenspiel gelernt!“ gab Kunibert durch.
 

„Was?!“ stotterte Cedric.
 

„Live Rollenspiel. Und bevor du fragst: Ich war ein Zwerg. Lachen darfst du, sobald du wieder kannst. Schaffst du es runterzukommen mit der Lampe?“ wollte Kunibert wissen. Er hatte es irgendwie raus, mit seiner dunklen Stimme so langsam zu sprechen, dass Cedrics Ohren ihn irgendwie hörten.
 

„Ja…“, quetschte er hervor und torkelte abwärts. So dunkel… überall... gleich…
 

„Und schwups, da bist du“, kommentierte Kunibert. „Dann wollen wir mal. Niemand hier, nur wir. Mann, liegt mir der Pfannkuchen von vorhin noch schwer im Magen. Ich habe vielleicht Kram geträumt, als du mich wach gebrüllt hast! Meine Schwester wollte mich mit vorgehaltener Schrotflinte zwingen, eine ihrer ewig gefrusteten Single-Freundinnen zu heiraten. Doch in Wirklichkeit war die eine Kuh namens Chloe, doch das konnte nur ich sehen“, quasselte Kunibert auf ihn ein. Der wollte ihn ablenken… half nicht viel, war immer noch scheiß-dunkel, aber immerhin… „der Pfannkuchen“ – pah!!! Hätte der mal nicht eine halbe Wagenladung davon gefressen, dann würde er jetzt auch nicht von heiratswütigen Kühen träumen… dunkel… sie waren da… dunkel… das Warten war das Schlimmste… dachte man, bevor es erneut begann… zwei Tage… Millionen von Jahren…
 

Irgendwie war er ins Wohnzimmer gelangt. Die Taschenlampe zitterte so stark in seiner Hand, dass Kunibert sie ihm schweigend abnahm. Das ging wie die Eistüte… Kunibert war nicht da gewesen… hatte damals gar nicht existiert… und passte auch nicht hinein…
 

„Ganz ruhig, Cedric“, kam es, als sei er ein durchdrehendes Pferd. „Gleich wird es wieder hell. Wie bei den Höhlenmenschen… bei allen Menschen vor der Erfindung der Elektrizität, und das ist historisch gesehen nur ein Wimpernschlag. Zwerg Kunibert macht jetzt Feuer…“
 

Zwerg Kunibert?! Was denn noch?! Der hatte sie doch nicht alle!!! Da befand er sich allerdings in guter Gesellschaft. Wer wäre er dann… der Riese Cedric? Nein, er war und blieb ein Zwerg… oder eher Hobbit, fehlten eigentlich nur die behaarten Riesenquanten. Aber es half nichts, er konnte es fühlen… die Fesseln an seinen Gelenken… die Hilflosigkeit, den Schmerz, die Fassungslosigkeit, die Demütigung, die Hoffnungslosigkeit… lasst mich sterben… lasst mich endlich, endlich sterben… habt ihr denn immer noch nicht genug…
 

…………………………………………………………………………………………………
 

Kunibert durchschoss ein Gefühl der tiefsten Begeisterung, als die Flammen begannen, hoch zu züngeln. Großer Mann hat Feuer gemacht, juhu! Das musste wohl doch etwas Genetisches sein…
 

Er zuckte zusammen, als er von hinten ein Geräusch vernahm. Erschrocken fuhr er herum. Oh Gott, schon wieder…? Cedric saß zusammen gekrümmt auf dem Boden, die Hände schützend über dem zwischen die Knie gesenkten Kopf gefaltet, obwohl ihm das weh tun musste, und japste leise gequält vor sich hin. Kunibert richtete vorsichtig den Lichtkegel der Taschenlampe auf ihn, was ihn jedoch nicht zu erreichen schien. Nein, das war nicht die Kopfverletzung, das war… das andere, das, was Cedric dazu veranlasst hatte, sein Haus auch bei Nacht zu beleuchten, als warte er auf den Weihnachtsmann.
 

„Cedric…“, versuchte er es vorsichtig. „Ist doch alles gut. Alles in Ordnung… Es ist wieder Licht da, sieh nur… alles in Ordnung.“
 

„Aufhören!“ stöhnte Cedric. „Es soll aufhören! Bitte… bitte… bitte…“
 

„Cedric, bitte“, sagte er hilflos. „Es hat aufgehört. Das ist die Vergangenheit, nicht die Gegenwart. Du bist sicher… Es ist Licht da, es ist warm, ich tue dir nichts, ich will dir… nur helfen…“
 

„Mir kann niemand helfen!“ stieß Cedric hervor. Okay, irgendetwas von dem eben Gesagten musste angekommen sein. Giftgrüne Augen richteten sich abrupt weit aufgerissen auf ihn. „Ich bin im Arsch!“ keuchte Cedric. „Ich kann nicht mehr… Ich will meine Steine! Die Bienen! Lesen! Nichts!“
 

„Das stimmt doch nicht… nicht ganz… du wolltest ein Eis!“ wandte Kunibert ein. „Ich kann dir helfen, zumindest ein bisschen… beim Eis holen… und…, dann können das auch andere. Da, wo du es zulässt. Bei vielen Sachen auch nicht, das gebe ich zu. Ich weiß ja auch nicht, was dir überhaupt angetan wurde. Aber egal was, das hast du wohl kaum verdient.“
 

„Doch!“ stieß Cedric hervor. „Habe ich!“
 

„Niemand hat das“, behauptete Kunibert.
 

Cedric stieß ein Lachen aus, dass Kuniberts Haare dazu verleitete, sich aufzustellen. „Wenn du mich damals gekannt hättest… Ich war ein Riesenarschloch in deinen Augen, garantiert, und dafür hätten sich binnen Sekunden Millionen von Unterzeichnenden gefunden! Und es wäre mir scheißegal gewesen! Nein mehr als das noch…“
 

„Mmm“, murmelte Kunibert. „Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Aber auch ein Riesenarschloch hat nicht unbedingt das verdient, was immer man dir zugefügt hat. Hast du Hundebabies vergiftet?“
 

„Nein!“ fuhr Cedric auf.
 

„Die Koreaner mit Atomwaffen versorgt?“
 

„Weniger…“
 

„Den Regenwald im Alleingang abgeholzt?“
 

„Sehe ich so aus?! Das wohl eher du!“
 

„Osteuropäern die Nieren geklaut?“
 

„Nein! Hör auf mit der Scheiße!“ Cedric kam, etwas orientierungslos blickend, aber immerhin, wieder hoch. „Oh Gott, was ist das denn schon wieder…“, stöhnte er.
 

„Meinst du mein Nachtgewand? Habe ich selber genäht: lauter kleine Enterprises…“, erklärte Kunibert mit einem Hauch von Stolz.
 

„Dafür gehörst du in die Hölle, nicht ich!“ ächzte Cedric in seinem feinen Zwirn.
 

„Da siehst du, wie das mit Schuld ist… Bist du nicht sicher, dass dir das nur so vorkommt, damit es irgendwie Sinn ergibt?“ bohrte Kunibert unerbittlich. Er wusste, dass er sich hier auf wackeligem Gelände bewegte, und er sich wahrscheinlich auch nur so leidlich schlug, und eigentlich war es nicht die Neugier, die ihn trieb, sondern… ja, was eigentlich? Das Bedürfnis zu verstehen? Dieses Gefühl, dass das, was in Cedric Vergangenheit geschehen war, von diesem gewaltsam im Zaum gehalten wurde, so dass er es ertrug, aber dabei völlig erstarrt war…? Und dass dahinter… etwas war… das nicht tot war…?
 

Cedric seufzte tief auf. Er zitterte immer noch, aber er hatte sich zumindest ein wenig gefasst. „Zum Teil… wahrscheinlich. Haben die Therapeuten auch behauptet, aber es zu begreifen bedeutet nicht, dass man es… kann“, gab er zu, dann verfiel er in Schweigen. Das Feuer prasselte, draußen schrie ein Käuzchen, sonst war es still in dieser Einsamkeit. Kunibert verharrte und sah zu Boden. Er hatte keine Ahnung, wie lange es gedauert hatte, bis Cedric erneut mit emotionsloser Stimme zu sprechen begann: „Ich war damals… wie sagt der Engländer… „the king of fucking everything“ in der Pariser Schwulenszene. Außerdem der Superstudent. Der mit dem piekfeinen Hintergrund. Der, der alles hatte, alles durfte. Und der sie alle hat kriechen lassen“, erzählte er in die Flammen starrend.
 

„Und was war… mit deinem Freund?“ wollte Kunibert vorsichtig interessiert wissen und setzte sich nahe dem Kamin in den Schneidersitz.
 

„Etienne… kommt aus ganz ähnlichen Verhältnissen wie ich. Man könnte sagen, wir hatten eine… offene Beziehung. Die Welt war unser Spielplatz… der Rest nur hohles Nichts, das man benutzte, über dessen Wohl und Wehe wir entschieden, gemeinsam… Aber die gar nichts bedeuteten, nur Fleisch…“, murmelte Cedric wie zu sich selbst.
 

Kunibert hatte zwar eine diffuse Idee, aber diese Welt war ihm fremd. Zur Szene hatte er nie gehört, dazu war er zu… unangepasst, wahrscheinlich. Kein Ort für die Monsterbanane. Außerdem war Kiel auch nicht gerade Paris. Er wusste, dass andere promiskuitive Beziehungen führten, aber das war für ihn nie in Frage gekommen. Vielleicht, weil man ihm nie das Gefühl gegeben hatte, anders zu sein, so dass er die gängigen Normen einfach angenommen hatte? War er ein spießiger Trottel? Wenn ja, dann war das okay für ihn. „Aber das „Fleisch“ hat zurück geschossen?“ mutmaßte er ins Blaue hinein. Hastig biss er sich auf die Lippe. Vielleicht war das doch zu viel…
 

Cedric zog die schlanken Beine weiter vor die Brust und umschlang sie, weiterhin ins Feuer blickend, als sähe er etwas in den Flammen. Er wirkte etwas ruhiger, aber immer noch angespannt und geschafft. War das jetzt unangemessen taktlos gewesen nachzufragen? Wahrscheinlich. Aber irgendwie… redete Cedric. „Ja“, erwiderte er langsam. „Das hat es wohl.“
 

„Rache ist dennoch ein niederes Motiv“, bestand Kunibert.
 

Cedric seufzte erneut und schloss die Augen. „Am Anfang… wollten sie sich wohl nur rächen… mir Angst einjagen… für die Demütigung… die Degradierung… aber ich habe die Klappe nicht halten können… und dann… sind sie ausgetickt… waren auch auf Droge… Gruppendynamik und bla… und haben es wahr gemacht…“
 

„Scheiße“, meinte Kunibert nur.
 

„Ich habe mit dem Feuer gespielt… die Größten, Stärksten, Dominantesten, nur um sie hinterher durch den Dreck robben zu lassen… wehe, wenn sie losgelassen…“, fuhr Cedric fort.
 

Kunibert hielt die Luft an und schwieg, ließ ihn reden. Er war sich auch nicht ganz sicher, ob Cedric überhaupt gerade mit ihm sprach oder zu sich selbst.
 

„Zwei Tage lang… konnte ich hinterher errechnen, aber es hat sich viel länger angefühlt. Ich kann gar nicht sagen, was sie mit mir angestellt haben… vieles erinnere ich auch kaum, am Schluss war ich längst ohnmächtig… irgendwann sind sie wieder zu sich gekommen, waren größtenteils zugleich auf Koks und sonst was… und dann haben sie Panik geschoben… haben mich in einem Elendsvorort in einen Müllcontainer gestopft, dachten, ich sei tot. Ein schlauer Müllmann hat’s gemerkt, sonst wäre ich durch die Walze gegangen. Im Krankenhaus haben sie mich in ein künstliches Koma gesteckt. Und als ich wieder zu mir kam… war nichts mehr…“, flüsterte Cedric. „Und es war dunkel, als sie mich holten, dunkel in dem Raum, ein Loft, wenn sie sich ausruhten und aufputschten für die nächste Runde… und ständig Musik oder der Fernseher…“
 

„Scheiße, Cedric“, stammelte Kunibert hilflos. „Aber das hast du nicht verdient gehabt. Es gibt kein „verdienen“, was so etwas angeht. Okay, das ist leicht gesagt, wenn man das nicht erlebt hat… Ich weiß nicht… als meine Oma gestorben ist… Sie hat immer gesagt, dass ich sie mit meiner Nerverei noch ins Grab bringe… und als sie dann gestorben ist, habe ich mich total schuldig gefühlt, dabei war das nur so ein Spruch aus der alten Schule… Sie hatte eine Lungenentzündung… Habe mich trotzdem gefühlt wie der letzte Dreck, sogar heute noch manchmal… Schuld ist nicht… aufrechenbar. Aber egal was für ein blödes Arsch du warst, das rechtfertigt das auf keinen Fall! Und macht dich auch nicht mitschuldig!“
 

„Das sah der Richter ähnlich… Aber das macht nichts ungeschehen“, erwiderte Cedric regungslos. „Und jetzt bin ich hier… und nichts ist mehr… dennoch sind Dinge… dieser Ort… und komischerweise auch du, nicht wahr? In deinem blödsinnigen Pyjama, das bist du, oder?“
 

Kunibert schluckte. Cedric starrte ihn aus seinen merkwürdigen Augen heraus an. „Ja, das bin ich. Vielleicht bin ich echt ein Barbar, geschmackstechnisch gesehen – aber dieser ganze Kram… Outfits…Spielereien… ist mir – verzeih – Banane. Mag angesagt sein, aber interessiert mich nicht. Ich will ich sein, auch wenn andere dann über mich lachen. Das ist mir wirklich wurschtegal.“
 

„Komisch“, sinnierte Cedric. „Das war immer das Wichtigste… was andere denken… und das Unwichtigste zugleich. Und fühlst du dich… gut dabei?“
 

„Naja“, seufzte Kunibert und genehmigte es sich, sich vor dem Kamin etwas auszustrecken. „Das ist keine Garantie auf Glück. Mit meinem Freund, Jakob, hängt es echt im Argen, und ich weiß echt nicht… ich kenne ihn so gut, wir sind schon so lange Partner, aber irgendwie… ich weiß nicht…“
 

„Du willst Treue, und er bescheißt dich, obwohl er dasselbe behauptet?“ fragte Cedric, seine im Kaminfeuer seltsam gemusterten Füße greifend.
 

Kunibert nickte stumm. Er war sich nicht sicher, ob Cedric das wirklich interessierte… aber wenn er fragte…?
 

„Ich will nicht lügen. Ich habe Treue immer für überbewertet und eine Fiktion gehalten. Sex ist eine körperliche Funktion, die in den primitivsten Regionen unseres Hirn ihren Widerhall hat und mit Intelligenz gewürzt werden kann – aber nicht muss. Davon kann ich ein Lied singen. Es bedeutet nichts, nichts… und ich kann es sowieso nicht mehr ertragen, nicht einmal daran denken, ohne dass mir übel wird“, erzählte Cedric dumpf.
 

Kunibert sah ihn nachdenklich an. „Ich weiß nicht… Ich hoffe, dass du irrst, aber… Aber das… ist auch nicht alles. Nicht jede Konversation, nicht jede Berührung zielt darauf. Ganz und gar nicht. Es gibt so viel mehr… Freundschaft, Gemeinschaft, Familie, eine erfüllende Arbeit… oder einfach nur Spaß beim Rollenspiel oder Spongebob gucken oder so… Aber wenn du bei allem… bei allem immer daran denkst, wirst du immer das bleiben… aus Stein…“, wagte er sich vor, fürchtend, dass das doch endgültig zu viel sei.
 

Doch Cedric schien bloß zu grübeln und wippte in sich verknotet hin und her. Minuten vergingen. Kunibert war sich nicht sicher: zehn? Eine Viertelstunde? Eine halbe? Doch weniger? Oder mehr? Cedric machte einfach immer weiter, und er selber wagte nicht, sich zu rühren. Was bloß jetzt in ihm vorging? Was er erlebt hatte… oh mein Gott… wie konnte man damit leben…? So wie Cedric…? Dann blickte Cedric abrupt aus schweren Augen auf und straffte sich. Er hob zitterig den Arm in Kuniberts Richtung, der ihn gebannt ansah. „Nimm meine Hand!“ stieß er hervor, als befehlige er eine Armee.
 

Kunibert starrte ihn an, dann bewegte er sich sehr vorsichtig in Cedrics Richtung und streckte die Hand aus. Cedric nagte an seiner Unterlippe, dann griff er zu. Seine Hand war kalt und ein wenig verschwitzt in Kuniberts, feingliedrig und zögerlich, dann gewann sie plötzlich Kraft, fast hätte Kunibert aufgekreischt, aber dann biss er die Zähne zusammen.
 

„Hand…“, murmelte Cedric mit geschlossenen Augen und lang ausgestrecktem Arm.
 

Kunibert ließ ihn. Cedric mochte nicht die Lieblichkeit in Person sein… aber er war eine verlorene Seele. Das Bisschen, das er hier tat, das machte ihm ja nichts. Nur ein wenig Vertrauen. Er hielt die Klappe und ließ Cedric einfach mal machen.
 

Auf Cedrics Zügen zeichnete sich nach einer Weile ein merkwürdiges Lächeln ab. „Weißt du eigentlich“, flüsterte er, „wie erbärmlich das hier ist?“
 

„Das ist doch völlig egal. Solange es gut ist – wer, bitteschön urteilt darüber? Ich sehe keinen hier. Nur uns. Und für mich ist das okay. Wenn es dir hilft.“
 

„Aber was“, wollte Cedric wissen und sah ihn an, „bringt dir das?“
 

Kunibert zuckte mit den Schultern. „Ich bin da… und ich kann. Was für ein Mensch wäre ich, wenn mich dein Leid kaltließe?“
 

„So einer wie ich“, antwortete Cedric düster.
 

„Jetzt? Oder früher?“ wollte Kunibert wissen.
 

„Ich weiß es nicht“, flüsterte Cedric kaum hörbar.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-09-07T14:50:59+00:00 07.09.2011 16:50
Hiho Fye,
es freut mich sehr, dass Dir diese Geschichte gefällt! Sie liegt mir auch sehr am Herzen, gerade da ich mir hier auch mal eine gewisse Langsamkeit erlaubt habe, die Figuren deutlich düsterer angelegt sind, zumindest Cedric.
Für ihn bedeutet das einen riesigen Schritt, genau wie Du meinst - und er wird auch Konsequenzen daraus ziehen... ganz auf seiner Art :-)
Ganz lieben Dank!
Ishtar
Von:  Fye-chan
2011-09-06T20:56:45+00:00 06.09.2011 22:56
Wow... ich will glaub ich gar nicht wissen, wie viele Ängste Cedric noch besitzt, was sein Herz alles umklammert... *seufz*
Obwohl... wenn sich jedes Mal daraus ein Fortschritt für die beiden ergibt - und das hier ist jawohl ganz eindeutig ein riesen Fortschritt - dann möchte ich das doch wissen! :)

Ich mag das Kapitel sehr, Cedric taut immer mehr und mehr auf, ohne dass er es so recht bemerkt... Immerhin hat er jetzt sogar von sich aus ohne zu Überlegen nach Kuni gerufen in seiner persönlichen Notsituation.
Und ich mag es einfach, wie man langsam aber stetig verfolgen kann, wie sich etwas zwischen den beiden entwickelt, etwas wie Vertrauen, was Cedric doch eigentlich gar nicht bereit zu geben ist...
Unglaublich gut! Und jetzt also eine Berührung von Ced ausgehend...

Ich bin sehr gespannt auf das nächste Kapitel! Und ich weiß ehrlich gesagt nict, welche deiner Stories mich momentan mehr fesselt! Aber die hier gehört auf jeden Fall im Moment mit zu meinen absoluten Favoriten!

GlG, Fye


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