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Civil War

Teil 1: Blackstar
von

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Sofie

Ein Vogel zwitscherte, als die ersten Sonnenstrahlen durch die hellen Vorhänge fielen. Das Fenster war gekippt und eine leichte Windbö lies den dünnen Stoff ins Zimmer wehen. Es war warm, schon zu dieser frühen Stunde, aber es war eine angenehme Wärme, die Wärme eines wunderschönen, frühen Sommertages.

Aber es war nicht die Sonne gewesen, die ihn geweckt hatte, auch nicht das Zwitschern der Vögel im Garten. Der Schmerz in seiner Seite, stechend und kaum zu ertragen war es, der ihn unsanft aus dem Schlaf gerissen hatte.

Phil kniff die Augen zusammen und bereute schnell, dass er sich im Schlaf wohl auf die Seite hatte drehen wollen. Jetzt war er wach, jetzt hatte er den Schlamassel.

„Verdammt nochmal“, murmelte er, als er vorsichtig die schmerzende Stelle an seiner linken Seite betastete. Aber er fühlte nur einen dicken Verband und darunter eben diesen stechenden Schmerz, als hätte jemand ihm gerade in diesem Moment ein Messer in die Seite gerammt.

Es war schwer, wieder eine Position zu finden, wo er mit möglichst wenig Schmerzen liegen konnte. Sowieso war es schwer, sich überhaupt zu bewegen, denn sein ganzer Körper war dumpf, alles fühlte sich schwer und schwach an. Was war nur geschehen?
 

Allmählich schaffte Phil es, sich in dem kleinen Zimmer umzusehen, in dem er lag. Es schien wirklich nicht groß zu sein, das Bett stand an der einen Wand, direkt unter dem Fenster. Die Wände und auch die Decke waren weiß gestrichen, die Farbe des Bodens konnte er von seiner Position aus nicht erkennen, aber er erwartete einen hellen Holzboden. Keine 2 Meter von ihm entfernt war ein kleiner Schreibtisch aus hell gestrichenem Holz, vor dem ein einfacher, brauner Stuhl stand. Die Tür war neben dem Tisch. Und irgendwie lag ein seltsamer Geruch in der Luft.

Schnuppernd versuchte Phil, sich aufzusetzen, stellte aber schnell fest, dass es keine gute Idee war, sich mehr als unnötig zu bewegen. Vorsichtig strich er sich mit der einen Hand durch das kastanienbraune Haar und versuchte, sich an den Geruch zu erinnern. Lavendel? Nein, Lavendel war es nicht. Aber es war auch nicht der Geruch nach Rosen, da war er sich sicher. Irgendwo her kannte er diesen Geruch, aber er kam um alles in der Welt nicht darauf, woher er ihn kannte.

Phil lies seine Augen weiter durch den Raum schweifen, er entdeckte ein paar Bücher, die in den unteren Regalen des Schreibtisches aufgestellt waren, allen Anschein nach Bücher über Medizin oder andere Wissenschaften. Außerdem entdeckte er ein Fläschchen, dessen Aufschrift er nicht lesen konnte, das aber verdächtig nach einem Schmerzmittel aussah. Und je mehr er darüber nachdachte, desto schneller kamen die Erinnerungen zurück, was eigentlich geschehen war.

Es war der Angriff. Oder besser gesagt der geplante Angriff gewesen, Phil hatte mit den Andern in einem der Straßengräben gekauert, aber es war alles eine Falle gewesen. Irgendwer musste geplaudert haben, denn ihr Plan war lupenrein gewesen. Immerhin stammte er...
 

Die Tür ging langsam auf und eine hoch gewachsene, schlanke Frau trat ein. Sie war vielleicht Ende dreißig, wenn er richtig schätzte und hatte die dunklen Haare nach oben gesteckt. Außerdem trug sie einen weißen Kittel, der sie eindeutig wie eine Ärztin aussehen lies. Phil hatte seinen Blick in ihre Richtung gewandt, als sie sich umdrehte und leise die Tür schloss, aber erst als sie Phil nicht mehr den Rücken zukehrte, bemerkte sie, dass er sie ansah.

„Oh, Sie sind ja wach, junger Herr...“

Phil nickte nur leicht, das war keine große Anstrengung. Aber junger Herr? Er kam sich mit dieser Betitelung etwas seltsam vor. Er war kein junger Herr, er war glücklich, wenn man einfach nur Phil zu ihm sagte. Nichts weiter, einfach nur Phil.

Die Ärztin kam auf ihn zu, beugte sich über ihn und musterte ihn skeptisch. „Wie geht es Ihnen? Haben Sie noch Schmerzen? Natürlich, ich glaube kaum, dass Sie keine mehr hätten. Das wäre ein wahres Wunder der Medizin. Also, wie geht es Ihnen?“

Dass diese Frau gleich mit so einem Wortschwall auf ihn losgehen würde, hatte Phil nun wirklich nicht erwartet. Und er antwortete auch nur mit einem kurzen „Geht so“, ehe seine Stimme in ein Husten überging.

„Sie sollten etwas trinken. Hier, trinken Sie einen Schluck.“

Die Ärztin hielt ihm ein Glas Wasser hin und nun kam Phil nicht umher, sich leicht aufzusetzen, was seiner Seite gleich wieder einen äußerst unangenehmen Stich versetzte. Aber er biss die Zähne aufeinander und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, als er mit doch recht zittrigen Händen das Glas Wasser in Empfang nahm.

Das Nass in seiner Kehle tat mehr als gut. Phil leerte Das Glas in einem Zug, ihm kam es vor, als hätte er seit Wochen nichts mehr getrunken.

„Sie müssen sicher großen Durst haben, Junger Herr“, sagte die Ärztin nur und füllte das Glas erneut. Jetzt erst entdeckte Phil die Glaskaraffe, die neben seinem Bett stand, bis zum Rand gefüllt mit Wasser. Daneben eine Dose mit Keksen. Liebevoll verziert.

Phil leerte auch die nächsten beiden Gläser in einem Zug. Der Dunkelhaarigen setzte sich dadurch ein Lächeln aufs Gesicht: „Also wenn Sie so einen großem Durst haben, bin ich mir fast sicher, dass Sie über den Berg sind.“

„Über den Berg?“, fragte Phil verwundert nach, auch wenn noch immer ein leichtes Kratzen in seiner Stimme lag. „Können... Sie mir sagen, was passiert ist?“

„Sie können sich also nicht erinnern?“ Phil nickte nur. Er wusste nicht mehr viel, aber ein paar Details hatte er noch im Kopf. Und die würde er besser wohl auch erstmal für sich behalten, man konnte nie wissen, auf welcher Seite diese Leute standen.

Die Ärztin sprach langsam weiter, so, als wolle sie sicher gehen, dass Phil auch alles verstand. „Ich weiß nur, dass sie schwer verletzt vor diesem Anwesen zusammen gebrochen sind. Sie können froh sein, dass die Lady sich sofort dafür eingesetzt hat, dass ich Sie behandle. In diesen Zeiten ist es nicht selbstverständlich, fremde Leute von der Straße aufzunehmen. Aber ich bin mir sicher, sie hat Ihnen dadurch das Leben gerettet.“

Wieder nickte Phil nur. Die Lady hatte sich für ihn eingesetzt? Das musste ja eine gütige, alte Dame sein. Und sie war sicher reich, denn das, an das Phil sich noch erinnern konnte, war das große Anwesen, vor dem er dann wohl zusammen gebrochen war.

„Können Sie mir sagen, wo genau ich hier bin?“

Das war wichtig. Hatte er das Land schon verlassen oder war er nicht weit genug nach Osten gelaufen?

„Dies ist das Anwesen der Familie Maincrow. Und wir liegen eine knappe Meile von der Küste entfernt.“

Phil zuckte leicht zusammen. Nicht wegen dem Schmerz, sondern wegen dem, was die Frau gesagt hatte. Eine gute Meile von der Küste? Das konnte nicht sein. Oder war er doch so weit nach Süden abgedriftet auf seiner Flucht? Aber es hatte eine gute Sache, wenn er so nahe an der Küste war, musste er die Grenze wohl oder übel überschritten haben. Und hier war er vorerst sicher.

„Was haben Sie?“, fragte die Ärztin besorgt, als sie Phil zusammen zucken sah. Aber er antwortete nur mit einem kurzen „Nichts...“.

Seufzend stand die Frau wieder auf und öffnete leise das Fenster. Noch immer waren die leichten, warmen Windböen zu spüren und wenn man ganz genau hin roch, konnte man tatsächlich den leichten Salzgeruch erahnen, der in der Luft lag. Das Meer war wunderschön an dieser Küste, Phil erinnerte sich daran, in Kindertagen das ein oder andere Mal hier gewesen zu sein. Zusammen mit seiner Familie. Aber das war schon viele Jahre her und seine Erinnerungen waren schwach und neblig. Es mussten über fünfzehn Jahre her sein, seit er das letzte Mal am Meer gewesen war. Er konnte damals noch keine zehn gewesen sein und jetzt war er zweiundzwanzig.

Noch immer stand die Ärztin am Fenster und sah hinaus. Der Himmel war wolkenlos und strahlte in einem wunderschönen, hellen Blau. „Ich bin mir sicher, die Lady wird sich freuen, zu hören, dass es Ihnen besser geht“, sagte sie leise und Phil hörte auf, über die Vergangenheit nachzudenken.

„Ich glaube, sie würde sich freuen, Ihnen demnächst einen Besuch abstatten zu können. Sie hat sich bis jetzt jeden Tag über Ihren Zustand kundig gemacht.“

„Jeden Tag?“, fragte Phil verwundert. Wie viel Zeit war vergangen? Es konnte doch nicht sein, dass er so viel Zeit vertrödelt hatte.

„Sie waren drei Tage ohne Bewusstsein“, war die Antwort der Ärztin, die Phil nur mit einem kurzen „Oh“ kommentierte. Mit einer so langen Zeit hatte er nicht gerechnet. War seine Verletzung doch so schlimm gewesen? Im ersten Moment hatte er sie nur als einen Kratzer empfunden, war sogar noch die ganze Strecke bis hierher gelaufen.

Wieder unterbrach die Ärztin seine Gedanken: „Wenn Sie erlauben, würde ich der Lady gerne Bescheid geben, dass Sie wieder bei Bewusstsein sind. Ich denke, sie würde sich sicher freuen, wenn sie ihr erlauben, Ihnen einen kurzen Besuch abzustatten.“

„Klar“, meinte Phil, so schlimm konnte es nicht sein, von dieser Lady besucht zu werden. Aber dass sie sich solche Sorgen machte wie diese Ärztin tat? Phil hatte immer noch das Bild einer alten, reichen Frau im Kopf, die mit ihren silbern glänzenden Haaren durch das Anwesen stolzierte.

„Dann werde ich ihr umgehend Bescheid geben...“ Mit diesen Worten war die Ärztin auch schon aus dem Zimmer verschwunden, das Fenster war noch immer geöffnet.

Phil seufzte. Wenn er wirklich schon seit drei Tagen hier war, dann hatte er viel zu viel Zeit verloren und die anderen würden sicher davon ausgehen, dass ihm etwas zugestoßen sei. Er musste einfach so schnell wie möglich wieder zurück.
 

Es dauerte eine ganze Weile, bis Phil ein leises Klopfen an der Tür hörte. Er musste zwar schrecklich aussehen mit seinem Dreitagebart und sonderlich wohl fühlte er sich auch noch nicht, aber er wollte ja nicht unhöflich sein. Einen Moment wartete er, als sich dann nichts tat, sagte er freundlich „Ja?“

Es war nicht mehr als vielleicht zwei Zentimeter, die sich die Tür öffneten, ehe sich eine zaghafte Stimme zu Wort meldete. „Darf ich... rein kommen?“

Phil war verwundert. Die Stimme hörte sich so gar nicht nach einer alten Frau an. Wenn das wirklich die Lady sein sollte, dann konnte es nicht diese durch das Anwesen stolzierende Oma sein, die er sich vorgestellt hatte. „Natürlich“, antwortete er nur knapp und sah neugierig zur Tür.

Nur langsam öffnete sich die Tür weiter und das Erste, was Phil sah, war eine zierliche Hand, die nun überhaupt nicht nach einer alten Lady aussah.

„Ich hoffe, ich störe euch nicht“, sagte die Stimme weiter, sie klang immer noch viel zu jung für das, was Phil erwartet hatte.

„Tust du nicht. Komm ruhig rein.“

Und dann sah er sie das erste Mal. Und sie war das Wunderschönste, was Phil je gesehen hatte. Er schätzte sie auf einen knappen Meter siebzig. Die blonden, leicht gewellten Haare fielen sanft über ihre Schultern und umrahmten ihr Gesicht mit den strahlenden, grünen Augen. Sie trug ein leichtes Kleid, das sanft über ihren Körper fiel und minimal vom herein wehenden Sommerwind aufflatterte. Das Mädchen konnte nicht viel jünger sein als er selber. Vielleicht zwanzig? Phil war noch nie gut gewesen, das Alter seines Gegenübers zu schätzen. Aber bei ihr konnte es ungefähr hinkommen.

„Hey...“, murmelte sie weiter verlegen und ihre Wangen wurden ein wenig rosig. Phil sah sie wirklich einen Moment einfach nur schweigend an, er brachte kein Wort heraus.

„Hey“, grüßte er dann zurück und versuchte, sie nicht allzu auffällig anzustarren. Aus Höflichkeit natürlich, denn ihm hätte es nichts ausgemacht, sie den ganzen Tag über anzusehen.

Das sollte also die Lady sein? Konnte das überhaupt die Lady sein? Phil war immer noch der Meinung, eine Lady müsse eine alte Frau sein, aber dass die Lady so süß sein würde, hatte er um alles in der Welt nicht erwartet. Aber sie schien sich in der Situation nicht wohl zu fühlen, denn sie sah sich immer noch verlegen im Raum um, darauf bedacht, Phils Blicke nicht zu kreuzen.

„Setz dich ruhig“, meinte er leise. Auch wenn es ein wenig seltsam war, immerhin war er das Gast und sie hier zu Hause, oder? Warum musste er ihr also einen Platz anbieten? Aber Phil kam es so vor, als wäre es in dieser Situation angebracht.

„Ihnen... geht es besser?“ Die Stimme des Mädchens zitterte immer noch leicht vor Nervosität, als sie auf dem Stuhl neben dem Schreibtisch Platz genommen hatte. Ihr Blick war jetzt auf den Boden gerichtet. Es machte sie fast noch süßer, dass sie so verlegen war.

„Ja... Danke. Aber sag ruhig Phil zu mir.“ Phil war es bei der Ärztin schon unangenehm gewesen, gesiezt zu werden. Da, wo er herkam, duzten sich alle. Ausnahmslos. Außer es kam jemand externes dazu.

„Okay... äh, Phil...“ War sie gerade noch ein wenig roter geworden oder hatte Phil sich das jetzt nur eingebildet? Er sah noch immer zu ihr, wie sie verlegen den Boden musterte.

„Mein... Name ist Sofie.“

„Sofie“, wiederholte Phil mit einem Lächeln auf den Lippen. „Ein schöner Name.“

„Danke“, erwiderte sie und musterte weiter den Boden. Irgendwie musste es doch zu schaffen sein, dass sie nicht mehr so verlegen war.

Da hatte Phil die Idee. Er schnupperte noch einmal durch den Raum. Ja, der Geruch war noch immer da. Das war also schon einmal geklärt. Und belanglose Fragen sollten ja angeblich die beste Möglichkeit sein, um ein Gespräch zu beginnen.

„Sag mal, weißt du zufällig, was hier so schön riecht?“

Und tatsächlich schien Sofie glücklich zu sein, dass er ein belangloses Thema ansprach, denn sie sah leicht auf und schnupperte auch. „Flieder“, meinte sie nur kurz. Natürlich. Dass er da nicht selber drauf gekommen war. Phil kannte ja wohl den Geruch von Flieder und jetzt, wo sie es gesagt hatte, kam auch nichts anderes mehr in Frage.

„Stimmt. Jetzt frage ich mich nur, warum ich da nicht selber drauf gekommen bin.“ Er versuchte, möglichst frei zu lachen. „Manchmal sitzt man eben einfach auf dem Schlauch, oder?“

„Ja“, fügte Sofie mit einem leichten Lächeln an und einen kurzen Augenblick trafen sich die Blicke der beiden, worauf Sofie sofort wieder den Boden anstarren musste.
 

Eine ganze Weile schwiegen sich die beiden einfach nur an. Denn auch Phil hatte keine Ahnung, was er jetzt sagen sollte. Also sah er einfach aus dem Fenster und hoffte, ihm würde etwas Brauchbares einfallen.

Plötzlich jedoch ergriff Sofie wieder das Wort. „Ich hoffe, dir macht es nichts aus, wenn ich frage. Aber... was ist passiert dass du... verwundet wurdest?“

Phil sah wieder sofort zu ihr. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie die nächste Frage stellte und vor Allem hatte er nicht mit dieser Frage gerechnet. Unsicher, ob er ihr erzählen sollte, was los war oder ob es angebrachter war, zu schweigen, schwieg er tatsächlich einen Moment.

„Entschuldige bitte“, meinte Sofie sofort und senkte verlegen den Blick noch tiefer zu Boden.

„Schon okay.“ Aber sollte er es wirklich sagen? Und damit alles riskieren? Nein, bevor er nicht wusste, mit wem er es hier genau zu tun hatte, war es sicher besser, zu schweigen. Oder noch besser, ein wenig zu schummeln. „Es ist nur so... naja, dass ich mich nicht mehr genau erinnern kann, was passiert ist.“

„Achso“, sagte Sofie kurz und klang ein wenig glücklicher, ihn nicht verletzt zu haben. „Aber du kommst aus dem westlichen Nachbarland, oder?“

Wieder war Phil ein wenig überrumpelt. Wenn sie das wusste, was wusste sie noch alles? Und woher wusste sie es?

Natürlich bemerkte sie sofort seinen überraschten Gesichtsausdruck und das zauberte ein weiteres, leichtes Lächeln auf Sofies Lippen. „Ich hab mir nur ein paar Gedanken gemacht. In der Nacht, in der wir dich gefunden haben war ein gewaltiges Gewitter. Und Boten haben am nächsten Tag berichtet, dass es wohl einen Angriff der Rebellen gab. Da dachte ich nur...“

„Ja, bin ich“, unterbrach Phil sie forsch. Der Angriff war bekannt geworden und die Nachricht darüber war schon am kommenden Tag bis hierher gelangt? Irgendwas konnte da nicht stimmen.

„Hab ich... was Falsches gesagt?“ Sofie klang schon wieder so unsicher und Phil realisierte, dass er vielleicht ein wenig zu forsch reagiert hatte. Sie hatte nur von dem Angriff gehört und vermutet, dass er beteiligt war, oder? Das hieß noch gar nichts. Sie konnte ihn auf der einen, aber auch auf der anderen Seite vermuten.

„Nein, alles okay“, versuchte er, sie zu beruhigen. „Ich... nur... ach, vergiss es einfach.“ Immerhin war es ein empfindliches Thema und ehe Phil nicht klar wusste, welche Seite Sofie befürworten würde, wenn sie denn überhaupt Stellung dazu beziehen wollte, lies er dieses Thema besser auf sich beruhen. Und auch Sofie schien zu merken, dass er darüber nicht reden wollte und nahm ein anderes Thema auf.

„Und woher kommst du genau? Also aus dem westlichen Nachbarland ist klar. Aber woher da genau?“ Ihrer Zaghaften Frage war anzumerken, dass sie nicht unbedingt eine Antwort erwartete. Aber die Frage war relativ belanglos, dass Phil auch kein Problem darin sah, sie zu beantworten.

„Ich lebe in Katara.“

„In der Hauptstadt? Aber das ist ja ein ganzes Stück weg von hier.“

„Ja“, grinste Phil leicht. Es war wirklich ein ganzes Stück weg, zu Fuß brauchte man bestimmt drei Tage. Und Autos gab es nicht viele.

Sofies nächste Frage war etwas direkter, aber sie stellte sie wieder genauso vorsichtig wie die vorherige: „Lebst du dort mit deiner Familie zusammen? Oder mit Freunden?“

Als sie die Familie ansprach, wandte Phil den Blick leicht seufzend wieder zum Fenster. „Nein, ich wohne da alleine. Schon seit ein paar Jahren.“

„Oh...“, meinte Sofie wieder und fühlte sich ein wenig ertappt. „“Tut mir Leid, wenn dich das an irgendwas erinnert...“

„Schon gut.“ Phil sah wieder mit einem leichten Lächeln zu ihr herüber. „Und du? Lebst sicher nicht alleine hier, oder?“

„Nein. Mein Vater lebt noch hier. Aber er ist oft in der Stadt. Und meine Mutter“ Jetzt legte sie eine kleine Pause ein und sah wieder zu Boden, „meine Mutter ist gestorben, kurz nachdem ich geboren wurde.“

„Das tut mir Leid“, sagte Phil und versuchte, ihr einen tröstenden Blick zu schenken.

„Schon okay. Ich kann's ja auch nicht ändern. Und ich bin mir sicher, dass es ihr im Himmel gut geht.“

Im Himmel. Das rief auch bei Phil Erinnerungen hoch. Aber er wehrte sich beständig, daran zu denken.
 

Die Beiden redeten noch ein paar Stunden, ohne wirklich zu bemerken, wie schnell die Zeit verging. Aber Phil merkte bald, dass er bei Weitem noch nicht fit war, denn die Wunde an seiner Seite zehrte an seinen Kräften. Sofie verabschiedete sich dann auch, versprach aber, am nächsten Tag wieder vorbei zu kommen.
 

Phil war schon eingeschlafen, als die Ärztin ihn wecken musste, um den Verband zu wechseln. Er sah das erste Mal das ganze Ausmaß seiner Verletzung. Hatte er doch nur mit einem einfachen Streifschuss gerechnet, wurde ihm erst jetzt klar, dass es ihn schlimmer erwischt hatte. Es würde sicher einige Wochen dauern, so die Ärztin, bis das einigermaßen verheilt war. Aber Phil war schon jetzt klar, dass er diese Zeit nicht hatte. Auch wenn er es jetzt noch nicht sagen würde, viel länger als es unbedingt notwendig war, würde und konnte er nicht hier bleiben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Dielli
2010-11-12T18:54:46+00:00 12.11.2010 19:54
Ich bin richtig positiv überrascht von diesem Kapitel. ^^
Wieso genau kann ich irgendwie nicht erklären. Ich habs einfach gern gelesen. ;D


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