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Call of the shadows

Wenn die Finsternis naht
von

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Die Hoffnung stirbt als Letztes

~~Die Hoffnung stirbt als Letztes~~
 

Kurz nachdem sich die fünf Wölfe in Bewegung gesetzt hatten, sprang Nyrona in den Fluss, der sich links von ihnen entlang schlängelte. Da sie ein Wasserwolf war, bevorzugte sie in jeder Hinsicht das Wasser als Fortbewegungsmittel, weil sie auf Land mit ihren Pfoten, die hauptsächlich für Wasserbewegungen geschaffen waren, nicht richtig mit den anderen Wölfen mithalten konnte. Dies hieß aber nicht, dass Nyrona oder Wasserwölfe allgemein langsamer als andere Wölfe auf Land waren, sondern, dass ihnen nach einiger Zeit die Pfoten von der harten Erde weh tun würden.

Trotz dieses Nachteils waren Wasserwölfe nicht schwächer als andere Elementwölfe oder normale Wölfe. So können Wasserwölfe dank ihres Körperbaus und ihrer Flinkheit besser schwimmen. Auch das Element Wasser untersteht ihnen und, je nachdem wie gut diese Fähigkeiten bei ihnen ausgeprägt sind, können sie das Wasser lenken und formen.

All dies wurde Yen in dieser kurzen Zeit bewusst, als er den schlanken Körperbau von Nyrona sah.

„Du, Nyrona. Deine Elementkraft ist doch gut ausgeprägt, habe ich Recht?“, fragte Yen die Wasserwölfin, die daraufhin bestätigend nickte.

„Kannst du mir ein paar deiner Fähigkeiten demonstrieren? Ich habe nämlich noch nie einen Wasserwolf in Aktion gesehen. Alle Wölfe, denen ich bisher begegnet bin, waren zum größten Teil normale oder Erd- und Feuerwölfe.“

Da musste Nyrona lachen. „Nun, Yen. Ich sage dir eines: Du wirst einen Wasserwolf schon früh genug in Aktion sehen. Jetzt haben wir auf alle Fälle keine Zeit, dass wir dir unsere Kunststücke vorzeigen, da wir schon längst zu unserem Rudel hätten zurückkehren sollen“, sagte die Wasserwölfin und tauchte kurz unter einem Ast hindurch, bei dem die Anderen springen mussten, um ihren Weg fortsetzen zu können.

„Aber so viel sei gesagt“, setzte Nyrona an, „Wasserwölfe heißen nicht umsonst Wasserwölfe. Ich bin eine begabte Schwimmerin und das wirkt sich auch auf meine anderen Fähigkeiten aus.“

Yen verstand und stellte keine weiteren Fragen über Nyronas Fähigkeiten. Doch nun betrachtete er die anderen drei Wölfe, die neben und vor ihm rannten. Im Großen und Ganzen hatten alle einen normalen Körperbau, genauso wie seiner. Das Einzige, was nicht normal an ihnen war, und, was Yen schmunzeln ließ, waren ihre Schwänze.

Nuriks Schwanz bestand aus knisternden Flammen, die nur so vor Hitze strotzten. Der Schwanz von Sikona dagegen bestand aus knirschenden und klirrenden Eiszapfen, die Kälte ausstrahlten. Esailas war im Vergleich zu Nuriks und Sikonas Schwänzen eher harmlos. Dennoch fand Yen ihre Rute merkwürdig, denn anstatt Fell besaß dieser lange Grashalme, die struppig und geschmeidig herunterhingen.

Als Yen dies und viele andere Unterschiede bemerkte, wollte er über seinen noch recht harmlosen Körper nicht nachdenken. Doch ihn interessierten andere Dinge, die er jetzt herausfinden wollte.

„Esaila, Nurik und Sikona. Könnt ihr mir kurz verraten, was eure Rassen für Vorteile und Nachteile mit sich bringen? Bei Wasserwölfen ist das ja leichter, doch bei euch kann ich keinen Nachteil erkennen.“

Die angesprochenen Wölfe wurden langsamer und gesellten sich zu ihm.

„Alles klar! Können wir machen. Ich fange am besten an“, begann Esaila zu sprechen, „Wie du ja weißt, bin ich eine Waldwölfin und Wald ist die Abstammung von Erde. Im Wald fühle ich mich sicherer, als auf den großen Steppen. Dies ist schon mal ein Unterschied zu meinen Verwandten, die Erdwölfe. Auch kann ich nicht, wie sie, die Erde bewegen. Meiner Rasse unterliegen aber die Pflanzen, wo die Erdwölfe an ihre Grenzen stoßen. Einer meiner wichtigsten Eigenschaften ist die, dass ich die Pflanzen verstehe. Ich weis, wie es ihnen geht, was geschah und vieles mehr.“

„Ach. So ist das also! Ich dachte mir schon so was Ähnliches“, sagte Yen einleuchtend und wand sich an Nurik, der nun zu sprechen begann.

„Bei uns Feuerwölfen gibt es nicht viel zu sagen, außer, dass wir die wärmeren Gebiete bevorzugen und eiskalte meiden. Auch das Wasser mögen wir nicht besonders. Nun, sagen wir es so: Ich mag es schon, muss es aber nicht unbedingt in meinem Fell haben.“

Der Feuerwolf warf Nyrona einen bösen Blick zu, die daraufhin lachend unter Wasser verschwand.

„Wo es kalt ist, geht es uns schlecht, doch das trifft nicht auf Sikona zu. Bei ihr geht es mir gut.“ Er lächelte seine kleine Schwester an, die dieses erwiderte. „Na, sagen wir es so: Manchmal geht es mir gut!“

Sekunden später fing er sich eine kalte Nase ein, da Sikona Schnee in sein Gesicht pustete. Wo der Schnee so plötzlich herkam, wusste Yen nicht und er hatte auch keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, da Nurik, der sich abmühte, den kalten Schnee aus seinem Gesicht zu bekommen, weitererzählte.

„Wir sind die einzige Rasse, die es wagt mit dem Feuer zu spielen und mit der sich das Feuer auch einlässt.“

Hier beendete Nurik seinen Bericht und trabte wieder an die Spitze der kleinen Gruppe. Nun kam Sikona an seine Seite und begann zu erzählen.

„Da Eiswölfe von Wasserwölfen abstammen, können wir das Wasser zu Eis und Schnee gefrieren lassen. Entweder durch unseren kalten Atem oder durch starke Konzentration. Erst dann können wir unsere Fähigkeiten ausnutzen, da das eigentliche Wasser unseren Befehlen nicht gehorcht. Da Wasser sich bekanntlich fast überall befindet, kann man hier nicht von einem allzu großen Nachteil sprechen. Der größte Nachteil, den wir haben, ist der, dass wir uns, im Gegensatz zu Feuerwölfen, in der Hitze nicht sehr wohl fühlen. Die Hitze schlägt uns sehr auf das Gemüt. Doch in kalten Gebieten sind wir das blühende Leben. Ich glaube, das reicht, was du über unsere Rassen vorerst wissen musst. Wir sind gleich beim großen Rudel angekommen.“

So schlossen sie ihre Berichte, die Yen sehr zum Nachdenken gebracht hatten, ab. Doch er stellte keine weiteren Fragen. Vorerst hatte er genug erfahren und früher oder später würde er die Fähigkeiten der Rassen schon selbst sehen.

Kurz nachdem sie ihre Unterhaltung beendet hatten, wurden die vier Wölfe langsamer. Yen tat es ihnen gleich und trat aus dem Wald auf eine offene Lichtung. Dort blieben sie stehen. Nur das schwere Atmen der Wölfe vom Rennen war zu vernehmen. Kurz gönnten sie sich eine Atempause. Doch nicht zu lange, denn Sikona trabte schon munter weiter, hinter ihr ihre Geschwister und Yen bildete die Nachhut.

Sie trabten über die Lichtung, die kurz anstieg, aber größtenteils flach verlief.

So plötzlich wie Sikona loslief, so plötzlich blieb sie stehen. Die anderen Wölfe taten es ihr gleich. Auch Nyrona im Wasser blieb auf einem Fleck und starrte, wie ihre Geschwister, auf den Boden. Yen verstand erst beim Näherkommen, warum sie dies taten.

Vor den vier Wölfen öffnete sich ein Abgrund, der steil nach unten ging. Neben ihnen war ein kleiner Wasserfall, dessen Rauschen Yen erst jetzt vernahm. Ungefähr hundert Meter unter ihnen war eine Felsnische, die von drei Wänden eingegrenzt war. Auf einer dieser Wände befanden sie sich jetzt und blickten hinunter in die Nische, wo sich ein großes Rudel von Wölfen befand.

„Unsere Heimat“, sagte Nurik und blickte Yen an, der sich langsam vom Abgrund entfernte. Yen hatte genug gesehen. Abgründe machten ihm noch immer Angst und er wusste nicht so recht, wieso. Doch nach wenigen Schritten blieb er stehen, weil er dachte, dass er nun sicherer stand.

Das Rudel, das er gesehen hatte, war groß gewesen. Alle Arten von Wölfen tummelten sich in der Felsnische. Doch mehr konnte Yen in diesem kurzen Augenblick nicht erkennen.

„Ich werde schon einmal den Wasserfall nach unten schwimmen und Mutter von unserer Ankunft Bescheid geben“, sagte Nyrona und war im nächsten Augenblick verschwunden.

Da drehten sich die restlichen Wölfe zu Yen um. Esaila erklärte: „Nun, ich schätze wir sollten uns beeilen!“

Nurik und Sikona nickten ihr zu und gemeinsam rannten sie in Richtung der Öffnung der Felsnische. Der Weg begann immer steiler abzufallen und kurz durch den Wald zu führen, bis sie wieder ebenen Boden unter den Pfoten hatten.

Daraufhin machten sie einen Schwenker nach links und rannten direkt in die Felsnische hinein. Nun konnte man das Tosen des Wasserfalls deutlicher hören. Die Nische schien wie ein Trichter zu sein, der seine Geräusche weit über das Land verbreitete.

Yen konnte weitaus mehr vernehmen, als das Tosen des Wassers. Auch die Geräusche von Wolfsknurren und Gebelle drang an seine Ohren. Schon nach wenigen Schritten konnte er die Wölfe riechen.

So war es für ihn keine Überraschung, als vor ihnen Nyrona und eine ältere Wölfin auftauchten. Sie schienen auf die Neuankömmlinge gewartet zu haben.

Beim Näherkommen betrachtete Yen die Wölfin. Sie war ein normaler Wolf, mit grauem Fell und braunrotem Haar, das von ihrer feurigen Verwandtschaft zeugte. Auch zwei Pfoten waren braunrot und ein Teil ihrer rechten Hinterkeule. Sonst war an ihr alles schlicht grau.

Doch eines fiel Yen besonders an dieser Wölfin auf: Es war die Art, wie sie sich hinsetzte und geduldig auf die Neuankömmlinge wartete. Die Art, wie sie sie gütig anblickte. Die Art, wie sie ihren ehrenvollen Kopf erhob. Und die Art von Anmut, die ihr Körper ausstrahlte.

All dies zeigten Yen, dass dies die Leitwölfin des Rudels sein musste, das er von oben gesehen hatte. Die Leitwölfin und die Mutter der vier Geschwister.

Freudig empfing die Leitwölfin ihre Kinder. Sie umarmten und liebkosten sich. Alles zeugte von tiefster Vertrautheit.

Yen wollte dieser Familienidylle nicht zu nah treten und blieb etwas abseits stehen.

Doch die Leitwölfin beschäftigte sich nicht zu lange mit ihren Kindern und ging stolz auf Yen zu. Dieser wusste nicht so recht, was er machen sollte und blieb einfach unschlüssig stehen. Doch da sprach die Leitwölfin schon.

„Mein Name ist Marika. Ich bin die Leitwölfin des westlichen Gemischtrudels unter der Führung von Kito. Nyrona hat mir bereits von dir erzählt. Ich werde nicht von dir verlangen, dass du dich unterordnest. Dennoch will ich gütig zu dir sein und dir Unterschlupf gewähren.“

Mit jedem Wort wurde Yen immer mehr bewusst, dass er es hier mit einer großartigen Leitwölfin zu tun hatte. So ließ seine Antwort nicht lange auf sich warten.

„Mein Name ist Yen. Ich danke für das Angebot, das ich natürlich annehmen werde.“

Marika nickte. „Nun Yen. Lasst uns zum Rudel gehen und du erzählst mir solange, woher du kommst und, was du hier zu suchen glaubst.“

Yen willigte ein und folgte ihr, um seine Geschichte erneut zu erzählen. Er bemerkte die dankbaren Blicke der Geschwister nicht, die sie Nyrona zuwarfen. So erzählte Yen bereitwillig von seiner Geschichte und Marika hörte aufmerksam zu. Beim Rudel angekommen, beendete Yen seine Geschichte.

„Und so machte ich mich auf den Weg, die Ursache für das Sterben der Wölfe und das Verschwinden der Elementkraft zu finden und kam somit in euer Gebiet.“

Marika hörte aufmerksam zu und, als Yen geendet hatte, verfiel sie in Schweigen. Sie kamen beim Rudel an und Marika erhob ihre Stimme, um Yen den anderen Wölfen vorzustellen und zu erklären, dass dieser einige Zeit beim Rudel bleiben durfte. An Yen gewandt sagte sie nur: „Yen, du wirst einige Zeit hier bleiben. Ich werde dich beobachten und entscheiden, ob ich dir sage, was ich weiß. Meine Kinder werden dir alles Wichtige zeigen. Ich hoffe, du enttäuscht mich nicht.“

Mit diesen Worten verschwand sie in einer Höhle und ließ einen verwirrten Yen zurück. Die Geschwister kamen zu ihm und stupsten ihn freundschaftlich an.

„Mama scheint dich zu mögen. Normalerweise ist sie zu fremden Wölfen nie so nett“, stellte Sikona lachend fest. Die Geschwister stimmten in das Lachen ein und zeigten Yen die Gegend und erklärten ihm, was er beachten musste.

Anfangs fühlte sich Yen in diesem fremden Rudel nicht ganz wohl. Die anderen Wölfe, die zum größten Teil aus normalen Wölfen bestanden, musterten ihn zu Beginn misstrauisch. Doch, da ihre Leitwölfin diesen jungen Wolf Unterschlupf gewährte, gewöhnten sie sich schnell an ihn.

Yen war ein guter Jäger mit einem scharfen Spürsinn und somit fand er im Rudel immer mehr Anerkennung. Hier und da schloss Yen kleine Freundschaften und war auch glücklich, nicht mehr alleine zu sein, da die vier Geschwister immer um ihm herum waren und auf ihn aufpassten.

Er verstand sich mit Nyrona, Esaila, Nurik und Sikona immer besser.

Sie nahmen ihn bereitwillig in ihr kleines Vierergespann auf, worüber Yen sehr froh war. Auch die Geschwister waren glücklich, dass Yen bei ihnen war. Im Rudel hatten sie zwar eine wichtige Rolle inne, doch dort war kein einziger Wolf, der sich verpflichtet fühlte, dem verrückten Gespann näher zu treten. Es herrschte ein normales Verhältnis, doch jeder im Rudel wusste, dass die vier Jungwölfe keine normalen Wölfe waren, sondern Wölfe, die nicht ruhig auf einem Fleck sitzen konnten und am liebsten gedankenlos in der Welt herumlaufen würden.

Im Rudel wurden sie auch häufig „die vier verträumten Wölfe“ genannt.

Auch zu Recht. Verträumt waren sie und dies musste Yen mehrere Male feststellen.

Sie hatten ein anderes Weltbild als andere Wölfe. Fast genauso eines wie er selbst. Yen sagte sich immer wieder, dass dies einer der Gründe war, wieso sie sich so gut verstanden.

Immer mehr schätzte er ihre Gesellschaft und sie die seine. Yen bemerkte sehr schnell, dass die verträumte Art auch auf ihn überzufärben begann. Er genoss diese sorglose Zeit im Rudel.

Aber trotz allem fühlte sich Yen in der Felsnische und bei dem Rudel nicht wirklich wohl. Sein Instinkt trieb ihn nach draußen in die große weite Welt. Doch er konnte und wollte noch nicht weiterziehen. Yen wollte noch erfahren, was Marika über das Sterben der Wölfe und das Verschwinden der Kraft wusste. Erst dann wollte er weiterziehen.

Marika beobachtete ihn sehr oft bei der Jagd, beim Schlafen, beim Fressen, beim Spielen mit den Jungwölfen. Fast immer spürte er ihren Blick im Rücken.

Anfangs fand er dies unheimlich, doch mit der Zeit gewöhnte er sich an diesen prüfenden Blick, bis er ihn eine Zeit lang gänzlich vergaß.

So war Yen schon seit vier Wochen beim Rudel ohne Aussicht auf ein baldiges Weiterziehen.

In einer Vollmondnacht stahl sich Yen aus dem Rudel und folgte einem geheimen Pfad, den ihm die Geschwister gezeigt hatten, bis er an einer Felsnase ankam. Dort legte er sich nieder und blickte hinauf zum Vollmond, der auf den Wald unter sich schien.

Der junge Wolf lauschte in die Ferne, wie er es jeden Abend seit seinem Abschied von den freien Wölfen tat. Jedes Mal glaubte er Koras Geheul zu vernehmen, das ihn mit Sehnsucht füllte, doch immer wieder Mut gab.

Es war still in dieser hellen Nacht. Nur ein paar Grillen waren zu hören. So hörte Yen den Wolf schon, bevor er ihn sah oder roch.

Aus dem Schatten trat, mit gesenktem Kopf, Sikona zu ihm und blieb neben ihm stehen.

„Du vermisst sie. Habe ich Recht?“

Yen nickte nur und Sikona setzte sich hin. Er tat es ihr gleich. „Du musst wissen, dass Freunde niemals weit weg sind. Sie sind hier drinnen. Für immer.“

Mit diesem Satz deutete sie auf Yens Brust.

„Immer, wenn man eine Freundschaft schließt, wandert ein Teil seiner eigenen Seele in des anderen Körper und anders herum“, erklärte Sikona mit ruhiger Stimme.

Yen war gerührt von ihrer Hilfsbereitschaft. „Danke“, brachte er nur heraus.

„Ich kann deine Gefühle verstehen. Ich würde sie auch vermissen. Doch du bist nicht alleine auf dieser Welt. Und außerdem hast du sie ja verlassen, um ihnen zu helfen. Um der ganzen Wolfheit zu helfen.“

„Ja, das habe ich. Und ich werde nicht solange ruhen, bis ich an meinem Ziel angekommen bin, von dem ich nicht genau weiß, was es ist“, gab er ihr gegenüber zu.

„Nun Yen. Ich glaube, ich erzähle dir meine Lieblingsgeschichte. Unsere Oma hat sie uns immer wieder erzählt. Sie zeugt von Hoffnung und Vertrauen. Ich hoffe du kennst sie noch nicht. Am liebsten habe ich sie, wenn sie geheult wird. Hörst du mir zu?“

Yen nickte ihr aufmunternd zu, froh über ihre Gesellschaft.

Da hob Sikona ihren Kopf in Richtung Sterne und Mond und begann die alte Geschichte über die Entstehung der Elementkraft und die Prophezeiung zu heulen.

Yen stellte schon sehr früh fest, dass Sikona sehr schön heulte. Sie wusste, wann sie welche Gefühle mit einbringen und, wann sie ihr Heulen anschwellen und wieder abschwellen lassen musste. Er fand es atemberaubend und Yen konnte sich die Geschichte wie von selbst vor seinem inneren Auge vorstellen.

Schon bald roch Yen andere Wölfe, die wenige Augenblicke später aus dem Unterholz auftauchten. Es waren Nyrona, Esaila und Nurik.

Alle drei gesellten sich zu ihnen ohne ein Wort zu sagen, hoben ebenfalls ihre Köpfe und stimmten wunderbar und ohne Fehler in das Geheul von Sikona ein.

Es war ein atemberaubendes Geheul, das genau abgestimmt war.

Einmal schwellte nur eine Stimme an, doch dann wieder alle.

Das Heulen bewegte sich wie ein Zauber in der Luft.

Yen, der der Geschichte lauschte, bekam das Bedürfnis, mitzuheulen. So hob auch er seinen Kopf und stimmte mit ein.

Sein Geheule und das der anderen war so wunderbar und schön, dass die Wölfe im westlichen Gemischtrudel ihre Köpfe hoben und der alten, fast vergessenen Geschichte lauschten. Vor allem eine Wölfin hörte dem Spektakel aufmerksam zu.

Yens Geheule rundete die Prophezeiung ab und zu fünft heulten sie, als seien sie alle Eins. Ein einziger Wolf, voll mit Hoffnung und Vertrauen.

Als die Geschichte zu Ende war, stimmte Sikona ein neues Geheul an, dem die anderen bereitwillig folgten. Dies erzählte von dem Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die sich gerade entwickelte und in dieser Nacht einen von vielen Höhepunkten erreicht hatte.

Sie heulten, bis sich der Morgen am Horizont ankündigte und verstummten nacheinander. Sikona bildete den Schluss und, als sie aufhörte, legte sich eine beruhigende Stille über das Land.

Doch die Stille währte nicht lange, da sagte Yen: „Die Geschichte ist wunderschön, Sikona. Danke, euch allen, dass ihr sie mit mir geteilt habt!“

Die anderen Wölfe nickten ihm freundlich zu.

Erneut wurde es ruhig.

„Yen“, begann Sikona, „du hast auch einen Teil meiner Seele in dir. Ich werde immer bei dir sein!“ Sie stand auf und umarmte Yen, indem sie ihre Schulter an seine schmiegte. Die anderen drei Geschwister verstanden.

„Auch ich werde immer bei dir sein, mit meinem Seelenstück!“, sagte Nyrona und umarmte ihn ebenfalls.

Esaila tat es ihren Geschwistern nach und erklärte: „Mögen wir für immer befreundet sein, Yen!“

Nurik war der Letzte, der vortat. Er blieb stehen, so als müsste er sich erst entscheiden, was er tun sollte. Doch seine Entscheidung war schon lange gefallen.

„Yen. Ich sage dir eins! Du bekommst mich definitiv nicht mehr los!“

Mit diesen Worten umarmte er Yen, der ihn ebenfalls umarmte. Ein Lachen machte die Runde, bevor Yen etwas sagte.

„Ich danke euch. Auch ein Teil meiner Seele ruht nun in euch und ich werde immer bei euch sein. Ich danke euch auch für die Hoffnung, die ihr mir mit dieser Geschichte gegeben habt! Ich werde sie und euch niemals vergessen!“

„Das brauchst du auch nicht. Wir werden nämlich immer bei dir sein“, sagte Sikona und wieder lachten alle. Doch es stecke viel mehr hinter diesen Worten, als Yen dachte.

Sie wurden aus ihren Gedanken gerissen, als ein Heulen ertönte. Ein Heulen, das verriet, dass die fünf Jungwölfe gefragt wurden und, dass eine Entscheidung getroffen wurde.

Es war das Heulen von der Leitwölfin Marika.
 

Nicht weit vom Gebiet des westlichen Gemischtrudels entfernt, kämpfte ein Wolf um sein Überleben. Er war geschwächt vom Kampf, der sich ein paar Tage zuvor in seinem Rudel zugetragen hatte.

Es war ein blutiger und zerstörender Kampf gewesen. Kein Wolf aus seinem Rudel hatte überlebt, außer er selbst.

„Wieso haben sie das getan? Sie sind doch auch nur Wölfe gewesen, wie ich selbst einer bin“, sprach der junge Wolf zu sich selbst. Ihn verwirrte diese Angelegenheit sehr. Vor allem konnte er nicht verstehen, wieso ein so friedliches Wolfsrudel wie seines angegriffen und fast vollständig ausgelöscht werden konnte.

Der Wolf blieb stehen und blickte sich nach möglichen Verfolgern um. Doch es waren keine zu sehen oder zu riechen. So gönnte er sich eine Rast und betrachtete seine Wunden.

Seine linke Schulter war aufgerissen, doch sie begann schon zu heilen und es würde keine Narbe bleiben. Unter anderem waren seine Pfoten von der Hetzjagd aufgeschürft und seit mehreren Tagen blutete er aus dem Mund, da er einen anderen Wolf zu fest gebissen hatte.

„Ich bin halt kein richtiger Kämpfer!“, stellte der einsame Wolf traurig fest.

Doch fliehen konnte er. Oh ja, der Wolf war vor der Gefahr geflohen, die in ihrem Gebiet herrschte. Aber auch nur, weil es ihm seine sterbende Mutter befohlen hatte.

„Was hätte ich sonst tun sollen? Es war ihr letzter Wunsch und so etwas durfte man nicht abschlagen. Ich sollte überleben um ...“, sagte sich der Wolf ein, „... um diesen Wolf zu suchen und ihm zu helfen. Er ist die Hoffnung aller!“

Man merkte dem Wolf an, dass er verwirrt war, da er begonnen hatte, mit sich selbst zu reden. Größtenteils war der körperliche Schmerz schuld, doch der Schmerz des Verlustes gab ihm den Rest.

„Mutter... Vater... Ich ... Ich werde euch nicht enttäuschen!“, rief er in die Weiten der Welt hinaus.

Doch er verfluchte sich sogleich für diese Tat.

„Was ist, wenn sie mich doch noch finden?“

So stand er unter Schmerzen auf und zwang sich, weiterzugehen.

„Ich muss die alte Heilerin finden. Ich muss sie und dann ihn finden. Vielleicht kann sie helfen ...“, murmelte der Wolf und wanderte weiter in die Nacht.

Das hoffnungsvolle Heulen, das aus der Richtung des westlichen Gemischtrudels kam, hörte er nicht.

Er hörte nicht das Heulen, dass auch für ihn Hoffnung bedeutete und ging seinen Weg weiter.
 

~~Die Hoffnung stirbt als Letztes Ende~~
 

Was für eine Entscheidung hat Marika getroffen?

Geht die Reise bald weiter?

Wer ist dieser junge verletzte Wolf?

Erreicht dieser sein Ziel?

Hoffnung, ein Wort, dass Mut verbreitet und den Glauben schenkt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Xenojiiva
2015-07-25T14:46:28+00:00 25.07.2015 16:46
Die Freundschaft der 5 ist so süß....
Am besten fand ich die Stelle mit dem geheul. Richtig rührend.
Aber nun bin ich neugierig wer der neue Charakter ist.
lesen wir doch mal schnell weiter ^^
Von:  Merkur
2012-06-26T10:16:18+00:00 26.06.2012 12:16
Wie schön, dass Yen in den vier Geschwistern so gute Freunde gefunden hat ^^ Die Stelle, an der sie zusammen die alte Geschichte heulen, hat mir besonders gut gefallen. Man sieht dort, wie sehr die fünf Wölfe einander ins Herz geschlossen haben und wie sie sich gegenseitig vertrauen. Natürlich bin ich auch sehr gespannt, was es mit dem armen einsamen Wolf auf sich hat, dessen Rudel ausgelöscht wurde. Ich habe ja schon eine Vermutung, wen der Wolf suchen muss. Mal sehen, ob sie sich bewahrheitet. Jedenfalls bin ich gespannt, wie es weiter geht ^^
Von: abgemeldet
2011-11-24T22:56:30+00:00 24.11.2011 23:56
Ending der Kapitel :D
Was mich in diesem Kapitel am meisten beeindruckte war das Geheul von wahrer Freundschaft und der Hoffnung. Ich habe es so richtig gesehen, rein metaphorisch *___* Wie Sikona ihren Kopf zu den Sternen hob und zum Heulen begann, das war so ein schöner Augenblick... genau diese Moment liebe ich auch XD und wo dann alle die Geschichte mit sangen und am Ende auch der Yen XD... der unbekannte Wolf sucht nach Yen oder? Er ist irgendwas..
Er spielt eine sehr wichtige Rolle der Yen und die "vier verträumten Geschwistern werden Yen begleiten *___* :D Ich finde es auch voll süß dass er so eine Art besondere Gefühle für Kora empfindet >///>
Und die Mutter hast du sehr schön beschrieben, sie hinterlässt so einen stolzen weisen Eindruck ^^ du machst das ganze einfach toll, *_____*
Von:  _Saliona_
2011-04-28T20:14:34+00:00 28.04.2011 22:14
Mit Verlaub, ich muss auch sagen, dass deine Kapitel immer cooler werden! ^^
Das mit den vier verträumten Geschwistern find ich klasse! XD Ich fands auch schön, wie du die einzelnen "Charaktereigenschaften" der verschiedenen Elementwölfe geschildert hast. Und ja, ich find die Mutter von den vieren auch cool. Sie erinnert mich ein wenig an deine Mama weiß nicht... XD Hast du sie vllt zum Vorbild genommen? ^^ Und wenns auch nur a bissl ist! XD
Das mit der Geschichte vorheulen war auch soooo schöööön! ^-^ Und "Wolfheit"! :D Zu geil!
Ich hab ja schon eine Vermutung, wer der Wolf am Ende ist... Hoffentlich schreibst du bald weiter!
*dich ganz doll knuddel*
Hdggg...dlieb
Deine Sali ;}
Von:  Issura
2011-04-27T20:11:45+00:00 27.04.2011 22:11
Ich muss schon sagen, deine Kapis werden von Mal zu Mal immer besser! ^^
Ich finde die Mutter ebenfalls total cool xD Und ich finde es auch toll, dass du sie die vier Verträumten genannt hast :D Das passt total gut! ^^
Das ist ne echt tolle Idee, dass sie die Geschichte da heulen. =) Total ne schöne Szene, die wir unbedingt mal zeichnen sollten! ^^
*schon weiß, wer der Wolf am Ende ist* Muhahahahahaahah =) Keine Angst, ich werde es nicht verraten! xD
Achja, am tollsten finde ich natürlich, wie du Nurik rüber bringst! Echt genial wie du so seine Sprüche mit in die Geschichte einfließen lässt! Die könnten alle glatt von mir stammen! =D Echt klasse *O*
Mach ja schön weiter so!
*knuddel und hundekuchen da lass*
Issu... :}
Von:  _Moonyasha_
2011-04-27T18:15:15+00:00 27.04.2011 20:15
Hehe, es wird immer besser und besser. *daumen hoch* ^^
Ich mag die Mutter von den 4 (verträumten!! *lol*) Geschwister sehr gerne. :) Du hast sie wirklich schön beschrieben und so ungefähr hab ich sie mir auch vorgestellt.
Und das mit der Geschichte fand ich auch voll schön. :)
I-wann müssen wir da mal so ne Szene nachzeichnen!! Und jeder zeichnet dann natürlich seinen eigenen Chara! XD
Obwohl... sowas ähnliches haben wir ja eig auch schon vor. XD Naja! Je mehr, desto besser! *crazy*
Bin auch gespannt, wer der Wolf am Ende von dem Kapi ist... O.o
Also, hat wie immer Spaß gemacht, dein Kapi betazulesen. ;D
Hdggg...dlieb *knuddelattacke*
deine Moony


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