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Wolfskinder - Sternenwege

von

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Warten

Mana lag träge im Gras und beobachtete, wie Ahkuna leise vor sich hin summte und zufrieden an einer Blume schnüffelte. Sie wüsste nur zu gerne, was die Nornen ihrer Cousine erzählt hatten, denn seitdem sie wieder zurück war, wirkte sie so glücklich und zufrieden, wie nur selten je zuvor.

Ahkuna war nämlich gleich die Erste gewesen, die die Nornen aufgesucht hatte, denn während die beiden Jungen noch darüber stritten, wer nun gehen sollte, da keiner von ihnen so wirklich wollte, war sie aufgestanden und einfach gegangen.

Das hatte nicht nur Mana erstaunt, denn Ahkuna galt seid jeher schon als sehr schüchtern und zurückhaltend, fast ängstlich. Doch entweder hatte die Reise sie schon jetzt sehr verändert, oder aber keiner hatte sie je wirklich gekannt.

Jetzt auf jeden Fall wirkte die junge Wölfin glücklich, sie genoss sichtlich die warmen Sonnenstrahlen auf dem schwarzen Fell. Und während Mana sie noch beobachtete, gesellte sich Skadi zu ihr und setzte sich neben sie.

»Skadi, was genau tun die Nornen eigentlich? Was passiert, wenn wir sie treffen?«, Mana schaute neugierig zu ihr auf.

»Warte es ab, du wirst es schnell herausfinden«, lächelte die und beobachtete, wie Llew Lif am Ohr zog. Die beiden und auch Slyk und Fylgien hatten sich auf Anhieb gut verstanden, und so spielten sie gemeinsam, als wären sie kleine Welpen, während sie darauf warteten, das Slyk wieder zurückkam.

Mana wollte weiterfragen, doch stattdessen ließ sie sich seitlich ins Gras sinken, eng an Skadi gedrückt. Sie verstand nicht wieso, aber so nahe bei der schwarzen Wölfin fühlte sie sich wohl und geborgen. So schwiegen sie eine Weile, bis Skadi sie sanft hinter dem Ohr zu lecken begann.

»Tut dir die Pfote noch sehr weh?«, fragte sie leise.

»Ein wenig… viel schlimmer ist, das ich sie nicht mehr richtig bewegen kann«, antwortete Mana.

»Das wird wohl auch so bleiben, denke ich… Aber das ist nur ein sehr kleiner Preis für ein Leben«, fand die Wölfin.

»War… war das wirklich so schlimm? Ich meine, ja, es hat sich entzündet und es tat scheußlich weh, aber… denkst du, ich hätte daran sterben können?«, Mana schloss die Augen.

»Ja. Jeder andere Wolf wäre es wohl, aber du stehst unter dem Schutz des Winters.«

»Dem was?«, sie blinzelte verblüfft, schaute zu der schwarzen Wölfin hoch.

»Dem Winter. Der Jahreszeit«, lächelte die.

»Aber… Jahreszeiten sind doch…«

Ja, was eigentlich? Nicht real? Bloß irgendetwas, was die Welt für eine bestimmte Zeit verändert, ohne das jemand weiß, wieso?

Sie schüttelte langsam den Kopf.

»Keine Lebewesen«, erklärte sie schließlich.

»Bist du dir da so sicher?«, Skadi lächelte wissend, doch Mana fragte nicht weiter, sondern ging einfach einmal von der Tatsache aus, das dem wirklich so war.

»Wie kommst du darauf, das dann ausgerechnet ich unter ihrem Schutz stehen würde?«, erkundigte sie sich stattdessen. Da stupste die schwarze Wölfin den blauen Stern an, den die junge Wölfin um den Hals trug.

»Weil ich das hier kenne«, lächelte sie.

»Das… das habe ich von meinem Vater geschenkt bekommen«, erklärte Mana und legte unsicher die Ohren an.

»Das Bezweifle ich auch in keinster Weise, mein Kind. Und doch, es ist so: Der Kristall stellt dich unter den Schutz des Winters. Das ist nichts schlechtes, denn sie wird auch einiges dazu beigetragen haben, das du nicht gestorben bist. Aber auch sie ist nicht allmächtig, deswegen musst du trotz allem mit einer gelähmten Pfote auskommen«, meinte Skadi.

»Und die ist ein geringer Preis für ein Leben, schon klar«, lächelte Mana und musste an die schreckliche Narbe denken, die ihrem Vater auch jetzt noch, mehr als ein Jahrzehnt, nachdem sie ihm zugefügt wurde, gelegentlich Schwierigkeiten bereitete. An besonders kalten Tagen konnte er kaum laufen und so manchen Winterabend hatte ihm sein Ziehbruder Chess aufhelfen müssen, weil er alleine nicht mehr hochgekommen war.

Doch darüber machte sich Mana keine Gedanken. Sie war eine Zauberin, sie musste nicht gut oder schnell laufen können. Das hätte sie gemusst, hätte sie einen anderen Vater gehabt.

»Gräm dich nicht, mein Kind. Es wird alles gut werden, wenn es das Schicksaal so will. Versuch immer die guten Seiten des Lebens zu sehen, denn sie führen dich ins Glück. Und dein Glück kannst du immer finden, ganz gleich, was auch geschehen mag«, Skadi rieb ihre Stirn an Manas Kopf, dann stand sie auf.

In dem Augenblick trat Slyk aus der Höhle. Er wirkte bedrückt und als die Jungs alle gemeinsam auf ihn einstürmten, da duckte er sich und sprang beiseite. Verblüfft und ratlos blieben sie stehen, schauten ihn erstaunt an.

»Bitte… könnt ihr mich ein bisschen in Ruhe lassen? Ich muss… ich muss über einige Dinge nachdenken…«, bat er und bevor einer von ihnen eine Antwort geben konnte, war er schon in einer seltsam flachen Haltung davon getrabt.

»Was hat er?«, Lif schaute seinem Freund erstaunt nach.

»Na ja, offensichtlich hatten die Nornen nicht allzu gute Nachrichten für ihn… Lasst ihn zeit, er wird sich schon wieder beruhigen. Wer von euch beiden möchte als nächstes gehen?«, fragend blickte Skadi zwischen Lif und Mana hin und her.

»Ich bitte«, meldete sich da der junge Wolf sogleich, zögerte dann aber kurz und wandte sich an Mana. »Wenn dir das recht ist heißt das.«

»Natürlich, geh nur«, antwortete die lächelnd und sogleich sprang der junge Wolf los. Nur kurze Zeit später gesellte sich Fylgien zu ihr und rieb seinen Kopf an ihrem Rücken.

»Wenn er wieder da ist, gehst du rein?«

»Ja. Ich bin wirklich gespannt, was mich erwartet… Ich meine, Slyk schien es ja nicht besonders gefallen zu haben…«

»Ich weiß leider nicht, worüber sie mit euch sprechen... Ich bin schon froh, das ich hier sein darf, so nahe am Ursprung ihrer Kraft«, der goldene Wolf legte ein Vorderbein über sie, sodass er fast auf ihr drauf lag.

»Weißt du, eigentlich will ich gar nicht wirklich wissen, was sie mir zu sagen haben«, überlegte Mana.

»Wieso nicht?«, Fylgien blinzelte verblüfft.

»Ich… weiß auch nicht. Ich bin zufrieden, so wie es ist. Alles, was sie sagen würden, könnte das zunichte machen und das möchte ich nicht«, überlegte sie leise.

»Du denkst, du wärst zufrieden?«, er lachte leise.

»Ja. Natürlich. Ich könnte mit ein Leben, so wie es jetzt ist, durchaus vorstellen«, sie runzelte vielsagend die Stirn.

»Glaubst du das wirklich?«, flüsterte er und schaute sie sanft aus seinen silbernen Augen an.

»Ich… weiß doch, was ich fühle…«, sein Blick ließ Mana zweifeln.

»Du magst jetzt zufrieden sein, aber das wird nicht so bleiben. Mana, es wird dir immer irgendetwas fehlen, wenn du jetzt einfach stehen bleibst. Also geh weiter. Ich komme mit dir«, lachte er und legte sich nun wirklich auf sie drauf.

»Fylgien, geh runter, du bist schwer!«, sie wälzte sich irgendwie herum, zog die Hinterpfote an den Körper, und drückte ihn damit beiseite. Oder versuchte es zumindest, denn mit nur einem Bein hatte sie eigentlich keine Chance. Und das sah auch Fylgien ein, denn er stieß sich ab und machte eine Rolle über sie, um dann Rücklings liegen zu bleiben. Er schaute zu ihr zurück, lächelte dabei breit.

»Wirst du weitergehen?«, fragte er.

»Ja. Wenn es dir so wichtig ist ja«, lachte sie und stieß ihre Nase in seine Richtung.

»Kann ich euch Turteltauben mal kurz unterbrechen?«, Llew stand vor ihnen, hatte die Stirn gerunzelt und beobachtete sie eher unwillig.

»Turteltauben?«, sie starrte ihn fragend an.

»Ja…«, Llew wirkte ein wenig pikiert, als er sich hinsetzte. »Egal. Ich wollte dich etwas fragen, Mana.«

»Dann… frag ruhig…«, irgendwie kam ihr die Situation seltsam vor. Was hatte Llew auf einmal? Auch Fylgien schien es nicht zu begreifen, denn er blickte ebenso ratlos drein, wie sie.

Gerade wollte Llew seine Frage stellen, da rief Skadi laut nach ihm. Sie wirkte wütend, als hätte ihr Sohn etwas getan, was er nicht hätte tun dürfen. Doch der junge Wolf zögert einen Moment, doch dann stand er auf und lief zu ihr. Sie zischte ihn an, doch auf die Entfernung verstand Mana nicht, was sie sagte.

»Was… sollte das eben?«, sie schaute zu Fylgien, der ratlos noch immer zu Mutter und Sohn blickte.

»Ich habe keine Ahnung«, er deutete ein menschliches Achselzucken an, dann kam er zu ihr und vergrub wieder seine Nase in ihrem Fell. »Aber eigentlich ist es mir auch egal. Weißt du, am Liebsten würde ich dich begleiten, wenn du die Nornen besuchen gehst, aber ich fürchte, das ihnen das nicht gefallen würde.«

»Keine Sorge, ich schaff das schon«, lachte sie und knabberte an seinem Ohr.

»Daran zweifle ich auch nicht, aber ich möchte dir gerne beistehen. Wenn sie… etwas Schlechtes erzählen«, erklärte er mit halbgeschlossenen Augen.

»So wie bei Slyk?«

»Genau.«

»Das kannst du auch noch tun, wenn ich wieder zurück bin«, lächelte sie.

»Okay, du hast recht«, lachte Fylgien.

Dann unterhielten sie sich leise über alles Mögliche, während sie eng beieinander lagen. Mana genoss die Nähe des jungen Wolfes. Sie hätte es niemals für möglich gehalten, doch ihr Geburtstagsgeschenk hatte ihr mehr Freude bereitet, als sie je erwartet hätte.

So verging einige Zeit. In Midgard zählte man keine Stunden, die Zeit verging einfach. Irgendwann, Mana war fast in der warmen Sonne eingeschlafen, da ließ sie ein Geräusch aufschrecken. Als sie zur Höhle blickte, trat gerade Lif heraus, doch sein Anblick erschreckte sie, denn das pure Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Alarmiert sprang Mana auf und humpelte zu ihrem Cousin, so schnell sie nur konnte, doch natürlich waren Llew und Fylgien lange vor ihr da. Slyk und Ahkuna schienen gar nicht bemerkt zu haben, das etwas nicht stimmte, denn sie hatten sich nicht bewegt, waren noch viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

»Lif, was ist los?«, fragte sie eindringlich, doch er schüttelte einfach nur den Kopf, in seinen Augen las sie eine Angst, die an Panik grenzte. Er schien gar nicht zu bemerken, dass sie um ihn herumstanden und sich unsagbar hilflos fühlten, angesichts seines stillen Grauens.

Da kam auch Skadi zu ihnen und rieb ihren Kopf an seinem. Sie flüsterte ihm beruhigende Worte ins Ohr, solange, bis der junge Wolf plötzlich laut aufjaulte und in Tränen ausbrach.

»Ich will das nicht!«, weinte er laut.

»Was willst du nicht?«, fragte Mana und stürzte zu ihm, um sich beruhigend an ihn zu drücken.

»Das kann einfach nicht sein… Das… das darf nicht geschehen«, murmelte Lif einfach weiter, nahm sie gar nicht wirklich wahr. Es dauerte eine ganze Weile, bis er sich beruhigt hatte, doch auch dann lag er apathisch einfach nur da.

»Ich kümmere mich um ihn, hab keine Angst«, sagte da Skadi zu der weißen Wölfin und stupste sie auffordernd an. »Du musst jetzt langsam gehen.«

»Aber ich kann doch nicht... Was ist mit Lif geschehen? Was haben sie mit ihm getan?«, sie schaute die schwarze Wölfin ängstlich an.

»Sie haben ihm nichts getan. Sie haben nur die Wahrheit gesagt. Ich weiß nicht, was sie ihm genau gesagt haben, aber es war jene Art Wahrheit, die einem mehr erschreckt, als es die grausamste Lüge könnte. Aber er wird daran nicht zugrunde gehen. Gib ihm Zeit, dann wird er darüber hinwegkommen«, erklärte Skadi und liebkoste dabei den graubraunen Wolf, als wäre er ihr eigenes Kind.

»Soll ich wirklich gehen? Ich kann ihn doch so nicht…«, begann sie, doch da trat Fylgien zu ihr.

»Geh. Ob du hier bist oder nicht, es macht für Lif keinen Unterschied, für dich aber schon«, sagte er leise.

Sie schaute ihn aus großen Augen erstaunt an, dann nickte sie: »Du hast recht«

Sie stand auf und humpelte zum Eingang. Noch einmal schaute sie über die Schulter zurück. Sie wusste nicht, was sie erwarten würde, aber jetzt, wo sie Lif so sah, hatte sie angst. Plötzlich wünschte sie sich doch, das Fylgien mitkommen würde, doch natürlich ging das nicht.

So lächelte sie noch einmal unsicher, dann machte sie einige zögernde Schritte in die Höhle hinein. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte, aber das gewiss nicht, denn plötzlich umfing sie eine bodenlose Schwärze. Sie schaute ängstlich zurück, doch der Höhleneingang war fort, als hätte es ihn nie gegeben.

So blieb also nur noch das Weg nach vorn.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2010-11-29T18:20:25+00:00 29.11.2010 19:20
Mana tut mir leid v.v
Aber Skadi ist voll lieb, eigentlich müsste sie Mana doch bis aufs Blut hassen. Warum tut sie es nicht?
Und Fylgien macht ihr mut *.* So süß >.<
Mein armer Lif T.T *Lif tröstend ankuschel*
Von:  Seelentraeumerin
2010-11-14T16:30:34+00:00 14.11.2010 17:30
Was wurden ihnen den gesagt o.O
Und was ist mit Lif los?
Kommt irgendwann noch was die Nornen ihnen jeweils gesagt haben? Das würde mich nämlich mal sehr interessieren o.O



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