Die medizinische Seite
Sakura war in den Frauentrakt gegangen Ihr Auftrag lautete etwas über den Tod der Ehefrau des Toten, Yoshiko, herauszufinden. So bot es sich an, mit deren Dienerin zu sprechen. Da sie angab, im Auftrag Lord Sesshoumarus zu handeln und dieser im Auftrag des Hausherrn, fand sich die Dämonin bereit, mit ihr zu reden, Mensch hin oder her.
„Ich finde es erstaunlich“, sagte sie jedoch: „Dass du als Mensch mit hier bist.“
„So lautet der Befehl des mächtigen Inu no Taishou.“
„Schon gut. Also, was möchtest du wissen?“
„Darf ich um Euren Namen bitten?“
„Du kannst ruhig du sagen. – Nara. Nun?“
„Die Ehefrau des Richters verstarb vor wenigen Tagen bei der Geburt.“
„Ja.“
„Gab es zuvor bereits Schwierigkeiten?“
„Nein. Frau Yoshiko fühlte sich die gesamte Zeit über sehr wohl. Nichts deutete auf dieses tragische Ende hin. Oh, du bist auch Heilerin, nicht wahr?“ Darum war sie also mitgeschickt worden.
„Ja. Wie...wie ist es denn passiert?“
„Nun, als die Wehen einsetzten, war ich bei ihr. Alles schien gut zu verlaufen, aber natürlich war sie die Frau eines hohen Beamten und so rief ich nach dem Heiler. Akiyama kam dann auch nach einer gewissen Zeit. Herr Mamoru kam ebenfalls, blieb jedoch, wie es sich ziemt, vor der Tür. Ich weiß nicht, wie das bei Menschen ist, aber Männer dürfen in der Regel nicht in ein Geburtszimmer. Nur ein Heiler, wenn es notwendig sein sollte. Akiyama sah sich Frau Yoshiko kurz an und meinte, alles sei in Ordnung, der Welpe würde bald geboren werden und verließ uns wieder, nachdem er ihr einen Kräutertrank dagelassen hatte, der ihre Wehen erleichtern sollte. Du bist Heilerin, ich denke, das ist so üblich.“
„Ja, durchaus. Dann lief die Geburt jedoch nicht mehr einfach ab?“
„Ja. Es wurde immer ärger, denn die Wehen ließen nach und die Dame quälte sich so, dass ich erneut Akiyama rufen ließ. Er untersuchte sie, dann wurde er…ja, fast hektisch. Er versuchte zunächst einen anderen Trank, der leider auch nicht half. Dann…nun, dann bat er Herrn Mamoru um die Erlaubnis eines Schnittes. Die arme Dame hörte es und, oh, ihr war bewusst, dass das für sie lebensgefährlich werden würde und wollte nicht, aber der Befehl des Herrn zählt natürlich mehr. Akiyama versicherte ihr auch, dass sie nur diesen einen Trank noch zu sich nehmen sollte, dann würde sie schlafen und nichts mehr spüren. Dies geschah auch. Er bat mich dann, dazubleiben, aus Gründen der Schicklichkeit. So half ich ihm, so gut ich es vermochte. Als er den Welpen in meine Hände legte, war dieser allerdings schon tot.“ Naras Stimme schwankte: „Und auch die Herrin wachte nicht mehr auf. Ich…ich bin froh, dass sie das verschlafen hat.“
„Ja, das war ein Glück für sie. Der Heiler hat sich solche Mühe gegeben?“
„Oh ja, er war so bestürzt. Immer wieder sagte er, dass das nicht vorkommen dürfte, sogar noch, während er den Schnitt ansetzte. Aber natürlich ist jedem Dämon bewusst, dass es auch bei unserer Rasse manchmal zu Komplikationen kommen kann. Wenn auch bei weitem nicht so häufig wie bei Menschen, nicht wahr?“
„Menschen sind schwächer als Dämonen“, erklärte Sakura diplomatisch: „Herr Mamoru war gewiss betroffen.“
„Oh ja. Als der Heiler hinausging, um ihn von dem tragischen Tod seiner Gemahlin und ihres Welpen zu berichten, schrie er trotz seiner gewöhnlichen Heiserkeit auf. Ich habe noch nie einen Wolf so schreien gehört. Es war...nun, das kannst du dir vorstellen.“
„Was geschah dann?“
„Herr Mamoru erklärte sich einverstanden, die Beerdigung gleich vollziehen zu lassen. Nun, das ist hier üblich, ehe du fragst. – Sonst noch etwas?“
„Nein, vielen Dank. Ich werde Lord Sesshoumaru Bericht erstatten. Falls er noch Fragen hat, wird er dich dies ohne Zweifel wissen lassen.“
Die Wolfsdämonin nickte und ging, ohne zu zeigen, dass sie darauf keinen Wert legte.
Der Heiler Akiyama verneigte sich eilig ebenso wie sein Schüler Botan, als Sesshoumaru und Yami zu ihm kamen, nicht im Zweifel, was die beiden Prinzen von ihm wollten.
„Dein Bericht zu heute Morgen“, sagte der widerwillige Ermittler denn auch nur.
„Der Richter traf Botan heute Morgen auf dem Weg in sein Büro und meinte, ich solle um neun zu ihm kommen, da er mit mir reden wolle. Ich vermutete, dass es um seine Heiserkeit ging. Er war leider stets mit Stimmproblemen behaftet, die sich auch nicht verbesserten, weil er in seinem Amt viel reden musste.“
„Überdies hatte er seine Stimme wohl in der letzten Zeit überbeansprucht.“
Akiyama schien peinlich berührt: „In der Tat. Nun, ich war zum vereinbarten Zeitpunkt auch vor seinem Büro. Fujita, das ist sein Diener, brachte mich in den Vorraum und klopfte höflich an. Er wollte bereits die Tür beiseite ziehen, als der Richter sagte: Lass die Tür zu, Fujita. Ist der Heiler schon da? – Ja, Herr, antwortete sein Diener. Er war sichtlich ebenso verwundert wie ich, denn gewöhnlich hielt sich der Richter an seine Termine. Und der sagte dann – wobei ich ihm seine Stimmschwierigkeiten anhörte: er soll etwas warten, ich habe gleich Zeit für ihn. Fujita wiederholte den Satz für mich, was unnütz war, aber er meinte es sicher höflich. So nahm ich Platz und er ging in das angrenzende Zimmer. Ich wartete, aber der Richter kam nicht. Irgendwann reichte es mir, das gebe ich zu. Ich habe genug eigene Arbeit und Mamoru hatte ja gesagt, er habe gleich Zeit für mich.“ Der Heiler zuckte die Schultern: „Ich stand daher auf und klopfte erneut an die Tür.“ Er sah zu Boden, sichtlich zögernd den Rest zu sagen.
„Du hast die Tür geöffnet, was natürlich äußerst unhöflich ist. Und hast ihn gefunden?“
„Ja…..Lord Sesshoumaru.“ Akiyama seufzte: „Es war sehr unhöflich.“
„Wie lag er?“
„Wie..äh…wie der Tote lag? Äh…Ja, auf dem Rücken, etwas nach der linken Seite gedreht, die schwere Verletzung in der linken Halsseite. – Ich zog ihn empor. Ich meine, ich wollte sehen, ob er noch lebt….Aber da er eindeutig tot war, rief ich nach der Wache. Der Samurai kam auch gleich und auch Fujita. Nur kurz darauf waren auch Tatayuki und mehrere andere Krieger da, die alles untersuchten und auch mich durchsuchten, sowie meinen Koffer.“
„Du hattest den Heilerkoffer dabei?“
„Ja, Lord Sesshoumaru. Aber auch er wurde durchsucht.“
„Wie alles.“
„Ja. Burgvogt Tatayuki ist äußerst gründlich.“ Das klang, als sei er fast stolz auf ihn: „Er lernte sein Handwerk von seinem Vater. Es ist eine der berühmtesten Vogtfamilien…Sie ermitteln stets sachlich.“
Der Hundeprinz wünschte sich unwillkürlich, diese Familie hätte mehr Nachwuchs. Aber das half ihm hier nicht weiter: „Du weißt nicht, warum dich der Richter sprechen wollte?“
„Wie ich bereits erwähnte…“ Akiyama begegnete einem eisigen Blick und ergänzte nur: „Ich vermute, dass es um seinen Hals ging.“
„Nicht um den Tod seiner Ehefrau?“
„Oh, Ihr. .Ihr hörtet vor dem Unglück?“ Der Heiler war sichtlich unangenehm berührt: „Ja, seine Gemahlin Yoshiko starb vor drei Tagen und sein ungeborener Welpe ebenso. Ich versuchte noch, sie mit einem Schnitt zu retten, aber vergeblich.“
„Er war unzufrieden mit dieser deiner Arbeit?“
„Er trauerte sehr, als ich ihm die tragische Nachricht brachte“, gestand Akiyama aufrichtig: „Und er schrie so, dass seine Stimme brach. Ich vermute, darum…“ Nun, das musste er nicht wiederholen. Nicht bei diesem Hundeprinzen. Hoffentlich ging der bald wieder, aber selbstverständlich wäre es dumm gewesen, dem vom Fürsten eingesetzten Ermittler, zumal in Gegenwart des Erbprinzen, nicht zu antworten.
Sesshoumaru nickte etwas, ehe er zu dem Heilerschüler sah: „Du warst nicht dabei?“
„Nein, edler Lord“, erwiderte Botan eilig: „In ein Geburtszimmer…ich meine…“
„Geht gewöhnlich kein Mann, nur im Notfall ein Heiler“, ergänzte Akiyama. War das bei Hunden etwa anders?
„Ihr habt keine Hebamme?“ fragte Sesshoumaru Yami.
„Nein“, meinte der Wolfsprinz ein wenig erstaunt: „Gewöhnlich gibt es ja wohl keine Probleme bei Geburten. Und Akiyama ist ein fähiger Heiler.“
Nun, wenn man das mit Neigi verglich, wohl weniger. Dem war noch keine Dämonin bei einer Geburt unter den Händen weggestorben, soweit er sich entsinnen konnte. „Botan, wo warst du während der Geburt und während des Treffens deines Lehrers mit dem Richter?“
„Hier, Lord Sesshoumaru“, brachte der Wolfsjunge hervor: „Ich…ich habe hier immer zu arbeiten, aufzuräumen, Kräuter zu mahlen, Salben herzurichten…“
Das tat Sakura auch immer, schien also der normale Plan eines Lehrlings zu sein. So erwies der Prinz den beiden die Ehre ein Nicken von ihm zu sehen, ehe er sich umdrehte und wortlos ging. Lord Yami folgt ihm eilig, doch ein wenig verwundert über die mangelnden Umgangsformen. Aber selbstverständlich würde er das dem zukünftigen Herrn der Hunde nie vorwerfen. Der war stark, der sichere nächste Taishou – und seine Gunst wäre nur hilfreich um das eigene Territorium beherrschen zu können.
Sakura war eilig auf dem Weg zurück in das Zimmer, das man Seiner Lordschaft zugewiesen hatte, als jemand ihren Namen sagte.
Erstaunt wandte sie sich um, um sich dann hastig zu verneigen.
Nein, dachte sie nur. Das würde mehr wie Ärger geben. Was um aller Himmel Willen machte denn Prinzessin Tokushima hier? Aber sie hatte gehört, diese lebe jetzt bei der Hundefürstin, wohl als Hofdame. Dann war sie aller Wahrscheinlichkeit im Dienst hier. Wenn der Prinz das mitbekam, wäre er dennoch sicher kaum erfreut.
„Komm mit. Die Fürstin wünscht mit dir zu sprechen.“
Warum denn das? Sie hatte sie doch schon befragt? Aber Sakura wusste, dass ihr nichts übrig blieb. So folgte sie wortlos der Prinzessin, die die Tür vor ihnen beiseite schob und sich kurz verneigte, während sich die Heilerschülerin eilig niederkniete.
„Steh nur auf, Mensch.“ Die Fürstin klang ruhig und doch lag etwas wie Amüsement in ihrer Stimme.
Sakura, die schon seit Jahren unter vornehmen Herrschaften lebte, wurde alarmiert. Das klang nicht so, als ob etwas Gutes für sie selbst dabei herausspringen würde. Der nächste Satz tröstete sie auch nicht weiter:
„Tokushima, zeige es mir.“
***
Sakura in der Klemme. Immerhin können die Damen auch bei einem schlechten Scherz nicht zu weit gehen, ohne sich gegenüber dem Inu no Taishou rechtfertigen zu müssen. Nun ja…
Fiel jemandem auf, dass sich Sesshoumaru mit dem Lehrplan von Heilerschülern auskennt?
Antworten auf Kommentare oder ENS können erst ab Donnerstag erfolgen, da ich einige Tage weg bin.
bye
hotep