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Hexenfieber

Final Fantasy mal anders
von

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Kleine Entscheidung

Kapitel Sechs: Kleine Entscheidung...
 

.....
 

Der Mann und der Junge saßen in der Hütte und draußen tobte das Unwetter. Vor der geöffneten Tür fiel der Regen herab wie ein Vorhang. Es war düster, mehrmals war der Blitz in den Fjord eingeschlagen und hatte Wasserfontänen emporgeschleudert.

Es schien, als sei das Unwetter in den Hügeln um den Fjord gefangen. Das Gewitter zog zwischen den Höhenzügen hin und her, und der Donner grollte über dem Wasser.
 

In der Hütte war es ebenso finster, wie draußen, wenn nicht sogar noch dunkler.

Keiner von Beiden sprach, aber Reno hatte das Gefühl, dass er etwas sagen sollte.

Er schaute Rufus jedes Mal in das blasse Gesicht, sobald es von einem Blitz erhellt wurde. Der Blonde wirkte gelassen, ja fast heiter.

Aber Reno fürchtete sich und plötzlich konnte er die Frage, die ihn beschäftigte, nicht länger zurückhalten.

"Glaubst du an Vorzeichen, Rufus?"

Angesprochener drehte den Kopf zu dem rothaarigen Jungen. "Warum fragst du?" Es war, als wäre Rufus weit weg gewesen und müsste erst richtig zu sich kommen, ehe er antwortete.

"Könnte das Unwetter nicht ein Vorzeichen sein? Ich meine: Ist es nicht merkwürdig, dass es in dem Augenblick losgebrochen ist, als du die Schale ins Feuer geleert hast?", murmelte und vermutete Reno leise.
 

"Nein, merkwürdig ist das nicht. Der Herrgott macht kaum so viel Aufhebens, nur um mir mitzuteilen, dass er unzufrieden ist mit mir. Ein Unwetter kommt, wenn es kommen muss, und es ist gleich, ob ich nun gerade einen Kranken behandelt habe oder nicht.", meinte der Blonde nur gelassen.

"Aber es ist doch sonderbar, dass beides genau zusammentrifft..."

Rufus schüttelte darauf nur ganz leise lachend seinen Kopf. "Nein, das ist es nicht. Wenn der Mann nicht gekommen wäre, wäre dir die Idee mit dem Vorzeichen nie eingefallen... Aber er ist gekommen, ich habe ihm geholfen, und nun denkst du an Vorzeichen. Ab und zu helfe ich eben einem Menschen, und ab und an kommt ein Gewitter. Und manchmal geschehen diese beiden Dinge auch gleichzeitig."

"Aber hast du denn nie Angst davor, dass sie dich beschuldigen könnten, ein Zauberer zu sein, dass sie dich verbrennen, wie all die Anderen?" Reno sah den Älteren fragend an.

"Doch, davor habe ich Angst. Ich habe dir schon früher gesagt, dass alle Menschen Angst haben. Aber ich weiß, wovor ich Angst habe. Das ist meine Stärke. Jedes Mal, wenn ich einem Kranken helfe, lege ich einen Holzscheit auf meinen eigenen Scheiterhaufen... Jeder, der zu mir kommt und mich um Hilfe bittet, kann der sein, der diesen Scheiterhaufen in Brand steckt. Aber soll ich deswegen einen Menschen leiden oder gar sterben lassen?" Rufus legte den Kopf schief und sah den Jüngeren ernst an, nachdem er diese Schlussfrage an ihn gestellt hatte.
 

Dieser senkte den Kopf etwas und ballte die Hände zu Fäusten. "Keiner hat danach gefragt, ob meine Mutter leiden würde... Sie haben sie einfach umgebracht!" Die Zähne presste er zusammen und fing ganz leise das Knurren an.

Der Blonde nickte einmal kurz verständnisvoll. "Ja, mein Kleiner. Und sie haben es getan, weil sie feige waren und schwach. Sie hatten die Macht, und wer die Macht hat, ist immer schwach. Aber wo hättest du deine Mutter lieber gesehen, wenn du die Wahl gehabt hättest? In der Mitte des Kreises, bei den Peinigern?"

Reno antwortete auf diese Frage nicht. "Aber das ist doch ungerecht..."

"Die Welt ist nicht gerecht, mein Kleiner. Wäre es denn gerecht, wenn ich die vielen, die meine Hilfe brauchen, im Stich ließe, nur weil einige von ihnen vielleicht Lust bekommen könnten, mich irgendwann zu verbrennen?"

Der Rothaarige ballte seine Fäuste noch etwas mehr. "Glaub nur nicht, dass es nur ein Paar sein werden! An dem Tag, an dem sie über dich herfallen, werden alle dabei sein wollen..."

Der Ältere winkte leicht schmunzelnd ab. "Das weiß ich... Aber sie tun es nur, weil sie Angst haben. Wer wagt es schon, den Schwachen beizustehen. Entweder halten sich die Leute ganz aus der Sache heraus, oder sie schließen sich der Gruppe an, die am stärksten ist. Dann haben sie die Macht, und an der Macht halten sie sich mit aller Gewalt fest. Aber sollte ich die Kinder leiden lassen, nur weil ihre Eltern ängstlich und schwach sind? Sollte ich die Eltern leiden lassen, weil sie Angst haben und in ihrer Angst darauf verfallen könnten, mich zu verbrennen? Es ist wichtig, dass man sich entscheidet... Man muss sich immer wieder aufs Neue entscheiden. Die meisten aber entscheiden sich nur dafür, den Dingen ihren Lauf zu lassen."
 

"Du bist ein merkwürdiger Mensch... Du kämpst mit Fischen und fütterst Füchse. Du schneidest Finger auf und sagst sonderbare Dinge. Und du redest mit mir, als wäre ich erwachsen. Du wirkst so stark und sicher...", murmelte der Rote leise und sah den Anderen an.

"Das bin ich nicht, Kleiner... Ich glaube, in dem Augenblick, da man sich stark und sicher fühlt, ist es aus. Wenn man glaubt, die Erlösung gefunden zu haben, ist man verloren..."

Der Rotschopf sah verwundert auf und blinzelte verwirrt. "Wie meinst du das?"

"Ich meine, dass man still steht, wenn man glaubt, die Wahrheit gefunden zu haben und nicht mehr zweifelt. Hüte dich vor Wahrheiten! Nicht nach dem wahren Glauben solltest du suchen, sondern nach einem gesunden Zweifel."

Reno nickte. "Ich will darüber nachdenken. Aber sprich jetzt nicht weiter. Ich bin es nicht gewohnt, dass man mit mir über solche Dinge redet."
 

Danach waren sie beide still. Innerhalb von wenigen Tagen hatten sie etwas erreicht, wozu viele Menschen Jahre brauchten: Sie konnten zusammen schweigen.

Sie blickten über den regengepeitschten Fjord, über die Hügel und Wälder. Und die Scheiterhaufen wuchsen und wuchsen, bis sie keine Scheiterhaufen mehr waren, sondern leuchtende Sterne, und die Hütte weitete sich zu einem hellen, großen Raum, in dem man sich dennoch geborgen fühlen konnte.

Und sie träumten weiter, jeder auf eigenen Wegen, die doch an das selbe Ziel führten. Das Gewitter tobte sich langsam über ihren Köpfen aus, und zuletzt strömte nur noch der Regen sanft hinab.

Der junge Mann stand auf und zog sich seinen langen, weißen Mantel aus.

"Was willst du? Wo willst du hin?", fragte Reno sichtlich verwirrt.

Der Blonde drehte sich zum Rothaarigen um und lächelte sacht. "Hinaus, ich muss den Rauch der Scheiterhaufen und die Angst vor einem Mann mit einem kranken Finger von mir abwaschen... Geht es dir vielleicht auch so?"

Reno sprang auf und riss sich die Sachen vom Leib. Er rannte aus der Hütte hinaus in den Regen.

Lange gingen sie nebeneinander durch den Regen: der Mann und der Junge...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Pentragon
2010-06-21T14:59:36+00:00 21.06.2010 16:59
Das ist ein tolles Kapitel. Ich mag diese philosophische Ader, die sich durch die ganze FF zieht.
All diese kleinen Dinge, an die man so nicht denkt ... Das man niemals denken soll, man hätte die Warheit gefunden. Und was ist gerecht und ungerecht?

Oh, ich liebe solche Überlegungen *_* und darum mag ich deine FF auch so!


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